13. Bericht Der Bundesregierung Über Ihre Menschenrechtspolitik Berichtszeitraum 1
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13. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik Berichtszeitraum 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018 13. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik Berichtszeitraum 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018 Liebe Leserinnen und Leser, bei einem Überfall des sogenannten Islamischen Staats auf ihr Heimatdorf in Sindschar, Irak, verlor die Jesidin Nadia Murad im August 2014 – sie war damals 21 Jahre alt – 18 Familienangehörige, darunter ihre Mutter und sechs Brüder. Sie selbst wurde verschleppt, gefoltert und vergewaltigt, immer wieder, ehe ihr nach drei Monaten die Flucht gelang. Im Rahmen eines Aufnahmeprogramms des Landes Baden-Württemberg für traumatisierte jesidische Frauen kam sie 2015 gemeinsam mit ihrer Schwester nach Deutschland. Nadia Murad kämpft seit dem Ende ihrer Gefangenschaft für eine internationale Strafverfolgung der IS-Verbrechen und wurde zu einer herausragenden Stimme für Frauen und Mädchen, die Opfer sexualisierter Gewalt in Konfikten wurden. 2018 erhielt sie gemeinsam mit dem kongolesischen Arzt Dr. Denis Mukwege den Friedensnobelpreis. Das Schicksal von Nadia Murad steht für das unzähliger Frauen, die in Krisen, Konfikten und Kriegen Ähnliches durchleben, Tag für Tag. Ganz bewusst haben wir deshalb die verstärkte Teilhabe von Frauen an Konfiktprävention, Friedensprozessen und Wiederaufbau, sowie den Schutz vor sexualisierter Gewalt in Konfikten zu Schwerpunktthemen unserer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 2019/20 gemacht. Mit der Verabschiedung der Resolution 2467 des Sicherheitsrates während unserer Präsidentschaft Ende April 2019 sollen Überlebende sexualisierter Gewalt umfassend unterstützt und die Strafosigkeit der Täter rigoros bekämpft werden. Der Bundesminister des Auswärtigen, Heiko Maas, mit VN-Generalsekretär António Guterres, Menschenrechtsanwältin Amal Clooney und Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad vor der Debatte des VN-Sicherheitsrates unter deutschem Vorsitz zum Thema „Sexuelle Gewalt in Konfikten“ am 23. April 2019 © Thomas Koehler/photothek.net Es sind nicht nur die Frauenrechte, die weltweit unter Druck stehen. In vielen Ländern der Welt gibt es nach wie vor eklatante Menschenrechtsprobleme: Gewalt gegen Kinder, Todesstrafe, Folter und Verschwindenlassen, Verletzung der Religionsfreiheit und Verfolgung aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung, Ethnie und Hautfarbe, Verletzungen der Grundrechte auf Wasser und Nahrung. Mehr als 68 Millionen Menschen sind auf der Flucht, die Hälfte jünger als 18 Jahre. Sie fiehen vor Kriegen, Hungersnöten, Verfolgung, Klimakrisen oder aus wirtschaftlichen Gründen. Die Situation der Pressefreiheit weltweit macht uns Sorgen. In vielen Ländern werden Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger und Journalistinnen und Journalisten eingeschüchtert, drangsaliert, verhaftet oder gar ermordet und die Spielräume von Nichtregierungsorganisationen eingeengt. Auch humanitäre Helferinnen und Helfer in Krisengebieten werden immer häufger zur Zielscheibe von Angriffen. Wir haben seit der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor 70 Jahren institutionell viel erreicht. Mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf, der VN-Hochkommissarin für Menschenrechte, den zahlreichen VN-Überwachungsausschüssen und vielen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern der Vereinten Nationen, den Instrumenten des Europarates und der sogenannten „Dritten Dimension“ der OSZE für Menschenrechte, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und der Grundrechtecharta der Europäischen Union haben wir ein stabiles multilaterales System zum Schutz von Menschenrechten weltweit entwickelt. Obwohl diese Instrumente und Mechanismen funktionieren, kommen wir mittlerweile nicht mehr um die Feststellung herum, dass sie weder selbstverständlich noch unumstößlich sind. Wir stehen – nicht nur im Bereich der Menschenrechte – vor einer schwerwiegenden Krise des Multilateralismus und der zunehmenden Missachtung seiner Regeln. Einige Staaten gehen so weit, die universell geltenden Menschenrechte umzudeuten und das Ziel wirtschaftlicher Entwicklung über die Rechte des Individuums zu stellen. Gleichzeitig werden von dort Mahnungen zur Einhaltung der verbindlichen Menschenrechte als Einmischung in innere Angelegenheiten abgewehrt. Erschwerend kommt hinzu, dass der weltweit wachsende Populismus – auch in der Europäischen Union – die Menschenrechte zusätzlichem Druck aussetzt. Wir sind entschlossen, dieser Entwicklung gemeinsam mit unseren Partnern im Rahmen der im September 2018 ins Leben gerufenen Allianz für den Multilateralismus sichtbar und geschlossen entgegenzuwirken. In enger Abstimmung wollen wir sowohl das bestehende