Master-Thesis

Die Südtribüne Borussia Dortmunds: Empirische Analyse von Interaktionsprozessen und Fandynamiken unter Berücksichtigung emotionssoziologischer Prozesse - eine Pilotstudie –

Im Studiengang M.A. Social Work

Vorgelegt von

Krawczyk, Lisa

URN: urn:nbn:de:gbv:519-thesis2016-0319-8

Datum der Abgabe: 01.08.2016

Erstprüfer: Prof. Dr. Hans-Werner Klusemann

Zweitprüfer: Prof. Dr. Johannes Boettner

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...... 3 1. Die Faszination „Fußball“ ...... 5 1.1. Borussia und die „echte Liebe“ ...... 6 1.2. Die Südtribüne des BVB`s ...... 7 1.2.1. Warum sich die Südtribüne als Forschungsfeld besonders eignet ...... 9 1.3. Problemaufriss ...... 9 2. Theoretische Annäherung ...... 10 2.1. Forschungsstand – Interaktionen von Fußballfans ...... 10 2.2. Interaktionstheorie nach Randall Collins ...... 12 2.3. Verbindung der Massentheorie Le Bon`s zum Interaktionsgeschehen und Randall Collins ...... 20 2.4. Emotionssoziologische Aspekte in Bezug zur Interaktionstheorie von Randall Collins ...... 24 3. Konzeption der Untersuchung ...... 38 3.1. Methodische Herangehensweise ...... 38 3.1.1. Qualitative Interviews – der Fan als Experte...... 38 3.1.2. Teilnehmende Beobachtung ...... 39 3.2. Datenerhebung ...... 40 3.3. Datenauswertung ...... 41 4. Empirische Analyse der Forschungsergebnisse ...... 43 4.1. Qualitative Auswertung der Interviews ...... 43 4.2. Auswertung der Beobachtungsprotokolle ...... 48 4.2.2. gegen Eintracht Frankfurt ...... 49 4.2.3. Borussia Dortmund gegen die TSG Hoffenheim ...... 51 4.2.4. Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München ...... 53 5. Zusammenfassung der Ergebnisse ...... 59 5.1. Interaktionen im Stadion ...... 59 5.2. Interviews ...... 61 6. Fazit und Ausblick ...... 63 Literatur ...... 68 Anhang ...... 70 Eidesstattliche Erklärung...... 153

Einleitung

„Die Südtribüne hat eine unfassbare Kraft. Viele gegnerische Spieler haben Angst vor diesen Menschen und diesem gewaltigen Lärm. Wenn das Spiel los geht und die Südtribüne singt, dann ist es schon etwas ganz Besonderes. Was die Stimmung angeht ist sie sicherlich das Herz des BVB.“ – Norbert Dickel (ehemaliger BVB-Profi und heutiger Stadionsprecher im Signal Iduna Park, dem früheren )

100 Meter Breite, 52 Meter Tiefe und 40 Meter Höhe. Ein Neigungswinkel von 37° - das entspricht dem einer Skisprungschanze. 24.454 Menschen verteilen sich eng aneinander stehend auf kaltem Beton. Keine Beinfreiheit, kein Toilettenbesuch, kein Bier und keine Bratwurst. Dafür gibt es umherfliegende Bierbecher und Gedrängel. Und doch ist zu jedem Heimspiel nicht nur das Stadion ausverkauft, sondern der Andrang auf die Südtribüne enorm. Schon im leeren Stadion ist die Südtribüne beeindruckend, gefüllt wird sie dann zur gelben1 Wand. Die größte Stehplatztribüne Europas wird bei Spielen der Borussia zum Leben erweckt (Spiegel 2016). Schon von Kindestagen an übte nicht nur der BVB, sondern auch die Südtribüne Faszination auf mich aus. Welch Kraft sie entwickeln kann, was für eine Lautstärke dort herrschen muss, diese ganzen Menschen die sich Heimspiel für Heimspiel bei jeglichen Wetter dort hin bewegen und ihre Mannschaft lauthals unterstützten, selbst wenn die Woche zu vor eine herbe Niederlage eingesteckt werden musste, ob sie Spiele wirklich entscheiden kann und wie es ist, wenn ein Tor fällt und sich die ganze Menge miteinander freut. Alle vereint um in diesem einen Spiel, ihre Mannschaft zum Sieg zu tragen. Auf dieser einen Tribüne, die gespickt ist mit verschiedensten Emotionen, wie man sie sonst nicht in einer Woche durchlebt. Diese ersten Impulse waren ausschlaggebend bezüglich meiner Motivation, sich mit den Interaktionsprozessen innerhalb der Südtribüne unter emotionssoziologischen Aspekten zu befassen. Sie ergaben sich somit aus meinen alltäglichen Interesse für den Fußballsport und insbesondere dem Phänomen Südtribüne. Dabei war meine forscherische Neugierde geprägt von zweierlei Perspektiven: die der langjährigen Unterstützerin des Vereins, deren Interesse es ist, die sich entwickelnde Energie bei einem solchen Sportereignis zu verstehen und zum anderen gilt es im Rahmen der Masterarbeit, durch die Analyse Erkenntnisse bezüglich entstehender Interaktions- und Emotionsdynamiken der Individuen innerhalb ein Masse zu gewinnen, die sich bei Sportereignissen, speziell dem Fußballspiel, entwickeln und die nicht nur von Situationen innerhalb der Partie beeinflusst werden, sondern die auch Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen können.

1 Die Vereinsfarben der Borussia sind Schwarz und Gelb. Dementsprechend sind die Farben der Trikots die selbigen, so dass die Tribüne gefüllt von Menschen mit schwarz-gelben Trikots, wie eine gelbe Wand erscheint. (BVB 2016) 3

Die durchgeführte empirische Arbeit hat den Anspruch einer Pilotstudie und soll als exemplarischer Prototyp für eine folgende Dissertation dienen. Aufgrund dessen, dass diese Arbeit aus improvisierten und lückenaufzeigenden durchgeführten Interviews und der angewandten und bis dato wenig praktizierten Auswertungsmethodik erhobener Daten besteht, kann sie keine vollends wissenschaftlich fundierte und empirisch belegte Studie sein. Der Tatsache geschuldet, dass es sich bei dieser Pilotstudie um eine Abschluss- und Einzelarbeit handelt, die in einem bestimmten Zeitraum zu erfolgen hat, können keine repräsentativen Ergebnisse erzielt werden. Trotz dessen weist der von mir erwählte Zugang eine Forschungslücke auf, die möglicherweise signifikante neue wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich der Interaktionsdynamiken und Emotionsprozesse von Individuen als Bestandteil einer Masse in Fußballstadien, am Beispiel der Südtribüne, birgt.

Das erste Kapitel der Arbeit wird als Einführung in die Thematik genutzt. So soll nach der Betrachtung, was das Phänomen Fußball ausmacht, der Verein Borussia Dortmund mit seinem Slogan der „Echten Liebe“ vorgestellt werden, einschließlich der Südtribüne und es wird erläutert warum sie sich als Forschungsfeld eignet. Im Zuge einer Problemskizze soll daraufhin kurz der Forschungsgegenstand umrissen werden.

Im nächsten Kapitel kommt es, im Anschluss an den vorherigen Problemaufriss, dann zur theoretischen Annäherung an die Thematik durch die Erhebung bisheriger internationaler wie nationaler Betrachtungen, sowie der Erörterung, der sich daraus ergebenden Forschungslücken, die durch diese Arbeit und in Vorbereitung auf eine mögliche Dissertation aufgezeigt werden sollen. Zur Verdichtung des theoretischen Zugangs kommt es zu genauerer Betrachtung interaktionstheoretischer Überlegungen Randall Collins. Um die wissenschaftliche Auseinandersetzung zu erweitern werden die Ausarbeitungen Collins mit denen Gustave Le Bons in Beziehung zu einander gesetzt, bevor es dann zur Erweiterung der Thematik um emotionssoziologische Aspekte kommt.

Im dritten Abschnitt der Arbeit wird die Konzeption der Untersuchung vorgestellt. Das bedeutet welche methodische Herangehensweise gewählt wurde und warum sich diese zur Beschaffung der Daten besonders eignen. Anschließend wird spezifischer auf die Erhebung der Daten eingegangen. Wie sich der Zugang zum Forschungsfeld gestaltete, warum jene ausgewählten Partien sich als relevant erweisen und welche Hindernisse sich bei der Beschaffung von Daten auftaten. Der letzte Punkt innerhalb der methodischen Vorgehensweise wird aus der Begründung der gewählten Auswertungsmethode, der „sozialwissenschaftlich-hermeneutischen Paraphrase“ nach Heinze/Klusemann bestehen.

Die darauf folgende Analyse von mehreren Interviews und 3 Beobachtungsprotokollen liefert Ergebnisse bezüglich der formulierten Forschungsfrage. Die aus der sequentiellen Analyse resultierenden Kernaussagen werden nachfolgend miteinander verglichen, so dass letztendlich mit den produzierten Ergebnissen, Erkenntnisse in Verbindung mit der vorher vorgenommen theoretischen

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Auseinandersetzung bezüglich der Forschungsfrage angeeignet werden und hinsichtlich der angestrebten Dissertation zu dem Forschungsthema ein Ausblick gegeben werden kann.

1. Die Faszination „Fußball“

Weltweit gibt es insgesamt etwa 2,2 Milliarden Sportfans, wovon 1,6 Milliarden sich dem Fußballsport verschrieben haben. (Statista 2016) Doch was macht diesen Sport so besonders, dass er so viele Menschen in seinen Bann zieht? Gerd Hortleder erklärt in seinem Werk über die „Faszination des Fußballspiels“, die Begeisterung wie folgt: das Fußballspiel ist wegen seiner Regeln klar und überschaubar. Aufgrund seiner wenigen und eindeutigen Symbole, kann ein jeder das Spiel verstehen und zum Experten dessen werden. Eine ultimative, universale Kommunikation die jeden miteinander vereint, gleich seiner Nationalität, seines Geschlechts, seiner Religion oder seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht2. Das Individuum wird Teil einer Masse mit all den Emotionen, die dort frei gesetzt werden können und es identifiziert sich nicht nur mit ihr, sondern auch mit dem Verein, der Mannschaft und einzelnen Spielern. Das Spiel wird Ausdruck dessen, was die Bevölkerung sich auch von ihrer Arbeitswelt sowie Politik wünscht – perfekte Organisation und die sofortige Anwendung von Gesetzen. Wenn die rote Karte gezeigt wird hat der Spieler auch unverzüglich das Spielfeld zu verlassen. Der Fußballsport ist ein in sich geschlossenes, neu-gegründetes Subsystem innerhalb der Gesellschaft und folgt den Funktionen eines Ritus. So ist es Ritual geworden, samstags um 15.30 Uhr ins Stadion zu gehen und Abstand von der tristen Arbeitswelt zu nehmen, um seinen Verein anzufeuern und sich einer Klarheit zu erfreuen, die sonst nur wenigen zu Teil wird. Aber es ist nicht nur die Einfachheit, die Regeln, die Organisation oder das Ritual, was den Fußball ausmacht. Sondern noch etwas viel Wichtigeres. (Vgl. Hortleder 1974, S. 132 ff.)

„Das Fußballspiel ist ein Plädoyer für das nicht Planbare, für Überraschung und Sensation, für Symbolik inmitten einer sehr nüchternen Realität. Die Begeisterung für den Fußballsport spiegelt den Wunsch einer Gesellschaft nach Irrationalem wider oder den nach Mythen, was nicht unbedingt das gleiche ist. Die Sehnsucht nach einem spannenden und schönen Fußballspiel ist, gemessen an dem, was in dieser Gesellschaft besser sein könnte, ein überflüssiger Traum, gewiß.“ (Hortleder 1974, S.140 f.)

2 Diesem Leitsatz hat sich auch Borussia Dortmund verschrieben. In dem Fanlied des BVB`s heißt es: „Borussia verbindet Generationen, Männer und Frauen, alle Nationen“. Als Zeichen der uneingeschränkten Achtung von Toleranz, Vielfalt und Demokratie ist es auch ein Indikator für die universelle Kommunikation und der gesellschaftlich wichtigen Funktion die der Fußballsport in sich trägt. (BVB Fanabteilung 2016) 5

Das Fußballspiel bietet Raum für Unvorhergesehenes, welches der Zuschauer selbst miterlebt – unwiederholbare, schicksalshaftige Situationen werden geschaffen, die eine Masse bei Siegen zur Euphorie und bei Niederlagen in die schlimmste Melancholie treiben kann. (Vgl. Hortleder 1974, S. 132 f.) Und auch wenn der Fußball durch seine ständige Weiterentwicklung und Professionalisierung nicht nur noch Kampf und Spiel, sondern auch viel Show und Geschäft in sich vereint, so ist zu sagen, dass die Faszinationskraft des Spiel nie nach lassen und der Fußball sich immer wieder neu erfinden wird. (Vgl. Kohlhaas 2009, S.75)

1.1. Borussia Dortmund und die „echte Liebe“

Der „Ballspiel-Verein-Borussia 1909“ wurde am 19.12.1909 rund um Franz Jacobi und 17 anderen Borussen gegründet, ganz zum Ärger der ortsansässigen „Dreifaltigkeitskirche“ und ihrem Kaplan Hubert Dewald3 (BVB 2016). Doch bis zum 18.05.1947 war der Reviernachbar Schalke 04 die vorherrschende Kraft im Ruhrgebiet. Dies änderte sich an dem Tag als der BVB gegen den Schalke 04 im Spiel um die Westdeutsche Meisterschaft eben diesen besiegte und die Machtverhältnisse umkehrten. Dies ist die Geburtsstunde der heutigen Rivalität wie wir sie kennen. Der BVB wurde immer populärer und konnte schon damals einen Zuschauerschnitt von über 20.000 erreichen. Die Spieler wurden zu Idolen. August Lenz war die zentrale Identifikationsfigur und schmückt beispielsweise das heutige Wappen der größten Ultragruppierung des BVB`s „The Unity“. In den 1950er Jahren traten sie endgültig aus dem Schatten Schalke 04`s. Mit den Meisterschaften von 1956 und 1957 war der Fanzuwachs der Borussia enorm und erlangte beinahe mythischen Status. In den 1960er Jahren konnten dann zum ersten Mal vermehrt Banner und Fangesänge wahr genommen werden. Das waren die ersten Anzeichen einer beginnenden Fankultur. 1966 kam es dann zur ersten Auswärtsfahrt der Borussen-Fans außerhalb Deutschlands welche sehr erfolgreich waren. Man holte nämlich gegen den FC Liverpool als erste deutsche Mannschaft den Europapokal der Pokalsieger. Zur damaligen Zeit gab es auch schon fanatische BVB-Anhänger, die Pyrotechnik zündeten oder gewalttätig wurden, die aber auch bei ausbleibendem Erfolg zum Erzrivalen Schalke 04 wechselten. Am 02.04.1974 wurde dann das Westfalenstadion eröffnet, was ein weiterer Meilenstein in der BVB-Historie. Das Stadion „Rote Erde“ wo die Borussia zuvor ihre Spiele ausrichteten, wurde einfach zu klein. Sportlich lief es dagegen schlechter. Man stieg in die 2. ab, konnte aber immer noch einen Zuschauerschnitt von 27.000 verbuchen. Belohnt wurden diese treuen Fans mit dem Wiederaufstieg - einer der emotionalsten in der Vereinsgeschichte. 1989 schrieb „Die Zeit“ dann: „Dortmunds Fußballpublikum ist längst zum Mythos und Mysterium erhoben.“ 45.000 Zuschauer

3 Alle Gründungsmitglieder waren zuvor in der Jugendgruppe der ortsansässigen Dreifaltigkeitsgemeinde. Nachdem sie seit 1906 systematisch von der Dreifaltigkeitskirche und ihrem Jugendleiter Dewald bekämpft und diffamiert wurden, aufgrund ihrer Liebe zum Fußballsport. (BVB 2016) 6 sahen das Pokal-Finale gegen Werder Bremen. Von diesem Zeitpunkt an ging es stetig bergauf. Mit konnte man 2 deutsche Meisterschaften (1995/1996) und den Champions League Titel gegen Juventus Turin feiern. Mit dem Gewinn des Weltpokals 1998 war sie die, zur damaligen Zeit, beste Mannschaft der Welt. Doch nach dem Gewinn des Meistertitels 2002 ging es mit dem BVB bergab. Der Meistertitel konnte nur mit der Tätigung überteuerten Transfers realisiert werden, so dass der Verein kurz vor der Insolvenz stand. Die Fans gingen auf die Straßen um unter dem Motto „Not for sale“ zu protestieren und ihren Unmut darüber kundzutun, dass nahezu alle Marketingrechte an einen Versicherungskonzern verpfändet wurden. Das Logo und der Name, der ganze Verein schienen kurz vor dem Aus konnte aber in letztem Moment, mit Hilfe eines Sanierungsplanes gerettet werden. Mit der Verpflichtung des Trainers Jürgen Klopp kam dann auch der sportliche Erfolg wieder. Die Ära wurde mit der Meisterschaft 2011, dem „Double“ (Gewinn der Meisterschaft und des DFB-Pokals) und der Finalteilnahme 2013 im Champions League Finale gegen den FC Bayern München im Wembley Stadion gekrönt. Klopps Offensiv-Fußball und sein Versprechen des bedingungslosen Einsatzes eines jeden Mitglieds der Mannschaft führte dazu, dass die Fans sich wieder mit den Spielern und auch dem Trainer identifizieren konnten. Diese erfolgreichen Jahre waren ausschlaggebend dafür, dass die Borussia ihren Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad enorm steigerte und das nicht nur bei ihren Anhängern. Die Bescheidenheit und Demut, die vom ganzen Verein ausgestrahlt wurde und gegensätzlich zum negativen Image des Sportes seit der Jahrtausendwende war, resümierte in großen Sympathien aus ganz Europa. Nach einer miserablen Hinrunde in der Saison 2014/15 verließ Klopp den Verein im selbigen Jahr, und der BVB steht mit dem neuen Trainer vor einem sportlichen Umbruch (Vgl. Midasch 2014, S.3 ff.) „Echte Liebe“ wird schon seit Jahrzehnten von den Fans gegenüber ihres Vereins gelebt, ist aber auch eine sehr erfolgreiche Markenkampagne des BVB`s. 2003 stand der Verein noch vor dem wirtschaftlichen Aus. Nur 11 Jahre später ist sie der Meister in der Vermarktung. Echte Liebe wird konsequent gelebt; ein Versprechen der bedingungslosen Hingabe und wie Marketing-Chef Carsten Cramer sagt, nicht nur ein temporärer Slogan sondern Aussage dessen, was die Fans und Mitarbeiter für ihren Verein empfinden. (Die Welt 2016)

1.2. Die Südtribüne des BVB`s

Am 02.04.1974 wurde mit einem Benefizspiel gegen den Revierrivalen, dem FC Schalke 04, das Westfalenstadion feierlich eröffnet. Gebaut wurde das Stadion für die Fußballweltmeisterschaft 1974 im eigenen Land. 54.000 Plätze für gerade einmal 32 Millionen Mark, wobei die Stadt nur 6 Millionen Mark selber tragen musste. Dabei wurden nach englischem Vorbild, 4 Tribünen gebaut. (BVB 2016) Die Ultraszenerie nahm die südliche der Tribünen in Beschlag. Es wird gesagt, dass sie das taten weil die Anhänger des FC Schalke 04 sich damals in der Nordtribüne ihres Stadions ansiedelten. Man wollte ihnen 7 somit gegenüber stehen und nicht in der gleichen Ecke stehen. Schon während der Anfangsjahre und der Zweitklassigkeit des BVB`s kamen durchschnittlich 27.000 Menschen ins Stadion. 1989 waren es zum Pokalfinale gegen Werder Bremen 45.000 Zuschauer. Die Borussia und ihre einzigartige Atmosphäre im Stadion wurden Zunehmens bekannter und beliebter. (Vgl. Midasch 2014, S. 7 ff.) Anfang der 1990er Jahre gab es den Plan aus der „Süd“ eine Sitztribüne zu machen, der aber abgewendet wurde. 1998, nur ein paar Jahre später, kam es aber genau anders. Die Blöcke 80 bis 84 wurden auf den alten Teil der Südtribüne drauf gesetzt. Es war nicht mehr die Rede davon, dass Stadion in Sitzplätze umzugestalten (was auch eine Reduzierung der Anzahl von Zuschauern zur Folge gehabt hätte) sondern man baute die Südtribüne um: und zwar zur größten Stehtribüne Europas. Der sportliche Erfolg kam zurück und man wollte dem Anstieg der Interessenten der Borussia gerecht werden. Das Stadion wurde noch weiter ausgebaut und konnte nun über 80.000 Menschen beherbergen. Davor war sie schon sehr beliebt aber nun wurde sie auch zu einem Touristenmagnet und Medienereignis. 2009 wurde das Stadion von der “Times“ zum Besten der Welt ernannt. Die Stimmung aber litt darunter. Der Schall vom niedrigen Dach wurde zurück geworfen und viele dachten, dass es daran liegt das es nicht mehr so laut ist im Stadion. Mit der Ära Klopp wurde ihnen das Gegenteil bewiesen. „Seither weiß ich, dass der Boden noch genauso schwingt wie früher und dass einem die Tränen noch genauso plötzlich in die Augen schießen können, wie am Tag als Ricken gegen La Coruna traf.“ (Vgl. Hesse 2015, S.34) Das Magazin “11 Freunde“ nahm sich 2015 dem Mythos Süd an und lässt die Anhänger der Borussia ihre Geschichten auf der Süd erzählen. Mit den folgenden Zitaten soll ein kleiner Eindruck in das Leben auf der „Süd“ gewährt werden und einen Eindruck davon geben, was sie als Forschungsfeld qualifiziert.

„Wenn ich sitze und die Fans auf der Süd meinen BVB-Walzer singen, stehen wir alle auf wie in der Kirche. Dann habe ich Pipi in den Augen.“ (Peter „Erbse“ Erdmann)

„Ich hatte nie Bammel vor einer Reise nach Dortmund, mir war auch egal, ob ich auf die Südtribüne zuspielen musste oder sie im Rücken hatte. Es klingst zwar wie eine Floskel, aber ich habe mich sogar auf die Spiele gefreut, weil die Tribüne so ein imposanter Anblick ist. Ich habe übrigens sowohl vor als auch nach ihrem Ausbau in Dortmund gespielt. Das war natürlich schon Wahnsinn, als die Süd, von der die Leute dich auspfeifen, auf einmal doppelt so groß ist.“ (Christian Wück, Spieler des 1.FC Nürnberg)

„Wenn ich etwa abging und die Fans meinen Namen gerufen haben – mit dem langgezogenen „U“ – kam es mir vor, als würde eine 747 über meinem Kopf fliegen.“ (Knut Reinhardt, ehemaliger BVB-Spieler)

„Aber wenn die 25000 Leute über mir so springen, dass der Beton zu wackeln beginnt – das ist schon krass. Die Euphorie dringt auch zu mir nach unten durch, und inzwischen habe ich sogar angefangen, dem BVB die Daumen zu drücken.“ (Niklas Ryvasy, Bierverkäufer)

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1.2.1. Warum sich die Südtribüne als Forschungsfeld besonders eignet

Die Südtribüne eignet sich aus mehreren Gründen als Forschungsfeld. Da wäre die Tatsache, dass der BVB mit der „Süd“ die größte Stehplatztribüne Europas stellt und die Untersuchungen von Interaktionen als Massenphänomen bei 25.000 Menschen, die dort jedes 2. Wochenende stehen (räumliche und zeitliche Begrenzung), verheißungsvoll sind. (Vgl. Hesse 2015, S.34) Ein weiterer Punkt ist die lange Historie, auf die dort zurück gegriffen werden kann. Die Fankultur hat sich einigen Veränderungen unterzogen und die Menschen in Dortmund und dem Ruhrgebiet auch. Immer wieder ist die Rede davon, dass das Fußballstadion auch Spiegel der Gesellschaft ist. Aber nicht nur das. (Vgl. Midasch 2014, S.3 ff) Der Sport und seine Stadien bieten den perfekten Anlass, um auch Emotionen zu erforschen. Bei keinem anderen Ereignis wechseln sich Freud, Leid, Wut und Euphorie so oft ab, wie bei Sportveranstaltungen. Aber nicht nur Emotionen lassen sich währenddessen gut beobachten, sondern auch Interaktionsrituale, die sich von Spiel zu Spiel wiederholen. (Vgl. Collins 2004, S.56) In Europa ist der Fußballsport der populärste und prädestiniert für derartige Untersuchungen. Der BVB genießt für seine Südtribüne schon seit Jahrzehnten den Ruf eines Mythos: Das sie Spiele entscheiden kann. (Vgl. Midasch 2014, S. 7 ff.) Sie ist für die gegnerischen Fans und Spieler ein gern besuchter Gastgeber aufgrund ihrer beeindruckenden Atmosphäre4. (11 Freunde 2015)

1.3. Problemaufriss

Es gibt zahlreiche sozialwissenschaftliche Auseinandersetzungen, die sich mit dem Thema des Phänomens Fußball und den dazugehörigen Fans auseinandersetzen und neue Erkenntnisse zur Fanthematik beitragen. Jedoch gehen deren Blickpunkte nicht über einzelne Problemkonstellationen hinaus oder beschränken sich eher auf eine empirisch-beschreibende Analyse. Dabei kann das Verständnis für Interaktionen zwischen Fußballfans innerhalb des Stadions und der eigenen Tribüne, den unmittelbaren Stehnachbarn, dem Fan und dem Geschehen auf dem Spielfeld wichtige Hinweise auf die Strukturen von sozialen Gruppen und insbesondere auch Massen geben. Das Wissen und die Vorgänge zwischen einzelnen Menschen, die sich dann hin zu Handlungen als Phänomen der Massen entwickeln, können nicht nur zu einem besseren Verständnis des Kollektivs, sondern auch der Handlungspraxis dieser führen. Ethnographische Forschungsansätze weisen eine lange Tradition in den soziologischen Untersuchungen zur Fankultur auf. Der Blick auf rituelle Alltagspraktiken, die durch Interaktionen hervor

4 In der abschließenden Kicker Umfrage zur Saison 2015/16 wurde der Signal Iduna Park zum beliebtesten Auswärtsspielort des Bundesliga-Profis gewählt. (Kicker 2016) 9 gebracht werden muss jedoch verstärkt werden, um ein besseres Verständnis von kollektiven und individuellen Momenten bei der Entstehung und Entwicklung von Fantum zu bekommen. Hier erweist sich der interaktionstheoretische Ansatz als Erfolg bringend, so dass Randall Collins Arbeit als Basis der Analyse dienen wird. Collins entwickelte seine Theorie der Interaction Ritual Chains auf den zentralen Kategorien Erving Goffmans. Er lenkt den Blick auf sich wiederholende Alltagspraktiken, die aus Interaktionen der Beteiligten resultieren und soziale Konsequenzen mit sich bringen. Fan-Interaktionen sind von hoher Regelmäßigkeit und Ritualen geprägt, so dass der Ansatz geeignet für die Untersuchung scheint. (Vgl. Roose u.a. 2010 , S.36) Der Fokus wird aber nicht nur auf die Interaktionen gerichtet sein, sondern ebenfalls intensiviert auf emotionssoziologische Aspekte und die Verbindung zwischen eben dieser. Zudem werden auch Erkenntnisse einfließen, die während der Arbeit aufgetreten sind. Die Informationen sind wertvoll für gesellschaftliche Akteure, wie die der Sozialen Arbeit oder Kontroll- und Sicherheitsinstanzen und lassen sich nicht nur auf den Fußballsport anwenden.

2. Theoretische Annäherung

2.1. Forschungsstand – Interaktionen von Fußballfans

Die wissenschaftlichen Abhandlungen zum Thema Fußballfans weisen eine lange Tradition auf. Die internationale Fanforschung ist im Besonderen von britischen Veröffentlichungen geprägt, was daran liegt, dass gerade sportsoziologisch, Fanforschung besonders im englischsprachigen Raum verankert und schon in 1960er Jahren Veröffentlichungen erschienen, wovon auch die deutsche Fanforschung enorm profitierte. Eine große Menge der empirischen Arbeiten beschäftigen sich mich mit dem klassischen Hooliganismus und den daraus entstehenden sozialen Problem zur damaligen Zeit. (Dunning et al. 1989; Dunning 1994; Armstrong/Harris 1991; Armstrong 1998; Williams et al. 1990; Taylor 1971a; 1971b). Des Weiteren beteiligte sich die britische Fanforschung an sozialwissenschaftlichen Ansätzen der Klassen-, Devianz-, und Identitätstheorie. Taylor typisiert in den 1960/70er Jahren die Fans in der Kurve und stellt sie dem Publikum auf den Sitzplätzen gegenüber. Marsh et al. nehmen die typische Rollenverteilung innerhalb einer Fangruppe in den Blickpunkt ihrer Betrachtungen. Tesla und Armstrong (2008;2010) erforschten italienische Ultra-Szenen ethnografisch und konnten damit auch zu internationalen Vorgängen wichtige wissenschaftliche Beiträge leisten. (Vgl. Wienand 2015, S.25)

In Deutschland befasste Gert Hortleder sich in seinem 1974 erschienen Werk „Die Faszination des Fußballspiels“ nicht nur mit soziologischen, sondern auch ökonomischen und taktischen Aspekten des 10

Fußballsports. Seine Beiträge wie die Einteilung der Zuschauer in Kategorien oder die Erklärung dessen, was den Sport so interessant für viele macht, wurden in dieser Arbeit bereits aufgegriffen. Seine Arbeit stützt sich nicht auf empirischen Studien, ist aber ein wesentlicher Diskussionsbeitrag zur Forschung. (Hortleder 1974, S.7 f.) In den 1970/80er Jahren beschäftigte sich auch die deutsche Fanforschung intensiv mit dem britisch inspirierten Thema Hooliganismus und Ausschreitungen im Stadion. Pilz (1979, et al. 1982) konzentrierte sich eher auf den Gewaltaspekt, während sich Heitmeyer die Verknüpfung von Rechtsextremismus zur Zuschauergewalt untersuchte und diesen „in einen sozialisationstheoretischen Kontext integrierte“ (Wienand 2015, S. 22). Der Grundstein, der zur seiner Zeit noch jungen Fanforschung war gelegt5. In den darauf folgenden Jahren bezogen sich weitere Publikationen auf diese Thematik. Mit dem von Bohnsack et al. vorgelegten Bericht „Die Suche nach Gemeinsamkeit und die Gewalt der Gruppe“ bediente sich das Forscherteam anhand von Gruppendiskussionen, der dokumentarischen Methode und konnte u.a. kollektive Handlungsmuster von Hooligan-Gruppen heraus arbeiten. Aufgrund der in den 1990er Jahren aufkommenden neuen Ultra-Szenerie rückte auch die Auseinandersetzung mit dem Hooliganismus immer mehr in den Hintergrund, so dass sich Pilz et al. (2006) sich umfangreich mit der „Wandlung des Zuschauerverhaltens im Profifußball beschäftigten. Kathöfer/Kotthaus (2013a) haben mit ihren biographisch-narrativen Interviews mit Ultras eine empirisch begründete Typologie der Szenerie ausarbeiten können.

Nach der Jahrtausendwende wendeten sich immer mehr Forscher auch den kultursoziologische Aspekten des Sportes zu. Leistner/Schmidt-Lux betrachteten anhand kleiner Fallstudien die Voraussetzungen von kollektiven Ekstasen und Interaktionsprozessen innerhalb des Stadions unter Berücksichtigung der Theorien nach Goffman oder Durkheim in Verbindung mit qualitativen Methoden (Gruppendiskussion, Beobachtung u.a.). Weiteres Merkmal ihrer Arbeit ist, dass Elemente der Kultursoziologie und der Ethnologie fließend ineinander gehen, und das rauschhafte Erleben in der Ursächlichkeit von Interaktionsritualen beschreiben. Klein und Schmidt-Lux haben die Beiträge noch durch die Religionssoziologie erweitert. (Vgl. Wienand 2015, S. 22 ff.)

