SIRIUS 2017; 1(2): 177–190

Robert Helbig* Realistisch in den Osten blicken: Belarus nach der Ukraine-Krise und die Neuausrichtung der westlichen Politik

DOI 10.1515/sirius-2017-0032 1 Einführung Kurzfassung: Belarus ist an der europäischen Integration nicht ernsthaft interessiert. Es hat sich in der Ver- Der seit 1994 regierende Präsident von Belarus Aljaksandr gangenheit der EU nur zugewandt, um Druck auf die rus- Lukaschenka hat die Grundprinzipien der Außenpolitik sische Regierung zu erzeugen. Nicht einmal die Ukraine- seines Landes im Jahr 2008 wie folgt beschrieben: Krise hat die außenpolitische Situation des Landes „Die Außenpolitik von Belarus basiert auf drei Grundprinzipien: grundlegend geändert, das strukturell von Russland ab- politische Souveränität, wirtschaftliche Offenheit und gleiche hängig geblieben ist. Allerdings konnte Präsident Aljak- partnerschaftliche Beziehungen zu anderen Ländern. Die ‚Gol- sandr Lukaschenka seine Macht festigen und die aktuelle dene Regelʼ unserer Außenpolitik bleibt Multivektorialität […]. Wirtschaftskrise eröffnet ihm die Chance, das Land öko- Wir sind sehr daran interessiert, mit dem Westen zusammen- 1 nomisch zu diversifizieren. Lukaschenkas gewonnenes zuarbeiten, vor allem mit der EU […].“ Selbstvertrauen und der dringende Bedarf an wirt- Lukaschenka hat diese Strategie bisher nicht ernsthaft schaftlicher Umstrukturierung haben die Tür für den verfolgt. Zwar hat sich seine Regierung zeitweilig dem Westen geöffnet, seine Belarus-Politik neu aufzustellen Westen zugewandt, um Druck auf Moskau auszuüben, und dessen Streben nach strategischer Diversifizierung zu aber Belarus bleibt strukturell von Russland abhängig. unterstützen, um von Russland größere Unabhängigkeit Lukaschenka unterhält engere Beziehungen zu Moskau zu erlangen. als zu Brüssel. Obwohl die Ukraine-Krise die strategische Schlüsselwörter: Belarus, Russland, Europäische Union, Situation von Belarus nicht grundlegend geändert hat, Nachbarschaftspolitik haben die Ereignisse Lukaschenka die Möglichkeit ge- boten, seine Macht intern zu festigen und extern etwas Minsk is not seriously interested in European Abstract: mehr Spielraum zu gewinnen. Die gegenwärtige Wirt- integration. Lukaschenka has merely been capitalizing on schaftskrise, die mindestens teilweise auf die Sanktionen Brusselsʼ competitive relationship with Moscow by turn- des Westens gegenüber Russland zurückzuführen ist, hat ing to the EU as a bargaining chip with the Kremlin. The dabei bewirkt, dass in Minsk die Motivation zur Diver- Ukraine Crisis has not served as a game changer because sifizierung der belarussischen Außenbeziehungen ge- Belarus remains structurally dependent on . How- stiegen ist. ever, the Ukraine Crisis has helped Lukashenko to con- Auf diese Entwicklung könnte der Westen – Europa solidate his power, while the current economic crisis re- und die USA – mit einer Öffnung gegenüber Belarus rea- inforced Minskʼs motivation to diversify its foreign rela- gieren und dabei Lukaschenka als Partner und Belarus als tions. Lukashenkoʼs renewed confidence and Belarusʼ dire ein unabhängiges Land behandeln, ohne dessen enge need for economic restructuring have opened the door for Partnerschaft mit Russland infrage zu stellen. Das bela- the West to reframe its Belarus policy and to enable Be- russische Streben nach größerer Unabhängigkeit und die larus achieving strategic diversification on its way to- Versuche, sich wirtschaftlich und politisch zu diver- wards greater independence from Russia. sifizieren, könnten Europa und die USA durch eine engere Keywords: Belarus, Russia, European Union, Zusammenarbeit mit dem land in between unterstützen. Neighborhood policy Wie weit kann der Westen dabei gehen? Und wo sollten die Schwerpunkte liegen?

1 Aljaksandr Lukaschenka: Rede an BSU Studenten, Presseerklä- * Kontaktperson: Robert Helbig, Doktorand an der Universität der rung des Belarussischen Präsidenten Nummer 49929, 12. Februar Bundeswehr München, E-Mail: [email protected] 2008, www.president.gov.by/. 178 Robert Helbig