Menschenrechtsinstrumentarium als auch den Status Quo der Menschenrechte selbst verteidigen und stärken. Wir wollen gemeinsam Antworten auf neue Herausforderungen fnden. Ich denke hier etwa an den Schutz vor Hasskommentaren im Internet, deren Hauptziele oft LGBTI-Personen, Gefüchtete oder Frauen sind. Im Zuge zunehmender Digitalisierung und der Erschaffung künstlicher Intelligenz müssen wir uns intensiver um die Menschenrechte online, um das Recht auf Privatsphäre und die Erhaltung von Freiheitsrechten im digitalen Raum kümmern. Auch die menschenrechtlichen Aspekte der zunehmenden Klimakrise werden wir gemeinsam betrachten. Wir müssen national und international unsere Bemühungen zur Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit ausweiten. Auch beim Thema Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit müssen wir unsere Anstrengungen weiter steigern. Allen nichtstaatlichen Akteuren in Deutschland und weltweit spreche ich meinen ausdrücklichen Dank für ihr unermüdliches Engagement für die Verteidigung der Menschenrechte aus. Sie tun dies oftmals unter Inkaufnahme großer persönlicher Risiken. Der Weg, den Nadia Murad und Denis Mukwege gegangen sind, um uns auf das Schicksal von Opfern sexualisierter Gewalt aufmerksam zu machen, ist nur ein Beispiel für ein solches bewundernswertes Engagement für die Menschenrechte. Ihnen gilt mein großer Respekt. Das bisher Erreichte entschieden und offensiv zu verteidigen und gleichzeitig die wichtigen Zukunftsthemen anzugehen, ist eine so große Aufgabe, dass wir sie nur mit gemeinsamen Anstrengungen bewältigen können. Die Bundesregierung wird weiterhin ein starker Partner im Einsatz für die Menschenrechte weltweit sein. Ihr Heiko Maas, Bundesminister des Auswärtigen © Janine Schmitz/photothek.net Inhaltsverzeichnis 6 Vorbemerkung und Wegweiser durch diesen Bericht .................18 A Menschenrechte in Deutschland und im Rahmen der gemeinsamen Justiz- und Innenpolitik der Europäischen Union...22 A1 Bürgerliche und politische Rechte . 24 Todesstrafe................................................................ 25 Schutz vor Folter........................................................... 25 Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen ................................ 27 Schutz vor dem Verschwindenlassen ......................................... 29 Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung ............................ 30 Schutz vor Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität ....................................................... 30 Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer ................................. 31 Rechte im Strafverfahren ................................................... 32 Sicherungsverwahrung ..................................................... 32 Internationaler Terrorismus in Deutschland ................................... 34 Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) ................ 34 A2 Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte . 36 Arbeitsrechte .............................................................. 37 Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt..................... 39 Aufösung traditioneller Rollenbilder......................................... 43 Migrantinnen und Migranten auf dem Arbeitsmarkt ........................... 44 Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ........................... 48 Bekämpfung von Armut .................................................... 48 Gesundheit ................................................................ 50 Pfege..................................................................... 50 Bildung ................................................................... 53 A3 Menschenrechte von Frauen und Mädchen ................................... 58 Integration zugewanderter Frauen und Mädchen ............................. 60 Gewalt gegen Frauen und Mädchen.......................................... 61 Schutz von Frauen und Kindern in Flüchtlingsunterkünften..................... 63 Schutz von in der Prostitution tätigen Personen ............................... 64 Menschenhandel........................................................... 65 Genitalverstümmelung ..................................................... 67 Sexuelle und reproduktive Gesundheit ....................................... 69 7 A4 Menschenrechte von Kindern und Jugendlichen . 70 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.................................... 72 Frühe Bildung für gleiche Chancen........................................... 73 Besonderer Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt und Ausbeutung ... 75 Präventions- und Schutzkonzepte zu sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt .. 76 Ergänzendes Hilfesystem/Fonds Sexueller Missbrauch......................... 76 Verbot von Kinderehen ....................................................