Martin Winand hat in seiner Arbeit „Interaktionen von Fußballfans“ (2015) einen Einblick in die kleine Lebenswelt eines Fanblocks gegeben, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Handlungspraxen und den ritualisierten Prozessen zwischen Fanszenen zu erarbeiten. Methodisch hat er den ethnographischen Ansatz gewählt (Verbindung von Beobachtungen, Experten- und Gruppeninterviews). Sein Beitrag basiert auf den Ausführungen Goffmans (Interaktionsordnung, Rahmenanalyse, Theatermetaphorik) und ist dazu gedacht Handlungsabläufe besser begreifen zu können. Da Goffman sich aber meist auf Face-to-Face Interaktionen oder kleinere Gruppen bezieht, musste Winand seinen Ansatz systematisch erweitern, da Interaktionen von großen Kollektiven erfasst werden sollten.

5 Heitmeyer arbeitete auch die sozialwissenschaftliche Dreiteilung der Zuschauer in konsumorientierte, fußballzentrierte und erlebnisorientierte Fans aus. (Wienand 2015, S.22) 11

Es zeigt sich, dass eine sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Fanforschung nur in Ansatz geleistet und wenig Bezug zur Theorie gezogen wurde. Prozesse und Hintergründe von Interaktionsprozessen innerhalb des Stadions (d.h. nicht nur Interaktionen innerhalb einer Gruppierung, sondern gerade auch Handlungsabläufe des Kollektivs und welche Einflüsse auch die Fans auf das Spiel/ die Spieler haben) wurden noch nicht weitreichend diskutiert und interaktionstheoretisch fundiert. Dabei reichen deskriptive Arbeiten nicht aus, was jedoch der niedrigen Akzeptanz und mangelhaften universitären Institutionalisierung der Fußballforschung geschuldet ist. (Vgl. Winand 2015, S.27) Diese Arbeit soll genau hier ansetzen und um emotionssoziologische Aspekte erweitert und vertieft werden.

2.2. Interaktionstheorie nach Randall Collins

Die Theorie zu Interaktionsgeschehnissen ist für Randall Collins der Schlüssel zur Mikrosoziologie. Ohne Mikrosoziologie können auch Makroprozesse nicht nachvollzogen werden. Indem beim kleinsten Bauteil, der Face-to-Face Interaktion angesetzt wird, kann uns auch die Kraft des sozialen Miteinanders verständlich werden. Dabei wird 1. nicht das Individuum Mittelpunkt mikrosoziologischer Erläuterungen sondern die Situationen und 2. der Begriff „Ritual“6 in verworrenen Variationen (also in unterschiedlichster Art und Weise) genutzt. Die Theorie von Interaktionsritualen (oder Ketten von Interaktionsritualen) ist für Collins „eine Theorie der momentanen Begegnungen zwischen menschlichen Körpern, die aufgeladen sind mit Emotionen und dem Bewusstsein darüber, weil sie viele Begegnungen schon vorher durchlaufen haben.“ (Collins 2004, S.3)

Dass die Individualperson nicht Ausgangspunkt seiner Betrachtungen ist bedeutet nicht, dass das Individuelle nicht existiert. Seine analytische Strategie ist, dass man anhand der Dynamik von Situationen alles Wissenswerte über Individuen ableiten kann. Wenn man so will, ist der Mensch die Kette von Interaktionsritualen. Er ist die Summe aller voraus gegangenen Erfahrungen in Interaktionen und gleichzeitig wichtiger Bestandteil aller kommenden Situationen. Die Verbindung aus vielen verschieden Individuen erschafft dann eine Situation der Begegnung. Diese Situationen werden immer wieder neu

6 Der Begriff des Rituals hat unter den verschiedenen Soziologen im Laufe der Zeit auch unterschiedliche Bedeutungen zu geschrieben bekommen. Für Goffman ist das Ritual ein Mechanismus der gegenseitigen, geteilten Emotion und der vorübergehenden geteilten Realität, in dem es ein gemeinsames Solidaritätsempfinden und Symbole der Zugehörigkeit gibt. Dabei soll anhand von Ritualen aufgezeigt werden, wie das alltägliche Leben funktioniert. Durkheim erklärt situationelle Interaktionen in der Hülle religiöser Riten um zu veranschaulichen, wie soziale Bedingungen zusammen kommen zu einer bestimmten Situation und bestimmen ob ein Ritual erfolgreich war oder auch nicht. Collins nimmt diese Haltungen als geschichtlich prägsamen Teil an um sein eigenes Konstrukt des Begriffes zu bilden. Was man daraus lernen kann, ist das Situation variabel sind und sich ständigen Änderungen unterziehen. Die Theorie der Interaktionsrituale zeigt uns dann auf, wie und warum dieses geschieht. (Vgl. Collins 2004, S.7 ff.) 12 kreiert und haben ihre eigenen Gesetze oder Prozesse, die entstehen und das ist, was die Theorie der Interaktionsrituale versucht zu erfassen. (Vgl. Collins 2004, S.4 f.)

Collins greift in seiner Arbeit auf Goffmans Erkenntnisse zu Interaktionsritualen zurück, der Ritual wie folgt definiert: „I use the term „ritual“ because this activity, however informal and secular, represents a way in which the individual must guard and design the symbolic implications of his acts while in the immediate presence of an object that has a special value for him.“ (Collins 2004, S.17) Damit lässt sich eine Parallele zu Durkheim erkennen, der Rituale als Regeln bezeichnet, nach denen sich die Menschen verhalten, wenn sie sich in der Nähe von sakralen Objekten befinden. Damit vertreten beide Definitionen den Standpunkt, dass sakrale Objekte bereits konstituiert sind, d.h. sie sind Wiederholungen dessen, was zuvor schon einmal durchgeführt wurde. Es entstehen also Ketten an Interaktionsritualen. Wenn diese nicht ständig wiederholt werden, dann wird sich die Heiligkeit dieses Objektes auch wieder verflüchtigen. Collins fasst Goffmans Model von Interaktionsritualen in 5 Rubriken zusammen (Vgl. Collins 2004, S. 16 ff.):

1. Rituale spielen sich in einem Zustand situativer Kopräsenz ab (Menschliche Körper haben einen Affekt auf einander wenn sie am selben Platz sind. Selbst wenn diese Personen sich nicht bewusst fokussieren, entsteht eine sogenannte `stillschweigende Überwachung`, d.h. dass wir ständig alarmiert und wachsam sind, dass keine anormalen Sachen geschehen.) 2. Körperliche Kopräsenz wandelt sich in eine intensive Begegnung um, indem eine fokussierte Interaktion entsteht (Es entsteht ein gemeinsamer Fokus der Aufmerksamkeit. Die Beteiligten erschaffen ihre eigene Realität in der durch die Beteiligung des anderen, eine Vereinigung entsteht, was einem eigenen kleinem sozialen System ähnelt mit seinen eigens konstituierten Grenzen. Die Partizipanten werden gezwungen Themen bei zuhalten, auch wenn ein Thema zu einen anderen übergeht. Sie stehen unter Druck dieses ernst zu nehmen um den Status der geteilten Realität auf Recht zu erhalten. Selbst wenn die Rahmung des Gesprächs unreal erscheint (bei Witzen beispielsweise). Der gemeinsame Fokus dieser Rahmen erlaubt uns Bezüge zu dem Theatermodel Goffman herzustellen. Einfach erklärt, beinhaltet dieses Vorder- und Hinterbühnen. Auf der Vorderbühne spielt sich die Situation ab, in der die gemeinsame Aufmerksamkeit fokussiert wird, inklusive der Öffentlichkeit die daran teilnimmt. Die Hinterbühne ist zur Vorbereitung um dann dem Fokus effektiv nach draußen zu tragen. D.h. auf der Vorderbühne wird das Ritual performt und die Hinterbühne ist da, weil Rituale nicht von selbst aufkommen sondern erst entstehen müssen.) 3. Es besteht ein Druck dahingehend, die soziale Solidarität aufrecht zu erhalten (Rituale reißen die Menschen mit, ein Teil der Gesellschaft zu sein. Es gibt Grenzen zwischen den ganzen verschiedenen sozialen Bindungen und durch das Einhalten von diesen Ritualen, wird die Person enger gebunden und wehrt eventuelle Ausgrenzungen ab)

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4. Rituale ehren was sozial geschätzt wird, das ist das was Durkheim als sakrales Objekt bezeichnet (Diese Verehrungen sind vergänglich und situationsbedingt. Goffman beschreibt es so, dass in unserem täglichen Leben, eine Art kleiner Gott in unserem individuellen Selbst sitzt, der uns dazu leitet die Rituale einzuhalten) 5. Wenn das, was als rituell Anständig gilt, nicht eingehalten wird, dann hat es für denjenigen in so weit Konsequenzen, dass er sich moralisch Unbehagen fühlen wird bis hin zur leichter Verachtung und kann in extremeren Gefühlslagen enden.(Gleichgewicht kann nur wieder hergestellt werden, wenn sich derjenige entschuldigt. Durkheim hat in seinen Arbeiten über tagtägliche Kriminalität erklärt, dass die Strafe bei Verbrechen nicht dem Effekt dient, mit der Tat abzurechnen, sondern das es darum geht, die soziale Ordnung wieder herzustellen) (Vgl. Collins 2004, S. 23 ff. eigene Übersetzung)

Durkheim erklärt in seinem Model zu Ritualen, dass wir diese als die Verbindung zwischen Gruppenstrukturen und Gruppenideen sehen können. Rituale sind die Knoten sozialer Strukturen und die Rituale, die von Gruppen geschaffen werden, verankern sich in Symbolen. (Collins 2004, S.26) Die meisten Komponenten sozialer Rituale, finden sich darin wieder, wie Religion sozial geschaffen ist und um dies zu verdeutlichen, nutzt er den Stamm der Australischen Aborigines als immer widerkehrendes Beispiel dafür. Durkheim geht in seiner Theorie zu Interaktionsritualen davon aus, dass erster Bestandteil für das Aufkommen eines Rituals die körperliche Ansammlung zu einer Gruppe an demselben Ort ist. Im Leben der australischen Gesellschaften gibt es 2 verschiedene Phasen. Manchmal bricht die Population in kleine Gruppen auseinander und trifft sich nur aus ökonomischen Gründen. Manchmal sind diese Gruppen an ein- und demselben Ort für Tage oder sogar Monate zusammen. Dann wenn sie zu bestimmten Zeremonien berufen werden. Das heißt, die Soziologie von Ritualen ist auch eine Soziologie der Ansammlungen. Auch Goffman erklärte schon, dass diese Ansammlungen aus wenigen Beteiligten bestehen können aber dass eine Interaktion am besten zu Stande kommt, wenn man zusammen ist, da man sich auch körperlich beeinflusst (Gefühle teilt oder eine Änderung der Atmosphäre). Dann, so sagt Durkheim, variiert auch die Intensität und Häufigkeit der Begegnungen. (Vgl. Collins 2004, S. 32 f.)

Wenn die Körper sich begegnen, dann intensivieren sie den Prozess der gemeinsamen Erfahrung und es entsteht ein kollektives Bewusstsein. Aufgrund 2er Mechanismen kommt es zu dieser verschärften Intersubjektivität: Zum einen durch die geteilte Aktion und Wahrnehmung7 und zum anderen durch die

7 Aus dem anfänglichen individuellen Bewusstsein entsteht eine Kommunikation die hauptsächlich auf Zeichen beruht, die ihren inneren Zustand ausdrücken. Wenn die Kommunikation dann zwischen ihnen gefestigt ist, werden sie zu einer realen Gemeinschaft, in der alle sonst individuellen Gefühlslagen zu einer einheitlichen Gefühlslage verschmelzen. Es tritt eine Harmonie auf und lässt ein gemeinsames Bewusstsein einer moralischen Einheit entstehen (Ausdrücken der gleichen Geste, zusammen weinen usw.). Erst wenn diese Homogenität auftritt und die Bewegungen in eine stereotype Form gebracht wurden, dienen sie zur entsprechenden symbolischen Darstellung der Gruppe. (Collins 2004, S.35: eigene Übersetzung) 14

Emotionen, die geteilt werden8. Das Ergebnis von Ritualen ist, dass das kollektive Sprudeln zwar ein momentaner Zustand ist aber ausgedehnt wird, in dem es zur Verkörperung von Gefühlen der Gruppensolidarität, Symbolen oder sakralen Objekten und individueller emotionaler Energie kommt. Die Erfahrung einer verschärften gegenseitigen Wahrnehmung und emotionaler Erregung führen zu der Erschaffung von Gruppenemblemen, die die Zugehörigkeit zu einer Gruppe offenlegen9. Das Problem der Gruppen ist, dass sie die geteilten Emotionen und das Gefühl der Intersubjektivität nicht präsentieren können. Somit bedarf es der Verkörperung dieses Gefühls in Form eines Objektes, eines Emblems. Religion stellt indessen einen besonderen Fall dar. Wenn Praktiken nicht mehr vollzogen werden, verlieren die Gläubigen ihren emotionalen Input und der Glaube an Bedeutung. Wann immer eine Gruppe dann seinen Fokus auf ein Objekt legt, welches ihre Emotionen verkörpert, wird ein neues sakrales Objekt erschaffen. (Vgl. Collins 2004, S.33 ff.)

Bei dem Zusammensein der Gruppe kommt es zur einer Art elektrischen Aufladung der Anwesenden in Form höchster Aufregung. Durkheim greift hier auf eine metaphorische Beschreibung der Situation zurück. Man muss sich diesen Moment als Batterie begreiflich machen: die eine Seite besteht aus dem Symbol einer Gruppe und der andere Pol ist der Einzelne. Die Beteiligung an einem Ritual gibt dem Einzelnen eine bestimmte Art von Energie, welche Collins als `Emotionale Energie` bezeichnet. Diese Emotionale Energie gibt den Beteiligten ein Gefühl von Selbstbewusstsein, der Courage Verantwortung zu übernehmen, die Initiative zu ergreifen. Eine Energie voller Moral; es macht, dass das Individuum sich zwar nicht immer gut fühlt, aber erhaben in dem Sinne, dass das, was es macht, wichtig und wertvoll ist. Collins vertritt die Meinung, dass dieses Gefühl der Emotionalen Energie sich vollends motivierend auf denjenigen auswirkt und dass, wer auch immer der Emotionalen Energie schon einmal erlegen war, anstrebt, diesen Moment immer und immer wieder zu wiederholen. Ein letzter Aspekt, den rituelle Effekte auslösen, ist der der Moralität. Individuen fühlen sich dann moralisch, wenn sie mit der Energie handeln, welche sie von der verschärften Erfahrung der Gruppe übernommen haben. Es gibt nach Durkheim keine vorexistierende Überzeugung oder moralische Standards, denn Rituale sind die Quelle der moralischen Standards einer Gruppe. Verschärfte Erfahrungen von Intersubjektivität und die emotionale Stränge in Gruppenritualen konzipieren was „Gut“ ist und was „Böse“ ist. (Vgl. Collins 2004, S. 32 ff.)

Randall Collins geht in seiner Interaktionstheorie davon aus, dass Face-to-Face Interaktionen im Hier und Jetzt ablaufen, und somit der Ort von Interaktionen sind. In seinem mikrosoziologischen Ansatz sind

8 Wenn die Aborigines zusammen gekommen sind, entstand eine Art elektrische Aufladung bei ihrer Zusammenkunft, die sie in einen außergewöhnlichen Grad der Begeisterung versetzten. Jeder Gefühlsausdruck fand ohne Einschränkung in ihren Köpfen Platz, und sie waren offen für Eindrücke von außen. (Collins 2004, S. 35: eigene Übersetzung) 9 Collins führt hier das Beispiel eines Soldaten an, der für die Flagge seines Landes kämpft und eventuell auch stirbt, verliert den Blick dafür, dass diese Flagge nur ein Symbol ist, welches sein Land repräsentiert. In seiner eigenen Wahrnehmung, und das ist Fakt, ist die Flagge an sich, welche den Platz einnimmt Quelle seiner Handlungen zu sein, und die diese starken Gefühle in ihn auslöst. (Collins 2004, S.36: eigene Übersetzung) 15 nicht die Individuen der Mittelpunkt seiner Betrachtungen, sondern, wie schon erwähnt, vielmehr die Situationen, in denen sich die Interaktionen abspielen. Jede Interaktion wird als Aneinanderreihung von Ritualen gesehen, die wie Ketten ineinander greifen und jeder vorherige prägt die zukünftige Interaktion. Nach Collins müssen folgende 4 Merkmale greifen, damit ein Ritual als gelungen bezeichnet werden kann:

1. es sind 2 oder mehr Leute physisch am selben Ort anwesend, so dass sie sich gegenseitig mit ihrer körperlichen Präsenz beeinflussen, egal ob sie sich vordergründig bewusste Aufmerksamkeit schenken oder nicht; 2. es gibt Grenzen für Außenstehende, so dass die Teilnehmer ein Gespür dafür haben wer Teil dessen und wer ausgeschlossen ist; 3. die Leute fokussieren ihre Aufmerksamkeit auf ein gemeinsames Objekt oder ihre Aktivitäten. Indem sie diesen Fokus miteinander kommunizieren, macht man sich gegenseitig bewusst, was der Fokus der Aufmerksamkeit von jedem ist; 4. sie teilen eine gemeinsame Stimmung oder emotionalen Erfahrungsraum. (Vgl. Collins 2004, S.47 f.)

Umso dichter ihr Fokus auf die gemeinsame Aktivität ist und umso mehr man sich bewusst macht, was der Andere tut und fühlt, umso größer ist ihre geteilte emotionale Erregung/Begeisterung. Dieses gegenseitige emotionale Mitreißen variiert in dem Grad der Erregung von Interaktion zu Interaktion, und ist davon abhängig, inwieweit die eben genannten Ausgangsmerkmale vorhanden sind. Konversationsinteraktionen weisen einen eigenen Mikrorhythmus auf. Wenn innerhalb eines Gespräches viele Pausen entstehen und die Interaktionspartner sich gegenseitig ins Wort fallen, ist das Ritual nicht erfolgreich. Ob eine Interaktion gelungen ist macht Collins an 4 hauptsächlichen Ergebnissen fest:

1. es entsteht ein hohes Level an Gruppensolidarität und Zusammengehörigkeitsgefühl; 2. jedes Individuum erreicht eine hohe emotionale Energie. Ein Gefühl von Überzeugung, Stärke, Enthusiasmus, Begeisterung und initiieren Aktionen; 3. es gibt Symbole die, die Gruppe repräsentieren. Embleme oder andere Repräsentanten (wie Wörter, Gesten, visuelle Symbole) die den Mitgliedern ein Gefühl von Kollektivität geben. Das meint Durkheim wenn er von sakralen Objekten spricht. Die Leute entwickeln in diesen Prozessen starke Gefühle von Solidarität und tragen die Symbole mit großem Respekt und verteidigen sie sogar gegen Respektlosigkeit von Außenstehenden und auch gegen rebellierende Insider; 4. die Gefühle von Moral sind des Weiteren stark ausgeprägt, sowie der Sinn danach an der Gruppe festzuhalten, seine Symbole zu respektieren und gegen Missetäter zu verteidigen. (Vgl. Collins 2004, S. 48 f.)

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Collins definiert Rituale „als eine formale Zeremonie, die durch eine Menge an stereotypen Aktionen begleitet wird, wie dem Singen, traditionellen Gesten, Tragen von traditioneller Kleidung.“ (Collins 2004, S.49: eigene Übersetzung). Diese formalen und stereotypen Aktionen sind aber nicht die entscheidenden Bestandteile eines Rituals. Durkheim erklärte schon bei seiner Analyse religiöser Rituale, dass diese nur zu dem Kernprozess von Intersubjektivität und geteilter Emotion beitragen. Die Erfahrung kollektiven Bewusstseins und des kollektiven Übersprudelns können sie aber nicht generieren. Der somit entstandene geteilte Aufmerksamkeitsfokus ist ein ausschlaggebender Bestandteil für ein funktionierendes Ritual, aber dieser Fokus entwickelt sich nur spontan, und kann nicht durch Instanzen künstlich erzeugt werden. Nach Collins werden Rituale dementsprechend wie folgt unterschieden:

a) Formale Rituale = sind initiiert und häufig zu erkennen durch einen Apparat von zeremoniellen Prozeduren; b) Natürliche Rituale= die Interaktionen sind aufgebaut auf einen gegenseitigen Fokus und eine emotionalen Anteilnahme ohne formale stereotype Prozeduren.

Ob ein Ritual fehlgeschlagen ist, lässt sich am leichtesten bei formalen Ritualen erkennen, wenn die Öffentlichkeit nicht mit dem Ritual einverstanden ist und sich nicht beteiligt. Bei den natürlichen Ritualen äußert sich das Fehlschlagen des Rituals, indem an erster Stelle ein geringer Grad an kollektivem Übersprudeln herrscht. Weitere Zeichen sind: keine oder nur sehr schwache Gefühle von Gruppensolidarität, keinen Sinn für die Identität und Zugehörigkeit des anderen, keinen Respekt vor den Gruppensymbolen, keine verstärkte emotionale Energie oder sogar Gefühle, die sich ins Gegenteil umwandeln (d.h. Gefühle der Langeweile, Depression oder des Flüchtens). Während erfolgreiche Rituale also berauschend wirken, können fehlgeschlagene Rituale gerade zu energieraubend wirken. (Vgl. Collins 2004, S. 48 ff.)

Um noch einmal auf den Punkt der körperlichen Präsenz zurück zu kommen, ist zu sagen, dass Rituale im Wesentlichen körperliche Prozesse sind. Wenn sich die Körper einander nahe sind entsteht ein Kick, eine Aufregung oder auch eine Ermüdung bei den Beteiligten. Aus Evolutionstheoretischer Sicht ist der Mensch so wie das Tier mit einem Nervensystem ausgestattet, um auf die Möglichkeit des Kampfes (oder eines anderen Alarms), oder auf positive Signale zu reagieren, wie die der Möglichkeit des sexuellen Kontakts oder genereller sozialer Gesten. Diese Erklärung hilft zu verstehen, warum wir so empfindlich auf die Anwesenheit anderer reagieren. (Vgl. Collins 2004, S. 53 f.)

Interaktionsrituale lassen Teile von moralischer Solidarität entstehen, und sind variabel und diskontinuierlich in einer Population. Jede Begegnung ist voll mit Emotionen, die wir in die nächste Begegnung tragen und so entstehen Ketten und die Rituale greifen. Wenn dann die Interaktionsrituale erfolgreich sind, werden die Emotionen intensiviert, umgewandelt: der Körper eines jeden geht dann voll mit den „Ergebnis-Emotionen“ aus der Situation raus, die sich wiederum darauf richten, was als nächstes passiert. Collins unterstreicht, dass die Emotionen nicht nur dann greifen, wenn uns etwas Dramatisches

17 geschieht, sondern dass auch lang-anhaltende Gefühle als Emotionen verstanden werden sollten. Es sind die undramatischen, mit Stimmungen unterlegten Emotionen, die unser soziales Leben durchdringen. Die lang-anhaltenden Emotionen sind theoretische Bedingungen und die, die am wichtigsten sind in der Diskussion um Emotionale Energie. Hohe und tiefe Emotionale Energie kommt von dem Mitreißen, von kommunikativen Gesten und emotionalem Rhythmus der unverwechselbar zur menschlichen Intersubjektivität gehört. Vom individuellen Standpunkt aus, verschwimmen diese zum eigenen Selbst zusammen (EE ist nicht reine physische Aktivität, sondern die Initiative zu ergreifen in Interaktion, enthusiastisch in diese rein zu gehen, die Führung zu übernehmen um emotional mitzureißen). Ein initiierender Bestandteil ist, dass die Beteiligten dieselbe Stimmung teilen: es ist essenziell, welche Emotion nach außen präsentiert wird (ob Angst, Ärger, Freundlich usw.) Unter Collins stellt sich eine emotionale Ansteckung unter der persönlichen Präsenz auf, denn sie haben denselben Fokus auf die gleiche Sache und sie wissen davon, dass der andere auch darauf fokussiert ist und fangen somit die Emotionen des Anderen ein – das Ergebnis ist dann, dass die emotionale Stimmung immer stärker und dominanter wird (im ultra-Mikro-Level bspw. bei einer Beerdigung), sich Gefühle der Solidarität entwickeln und man sich einer Statusgruppe zugehörig fühlt. (Vgl. Collins 2004, S.106 f.)

Die Rituale an sich sind variabel. Ob sie in Ritualen erfolgreich sind oder nicht kommt darauf an, wie stark der Fokus und die emotionale Ansteckung sind und wie stark die Beteiligten sich zugehörig fühlen. Aufgrund dieser Variationen sind Interaktionen geschichtet. Manche haben die Kraft, andere durch Rituale zu kontrollieren, während Andere passiv oder resistent sind (Machtrituale). Einige Personen sind im Mittelpunkt der Beachtung, während Andere marginalisiert (am Rande stehend) oder ausgeschlossen sind (Statusrituale). Daraus ergeben sich die 2 Dimensionen von Macht und Status, die einen wichtigen Einfluss auf die individuelle Persönlichkeit darstellen (Vgl. Collins 2004, S. 111):

Bei Machtritualen führen dann alle Faktoren auf dem Mikro-interaktions-Level dazu, dass die Individuen, die ungleich in ihren Ressourcen sind, sich zu Anweisungsgebern und Anweisungsnehmern entwickeln10. Die Machtrituale sind asymmetrisch zu Durkheims Interaktionsritualen. Der Fokus liegt hier auf dem Prozess des Anweisungs-gebens. Aber die Emotionen, die entstehen sind erzwungen – umso mehr diese erzwungen werden und die Kräfteverhältnisse weiter auseinander driften, umso größer ist die emotionale Ansteckung. Die Erfahrungen von momentanen, situationsbedingten dominanten Emotionen verursachen diese lang-anhaltenden Emotionen, welche dann einen Großteil unserer Persönlichkeit ausmachen. (Vgl. Collins 2004, S.111 ff.)

10 Goffman würde die Anweisungsgeber als „Vorderbühnen-Persönlichkeiten“ definieren. Durkheim beschreibt sie so, dass sie ihre emotionale Energie im dominieren in Machtritualen erhalten oder verbessern. Ihre ritualen Haltungen machen sie loyal gegenüber den Symbolen ihrer Organisation. Die Anweisungsnehmer haben nach Goffman eher eine „Hinterbühnen- Persönlichkeit“. In ihrer normalen Arbeitsroutine legen sie ihre Performance auf den Punkt ab, aber wenn sie nicht direkt mit den Anweisungsgeber in Kontakt treten, sind sie für gewöhnlich eher nicht resistent. (Vgl. Collins 2004, S. 112 f.)

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Bei einem Statusritual wird bei der Ausübung von Kraft die emotionale Energie insofern erhöht, dass das emotionale Mitreißen in einer Situation sich zu einem Level des kollektiven Sprudelns hin entwickelt. Wenn die Machtrituale nicht mit den Statusritualen übereinstimmen werden keine großen Mengen von emotionaler Energie generiert. Anweisungsgeber und- nehmer teilen die Orientierung an dominanten Symbolen, aber mit einem anderen Verschnitt an Emotionen. Die Anweisungsgeber identifizieren sich mit dem sakralen Objekt ihrer Organisation. Sie respektieren die Symbole als eine Art Ideale, da sie sich selber als Hüter von Recht und Ordnung sehen und sie die Tradition aufrecht erhalten müssen. Anweisungsnehmer dagegen haben eher eine ambivalente Haltung gegenüber den Symbolen. Sie fühlen sich eher entfremdet gegenüber den Symbolen und die Symbole werden eher zu negativen sakralen Objekten. Sie zwingen sich dann, sich von sich selber zu distanzieren. Vor den Chefs/Master müssen sie aber jederzeit Respekt vor den Symbolen zeigen.11 (Vgl. Collins 2004, S.114 ff.)

Das Model der Ketten von Interaktionsritualen besagt, dass die Individuen in Power sowie Statusinteraktion Emotionale Energie erwerben aber auch verlieren können – Anweisungsgeber pflegen und verdienen sich manchmal auch EE12. Anweisungsnehmer verlieren sie, während eine erfolgreiche Gruppenmitgliedschaft die EE steigern. Interaktionsrituale sind, wie schon erwähnt, die ganze Zeit wie Ketten miteinander verbunden. Die Ergebnisse der letzten Interaktion dienen als Input für die nächste Interaktion. Es werden also die ganze Zeit positive wie negative Sinneseindrücke gesammelt. Zwischen den Interaktionen sind die individuellen Symbole gespeichert, wie eine Große Karte von verschiedenen Interkationen, die dann genutzt werden können oder auch nicht. Es besteht eine andauernde Bereitschaft, diese dann in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Personen zu aktivieren. In jeder Situation entfalten sich dann ganz eigene emotionale und symbolische Ressourcen, die sich dann mit denen der anderen Person vernetzen oder auch nicht und entscheiden, ob bestimmte Interaktionen dann erfolgreich sind oder auch nicht. Am Ende können wir dann daraus schließen, ob wir in den nächsten Begegnungen diese Informationen benutzen, um erfolgreiche Interaktionen zu führen oder auch um bestimmte Personen zu vermeiden. (Vgl. Collins 2004, S.118 ff.)

In Hinsicht auf die Theorie der Interaktionsrituale ist Stolz die Emotion, die eine Gruppe antreibt. Scham dagegen ist die Emotion, die die Leere einer Gruppe bis zum Ausschluss fördert. Stolz erzeugt ein natürliches Gefühl, dass die Person in den Flow einer Interaktion einstimmt. Es entstehen Gefühle hoher Solidarität und das merkt man auch an der rhythmischen Koordination auf der Mikro-Ebene einer

11 Man könnte glauben, dass die dominierenden Personen im Fokus der Interaktionen stehen – das er oder sie zum sakralen Objekt werden (Durkheim) – mikrosoziologisch ist es das , was ein sakrales Objekt bedeutet: es ist das Objekt was im Aufmerksamkeitsfokus der Gruppe steht und welches zu einer symbolischen Quelle emotionaler Energie einer Gruppe wird – wenn sich jemand sich in dieser Position fühlt, dann haben sie eine Menge an EE und es macht diese Person charismatisch. Im anderen Extrem können sie missgünstig sein oder Konkurrenten ausschlagen wollen. Ein Gefühl was darauf basiert, dass sie einen Groll gegenüber einer anderen Person entwickeln, die einen besonderen Status innen haben, den sie nicht haben. (Vgl. Collins 2004, S. 124)

12 EE wird hier als Abkürzung für die Emotionale Energie genutzt. 19

Interaktion. Jeder Anwesende hat Einfluss auf den Anderen, setzt Impulse und dieses Gefühl von Stolz wird durch die Präsenz der Anderen noch verstärkt. (Vgl. Collins 2004, S.120)

Collins vertritt die Meinung, dass sich die kurz-bestimmten Emotionen aus den grundlegenden Linien der EE ableiten lassen. Sie stören den Flow emotionaler Energie. Überraschung zum Beispiel ist eine abrupte Reaktion auf etwas, dass rapide den Flow einer Aktivität stört. Positive Emotionen werden weitestgehend intensiver, da sie ansteckender in Interaktionen wirken. Die soziale Situation der Freude usw. wird als erfolgreiche Interaktionen angesehen. Diese Arten der positiven Gefühle sind relativ kurz und temporär in ihren Effekten und basieren auf früherer emotionaler Energie: für eine Gruppe war es wichtig, Symbole mit Positiven aufzuladen, damit sie als wichtiger Bestandteil erfolgreicher Rituale gelten. (Vgl. Collins 2004, S.125).

Die negativen kurz-anhaltenden Emotionen sind dagegen klarer mit den Grundlegenden EE verbunden. Zorn in seiner intensivsten Form, stellt die explosivste Reaktion auf Frustration dar. Im Kern ist Zorn die Mobilisation von Energie, um Hindernisse zu überwinden. Personen die kraftvoll sind können es sich leisten, wütend zu werden. Ihre kraftvolle Wut ist Ausdruck ihrer Erwartung sich gegen dieses Hindernis stellen zu müssen. Ein Ausdruck des Vertrauens in seine Stärke, das gegnerische Bündnis zu beherrschen, sich gegen sie durchsetzen und gefügig zu machen, oder ihren Widerstand zu zerstören. Doch wann und wie bricht jemand in Zorn aus? Am meisten nimmt Zorn dann heftige Züge an, wenn die Person ein starkes Gefühl der Frustration überkommt. Wenn das Gefühl der Frustration an sich aber zu stark wird, macht sich nicht Wut, sondern Angst breit. Zorn fühlt sich dann gerechtfertigt an, wenn im Augenblick des emotionalen Ausbruches, die Gruppe, Ärger gegenüber einer Person empfindet, die die sakralen Symbole zu verletzen scheint. Diese Person wird dann zum Ketzer oder Sündenbock ernannt. Ergebnis ist der Ausschluss aus der Gruppe, da diese unwillig ist, mit dieser Person weiter zu verkehren, damit die symbolische Ordnung wieder hergestellt werden kann. Eine andere, kurz-anhaltende Emotion ist die Angst. In sozialen Beziehungen ist Angst die generelle Antwort auf den Zorn des Anderen. Sie ist eine vorwegnehmende Emotion, in der Erwartung verletzt zu werden. So ist Angst meistens direkt verbunden mit lang-anhaltender emotionaler Energie, die eher eine untergeordnete Rolle in der Powerdimension übernimmt. (Vgl. Collins 2004, S.118 ff.)