Diese Fragen werden in drei Schritten beantwortet: Im trolliert formal die belarussische Luftwaffe.3 Die Streit- ersten Abschnitt wird zunächst die außenpolitische Stra- kräfte des Landes sind de facto Teil des russischen Mili- tegie von Belarus dahingehend analysiert, ob und inwie- tärs, im Falle eines militärischen Einsatzes als Folge weit Lukaschenkas Engagement mit Blick auf den Westen westlicher Aggression würde Russland die belarussischen ein Streben nach Unabhängigkeit oder nur ein taktisches Kräfte als Teil seiner Truppen behandeln.4 Russland un- Manöver gegenüber dem Kreml darstellt. Während sich terhält zwei militärische Einrichtungen – aber keine for- der zweite Teil auf die Konsequenzen der Ukraine-Krise mellen Basen – auf belarussischem Boden5 und die Ver- für Belarus und Lukaschenkas Politik konzentriert, wer- teidigungsindustrie von Belarus bleibt strukturell von den anschließend die Chancen für Europa und die USA für Russland abhängig, da die Firmen größtenteils auf die den Fall aufgezeigt, dass sie ihre Politik gegenüber Minsk Rolle als Subunternehmer beschränkt sind6. Die russische neu aufstellen wollen. Kontrolle über das Militär wird allerdings durch die bela- russische Verfassung eingeschränkt, die einen Einsatz der eigenen Streitkräfte im Ausland verbietet.7 2 Die strukturelle Abhängigkeit Neben der militärischen besteht auch eine starke ökonomische Abhängigkeit von Russland. Etwa 40 Pro- vom Kreml zent der belarussischen Exporte gehen dorthin.8 Ganze Industriezweige, wie der landwirtschaftliche Maschinen- Von allen postsowjetischen Staaten bleibt Belarus wohl bau, sind abhängig von der Nachfrage aus Russland. Bei- am stärksten mit Russland verbunden. Als Lukaschenka spielsweise konnte Belarus im Jahr 2011 Traktoren für über 1994 an die Macht gekommen ist, institutionalisierte er 870 Milliarden US-Dollar – etwa 6 Prozent der gesamten seine politischen, militärischen und wirtschaftlichen Be- Exporte – an Russland verkaufen, weil den Landwirten ziehungen zum Kreml, insbesondere durch die Mitglied- dort günstige Leasingbedingungen angeboten werden. schaft in der Russisch-Weißrussischen Union, der Ge- Auch stellen russische Banken Vorzugskredite für Unter- meinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), der Organisa- nehmen zur Verfügung, die belarussische Industrie- tion des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) und produkte erwerben. Diese Banken kontrollieren zudem der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU). ein Viertel des belarussischen Bankensektors und bleiben Die enge Beziehung zu Moskau wird oft durch die die wichtigste Devisenquelle für das Land. Darüber hinaus gemeinsam empfundene Bedrohung einer expandier- werden große Teile der belarussischen Petrochemie- und enden NATO nach Osteuropa erklärt.2 Die These in diesem Telekommunikationssektoren von russischen Institutio- Aufsatz lautet, dass die Allianz zwischen Belarus und nen kontrolliert.9 Russland auf einer anderen Grundlage steht: Zum einen Die belarussische Abhängigkeit ist vor allem auch im ist Belarus aufgrund der früheren Integration aus der Energiesektor sichtbar, zumal Russland seinen Einfluss Sowjetzeit wirtschaftlich und gesellschaftlich auf das 2011/2012 noch vergrößert hat, indem es sich exklusive Engste mit Russland verbunden. Zum anderen verfolgt Rechte für die Erdgasversorgung und die Kontrolle über Lukaschenka primär die Ziele des Machterhalts und der das Transit- und Verteilungssystem gesichert hat. Aller- Maximierung der damit verbundenen ökonomischen Er- dings muss hinzugefügt werden, dass Belarus noch den träge. Diese Ziele erscheinen ihm am besten erreichbar größten Anteil seiner Öl-Infrastruktur besitzt.10 Russland durch die politische und wirtschaftliche Unterstützung hat aber ein Monopol auf belarussische Gasimporte und des „großen Bruders“. Die Beziehungen zum Westen die- kontrolliert 90 Prozent der Ölversorgung.11 Der russische nen immer nur als Hebel, um von Moskau Zugeständnisse Gaskonzern Gazprom verwaltet fast das gesamte Pipeli- zu erhalten. Lukaschenkas Motivation, sich mit Russland zu ver- bünden, führte zur Gründung der Russisch-Weiß- 3 Wierzbowska-Miazga 2013, 29. russischen Union, einem einzigartigen Konstrukt eines 4 Silitski 2011. 5 vagen politischen Bündnisses, in dem sich beide Länder Bohdan/Gumer 2016, 20. 6 Wierzbowska-Miazga 2013, 30. gegenseitig diplomatisch unterstützen. Diese Union ist 7 Marin 2013, 25. faktisch eine militärische Allianz mit einem gemeinsamen 8 Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Belarus 2016. Kommando. Heute ist das belarussische Heereskomman- 9 Wierzbowska-Miazga 2013, 18–22. do vollständig in das russische integriert, der Kreml kon- 10 Ibid, 16. 11 Vadzim Smok: Belarus Struggles To Reduce Energy Dependence On Russia, Belarus Digest, 1. Februar 2016, www.belarusdigest.com/ 2 Szyszlo 2003; Paznyak 2003; Rontoyanni 2003. story/belarus-struggles-reduce-energy-dependence-russia-24413. Belarus nach der Ukraine-Krise und die Neuausrichtung der westlichen Politik 179 nenetz in Belarus12 und Russland hat den Bau des ein- sames Währungsprojekt mit Moskau, obwohl er dieses zigen belarussischen Atomkraftwerks übernommen, das anfänglich im Jahr 2000 als politisches Ziel erklärt hatte.17 2019 in Betrieb gehen soll13. Während Russland durch den Lukaschenka verfolgt also nicht das Ziel, den Integ- Bau der Nord-Stream-Pipeline seine Abhängigkeit von rationsprozess mit Russland voranzutreiben, sondern belarussischen Transitrouten abbauen konnte, war Be- durch eine Allianz wirtschaftliche Gewinne zu erzielen larus bis jetzt nicht in der Lage, seine Energieversorgung und zugleich die Sicherheit und Unabhängigkeit von Be- zu diversifizieren. Obwohl durch den Erwerb von Öl aus larus zu maximieren. Diese Politik dient seinem Streben, Venezuela sowie indirekt durch einen Tauschmechanis- an der Macht zu bleiben und die eigenen Privilegien zu mus mit Aserbaidschan in den Jahren 2010 und 2011 das bewahren. Bislang ist ihm dies gelungen, weil er die Al- russische Ölmonopol in Belarus zum ersten Mal brach, lianz mit dem Kreml für sich zu nutzen versteht und sich erwies sich die Diversifikation als wirtschaftlich nach- zugleich der Westen immer wieder mehr oder weniger teilig.14 subtil gegen Russland ausspielen lässt. Lukaschenka Das russische Engagement unterstützt zwar die bela- profitiert dabei von dem zunehmenden Wettbewerbsver- russische Wirtschaft und die politische Führung, aber hältnis zwischen Russland und dem Westen. durch die asymmetrische Abhängigkeit verfügt Russland Diese Strategie Lukaschenkas prägt auch die bela- über einen starken Hebel, um auf die wirtschaftliche und russischen Beziehungen zu den pro-westlichen Regie- politische Entwicklung des Landes Einfluss nehmen zu rungen der Ukraine und Georgiens. Nach der Invasion können. Diese Abhängigkeit wurde während der Energie- Russlands in Georgien weigerte sich Lukaschenka, Abch- streitigkeiten in den Jahren 2004, 2007, 2010 und 2016 asien und Südossetien als autonome Regionen anzuer- sichtbar. Die Ereignisse zeigten, dass der Kreml politische kennen.18 Während Russland Kiews Annäherung an die Prozesse in Belarus durch seinen Einfluss in der Wirt- EU und NATO als Bedrohung seiner Souveränität ein- schaft sowie auf die Zivilgesellschaft und die politischen schätzt, hat Belarus die militärische Zusammenarbeit mit Eliten indirekt lenken kann.15 Schließlich besitzt die rus- der Ukraine im Jahr 2014 aktiv verstärkt. Anders als sische Führung die Fähigkeit, ganze Teile der belarussi- Russland hat die belarussische Regierung wiederholt er- schen Wirtschaft in Konkurs zu treiben und den Belarus- klärt, dass sie den Truppeneinsatz der NATO im Baltikum sen im Winter die Heizung abzudrehen. Daher wird nicht als Bedrohung betrachtet. Belarus empfing im April Russland auch weiterhin die wichtigste Rolle im geo- 2015 sogar eine Militärdelegation der NATO19 und unter- politischen Kalkül Lukaschenkas spielen. zeichnete im Dezember 2016 eine Vereinbarung mit Lett- land, um die Verteidigungszusammenarbeit zu ver- bessern20. Mit diesen Positionen unterminiert Luka- 2.1 Dem Bären die kalte Schulter zeigen: schenka auf subtile Art seine Allianz mit dem Kreml und Lukaschenkas Verhandlungsspiele stellt damit indirekt auch Russlands revisionistische Po- litik im postsowjetischen Raum infrage. Die Abhängigkeit vom Kreml stellt für Belarus als Land Lukaschenkas relativ unabhängige Außenpolitik und für Lukaschenka als Präsidenten ein klares Risiko spiegelt sich in seinen Positionen wider, die von den rus- dar. Um den Integrationsprozess mit Russland zu be- sischen divergieren. So bot er zum Beispiel während der grenzen, hat er rote Linien gezogen – zum Beispiel als er Revolution in Kirgisistan dem ehemaligen Präsidenten Putins Vorschlag von 2003 ablehnte, die sechs belarussi- und Russland-Kritiker Kurmanbek Bakijew Asyl an. Als schen Oblasten nach Vorbild der deutschen Wiederver- die russische Regierung im November 2015 über den Ab- einigung in eine erweiterte Russische Föderation zu in- schuss eines russischen Kampfflugzeugs in einen diplo- tegrieren.16 Auch entschied er sich gegen ein gemein- matischen Konflikt mit der Türkei geriet, arbeitete Luka- schenka weiterhin mit der dortigen Regierung zusammen

12 Ryhor Astapenia: Belarus On The Russian Energy Needle, Belarus 17 Vysotskaya Guedes Vieira 2014 a, 567. Digest, 9. Januar 2014, belarusdigest.com/story/belarus-russian- 18 Wierzbowska-Miazga 2013, 31. energy-needle-16594. 19 NATO Allied Joint Force Command Brunssum: JFC Brunssum Con- 13 World Nuclear Association 2015. duct Training Event in Belarus, 17. April 2015, www.jfcbs.nato.int/ 14 Vadzim Smok: Does Belarus Stand A Chance In A New Oil War page7715057/jfc-brunssum-conduct-training-event-in-belarus. With Russia? Belarus Digest, 13. Januar 2017, www.belarusdigest. 20 Vgl. Belarus And Latvia Signed A Agreement On Cooperation In com/story/does-belarus-stand-chance-new-oil-war-russia-28644. The Defense Sector, Visegrad Post 13. Dezember 2016, www.visegrad- 15 Wierzbowska-Miazga 2013. post.com/en/2016/12/13/belarus-and-latvia-signed-a-agreement-on- 16 Baev 2008, 147. cooperation-in-the-defense-sector/. 180 Robert Helbig und besuchte im April 2016 sogar den Gipfel der Organi- des Kremls in einer bestimmten Angelegenheit infrage sation der Islamischen Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul. stelle. Im Rahmen der OVKS kritisierte Belarus die Gründung Beispiele sind seine eigenen Positionen zur Ukraine- einer schnellen Eingreiftruppe (Collective Operational Re- Krise oder zum Krieg Russlands mit Georgien und seiner action Forces) und verzögerte die Entsendung belarussi- gleichzeitigen Annäherung an den Westen. Damit wird scher Friedenstruppen zu dieser Einheit.21 Im Jahr 2016 zwar eine größere belarussische Unabhängigkeit voran- veröffentlichte die Regierung dann eine neue nationale getrieben, allerdings sind diese Schritte stets durch rhe- Militärdoktrin und unterstrich, dass sie keine Truppen zu torische Rückversicherungen gegenüber Russland be- OVKS-Operationen entsenden würde, so auch nicht in die gleitet, da die Minsker Regierung nicht vorhat, ihre umstrittene Region Bergkarabach, das sowohl vom OVKS- grundlegende strategische Ausrichtung an Russland zu Mitglied Armenien als auch von dessen Nachbar Aser- verändern. baidschan beansprucht wird.22 Dieses Verhaltensmuster unterstreicht, dass die Ver- Die russischen Medien verurteilten Lukaschenkas weigerung, der russischen Politik zu folgen, als Ver- Politik, berichteten von einem wachsenden Gefühl von handlungstaktik eingesetzt wird, um die Beziehungen „Russophobie“ in Belarus und schlossen Ukraine-ähn- zum Kreml zu steuern. Sie sollte nicht als ernsthafter Wille liche Szenarien nicht aus.23 Um Druck auf die Regierung verstanden werden, sich dem Westen zuzuwenden.26 auszuüben, initiierte der Kreml einen neuen Gasstreit, Ähnlichkeiten mit der in einem gewissen Rahmen unab- indem er die belarussische Forderung nach einer Preis- hängigen Politik Rumäniens unter Nicolae Ceaușescu reduzierung trotz fallender Gaspreise ablehnte. Daraufhin während der Zeit des Ost-West-Konfliktes sind nicht zu beschloss Lukaschenka für sein Land, weniger für die übersehen. Aber auch andere postsowjetische Länder Gasimporte zu bezahlen, sodass es bis zu Beginn 2017 lassen vergleichbare Muster erkennen. So stellte Elena 425 Millionen US-Dollar an Schulden anhäufte. Als Reak- Gnedina in ihrer Untersuchung über die Politik post- tion verringerte Russland seine Rohöllieferungen, was sowjetischer Länder gegenüber der EU fest, dass multi- Belarus finanziellen Schaden zufügte, da es auf die Raffi- vektorielle Außenpolitik generell aus asymmetrischen nierung von Rohöl und den Weiterverkauf der ver- Verhandlungstaktiken zwischen kleinen Staaten und ex- feinerten Ressource ökonomisch angewiesen ist. Der ternen Akteuren über die Konditionen der Zusammen- Rohölimport aus Aserbaidschan konnte das Defizit nicht arbeit resultiert.27 ausgleichen und Russland wird seine Ölversorgung vo- Die Taktik Lukaschenkas ist aufgrund der großen raussichtlich bis zu dem Zeitpunkt weiter senken, an dem Abhängigkeit von Russland nicht risikofrei, aber bislang Belarus bereit ist, die Schulden zu bezahlen.24 hat er sich nicht so weit hinreißen lassen, dessen Kern- Alena Vysotskaya Guedes Vieira beschreibt, dass das interessen zu verletzen. Diese außenpolitische Strategie Verhalten der Regierungen in Moskau und Minsk auf ein hält er seit über zwei Jahrzehnten relativ erfolgreich Sicherheitsdilemma innerhalb der Allianz zurückzu- durch. führen sei. Basierend auf Glenn H. Snyders Theorien zu internationalen Allianzen geht sie davon aus, dass jede Seite Zweifel an der Zuverlässigkeit des anderen Partners 2.2 Der Westen als taktisches Druckmittel habe. Belarus fürchte zudem, in die Konflikte Russlands hereingezogen zu werden.25 Wenn Lukaschenka erkenne, Wenn Lukaschenka sich zeitweilig von Russland abwen- dass er vom Kreml im Stich gelassen oder in einen Konflikt det, öffnet er sein Land gleichzeitig zum Westen. Das be- mit Dritten hineingezogen werden könnte, reduziere er deutet aber keine grundlegende Veränderung der strate- seine Unterstützung für die Allianz, indem er die Position gischen Ausrichtung, denn er setzt nur kurzfristig auf ein Entgegenkommen der EU, wenn er eigentlich die Unter- stützung des Kremls sucht. Die wiederkehrenden politi- 21 Vysotskaya Guedes Vieira 2014 b, 101. schen Umstellungen bieten die Möglichkeit, Unab- 22 ʼ Arseni Sivitski: Belarus's New Military Doctrine: What s The Mes- hängigkeit zu demonstrieren und – zumeist russische – sage? Belarus Digest, 1. September 2016, www.belarusdigest.com/ Subventionen für die belarussische Wirtschaft zu maxi- story/belaruss-new-military-doctrine-whatʼs-message-27047. 23 Arseni Sivitski: Will Russia Occupy Belarus In 2017? Belarus Di- mieren. gest, 29. November 2016, www.belarusdigest.com/story/will-russia- occupy-belarus-2017–28101. 24 Smok: Does Belarus Stand A Chance In A New Oil War With Rus- sia? a. a. O. 26 Vysotskaya Guedes Vieira 2014 b, 567. 25 Snyder 1997. 27 Gnedina 2015, 1024. Belarus nach der Ukraine-Krise und die Neuausrichtung der westlichen Politik 181