2.3. Verbindung der Massentheorie Le Bon`s zum Interaktionsgeschehen und Randall Collins

Gustave Le Bon definiert allgemein gefasst eine Masse in seinem Werk „Psychologie der Masse“ als die Vereinigung einzelner Personen, unabhängig der Nationalität, des Berufes oder Geschlechts, wobei der

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Anlass der Vereinigung beliebig ist. Unter psychologischen Gesichtspunkten ist eine Masse etwas ganz Anderes, nämlich eine Versammlung von Menschen, die unter bestimmten Umständen zusammen kommen und ganz verschiedene Eigentümlichkeiten besitzen. Die Persönlichkeit der Einzelnen schwindet, aber die Gedanken und Gefühle aller orientieren sich in eine Richtung. Es bildet sich eine Gemeinschaftsseele heraus und alle sind dem Gesetz der seelischen Einheit der Massen unterlegen (eine beliebig zusammen gewürfelte Masse ist also in Le Bons Sinne keine psychologische (organisierte) Masse). Die Seelenverfassung der Individuen in der Masse weicht wesentlich von der Seelenverfassung der Masse ab, und auch Intelligenz rettet vor dieser Abweichung nicht, sondern es werden nur unbewusste Gefühle in ihnen wirksam werden. (Vgl. Le Bon 2014, S. 29 ff.) Le Bon unterteilt die Massen in verschiedene Arten. Die ungleichartigen (heterogenen) Massen sind entweder die Namenslosen (Straßenansammlungen bspw.) und die nicht namenlosen Massen (=Parlament). Bei den ungleichartigen Massen ist die Bedeutung der Rasse enorm, weil sie der wirkungsvollste Faktor ist, um die Handlungen einer Masse zu bestimmen und ihr somit Macht verleiht (eine Masse, die aus Franzosen oder Deutschen besteht unterscheidet sich also grundlegend gegenüber einer Masse, die aus Chinesen, Amerikanern, Italienern usw. zusammen gesetzt ist). Sie lassen sich nur in 2 Kategorien einteilen, die der namenslosen und die der nicht namenslosen. Während Erstere kein Verantwortungsgefühl beinhaltet ist es bei der Zweiteren umso ausgeprägter und lenkt deren Handlungsweise (wie. Bspw. bei der Barbarei). Die gleichartigen (homogenen) Massen sind Sekten (politische oder religiöse Sekten), Kasten (militärische Arbeiterkaste) und Klassen (Bürger, Bauern). Bei einer Sekte sind die Mitglieder durch das Band der Überzeugung miteinander verbunden. Beruf, Erziehung, Milieu können hier völlig unterschiedlich sein. Eine Kaste stellt den höchsten Grad einer Organisation dar (die Sekte den niedrigsten Grad). Die Angehörigen einer Kaste ähneln sich in Bildung, Beruf und Lebensverhältnissen. Die dritte Gruppe stellt die der Klasse dar und ist weder durch die gleiche Überzeugung, noch durch die Gleichheit des Berufes miteinander verbunden. Ihr Bündnis besteht durch bestimmte Interessen, Lebensgewohnheiten und die der Erziehung, die sie genossen. (Vgl. Le Bon 2014, S. 145 ff.) Le Bon bezog sich in dieser Arbeit aber auf die ungleichartigen Massen, deren Merkmale er wie folgt definiert:

1. Schwinden der bewussten Persönlichkeit: Unabhängig davon wie ähnlich oder unähnlich sich die Individuen in Beruf, Intelligenz, Alter usw. sind, durch den bloßen Umstand der Umformung in eine Masse ändern sich ihre Ideen und Gefühle, in dem Moment, in dem sie sich der Masse anschließen, und auch nur mit ihr verbunden auftreten. Aufgrund dieser Entwicklung neuer Gefühlsregungen formt sich die Massenseele. Le Bon beschreibt die psychologische Masse als ein Wesen, dass sich aus ungleichartigen Bestandteilen neu entwickelt hat. 2. Vorherrschaft des Unbewussten Wesens: Das Verhalten, welches wir als Individuum pflegen und als Bestandteil einer Masse entwickeln, ist konträr zueinander. Ursache für dieses Phänomen ist, dass wir uns zwar vom Intelligenzgrad unterscheiden, aber wir uns in unseren Trieben, Leidenschaften und Gefühlen ähneln. Und eben diese allgemeinen 21

Charaktereigenschaften, die uns unterbewusst beherrschen, werden in der Masse vergemeinschaftlicht und die Individuen vermischen sich ineinander. Daher werden Massen auch nie Handlungen ausführen, die einer besonderen Intelligenz vermögen. Das Mittelmäßige und nicht der Geist wird von der Masse aufgenommen (kein Unterschied zwischen Masse von Gelehrten und Masse von „Dummköpfen“ wie le Bon schreibt). 3. Leitung der Gedanken und Gefühle durch Beeinflussung und Übertragung in der gleichen Richtung, Neigung zur unverzüglichen Verwirklichung der eingeflößten Ideen: Die Masse ruft in den einzelnen Menschen Eigenschaften hervor, die ihrer sonstigen Person völlig widersprechen würden, nämlich der Beeinflussbarkeit. Diese Erscheinung beschreibt die Wissenschaft einem Zustand ähnlich, der auch bei einem Hypnotisierten unter dem Einfluss eines Hypnotiseurs überkommt. Durch Ausströmungen, die eingebettet in der Masse entstehen oder einer noch unbekannteren Ursache, wird die Person Sklave seiner unbewussten Kräfte, die von der Masse gelenkt werden. Folge ist das Fehlen eines eigenen Willens und des Unterscheidungsvermögens. Unter dem Zustand höchster Überspannung wird er sich ungestüm auf gewisse Taten werfen. Natürlich gibt es auch Persönlichkeiten, die diesem Einfluss widerstehen können, jedoch sind die nur in geringer Anzahl vorhanden und lassen sich mit dem Strom reißen. (Vgl. Le Bon 2014, S. 34 ff.)

Der Einzelne, allein stehende hat die Fähigkeit zur Beherrschung seiner Empfindungen, die Masse dagegen nicht. Die Triebe, unter denen die Masse stehen, können sowohl grauenhaft wie heldenhaft sein. Sie reagieren immer auf Reize und sind damit äußerst wandelbar (können auch innerhalb von Augenblicken entgegengesetzte Gefühle durchleben) aber auch nicht sehr ausdauernd in ihrem Wollen. Ein weiteres Phänomen ist, dass in der Masse der Begriff des Unmöglichen schwindet, da man als Masse Dinge erreichen kann, die vorher unmöglich erschienen. Ein weiterer Charakterzug der Massen ist es, dass diese übermäßig beeinflussbar sind. Bei allen ist zu erkennen, dass ausgesprochene Ideen sehr rasch in die Tat umgesetzt werden wollen. Sie sind unfähig, persönliches vom sachlichen zu trennen (der Ungebildete und Gebildete sind gleich blind in ihren Beobachtungen) und dabei brauchen sie noch nicht einmal zahlreich zu sein. Des Weiteren sind die Gefühle, die eine Masse äußert, ob gute oder schlechte, sehr einfach und sehr überschwänglich. Le Bon spricht hier davon, dass der Mensch sich immer mehr den primitiven Wesen nähert. Da sie nur einfache und übertriebene Gefühle kennen, werden Meinungen und Ideen entweder hoch bejubelt oder als ebenso unbedingte Irrtümer betrachtet. Was Wahrheit und was Irrtum ist, wird nicht von ihnen angezweifelt. Le Bon geht im Weiteren davon aus, dass die Massen einen hohen Grad von Sittlichkeit besitzen, wenn man Sittlichkeit mit den Eigenschaften von Uneigennützigkeit, Entsagung, bedingungsloser Hingabe und mit Tugenden von hohem Grade definiert. (Vgl. Le Bon 2014. S. 40 ff.) In dem anschließenden Vergleich werden die zuvor ausgearbeitete Theoriebestände Le Bons und Collins herangezogen.

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Gustave Le Bon und Emile Durkheim brachten beide zur gleichen Zeit ihre theoretischen Auseinandersetzungen bezüglich der Gesellschaft und das Phänomen der Massen heraus. Während Le Bon sich in seinen Arbeiten eher den politischen Kämpfen widmete, richtete Durkheim seinen Fokus eher auf die kulturtheoretischen Aspekte von Gesellschaften und betrachtete diese von einer emotionsbasierteren Seite durch seine Parallelen und Bezüge zu den Aborigines. Randall Collins schloss sich den Betrachtungen Durkheims nicht nur an, sondern nutzte sie grundlegend, wie im vorherigen Kapitel bereits erwähnt, für seine Arbeit. Obwohl die Arbeiten sich konträr mit dem Thema der Masse auseinandersetzen, ist das Einbeziehen der Arbeit Le Bons gerade aus dieser Unterschiedlichkeit heraus, wertvoll. Bei Le Bon wird die Masse einer negativen Bewertung unterzogen. Innerhalb der Masse verändert sich das Individuum in seinem Verhalten und in seinen Gefühlen. Die Persönlichkeitsmerkmale, die ihn vorher ausmachten, sind wie unter einer Art hypnotischen Zustandes erloschen, und es wird sich der Masse vollends hingegeben. Ein gemeinsamer Aspekt, der sich in den Arbeiten Collins und Le Bon`s finden lässt, ist dass die Massen/Gruppen eine gemeinsame Vorstellung von Moral entwickeln (so nennt Collins sie) und diese Gefühle auch sehr stark ausgeprägt sind. Le Bon erwähnt so etwas Ähnliches. Nur spricht er hier von einer Sittlichkeit, die sich in Uneigennützigkeit und der bedingungslosen Hingabe für die Masse manifestiert. Vergleichbar mit dem was Collins schreibt, dass eine starke Verbundenheit zur Gruppe entsteht und man sie beispielsweise vor Feinden innerhalb wie außerhalb der Gruppe verteidigen will. Eine weitere Gemeinsamkeit lässt sich dahin gehend finden, dass Collins sowie Le Bon dem Individuum weniger Beachtung schenken, d.h. sie kein grundlegender Ausgangspunkt ihrer Betrachtungen sind. Collins geht nicht von dem Individuum aus, sondern von den Situationen in denen sich Interaktionen ereignen und davon dass sie aus einer Aneinanderreihung von Riten bestehen. Auch Le Bon misst dem Individuum wenig Bedeutung bei, da sich das Verhalten in einer Masse grundlegend ändert (egal welchem Bildungsstand man angehört). Die Masse hat eine eigene Seele und ihr Handeln und Fühlen unterscheidet sich von dem, was der Einzelne fühlen und denken würde, wenn er nicht Teil einer Masse wäre, so dass die Persönlichkeitsmerkmale wenig relevant für die Betrachtung der Masse erscheinen. Als letzten übereinstimmenden Punkt beider Autoren, lässt sich die verschärfte Auslebung aufkommender Gefühlslagen der Massen fest halten. Bezüglich der Massengefühle gibt Le Bon an, dass diese nicht nur sehr einfach sind, sondern auch sehr überschwänglich. Der Einzelne nähert sich auch in dem Punkt der aufkommenden Emotionen, den primitiven Wesen. Es gibt keine Gefühlsabstufungen und die aufkommenden Emotionen breiten sich sehr rasch aus. Das Fehlen jeder Verantwortlichkeit ist Auslöser für die Heftigkeit der Gefühle der Massen. Dabei geht es Le Bon eher um die schlechten Gefühle, die sich entwickeln können, so dass sich mit der Gewissheit der Straflosigkeit, die Masse eher zu gewaltsamen Handlungen hin reißen lässt. Collins beschreibt diese überschwänglichen Gefühlsregungen als emotionale Energie, die sich innerhalb von Interaktion entwickelt. Aus dieser emotionalen Energie kann es zu einem kollektiven emotionalem Übersprudeln kommen, ähnlich wie bei Le Bon. Jedoch bezieht Collins in seinen Ausführungen nicht nur die negativen Gefühlslagen mit ein, sondern auch die positiven. Die des Glückes, der aufkommenden Freude über ein bestimmtes Ereignis.

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Aber er erklärt auch, dass die negativen kurz-anhaltenden Emotionen klarer mit der grundlegenden emotionalen Energie verbunden sind.

2.4. Emotionssoziologische Aspekte in Bezug zur Interaktionstheorie von Randall Collins

In der Betrachtung von emotionssoziologischen Aspekten werden 3 Ausarbeitungen zu dieser Thematik herangezogen. Zum Einen rücken die Abhandlungen von Hatfield, Cacioppo und Rapson zur emotionalen Ansteckung in den Fokus dieser Arbeit, zum Anderen wird sich intensiv mit den Ergebnissen Paul Ekmans über das Erkennen und Interpretieren von Emotionen und Gefühlen beschäftigt, welche ein Grundpfeiler dieser Masterarbeit darstellen sollen, in Verbindung mit Randall Collins. Zuletzt soll noch Jack Katz Beitrag über wütende Autofahrer in L.A. betrachtet werden, um noch weiter ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie Emotionen funktionieren.

Hatfield und seine Kollegen definieren in ihrer Arbeit „Emotional contagion“ emotionale Ansteckung als eine Tendenz, in der es zur automatischen Mimik und der Synchronisation des Ausdruck, der Stimmen, der Körperhaltungen und Bewegungen mit anderen Personen kommt, und somit Emotionen zusammen laufen und miteinander verschmelzen. Theoretisch können Emotionen auf verschiedenen Wegen eingefangen werden (Vgl. Hatfield et al. 1993, S.2 f.). Die möglichen Mechanismen emotionaler Ansteckung werden wie folgt beschrieben:

1. Mimik: Die Autoren bringen hier an, dass Leute in Gesprächen automatisch und ununterbrochen die Mimik und ihre Bewegungen (also Gesichtsausdrücke, Stimme, Haltung) mit dem Verhalten der anderen synchronisieren. Es wird hier ein Beispiel von Adam Smith angeführt:“When we see a stroke aimed, and just ready to fall upon the leg or arm of another person, we naturally shrink and draw back on our leg or our own arm (Hatfield et al. 1993, S.4) Die Imitation, die wir dann vornehmen ist ein Reflex. Wenn andere Menschen böse, traurig oder glücklich sind, dann spiegeln wir ihre Emotionen in unseren Gesichtern. Aber nicht nur Mimiken, sondern auch die verschiedenen stimmlichen Ausdrücke stimmen überein. Das heißt, dass wir nicht nur die Gesichtsausdrücke, Bewegungen usw. angleichen, sondern dass wir auch automatisch anfangen, die verschieden Stimmungen/Charaktere der anderen Person an unsere anzugleichen und das innerhalb eines einzigen Augenblickes. (Vgl. Hatfield et al. 1993, S. 3 ff.) 2. Feedback: Subjektive emotionale Erfahrungen sind affektbestimmt, dass heißt, dass von einem Augenblick zum Anderen die Aktivierung und/oder das Feedback in Form von Gesichtsausdrücken, der Stimme, der Körperhaltung und Bewegungen mimisch zu sehen sind.

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Beeinflusst werden sie von 1 Æ dem zentralen Nervensystem, es sendet direkt die „Befehle“ zur Änderung der Mimik an die Gesichtsmuskeln 2Æ Feedback wird zurück geführt zu Gesichts-, verbaler oder Haltungsnachahmung/Synchronität 3Æ bewusste Selbstwahrnehmung, die Individuen ziehen hierbei Rückschlüsse über ihr eigenen emotionalen Zustände auf der Basis ihres eigenen ausdrucksvollen Verhaltens. (Vgl. Hatfield et al. 1993, S. 5 ff.) 3. Ansteckung: Der dritte und letzte Vorschlag widmet sich der Ansteckung (contagion). Leute neigen konsequent dazu, in jedem Augenblick die Emotionen anderer „einzufangen“. Unbewusst dessen, versuchen wir, Informationen über die emotionalen Zustände der Anderen zu sammeln, um herauszufinden, wie der andere tickt. Das kann uns dazu verhelfen, wenn wir darauf achten, herauszufinden wie wir uns in Gegenwart anderer fühlen; wie wir eine extra Schärfe gewinnen in dem Fühlen unseres Selbst durch die emotionalen Zustände der anderen. Das Beides sind unschätzbare Informationen, die zur Verfügung stehen. (Vgl. Hatfield 1993, S. 9 )

Tatsächlich gibt es Beweise dafür, dass Beides, was wir denken und was wir fühlen, uns einen Zugang zu den verfügbaren Information der anderen Menschen gibt. Hatfield und ihre Kollegen haben herausgefunden, dass die bewusste Beurteilung der Leute darüber, was andere fühlen „müssten“ beeinflusst wird durch das was andere sagen. Die eigenen Emotionen der Leute sind mehr durch die nonverbalen Hinweise beeinflusst, als durch das, was sie wirklich fühlen. Dies hilft uns auch, das Verhalten von Gruppen besser zu verstehen. (Vgl. Hatfield et al. 1993, S. 10)

Für Ekman ist von zentraler Bedeutung, dass Emotionen dann zustande kommen, wenn wir annehmen, dass gleich etwas geschehen wird, was für uns und unser Wohlergehen von enormer Bedeutung ist. Evolutionsbedingt haben sich Emotionen also entwickelt, damit wir rasch auf entscheidende und lebenswichtige Ereignisse reagieren können ohne groß darüber nachzudenken. Wir reagieren blitzschnell innerhalb von Millisekunden, ohne dass wir eine bewusste Entscheidung treffen wollten und drücken das durch unsere Mimik und Gestik aus. Ekman fasst es so zusammen, dass wir uns eine Zeit lang in einer Art Refraktärzustand befinden, die Phase in der wir bewusst keine Informationen verarbeiten können. Oft nützt sie mehr, als dass sie schadet und hält auch nur 1-2 Sekunden an. Unsere Aufmerksamkeit ist im vollen Umfang auf das anstehende Problem gerichtet. Schwierig wird es nur, wenn diese Phase länger andauert, nämlich Minuten oder Stunden. (Vgl. Ekamn 2014, S. 29 ff.) Er beschreibt 6 recht verschiedene Faktoren, die darüber entscheiden, ob jemand Erfolg hat, wenn er die Brisanz und Wirksamkeit eines emotionalen Auslösers herabsetzen will, sowie die Länge der Refraktärphase beeinflussen möchte:

1. es kommt darauf an, wie groß die Nähe zu dem, in der Evolution entwickelten, Thema ist (umso geringer umso höher die Wahrscheinlichkeit, es positiv beeinflussen zu können); 2. wie sehr die aktuellen Merkmale des gerade geschehenen Ereignisses, der ursprünglichen Situation ähneln, in der der Auslöser erlernt wurde; 3. wie früh der Auslöser erlernt wurde. Er geht davon aus, dass umso früher dieser erlernt wurde, umso schwieriger ist es ihn beizukommen; 25

4. je stärker die Emotionen, die beim Auslösen erfahren wurden sind, umso schwerer ist es, den Einfluss abzuschwächen; 5. die Dichte der Erfahrungen ist entscheidend., d.h. wie oft das Eintreten einer emotionalen, sehr aufgeladenen Episode innerhalb kürzester Zeit aufgetreten ist; 6. jeder von uns unterscheidet sich in Geschwindigkeit und Intensität unserer emotionalen Reaktionen und in der Zeit, die wir brauchen, um uns zu erholen. (Vgl. Ekman 2014, S.65 ff.)

Wenn wir den Auslöser erkennen, so Ekman, und Zeit in die Analyse der Arten von Situationen investieren, kann mit Hilfe von Training das Neu-Bewerten dieser Situationen erarbeitet werden, und wir können so unsere negativen Reaktionen auf bestimmte Momente kontrollieren. Alle Situationen zu analysieren und ihnen entgegen zu wirken, in denen wir Zorn entwickeln könnten, ist natürlich sehr schwer. Es kann immer noch geschehen, dass man aus einem anderen Grund beispielsweise in diese reizbare Stimmung versetzt wird. Nach Ekman sind Stimmung und Emotionen nicht dasselbe. Beide sind zwar von Empfindungen und Gefühlen geprägt jedoch sind Emotionen kurzweiliger. Eine Stimmung kann sich über Stunden, Tage hinweg ziehen, während Emotionen binnen Minuten, manchmal Sekunden kommen und gehen. (Vgl. Ekman 2014, S.70 f.)

Nachdem das emotional einschneidende Erlebnis vorbei ist, dauert es noch 10-15 Sekunden, bis diese Gefühle wieder nach lassen und wir uns bewusst mit ihnen auseinandersetzen können. Mimik, Gestik und Körperfunktionen (wie Herzschlag, Atmung, Transpiration) lassen dann allmählich wieder nach (das ist kein Effekt, den wir beeinflussen können, das geschieht einfach). Diese Prozesse können wir nicht steuern und sie sind somit unausweichlich. Die zentralen Mechanismen in unserem Gehirn steuern und organisieren diese Reaktionen. Sie erhalten Instruktionen, nach denen sich dann unser Handeln ausrichtet. Was Ekman hier als Emotionsdatenbank beschrieb, war für Thompson das sogenannte Affektprogramm. Hier ist es als mehr als die evolutionär festgeschriebene Vergangenheit zu begreifen. Vielmehr ist es so, dass jeder einzelne Mensch verschiedene Regulationsmuster besitzt, was mit jeder Emotion assoziiert wird. Beides sind Metaphern, die das Gehirn mit einem Computerprogramm gleich stellen. Ekman betont aber, dass diese Vorgänge nicht identisch sind und sich somit eigentlich weniger zum Vergleich eignen. (Vgl. Ekman 2014, S. 93 ff.) Ekman ist der Meinung, dass es Emotionsauslöser gibt, die für uns alle gleich sind und dass jeder von uns automatische Bewertungsmechanismen in sich trägt. Diese sind im Gehirn eines jeden Menschen verankert, um auf bestimmte Ereignisse zu reagieren. Hierbei gibt es universale Themen, auf die jeder Mensch reagiert und Variationen von diesen Themen, die sich im Erfahrungshorizont eines jeden Einzelnen heraus bilden. Dabei spielt unser evolutionäres Erbe eine große Rolle. Die Themen, die als Emotionsauslöser für uns gelten, sind angelegt, aber die die Variationen im Umgang mit dem Thema werden erlernt. Er vergleicht die Automatischen mit der Datenverarbeitung: „ Unsere automatischen Bewertungsmechanismen durchmustern unsere Umgebung nach allem, was Ähnlichkeit mit den in unserer emotionalen „Alarmdatenbank“ (emotion alert database) gespeicherten Inhalten aufweist. Diese sind zum Teil aus unserer biologischen Natur durch natürliche

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Selektion, zum Teil aus unserer individuellen Erfahrung hervorgegangen.“ (Ekman 2014, S.42) Manchmal sind die automatischen Bewertungsmechanismen nicht angemessen, jedoch ist es nicht leicht, diese an die Situation anzupassen, da sie so unheimlich schnell sind. Wären sie aber langsamer, wären sie nicht so effektiv und somit ist uns dies, dank der Natur nicht vergönnt. (Vgl. Ekman 2014; S. 41 ff.) Gefühle werden aber nicht nur durch automatische Bewertungssysteme ausgelöst, sondern es gibt nach Ekman noch 8 andere Möglichkeiten:

x reflektierte Bewertung, bei der die automatischen Bewertungssysteme zugeschaltet werden x Erinnerung an vergangene emotionale Erfahrungen x Vorstellung von emotionalen Momenten in der Fantasie x das Sprechen über zurückliegende emotionale Ereignisse x Mitgefühl mit anderen und das nachempfinden in ihre Situation x das Vorleben anderer was von emotionaler Bedeutung ist und uns emotional reagieren lässt wird von uns aufgenommen und von ihnen gelehrt x Verletzung sozialer Normen x wir können Gefühle vorsätzlich hervorrufen, indem wir ihr äußeres Erscheinungsbild nachahmen (Vgl. Ekman 2014, S. 44 ff.)

Um die Auslöser von Emotionen besser zu verstehen, wird im Folgenden auf diese noch einmal intensiver eingegangen.

Trauer und Verzweiflung:

Die Phase der Verzweiflung ist durch Auflehnung gekennzeichnet, die der Trauer eher durch Resignation und Hoffnungslosigkeit. Trauer gehört zu den länger andauernden Emotionen. Beide Phasen können sich nacheinander abwechseln. Bei schwachen oder gemäßigten Emotionen kann die Dauer eben dieser sich in der Zeitspanne von ein paar Sekunden bis Minuten abspielen, bevor sie von einer anderen abgelöst wird. Selbst bei einer so intensiven Emotion wie dem Trauern können andere Emotionen empfunden werden. So kann sich zur Trauer Angst dazugesellen, wenn einem die Zukunft ohne einen Verstorbenen bspw. ungewiss erscheint. Aus dieser Angst heraus, ohne den Verlust nicht weiterleben zu können, kann Trauer und/oder Verzweiflung nicht die vordergründig empfundene Emotion sein. Sogar positive Emotionen können während einer traurigen Erfahrung empfunden werden. Beispiel hierfür wäre die Erinnerung an eine lustige Begebenheit mit dem Verstorbenen während einer Beerdigung. Oft mischen sich zur Trauer aber auch Momente des Zorns. Zorn auf das Leben, den Verlust usw., aber auch Wut gegenüber der Person, die für unseren Verlust verantwortlich ist. Zorn kann auch ein Verteidigungsmechanismus zum Schutz vor aufkommender Verzweiflung sein und heilend wirken. Ebenso kann Zorn auch eine Art Reserve sein, der bei dem kleinsten Anflug von Verlust hervorkommt, um dem Gefühl der Verzweiflung entgegen zu wirken. (Vgl. Ekman 2014, S. 119 ff.)

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Wie äußern sich Trauer und Verzweiflung?

x Aufwärtsneigung der Augenbraueninnenseiten13 (manchmal sind die Augenbrauen auch nicht nach oben gewinkelt, was dann ein Hinweis darauf ist, dass derjenige sich kurz vor einem Heulkrampf befindet, wenn die anderen Merkmale zu treffen) x Vertikale Falte zwischen den Brauen x Aufgrund der Stellung der Augenbrauen verziehen die Oberlieder sich zu einem Dreieck x Lippen sind horizontal verzerrt x Oberlippe ist hochgezogen x Hochgezogene Wangen, Mundwinkel sind nach unten gezogen x die Haut zwischen Kinnspitze und Unterlippe ist gerunzelt und durch die Kinnmuskeln nach oben gezogen (Vgl. Ekman 2014, S.138 ff.)

Ärger und Zorn:

Für Ärger und Zorn gibt es mehrere Themen, die diese Emotionen auslösen können. Solche Themen wären:

x wenn uns jemand bei etwas stört, was wir tun wollen, und wenn dieses dann noch unter Vorsatz geschieht, steigert es unsere Frustration, x unsere eigene Vergesslichkeit oder Unvermögen, x wenn uns jemand körperlich versucht zu verletzen, x wenn jemand uns versucht psychisch zu verletzten oder unsere Leistungen oder Entscheidungen herabsetzt, x oder durch Zurückweisung eines geliebten Menschen.

Die gefährlichste Eigenschaft des Zorns ist, dass er selber auch Zorn hervorbringen kann und es innerhalb dieses Teufelskreises zur Eskalation kommen kann. Eine andere Ursache kann sein, dass wir uns über die Handlungen anderer (auch Fremder) ärgern können, die gegen unsere Überzeugung sind. Das Spektrum an Zornempfindungen ist weit, und reicht von leichter Verärgerung bis hin zur rasenden Wut14. Reiner Zorn wird eher nur über einen kurzen Zeitraum empfunden, bevor sich häufig die Angst (vor der eigenen Wut oder wie sich Zorn anderer auf einen auswirkt) oder auch Abscheu (vor dem was sie angreift) anschließt. Zorn ist deshalb die gefährlichste alle Emotionen, weil es geschehen kann, dass wir das Objekt unseres Zorn verletzen können. Dass, was uns meistens davon

13 Nur wenige Menschen können diese Bewegung absichtlich hervorrufen, so dass immer ein wirksames Zeichen für wirkliche Trauer ist. (Vgl. Ekman 2014, S.138) 14 Es gibt nicht nur Unterschiede in der Intensität der Verärgerung, sondern auch bezüglich der empfunden Art des Ärgers. Es gibt Empörung, Beleidigt sein, Gereiztheit oder Erbitterung, Rache, vorübergehender Verdruss, ein ausgewachsener Groll oder auch Hass. Hass ist eine anhaltende, massive Abneigung und kann als emotionale Bindung bezeichnet werden. Ein Groll oder Ressentiment ist dagegen eher eine emotionale Haltung. (Vgl. Ekman 2014, S.158 f.) 28

abhält dies zu tun, ist dem Umstand geschuldet, dass wir die Beziehung zu der Person, gegen der sich unser Ärger richtet, aufrecht erhalten müssen. (Vgl. Ekman 2014, S. 156 ff.)

Wie äußern sich Ärger und Zorn?

x Finster zusammengezogene, gesenkte Augenbrauen Æ Darwin bezeichnete dies als „Augenrunzler“ x Stechender Blick x Zusammengebissener Kiefer; Zähne zeigen x Lippen sind entweder rechteckig geöffnet oder fest zusammengepresst; das Lippenrot wird dünner x Kiefer nach vorne geschoben x Unter- und Oberlid sind angespannt (Vgl. Ekman 2014, S. 190 ff.)

Überraschung und Angst:

Überraschung ist die kurzweiligste aller Emotionen und hält nur für ein paar Sekunden an. Dies unterscheidet sie von den anderen Emotionen, die zwar auch nur kurz aber eben auch länger anhalten können. Sobald sich uns erschließt, was als nächstes geschieht, ist es vorbei und eine andere Emotion, wie Angst, Vergnügen, Erleichterung, Zorn, Abscheu oder sonstiges ergreift uns, oder es folgt keinerlei Emotion. Überraschung kann sich durchaus gut aber auch schlecht anfühlen15. Mit Angst reagieren wir, wenn uns ein physischer oder psychischer Schaden droht. Als Ursache kommen alle die Dinge vor, von denen wir im Laufe unseres Lebens gelernt haben, dass sie unheilvolles für unser Gemüt versprechen. Wenn wir Angst empfinden, können wir so gut wie alles lassen oder tun, was wir einmal gelernt haben, um uns zu schützen. Es gibt 3 Arten, auf die Bedrohung zu reagieren: Verstecken, Flüchten oder wir entwickeln Zorn. Zorn auf das, was uns bedroht. In dem Moment, in dem wir Angst empfinden, nehmen wir die unliebsamen Gedanken oder Empfindungen nicht mehr bewusst wahr, sondern konzentrieren uns ausschließlich auf die bevorstehende Gefahr. (Vgl. Ekman 2014, S. 206 ff.)

Wie äußern sich Überraschung und Angst?

x die Oberlider sind so weit nach oben gezogen, wie es nur geht x Augenbrauen sind angehoben und zur Mitte gerunzelt x das Kinn schiebt sich zurück x Bei hochgezogenen Oberlidern und angespannten Unterlidern handelt es sich nahezu immer um Angst

15 Ekman unterscheidet Überraschung ganz klar von Schreck. Schreck ist keine Emotion und kein Gefühl, sondern eher ein körperlicher Reflex auf etwas. Körperlich äußert sich der Schreck bspw. indem man die Augen zukneift; bei Überraschungen reißen wir die Augen auf. (Ekman 2014, S. 210 f.) 29

x Bei geweiteten Augen, die nur 2-3 Sekunden anhalten, handelt es sich eher um Überraschung als Angst x Bei Überraschung fällt der Unterkiefer runter, bei Angst werden die Lippen horizontal verzerrt (Vgl. Ekman 2014, S. 226 ff.)