Bis in die Mitte der 1990er-Jahre waren die Beziehun- Druckmittel gegenüber dem Kreml in der Hand. Er er- gen zum Westen noch sehr viel offener. Im Jahr 1995 wur- weckte den Eindruck, sich von Moskau abzuwenden und den sogar ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen Unterstützung vom Westen zu erhalten. Er erklärte, dass (PKA) und ein vorläufiges Handelsabkommen unterzeich- ihn Europa und die USA während des Ölkonflikts mit net. Das Verhältnis verschlechterte sich jedoch, nachdem Russland „anständig behandelt“ hätten. Sie hätten Hilfe Lukaschenka 1996 die Verfassung änderte, um sich dikta- und Unterstützung angeboten und das würden die Bela- torische Befugnisse zu erteilen und die Zivilgesellschaft zu russen ihnen nie vergessen.32 zerschlagen. Die EU setzte die Ratifizierung des PKA aus Die USA spielten tatsächlich nur eine untergeordnete und fror das Interimsabkommen im Jahr 1997 ein. Außer- Rolle bei allen Versuchen der aktiven Einbindung von dem beschränkte Brüssel alle politischen Kontakte mit der Belarus. Seit 1997 basiert Washingtons Politik auf dem Minsker Regierung unterhalb der ministeriellen Ebene.28 Grundsatz des selective engagement, um die Demokratie Die Beziehungen zwischen Belarus und der EU blie- und die Zivilgesellschaft durch die Unterstützung von ben für etwa ein Jahrzehnt festgefahren, bis die Europä- NGOs zu fördern. Daher war die Zusammenarbeit der US- ische Kommission im Jahr 2006 ein non paper29 ver- amerikanischen und der belarussischen Regierung sehr öffentlichte, das einen prinzipiellen Ansatz für den Um- begrenzt, sie beschränkte sich auf Initiativen wie die zur gang mit dem „letzten Diktator Europas“ skizzierte und kooperativen Bedrohungsreduktion bei Kernwaffenma- die Minsker Regierung an die Vorteile erinnerte, die es im terialien (cooperative threat reduction) oder zur Be- Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik erhalten seitigung ehemals sowjetischer Massenvernichtungs- würde, sobald es gewisse Anforderungen an Demo- waffen. kratisierung und Menschenrechte erfüllte. Die Veröffent- Im Gegensatz zu der Annäherung zwischen Belarus lichung des non papers fiel zusammen mit dem, was Elena und der EU verschärfte die US-Regierung ihre Sanktionen Korosteleva als die russische Politik der „Pragmatisie- gegenüber einem belarussischen staatlichen Petroche- rung“ bezeichnet: die Umstellung von der bloßen Unter- mie-Unternehmen im Jahr 2008, woraufhin Lukaschenka stützung der Verbündeten zu einer Politik, bei der diese seinen Botschafter aus Washington zurückzog und die Russland international aktiv unterstützen sollen.30 In der USA zwang, ihren Botschafter aus Minsk abzuberufen Konsequenz verringerte Russland seine Subventionierung sowie das Botschaftspersonal von 35 auf 5 Diplomaten zu der Energielieferungen an Belarus und leitete darüber ei- verkleinern. Seitdem sind die USA mit einem Chargé nen Streit ein. d'affaires ad interim in Minsk vertreten.33 Nachdem es Lukaschenka erkannte damals die Gefahren seiner Fortschritte in Belarus in Fragen der Menschenrechte gab, Schaukelpolitik und verbesserte die Beziehungen zur EU, schlossen sich die USA dennoch der EU bei der Aus- indem er politische Gefangene freiließ und eine Beteili- setzung einiger Sanktionen an.34 gung der Opposition bei den Parlamentswahlen 2008 er- Das Ende der Annäherung zwischen Belarus und dem möglichte. Die Wahl entsprach gleichwohl nicht den Westen kam aber 2010, nachdem Lukaschenka anlässlich OSZE-Standards. Die Zugeständnisse führten zu einer der Präsidentschaftswahlen die Oppositionsparteien ganzen Reihe von Kooperationsinitiativen: die Aus- massiv behindert hatte und acht der neun Oppositions- setzung des Reiseverbots für Lukaschenka und 35 bela- kandidaten verhaften ließ.35 Die EU verhängte daraufhin russische Offizielle, die Eröffnung einer EU-Vertretung in erneut zielgerichtete Sanktionen gegen ihn und weitere Minsk, Besuche des Hohen Vertreters für die Gemeinsame belarussische Offizielle. Außen- und Sicherheitspolitik Javier Solana und der Balázs Jarábik, Jana Kobzova und Andrew Wilson Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische beschreiben, dass Lukaschenka durch die vorüberge- Nachbarschaftspolitik Benita Ferrero-Waldner in Minsk, hende Umstellung seiner Ausrichtung von Osten nach Konsultationen und technische Zusammenarbeit mit der Westen sowie durch die gleichzeitige Annäherung an belarussischen Regierung, die Einbeziehung des Landes dritte Parteien eine „neo-titoistische“ Strategie entwickelt in die multilateralen Beziehungen der Östlichen Partner- habe, die primär dem Ziel diene, Zugeständnisse aus schaft und sogar einen Dialog über Menschenrechts- Moskau zu extrahieren.36 Dabei habe die Minsker Regie- fragen.31 Mit dieser Annäherung hatte Lukaschenka ein