Ekel und Verachtung:

Ekel ist ein Gefühl der Abneigung, welches sich gegen verschiedene Themen richten kann. Der Ur-ekel besteht in der Vorstellung, etwas Abstoßendes oral aufnehmen zu müssen. Besonders Körperflüssigkeiten- und Ausscheidungen sind universale Auslöser für Ekel, denn es bestehen je nach Kultur und innerhalb von Kulturen Unterschiede bezüglich dessen, was Ekel auslöst. Ekel bildet sich erst nach 4-8 Jahren zu einer eigenständigen Emotion aus. Anfänglich gibt es nur die Ablehnung oder Zurückweisung von Dingen, die wir als schlecht empfinden. Trotz dessen, dass wir Ekel empfinden, übt eben dieser auch einen Reiz und Faszination auf uns aus, von denen wir unsere Augen nicht lassen können (Horrorfilme, Unfälle). Neben diesem Ur-ekel kommt es noch zu dem sogenannten zwischenmenschlichen Ekel, der durch 4 Gruppen ausgelöst wird: das Kranke, das Unglückliche, das Fremde und das moralisch Verwerfliche. Die Funktion von Ekel besteht darin, dass er uns dazu bringt, uns von dem Auslöser für dieses Gefühl zu entfernen. Mit dem Ekel verwandt, aber nicht vollends gleich ist die Verachtung. Diese wird nicht Geschmäckern, Gerüchen oder Berührungen entgegen gebracht, sondern nur Menschen. Mit der Verachtung von Menschen kommt es immer zur gleichzeitigen Herablassung des Gegenübers. Ekel und Verachtung können beide in Stärke und Intensität variieren. Während Abscheu aber eine eindeutig negative Emotion ist, ist es bei der Verachtung nicht so eindeutig. Viele Leute empfinden Verachtung in dem Moment in der die Emotion Auftritt als angenehm. Im Nachhinein schämen wir uns eventuell dafür. (Vgl. Ekman 2014, S.239 ff.)

Wie äußern sich Ekel und Verachtung?

x Oberlippe so weit wie möglich heraufgezogen; Unterlippe ebenfalls leicht angezogen und schieben sich leicht nach vorne x Tiefe Falte von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln und bilden ein umgekehrtes U x Nasenflügel sind gebläht und es erscheinen tiefe Falten x Angehobene Wangen x Gesenkte Augenbrauen mit tiefen Krähenfüßen in den Augenwinkeln x Bei Verachtung leichtes Lächeln und selbstgefälliger Gesichtsausdruck (Vgl. Ekman 2014, S.254 ff.)

Positive Emotionen:

Es gibt mehr als ein Dutzend positive Emotionen, dass Problem ist bei Begriffen wie Freude oder Fröhlichkeit, dass sie nicht spezifisch genug sind. Die Forschung konzentrierte sich eine lange Zeit lang 30 eher auf die negativen als auf die positiven Emotionen, dabei sind diese für unsere Motivation im Leben ausschlaggebend. Nach Ekman gibt es folgende positive Emotionen:

o Sensorisches oder sinnliches Genießen (Auslöser können Geschmacksnuancen, Gerüche, Anblicke, Berührung und Klänge sein, die innerhalb einziger Kulturen angenehme Empfindungen auslösen) o Belustigt sein (Bei dieser Emotion wird sich über etwas, was man komisch findet, amüsiert oder einige Leute sind selber amüsant und sprudeln nur so vor Witz und Esprit) o Zufriedenheit (dieser Zustand tritt auf, wenn die Welt für uns in Ordnung erscheint und wir uns wohlfühlen; dabei entspannen alle Gesichtsmuskeln und der Zustand drückt sich eher in der Veränderung der Stimme aus) o Erregung (diese Emotion zeigt sich in Reaktion auf etwas Neues oder einer Herausforderung. Sie besitzt eine eigene unverwechselbare Qualität, und kann für sich alleine oder mit anderen oder mehreren Emotionen verbunden sein. Auch mit Zorn zu Wutausbrüchen bspw.) o Erleichterung (Diese stellt sich ein, wenn eine Emotion, die uns besonders erregt hat, nach lässt. Die vorausgegangen Emotionen können negativ sein aber auch positive Erfahrungen beinhalten. Erleichterung äußert sich in einem Seufzer oder tiefem Ein- und Ausatmen.) o Staunende Ergriffenheit (Charakteristische Kriterien für diese Emotion ist die Seltenheit der Situation und das Gefühl des Überwältigt seins bezüglich der unfassbaren Tatsache. Es handelt sich hierbei um einen intensiven angenehmen Zustand. Sie gehört zu den stärksten physisch empfundenen Zuständen Æ leichtes Kribbeln im Nacken, Gänsehaut, veränderte Atmung, Seufzer, ungläubiges Kopfschütteln) o Ekstase oder Verzückung (diese Erfahrungen sind ganzheitlich und durchdringend, und beinhalten keine Variation in ihrer Intensität, sondern ist das Maximum an Emotion. Sportler empfinden dieses Gefühl, wobei es da noch einen gesonderten Begriff gibt für diesen Zustand: fiero. Das heißt wenn man nach einem schweren Spiel stolz gegenüber seiner eigenen Leistung empfindet und dieses Gefühl in einem ausbricht.) o Erhebendes Gefühl (Dieses warme, erhebende Empfinden überkommt einen, wenn man einen Akt menschlicher Güte, Freundlichkeit oder Mitgefühls erlebet.) o Dankbarkeit (Hierbei empfinden wir Wertschätzung, wenn uns gegenüber etwas Gutes geschieht oder gereicht wird.) (Vgl. Ekman 2014, S. 264 ff.)

Wie äußern sich positive Emotionen?

o Anhand von der Stimme und nicht der Mimik lassen sich positive Emotionen sich eindeutiger bestimmen o Lächeln wird auch von Menschen angewendet, die nicht grad positive Emotionen empfinden, bspw. aus Höflichkeit aber man kann echt und unehrliches Lachen unterscheiden anhand:

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o Dem Muskeln der das Auge umgibt, der nur dann aktiviert wird, wenn wir wirkliche Freude erleben; die Ringmuskeln um den Augen werden dann aktiv und die Wangen heben sich (Vgl. Ekman 2014, S. 283 ff.)

Im letzten Teil der Betrachtung emotionssoziologischer Aspekte soll der Beitrag Jack Katz über wütende Autofahrer in seiner Arbeit „How emotions work“ herangezogen werden. Physische wie verbale Entgleisungen sind ein wichtiges Thema, welches in den Stadien ausgelebt wird. Aufgrund dessen wurde dieser Beitrag über Wut und Zorn erweiternd zu den ersten beiden Teilen hinzugefügt. Jeder Autofahrer weiß, wie es ist, wenn sich Wut gegen andere Fahrer entwickelt. Deshalb hat Katz dieses Szenarium gewählt und besonders L.A. ist voll von den „angepissten“ Autofahrern. Der Ärger über Andere fühlt sich absolut berechtigt an, so dass man leicht das Gegenüber als Person verliert. Die Erfahrung, „angepisst“ zu sein beschert viele außergewöhnlich nützliche Daten um fundamentale Probleme in der Natur und die Zufälligkeit von Wut in ihrem Entstehen und Verfall in sozialen Interaktionen auf zu zeigen. Wenn Emotionen in ihrem natürlichen Kontext studiert werden, dann ist es sinnvoll auch nach Absurditäten des Phänomens zu suchen. Die Suche nach Erklärungen kann dann von Mustern geführt werden, wenn wir auf vorhandenes Wissen, auf Selbstreflexionen der von uns untersuchten Personen zurück greifen und als Rätsel behandelt werden. Bsp.: Warum beschimpfen Personen Andere, obwohl ihre Scheibe unten ist und sie wissen, dass niemand sie hören kann? Hier wäre es um emotionale Spannung zu lösen und es hat einen geringen persönlichen Nutzen. Anders sieht es aus, wenn man seine Wut direkt an den Anderen auslässt; aussteigt und sich mit ihnen anlegt. Es gibt auch die Charaktere, die sich direkt mit Anderen anlegen. Doch was passiert mit denen kurz vor der „Hitze des Gefechts“? Wenn sie sich nicht gerade durch den Fahrstil Anderer lebensgefährlich bedroht fühlen, dann geht es darum, Andere zu belehren. Als Lehrer möchtest du bleibende Werte vermitteln. Dass ist die Motivation, die dahinter steckt. Und auch Autofahrer möchten ihre „Weisheiten“ an den anderen bringen, aber auch sie wissen nicht, ob dies gelingt. Aber der Gedanke, dass ihre Weisheiten Spuren hinter lassen könnten, reicht. Ein weiteres Paradoxon was uns hilft, Erklärungen zu finden, ist die Routine, die geschaffen wird im Sinne von Ungläubigkeit. Jeder wütende Fahrer ist voll von Phrasen wie „Ich glaub nicht was das für ein Arschloch ist“ oder „Siehst du diesen Idioten? Wie können Leute nur so sein?“. Tag für Tag erleben sie diese Leute, aber wundern sich jedes Mal aufs Neue über deren Fahrstil. Nach allem glauben sie immer wieder, dass die Möglichkeit besteht dass eine kollektive Besserung eintritt. Neben diesen ganzen Mustern der Phänomene gibt es auch noch eine andere Erklärung für die Wut, die bei so vielen Autofahrern entsteht. Nämlich, dass etwas Furchtbares vor und somit unmittelbar kurz vor Beginn der Fahrt geschehen ist. Sei es ein Streit mit den Kindern oder dem Ehepartner, etwas auf Arbeit ist passiert oder manchmal reicht auch einfach ein „Bad hair day“. Aber auch die Reaktion von Angst kann uns wütend machen. Wenn sich auf der Straße irgendeine Situation auftut, die uns ängstigt, dann reagieren wir oftmals mit Wut. Ärger

32 scheint ein natürliches Ergebnis von Angst zu sein16. Wir begegnen hier einem Mysterium, wobei es nicht damit getan ist, zu ergründen wie und warum die Leute verärgert sind, sondern es gilt auch, das emotionale Phänomen zu verstehen. Dass die Leute vielleicht schon verstimmt das Auto besteigen, erklärt nicht warum sie so schnell auf Provokationen anspringen. Es scheint als gäbe es keine besonderen Konfigurationen, so dass die Fahrer diese besonderen Situationen von Angst, Ärger, Frustration oder anderen Dynamiken kreieren müssen. Da wir weder in die Fahrer hinein, noch die Umwelt außen betrachten können, bleibt uns nichts anderes übrig, als das Phänomen an sich zu betrachten. Dabei geht er auf 3 verschiedene Untersuchungen ein: 1. Betrachtung der Untersuchungsmerkmale von sozialen Interaktionen beim Fahren 2.schaut Katz sich die Erfahrungen, die sie mit Wut gemacht haben an und insbesondere ihre Idee von der Metamorphose die Personen in den Situationen durch machen. 3. Müssen wir verstehen, dass die Freisetzung von Spannungen durch das „angepisst sein“ nicht nur negativ ist, sondern dass es auch den Situationen neue Bedeutungen zukommen lässt. (Vgl. Katz 1999, S. 18 ff.)

1. Fahren als dummes Verhalten (die emotionalen Provokationen aus asymmetrischen Interaktionen): Der Ärger gegenüber anderen Fahrern ist sehr systematisch limitiert in sicheren Mustern von räumlichen Wechselbeziehungen. Der begrenzte Horizont der Wahrnehmung von Fahrern beschränkt sich auf die Fahrbahnen (auch die, die in die entgegengesetzte Richtung führen). Das Resultat ist, dass die Fahrer häufig einfach nur das Heck des vorderen Autos anstarren. Es wird also nicht wie bei Fußgängern eine Face-to-Face Interaktion aufgebaut, sondern eine face-to-trail Situation (Gesicht zum Heck). Diese groben Strukturen von Fußgängern und Fahrinteraktionen erschaffen grobe umgekehrte Formen der persönlichen Inkompetenz. Dadurch, dass man den Anderen nicht sieht oder auch nur kurz ist das Vermögen die Intentionen der anderen Fahrer zu verstehen, stark beeinträchtigt. Dies schlägt sich dann auch in der Sprache nieder. Die Nutzung von Beleidigungen wie Idiot oder Arschloch ist dann nur ein Abbild der mehr und mehr literarischen Unfähigkeit des Artikulierens in sozialen Interaktionen. Dass die soziale Interaktion des Fahrens die Fahrer dumm macht ist eine Frage der moralischen Beurteilung der Außenstehenden, aber dass die Fahrer an sich Rechnung dafür tragen, dass Strategien erarbeitet und intensiviert werden, welche Beleidigungen sie suchen um zu kompensieren, dass das Auto ihre Ausdrucksformen erzwingen. Die erschwerende „Doofheit“ beim Fahren wird durch die asymmetrische Kommunikation bei der Interaktion mit anderen

16 Die Fahrer beschreiben, dass sie sich in den Augenblicken frustriert-aggressiv fühlen. Dabei kann man diese in 2 ungerechte aber moralisch ausbalancierte Hälften teilen. 1 – die, die betont umsichtig und pragmatisch sind (Fahren bedeutet einfach nur von A nach B zu kommen) und 2 die, die ihre Taktiken durch und um Hindernissen herum zu kommen, zelebrieren. Die Frustations-Aggressions Theorie berücksichtigt aber nicht den Typ von Fahrer, der die Fahrherausforderung sucht. In der Addition von psychologischen Theorien von Frustration und Angst, rufen Autofahrer soziologische Erklärungen auf, die zeigen wie verschieden die Hintergrundfaktoren in standardisierten demographischen wie auch kulturellen Formen sind. Es kommt nicht darauf an ob der Fahrer älter ist oder voller Testosteron…das ist alles nicht wichtig. Genauso kann es sein, dass während seiner Studie, genau die 150 Fahrer „erwischt“ hat, die einfach immer etwas Pech haben und zu dem kleinen Kreis von Fahrern gehören, die sich immer mit unverbesserlichen, inkompetenten Autofahrern auseinander setzen müssen. (Katz 1999, S.22 f.)

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Fahrern verschärft. D.h. dass immer, wenn wir im Stau stehen oder wenn Autos beschleunigen, hat jeder Fahrer für sich das Gefühl, dass sein lebendiges Bewusstsein für diese Autos nicht von den anderen im gleichen Maße erwidert wird. Um die Aufmerksamkeit der Anderen und eine Symmetrie in der Interaktion mit ihnen zu bekommen werden Hupen oder die Scheinwerfer benutzt. Diese werden aber nicht häufig genutzt, weil meistens davon ausgegangen wird, dass der Andere die Nachricht nicht richtig verstehen wird. Fakt ist, dass das, was die Fahrer so wahnsinnig macht ist, dass sie ihre eigene Unfähigkeit spüren Andere zur Rechenschaft zur ziehen (so beschreiben sie es selber). (Vgl. Katz 1999, S.24 ff.) 2. Immer abgeschnitten (die Metamorphose des verärgerten Körpers): Fahrer und Beifahrer unterscheiden sich in ihren Reaktionen. Der Fahrer verkörpert nicht nur sich selber, sondern auch sein Auto. Dabei gibt es 2 Formen, wie man diese Verkörperung verlieren kann: der besondere Flow des besonderen Trips wird zerstört oder wenn das Auto bedroht wird als wenn es ein Symbol dafür ist, wie eine Person sich in der Öffentlichkeit verhält (Identifizierung mit dem Auto). Wenn jemand abgeschnitten ist, dann liegt das Vergehen in dem Verständnis dafür, dass andere Fahrer das eigene Auto unpersönlich behandeln, ohne den Fakt zu honorieren, dass das was abgeschnitten ist, der Fahrer ist. Die Fahrer können sich nicht vorstellen, dass die Idioten, die sie wütend machen, sie als Individuen beleidigen; das ist einer der Gründe, warum sie Idioten sind. Das Problem ist, dass sie es gerade nicht persönlich machen. Der Fahrer der außer sich ist, sieht sich selber mit der unpersönlichen Perspektive. Die der beleidigende Fahrer manifestiert hat. Es ist nicht möglich mit der formalen spezifischen Distanz zu entkommen, denn die Schnelligkeit und dass sich die Fahrbahnen ständig ändern, sagen voraus, dass man einfach abgeschnitten wird von den Anderen. Der Fahrer operiert von sich ändernden Punkten in einem Terrain von Interaktionen, und dieses Terrain ist dadurch definiert, wie der Fahrstil des Fahrers ist. (Vgl. Katz 1999, S.31 ff) 3. Das Ausflippen und andere Praktiken um dem Ärger Luft zu machen: Der Mittelfinger ist ein beliebtes Symbol der Frustration wütender Autofahrer. Dabei gibt es einen Grund dafür, warum man diesen und nicht vorzugsweise die Faust benutzt. Denn der Mittelfinger ist nicht nur der längste Finger, sondern auch ästhetisch beispiellos für die Annahme einer aggressiven Phallus Penetration. Wenn er rapide angehoben und dann abrupt gestoppt wird, dann kreiert der Mittelfinger eine Steifheit, die in den Arm zurück läuft und dann in mehrdeutigen Punkten im Körper verschwindet – zum einen manifestiert er einen Schub nach außen und zum anderen demonstriert diese Projektion eine kraftvolle Kontrolle, die aus dem Inneren von einem selbst kommt. Er ist wie ein sadistisches Lachen, was demonstriert, dass man selber nicht den Wunsch hat zu gefallen. Die magische Wirkung ist dann, dass der Rezipient dies sehen und auch fühlen wird und dass der Sender sieht, wie der andere diese Gestik empfängt und die zuvor entstandene Verwirrung sich löst.

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Neben dem Mittelfinger gibt es noch andere Variationen, seinen Ärger umzuwandeln; indem man die Interaktion dramatisiert. Ärger-Transformationen werden 2 Charakteristika zugeteilt: 1) Implikation der Gesellschaft als Publikum und 2) eine praktische Aktivität welche physikalisch dramatisiert wird bei der Überlegenheit des moralischen Verständnisses. Emotionen in alltäglichen sozialen Interaktionen leben und sterben von kontextuellen situativen Metaphern. Wenn die Metapher geändert wird, die die Ursache für die Beziehungen mit anderen beschreibt, dann kann die Person das Grundgerüst seiner Erfahrungen auch ändern. Die richtige Metapher kann die Brücke sein, die den Ärger zwischen den Fahrern natürlich erlaubt. Ärger kann die Kontrolle nur stoppen, die der Fahrer aufgrund von Erfahrungen gemacht hat, wenn er oder sie die gegensätzliche Erfahrung gemacht hat. Wenn das Opfer nachvollziehen kann, warum sich Ärger bei ihm entwickelt, kann er sich davon lösen. Wenn viele wütende Fahrer aufeinander treffen, dann entsteht ein sogenanntes Dominospiel. Der Eine zeigt den Finger, darauf wird der Andere wütend, fährt wütend weiter und hupt einen Anderen an usw. Die Fahrer sind nicht an verbreitete Normen gebunden oder fühlen sich zugehörig die Regeln einzuhalten, die von der Zivilisation als Rahmenbedingungen oder Grenzen auferlegt wurden. (Vgl. Katz 1999, S. 46 ff.)

Das animierende Problem ist, dass der Verlust der selbstverständlichen Basis von Aktionen, körperlich stillschweigend als normal erfahren wird. Das Dilemma ist, wie kriege ich etwas zurück, was nicht gesehen werden kann, ein Prüfstein des Benehmens, das nicht direkt definiert werden kann. Der Trick ist es, moralische Energie hervorzurufen, um ein Drama zu konstruieren was in der unmittelbaren Situation von kommunaler Bedeutung ist und um sich dann selbst in die Rolle eines rächenden Helden zu versetzen. Dabei ist es nicht wichtig, ob das jemand sieht, denn es ist universell relevant, und ob der Täter kompromisslos ist. Der Prozess des Aufrufens dieser gemeinschaftlichen Rolle an sich, löst in einen das Gefühl einer kompetenten Beteiligung in einen transzendenten Reich aus und das ist auf jeden Fall das animierende Ziel. Im ersten Moment, in welchem sie wütend werden, sehen sie sich als Opfer. Im zweiten Moment charakterisieren sie den Anderen in einem bestimmten Maße, so dass ihre Wut erhalten bleibt. Nämlich dass der andere Fahrer einen bestimmten Typen in der Gesellschaft repräsentiert: den moralisch Inkompetenten! Diese Einschätzung kann nur oberflächlich vorgenommen werden, da man den Anderen nicht im Detail kennt. Deswegen ist es einfacher (logisch in sozialen Interaktionen) sich selber zu bestimmen, (als Opfer) als die Beschreibung des anderen. Der Fahrer der wütend ist, will also seine Beziehung zu dem Anderen so dramatisieren, um nicht nur zu zeigen wie überlegen er ist, sondern auch gleichzeitig wie niedrig der moralische Staus des Anderen ist. (Vgl. Katz 1999, S.49) Offensichtlich wurde in dieser Untersuchung, dass es nicht um das Fahren allgemein geht, sondern das es einen bestimmten Typ der Dramatik gibt, welcher immer beim Fahren auftreten kann. Die primäre Herausforderung ist hierbei, die spezifischen Konditionen, die beim Fahren auftreten und wieder abfallen wenn Ärger auftritt. Es geht nicht darum, die verschiedenen Erfahrungen die beim Fahren allgemein

35 auftreten zu untersuchen. Denn nicht nur in L.A sind die Fahrer angepisst sondern anderswo auch. (Vgl. Katz 1999, S.76 ff.)

Nach der eingehenden Betrachtung dieser 3 Arbeiten soll zusammenfassend in diesem letzten Abschnitt nicht nur eine Verbindung zwischen diesen Arbeiten, sondern auch zur Interaktionstheorie nach Collins geschaffen werden. Ein initiierender Bestandteil ist, dass die Beteiligten dieselbe Stimmung teilen. Dabei ist es inessenziell, welche Emotion nach außen präsentiert wird (ob Angst, Ärger, Freundlich usw.). Unter Collins stellt sich eine emotionale Ansteckung unter der persönlichen Präsenz auf. Die Anwesenden haben denselben Fokus auf die gleiche Sache und sie wissen davon, dass der Andere auch darauf fokussiert ist und fangen somit die Emotionen des Anderen ein – das Ergebnis ist dann, dass die emotionale Stimmung immer stärker und dominanter wird (im ultra-Mikro-Level bspw. bei einer Beerdigung) Ekman spricht ebenfalls davon, dass unsere Aufmerksamkeit im vollen Umfang auf das anstehende Ereignis gerichtet und das unsere Bewertungsmechanismen nicht nur automatisch ausgelöst werden, sondern beispielsweise auch dadurch, dass jemand soziale Normen verletzt oder sich Mitgefühl gegenüber Anderen einstellt. Bei Katz geht es im Speziellen um die Emotion Zorn. In seinem Beispiel kann man aber gut erkennen, wie der Fokus von den Beteiligten auf das gleiche Ereignis gelegt ist. Indem der Fahrer seiner Wut durch lautstarkes Hupen (oder sonstigen Ausdrücken) auf sich aufmerksam macht, will er nicht nur seine Überlegenheit demonstrieren, sondern auch den Status herabsetzen. Die emotionale Stimmung erhitzt und intensiviert sich, bis sich die Anwesenden im Ergebnis in ihrer Wut hochschaukeln können. Auch Hatfield (u.a.) haben in ihrem Artikel über die emotionale Ansteckung geschrieben, dass die Leute, wenn sie zusammen kommen, konsequent dazu neigen, in jedem Augenblick die Emotionen anderer ein zu „fangen“. Unbewusst dessen versuchen wir, Informationen über die emotionalen Zustände der Anderen zu sammeln, um herauszufinden wie der andere tickt. Das ist identisch mit dem was Collins sagt, wenn er davon spricht dass sie denselben Fokus haben und wissen, dass der andere auch darauf fokussiert ist und somit die Emotionen des anderen einfängt und es so zur emotionale Ansteckung kommt.

Interaktionsrituale sind die ganze Zeit wie Ketten miteinander verbunden, die Ergebnisse der letzten Interaktion dienen als Input für die nächste Interaktion. Es werden also die ganze Zeit positive wie negative Sinneseindrücke gesammelt. Zwischen den Interaktionen sind die individuellen Symbole gespeichert; wie eine Große Karte von verschiedenen Interkationen, die dann genutzt werden kann oder auch nicht. Es besteht eine andauernde Bereitschaft diese dann in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Personen zu aktivieren. In jeder Situation entfalten sich dann ganz eigene emotionale und symbolische Ressourcen, die sich dann mit denen der anderen Person vernetzen oder auch nicht und bestimmt dann ob die Interaktion erfolgreich oder nicht ist. Am Ende können wir dann daraus schließen ob wir in den nächsten Begegnungen diese benutzen um erfolgreiche Interaktionen zu führen oder auch um diese mit bestimmten Personen zu vermeiden. Wie eine Datenbank aller gesamten gemachten Erfahrungen in Interaktionen mit anderen. Und so ähnlich beschreibt es auch Ekman. Nachdem ein

36 emotional einschneidendes Erlebnis vorbei ist, dauert es noch 10-15 Sekunden bis diese Gefühle wieder nach lassen und wir uns bewusst mit ihnen auseinandersetzen können. Diese Prozesse können wir nicht steuern und sind somit unausweichlich. Wir verfügen über derart viele Reaktionen, die so rasch einsetzen. Die zentralen Mechanismen in unserem Gehirn steuern und organisieren diese Reaktionen. Sie erhalten offenbar Instruktionen, nach denen sich dann unser Handeln ausrichtet. Das Gehirn kann mit einem Computerprogramm verglichen werden (auch wenn er betont, dass er nicht glaubt dass es vergleichbar ist). Ekman ist der Meinung, dass es Emotionsauslöser gibt die für uns alle gleich sind und das jeder von uns automatische Bewertungsmechanismen in sich trägt. Diese sind im Gehirn eines jeden Menschen verankert um auf bestimmte Ereignisse zu reagieren. Ob wir eine Interaktion mit einer bestimmten Person oder Gruppe eingehen wird in unseren Gehirn gespeichert aufgrund der Emotionen, die wir dabei empfanden und somit entweder wieder aufleben oder vermeiden wollen.

Es gibt universale Themen, auf die jeder Mensch reagiert und Variationen von diesen Themen, die sich im Erfahrungshorizont eines jeden Einzelnen heraus bilden. Dabei spielt uns evolutionäres Erbe eine große Rolle. Die Themen die als Emotionsauslöser für uns gelten, sind angelegt aber die die Variationen im Umgang mit dem Thema werden erlernt. Er vergleicht die automatischen mit der Datenverarbeitung: „ Unsere automatischen Bewertungsmechanismen durchmustern unsere Umgebung nach allem, was Ähnlichkeit mit den in unserer emotionalen „Alarmdatenbank“ (emotion alert database) gespeicherten Inhalten aufweist. Diese sind zum Teil aus unserer biologischen Natur durch natürliche Selektion, zum Teil aus unserer individuellen Erfahrung hervorgegangen.“ (Ekman 2014, S.42) Ein universales Thema wäre beispielsweise die Eliminierung von Bedrohung. Das haben wir alle als universalen Instinkt gemeinsam. Bei Collin ist dies ein Indiz einer gelungenen Interaktion. Die Leute entwickeln in diesen Prozessen starke Gefühle von Solidarität und tragen die Symbole ihrer sozialen Gruppe mit großem Respekt und verteidigen sie sogar gegen Respektlosigkeit von Außenstehenden und auch gegen rebellierende Insider. Die Gefühle von Moral sind des Weiteren stark ausgeprägt, sowie der Sinn danach an der Gruppe festzuhalten, seine Symbole zu respektieren und gegen Missetäter zu verteidigen. Man ist Teil der sozialen Gruppe und wenn diese bedroht werden reagiert man entsprechend emotional darauf. Es ist nicht nur ein Gefühl der Moral gegenüber der Gruppe sondern auch ein Urinstinkt der in jedem von uns fest verankert ist.

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3. Konzeption der Untersuchung

3.1. Methodische Herangehensweise

Diese Arbeit umfasst die Fragestellung, wie die Fußballfans der Borussia auf der Südtribüne miteinander sowie mit den Akteuren auf dem Spielfeld interagieren, auf gewisse Spielsituation reagieren (auch hinsichtlich der emotionssoziologischen Aspekte) und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Damit den intersubjektiven Austausch mehrerer Individuen die sich zu einer Masse vereinen, Rechnung getragen wird, gilt es das methodische Instrumentarium auf das Forschungsfeld anzupassen. Um in die Lebenswelt der Fans einzutauchen, bietet sich die teilnehmende Beobachtung als ein Feldzugang an. Des Weiteren gilt es das Wissen über das Feld zu vertiefen und den Blick zu erweitern und sich nicht nur auf gemachte Beobachtungen zu beziehen, somit erfolgt mittels geführter Interviews mit den ausgewählten anwesenden Fans die Eröffnung solcher neuen Sichtweisen oder der Bestätigung bereits erschlossener Annahmen.

3.1.1. Qualitative Interviews – der Fan als Experte

Das Experteninterview eignet sich um nicht nur Wissen über den zu untersuchenden Gegenstand zu bekommen, sondern auch über den Experten und seine Handlungs- und Verhaltensweisen. Der Fan wird hierbei als spezifischer Wissensträger angesprochen, der über einen Überblick über einen Sonderwissensbereich verfügt und somit die Möglichkeit für den Forschenden eröffnet, Kontextwissen über ein Feld zu generieren, wobei das eigentliche Expertenhandeln eher eine untergeordnete Rolle spielt. Experten können also nicht nur beruflich-institutionelle oder ehrenamtliche Experten sein, die wegen ihrer Profession oder dem Engagement, diesen Status für sich beanspruchen, vielmehr wird der Begriff des Experten auf sämtliche Personen ausgeweitet, die in jeglicher Hinsicht irgendwie in den Forschungsgegenstand involviert sind. Anhand der kleinen Lebenswelt in der sie sich befinden, können die Personen wichtige Informationen bereitstellen, die sie nicht im Rahmen einer Tätigkeit erworben haben und damit weder analytisch noch problemlösend intendiert sind. (Vgl. Winand 2015, S. 38 ff.) Dies soll aber auch gar nicht ihre Aufgabe sein und würde die angestrebten Daten in ihrer Reinheit verfälschen. Bei den Gesprächen wurde ein vorher entwickelter Leitfaden, erschaffen unter Berücksichtigung des Wissensstandes zu dem damaligen Zeitpunkt, genutzt. Im Laufe der Arbeit wurde dieses Theoriewissen noch erweitert und vertieft, so dass in der angestrebten Dissertation dieser Leitfaden überarbeitet und noch spezifischer auf das Forschungsziel angepasst werden muss. Diese benötigten Erweiterungen 38 werden im Laufe dieser Arbeit noch weiter aufgegriffen. Der Leitfaden diente zur Orientierung im Feld und der Formulierung von erkenntnisbringenden Fragen, damit man dem Gesprächspartner nicht völlig unstrukturiert gegenüber steht. Die Fragen wurden erzählgenerierend formuliert um den Befragten genügend Freiraum für Erzählungen zu ergeben. Dies wurde aber nicht immer 1 zu 1 eingehalten, was auf die Unerfahrenheit der Interviewerin zurück zu führen ist. Im Laufe der Befragung ergaben sich neue Sichtweisen, die auf den Erzählungen der Befragten zurückzuführen sind, so dass der Leitfaden in den Hintergrund geriet und neue Themenschwerpunkte vordergründig behandelt wurden. Leider wurde verpasst den Leitfaden auf diese anzupassen. Aufgrund dessen, dass die Interviews im Stadion geführt wurden und der Leitfaden aufgrund der entstandenen Gesprächskultur immer mehr in den Hintergrund rückte, entwickelten sich die Interviewsituation immer mehr zu einer qualifizierten Gesprächsrunde.