32 Ioffe 2014, 90. 28 Bosse/Korosteleva-Polglase 2009, 148. 33 Woehrel 2013, 7. 29 EU 2006. 34 Ibid, 1. 30 Korosteleva 2011, 568. 35 Jarábik/Kobzova/Wilson 2011, S. 1. 31 Jarábik/Kobzova/Wilson 2011. 36 Ibid. 182 Robert Helbig rung große Fähigkeiten gezeigt, sich mit der EU zu arran- die den Kreml unterstützten, indem sie gegen die Resolu- gieren und weitere Akteure – angefangen vom IWF und tion 68/262 der UN-Generalversammlung stimmten, die der Weltbank bis hin zu , Peking, Caracas, Doha und den Volksentscheid auf der Krim im Jahr 2014 für ungültig Teheran – in seinen Pool von Gläubigern und Investoren erklärte.40 einzubeziehen. Im Gegensatz zu Putin legitimierte Lukaschenka die Die Diversifizierung als Verhandlungsstrategie ge- neue Führung der Ukraine nach der Maidan-Revolution, genüber Russland wurde durch die Zusicherung an Russ- indem er der Amtseinführung des Präsidenten Petro Po- land ergänzt, die Allianz aufrechtzuerhalten. Nachdem roschenko beiwohnte. Er stellte die russische Position in- die EU ihre Zusammenarbeit mit Belarus als Folge der zi- frage, nach der die neue Kiewer Regierung nicht anzuer- vilgesellschaftlichen Niederschlagungen ausgesetzt hat- kennen sei, und versicherte, diese würde den Willen der te, konnte sich Minsk wieder dem Kreml zuwenden. Nur ukrainischen Bevölkerung widerspiegeln. Mit der Aner- wenige Tage nach den Wahlen von 2010 ratifizierte Be- kennung der neuen ukrainischen Regierung stellte er sich larus 18 Verträge über die Schaffung des Gemeinsamen sogar gegen weite Teile der eigenen Bevölkerung, die zur Wirtschaftsraums mit Russland und Kasachstan.37 Hälfte die Regierung in Kiew als „faschistisch“ einstuft.41 Indem er gleichzeitig die territorialen Forderungen des Kremls und die Legitimität der pro-europäischen Re- 3 Die Ukraine-Krise: eine Chance für gierung in Kiew unterstützte, hielt Lukaschenka seine Unterstützung für die russische Regierung selektiv zu- den Neuanfang rück. Um dennoch seine Treue zur Allianz zu bekräftigen, betonte er, dass er sich, müsste er sich entscheiden, ent- Seit Beginn der Ukraine-Krise ist zu beobachten, dass weder die neue Führung der Ukraine oder das Referendum Lukaschenka seine Verhandlungstaktik erneut einsetzt: auf der Krim anzuerkennen, dem Kreml anschließen Er nähert sich dem Westen an und fördert die bela- würde.42 Damit meinte er, seine eigene Fähigkeit zur russische Unabhängigkeit, um den Einfluss Russlands zu Entscheidungsfindung zu demonstrieren, verhinderte ei- beschränken und damit seine Position intern und extern nen offenen diplomatischen Konflikt mit Kiew und be- zu festigen. stätigte sein Bekenntnis zur Allianz mit Russland.

3.1 Balanceakt der Neutralität 3.2 Förderung der belarussischen Unabhängigkeit Der Ukraine-Konflikt brachte Lukaschenka in eine heikle Situation, weil die Ukraine als slawischer Bruder gilt und Das Verhalten Russlands gegenüber der Ukraine musste den zweitgrößten Markt für belarussische Waren dar- bei Lukaschenka die Sorge wecken, dass Moskau ver- 38 stellt. Während es nicht im belarussischen Interesse ist, suchen könnte, auch die Souveränität von Belarus infrage die Beziehungen zur Regierung in Kiew zu beschädigen, zu stellen. Er reagierte, indem er die nationale bela- musste das Land andererseits der Tatsache Rechnung russische Identität herausstellte und förderte. Im Jahr 2015 tragen, dass die Annexion der Krim ein Kerninteresse des hielt er zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten eine Rede in Kremls war. So beruhigte Lukaschenka beide Seiten, in- belarussischer Sprache und erklärte 2016 zum Jahr der dem er die pragmatische Haltung einnahm, die Krim als belarussischen Kultur.43 Er nahm nicht an der Feier zum Teil von Russland anzuerkennen und gleichzeitig die Le- Tag des Sieges am 9. Mai 2015 in Moskau teil, sondern gitimität der pro-europäischen Regierung in Kiew zu be- besuchte stattdessen den Russlandkritiker, ehemaligen stätigen. Lukaschenka wiederholte Putins Argument, dass Russland keine andere Möglichkeit habe, um die Rechte der russischsprachigen Bevölkerung durchzusetzen. Er 40 Vgl. die Meldung des UN News Center vom 27. März 2014: Ba- ʼ behauptete auch, dass die Ukrainer ihr Land nicht ver- cking Ukraine s territorial integrity, UN Assembly declares Crimea referendum invalid, www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=47 teidigten und man die Krim deshalb als Teil Russlands 39 443&Cr=ukraine&Cr1=#.Vmo-pLQYzdu. anerkennen solle. So gehörte Belarus zu den elf Staaten, 41 Vysotskaya Guedes Vieira 2014 b, 104. 42 Ibid, 103. 43 Vgl. John Drennan: Lukaschenka – More than a Kremlin satrap, 37 Ibid. IISS Voices, 12. Januar 2015, www.iiss.org/en/iiss%20voices/blog 38 The Observatory of Economic Complexity 2014. sections/iiss-voices-2015-dda3/january-8f5d/Lukaschenka-more- 39 Vysotskaya Guedes Vieira 2014 b, 105. than-a-kremlin-satrap-0091. Belarus nach der Ukraine-Krise und die Neuausrichtung der westlichen Politik 183 georgischen Präsidenten und damaligen Gouverneur von Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) im Mai 2014 stellte Odessa Mikheil Saakaschwili.44 Er forderte sein Komitee er Putins Prestigeprojekt infrage, weil Russland die Pläne für Staatssicherheit auf, Einzelpersonen und Gruppen zu der Schaffung eines gemeinsamen Energiemarktes bis überwachen, die sich gegen die angebliche Verletzung der 2025 verzögern wollte. Schließlich unterzeichnete Luka- Rechte von ethnischen Russen in Belarus engagieren.45 schenka den Vertrag doch und im Gegenzug erhielt sein Zudem verbot er dem panslawischen Belarussischen Sla- Land von Russland ein Darlehen in Höhe von 2,5 Milliar- wischen Komitee, sich weiter als politische Partei zu den US-Dollar und die Zusage einer Absenkung der Zölle etablieren, um zu verhindern, dass sich dezidiert russi- für Öllieferungen in Höhe von etwa 1,5 Milliarden US- sche Kräfte am politischen Prozess beteiligen.46 Dollar.52 In Lukaschenkas Präsidentschaftswahlkampf im Jahr Trotz dieses lukrativen Zugeständnisses verhinderte 2015 trat der altbekannte Slogan, wonach er sich auf Lukaschenka die weitere bilaterale Integration. Obwohl die Steigerung des Wohlstands konzentrieren wolle, die belarussische Luftwaffe ihren Verpflichtungen im zurück.47 Er betonte die Notwendigkeit der Einheit des Rahmen des einheitlichen Luftverteidigungssystems mit belarussischen Volkes und schlug vor, aus Fehlern zu Russland nicht nachkommt, weigerte er sich, einen rus- lernen, die von den Nachbarn begangen worden seien.48 sischen Luftwaffenstützpunkt auf belarussischem Ter- Lukaschenka kritisierte Putins „Sammeln russischer Län- ritorium zu akzeptieren und modernisierte stattdessen die der“, denn dieser solle lieber diejenigen kultivieren, die eigenen Streitkräfte.53 Die Regierung in Minsk folgte Putin sich bereits in seinem Besitz befinden würden.49 In seiner außerdem nicht bei der Umsetzung der Sanktionen von Rede zur Lage der Nation im April 2014 verkündete der Nahrungsmitteln aus dem Westen, woraufhin Russland belarussische Präsident, dass es seine wichtigste Aufgabe Nahrungsmittelimporte aus Belarus zeitweise verbot und sei, die Unabhängigkeit des Landes zu verteidigen.50 das Land verdächtigte, illegal mit neu etikettierten west- Während er ein Ukraine-ähnliches Szenario in Belarus lichen Nahrungsmitteln zu handeln.54 Währenddessen ausschloss, äußerte er zugleich Bedenken gegenüber den hat Belarus seine Zollkontrollen wiederhergestellt, was russischen Aktionen und unterstrich die Bereitschaft, für die Zollunion mit Russland praktisch aufhebt.55 Diese die Unabhängigkeit seines Landes einzustehen: „Stellen Beispiele unterstreichen, dass Lukaschenka auf maximale Sie sich vor, was passieren würde, wenn uns morgen je- Gewinne abzielt und nur dann zu einer weiteren Zusam- mand Paliessie [eine südliche Region von Belarus] weg- menarbeit mit Russland bereit ist, wenn er dafür konkrete nehmen würde. Was wäre meine Reaktion und die unserer Zugeständnisse erhält. Leute? Wir würden für jedes Stück unseres Landes kämpfen.“51 Diese Bemerkungen stehen in Einklang da- mit, dass Lukaschenka einen offiziellen Diskurs voran- 3.3 Erneute Annäherung an den Westen treibt, in dem die belarussische Souveränität unter- strichen und Kritik an Russland geübt wird. Ähnlich wie in den Jahren 2008 bis 2010 stärkte Luka- Lukaschenkas Politik ist keine reine Rhetorik. Dies schenka in den zurückliegenden Jahren seine Position zeigte sich, als er sich gegen die weitere Integration seines gegenüber Moskau, indem er Zugeständnisse an den Landes mit Russland für den Fall aussprach, dass daraus Westen machte, die als Beginn einer Vertiefung der Zu- kein konkreter wirtschaftlicher Vorteil entsteht. Am Vor- sammenarbeit mit der EU und den USA interpretiert wer- abend der Unterzeichnung des Gründungsvertrags der den sollten. Erneut war die Freilassung gefangener Op- positionsführer ein relativ bequemes Zeichen. Während der Ukraine-Krise ließ Lukaschenka den prominenten 44 Maxim Samorukov: Lukaschenkaʼs Western Flirtation, Carnegie Moscow Center, 14. Oktober 2015, carnegie.ru/2015/10/14/Luka schenka-s-western-flirtation/ijqv. 52 Vysotskaya Guedes Vieira 2014 b, S. 109. 45 Vysotskaya Guedes Vieira 2014 b, S. 108. 53 Vgl. Siarhei Bohdan: Moscow Gives Belarus Arms And Seems 46 Ibid. To Abandon Airbase Plans, Belarus Digest, 12. Januar 2016; 47 Samorukov, a. a. O. www.belarusdigest.com/story/moscow-gives-belarus-arms-and- 48 Vysotskaya Guedes Vieira 2014 b, S. 108. seems-abandon-airbase-plans-24254. 49 Ibid. 54 Volha Charknysh: Belarus Hopes To Cash In On Russian Sanc- 50 Lukashenko 2014. tions, Belarus Digest, 19. August 2015, www.belarusdigest.com/ 51 Radio Free Europe/Radio Liberty: Lukashenka Vows Aggressors story/belarus-may-not-cash-russian-sanctions-18944. Against Belarus Will 'Die By The Swordʼ, 4. August 2015, www.rferl. 55 Vgl. Alexey Malashenko: Belarus and Kazakhstan: Ukraine Is org/content/belarus-lukashenka-interview-aggressors-die-by- Not Our Enemy, Carnegie Moscow Center, 26. Dezember 2014, sword/27170588.html. www.carnegie.ru/2014/12/26/minsk-and-astana/ik4 l. 184 Robert Helbig