3.1.2. Teilnehmende Beobachtung

Bei den verschiedenen Varianten der Beobachtung wurde für die Analyse die teilnehmend unstrukturierte Beobachtung gewählt. Wesentliches Merkmal dieser Methode ist, dass sich der Forschende persönlich in das Feld begibt um an dem Leben der Fangruppen (in unserem Fall) teilzunehmen um ihr Handeln und Verhalten nachzuvollziehen. Der Forschende soll im Idealfall nicht als Störfaktor, sondern als Resonanzkörper gesehen werden und kann seine Erlebnisse dann in die Beobachtung mit einfließen lassen17. (Vgl. Winand 2015, S.35) In der Forschungspraxis wurde frei protokolliert, wobei auf einige Schwerpunkte mehr eingegangen wurde als auf andere. Dabei war der Forscher nicht fest an einen Ort gebunden, sondern variierte seine Positionierung. Jedoch ist fest zu halten, dass sich Größtenteils am gleichen Ort aufgehalten wurde. Die Beobachtung beschränkte sich auf den Zeitraum des Spieles an sich, sowie jeweils ca. eine halbe Stunde vor und nach dem Spiel. Es wurden insgesamt 3 Spiele ausgewählt gegen vermeintlich unterschiedlich stark-aufspielende Gegner und der Einschätzung dessen, welches Spiel eine besondere Stellung für die anwesenden Fans einnahm. Aufgrund der Menge an Leuten (und der damit einhergehenden Unübersichtlichkeit des Forschungsfeldes) und Fanblöcken wurde keine formale oder informelle Mitgliedschaft eingegangen um an Interaktionsritualen teilzunehmen, vielmehr wurde eine sich zurücknehmende betrachtende Position eingenommen, um die Interaktionsprozesse nicht einschneidend zu beeinflussen. Ein offenes Vorgehen wäre aus forschungspraktischen Gründen hier nicht möglich gewesen, da der Forschende sich dann bei jedem Fans hätte persönlich vorstellen müssen, was bei der Masse an Menschen nicht realisierbar gewesen wär. Während der Beobachtung wurden wichtige

17Die Formulierung im Idealfall wurde hier gewählt, weil sich im Forschungsfeld Ereignisse zugetragen haben, in denen der Forschende das Gefühl entwickelte, Störfaktor zu sein. Im späteren Verlauf der Arbeit wird darauf noch detaillierter eingegangen.

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Daten mittels eines Diktiergerätes fest gehalten, dies jedoch nur selten. Aufgrund der vorherrschenden Lautstärke war dies ohne Problem machbar ohne die benachbarten Personen zu stören. Vielmehr wurden die Protokolle im Anschluss an die Partie anhand der Erinnerungen geschrieben in Verbindung mit der wiederholten Betrachtung des Spiels mittels des Datencenters des übertragenden Senders.

3.2. Datenerhebung

Zur Erhebung der Daten wurde im ersten Schritt Kontakt mit dem Fanbeauftragen des BVB`s aufgenommen, um eine Vereinbarung zu treffen bezüglich der Durchführung der teilnehmenden Beobachtungen und Interviews. Vorgesehen war die Teilnahme an 3 Spielen. Um ein möglichst weites Spektrum von Emotions- und Interaktionsdynamiken zu bekommen, wurden 3 scheinbar unterschiedliche Spielsituationen gewählt. Nach der Vorstellung des geplanten Vorhabens kam die Zusage durch den Fanbeauftragten. Während der von mir ausgewählten Partien bekam ich volle Bewegungs- und Handlungsfreiheit durch den Verein. Durch die Unterstützung und den Einblick der mir in das Stadiongeschehen gewährt wurde, wurde auch der Zugang zum Forschungsfeld wesentlich leichter. Im Voraus war geplant, dass das erste Spiel das gegen den FC Schalke 04 sein sollte. Dieses war aufgrund der hohen Emotionalität hinsichtlich der Fußballvorherrschaft im Ruhrpott interessant. Jedoch musste krankheitsbedingt dieses Spiel abgesagt und daher bei der Auswahl der Spiele umdisponiert werden. Letztendlich kam es zum Besuch der Heimspiele gegen die Eintracht Frankfurt (halten sich in den letzten 10 Spielzeiten größtenteils im unteren Drittel der Bundesligatabelle auf (Vgl. Transfermarkt Eintracht Frankfurt 2016)), der TSG Hoffenheim (zählen zu den „Kommerzvereinen“ und erfreuen sich daher nicht der größten Beliebtheit; Ursache ist dafür die finanzielle Unterstützung der TSG durch Mitbegründer Dietmar Hopp und die SAP AG (Vgl. 90min 2016)) und dem FC Bayern München (ist im deutschen Fußball der erfolgreichste Verein und größter sportlicher Konkurrent der Borussia (Transfermarkt FC Bayern München 2016)). Die Beobachtungen erwiesen sich als problemlos, genau wie die Interviews. Die Fans waren alle sehr offen und jeder Befragte bereit über seine Besuche im Stadion und sein bisheriges Fanleben zu berichten. Einziges Problem war die Führung von Interviews nach dem Spiel, was zum einen daran lag, dass viele sich zügig auf den Heimweg begeben wollten und zum anderen, dass der ein oder andere sich nicht mehr im nüchternen Zustand befand, was die Gesprächsführung schwierig bis unmöglich machten.

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3.3. Datenauswertung

Zur qualitativen Analyse der erhobenen Daten wurde die sozialwissenschaftlich-hermeneutische Paraphrase nach Heinze/ Klusemann als Auswertungsmethode gewählt. Voraussetzung bei der Auswahl der Methode war, dass diese dazu geeignet ist nicht nur Interaktionsgeschehen, sondern auch sich entwickelnde Dynamikprozesse unter Berücksichtigung emotionssoziologischer Aspekte zu erfassen. Ein weiterer entscheidender Punkt für die Wahl der sozialwissenschaftlich-hermeneutischen Paraphrase, war das in Anbetracht der Komplexität an Datenmaterial und der Nutzung zweier Erhebungsmethoden, das Analyseverfahren die Bearbeitung der Beobachtungsprotokolle und den geführten Interviews zu lassen sollte. Aufgrund der mangelnden existierenden Erkenntnisse im Bereich der Interaktionsforschung in Verbindung mit emotionstheoretischen Feststellungen innerhalb des Stadiongeschehens, wird die qualitative Auswertungsmethode gewählt. Die von Heinze und Klusemann entwickelte sozialwissenschaftlich-hermeneutische Paraphrase folgt dem von Oevermann entwickelten Gedanken, dass der Einbezug von Alltagswissen in die Analyse, genauso unverzichtbar ist, wie das wissenschaftlich fundierte Wissen. Dabei soll sich das Alltagswissen nicht nur auf Deutungen beziehen, sondern es zur methodisch kritischen Auseinandersetzung mit der Thematik kommen. „Der Grundgedanke der Sozialwissenschaftlich-hermeneutischen Paraphrase impliziert demnach mittels der hermeneutischen, also beschreibend verstehenden Verfahrensweise auf der Grundlage einer vorab theoretisch formulierten „Aufmerksamkeitsrichtung“ durch sukzessive Modifizierung des alltagsprägenden Vorverständnisses der Interpreten eine Deutung der subjektiven Perspektive der erforschten Akteure zu entwickeln.“ (Wollberg 2013, S.17) Neben der Auswertung ausgewählter Interviews18, die im Rahmen des Moduls Independant Research schon als Vorarbeit geleistet wurde und im Anhang vorhanden sind, werden im folgenden Teil der Arbeit die Beobachtungsprotokolle analysiert. Anhand dieser Protokolle möchte ich nun die Vorgehensweise der sozialwissenschaftlich-hermeneutischen Paraphrase erläutern. In Vorbereitung auf den ersten Schritt der Analyse folgt die Sprachtranskription, welche in diesem Fall in Form von den Beobachtungsprotokollen, die gleich nach den Spielen angefertigt und somit nieder geschrieben wurden. Im ersten Schritt erfolgt die Einteilung in Sequenzen, die nach inhaltlichen Sinneinheiten voneinander getrennt wurden. Bei den Beobachtungsprotokollen bietet sich an die Sequenzen zeitlich abfolgen zu lassen und die Situation zum besseren Überblick in vor, während und nach dem Spiel einzuteilen. Die Herausforderung besteht darin, Gesagtes und Interaktionsdynamiken der Interagierenden, sowie

18 Aus der Tatsache heraus, dass sich nach der Betrachtung der Interviews eine starke Übereinstimmung in den Äußerungen der Befragten erkennen ließ und aufgrund der zeitlichen Rahmung dieser Arbeit, können leider nicht alle Interviews einer Analyse unterzogen werden. Im Rahmen der Dissertation zu dieser Thematik, ist die Auswertung aller geführten Interviews unerlässlich.

41 emotionale Reaktionen gemäß ihrer Eigenheiten zu beschreiben. Die verbalen wie nonverbalen Ausdrucksformen der Beteiligten sollten berücksichtig werden (Mimik, Gestik, Stimmmodulation und eben emotionale Ausrichtungen), sowie räumliche und materielle Bedingungen. Im nächsten Schritt kommt es zur metakommunikativen Rekonstruktion der jeweiligen Sequenzen. Anhand der Deutung von Lesarten werden die Sinneinheiten einer weiteren kritischen Reflexion unterzogen, um verdichtend dann zu einer übergeordneten Interpretation zu kommen. In diesen Prozess sollen eigene biographische Erfahrungen der Interpreten mit einfließen und mit Alltagstheorien sowie wissenschaftlichen Erklärungen korrespondieren19. Dabei müssen die Forschenden zu der Nachvollziehbarkeit der Lesarten nicht nur die Perspektive des Interviewten deuten sondern insbesondere auch die, der jeweiligen Feldexperten und deren jeweils subjektive Bedeutung der Deutung20. Im dritten Schritt werden dann alle sequentiell erstellten metakommunikativen Rekonstruktionen aufeinander bezogen und zu einer Kernaussage, die die grundlegende theoretische Aufmerksamkeitsrichtung berücksichtigt, komprimiert. Erst sollen innerhalb der Sequenz und dann sequenzübergreifend die analytischen Rekonstruktionen vorgenommen werden, um in der Quintessenz dieser Rekonstruktionen herausgebildete Typen oder Muster zu bilden. Dabei werden 2 Orientierungen unterschieden. Erstens soll es um eine aufmerksamkeitsfokussierte Analyse gehen, bei der etwa Geschlechterrollen oder Bindungs- und Beziehungsmuster untersucht werden sollen. Des Weiteren wird eine interaktionsfokussierte Analyse vorgenommen, in der es darum geht Strukturmuster, wie bspw. Status und Macht herauszuarbeiten. Im letzten Schritt würde die kommunikative Validierung folgen, bei der die Ergebnisse mit dem Interviewten noch einmal besprochen werden oder sich in einer anderen Kommunikationsgemeinschaft beraten wird. (Vgl. Klusemann 2016, S. 2 ff.) Dies ist aber im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, da es zu einer spontanen Befragung der Fans kam, während des Besuchs eines Spiels und der Austausch somit nicht stattfinden kann, aufgrund des fehlenden Kontaktes. Die Ergebnisse dieser Masterarbeit können jedoch mit den Fanbeauftragten besprochen werden, um ihnen einen Einblick in die Interaktionsstrukturen und Dynamikprozesse der Fanmassen zu gewähren und sollen als Grundlage zur weiteren Auseinandersetzung und Vertiefung der Thematik hinsichtlich der Dissertation dienen.

19Da die Masterarbeit in ihrer Form als Einzelarbeit vorgesehen ist, war es mir nur sporadisch möglich Kommilitonen in die Analyse mit einzubeziehen um den Anforderungen der Auswertungsmethode gerecht zu werden, die die Einbeziehung verschiedener Lesarten aus der Diskussion mehrerer Wissenschaftler vorsieht.

20Um eine kritische Auseinandersetzung in der Analyse zu gewährleisten, sollen die Forschenden sich dem logischen Zweifel im Sinne von Descartes oder Popper bedienen. (Vgl. Klusemann 2016, S.3)

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4. Empirische Analyse der Forschungsergebnisse

4.1. Qualitative Auswertung der Interviews

Es wurden insgesamt 11 Interviews mit Fans an 3 verschiedenen Spieltagen geführt und erfolgten vor oder nach den Spielen. Aufgrund der übereinstimmenden thematischen Erzählungen der Interviewten, sowie des zeitlichen Rahmens dieser Abschlussarbeit war es nicht möglich alle Interviews einer Analyse zu unterziehen, so dass 3 Interviews ausgewählt wurden. Wie schon zuvor erwähnt wurden die Spiele nach zu erwartender unterschiedlicher Stimmungslage ausgewählt. Bei der Auswahl der Interviewpartner wurde auf eine Mischung von geschlechts-, milieu-, und altersspezifischer Gruppen geachtet. Das erste Interview, was im Folgenden bearbeitet wird, wurde mit einem männlichen Fan, welcher Mitte/Ende 30 ist, vor dem Spiel der Borussia gegen die TSG Hoffenheim geführt. Das zweite Interview mit einer Frau im Alter von 50 Jahren, ebenfalls vor dem Spiel jedoch vor der Partie gegen den FC Bayern München. Vor der gleichen Partie kam es noch zu einem Gespräch mit 3 Männern Anfang 2021. Im Folgenden wurden die narrativ angelegten, biographischen Experteninterviews mit Hilfe der „sozialwissenschaftlich- hermeneutischen Paraphrase“ analysiert. Die Auseinandersetzung ist in Vorbereitung auf die Masterthesis in einem anderen Modul als Prüfungsleistung des Studiengangs „Social Work“ erfolgt. In der angefertigten Arbeit im Rahmen des Moduls „Independant Research“ kam es aus der Unsicherheit heraus, welche Auswertungsmethode sich zur Analyse der Interviews eignet zur Anwendung der „sozialwissenschaftlich-hermeneutischen Paraphrase“ von Heinze/Klusemann. Die daraus resultierten Ergebnisse der Interviews mit dem männlichen Fan Mitte/Ende 30 und der Frau im Alter von 50 Jahren werden hier genutzt. Aus zeitlichen Gründen war die Auswertung eines weiteren Interviews möglich. Wie schon erwähnt ist es im Rahmen einer Dissertation unerlässlich das gesamte erhobene Material auszuwerten um repräsentative Ergebnisse zu erzielen und eine qualitativ wertvolle empirisch belegte Arbeit zu erbringen. Die ermittelten Kernaussagen aus allen 3 Interviews sollen im folgenden Abschnitt vorgestellt werden.

Interview Fan 1:

Transkript, Interview Fan 1 28.02.2016, 6:05 Minuten

Teilnehmende: Forschende als Interviewerin, Daniel

21Aus Datenschutztechnischen Gründen wurden die Namen und angegebenen Arbeitsorte der Interviewten geändert.

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Aufgrund der thematischen Vielfalt werden die Kernaussagen des Interviews in 5 Punkte zusammengefasst:

1. Stadionbesuch als rituelles Verhalten: Es lässt sich feststellen, dass der erste Stadionbesuch für den Befragten ausschlaggebend war, um immer wieder in das Stadion zurückzukehren. Eingebettet ins familiäre Umfeld scheint der Aufenthalt sich positiv auf seine Gemüts- und Gefühlslage ausgewirkt haben, so dass sich der Stadionbesuch insoweit ritualisiert hat, dass auch schlechte Erlebnisse ihn einen Gang dort hin nicht mehr verbieten. Heimspiele der Borussia sind aufgrund dieser ersten Erfahrung nicht nur Teil seiner Lebenswelt geworden, sondern spiegeln auch diese wieder. So werden auch außerhalb des Stadions gute wie schwierige Zeiten erleben, denen sich nicht entzogen werden kann, so wie Daniel sich dieser aus Sympathie zum Verein und den erfahrenen Erlebnissen nicht mehr entziehen kann und sich eine selbstverständliche Routine entwickelte.

2. Der Torjubel: Bei einem Torfall lebt Daniel seine Freude reflexartig mit den um sich herum befindenden Leuten aus. Eine Situation, die einem anderen Kontext so für ihn nicht möglich wäre. Für gewöhnlich wird das Umarmen fremder Menschen nur gehemmt ausgeführt und von dem Gegenüber meist als tabuisierte Handlung wahrgenommen. Bei Torerfolg der eigenen Mannschaft ist die Situation entstanden, dass ein gemeinsames Ziel alle der dort stehenden Menschen erreicht wurde und sich somit über diese in der Gesellschaft erschaffen Grenzen hinweg gesetzt wird und somit das Umarmen der eigentlich fremden Menschen so nicht mehr wahrgenommen wird. Vielmehr ist man durch dieses Erlebnis einander nahe. Gesteigert wird diese gemeinsame Erfahrung durch die körperliche Nähe. Körper beeinflussen einander und reagieren auf den jeweils anderen. Bei übersteigerter Freude stecken sich die Anwesenden an und die Emotionen werden auf den jeweils anderen übertragen, so dass man sich reflexartig einander umarmt.

3. Aggressives Verhalten: In dem direkten Umfeld von Daniel lässt sich nur leichtes aggressives Verhalten feststellen. In Momenten der Niederlage oder bei einem gegnerischen Tor kommt es aus Frustration oder Enttäuschung heraus zu Beschimpfungen, von denen sich auch der Befragte nicht frei machen kann. Auch er äußert sich lautstärker negativ über solche Situationen, grenzt sich aber insoweit von den um ihn herum stehenden Fans ab, in dem er erklärt, dass er niemals auf Einzelpersonen, sondern nur auf die Situation an sich schimpft. In den Blöcken 12 und 13 stellt Daniel ein noch intensiver geführtes Aggressionsverhalten fest. Nicht nur gegen jene, die den sportlichen Erfolg der Borussia bedrohen, sondern auch gegen die eigene Anhängerschaft. Nicht nur gewalttätige Auseinandersetzung aus banalen Gründen können dort beobachtet werden, desWeiteren kommt es zur Zurechtweisung derer, die die eigene Position innerhalb des Blockes

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einzunehmen zu versuchen, d.h. es wird der eigene Status innerhalb der Zugehörigkeit als Mitglied des Blockes 12/13 verteidigt, durch die Machtdemonstration gegenüber nicht bekannter Besucher der Blöcke. Daraus lässt sich schließen, dass die Personen, die sich in den Blöcken 12/13 befinden sich weniger damit identifizieren Fans der Borussia zu sein, sondern als Mitglied dieses Blockes und keine Zugehörigkeitsgefühl zu der gesamten Fangemeinschaft auf der Südtribüne empfinden. Daniel erklärt, dass sein Gefühl bei dem Besuch dieser Blöcke Enttäuschung bis hin zur Verärgerung war, was darauf zurück zu führen ist, dass er feststellen musste, nicht Teil dieser Gruppierung zu sein, die unter dem Deckmantel der Borussia doch eigentlich zusammengehörig sein müssten.

4. Konkurrenz: Bei der Befragung ist der Blick Daniels auf die Konkurrenz ein auffälliges Merkmal. Im Blickfeld seiner Äußerungen stehen nur jene, die tabellarisch zur direkten Konkurrenz gehören. Insbesondere der FC Bayern München und der Schalke 04 sind Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Dabei aus unterschiedlichen Gründen. Während der FC Bayern München der direkte sportliche Gegner ist, der die Bedrohung des sportlichen Erfolges der Borussia darstellt, verbindet den BVB mit dem FC Schalke 04 ein historischer Konkurrenzkampf um die Vormachtstellung im Ruhrpott (dem Revier). Dieses Prestigeduell beider Vereine und ihrer Anhängerschaften, stellt für Daniel eine besondere Situation dar, in der es mehr als nur dem sportlichen Erfolg geht, sondern um die Demonstration von Macht und dem Status, über den anderen im direkten Duell zu stehen.

5. Besondere Momente: Für Daniel entstehen besondere Spiele aus der Situation heraus, dass der Glauben und die Hoffnung auf einen Erfolg der Borussia kaum mehr vorhanden waren und sich innerhalb des Spieles doch noch drehten. Die Emotionen schlagen von dem einen Extrem in das andere Extrem um. Je kürzer die Zeitspanne zwischen diesen beiden Extremen ist, umso intensiver wird dieser besondere Moment wahrgenommen und prägt sich als stark positives Erlebnis in das Gedächtnis ein.

Interview Fan 2:

Transkript, Interview Fan 2 05.03.2016, 05:15 Minuten

Teilnehmende: Forschende als Interviewerin, Karin

Aufgrund der thematischen Vielfalt werden die Kernaussagen des Interviews in 3 Punkte zusammengefasst:

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1. Interaktionen mit den anderen Fans: Das Zusammensein und miteinander agieren ist für Karin das sakrale Objekt, welches sie immer wieder ins Stadion kommen lässt. Für sie ist das Live- Erlebnis, die körperliche Präsens im Stadion ausschlaggebend für die Erregung und Euphorie, die sie während eines Spieles wahrnimmt. Der Moment indem sie diese positiven Emotionen besonders intensiv empfindet, ist der des Torjubels. Reflexartig macht sich ein Gefühl der Überraschung, das sich innerhalb von Zehntelsekunden in pure Freude umwandelt, breit und das so stark ist, dass es körperliche Auswirkungen auf Karin hat. Aufgrund der physischen Anwesenheit der anderen Fans, beeinflussen sie sich gegenseitig und das positive Empfinden wird noch weiter gesteigert. Es entwickelt sich ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, dem sich keiner entziehen kann. Diese Momente und die sich daraus entwickelnden Gefühle und Stimmungen bewegen Karin dazu, immer wieder das Stadion aufzusuchen.

2. Die Konkurrenz: Für Karin gibt es 2 direkte Konkurrenten, die im Kern ihrer Betrachtungen stehen. Zum einen der FC Bayern München aufgrund der sportlichen Konkurrenz und dem Sachverhalt bedingt, dass beide Vereine Antipathien gegeneinander hegen. In dem direkten Duell geht es darum diesen Konkurrenten sportlich zu schwächen um den Erfolg der eigenen Mannschaft auszubauen. Zum anderen ist der FC Schalke 04 ein besonderer Gegner für Karin hinsichtlich der historisch-bedingten Revierrivalität (Vormachtstellung im Ruhrpott). Bei beiden Gegnern geht es darum ihnen gegenüber die Machtdarstellung zu demonstrieren und den eigenen Status im direkten Vergleich zu beweisen und auszubauen. Traditionsbedingt wird von Karin die Partie gegen den FC Schalke 04 in der Wichtigkeit bezüglich der Macht und dem Status höher eingeschätzt.

3. Aggressives Verhalten: Ein immer wieder aufkommendes und somit in der Wichtigkeit bedeutsames Thema für Karin, ist das der Gewalt. Nach verlorenen Spielen oder Gegentoren entwickelt sich aus der Frustration und Enttäuschung heraus, nicht nur verbales sondern auch physisch aggressives Verhalten. Diese Erfahrungen musste sie schon selber machen, jedoch nicht dort wo sie sonst immer steht, sondern im Block 13. Dieses Verhalten ist unvereinbar zu ihren moralischen Vorstellungen, die nicht nur im Stadion gelten, so dass sie diese Aggressivität als Bedrohung ihrer Werte und dem Gemeinschaftsgefüge innerhalb der Südtribüne ansieht und sie die Ausgrenzung derer, die dieses Verhalten hegen, verlangt. Aufgrund dieser Ausführung wird sichtbar, dass sie die Besucher dieser Blöcke, insbesondere der Ultragruppierungen, für dieses aggressive Verhalten verantwortlich macht und gleichsetzt und diese nicht zur ihren Vorstellungen von Fans der Borussia gehören.

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Interview Fan 3,4,5:

Transkript, Interview Fan 3,4,5, 05.03.2016, 05:04 Minuten

Teilnehmende: Forscherin als Interviewerin, Tom, Philipp, Leo

Kernaussagen:

Aufgrund der thematischen Vielfalt werden die Kernaussagen des Interviews in 4 Punkte zusammengefasst:

1. Die Borussia als Familienbund: Der BVB ist bei den Beteiligten fest in die Biographie verankert. Initiiert wurde die Zugehörigkeit durch die Familie schon von den Kindestagen an. Dabei scheint es für die 3 Männer unmöglich gewesen zu sein sich für einen anderen Verein zu entscheiden, da die Borussia innerhalb des Familiengebildes ein wichtiger Verbindungspunkt zwischen den Mitgliedern zu sein scheint und es bei Verletzung dieses Bandes, durch die offene Sympathiebekundung gegenüber eines anderen Vereins zu einer Tabuisierung kommen würde, deren Folgen durch den Ausschluss oder Einschränkungen im Zusammenleben gekennzeichnet wären. Um die Verbindung durch die Borussia zwischen den Generationen zu ehren, wird die Dauerkarte hier als geheiligtes Symbol angesehen, die „niemals“ abgegeben werden darf, was somit ihren wertvollen Gehalt und Besonderheit für jede Generation zu unterstreichen scheint und deren Status auch immer weiter getragen wird. Die Abgabe dieser Karte scheint einem Verbot gleich zu sein und würde Sanktionen für denjenigen mit sich ziehen. Es sind Parallelen zu einem religiösen, zeremoniellen Akt zu erkennen.

2. Der Torjubel: Der Moment bei einem Fall eines Tores für die eigene Mannschaft stellt für sie eine Ausnahmesituation dar, die aufgrund ihrer Besonderheit und den sich stark entwickelnden positiven Gefühlen mit Worten kaum zu erfassen gilt. Aufgrund dessen ist ihr erster Impuls mittels der Beschreibung einer physischen Auswirkung auf ihre Person, das Geschehene zu erklären. Dabei stellt das Überschütten mit Bier, welches in einem anderen Kontext eine tabuisierte Handlung darstellt, die andere Reaktionen im Gegenüber auslöst, hier ein akzeptiertes Verhalten dar, welches nicht nur hingenommen wird, sondern sogar fester Bestandteil des Torjubels ist. Bei Tom wie Leo wird die Besonderheit in diesem Moment des Jubels noch durch die umliegenden Personen gesteigert, aber in konträrer Weise. Während Leo angibt, dass man selbst die Personen um sich herum umarmt, die man vorher nicht kannte und darin die Besonderheit dieses Momentes steckt, ist es bei Tom so, dass dieser Moment so speziell ist, weil er alle um sich herum schon Jahre lang kennt, und ihn mit Personen teilt, die er dem Status einer Familie erteilt hat.

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3. Erwartungen: Die Erwartungshaltung aller 3 Befragten an die Mannschaft ist ein Sieg. Dabei gehen die Meinung auseinander in welcher Höhe dieser erfolgen soll, jedoch sind sie sich alle einig, dass aufgrund der vorrangegangenen Geschehnisse, die Motivation bei den Spielern sehr groß sein wird, da sie bei einem Erfolg dem heutigen Gegner im Meisterschaftskampf noch einmal gefährlich werden können. Dabei geht es darum gezielt die sich aufgetane Schwäche des Konkurrenten auszunutzen um an ihm vorbei zu ziehen. Tom erklärt, dass sich die Bayern zu sicher waren und fordert von den Spielern dies nun auszunutzen um mit einem Sieg den sportlichen Erfolg der Borussia zu sichern.

4. Beeinflussung aller Akteure: Für die 3 Interviewten besteht eine eindeutige Einflussnahme der Fans auf der Südtribüne auf die eigenen Spieler, die gegnerischen Spieler und den gegnerischen Fans. Durch die Unterstützung ihrerseits fungieren sie als 12 Spieler auf dem Spielfeld, schaffen so eine Überzahlfunktion auf dem Feld und treiben sie zu ihrem sportlich Besten um das Spiel zu gewinnen. Ihrem Erachten nach greifen sie also aktiv auf das Spielgeschehen auf dem Spielfeld ein. Aber die eigenen Spieler erfahren dadurch nicht nur eine Motivation, sondern die gegnerischen Fans und Spieler werden eingeschüchtert. Aufgrund der von ihnen produzierten Stimmung entsteht eine einzigartige Stimmung, die so speziell ist, dass andere Spieler dies nicht gewohnt sind von ihren eigenen Fans und erdrückt werden sollen mit dieser entwickelten Kraft, die von ihnen aus geht. Das bedeutet, dass die 3 Jungs die eigene Unterstützung als Alleinstellungsmerkmale für ihre Tribüne und ihren Verein ansehen, die es sonst woanders nicht gibt. Des Weiteren beziehen sie Kraft aus der Tatsache, dass nicht nur die Fans der Borussia hinter ihnen stehen, sondern auch die anderen Vereine sie unterstützen, aufgrund der Antipathie gegenüber den Bayern.

4.2. Auswertung der Beobachtungsprotokolle

Die Auswertung der Beobachtungsprotokolle erfolgte nach dem von Heinze und Klusemann entwickelten Analyseverfahren, der „sozialwissenschaftlich-hermeneutischen Paraphrase“. So findet sich in der Anlage dieser Arbeit neben den Beobachtungsprotokollen auch die vorgenommene Sequenzierung dieser, sowie die metakommunikativen Interpretation zu den jeweiligen Sequenzen, da diese sonst den formalen Rahmen dieser Arbeit sprengen würden. In den folgenden Abschnitten sind die Kernaussagen der interpretierten Sequenzen zusammengefasst. Aufgrund der thematischen Vielfalt der beobachteten Partien, werden die Kernaussagen in verschiedenen Punkten gruppiert.

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4.2.2. Borussia Dortmund gegen Eintracht Frankfurt

Das Spiel fand am 13.12.2015 um 17.30 statt. Eine halbe Stunde vor Anpfiff fand ich mich auf der Südtribüne ein und positionierte mich unten rechts an der Eckfahne stehend (bei frontaler Draufsicht vor der Tribüne). Von da aus war mein Blickfeld auf den rechten unteren Teil der Tribüne gerichtet, jedoch mit guter Sicht auf die sich in der Mitte der Süd befindenden Ultragruppierungen. Neben den Erzählungen der Fanbeauftragten, dass diese sich in den mittleren Blöcken 12 und 13 befinden, war die Abgrenzung der Ultras auch optisch zu beobachten. Um die kleine Bühne für die Vorsänger herum, war dieser Bereich eingezäunt und ging länglich nach hinten weg. Vorne am Zaun hing ein riesen großer Banner mit der Aufschrift „The Unity“, der größten Ultragruppierung des BVB`s. Vor dem Spiel war die Dichte an Schwenkfahnen auch größer im Gegensatz zu der restlichen Süd. Die folgenden Sequenzen wurden nach Uhrzeit aufgeteilt.

Kernaussagen:

1. Rituelle Stereotype: Vor Beginn des Spieles lässt sich eine Abfolge an formalen Ritualen erkennen. Durch den Verein selber initiiert, werden Lieder, deren Thematik aus der Stadt Dortmund und dem Verein bestehen, abgespielt und als zeremonielle Prozedur angesehen. Bis zu dem Lied „You`ll never walk alone“ werden die vorherigen Songs eher sporadisch von einzelnen mitgesungen. Vielmehr wird sich auf Unterhaltungen mit dem Umfeld, die Nahrungsaufnahme oder das Beobachten der Spieler beim Aufwärmen konzentriert, so dass man in Bezug auf das durch den Verein initiierte Ritual eher von einem mäßig gelingenden Ritual sprechen kann. Das ändert sich bei der eben erwähnten Hymne. Hier kann von einem gelungenen 'formalen' Ritual, so wie Randall Collins es bezeichnet, gesprochen werden. Die Voraussetzungen für ein solches formales Ritual bestehen darin, dass durch eine Menge an stereotypen Aktionen wie dem Singen, traditionellen Gesten, Tragen von traditioneller Kleidung, das Gefühl der Zusammengehörigkeit gefördert wird. Bei der Südtribüne wird bei diesem Lied sichtbar, dass ein hoher Grad am kollektivem Übersprudeln und emotionaler Energie herrscht, was an verschiedenen Aspekten fest zu machen ist: berauschende Wirkung, Achtung vor Gruppensymbolen (das in die Luft erheben eines Schals vom Verein), verstärkte emotionale Energie (Beteiligung am Mitsingens des Liedes) und starke Gefühle der Gruppensolidarität und Zugehörigkeit. Diese Gefühle werden dann in das nächste initiierte Ritual getragen, als der Stadionsprecher die Spielernamen vorliest und die Menge sich daran beteiligt, in dem sie der Aufforderung nach kommt und die Namen lauthals heraus schreit.

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2. Emotionale „Ansteckung“: Bei der Verletzung von ist zu beobachten, dass die Zuschauer22 automatisch die Mimik mit der von dem Spieler synchronisieren. Die Imitation erfolgt wie ein Reflex, wie Hatfield et al. schon beschrieben und spiegelt die Emotion in ihren Gesichtern wieder. Dies ermöglicht den Menschen, das zu Fühlen was Reus gerade fühlt, um entsprechend bei seiner Auswechslung darauf reagieren zu können. Das Gefühl von Schmerz und Enttäuschung seinerseits wird also von ihnen aufgesogen, um daraufhin ihn mit unterstützenden Applaus und der Bekundung des Mitgefühls in Form von Applaus und dem Rufens seines Namens zu stärken.