Menschenrechtsverteidiger Ales Byalyatski (Juni 2014) Mai 2016 und Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn und den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Mikola fuhr im September 2016 nach Minsk. Der belarussische Statkevich sowie weitere Oppositionelle frei (August Außenminister Makei reiste im Oktober 2016 nach War- 2015). Im Juli 2015 nahm Belarus sogar den Menschen- schau und Polens stellvertretender Ministerpräsident rechtsdialog mit der EU wieder auf.56 Die Präsident- Mateusz Morawiecki stattete einen Gegenbesuch ab. Al- schaftswahlen im Oktober 2015 verliefen friedlich und lein im September und Oktober 2016 trafen sich bela- OSZE-Beobachter lobten Lukaschenka für sein Engage- russische Offizielle mit Vertretern aus über 30 Staaten, ment zur Einhaltung der OSZE-Standards – obwohl diese von China über bis nach Namibia. Es ging zu- nicht voll erfüllt wurden.57 Nach der Parlamentswahl im meist um die Suche nach neuen Exportmärkten und Di- September 2016 ließ er zu, dass zwei Oppositions- rektinvestitionen aus dem Ausland. kandidaten in das Parlament einziehen konnten, womit er Nach Jahren eisiger Beziehungen reiste der Staats- eine positive Botschaft an Brüssel sendete. sekretär des US-amerikanischen Außenministeriums Pat- Die Durchsetzung von minimalen demokratischen rick Kennedy im September 2015 in die belarussische Standards in den Präsidentschaftswahlen 2015 führte da- Hauptstadt. Nur ein Jahr später traf Makei den stellver- zu, dass die EU erstmals vorübergehend und später dau- tretenden Leiter für Internationale Sicherheit des Penta- erhaft ihre Sanktionen gegen belarussische Unternehmen gons Michael Carpenter in New York, um über eine Zu- und Offizielle aussetzte. Die Waffenembargos blieben er- sammenarbeit in der Verteidigung zu beraten. Der Chargé halten. Belarus und die EU haben ihre Gespräche über die d'affaires Scott Rauland initiierte den Besuch des Jazz- Visaliberalisierung fortgesetzt, und im Januar 2017 er- Ensembles der US Air Force Band im Juni 2016, um Kon- klärte Lukaschenka einseitig die Visaliberalisierung für zerte in Belarus zu geben und die kulturelle Diplomatie zu Besucher aus über 80 Ländern, die für einen Zeitraum von fördern. Und nachdem die US-Sanktionen bereits im Jahr maximal fünf Tagen nach Belarus reisen. In der Erwar- 2015 teilweise abgemildert worden waren, gab die Leiterin tung, seine Wirtschaft zu diversifizieren und den Handel des Büros für europäische und eurasische Angele- mit der EU ausbauen zu können, initiierte die Minsker genheiten im Außenministerium Bridget Brink während Regierung Konsultationen mit mehreren EU-General- eines Briefings in Minsk im Oktober 2016 bekannt, dass die direktionen über Modernisierung, technische Vor- USA ihre Sanktionen für neun belarussische Unter- schriften und Grenzsicherheit. Im April 2016 wurde eine nehmen für weitere sechs Monate suspendieren würden. EU-Belarus-Koordinationsgruppe gegründet, die zwei- Dies deutet auf ein größeres US-amerikanisches Engage- jährlich die Zusammenarbeit abklärt. Eingeleitet wurde ment in der Region hin, was Lukaschenka positiv auf- auch ein Handelsdialog, eine erste Gesprächsrunde mit nahm, da er sich schon für eine größere Rolle der USA bei der Delegation der Europäischen Kommission fand im der Lösung der Ukraine-Krise ausgesprochen hat.58 Oktober 2016 in Minsk statt. Das Politische und Sicher- Die Wahl von US-Präsident Donald Trump wurde heitspolitische Komitee (PSK) des Rates der EU besuchte nicht nur von Lukaschenka begrüßt, der sagte, dass dieser Belarus im November 2016. Obwohl sich der belarussische in der Lage sei, „Geschichte zu schreiben“59, sondern Außenminister Uladzimir Makei schon für die Formali- auch von vielen Belarussen. Sie brüsten sich damit, dass sierung der Zusammenarbeit durch einen grundlegenden Trumps Schwiegersohn Jared Kushner Nachkomme von Vertrag mit der EU – ein Rahmendokument, das Brüssels Holocaust-Überlebenden aus der belarussischen Stadt Beziehungen mit anderen postsowjetischen Ländern re- Navahradak ist. Es bleibt spekulativ, wie die neue Trump- gelt – ausgesprochen hat, ist die EU noch zurückhaltend. Administration ihre Beziehungen mit Belarus handhaben Die Kooperationsinitiativen wurden von Staatsbe- wird. Aber in weiten Teilen des US-Kongresses ist die suchen begleitet. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Skepsis gegenüber Belarus groß, weshalb es nicht einfach französische Präsident François Hollande trafen sich in sein wird, die verbliebenden Sanktionen aufzuheben. Minsk im Normandie-Format, um Lösungen für die Uk- raine-Krise zu diskutieren. Lukaschenka besuchte Rom im

58 Vgl. Lukaschenka wants US, EU, Russia to mediate in Ukraine conflict, Kyiv Post 8. Mai 2015, www.kyivpost.com/article/content/ 56 European External Action Service: The EU and Belarus hold a dia- ukraine-politics/Lukaschenka-wants-us-eu-russia-to-mediate-in- logue on human rights, 28. Juli 2015, eeas.europa.eu/statements- ukraine-conflict-388144.html. eeas/2015/150728_02_en.htm. 59 Vgl. Lukaschenka: U.S. President-elect Donald Trump has a chan- 57 OSCE/ODIHR: International Election Observation Mission: ce to make history, Belarus News, 14. November 2016, http://eng. Republic of Belarus – Presidential Election, 11. Oktober 2015, www. belta.by/president/view/Lukaschenka-us-president-elect-donald- osce.org/odihr/elections/belarus/191586?download=true. trump-has-a-chance-to-make-history-96268–2016/. Belarus nach der Ukraine-Krise und die Neuausrichtung der westlichen Politik 185

Eher wird es möglich werden, wieder einen US-Bot- werden.62 Dieser Wandel von einer revolutionären zu ei- schafter in Minsk zu etablieren. ner evolutionären Rhetorik der Opposition spiegelt den Zwar signalisiert Belarus mit der Annäherung an Eu- Wunsch der Bevölkerung nach politischer Stabilität wi- ropa und die USA eine gewisse Bereitschaft zur Zusam- der, weshalb die Vorwahlen und unabhängige Messungen menarbeit. Aber Lukaschenka strebt auch weiterhin keine der Wahlergebnisse darauf hindeuten, dass Lukaschenka intensivere Kooperation mit der EU an. Innere und äußere die Wahl im Oktober 2015 auch ohne Betrug mit 60 Prozent politische Faktoren, wie eine relativ isolierte Gesellschaft, der Stimmen gewonnen hätte.63 fehlende demokratische Traditionen, eine schwache Op- Die Wahl von zwei Oppositionskandidaten bei den Par- position und die von Russland gesetzten außen- und si- lamentswahlen im Jahr 2016 sollte als symbolische Konzes- cherheitspolitischen Grenzen, würden dafür auch keine sion Lukaschenkas angesehen werden, nicht als Zeichen für optimalen Bedingungen bieten. eine ernsthafte Bereitschaft zur Reform der politischen Landschaft. Es wäre auch übertrieben, Konzessionen zu- gunsten der Menschenrechte als eine echte Anstrengung zu 3.4 Lukaschenkas Machtkonsolidierung interpretieren, um den westlichen Standards gerecht zu werden. Aber Lukaschenka hat zumindest seine Bereitschaft Die Maidan-Revolution und die aggressive Einstellung gezeigt, mit dem Westen zusammenzuarbeiten. Dies hilft Russlands gegenüber dem Westen haben die politische ihm in seinem Bemühen, aus dem Visier europäischer Men- Lage für Belarus verändert. Innenpolitisch bietet die der- schenrechtspolitik zu gelangen und sich als „latenter“ Part- zeitige Situation Lukaschenka die Möglichkeit, sich als ner für den Westen zu etablieren. Neben der innen- Garanten für Stabilität und Unabhängigkeit darzustellen. politischen Machtkonsolidierung gewann Lukaschenka zu- Gemäß seinem Narrativ würden sich unter seiner Führung dem internationale Legitimität als Vermittler in der Ukraine- derart dramatische Veränderungen wie in der Ukraine Krise, als er die Friedensgespräche in Minsk ausrichtete. (und die damit verbundene militärische Intervention Russlands) nicht ereignen. Dieses Narrativ scheint zu wirken. Oleg Manaev, Gründer des Unabhängigen Insti- 3.5 Ökonomische Turbulenzen tuts für sozioökonomische und politische Studien (II- SEPS), argumentiert, dass die politischen Ansichten der Mit realen Löhnen, die über fünfzig Prozent höher liegen belarussischen Bevölkerung maßgeblich durch die Uk- als in der benachbarten Ukraine, gilt Belarus für viele raine-Krise beeinflusst worden seien. Für viele Belarussen weiterhin als Vorbild unter den postsowjetischen Volks- sei die Ukraine ein Beispiel für Schrecken statt für Hoff- wirtschaften. Aber der russische Konjunkturabschwung nung.60 Von daher habe sich Lukaschenkas innen- infolge der westlichen Sanktionen und des niedrigen Öl- politische Lage verbessert. preises sowie der Gasstreit mit Russland haben für das Im Februar und März 2017 protestierten Regime- Land schwerwiegende Konsequenzen. Es musste seine kritiker zum ersten Mal seit Jahren wieder, Dutzende Währung abwerten und Kapitalkontrollen verhängen.64 wurden festgenommen. Auf eine breite Unterstützung in Die Wirtschaftsleistung ist im Jahr 2015 um 3,9 Prozent der Bevölkerung schienen sie nicht zählen zu können, und im Jahr 2016 um etwa 3 Prozent gesunken65 und wird denn weniger als zehn Prozent der Belarussen sollen im Jahr 2017 voraussichtlich weiter abnehmen66 – die Si- Proteste gegen die politische Führung für realistisch und tuation lässt sich mit der in Russland vergleichen, ist aber wünschenswert halten.61 Die Oppositionskandidatin für immer noch besser als die in der Ukraine. die Präsidentschaftswahl 2015 Tatjana Karatkevich for- Der Außenhandel ist seit 2014 um über ein Drittel zu- derte nicht einmal einen Machtwechsel, um sich von den rückgegangen, vor allem wegen der Abhängigkeit von ukrainischen Regimekritikern abzugrenzen und nicht mit Russland als wichtigstem Handelspartner.67 Die Mitglied- der Maidan-Revolution in Zusammenhang gebracht zu

62 Ibid. 60 Roman Goncharenko: Ahead of Belarus election, Lukaschenka 63 Balázs Jarábik and Dzianis Melyantsou: Same old, Same Old? puts on best airs, Deutsche Welle, 10. Oktober 2015, www.dw.com/ Belarus Votes, Carnegie Moscow Center, 12. Oktober 2015, en/ahead-of-belarus-election-Lukaschenka-puts-on-best-airs/a- www.carnegie.ru/2015/10/12/same-old-same-old-belarus-votes/ijqx. 18774960. 64 Vgl. Belarus and the great bear, The Economist, 11. April 2015. 61 Artyom Shraibman: What Makes The 2015 Belarus Presidential 65 Vgl. Why „Europeʼs last dictatorship“ is offering visa-free entry, Campaign So Different? Belarus Digest, 4. August 2015, www.bela- The Economist, 17. Januar 2017. rusdigest.com/story/what-makes-2015-belarus-presidential-cam- 66 World Bank 2016. paign-so-different-22989. 67 Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Belarus 2016. 186 Robert Helbig schaft in der EAWU hat sich dabei nicht als hilfreich erwie- ob ein solcher Schritt aufgrund der wirtschaftlichen und sen, denn die Ausfuhrgeschäfte nach Kasachstan, Kirgi- politischen Abhängigkeit möglich ist. Auch ist keinesfalls sistan und Armenien stellen nur 2,5 Prozent, 0,25 Prozent gesichert, dass die jüngste Öffnung gegenüber dem Wes- und weniger als 0,01 Prozent der gesamten belarussischen ten so interpretiert werden kann, dass Lukaschenka durch Exporte dar. Sie bieten wenig Potenzial, um den Handel die westliche Politik der Sanktionen und der Konditiona- innerhalb der Wirtschaftsunion zu erweitern.68 Das könnte lität geläutert ist. Europas letzter Diktator hat seine Macht auch als Grund gelten, warum Lukaschenka nicht am EA- in den vergangenen Jahren eher festigen können. Wie WU-Gipfel in St. Petersburg im Dezember 2016 teilnahm schon zuvor dient denn auch sein verstärktes Engagement und lieber in Minsk blieb, um Möglichkeiten zu erörtern, mit Blick auf den Westen hauptsächlich dazu, mehr Ver- externe Finanzierungen zu gewinnen.69 handlungsspielraum gegenüber Putin zu gewinnen. Für Die ökonomische Lage setzt Lukaschenka unter die Regierung in Minsk bleibt die westliche Integration – Druck. Er muss die Wirtschaft reformieren, die weiterhin und sei es auch nur im Sinne einer engen Anlehnung an weitgehend von der Regierung kontrolliert wird, und da- die EU – nach wie vor unnötig und ungerechtfertigt. für Geldgeber finden. Die Bemühungen, „frisches“ Geld Dennoch sollten die EU und USA die Gunst der Stunde von Moskau zu erhalten, sind in den vergangenen Jahren nutzen, um ihre Strategien gegenüber Belarus neu zu de- nur teilweise erfolgreich verlaufen. Anfang 2015 benötigte finieren. Die wirtschaftliche Lage und Unsicherheit über Belarus ein Darlehen in Höhe von 2,5 Milliarden US-Dol- Russlands weitere Ambitionen bieten Spielraum, um die lar, es wurden jedoch nur 110 Millionen US-Dollar im April belarussische Politik zu beeinflussen. Dazu sollten aber und 760 Millionen US-Dollar im Juli des Jahres gewährt.70 realistische Angebote definiert werden. Angesichts der relativ niedrigen Ölpreise, der andauern- Zunächst ist es entscheidend, die Ziele des Westens in den westlichen Sanktionen und des kostspieligen russi- der Region zu klären und Optionen zu entwickeln, wie schen Engagements in Syrien sowie der Folgekosten der man die belarussische Allianz mit Russland schwächen Annexion der Krim sind die Aussichten auf weitere russi- könnte. Es gibt mindestens zwei Ziele, denen alle west- sche Kredite nicht besonders gut. lichen Regierungen zustimmen würden: die Herstellung Als Lukaschenka in den Jahren 2008 bis 2010 dem und Wahrung zwischenstaatlicher Stabilität in den geo- Kreml den Rücken zukehrte, war er weniger abhängig von grafisch zwischen der EU und Russland gelegenen Län- ausländischer Hilfe, denn Belarus hatte die damalige dern sowie langfristig deren Demokratisierung als Vo- globale Finanzkrise relativ unbeschadet überstanden.71 raussetzung für eine Integration in die europäische Wer- Heute leidet das Land aber unter den Folgen einer mass- tegemeinschaft. iven Wirtschaftskrise. Daher muss Lukaschenka auch Die Stabilität der zwischenstaatlichen Beziehungen westliche Institutionen als Kapitalgeber in Erwägung zie- sollte zunächst das Hauptanliegen sein, weil die Demo- hen. Dies würde allerdings ernsthafte Strukturreformen kratisierung unter Lukaschenkaeher unwahrscheinlich ist. statt nur vorübergehender Zugeständnisse erfordern. Eine Regimewechselpolitik wäre außerdem eine brenzlige Strategie, die eine instabile Lage zur Folge haben und vom Kreml zur Begründung für eine militärische Intervention 4 Die politischen Chancen ausgenutzt werden könnte. Stattdessen sollten Europa und die USA die Minsker Führung bei der strategischen Diver- sifizierung ihrer Außenpolitik unterstützen und damit die Die bisherige Analyse zeigt, dass Belarus heute eine ähn- Voraussetzungen für allmähliche demokratische Reformen liche Politik wie zwischen 2008 und 2010 verfolgt: Das schaffen. Dies müsste mit Strukturreformen in der bela- Land nähert sich dem Westen an, um seine Ver- russischen Wirtschaft einhergehen, die vor allem in Rich- handlungsposition gegenüber Moskau zu stärken. Man tung Privatisierung und Entflechtung weisen. Ausgehend könnte argumentieren, dass Belarus tatsächlich nach von einer unabhängigen belarussischen Identität könnte Unabhängigkeit von Russland strebt, aber es ist fraglich, sich dann das Land aus der engen Verflechtung mit Russ- land lösen. Wie zuvor beschrieben, wird aber die bela- russischeGegenwartweiterhindurchdiestarkeBindungan 68 The Observatory of Economic Complexity 2014. 69 President of the Republic of Belarus: Session to discuss ways of Russland geprägt. Zudem bietet der Kreml nach wie vor die attracting external funding, 26. Dezember 2016, www.president.gov. besten finanziellen Renditen und akzeptiert Lukaschenkas by/en/news_en/view/session-to-discuss-ways-of-attracting-exter- autoritären Führungsstil. Der Westen könnte nicht die nal-funding-15208/. gleichen Konditionen bieten, durchaus aber die relativen 70 Pankovski 2016. Gewinne für Belarus aus der Zusammenarbeit mit Russland 71 Young 2011, S. 12. Belarus nach der Ukraine-Krise und die Neuausrichtung der westlichen Politik 187 verringern. Dabei sollten differenzierte Strategien zum 4.2 Politik der kleinen Schritte verfolgen Einsatz kommen. Lukaschenka hat bisher eine echte Zusammenarbeit mit dem Westen ausgeschlagen, weil die EU und USA strikte 4.1 Bewusstsein schärfen und Optionen Bedingungen zur Demokratisierung gestellt haben. Um eröffnen ihn dennoch zur Zusammenarbeit zu motivieren, sollte nicht offensiv ein von außen unterstützter Regimewechsel Ausgehend von der Annahme, dass Lukaschenka mehr angestrebt, sondern eine Politik der kleinen Schritte ein- Angst vor einer militärischen Invasion durch Russland als geleitet werden, von der sich Lukaschenka zwar nicht durch die NATO haben müsste, könnten Europa und die unmittelbar in seiner Macht bedroht sieht, die aber län- USA folgende Maßnahmen initiieren: gerfristig dem Ziel der Demokratisierung des Landes dient. – Sensibilisierung für die Bedrohung durch russische Ag- Das bedeutet im Einzelnen: gression: Hierzu könnte die Einladung von Vertretern – Die aktive Unterstützung oppositioneller Politiker über- aus Belarus zu Seminaren und Briefings zu russischen denken: Bisher hat eine derartige Unterstützung nicht Taktiken hybrider Kriegsführung dienen. dazu beigetragen, dass sich eine handlungsfähige de- – Bewusstsein für die hohen Kosten der Allianz mit Mos- mokratische Opposition in Belarus etablieren konnte. kau schaffen: Die Regierung in Minsk hat allen Grund Lukaschenkas Engagement mit dem Westen würde zu fürchten, dass die Unterstützung der russischen zudem immer nur begrenzt bleiben, wenn er befürch- Politik seine Beziehungen zu anderen postsowje- ten muss, durch seine westlichen Partner innen- tischen Staaten beschädigt. Der Westen könnte seine politisch destabilisiert zu werden. Allerdings sollten Partner in Georgien und der Ukraine dazu anhalten, westliche Regierungen und internationale Institutio- der belarussischen Regierung den Imageschaden nä- nen direkt mit der Regierung über Menschen- herzubringen, den es bereits in der internationalen rechtsstandards und die Sicherheit der Opposition und Arena erlitten hat, als sie Russland in der UN-Reso- der Zivilgesellschaft verhandeln, wie dies mit anderen lution zur Krim-Annexion zur Seite stand. Damit autoritären Regimen praktiziert wird. könnte das Verständnis geweckt werden, dass Be- – Koordinierung von Messaging- und Kooperations- larus durch seine Unterstützung Putins oft als schur- initiativen: Ein koordinierter Ansatz zwischen den kischer und unterwürfiger Akteur wahrgenommen beteiligten Regierungen und Organisationen des wird – ein Image, das nicht hilfreich ist, um Zugang zu Westens ist eine Voraussetzung, um den Willen für internationalen Finanzquellen zu erreichen. eine Zusammenarbeit mit Lukaschenka zu demonst- – Optionen zur Diversifizierung aufzeigen: Realistische rieren. Der dazu erforderliche politische Dialog wird Optionen könnten Belarus dazu motivieren, weitere schwierig werden, weil nicht nur unterschiedliche Schritte zur Unabhängigkeit von Russland zu gehen. Meinungen von verschiedenen Regierungen zu be- So könnte das Land zum Beispiel ähnlich der Ukraine rücksichtigen sind, sondern auch NGOs in diesen in eine ganzheitliche Strategie der europäischen Prozess einbezogen werden müssten.72 Energiesicherheit integriert werden. Mittelfristig – Standards formulieren: Die Kritik an autoritären könnte dies auch die Schaffung von Optionen für den Herrschern im postsowjetischen Raum sollte einem umgekehrten Gasstrom (reverse gas flow) aus Europa einheitlichen Standard folgen. Im Gegensatz zu au- und die Verbindung von Belarus mit dem baltischen toritären Herrschern in den meisten postsowjetischen Flüssiggas-Netzwerk beinhalten. Um den Handel mit Partnerländern, darunter Kasachstan, Aserbaidschan Europa zu intensivieren, könnte Litauen einen be- und Usbekistan, hat der Westen in der Vergangenheit vorzugten Zugang zu seinen Häfen bieten. Um die besonders starke Kritik gegenüber Belarus geübt. unabhängigen militärischen Fähigkeiten von Belarus Zwar ist ein autokratisch geführtes Belarus aufgrund zu erhöhen, könnten NATO-Mitglieder Unterstützung seiner geografischen Lage nicht mit der Vision eines bei der Verwaltung von Ausbildung, Logistik und freien Europas in Einklang zu bringen. Diese Rhetorik Kommandostruktur auf bilateraler oder multilateraler führt aber nicht dazu, ihn als Partner zu gewinnen. Basis anbieten. Diese Bemühungen könnten durch – Auf die Einhaltung der OSZE-Standards bei den Wahlen Optionen über Europa hinaus flankiert werden, zum bestehen: Angesichts der Situation, dass Lukaschen- Beispiel durch die Zusammenarbeit mit Drittländern ka seine Macht in den vergangenen Jahren konsoli- bei Investitionen in Infrastrukturentwicklung und Industriezweige. 72 Groll 2012. 188 Robert Helbig