3. Spontane Rituale: Neben den formalen lassen sich während des Spiels bei den Toren sowie spielentscheidenden Situationen natürliche Rituale erkennen, die spontan von der Menge erzeugt werden. Die Interaktionen der Fans sind auf einen gegenseitigen Fokus aufgebaut, der sich auf das Geschehen auf dem Spielfeld richtet. Es erfolgt eine emotionale Anteilnahme ohne die, wie im Vorfeld beobachtet stereotypen Prozeduren. Aufgrund der Erfahrung kollektiven Bewusstseins entsteht ein geteilter Emotions- und Aufmerksamkeitsfokus, der in einem kollektiven Übersprudeln endet. Durch das Umarmen im Moment des Torerfolges lässt sich diese geteilte Emotion ausleben, und die Menschen verschmelzen auch körperlich miteinander.

4. Sakrale Objekte: Als sakrales Objekt lässt sich in dieser Partie zum einen der Torjubel an sich ausmachen. Rituale ehren was sozial geschätzt wird. In diesem Fall ist der Torerfolg das, was von allen Anwesenden auf der Südtribüne erhofft wird und den Grund darstellt, weswegen sie das Stadion besuchen. Der Erfolg der Borussia als gemeinschaftliches Ziel wird ihnen mit dem Tor näher gebracht und lässt dieses Ereignis verehren. Als ein weiteres Objekt, welches sich erst im späteren Spielverlauf als eines herausstellt, ist der Spieler Henrikh Mkhitaryan. Trotz seiner verpassten Torchance wird er für sein Verhalten auf dem Feld an diesem Tage verehrt. Die geteilte Emotion der Verärgerung über die nicht genutzte Chance und das Ausleben des Spielers dieser Emotion, verbindet sie miteinander. Ergebnis ist das Mkhitaryan die Verkörperung dieses

22In dieser Masterarbeit werden oft die Begriffe wie Personen, Menschen oder Zuschauer gewählt. Im Laufe der Analyse hat sich aber heraus gestellt, dass diese formalen Begrifflichkeiten falsch sind. Vielmehr sind sie nicht nur Zuschauer sondern Akteure. Als Akteure sind sie am ganzen Stadiongeschehen beteiligt und beeinflussen sich gegeneinander. Dabei ließen sich verschiedene Typen von Zuschauern und Muster der Interaktionen beziehungsweise Muster des Handelns in Bezug auf das Spielgeschehen beobachten. Eine genaue Auseinandersetzung und Definition dieser Typen müsste gezielt in der späteren Dissertation erfolgen. Es handelt sich hierbei auch nicht um eine homogene Gruppe, sondern um eine Vielzahl an Aktiven, die sich aufeinander beziehen und miteinander interagieren. Ob ein direktes Eingreifen in das Spielgeschehen durch sie entsteht, gilt es ebenfalls methodisch zu beweisen. Ansätze für Auswirkungen des Kollektivs bzw. dem singulären Zuschauerverhaltens auf Spieler oder Spielgeschehen lassen sich erkennen.

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Gefühls darstellt und zum sakralen Objekt erschaffen wird. Dementsprechend wird ihm bei seiner Auswechslung Tribut in Form des Rufens seines Namens, gezollt.

5. Auslöser von Emotionen: Als Auslöser von Emotionen sind jegliche entscheidende Ereignisse die den sportlichen Erfolg der Borussia beeinflussen können. Sowohl die, die ihnen zum Sieg verhelfen können, als auch die, die Niederlage einläuten können. So lässt sich bei dem Gegentor beispielsweise nach dem anfänglichen Überraschungsmoment Ärger und Frustration erkennen, da der Sieg gefährdet scheint. Bei den Toren lässt sich ebenfalls erst Überraschung fest stellen, was sich aber innerhalb von Zehntelsekunden in Ekstase und dann Erleichterung umwandelt. Bei den späteren Toren wie dem 4:1 oder 3:1 mischt sich nach der Ekstase (deren Zeit der höchsten Intensität sich zu verkürzen scheint) neben der Erleichterung auch immer mehr das Gefühl der Zufriedenheit hinzu. Bei der Situation in der Castro gefoult, auf Elfmeter entschieden wird und der Eintracht Spieler sich langsam aufgrund der roten Karte zur Kabine bewegt, lassen sich extreme und schnell aufeinander folgende Emotionswechsel erkennen. Nach anfänglichem Zorn über das Foulspiel an dem eigenen Spieler, folgt Zufriedenheit und Zustimmung über die erteilten Sanktionen gegen den Spieler bevor dann beim Abgang des Spielers Belustigt sein gepaart mit leichter Verachtung und dem erhabenen Gefühl (erkennbar an den Rufen „Auf Wiedersehen“) zu erkennen ist. Nachdem der Spieler sich jedoch Zeit lässt beim Verlassen des Spielfeldes reagiert die Menge mit Zorn und Verärgerung über dieses Verhalten.

4.2.3. Borussia Dortmund gegen die TSG Hoffenheim

Diese Partie fand am 28.02.2016 um 17.30 Uhr statt. Im Gegensatz zum Spiel gegen die Eintracht hatte ich mich vor Spielbeginn gegen 17.00 Uhr in dem Block 12 aufgehalten und hatte somit direkten Blick auf die Ultragruppen, da ich mich genau hinter ihnen positionierte. Dort verblieb ich bis 15 Minuten nach Spielanpfiff. Als Einzelperson, die zum ersten Mal dort war und versäumt hatte BVB-Artikel zu tragen um mich besser in die Gruppe zu integrieren, spürte ich viele Blicke auf meine Person gerichtet. Des Weiteren filmte ich das Geschehen oder sprach in das Diktiergerät, um gewisse Gedanken fest zu halten. Dies wurde auch genau beobachtet, von dem direkten Umfeld um mich herum. Da die Sicht auf das Spielfeld für mich sehr eingeschränkt war, entschied ich mich dafür, die Position wieder zu wechseln und mich dort zu positionieren, wo ich auch schon das erste Spiel betrachtet hatte. Das bedeutet, dass ich meine Person unten rechts an der Südtribüne an der Eckfahne verortete, wo ich nicht nur ein Blick auf die untere rechte Seite der Südtribüne sondern auch Blick auf die Ultragruppierungen hatte (wenn man vom Spielfeld auf die Süd blickt).

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Kernaussagen:

1. Hymne als Ausdruck eines gelungenen Rituals: Bei dem Singen des Liedes „You`ll never walk alone“ kann von einem gelungenen Ritual gesprochen werden. Zwar ist dieses durch die Vorgabe von dem Verein selber initiiert, jedoch lassen sich alle Merkmale eines gelungenen Rituals hier wieder finden. Der Grad an Gruppensolidarität und dem Zusammengehörigkeitsgefühl ist sehr hoch. Bei jedem Individuum ist eine hohe emotionale Energie zu vernehmen durch das begeisterte und enthusiastische Mitsingen des Liedes. Die emotionale Energie ist sogar so stark und der Respekt gegenüber der Hymne des Vereins so groß, dass die Leute das Geschehen um sie herum entweder nicht mehr wahrnehmen oder akzeptierend hinnehmen und der Fokus vollends auf das Lied gelegt wird. Der Schal von der Borussia wird nach oben gestreckt, als Emblem welches ihre Gruppe/ ihren Verein repräsentiert und allen somit ein Gefühl von Kollektivität gibt.

2. Änderung des Status innerhalb der Gruppe: Die Gefühle der Moral und Verbundenheit zur Gruppe sind besonders stark ausgeprägt, so dass Feinde innerhalb wie außerhalb der Gruppe bekämpft werden müssen. Feinde sind die, die das was als rituelle anständig gilt nicht einhalten. So werden Fouls gegen die eigenen Spieler nicht nur als körperlichen Angriff auf einen ihrer Gruppe gewertet, sondern auch als Verletzung gegen ihre moralischen Standards, die innerhalb der Gruppe gesetzt wurden und auch den sportlichen Erfolg der Mannschaft in Gefahr bringen. Wenn die eigene Mannschaft sportlich in Bedrängnis kommt und die Gefährdung des Erfolges möglich erscheint, werden auch die eigenen Spieler bei Fehlern reflexartig beschimpft, wie bei Roman Bürki in diesem Spiel zu beobachten war. Dieses kurzzeitige übertriebene Gefühl änderte sich aber dann wieder schlagartig als dieser kurz darauf maßgeblich dazu beitrug, dass der Gegner seinen Vorsprung nicht ausbauen konnte und ein Tor verhinderte. Seine Tat wurde daraufhin von der Masse bejubelt.

3. Wandlung emotionaler Zustände bei gleichem Ereignis: Bei einem Tor der Borussia ist die erste Reaktion bei allen Fans auf der Südtribüne, die der puren Freude in Form von Ekstase. Reflexartig verbreitet sich die pure Euphorie durch ihren Körper, die dann durch das Hochreißen der Arme, Schreien vor Freude oder dem Umarmen benachbarter Leute nach außen getragen wird. Nach insgesamt 3 Toren ihrer Mannschaft ist eine Veränderung festzustellen. Der Moment der Ekstase bleibt immer gleich, nur in seiner Ablaufzeit verändert er sich indem er kürzer wird. Die sich anschließenden Emotionen setzen viel früher ein und auch welche positive Emotion folgt untersteht einem Wechsel. Bei dem ersten Tor folgt auf die Ekstase, Momente der Erregtheit über den neuen, für den BVB positiven Spielstand. Ebenso wurden bei einigen Akteuren Gefühle der Verachtung wahrgenommen - Verachtung gegenüber der gegnerischen Mannschaft durch die Herablassung ihrer Person und Leistung. Im Moment des Erfolges nehmen sie diese Emotion als 52

angenehm wahr. Beim zweiten Tor verringert sich die Zeit in der Ekstase empfunden wird, bevor sich dann Erleichterung einstellt, dass man aus einer angehenden Niederlage das Spiel zum Sieg drehte. Zu der Erleichterung ist bei einigen noch eine abgeschwächte Form staunender Ergriffenheit gegenüber den Torschützen Adrian Ramos zu erkennen. Aufgrund ihrer Reaktion ist zu erkennen, dass ein Tor von ihm, in ihnen Verwunderung auslöst, so dass sich die Seltenheit dieser Situation charakterisieren lässt. Bei dem dritten Tor kommt es noch einmal zu einer Verkürzung des Zustandes der Ekstase. Viel schneller stellt sich das Gefühl der Erleichterung und Zufriedenheit über das Ergebnis der Partie ein.

4. Abwechselnd initiierte Interaktionen als abschließendes Ritual: Nach Beendigung des Spiels kommt es durch die Abwechslung initiierter Aktionen von seitens der Spieler wie den Fans zum abschließenden Ritual für alle Beteiligten. Eingangs erfolgt die Eröffnung der anstehenden Aneinanderreihung von Interaktionen durch die Spieler indem sie das Abklatschen mit den gegnerischen Spielern beenden und sich in die Richtung der Südtribüne begeben. Darauf folgend werden die Spieler von den Akteuren auf der Südtribüne aufgefordert sich zu setzen, was diese dann auch tun, um sich die Präsentation eines Fanliedes anzuschauen. Es gleicht einer Vorstellung, nur das in diesem Moment der Inszenierung, Spieler und Fans die Seiten getauscht hätten. Nun sind nicht mehr die Spieler Darsteller und im Mittelpunkt des Geschehens, sondern die Fans übernehmen die Aufführung ihrer Lieder als Hommage an die Leistung der Spieler, dem Verein und insbesondere auch sich selber. Ab einem bestimmten Teil des Liedes springen die Fans auf der Südtribüne und die Spieler auf und „rangeln“. Zwar beide Seiten jeweils unter sich aber doch vereint sie die gemeinsame Aktion und lässt sie miteinander verschmelzen. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Akteure wird somit verstärkt und es entsteht durch das gemeinsame Feiern des Triumphes eine Verbindung zwischen ihnen. Das „rangeln“ wird dann durch die Spieler für beendet erklärt. Daran anschließend initiieren sie durch das gemeinsame Hochreißen der Arme wieder ein Ritual in dem Fans und Spieler synchron ihrer Freude Ausdruck verleihen. Nachdem sich beide Parteien für ihr heutiges Engagement applaudieren leiten die Spieler das Ende dieser Inszenierung ein, indem sie sich in Richtung der Kabinen und von der Süd weg bewegen.

4.2.4. Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München

Das Spiel gegen den FC Bayern München fand am 05.03.2016 um 18.30 Uhr statt. Die Ausgangssituation für diese Partie war eine etwas andere gegenüber den zuvor besuchten Partien. Zum einen war die

53 mediale Aufmerksamkeit viel höher als bei den Spielen davor. Das bedeutet, dass schon eine Woche vor der Austragung es als „der Klassiker“ im Fernsehen und Internet beworben wurde. Zum anderen wurde die sportliche Ausgangslage durch eine Niederlage der Bayern ein paar Tage zuvor verschärft, da der BVB mit einem Sieg die Möglichkeit hatte auf 2 Punkte in der Tabelle an diese heran zu kommen, was die Deutsche Meisterschaft somit noch einmal spannend gemacht hätte. Wie beim ersten Spiel wurde die gleiche Position im unteren rechten Bereich der Süd, in der Nähe der Eckfahne eingenommen.

Kernaussagen:

1. Von der Masse ausgemachte Feindbilder der Gruppe: Im Laufe der Partie haben sich insgesamt 4 gegnerische Spieler hervor getan, die den Unmut der Südtribüne auf sich gezogen haben. Dabei ließ sich ein Unterschied zwischen diesen ausfindig machen. Die erste Einteilung besteht darin, dass ein Spieler (Xabi Alonso) erst während des Spiels sich dorthin entwickelte, während die 3 anderen Spieler (, und Mario Götze) schon vor der Partie und ihrem Einsatz Anfeindungen entgegen gebracht wurden. Bei Alonso ist zu vernehmen, dass der Spieler während der Partie mit dem Foul an einem Spieler der Borussia ein Mitglied der Gruppe verletzt hat und den sportlichen Erfolg des BVB`s gefährdete. Dieses Verhalten entspricht nicht den moralischen Standards der Fans auf der Süd und wird nicht nur mit Beschimpfungen, Pfiffen und Buhrufen kurz nach dem Foul an dem BVB-Spieler bestraft, sondern auch darüber hinaus wenn er im Mittelpunkt des Geschehens durch die Berührung des Balls23 steht. Hierbei lässt sich aber nicht eine solche Intensität wie bei den anderen 3 genannten Spielern feststellen. Die Erfahrungen aus vorherigen Interaktionen werden wie auf einer Festplatte gespeichert und mit in die nächste Interaktion getragen. Bei diesen 3 Spielern werden alle vorherig gemachten Erfahrungen von den Fans wieder abgerufen und auf die jetzige Situation übertragen. Dabei wurden jeweils unterschiedliche Erfahrungen gemacht, die sich nun auch auf die Intensität auswirken. Aber auch die Präsenz die die Spieler während des Spiels zeigen und die physische Nähe zu den Fans sind ausschlaggebend auf den Grad den Anfeindungen. Arjen Robben löst bei den Fans bereits vor dem Spiel bei Betreten des Spielfeldes Pfiffe gegen seine Person aus. Dies ändert sich auch während der Partie nicht. Bei jedem Ballkontakt wird gepfiffen und gebuht. Ursächlich dafür sind

23Außer bei Mario Götze der während des Spiels kommt nicht zum Einsatz kommt, werden alle 3 Spieler bei Berührung des Balles in Form von Pfiffen und Buhrufen, angefeindet. Dabei ist nicht nur von auszugehen, dass dies zu diesem Zeitpunkt geschieht weil diejenigen Spieler im Mittelpunkt des Geschehens waren, sondern diejenigen Akteure selber sich in den Mittelpunkt des restlichen Stadions stellen können. Bei normalen Passphasen ist das Stadion in nicht so einer Erregungsphase wie bei anderen Situationen während des Spiels (wie bei einer Ecke, einem Freistoß usw.) und auch die Akteure selber nutzen diese Situationen, da während diesen Momenten der Fokus auf diese Spieler gerichtet werden können, weil der sportliche Erfolg nicht gefährdet scheint oder bevorsteht. Sie nutzen die Bühne, die ihnen gerade zur Verfügung steht. Eine Ausnahme stellen aber beispielsweise Frei- oder Strafstöße dar, die von dem betroffenen angefeindeten Spieler selbst getreten werden. So gab es eine Situation bei einer anderen Partie in der Arjen Robben vor der Süd zum Elfmeterschießen antreten musste, und missbilligend von der Südtribüne in Empfang genommen wurde.

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vermutlich seine entscheidenden Gegentore im Champions-League Finale 2013 sowie dem Führungstreffer in der Nachspielzeit im DFB-Pokal Finale 2014. Ein weiterer Grund für die Abneigung sind seine „Schwalben“ im Strafraum, die für die Fans als moralisch verwerflich gelten und nicht mit ihren Vorstellungen von fairem sportlichen Verhalten übereinstimmen. Bei Manuel Neuer sind auch von Beginn an Pfiffe bei jedem Ballkontakt zu vernehmen. Aufgrund dessen dass er aber Torhüter und somit nicht so oft an dem Ball ist, sind die Pfiffe in ihrer Intensität nicht so hoch wie bei Arjen Robben. Dies ändert sich als er sich der Südtribüne körperlich nähert vor Beginn der 2. Halbzeit. Das Vordringen in ihren Lebensraum veranlasst die Menge dazu, nicht nur verbal sondern auch physisch gegen ihn vorzugehen. Es werden Gegenstände in Neuers Richtung geworfen, so dass der geäußerte Zorn gegen seine Person eine neue Dimension annimmt. Grund für diese aufkommende Wut gegen ihn ist die Verkörperung 2er Konkurrenten der Borussia in einer Person. Neuer war vor seiner Zeit bei dem FC Bayern München, die als sportlich größter Konkurrent der Borussia angesehen wird, Torhüter beim FC Schalke 04, dem Erzrivalen und Jahrzehnten-langen Revierkonkurrenten aus Gelsenkirchen. Desweiteren ist sein sportliches Können außerordentlich, so dass er somit den Erfolg der Borussia gefährden könnte. Ähnliche Reaktionen löst auch der dritte Spieler aus, der aber aufgrund dessen, dass er nicht zum Einsatz kommt nur während der einen Szene des Aufwärmens angegriffen wird. Auch hier kommt es zu verbalen wie körperlichen Attacken und seine Person wird direkt benannt und in einem Lied denunziert. Mario Götze war ein ehemaliger Spieler des BVB, der sich kurz vor seinem Wechsel zu dem Verein bekannte, in dem er erklärte, dass er sich vorstelle, seine ganze sportliche KArrier bei der Borussia zu verbingen, bevor er danach zum Ligakonkurrenten, dem FC Bayern wechselte. Dieser Wechsel widersprach den moralischen Standards der Masse, schwächte die eigene Mannschaft und stärkte den ausgewiesenen sportlichen Feind, so dass er als „Verräter“ der Gruppe betitelt wurde und bei jedem Spiel für sein Verhalten sanktioniert wird.

2. Einfluss des Gegners auf den Erfolg von Ritualen: Vor der Partie lassen sich eine Reihe von natürlichen wie durch den Verein initiierte Rituale feststellen. Diese beginnen schon bei Betreten des Spielfeldes durch einen gegnerischen Spieler. Es kommt zu einer spontanen Reaktion, die wiederholt wird als die gesamte gegnerische Mannschaft einläuft, auf diese Situation in Form von zornigen Beschimpfungen, Buhrufen und Pfiffen. Beim Einlaufen der eigenen Spieler erfolgt durch den Verein eine Liedervorgabe, deren Melodie enthusiastisch von der scheinbar24 gesamten

24Bei der Menge an Leute ist eine präzise Angabe nicht möglich, da die Forscherin das Verhalten von ca. 24.000 Menschen nicht überblicken zu vermag. Jedoch erscheint es so als wenn die gesamte Tribüne sich daran beteiligt, da im Grunde nur noch sich in der Luft bewegende Schals zu vernehmen sind und die Menschen darunter fast vollständig zu verschwinden scheinen.

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Südtribüne mit gesungen und durch das Wedeln des Schals in der Luft begleitet wird. Die sich entwickelnde Lautstärke ist bezeichnend für das Engagement der Akteure und eine Machtdemonstration gegenüber dem heutigen Gegner. Daran anschließend stimmt die Menge ein Lied an, welches eine direkte Forderung an die Spieler bezüglich des Triumphes über den Gegner beinhaltet. Welche Besonderheit nicht nur die heutige Partie sondern auch der Gegner birgt, ist nicht nur an den Akteuren auf der Südtribüne zu erkennen, deren Zusammengehörigkeitsgefühl stark ausgeprägt und der Grad an emotionaler Energie höher ist als bei den zu vor beobachteten Spielen, sondern auch bei den Spielern, die aktive Änderungen im ritualisiertem Vorprogramm vornehmen. Die Änderungen werden von den Fans auf der Südtribüne akzeptiert und haben keinerlei Auswirkungen auf das Ritual selber. Gegenteiliges ist sogar der Fall: wo im vorherigen Spiel noch Unterschiede in der lautstarken Unterstützung einzelner Spieler der Fans wahrgenommen wurden, sind nun keine akustischen Kontraste mehr fest zu stellen.

3. Vom Gefährdungsfaktor des angestrebten Gruppenziels zu sakralen Objekt: Während des Spieles lässt sich eine Transformation des Status vom Dortmunder Torhüters Roman Bürki beobachten. Nach anfänglichen Unsicherheiten in der Ausübung seiner Torhütertätigkeit, die eine Bedrohung des sportlichen Erfolges nach sich gezogen hätte, änderte sich sein Status und das Ansehen bei den Fans der Südtribüne, vom unsicheren Gruppenmitgliedes, dessen Verhalten das Erreichen des Gruppenziels gefährdete. Nachdem der gegnerische Spieler allein auf ihn zu rannte und das Gegentor schon fast sicher schien, wehrte er den Ball ab und verhinderte einen Rückstand. Ergebnis dieser Rettungstat war das Auslösen völliger Ekstase bei den Fans der Südtribüne und die Huldigung seiner Person. Nach einem anfänglichen Gefährdungsfaktor der Gruppe entwickelte sich der Spieler hin zu einem sakralen Objekt der Masse, dessen Name als spontane Reaktion auf das Geschehen mit einer Inbrunst gebrüllt wurde, die vorher noch bei keinem in einer Partie erzielten Tor zu beobachten war.

4. Das Aufkommen hoher emotionaler Energie: Auf Punkt 3 folgend geht es um die emotionale Energie, die durch die Tat Bürkis ausgelöst wurde. In einem Bruchteil einer Sekunde änderten sich die Emotionen von dem einen Extrem in das andere. Während dem Lauf des gegnerischen Spielers konnten sowohl Verzweiflung sowie Angst, in Anbetracht des bevorstehenden Rückstandes bei den Fans beobachtet werden, sowie eine kurze Phase des Schocks bezüglich der auf getanen Kontersituation. Sonstige Gesänge oder Aktionen werden unterbrochen und der Fokus der gesamten Masse ist auf dem Geschehen zwischen diesen beiden Spielern gerichtet. Die Anspannung ist in den Körpern der Anwesenden zu sehen und auch zu spüren. Es gleicht einem Luftanhalten eines Körpers, einem Gebildes. Der Einfluss der Körper aufeinander überträgt sich

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auch auf die Forscherin, so dass hier von einer emotionalen, durch die Präsenz vieler Körper auf einen Gegenstand fokussierten, Ansteckung gesprochen werden kann. Und diese Ansteckung trägt sich bis in die nächste Situation mit hinein. Auf die Parade von Bürki reagieren die Menschen nach einer kurzen Phase der Überraschung mit völliger Ekstase. Es ist das Maximum an Emotion bei den Akteuren zu beobachten. Die Emotion ist durchdringend und ganzheitlich von jedem Anwesenden zu spüren. Der Grad an frei gewordener emotionaler Energie ist so hoch wie noch sonst vorher nicht wahrgenommen. Die Leute liegen sich in den Armen, hüpfen und verschmelzen ineinander. Dieses positive Gefühl steht nicht für sich allein, sondern wird mit den in der näheren Umgebung stehenden Fans geteilt. Nach der Ekstase verbreitet sich ein Gefühl, was Ekman als „Erstaunende Ergriffenheit“ bezeichnet (Vgl. Ekman 2014, S.264 ff.). Das Gefühl des Überwältigt seins bezüglich dieser unfassbar und unreal scheinenden Tatsache ist intensiv bevor sich der gemeinsame Fokus der Fans auf den Auslöser dieser extremen Emotionslage richtet. Die Dankbarkeit und der Stolz gegenüber Einem von ihnen, manifestiert sich in der schon oben erwähnten Huldigung seiner Person durch das synchrone Rufen seines Namens. Gleichzeitig ist dies auch ein Zeichen an den Gegner, dass er einer von ihnen ist und für den Schutz des gemeinsamen Gruppenziels einsteht.

5. Der Einfluss des Spielausgangs auf das rituelle Verhalten nach der Partie: Das Ergebnis des Spieles hat unmittelbaren Einfluss auf das rituelle Verhalten nach der Partie. Mit Abpfiff verflüchtigte sich auch die letzte Welle der Euphorie bezüglich der besonderen Partie im Stadion. Die Spieler hielten sich länger als sonst bei den gegnerischen Spielern zum Abklatschen auf, aus leichtem Schamgefühl und Enttäuschung über den Ausgang des Spiels. Als sie in Richtung der Südtribüne gingen, die immer noch voll war und sich aus Achtung gegenüber dem Ritual und der Leistung/Einsatz der Spieler nicht leerte, initiierten sie zwar das folgende Applaudieren und die somit verbundene Wertschätzung der Akteure füreinander (Spieler und Fans auf der Südtribüne), jedoch beendeten sie dies auch wieder genauso schnell. Diese kurze Interaktion beider Parteien erfolgte in einer Ruhe und gedrückten Stimmung, wie es den ganzen Abend vorher noch nicht zu vernehmen war. Die Achtung der Südtribüne vor der Gefühlslage der enttäuschten Spieler endete in einem Applaus ihnen gegenüber bevor sich dann die Menge auflöste25.

25Die Reaktion der Akteure auf der Südtribüne wird nicht nur von dem Ergebnis und der Gefühlslage der Spieler beeinflusst. Bei einer weiteren Partie, in der keine Daten durch die Forscherin (wenn die Rede von der Forscherin ist, handelt es sich um meine Person) erhoben wurden für die Arbeit, konnte ein weiterer Einflussfaktor auf das Verhalten der Masse beobachtet werden. So starb während des Heimspieles des BVB gegen den FSV Mainz 05 ein Fan und ein weiterer konnte reanimiert werden. Die Reaktion der Fans des BVB`s und der Mainzer war die Einstellung jegliches Supports als Ausdruck ihrer Anteilnahme an die Angehörigen. Die 2. Halbzeit lang war eine Stille im Stadion zu vernehmen, die von Anwesenden als „gespenstisch“ beschrieben wurden. Der Spieler Marco Reus oder auch sein Trainer Thomas Tuchel erklärten im Nachhinein, dass sie lange nicht gewusst hätten, was denn vorgefallen sei und die Situation für sie beklemmend war. Reus sagte, dass die Spieler sich auf dem Spielfeld fragten, was sie denn verbrochen hätten, dass ihre Fans aufhörten sie zu unterstützen. (Ruhrnachrichten 2016) 57

6. Intensivierung und Ausdruck aggressiven Verhaltens: In der Partie kristallisierten sich, wie schon in Punkt 1 zu vor beschrieben, Feindbilder in Form von gegnerischen Spielern heraus, welche der Auslöser für das aggressive Verhalten der Fans waren26. Dabei intensivierte sich ihre Reaktion dahingehend, dass verbale Anfeindungen oder Pfiffe nicht mehr ausreichten. Der ausgemachte Feind macht sie wütend, da er nicht das Verhalten und die Entscheidungen getroffen hat, die mit ihren übereinstimmten. Er wird somit als moralisch inkompetent ausgemacht und das macht die Fans zornig. Die Reaktion darauf ist es sich zu wehren. Evolutionsbedingt versuchen wir darauf mit körperlicher Gegenwehr zu reagieren. Was uns davon abhält, so Ekman, ist dass wir die Beziehungen zu unserem Gegenüber aufrecht erhalten wollen (Vgl. Ekman 2014, S.156 ff). Da dieser Spieler aber dem anderen und somit „falschen“ Verein angehört, fällt dies weg und der Reflex auf die Unstimmigkeiten mit körperlich aggressiven Verhalten zu reagieren, ist instinktiv da und wird durch keinerlei moralischen Verpflichtungen eingeschränkt. Als erster körperlicher und in seinen Auswirkungen noch harmloser Reflex, ist das Zeigen des Mittelfingers. Aufgrund der nicht vorhandenen physischen Nähe zu der feindlichen Person, wird der Mittelfinger als verlängerter Arm kraftvoll in die Luft gehoben um der Person zu demonstrieren, dass man sein Verhalten nicht toleriert und auch ihm nicht gefallen will. Katz bezeichnete das Zeigen des Mittelfingers als „sadistisches Lachen“ welches man dem anderen entgegen bringt (Vgl. Katz 1999, S. 46 ff.). Als dies nicht mehr ausreicht und man sich dem Feind noch weiter näher will, werden griffbereite Gegenstände als ausgewiesenen verlängerten Arm genutzt. Diese Grenze wird von ihnen überschritten, da sie als Teil der Menge keine Sanktionierungen ihres Verhaltens erwarten. Das Verhalten ändert sich jedoch schlagartig als einer der „Werfer“ von der Forscherin bei seiner Aktion erblickt wird. Als erste Reaktion wird die der Überraschung fest gemacht auf die Scham folgt über das angewandte aggressive Verhalten. Der Erblickte sucht darauf den Schutz der Masse und versteckt sich buchstäblich hinter ihnen. Die Aktion ist erfolgreich. Nach

Aufgrund dieser Situation lässt sich erkennen, dass das Geschehen auf den Rängen auch auf dem Spielfeld von den Spielern wahrgenommen wird und die Handlungen des Kollektivs direkten Einfluss auf diese haben. In einer Dissertation wäre es unabdingbar, die Anzahl an Stadionbesuchen zu erhöhen und die Beobachtungen gezielt darauf zu fokussieren und mittels gezielter Fragestellungen zu ermitteln, in wie weit die Spieler das Geschehen um sich herum wahrnehmen.

26Es ist fest zu halten, dass nicht alle Fans auf der Südtribüne Zorn gegenüber den erwähnten 3 Spielern oder auch bei anderen Situationen entwickeln, wie die eines Fouls beispielsweise. Während der ganzen Partie lassen sich immer wieder Unterschiede zwischen den Akteuren auf der Südtribüne fest stellen. Worin die Unterschiede zwischen dieses verschiedenen Typen von Zuschauern liegen und welchen Einfluss sie auf das Geschehen nicht nur auf der Tribüne sondern auch auf den Feld haben, müsste in dem vorgesehenen Dissertationsschreiben noch spezifischer betrachtet und die Forschungsarbeit präziser darauf abgestimmt werden.

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einem kurzen Moment des Wegschauens, kann die Forscherin den Ertappten nicht wieder ausfindig machen.