dieren konnte, sollte er in der Lage sein, noch mehr – Direktinvestitionen fördern: Europäische Staaten und Glaubwürdigkeit zu gewinnen, indem er international die USA könnten Anreize schaffen, um in Belarus zu anerkannte Standards einhält. Der Westen sollte ihm investieren, zum Beispiel durch die Einräumung von deshalb nahelegen, faire Wahlen zu veranstalten. Steuervorteilen und die Übernahme von Garantien. Dabei handelt es sich um Standards, die im Rahmen Europa und die USA sollten gegenüber der Minsker der OSZE, das heißt auch unter Mitwirkung von Be- Regierung argumentieren, dass die Zusammenarbeit larus, festgelegt worden sind. mit westlichen Unternehmen – im Gegensatz zu der – Vertrauensbildende Maßnahmen auf allen Regierungs- mit russischen Staatsunternehmen – nicht zur Kon- ebenen initiieren: Westliche Regierungen sollten ver- trolle ganzer Geschäftsfelder und der damit einher- suchen, auf unterschiedlichen Ebenen Kontakte mit gehenden politischen Abhängigkeit führt. belarussischenstaatlichen Stellenzuintensivieren.Nur – Technische Unterstützung anbieten: Der Westen sollte so kann Vertrauen aufgebaut werden, das die Grund- seine Expertise zur Modernisierung des veralteten Re- lage für Regierungs- und Wirtschaftsreformen ist. gierungsapparates in Belarus anbieten, beispielsweise – Geduld für die Visa-Liberalisierung aufbringen: Die EU durch die Unterstützung in den Bereichen Energie, sollte in kleinen Schritten auf Visa-Erleichterungen Wissenschaft und Technologie, Umwelt, wirtschaft- hinarbeiten, da eine Visabefreiung mit der EU politi- liche und gesellschaftliche Gleichstellung der Frauen, schen Kredit unter der belarussischen Bevölkerung Steuersystem, Effizienz des Finanzsektors, Patent- garantieren würde. Zu bedenken ist gegenwärtig, dass rechte und öffentliches Beschaffungswesen. die Visabeschränkungen und Isolation der Bevölke- rung der internen Stabilität und Machtkonsolidierung Lukaschenkas dienen. Darüber hinaus könnte Be- 4.4 Das Bestreben nach Unabhängigkeit larus Regulierungsprobleme mit Russland über Zoll- unterstützen und Handelsvereinbarungen riskieren. Deshalb ver- zichtet Minsk zum Beispiel auf lokale Grenzverkehrs- Eine stärkere Selbstwahrnehmung in der Bevölkerung, abkommen mit Litauen und Polen und reformiert dass Belarus ein Land mit eigener Identität ist, könnte seine Visumspolitik nur sehr vorsichtig. mittelfristig die Grundlage für die Durchsetzung demo- kratischer Werte sein. Im Einzelnen könnte das bedeuten: – Die belarussische Kultur fördern: Nur 23 Prozent der 4.3 Wirtschaftliche Anreize stärken Bevölkerung sprechen auch die belarussische Spra- che.73 Europa und die USA könnten Initiativen un- Die EU versteht, dass sie mit der Diversifizierung ihrer Ener- terstützen, um die Zweisprachigkeit zu fördern, zum giepolitik die Interessen von Belarus als Transitland unter- Beispiel durch die Finanzierung von Schulbüchern in gräbt. Um den absehbaren Einkommensverlust auszu- belarussischer Sprache. Die EU und die USA könnten gleichen und dem Land zu helfen, seine ökonomische Ab- auch dazu beitragen, das belarussische Selbstver- hängigkeit von Russland zu mindern, sollte der Westen die ständnis zu fördern, indem sie kulturelle Zentren und folgenden konkreten Modernisierungsreformen anbieten: zum Beispiel Eishockey als Nationalsport unter- – Praktisch orientierte Politiker identifizieren, um die Mo- stützen. Schon durch das Sponsoring von HC Dinamo dernisierung des Wirtschaftssystems voranzutreiben: Minsk und die Organisation von Spielen zwischen Belarussische Beamte verzögern oft Projekte und ver- westlichen und belarussischen Teams könnten in folgen ihre eigenen Agenden. Es ist daher von ent- dieser Hinsicht positive Effekte bewirkt werden. scheidender Bedeutung, mit Bürokratie und Politik so – Belarus im Ausland fördern: Der Westen könnte den zu kooperieren, dass die Reformen effektiv umgesetzt Austausch von Studierenden, Akademikern und Ver- und der belarussischen Wirtschaft damit geholfen tretern der Zivilgesellschaft mit Belarus ausbauen und wird, belastbarer zu werden. Programme initiieren, um Anreize zu schaffen, die – Konditionierte Darlehen anbieten: Um die Folgen der belarussische Sprache zu lernen, ähnlich dem Boren- Wirtschaftskrise zu lindern, hofft das Land auf Zugang Stipendium der US-Regierung für das Lernen „kriti- zu externen Finanzquellen. Die EU und die USA könn- scher“ Sprachen. Eine einmalige Chance, Belarus als ten sich als Kreditgeber anbieten und Darlehen an die Partner von Europa auszuzeichnen, sind die zweiten Umsetzung von marktwirtschaftlichen Reformen und die Einhaltung der Menschenrechte koppeln. 73 Vgl. Katerina Barushka: After decades of Russian dominance, Be- larus begins to reclaim its language, The Guardian, 28. Januar 2015. Belarus nach der Ukraine-Krise und die Neuausrichtung der westlichen Politik 189

Europaspiele 2019 in Minsk. Die europäischen Dele- schaft stellen: Die Zusammenarbeit zwischen der EU gationen könnten dazu aufgerufen werden, vielfältige und Belarus sollte eindeutig begrenzt werden, um kei- gesellschaftliche Kontakte aufzubauen. ne Situationähnlich der in der Ukraine zu verursachen. – Belarus an internationalen Foren beteiligen: Um die Belarus würde sich nicht nur nicht für eine EU-Mit- Beziehungen zu den belarussischen Offiziellen zu gliedschaft qualifizieren, die belarussische Bevölke- verbessern und ihnen eine Perspektive als Vertreter rung lehnt ein solches Ziel auch ab. Die Unterstützung eines nicht von Russland abhängigen Staates zu bie- für die Mitgliedschaft sank nach Abgaben des bela- ten, könnte Belarus ermutigt werden, sich stärker an russischen Instituts für Strategische Studien (IISS) von multinationaler Zusammenarbeit zu beteiligen, zum 17,1 Prozent im Jahr 2013 auf 9,7 Prozent im Jahr 2015.76 Beispiel in der Ostseeparlamentarierkonferenz, in der – Kontakte mit der NATO begrenzt halten: Die NATO sich die Minsker Regierung als Beobachter engagieren sollte ihre Kontakte zu Minsk aufrechterhalten, die möchte. Zusammenarbeit aber angesichts der sensiblen Rolle – Unabhängige russischsprachige Nachrichten entwickeln: der Organisation in der russischen Außenpolitik auf Europa und die USA könnten die Entwicklung rus- militärische Fortbildung und wissenschaftliche Ini- sischsprachiger Fernseh- und Radiosender finanzieren, tiativen beschränken. die unabhängige statt Kreml-nahe Berichterstattung – Russland in multilaterale Foren einbeziehen: Europä- garantieren, ähnlich bereits initiierter Projekte des ische Staaten und die USA sollten multinationale Fo- Fernsehsenders Deutsche Welle und des US-Außen- ren wie die Minsk-Gespräche nutzen, um Russland zu ministeriums im Baltikum.74 Dies könnte der Kreml- beruhigen, dass der Westen nicht geopolitisch moti- Propaganda entgegenwirken, denn neunzig Prozent der viert handelt, um in diesem Sinne Belarus dem Ein- Belarussen schauen regelmäßig oder manchmal russi- flussbereich des Kremls zu entreißen. sches Staatsfernsehen.75 Neue Nachrichtenformate – Belarus ermutigen, engere Beziehungen zu Dritten zu könnten durch neu ausgebildete belarussische Journa- suchen: Im Zuge der Suche nach ausländischen Di- listen im staatseigenen Fernsehsender geschaffen wer- rektinvestitionen hat Belarus bereits Kontakt mit den. Ländern auf der ganzen Welt aufgenommen. Der Westen sollte Belarus ermutigen, seine auswärtigen Beziehungen über Europa hinaus weiter zu diver- 4.5 Realpolitische Prämissen verfolgen sifizieren, um damit aus dem exklusiven Einflussbe- reich des Kremls zu gelangen. Belarus wird aufgrund seiner geopolitischen Position für Russland ein wichtiger Verbündeter bleiben. Als Transit- land für russische Energieexporte bietet es mit seinem 5 Fazit riesigen russisch kontrollierten Pipeline-System den kürzesten Weg nach Europa. In militärischer Hinsicht be- Als Staat zwischen Europa und Russland konnte Belarus herbergt Belarus ein Frühwarn-Radarsystem der russi- seine geopolitische Signifikanz im Zuge der konkurrier- schen Luft- und Weltraumkräfte sowie ein Kommunika- enden Beziehung Moskaus mit Europa ausschöpfen, tionszentrum der russischen Marine und dient als Puffer wobei Lukaschenka seine Beziehungen zum Westen wie- zur Verteidigung der westlichen Grenzen Russlands. So derholt als Druckmittel einsetzte, um maximale Gewinne bleibt Belarus ein strategischer Partner für den Kreml, aus seiner Allianz mit dem Kreml zu erzielen. Die Ukraine- weshalb Europa und die USA zumindest indirekt signali- Krise hat diese Außenpolitik nicht wesentlich verändert, sieren sollten, dass sie nicht die Absicht haben, Belarus in da Belarus nach wie vor strukturell von Russland ab- die westlichen Strukturen zu integrieren, insbesondere hängig bleibt. Das Land ist weder an der europäischen nicht in die NATO. Das würde im Einzelnen bedeuten: Wirtschaftsintegration interessiert, noch bereit, sich an – Grundsätzliches Engagement der EU mit Belarus unter der Agenda der Europäischen Partnerschaftspolitik zu be- die Prämisse der Partnerschaft und nicht der Mitglied- teiligen. Allerdings hat Lukaschenkas gestärktes Selbst- vertrauen und sein dringendes Bedürfnis nach wirt- schaftlichen Erfolgen die Tür für den Westen geöffnet. Es 74 Isabelle De Pommereau: Estonia woos Russian speakers with lo- bietet sich heute die Möglichkeit einer pragmatischen cal TV, Deutsche Welle, 1. Oktober 2015, www.dw.com/en/estonia- woos-russian-speakers-with-local-tv/a-18751570. 75 Shraibman: What Makes The 2015 Belarus Presidential Campaign So Different? a. a. O. 76 Melyantso 2015. 190 Robert Helbig

Politik, die dazu beitragen kann, das strategische Kalkül Field, Centre for Eastern Studies, 17. Juni, www.isn.ethz.ch/ in Minsk mittel- und langfristig zu beeinflussen. Digital-Library/Articles/Detail/?id=165170. Die EU und die USA sollten Lukaschenkas derzeitige Melyantsou, Dzianis (2015): REFORUM: geopolitics and reforms: who do reformers have to rely on? Belarusian Institute for Strategic Macht akzeptieren und das Unbehagen über die russische Studies, 13. Mai, belinstitute.eu/en/node/2530. Bevormundung nutzen, um die belarussische Unab- Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Belarus (2016), Foreign hängigkeit zu unterstützen und glaubwürdige Optionen für Trade of Belarus, http://mfa.gov.by/en/foreign_trade/. die Diversifizierung der Wirtschaft anzubieten. Gleichzeitig Pankovski, Anatoly (2016): Belarus and Russia: From Brotherhood to sollte dem Kreml signalisiert werden, dass eine Ver- Alliance, in Belarusian Yearbook 2016, Vilnius; Agency for Social and Political Expert Appraisal, nmnby.eu/yearbook/ änderung der belarussischen Politik nicht als Nachteil für 2016/en/page7.html. Russland konzipiert ist. Auf diese Weise könnte der Westen Paznyak, Vyachaslau (2003): The NATO Factor in Foreign and Security die belarussische Allianz mit Moskau partiell schwächen Policies and Relations among Belarus, Russia and Ukraine, undBelarusdabeihelfen,seineUnabhängigkeitzufördern. NATO Research Fellowship Programme 2001–2003, http:// Damit könnte auch auf lange Sicht der Weg für eine wert- www.nato.int/acad/fellow/01–03/paznyak.pdf. orientierte Außenpolitik bereitet werden. Ein realistischer Rontoyanni, Clelia (2003): The Union of Belarus and Russia: The Role of NATO and the EU, in: Graeme, H./Moroney, D. (eds), Security und pragmatischer Ansatz könnte helfen, um Lukaschen- Dynamics in the Former Soviet Bloc, Basingstoke; Palgrave kas multivektorielle Außenpolitik als Vehikel zu nutzen, Macmillan. um dessen Bindungen und Abhängigkeiten von Russland Silitski, Vitali (2011): Belarus in an international context, in Wieck, zu relativieren und eine Stabilisierung der Region zwischen Hans-Georg/Malerius, Stephan (eds.), Belarus and the EU: from Russland und der EU zu erreichen. isolation toward cooperation, Sankt Augustin/; Konrad- Adenauer-Stiftung e. V., www.martenscentre.eu/sites/default/ files/publication-files/belarus_and_the_eu.pdf. Snyder, Glenn (1997): Alliance Politics, Ithaca, NY; Cornell University Press. Literatur Szyszlo, Peter (2003): Countering NATO Expansion. A Case Study of Belarus–Russia Rapprochement, NATO Research Fellowship Baev, Pavel (2008): Russian Energy Policy and Military Power. 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