5. Zusammenfassung der Ergebnisse

5.1. Interaktionen im Stadion

Aus denen in der Analyse der Beobachtungsprotokollen hervorgegangenen Ergebnissen lässt sich erkennen, dass vor, während und nach den Spielen eine große Anzahl gelungener Rituale, wie sie Collins als gelungen definiert, zu beobachten waren (Vgl. Collins 2004, S. 48 ff.). So konnte vor dem Spiel als formales Ritual und durch den Verein initiiert, das Singen des Liedes „You`ll never walk alone“ als ein solches identifiziert werden. Durch die Ansammlung stereotyper Aktionen wird dies als zeremonielle Prozedur vor jedem Spiel durchgeführt. Bestandteil dieses Rituals ist nicht nur das Singen des Liedes, sondern auch die Geste des Hochhaltens des schwarz-gelben Schals, als ein Emblem für den Verein. Die Akteure tragen von dem Verein ausgegebene Kleidung in Form von Trikots, Schals und ähnlichem. Es entsteht ein gemeinsamer, geteilter Aufmerksamkeitsfokus bei der folglich die Erfahrung kollektiven Bewusstseins, das Übersprudeln emotionaler Energie frei gesetzt wird. Der Grad der Intensität dieser emotionalen Energie verändert sich je nach Gegner und der von den Fans subjektiv eingeschätzten Relevanz des Spiels. So ist beispielsweise eine höhere emotionale Energie bei der Partie gegen den FC Bayern München festgestellt worden, als bei den anderen beiden Partien, so dass die Erwartungshaltung gegenüber dem Spielverlauf- und ausgang Einfluss auf die Intensität eines gelungenen Rituals nimmt. Des Weiteren ist zu erkennen, dass bei natürlichen Ritualen die Intersubjektivität und die geteilten Emotionen stärker sind als die bei den stereotypen Aktionen. Im Moment des Fallens eines Toren werden Emotionen in ihrem Maximum freigesetzt. Diese Zustände sollen zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal genauer betrachtet werden. Bei diesen so eben erwähnten Ritualen sind die nach Collins beschriebenen Merkmale gelungener Rituale zu erkennen (Vgl. Collins 2004, S. 49). Zur Erinnerung: es sind 1. Zwei oder mehr Leute physisch am selben Ort anwesend. Auf der Südtribüne sind ca. 24.000 Menschen die sich gegenseitig mit ihrer körperlichen Präsenz beeinflussen. 2. Es gibt Grenzen für Außenstehende. Diese Grenzen wurden von dem Verein geschaffen, indem sie eine Tribüne (der ganze südliche Teil des Stadions) nur für Stehplätze errichteten, die sie somit von den anderen Fans innerhalb des Stadions abgrenzen. Im weiteren Sinne gehören aber alle Anwesenden dort zu einer Gruppe, nämlich die der Sympathisanten eines Verein, dem BVB, an. 3. Die Leute fokussieren sich auf eine gemeinsame

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Aktivität. In diesem Falle das Spiel ihrer Mannschaft für ihren Verein. Die bloße körperliche Anwesenheit und das Verfolgen des Spiels, sowie die Unterstützung des Vereins durch entsprechende Kleidung suggerieren schon den Aufmerksamkeitsfokus, so dass eine großartige Kommunikation dessen gar nicht mehr nötig erscheint. Und 4. sie teilen eine gemeinsame Stimmung oder den Erfahrungsraum. Dieser Aspekt ist ebenfalls gegeben und bei dem Fall eines Tores beispielsweise besonders gut zu beobachten. In diesem Moment ist der Fokus der Gruppe besonders dicht, so dass das Bewusstsein darüber, was der andere gerade fühlt (in diesem Fall Freude, Begeisterung, Euphorie) besonders klar ist und es somit zu der Verstärkung des emotionalen Mitreißens miteinander kommt. Die Ergebnisse während dieser Aktivitäten sind ein hoher Grad an Gefühlen der Zusammengehörigkeit, der emotionalen Energie, der Moral sowie dem Sinn an ihnen festzuhalten, zu respektieren und sie zu verteidigen. Wer diese ausgelegten moralischen Standards der Gruppe verletzt, muss mit Sanktionierungen in Form von Buhrufen, Pfiffen bis hin zu verbalen und physischen Attacken rechnen. Dabei ließen sich Unterschiede in der Intensität gemessen nach der Schwere der Verletzung der Standards feststellen. Des Weiteren nahmen zuvor gemachte Erfahrungen und somit die Masse an bereits vorgenommener Verbrechen gegen die Gruppe sowie das Verhindern sportlicher Erfolge, Einfluss auf die Heftigkeit der Reaktionen der Akteure. Wenn es zu einem Foul kommt, der Fokus auf den verhassten Spieler liegt oder er sich der Masse körperlich nähert, kommt es zu einer explosiven Reaktion der Masse. Wobei auch hier unterschiedliche Verhaltensweisen ausgemacht wurden konnten. Nicht alle reagieren so extrem auf die Geschehnisse, jedoch wird dieses Verhalten von den Umstehenden toleriert, so dass die aktiv-aggressiven Fans keine Sanktionierungen aufgrund dieser extremen Reaktionen zu erwarten haben. Le Bon beschrieb diese explosive Reaktion der Massen als einfache und übertriebene Gefühle, die nicht von anderen angezweifelt werden und Ausdruck ihres großen Grades an Sittlichkeit in Form von bedingungsloser Hingabe sind (Vgl. Le Bon 2014, S. 40 ff.). Sie werfen sich ungestüm und überschwänglich auf die Verteidigung ihrer Gruppe oder dem ausgewiesenen Gruppenziel. Dass es bei diesen Taten zu der immer mehr intensivierten Form von Aggression aufgrund ihrer Verärgerung gegenüber den verhassten Personen kommt, ist der Tatsache geschuldet, dass sie wie von Ekman beschrieben, keine persönliche Beziehungen zu ihnen aufrecht erhalten müssen, so dass für sie keine nachhaltigen negativen Folgen entstehen können, wie in den Kernaussagen zur Partie gegen den FC Bayern München bereits beschrieben27. Es lassen sich des Weiteren Bezüge zu Jack Katz Ausarbeitungen bezüglich des „Angepisstsein“ von Autofahrern in L.A. fest stellen. So spricht er davon, dass sich diese Aggressionen so stark entwickeln und auch ausgelebt werden, weil es zu keiner Face-to-Face Interaktion zwischen den Akteuren kommt (Vgl. Katz 1999, S. 24 ff.). Gleiches trifft auch auf die Situation im Stadion zu. Das „angepisste“ Individuum ist kleinster Bestandteil inmitten einer riesigen Masse, so dass es kaum eine Reaktion des anderen zu

27Anders ist dies beim Benutzen von Pyrotechnik. Aufgrund der Strahlkraft, die von diesen Leuchtfeuern ausgeht, ist ein Schutz der Masse nicht gegeben, so dass sie bei Aufnahmen leicht zu erkennen sind. Da dieses Verhalten illegal ist und somit strafrechtliche Sanktionierungen folgen können, vermummen sich diejenigen, die diese Pyrotechnik zünden.

60 erwarten hat und als weitere Tatsache komm hinzu, dass sich zwar kein Auto zwischen diesen beiden Personen befindet, aber es trotzdem eine räumliche Distanz zu überwinden gilt in Form eines Netzes, Werbebanden, Zäunen und weiteren Personen, so dass sich eine direkte Interaktion mit einem kommunikativen Austausch nicht einstellen wird. Ein beliebtes Mittel seinen Ärger umzuwandeln, ist bei den Autofahrern, wie auch oft bei den Stadionbesuchern zu beobachten, das Zeigen des Mittelfingers. Damit wird dem anderen seine moralische Inkompetenz aufgezeigt und es dient als „sadistisches Lachen“, welches demjenigen demonstrieren soll, dass man nicht auf die Sympathien des Gegenübers angewiesen ist.

Wie beschrieben, kommt es bei einem erfolgreichen Ritual zu geteilten Emotionen der Anwesenden. Dabei hat die körperliche Präsenz aller Beteiligten, Einfluss auf den jeweils anderen. Schon Goffman erklärte, das Rituale sich in einem Zustand situativer Kopräsenz abspielen und einen Effekt aufeinander haben, wenn sie am selben Platz sind (Vgl. Collins 2004, S. 32 ff.). Sie intensivieren den Prozess der eigenen Erfahrung und es entwickelt sich ein kollektives Bewusstsein. Es entsteht ein Kick wenn Körper aufeinander treffen und es kommt zur emotionalen Ansteckung. Dabei konnten während der Partien nicht nur Ansteckung bei positiven Gefühlen festgestellt werden, sondern auch bei negativen sowie Verletzungen. Der Schmerz oder die Verzweiflung der Spieler werden reflexartig von der Masse nicht nur wahrgenommen, sondern auch imitiert, so dass eine Verbindung zwischen allen Akteuren während dem Spielgeschehen geschaffen wird. Der Fall eines Tores für die eigene Mannschaft stellt hierbei eine ganz besondere Situation dar. Es kommt zur extremen Ausartung ihrer Gefühlswelt. Das Einsetzen reflexartiger Ekstase, die sich innerhalb von Zehntelsekunden entwickelt, ist so durchdringend in ihrer Intensität und das Maximum an Emotionen, so dass sich dieser Moment zu einem sakralen Objekt der Gruppe entwickelte, da es der ursächliche Grund ihres Stadionbesuches ist. Zum anderen ist es der Reiz und die Gier nach diesen besonderen Momenten, die sich innerhalb eines Spieles auftun können, wie beispielsweise unfassbare, nicht erwartete Situationen, die sie in einen Zustand staunender Ergriffenheit versetzen. Momente wie bei der Entwicklung Bürkis oder Mkhitaryans, von einem Gefährdungsfaktor des sportlichen Erfolges hin zum sakralen Objekt der Massen, aufgrund einer einschneidenden Situation oder der totalen Hingabe im Sinne der Gruppe, so dass sich das Gefühl des Überwältigtseins einstellt. Das Gefühl welches zu den am stärksten physisch empfunden Zuständen zählt.

5.2. Interviews

Es lassen sich bei den Befragten gewisse Parallelen in ihren Ausführungen feststellen, die im Folgenden kurz zusammen gefasst werden, wobei die Ausarbeitungen der Vorarbeit in Independant Research wieder herangezogen und als Grundlage dieser Darlegungen genutzt werden sollen. Als erster Punkt lässt sich die 61

Interaktion mit anderen Fans als Beweggrund der ständigen Wiederkehr ins Stadion festhalten. Das aus einem Torjubel heraus resultierende Glücksgefühl kann als sakrales Objekt beschrieben werden. Die Euphorie, die sich in so einem Moment entwickelt, wird als positiv im Körper abgespeichert und sie streben danach dieses immer wieder zu durchleben. So werden auch weniger gute Erfahrungen hingenommen um den Verein und die Mannschaft zu unterstützen und jene Situation wieder hervorzurufen, die sie begehren – den Jubel. Dass dieser Augenblick ein so besonderer ist, lässt sich auch daran erkennen, dass sich durch ihm über gesellschaftliche Tabus hinweg gesetzt und als Teil dieses Moments akzeptiert wird (das Umarmen fremder Menschen, „Bierdusche“). Tom gibt hier jedoch als einziger an, dass er die Menschen um sich herum schon lange kennt und diese keineswegs Fremde für ihn sind. Vielmehr bezeichnet er sie als Familie, so dass sichtbar wird, was für einen Status sie für ihn einnehmen. Das Stadion als Ort der Begegnung ist für ihn vergleichbar mit dem eines „zu Hauses“, indem er sich einer Gruppe zugehörig fühlt und positive Gefühle entwickelt. Ein übereinstimmendes Thema für die Interviewten Daniel und Karin sind die Erfahrungen mit aggressiven Verhalten. Karin wie Daniel geben an, dass sie um sich herum verbale Kraftausdrücke wahrnehmen, diese aber nicht so intensiv geführt werden, wie es in den Blöcken 12 und 13 der Fall sind. In diesen Bereichen kommt es des Weiteren nicht nur zu verbalen sondern auch körperlichen Auseinandersetzungen, die beide verurteilen. Karin geht sogar so weit, dass diese Leute aus dem Stadion ausgegrenzt werden müssten, da sie nicht die identische Vorstellung vertreten (und somit eine Bedrohung der Gruppe darstellen), die die Borussia und ihre Anhängerschaft repräsentiert. Es lässt sich feststellen, dass die Blöcke 12 und 13 eine besondere Stellung innerhalb der Südtribüne inne haben und dass mit ihnen negative Erfahrungen verbunden sind. Ein weiterer verbindender Aspekt betrifft das Konkurrenzverhalten. Dabei ließen sich bei Karin und Daniel 2 Mannschaften feststellen, die im Aufmerksamkeitsfokus beider stehen: der FC Bayern München und der FC Schalke 04. Bei den Befragten Tom, Leo und Philipp war der Fokus nur auf den FC Bayern München gelegt, die an dem Tag der Befragung den Gegner für die Borussia darstellten. Beide Mannschaften regen die Befragten dazu an, ihre sportliche Position ihnen gegenüber zu behaupten. Aufgrund der bestehenden Antipathie ist der Gewinn eines direkten Duells die Demonstration des eigenen Machtgefüges und Status. Daraus folgend stehen diese Partien unter einem besonderen Interesse und lösen eine gewisse Erwartungshaltung der Interviewten an die Mannschaft aus. Bei allen Interviewten ist zudem auffällig, dass ihre Anhängerschaft schon seit vielen Jahren fest in der Biographie verankert ist. Als Kinder wurden sie von Familienangehörigen das erste Mal mit ins Stadion genommen, so dass sich daraus die Erkenntnis schließen lässt, dass die Zugehörigkeit zu dem Verein fester familiärer Bestandteil zu sein scheint, die von Generation zu Generation übergeben wird und somit als fester Verbindungspunkt zwischen den Familienmitgliedern zu sehen ist. Der Verein verbindet dementsprechend nicht nur die Menschen im Stadion miteinander, sondern ist darüber hinaus ein wichtiger Fixpunkt seit dem Kindesalter, hindurch die verschiedenen Lebensphasen der Befragten. Als ein letzter gemeinsamer Punkt werden die Erwartungshaltung gegenüber dem Spiel und der Mannschaft im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Die Erwartungshaltung wird immer maßgeblich von der Hoffnung der Beteiligten beeinflusst.

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Alle erklären, dass sich diese stark auf den Erfolg der Mannschaft komprimieren und sie sich wünschen zusammen mit der Mannschaft an der Spitze der Tabelle zu stehen. Und zwar vor den Bayern. Mit dem Blick auf diesen Konkurrenten supprimieren sie zwar verbal den Glauben an einen Erfolg über den FC Bayern, die Hoffnung bezüglich des möglichen Wechsels der Vormachtstellung in der Bundesliga wird jedoch kaum gemindert. Des Weiteren besteht der Reiz darin, dass sie zwar eine gewisse Erwartung gegenüber dem Spielverlauf, wie dessen Ausgang hegen, aber es nicht gewiss ist, ob diese dann auch eintrifft. Das Ungewisse ist in dieser Situation als positiv einzuschätzen während es doch in anderen Lebenssituationen eher ein beklemmendes Gefühl bei den Betroffenen auslösen würde. Aber auch der Reiz dessen, ob das Gefühl der Euphorie, des Spaßes hergestellt werden kann, lässt sie immer wieder kommen. So ist doch auffällig, dass bei der Frage nach dem ersten Spiel der Borussia im Stadion, alle Befragten sich nicht an das Spiel, geschweige denn den Gegner oder das Datum erinnern können, sondern lediglich daran dass die Erfahrung so groß und der Reiz so hoch war, diese Emotionen immer wieder zu erfahren, so dass es sie ab da an immer wieder in das Stadion zog. Des Weiteren wirkte sich das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppe und dem entstehenden Zusammenhalt sowie intensivierte Verbindung zu demjenigen, der sie mit ins Stadion nahm positiv auf die Gemütslage, in Hinblick auf das Stadionerlebnis, aus. Diese Erfahrungen werden dann als positiv abgespeichert und als mögliche Empfindung, die es anzustreben gilt, bei jedem weiteren Besuch wieder abgerufen.

6. Fazit und Ausblick

Die Forschungsabsicht in der vorliegenden Master-Thesis lag darin, dass Interaktionsgeschehen und die sich daraus entwickelnden Dynamiken von Fans Borussia Dortmunds auf der Südtribüne unter Einbeziehung emotionssoziologischer Aspekte zu eruieren, um ein Verständnis für das Verhalten einzelner Akteure innerhalb eines Sportereignisses zu entwickeln. Um mögliche Erklärungen zu finden, galt es zunächst die Forschungsfrage wissenschaftlich zu fundieren. Hierfür wurde der Interaktionstheoretische Ansatz Randall Collins hinzugezogen, der sich auf Ausarbeitungen Erving Goffmans und Emile Durkheims bezog. Die Grundlegende Annahme seiner Arbeit, besteht darin, dass unser Miteinander sich aus der Aneinanderreihung von Ketten aus Interaktionsritualen zusammensetzt. Die momentanen Begegnungen zwischen den menschlichen Körpern sind aufgeladen mit Emotionen und dem Bewusstsein darüber, da wir schon viele solche Begegnungen vorher durchlebten. Ob ein Ritual erfolgreich ist oder nicht, lässt sich an bestimmten und von ihm entwickelten Merkmalen festmachen. Um zu verstehen wie Massen funktionieren und wonach sich ihr Verhalten steuert, wurden neben den mikrosoziologischen Aspekten Collins, noch die Ausarbeitungen Le Bons als Vergleichshorizont zu dieser Thematik heran gezogen. Zur Vertiefung der Entstehung emotionssoziologischer Aspekte und im

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Hinblick auf die Beobachtungen der Spiele, um Emotionen erkennen zu können, wurden die Arbeiten Hatfields et al., Paul Ekmans und Jack Katz genauer betrachtet.

Aufbauend auf den aufgezeigten Forschungsstand, dem Mangel an empirisch belegten Auseinandersetzungen mit der Thematik und der von mir formulierten Forschungsfrage in Anbetracht der diskutierten Besonderheit, kam es zu dem gewählten Zugang zur Forschungsanlage durch die Führung von Interviews, ausgerichtet auf die Erfassung emotionsspezifischer Besonderheiten, sowie der Beobachtung von Interaktionsprozesse zwischen den Akteuren untereinander sowie dem Spielgeschehen und den sich daraus entwickelnden Dynamiken der Masse.

Bei der Betrachtung und Analyse der Beobachtungsprotokolle mittels der „sozialwissenschaftlich- hermeneutischen Paraphrase“ nach Heinze/Klusemann ließen sich folgende Erkenntnisse bezüglich der vorherigen theoretischen Auseinandersetzung mit der Thematik gewinnen: Während des gesamten Stadionerlebnisses ließ sich eine Mehrzahl an erfolgreichen rituellen Handlungen feststellen, die nicht nur von stereotypen Aktionen begleitet wurden, sondern sich auch spontan entwickelten. Die Intensität der entstehenden emotionalen Energie steht in Abhängigkeit zu dem geteilten Aufmerksamkeitsfokus, der sich bei bestimmten Szenarien (im Fall eines Tores, Singen der Hymne „You`ll never walk alone“, bei Foulspielen) erhöht, sowie in der Erwartungshaltung der Fans auf der Südtribüne bezüglich des Spielverlaufes- und ausgangs in Bezug auf den bevorstehenden Gegner und in welchem Maße er dem sportlichen Erfolg der Borussia gefährden könnte. So war bei dem Spiel gegen den FC Bayern München eine größere emotionale Energie festzustellen, da sich die Beteiligung an den Ritualen intensivierte, aufgrund der engen Punktekonstellation in der Bundesligatabelle zwischen dem BVB und dem FC Bayern und der sportlichen Vormachtsstellung dieser im deutschen Fußball. So lassen sich diese Erkenntnisse mit den Ergebnissen aus den Interviews bestätigen. Die Erwartungshaltung und die Anforderungen an die Mannschaft sowie die emotionale Erregtheit steigert sich bei der Partie gegen den FC Bayern München, da dieser neben dem FC Schalke 04, als bedeutendster Konkurrent in der Bundesliga angesehen wird. Ergebnis des Rituals und der Entstehung geteilter, emotionaler Energie ist ein hoher Grad an Gefühlen der Zusammengehörigkeit innerhalb der Gruppe und den sich daraus entwickelnden moralischen Standards, als Eckpfeiler des Gruppengefüges, die das Bestehen der Gruppe ermöglichen. Bei Verletzung dieser kommt es zur Sanktionierung bis hin zur Ausgrenzung derjenigen, die diese nicht respektierten sowie derjenigen Außenstehenden die diese zu bedrohen scheinen. Bei allen 3 Partien ließen sich nach Fouls an den eigenen Spielern, gegnerische Spieler als Feindbilder der Gruppe ausmachen, die durch die Verletzung der Spieler von ihnen, die Mannschaft schwächen und den sportlichen Erfolg als ausgemachtes Gruppenziel zu bedrohen scheinen. Explizit bei der Partie gegen den FC Bayern München ließen sich aber 3 weitere Spieler ausmachen, die schon vor Beginn der Partie und ihren Einsatz im Spiel den Unmut der Massen auf sich zogen. Das bedeutet, dass sich diese nicht erst entwickeln müssen, sondern bereits vorher gemachte Erfahrungen, wie von Collins beschrieben, in die darauf folgende Interaktionen getragen werden und dementsprechende extreme Gefühlslagen in den

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Akteuren hervor rufen können. So kommt es bei der Auslebung ihrer Verärgerung nicht nur noch zu akustischen oder verbal aggressiven Äußerungen, sondern auch zu körperlichen Ausschreitungen. Diese sind möglich, weil es innerhalb der Gruppe zu keiner Verurteilung dieses Verhaltens kommt und das Individuum als Bestandteil einer großen Masse keine weiteren Sanktionierungen zu befürchten hat. Aufgrund der räumlichen Distanz zwischen dem Feind der Gruppe und dem, der seiner Verärgerung über die Verletzung moralischer Standards der Gruppe offen zeigt, kommt es zu keiner Face-to-Face Interaktion zwischen den beiden Parteien, die so ein direkte Unmutsbekundung ermöglicht hätte. Desweiteren hält uns das Aufrechterhalten einer persönlichen Beziehungen davon ab, die andere Person zu verletzten, die aber in diesem Fall aufgrund der herrschenden Antipathien wegfällt. Neben dem aggressiven Verhalten gegenüber anderen wurde aber auch durch die Befragten in den Interviews angegeben, dass sie ein solches Verhalten in den Blöcken 12 und 13 (in diesen Arealen versammeln sich die Ultragruppierungen des Vereins, so dass ihnen dieses Verhalten von den beiden Befragten zugeschrieben wurden) gegen die eigene Person oder auch zwischen den Akteuren auf der Süd beobachteten. Die Interviewten verurteilen eine solche Aggressivität, so dass sie die Zugehörigkeit zu der Gruppe der Anhänger des BVB`s in Frage stellen. Die Spieler als ausführende Gewalt und Mitglieder des Vereins, die zur Erfüllung der Gruppenziele erwählt wurden, können ebenfalls sowohl zur Gefährdung dessen werden sowie zum sakralen Objekt durch ihre gewinnbringende Handlung oder dem Aufzeigen großer Opferbereitschaft zur Erreichung der gesetzten Ziele des sportlichen Erfolges. Doch nicht nur Spieler können sich zu einem sakralen Objekt der Masse hin entwickeln. Der Fall eines Tores löst bei den Akteuren Emotionen der Ekstase aus und wird als positive Empfindung gespeichert, deren erneutes Durchleben es zu wiederholen gilt. Genauso können überraschende Momente, wie die Parade des Torhüters der eigenen Mannschaft bei einer Kontersituation für den Gegner, die Emotionen der „erstaunenden Ergriffenheit“, wie Ekman sie betitelt, auslösen. Diese sind in ihrem physischen Erleben so rein und entsprechen dem Maximum positiver Gefühle, so dass die Gier nach diesem Moment, das sakrale Objekt in ihren Besuchen des Stadions darstellt. So ließen sich diese positiven Momente auch in den geführten Interviews als Beweggründe für die immer wiederkehrenden Besuche im Stadion ausmachen. Die Bedeutung um die sich daraus ergebenden Interaktionen mit den anderen Fans und das Verschmelzen während dieses Momentes lassen sich ebenfalls daran erkennen, dass sich über die als sonst geltenden gesellschaftlichen Tabus in diesem Kontext hinweg gesetzt wird (Bierduschen, Umarmen fremder Menschen) und in diesem Moment als Normalzustand unter diesen Umständen angesehen wird.

Der Anspruch dieser Arbeit, Erkenntnisse über das Interaktionsgeschehen sowie Dynamikprozessen unter Bezugnahme emotionssoziologischer Aspekte auf der Südtribüne zu gewinnen, wurde erfüllt. Es haben sich, wie eben beschrieben, Aspekte aufgetan, die aber noch einer Intensivierung bedürfen, um in einer Promotionsarbeit empirisch fundierte wissenschaftlich Ergebnisse zu erzielen. Aufgrund der eben aufgezeigten Ergebnisse aus der Analyse der Beobachtungsprotokolle sowie den geführten Interviews lässt sich fest stellen, dass das Stadiongeschehen eine Aneinanderreihung von formalen wie spontanen Interaktionsritualen ist, die nicht nur durch bestimmte Szenarien auf dem Spielfeld beeinflusst werden, 65 sondern die im Umkehrschluss auch Auswirkungen auf das Spielgeschehen haben können. Um diese Feststellungen weiter zu stützen bedarf es weiterer Untersuchungen, die über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen, um die größtmögliche Variation an Daten zu erbringen. Der Blick auf rituelle Alltagspraktiken die durch Interaktionen hervor gebracht werden, muss noch weiter verstärkt werden, um ein besseres Verständnis von kollektiven und individuellen Momenten bei der Entstehung und Entwicklung von Fantum zu bekommen. Des Weiteren wäre es für die Analyse von grundlegender Bedeutung zu ermitteln, ob und in welcher Intensität das Geschehen auf der Südtribüne Einfluss auf den einzelnen Spieler nimmt. Hierbei bedarf es der Interviewführung mit verschiedenen Spielern über das Spielgeschehen. Aufgrund der unterschiedlichen Charaktere wäre eine Besprechung mit verschiedenen Spielertypen sinnvoll, so dass auch hier wieder die größtmögliche Variation von Daten erreicht werden kann. In Hinblick auf die Dissertation wäre eine Begleitung des Spielers Mario Götzes interessant, der vor einigen Jahren den Verein für den sportlich größten Konkurrenten, dem FC Bayern, verließ und nun wieder zum BVB zurück kehren wird. Aufgrund des vorherigen Treuebekenntnis zur Borussia und den nur weniger später verkündeten Wechsels, ist er zum Feindbild des engsten Anhängerkerns (den Ultragruppierungen) und großen Kreisen der Anhängerschaft, avanciert. Die Reaktion der gesamten Südtribüne und die vielleicht entstehenden Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Fangruppierungen könnten neue Erkenntnisse zu lassen, wie ein ausgewiesenes Mitglied, wieder in die Gruppe integriert wird oder ob sich diese aufgrund der Kontroverse spaltet und sich somit neue Dynamiken entwickeln. Eine weitere Erkenntnis, die sich aus dieser Arbeit hervor getan hat, ist die gezieltere Ausarbeitung der Fragestellungen in den Interviews. Dabei geht es nicht nur darum, spezifischer auf angestrebte Wissensbestände abzuzielen, wie beispielsweise der Frage nach Spielern in Hinblick auf der Herausbildung sakraler Objekte, sondern auch um die verschiedenen Zuschauertypen herauszubilden und welchen Einfluss sie spezifisch auf das Spielgeschehen nehmen und auch nehmen wollen. Desweiteren ist es unabdingbar, um zu verstehen wie Fanenthusiasmus entsteht und funktioniert, zu untersuchen, wie Face-to-Face-Interaktionen sich hin zum Phänomen des Einzelnen in der Masse entwickeln. Wenn einzelne Menschen zu einer Masse verschmelzen verändert sich ihr Verhalten. Um die emotionalen Wirkungsmechanismen des Kollektivs auf das Individuum im Wechsel mit dem Spiel und der Gruppe zu untersuchen und die daraus spezifischen Dynamiken, die in einem solchen Fußballspiel herrschen, muss der Blick mehr auf die individuellen Situationen in der Gruppe vor, während und nach dem Ereignis gerichtet werden. Daher wär es sinnvoll 3 Akteure während einer Saison über zu begleiten um ihre Erwartungshaltungen vor dem Spiel zu erfragen, bevor es nach dem Spiel zu einer tieferen Auseinandersetzung mit den vorhergegangen Erlebnissen während des Spiels, sowie der Erläuterung der Gefühlslage nach dem Spiel, kommt. Wie in der vorherigen Beschreibung der Analyseergebnisse erwähnt, hat nicht nur der Gegner und die sich damit ändernde Erwartungshaltung von Spielverlauf- und ausgang, sondern auch die Entstehung unerwarteter Spielsituationen Einfluss auf die Entwicklung hoher emotionaler Energie. Daher ist es unabdingbar, die Anzahl der Spiele und die Durchmischung der Gegner innerhalb des Bundeligabetriebes zu erhöhen sowie die verschiedenen Wettbewerbsteilnahmen und ihren

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Einfluss auf das Geschehen in die Analyse mit auf zu nehmen. Das bedeutet, dass auch Partien im Rahmen des DFB-Pokals sowie der Champions League besucht werden müssten, um auch die Wahrscheinlichkeit besonderer Spielmomente zu erhöhen. Um einen Vergleichshorizont zu schaffen gegenüber des Sportgeschehens auf der Südtribüne und anderer Stadien, könnte die Begleitung der Fangruppierungen zu anderen Sportstätten in Erwägung gezogen werden. Im weiteren Verlauf sollte versucht werden, die aufgezeigten Erfordernisse in der schon vereinbarten Kooperation mit dem BVB umzusetzen, um eine repräsentative und qualitativ wertvolle Doktorarbeit zu gewährleisten.

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Literatur

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Ekman, Paul, and Susanne Kuhlmann-Krieg. Gefühle lesen: Wie Sie Emotionen erkennen und richtig interpretieren. Spektrum, Akad. Verlag, 2010.

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URL 3: http://www.schwatzgelb.de/2014-07-30-unsa-senf-reus-dortmunder-jungs.html (Stand 13.05.2016)

URL 4: http://www.welt.de/sport/fussball/article139395929/Wie-der-BVB-aus-echter-Liebe-echtes-Geld- macht.html (Stand 15.05. 2016)

URL 5: http://www.transfermarkt.de/eintracht-frankfurt/platzierungen/verein/24 (Stand 11.07.2016)

URL 6: http://www.90min.com/de/posts/77668-kommerzvereine-in-deutschland (Stand 11.07.2016)

URL 7: http://www.transfermarkt.de/fc-bayern-munchen/platzierungen/verein/27 (Stand 11.07.2016)

URL 8: http://www.bvb.de/FAQ/Fragen-zum-Verein (Stand 23.07.2016)

URL 9: http://www.spiegel.de/sport/fussball/dortmunder-suedtribuene-wo-das-herz-des-bvb-schlaegt-a- 496564.html (Stand 23.07.2016)

URL 10: http://mobil.ruhrnachrichten.de/sport/bvb/Fans-schweigen-Todesfall-ueberschattet-BVB- Heimspiel-gegen-Mainz;art11635,2969830 (Stand 29.07.2016)

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Anhang

Anhang 1: Interview Fan 1 männlich Mitte/Ende 30 Jahre + Sequenzierung + Metakommunikative Interpretation

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1 Ich: ja magst du dich erst mal vorstellen wie du hei:ßt und was du so ma:chst?

2 Daniel: äh Daniel ich bin Sonderschullehrer in Mühlheim an ner Schule für erziehungsschwierige 3 Schüler Lernbehinderte Schüler

4 Ich: Ja

5 Daniel: genau.

6 Ich: und wie lange bist du schon BVB-Fan?

7 Daniel: (.) seit Kindesbeinen also seit 1989 war ich zum ersten Mal im Sta:dion, und mit 10 Jahren mit 8 meinem Onkel der hier aus Dortmund kommt und von da aus sind wir immer immer wieder da gewesen 9 und dann ähm Jahre lang mal nur n paar Ma:l und seit 2005 ne Dauerkarte

10 Ich: u:nd wann warst du das erste Mal hier? entschuldigung ((ausversehen Daniel auf dem Fuß getreten)) 11 auf der Südtribüne?

12 Daniel: Auf der Sü:d? (.) Ja auch so um den Dreh 2002,3 So war das erste Mal würd ich sagen

13 Ich: und kannst du dich noch dran erinnern als du das erste Mal auf der Süd warst?

14 Daniel: äh nee <> nicht mehr so also das Spiel weiß ich nicht irgendwie äh, das weiß 15 ich nicht mehr aber da war aber Champions League dabei Real Madrid war ma dabei das war so um die 16 2000 rum 2002 so

17 Ich: ja

18 Daniel: °Joa°

19 Ich: ok und was erwartest du so von dem heutigen Spiel?

20 Daniel: (.) joa n gutes Spiel natürlich wir spielen ja gegen den ist das der Tabellenletzter? Vorletzter? 21 wie auch immer also ich denke ja das wir auf jeden Fall Favorit sind und ähm es auch gewinnen müssen 22 um noch das Ganze n bisschen spannend zu halten nach oben hin und die Konkurrenz fern zu halten und 23 ich glaub das sieht ganz gut aus

24 Ich: ja glaubst du denn das Dortmund denn noch Bayern kriegen kann?

25 Daniel: <> ich hoffe das immer wieder ich hoffe jedes Mal das die Bayern mal Punkte lassen ist 26 (.) realistisch gesehen sieht das schwierig aus ich glaube dass die Bayern das machen werden aber wär 27 natürlich schön grad wenn nächste Woche die Bayern kommen und äh man die Punkte hier lassen kann 28 und das die vielleicht doch nochmal irgendwo Punkte lassen da hofft man natürlich immer nochmal auf

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29 so größere Vereine wie jetzt Wolfsburg gestern oder Gladbach noch oder so aber müssen wir mal 30 abwarten.

31 Ich: aber passiert nix von den Großen?

32 Daniel: Wahrscheinlich nicht ne: die lassen sichs nicht nehmen aber gut n guter Zweiter ist auch OK 33 <>

34 Ich: Ja und ähm kannst du mal beschreiben wie das ist wenn ein Tor fällt auf der Südtribüne?

35 Daniel: (.) ähm ja ist auf jeden Fall sehr laut,

36 Ich: Ja

37 Daniel: äh ich genieß das auch wenn ich mal im Europapokal oder woanders n Spiel mal auf der 38 Gegenseite sitze oder stehe das sich auch mal anzugucken das hat schon mal irgendwie was und sonst es 39 ist einfach laut die die der Boden bebt äh und äh ja die Leute hüpfen durch einander man freut sich mit 40 denen ich bin auch alleine äh da oben auf der Tribüne weil die meine Fußballkumpels haben überall 41 verteilt ihre Plätze und man freut sich mit den anderen zusammen und man nimmt sich da in den Arm 42 das ist schon irgendwie obwohl man sich nicht kennt

43 Ich: ja

44 Daniel: das macht auf jeden Fall Spaß <>

45 Ich: Ok und wie ist das denn wenn für die Gegner n Tor fällt? Auf der Südtribüne

46 Daniel: Es ist -

47 Ich: Oder n wichtiges Spiel verliert?

48 Daniel: (.) also wenn wenn der Gegner n Tor macht dann ist das natürlich ne kurze Zeit sehr ruhig aber 49 sehr kurz und dann geht das direkt weiter wird angefeuert und geht vorwärts also die der Optimismus ist 50 immer da und klar wenn man n wichtiges Spiel verliert grad das Derby oder so dann geht’s halt auch 51 immer auch relativ aggressiv auch zu was Beschimpfungen und so angeht und dann ähm ist es natürlich 52 einfach am Ende auch ne sehr große Enttäuschung. doch wenn man so n Spiel unbedingt gewinnen muss 53 oder will äh, schwierig ( )

54 Ich: ja ist es denn bei dir auch so dass du aggress-

55 Daniel: [ nein

56 Ich: [ aggressiv wirst oder ist das eher um dich rum denn?

72

57 Daniel: Eher um mich rum also ich bin doch relativ ruhig, klar schimpft man mal ne? Auf so ne 58 Situation oder so aber ich schimpf jetzt nicht so auf den Gegner das ist nicht so mein Ding irgendwie da 59 somit zu machen ähm ist jetzt auch wo ich jetzt steh im Block 11 nicht ganz so heftig wie in 12 13 oder 60 sowas ne?

61 Ich: ok

62 Daniel: das ist denn nochmal ne andere Situation

63 Ich: wie geht’s da denn ab? <>

64 Daniel: da war ich auch erst muss ich sagen 2 ma:l da war es schon sehr komisch als man rein ka:m weil 65 da irgendwie jeder sein Stammplatz so hat und man da so weg gedrängt wurde und finde ich irgendwie 66 macht das nicht ganz so sympathisch äh die ganze Fangemeinschaft da weil man doch irgendwie n 67 gemeinsames Ziel hat und ich find man muss da nicht weg gescheucht werden von seinem Platz oder von 68 dem Platz wo man grad steht das hat mich dann schon ziemlich ja genervt oder auch enttäuscht 69 irgendwie so aber gut und ähm da ist dann schon sehr aggressiv

70 Ich: ja

71 Daniel: also fand ich schon verbal und äh ja

72 Ich: und auch körperlich? oder nur verbal

73 Daniel: das hab ich so noch nicht mit bekommen also man man kriegt schon mal ne ne Klopperei somit 74 von Weitem das sieht man und denkt sich was macht ihr denn da ne so untereinander ist es ja alles 75 irgendwie schwachsinnig aber keine Ahnung

76 Ich: ach die prügeln sich auch mal unter einander?

77 Daniel: gibt’s schon auch ja

78 Ich: ok

79 Daniel: also selten kriegt mans mit aber man sieht dann so ne Traube dass sie sich ärgern wenn ne Fahne 80 im Weg hängt oder so was während des Spiels und die nicht weg genommen wird und das sind dann so 81 Situationen

82 Ich: ok und ähm gibt es ein Spiel woran du dich besonders erinnerst?

83 Daniel: (.) Malaga.

84 Ich: ok

73

85 Daniel: äh das war schon sehr geil äh da hab ich aber in der Kurve gesessen gegenüber von der Süd auch 86 da vor allem in der letzten Sekunde das Tor noch zu machen und vorher ganz klar schon (.) ja das ganze 87 aufgegeben und eigentlich schon enttäuscht war und dann noch in letzter Minute dieses Tor zu kriegen 88 das war schon das war schon total super also das ist schon das was mich in letzter Zeit sehr echt gepackt 89 hat das war cool und dann das Derby das 3:3 damals wo man schon zur Pause zurück gelegen hat und 90 dann fast noch das 4:0 kassiert wo man fast keine Chance mehr hat und dann nochmal zurück kommt das 91 ist, das ist schon ganz cool dann ist man auch zufrieden mit son Punkt gegen den Erzrivalen

92 Ich: ok und warst du schon mal hier als man im Derby das Derby verloren hat?

93 Daniel: war ich auch schon mal ja die haben das Derby hier schon mal verloren

94 Ich: und wie war das so? Stimmung? wie würdest du das so beschreiben?

95 Daniel: ja das ist schon enttäuschend dann natürlich ne?

96 Ich: ja

97 Daniel: man geht schon mit gesenktem Kopf nach Hause man ärgert sich einfach drüber und äh ja aber 98 irgendwie geht es dann doch auch weiter so find ich auch merkt man auch an den an den Zuschauern 99 dass man denkt Komm, nächstes Mal <>

100 Ich: ok gut, das wars denn eigentlich auch schon vielen Dank

101 Daniel: sehr gerne

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Sequenz 1 Z.1-18

Eingangs stellt sich der Interviewte Daniel vor, d.h. wie er heißt und was er beruflich macht. Fan der Borussia ist Daniel schon seit „Kindesbeinen“ an. 1989 besuchte er dann zum ersten Mal das Stadion, dank seines Onkels der ihn mitnahm. Ab dem Zeitpunkt kehrte er immer wieder zurück, bis auf ein paar Jahre, in denen er es nur ein paar Mal schaffte. Seit 2005 besitzt er dann auch eine Dauerkarte. Auf die Nachfrage, ob er sich an seinen ersten Besuch der Südtribüne erinnern könnte, verneinte er dies, aber das es eine Champions League Begegnung mit Real Madrid um 2000/2002 rum gab, fiel ihm gerade ins Gedächtnis.

Sequenz 2 Z.19-33

Von dem heutigen Spiel erwartet Daniel einen Sieg seiner Mannschaft gegen die TSG Hoffenheim, die sich nur auf den letzten oder vorletzten Tabellenplatz befindet und man aufgrund dessen die Favoritenrolle in dieser Partie inne hat. Ein solcher Erfolg ist notwendig um die Spannung nach oben zu halten und die Konkurrenz nach unten hin fern zu halten. Auf Nachfrage erklärt der Interviewte, dass er immer wieder hofft, dass die Bayern Punkte liegen lassen, aber dass es realistisch gesehen, schwierig ist. Es wäre schön, wenn man nächste Woche gegen die Bayern gewinnen würde, und wenn diese dann noch irgendwo anders Punkte lassen würden, könnte man diese noch einholen. Dafür müssten aber auch die anderen größeren Verein wie Wolfsburg gewinnen. Da dies aber nicht geschieht, ist für Daniel die Tabellenposition des guten Zweiten auch ok.

Sequenz 3 Z.34-58

Bei einem Tor, wird es nach dem Befragten, sehr laut auf der Südtribüne. Er erklärt, dass er es auch mal genießt einen Torfall von einer anderen Tribüne aus zu beobachten, wie im Europapokal. Ansonsten ist es einfach laut, der Boden fängt an zu beben, Leute hüpfen durcheinander und man freut sich mit ihnen. Da seine Fußballkumpels überall verteilt im Stadion sitzen, freut man sich eben mit den Leuten um sich herum über das Tor. Obwohl man sich nicht kennt, umarmt man sich. Bei einem Gegentor, so erklärt er, ist es für eine sehr kurze Zeit, sehr ruhig bevor dann direkt wieder die Mannschaft angefeuert wird. Der Optimismus ist immer da, selbst wenn gerade ein wichtiges Spiel, wie das Derby, verloren gegangen ist. Er nimmt um sich herum auch Aggressionen und Beschimpfungen wahr, während einer solch wichtigen Partie, da es dann doch eine sehr große Enttäuschung ist. Daniel selber schätzt sich nicht als aggressiv ein. Es ist zwar so, dass er dann auf die Situation schon mal schimpft, aber nie auf den Gegner.

Sequenz 4 Z.59-81

Daniel gibt an, dass es im Block 11, wo er jetzt immer steht, Aggressionen nicht ganz so heftig ausgelebt werden. In den Blöcken 12 und 13 ist dies schon ganz anders, die er schon 2 Mal besuchte. Er berichtet, dass es schon sehr komisch war als man rein kam, da jeder seinen Stammplatz hat und man somit immer

75 weg gedrängt wird. Dies findet der Interviewte nicht ganz so „sympathisch“, da man doch zu einer Fangemeinschaft gehört und auch dasselbe Ziel somit verfolgt. Diese Erfahrungen haben ihn nicht nur genervt, sondern auch enttäuscht. Aggressivität äußert sich dabei nicht nur verbal, sondern auch physisch. So hat er Auseinandersetzungen von Weitem mitbekommen. Dabei ging es um eine Fahne, die im Weg hing und nicht weg genommen wurde. Daniel selber findet dieses Verhalten eher „schwachsinnig“ untereinander.

Sequenz 5 Z.82-102

Auf die Frage nach einem Spiel, was ihm besonders in Erinnerung geblieben ist, antwortet Daniel recht schnell, „Malaga“. Bei diesem Spiel saß er gegenüber Süd. Das Besondere an dieser Partie war, dass man eigentlich schon aufgegeben hatte, aber dann in letzter Minute noch dieses Tor zu machen, war etwas ganz besonderes, was ihn sehr „gepackt“ hat. Als weiteres Spiel gibt er das Derby an, welches 3:3 endete. Man hatte zur Pause schon zurück gelegen und kassiert nach dieser schon fast das 4:0 bis die Partie noch gedreht wurde, und man somit auch zufrieden mit diesem einen Punkt gegen den „Erzrivalen“ ist. Bei einer Niederlage im Derby, so sagt er, ist man schon enttäuscht und ärgert sich darüber. Trotzdem geht es immer irgendwie weiter und das stellt er auch bei den anderen fest, die dann schon aufs nächste Mal blicken.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 1:

Daniel erklärt, dass der Beginn seiner Fananhängerschaft in seiner Kindheit zu verorten ist. Der erste Besuch, der durch ein Familienmitglied eingeleitet wurde, war ausschlaggebend für die regelmäßige Wiederkehr ins Stadion. Auffälliger Weise kann er sich nicht an sein erstes Spiel auf der Südtribüne erinnern, sondern nur jenes Champions League Spiel was ihm als erstes ins Gedächtnis rückte.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 2:

Die Erwartungshaltung Daniels richtig sich an die Mannschaft, die mit einem Sieg den BVB weiter in der Erfolgsspur halten können. Dabei geht der direkte Blick des Befragten auf die Konkurrenz, die den Erfolg der Borussia maßgeblich beeinflussen könnten. Durch den Gewinn der anderen großen Vereine gegen die Bayern, könnten sie die Chance erhöhen, dass der BVB eben diesen einholen könnte. Das heißt also der Erfolg anderer Vereine würde in Ordnung gehen, wenn es der eigenen Mannschaft in Hinblick auf den sportlichen Erfolg nützt. Der FC Bayern wird hier als sportlich stärkster Konkurrent wahrgenommen, der mit allen Mitteln (also auch durch Legitimierung sportlicher Erfolge anderer Mannschaften) versucht wird herauszufordern und im Idealfall einzuholen. Dabei ist der Befragte immer hin und her gerissen zwischen der Aussicht darauf, dass dies geschieht und der Diffamierung dieser Hoffnungen, so dass er sich letztendlich der Genügsamkeit hingibt, als Tabellenzweiter abzuschließen, was wiederum nach

76

Daniel eher auf die Stärke des FC Bayern und des Unvermögen der anderen Vereine zurück zu führen ist und somit auch Zufriedenheit mit der eigenen Mannschaft feststellen lässt zum derzeitigen Zeitpunkt.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 3:

Daniel antwortet reflexartig auf die Frage nach dem Moment des Torfalls, dass es sehr laut wird. Das bedeutet dass sein erster Gedanke an diese Situation darin besteht, was körperlich in Form von Lautstärke auf seinen Körper einwirkt. Der zweite Gedanke richtet sich daran wie es ist, die Szenerie auch mal von einer anderen Perspektive zu beobachten. Was zweierlei Hintergründe haben könnte. Zum einen könnte es sein, dass für ihn dieses Spektakel so beeindruckend ist und er sich auch gerne in die Position eines Außenstehenden versetzt, um dies betrachten zu können. Zum anderen sind die Reize, eventuell insbesondere die akustischen, so groß, dass er diesen auch gerne einmal entflieht und von anderer Position aus zufriedenstellend beobachtet. Auffällig ist, dass er nachdem er wieder gedanklich auf die Südtribüne zurück kehrt, er in seiner Beschreibung anfänglich wieder auf die Lautstärke eingeht. Als zweiten Sinneseindruck, wieder ein körperlicher, bemerkt Daniel wie der Boden unter ihm anfängt zu beben. Erst danach geht er auf das Interaktionsgeschehen mit den anderen Fans ein. Auf einen Torfall reagieren die Leute voller Begeisterung, die sich dadurch äußert, dass man wild umher hüpft und sich zusammen als Gruppe, die nebeneinander steht über diesen Erfolg freut. Daniel erklärt, dass er bei seinen Besuchen nicht mit seiner eigentlichen Gruppe aus Freunden und Borussia-Fans zusammensteht, sondern dass alle verteilt im Stadion die Partie verfolgen. Was darauf hinweist, dass das Erlebnis eines Spiels des BVB' s nicht vordergründig darin besteht, sie mit seinen üblichen Freundeskreis zu teilen, sondern es wirklich um das reine Fußballerlebnis und die Unterstützung der Borussia geht (auch auf Kosten dessen, dass man nicht zusammensitzt und das miteinander teilt). Was für Daniel eher unüblich ist, ist das Umarmen fremder Menschen im Moment des Jubels. Im Kontext des Stadionbesuches ist dies für ihn kein Tabu sondern eher Reaktion auf die Euphorie und des Glückes, welches man in jenem Moment empfindet.

Bei einem Gegentor indessen, ist die Stimmungslage konträr zu einem Jubel. Dies fängt schon bei der Lautstärke an. Während bei einem Torfall es ganz laut ist, erklärt Daniel dass bei einem Gegentor es abrupt sehr leise wird, jedoch nur für einen sehr kurzen Augenblick. Das heißt, dass dieser Moment sehr flüchtig ist und nur für den Bruchteil einer Sekunde anhält. Die Situation, nach diesem kurzen Augenblick der Stille, ist eine voller wiederkehrender Hoffnung seines Empfindens nach. Die Mannschaft wird daraufhin sofort wieder lautstark unterstützt. Jegliche bedingungslose Unterstützung und optimistische Kraft wird der Mannschaft selbst in Momenten der Niederlage eines Derbys zu teil. Der Vergleich den er zur Niederlage eines Derbys zieht, soll die Besonderheit dieser Reaktion der Fans hervorheben. Er weist aber auch darauf hin, dass wenn ein solches Spiel verloren geht, sich auch Frustration und daraus resultierende Aggressionen entstehen können. Diese nimmt er um sich herum in Form von verbalen Entgleisungen wahr, sich selber nimmt er jedoch her raus. Schimpfen ist für ihn etwas Normales in solch

77 einer Situation, jedoch würde er sich nie so extrem wie andere um ihn herum verhalten und insbesondere auch nicht auf den Gegner verbal los gehen.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 4:

Durch den Vergleich mit den anderen Blöcken 12 und 13, setzt er den Aggressionsgrad seiner Umgebung herab und offenbart Unterschiede innerhalb der Südtribüne. In Anbetracht der Aggressionsbereitschaft scheinen die Blöcke 12 und 13 sich erheblich von dem Rest der Tribüne abzugrenzen. Dies äußert sich aber nicht nur in der Schärfe verbaler Äußerungen, sondern auch physisch. Der Anspruch auf den Stammplatz, den man jedes Heimspiel einnimmt, wird auch durch das körperliche zurechtweisen „neuer“ Fans innerhalb des Blockes geltend gemacht. Daniel wirft hier den Aspekt auf, dass hier das Gefühl der Gemeinschaft als Einheit des Vereins verloren gegangen ist. Man grenzt andere Fans, die sich dort nicht zu jedem Heimspiel aufhalten, aus anstatt sie auf- und anzunehmen als weiterer Sympathisant des Vereins. Diese Tatsache löst in Daniel das Gefühl der Verärgerung und Enttäuschung aus. Aber nicht nur dieses Verhalten entspricht nicht Daniels Vorstellungen des Fantums. Prügeleien untereinander, in Folge eines Streites bezüglich einer Fahne, die im Weg ist, bewertet er ebenfalls negativ und sind dem Gemeinschaftsgefüge nicht würdig.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 5:

Auf die Frage hin nach einem Spiel was ihn besonders im Gedächtnis geblieben ist, antwortet er reflexartig „Malaga“. Das Spezielle in diesem Spiel liegt für ihn darin, dass man bis kurz vor Ende als sicher Sieger vom Platz ging, bis in den allerletzten Minuten noch der Bruch gelang. Diese Wende, als er als Fan eigentlich das Spiel schon aufgegeben hatte und der Mannschaft noch die Wende gelang, ist an Überraschung und Euphorie kaum zu übertrumpfen. Gesteigert wird diese Dramatik durch die Tatsachen, dass sich diese ganze Wende innerhalb weniger Minuten abspielte. Diesem Muster ähnlich, verlief auch das zweite Spiel, an das sich Daniel im Positiven zurück erinnert. Diesmal kommt die Dramatik dadurch zustande, dass man zum Einen gegen den Revierkontrahenten spielte, und die Partie schon vorher angespannt war, da es hier auch um ein gewisses Prestige zu gehen scheint und zum anderen war es wieder der Tatsache geschuldet, dass man bis kurz nach der Halbzeit das Spiel schon tot geglaubt hatte, durch eine 3:0 Führung seitens der Schalker. Das denn in der zweiten Halbzeit die Wende kam, ist für Daniel als Anwesenden etwas Besonderes gewesen, so dass er auch mit einer mäßigen Punkteausbeute sich zufrieden stellt. Wichtig ist hier der Kampf, der zu diesem Erfolg führte. Auf Nachfragen der Interviewerin bestätigt er das schon vorher Gesagte, dass man zwar bei einer Niederlage enttäuscht gewesen wäre, aber man sich auch relativ schnell wieder auf die nächsten Partien einstelle.

78

Anhang 2: Interview Fan 2 weiblich 50 Jahre + Sequenzierung + Metakommunikative Interpretation

79

1 Ich: können Sie sich mal vorstellen wie sie heißen und was sie so machen?

2 Karin: also ich heiße Karin Tischer bin Rentnerin bin 50 Jahre (.) bin seit über 20 Jahren Borussen-Fan 3 (.) über 15 Jahre hier auf de Südtribüne

4 Ich: Ja (.) und ähm sie sind 20 Jahre schon BVB-Fan..

5 Karin: [ Ja ja

6 Ich: und seit dem auch auf der Südtribüne

7 Karin: und ich bin seitdem schon fast auf der Südtribüne seitdem eigentlich auch

8 Ich: und können sie sich noch an das erste Mal erinnern auf der Süd

9 Karin: [ nein weiß ich nicht mehr. ich weiß nur das erst mal wo ich da gesessen hab war drüben auf der 10 andern auf der äh Nordkurve

11 Ich: ja

12 Karin: [ da hab ich das erste mal als Kind gesessen mit 15 14

13 Ich: ja

14 Karin: da war Deutschland gegen? (.) keine Ahnung.

15 Ich: und ähm

16 Karin: [ das hab ich seitdem hat es mich gepackt.

17 Ich: Ja

18 Karin: das erste mal kann ich mich schon dran erinnern da war ich 2:000 da war ich das erste mal richtig 19 drauf

20 Ich: Ja

21 Karin: auf der Südtribüne da bin ich ne Umschulung angefangen und dann hat mir jemand ne Karte 22 geschenkt und seitdem (.) ist es passiert aber nur Heimspiele mehr kann ich mir finanziell nicht leisten 23 anders.

24 Ich: ja und ähm was würden sie sagen ist das besondere? warum kommen sie immer wieder hier her

25 Karin: die Atmosphäre,

26 Ich: Ja

80

27 Karin: es ist einfach der der Kick der da ist mit den anderen Fa:ns jeder hält zusammen es ist alles es ist 28 man ist da mitgefangen,

29 Ich: Ja

30 Karin: es macht Spa:ß es ist der Reiz ist da man ist jedes mal so u:nglaublich aufgeregt und fiebert mit 31 der Mannschaft mit

32 Ich: ja

33 Karin: So gehts mir jedenfalls (.) auch bei den Heimspielen ich gucke die Auswärtsspiele auch an im 34 Fernsehen natürlich ne? ist finanziell nicht anders drin.

35 Ich: Ist da n Unterschied wenn man im Fernsehen guckt und hier steht ne

36 Karin: [ ja: live ist live ich tu diskutier mit meinem Mann auch immer drüber er sacht ich hab das und 37 das gesehen ich sach, live ist live man sieht es anders man kann es ganz anders beurteilen als wie die 38 Leute die fernsehen gucken

39 Ich: Ja

40 Karin: [ Ist ganz anders

41 Ich: und ähm was erwarten sie von dem heutigen Spiel? gegen die Bayern

42 Karin: Gewinnen unsere Mannschaft mit 2:1.

43 Ich: 2:1?

44 Karin: 2:1 ich mach ganz klein. je höher desto besser (.) Sieg wär schön damit die Bayern endlich mal 45 die Klappe kriegen <>

46 Ich: und glauben sie es wird n spannendes Spiel?

47 Karin: Ähm ( ) doch, ziemlich auf jeden Fall das wird ein he:ißes Spiel sagen wir mal so weil die 48 Dortmunder und die Bayern mögen sich nicht so

49 Ich: Ok aber nicht so wie gegen Schalke natürlich?

50 Karin: Schalke ist noch schlimmer <>

51 Ich: Aber würden sie sagen, dass es nach Bayern so das interessanteste Spiel ist so? von der Stimmung 52 nach her

53 Karin: [ Ja Ja Ja doch würd ich schon sagen (.) Ja ich find Schalke ja noch n bi:sschen intensiver aber 54 das macht denn der Anreiz ne? die Bayern haben jetzt verloren und jetzt sind noch 5 Punkte? das macht 81

55 natürlich n Anreiz das wir Interesse haben weiter höher zu kommen wenn die Bayern verlieren Wä:re 56 schön

57 Ich: und wär das das gleiche gewesen von der Spannung her wenn Bayern jetzt nicht verloren hätte?

58 Karin: denk ich mal schon.

59 Ich: ja?

60 Karin: ja: aber der Anreiz ist natürlich da weil nur nachher 3 5 Punkte fehlen ne? das macht halt Spa:ß

61 Ich: ja und ähm können sie mal beschreiben wie das ist wenn hier n Tor fällt?

62 Karin: °O:h° °o:h° °Heiß° es ist ein ( ) man muss aufpassen das man nicht von hinten nass gespritzt 63 wird weil das ist wirklich man kriegt da ne Bierdusche oder eben man wird da nach vorne gedrückt son 64 bisschen weil da ne ne die andern das ist nur ein das geht richtig durch und durch durch Mark und Bein 65 geht das man kann es nicht beschreiben.

66 Ich: und wie ist das wenn Dortmund hier verliert auf der Südtribüne

67 Karin: Nicht gut da ist die Stimmung gedrückt

68 Ich: Ja?

69 Karin: Ja

70 Ich: wie äußert sich das so?

71 Karin: Ja: schlechte Laune

72 Ich: lange Gesichter?

73 Karin: [ joa

74 Ich: [ wird es auch mal aggressiv oder so

75 Karin:° ja bei den andern also bei mir nicht so ich merk schon das die Laune unten ist ne das merkt man 76 schon° aber ich aggressiv? nein was hab ich davon

77 Ich: ok.

78 Karin: [ neinich mag keine Gewalt

79 Ich: [ es sind auch viele Menschen hier und dann es wird ja auch e:ng

80 Karin: [ ja heute wird es sehr eng

82

81 Ich: Ja

82 Karin: 25.000,

83 Ich: fühlen sie sich auch immer wohl hier?

84 Karin: [ Ja ja ja

85 Ich: a:uch mit den ganzen Menschen? auch wenn man nach vorne gedrückt wird beim Tor

86 Karin: na ja deswegen stell ich mich hier ((hält sich an der Stange vor ihr fest und drückt sie 2 Mal mit 87 den Händen)) hin °weil ich hab ja Behinderung und das is für mich das A und O°.

88 Ich: Ja

89 Karin: °ja durch den Schwung und alles da muss ich n bisschen aufpassen° ich hab le:ider das Problem 90 gesundheitlich aber hier ist ja das gu:te mit Fa:ns und allem hier passt ja einer auf den andern auf also

91 Ich: [ also noch nie was passiert?

92 Karin: nee das einzige was ma passiert ist im Block 13 das ist ganz extrem da hat man mir schon die 93 Jacke angezündet. diese hier. ((öffnet die Jacke mit ihren Händen und dreht mir kurz den Rücken zu um 94 sie zu zeigen))

95 Ich: Warum?

96 Karin: ja weil da eben ne Niederlage ich glaub das war sogar gegen Bayern?

97 Ich: Ja

98 Karin: ist aber schon 12 Jahre her. (.) aber das war das fand ich nicht so prickelnd.

99 Ich: das glaub ich.

100 Karin: das war nicht angenehm. (.) ich habs aber nicht gemerkt (.) das hat mir hinter her einer die jacke 101 ausgemacht

102 Ich: ja

103 Karin: °und äh ne Rotwein-Dusche hab ich schon mit gekriegt. (.) auch wegen ner Niederlage aber so.°

104 Ich: Ja. (.) und äh was halten sie denn von den Ultras?

105 Karin: °Nix° das ist nix. nein. Gewalt verabscheu ich muss ich nicht haben. da brauch ich nicht ins 106 Stadion gehen,

107 Ich: Ja 83

108 Karin: Isso wer Ge:walt brauch? brauch nicht ins Stadion auch auch diese hier Rassis, brauch ich mich 109 nicht ganz ehrlich ist für mich genau das Gleiche.

110 Ich: Ok

111 Karin: ich hab zwar n bisschen Probleme mit denen was jetzt hier so viele da sind aber keine Probleme 112 mit anderen Menschen Kann ke:iner was dafür jeder Mensch ist gleich man muss es so nehmen wie es 113 ist, und ich finde Gewalt gehört nicht ins Stadion

114 Ich: Ja aber ähm (.) Ultras sind schon wichtig oder?

115 Karin: Ultras gehören dazu: aber jeder vertritt seine eigene Meinung nee? wir haben unsere, ich will 116 meine Ruhe haben, das Spiel genießen, und wenn die ihrs haben müssen die ihrs machen ne? das ist 117 ist denn denen ihre Sache. °nicht meine°.

118 Ich: Also Ultras ja aber ohne Gewalt?

119 Karin: O:hne Gewalt

120 Ich: ok

121 Karin: [ °Gewalt muss ich nicht haben°

122 Ich: Gut das wars dann vielen Dank

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Sequenz 1 Z.1-40

Im ersten Abschnitt des Interviews gibt die Befragte Karin, nach der kurzen Vorstellung ihrer Person (Name, Alter, Beruf) einen Einblick in ihre bisherige Fanbiographie. An ihren ersten Besuch auf der Südtribüne kann sie sich nicht erinnern, jedoch weiß sie noch, dass sie als Kind während eines Länderspieles der deutschen Nationalmannschaft ins Stadion mitgenommen wurde. Nach kurzer Überlegung fällt ihr zwar nicht mehr das genaue Spiel ein, aber sie weiß noch, dass sie während einer Umschulung eine Karte bekommen hatte und seit diesem Augenblick ist sie bei jedem Heimspiel anwesend. Der Grund für ihren immer wiederkehrenden Besuch ist der Zusammenhalt mit den anderen Fans und den Spaß den sie dabei empfindet. Dieses Live-Erlebnis ist mit dem Spiel schauen vor dem Fernseher einfach nicht zu vergleichen, so erklärt sie es auch immer ihrem Mann, wenn die beiden darüber diskutieren.

Sequenz 2 Z.41-61

Von dem heutigen Spiel der Borussia gegen den FC Bayern München erwartet Karin einen 2:1 Sieg für ihre Mannschaft, damit die Bayern endlich auch mal wieder eine Niederlage hinnehmen müssen. Diese Partie wird ein sehr heißes Spiel, da sich die beiden Mannschaften nicht mögen. Karin erklärt aber, dass diese Abneigung nicht zu vergleichen sind, mit der Antipathie, mit der sich der BVB und der FC Schalke 04 begegnen. Der Anreiz heute ist, dass die Bayern zuvor in der Woche verloren hatten und damit der Abstand in der Tabelle auf 5 Punkte geschrumpft ist. Mit einem Sieg könnte der BVB noch dichter an die Bayern heran rücken. Karin erörtert, dass zwar auch ohne diesen besonderen Umstand die Partie eine spannende gewesen wäre, aber aufgrund dessen nicht nur die Spannung sondern auch der Spaß an dem Spiel gestiegen ist.

Sequenz 3 Z.62-79

Auf die Frage hin, wie es ist, wenn ein Tor für die Borussia fällt, antwortet Karin erst einmal mit einem lang-gezogenen und betonten „oh oh heiß“. Nach einen kurzen Pause des Überlegens erklärt sie, dass man von hinten mit Bier nass gespritzt wird und man ein wenig nach vorne gedrückt wird, aber nicht wirklich weit, weil dort die anderen gleich stehen. Dieser Moment geht durch „Mark und Bein“ und ist für sie nicht in Worte zu fassen. Bei einer Niederlage dagegen ist die Stimmung sehr gedrückt. Es herrscht vornehmlich schlechte Laune und es kann sogar aggressiv werden.

Sequenz 4 Z.80-106

Die Interviewte gibt an, dass auch wenn 25.000 Menschen auf der Südtribüne stehen und es sehr eng wird, sie sich trotz dessen immer wohl fühlt. Um den Druck von den Menschenmassen stand zu halten, stellt sie sich immer zu jedem Spiel an den gleichen Platz an die Stange. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkung ist es sehr wichtig, dass sie auf sich aufpasst. Aber nicht nur sie selber sondern auch die

85

Fans um sie herum achten aufeinander. Einzig im Block 13 hat Karin negative Erfahrungen mit anderen Fans gemacht. Dort ist es „ganz extrem“ bezüglich des Aggressionsverhaltens, so dass neben einer Rotweindusche, ihr auch schon die Jacke angezündet wurde. Sie merkte erst gar nichts davon, bis ihr jemand das Feuer ausmachte. Grund für diese Aktion war eine Niederlage vor 12 Jahren gegen die Bayern.

Sequenz 5 Z.107-125

Auf die Frage nach einer Einschätzung ihrerseits bezüglich der Ultragruppierungen antwortet sie, dass sie „nix von denen“ hält. Gewalt verabscheut sie und gehört nicht ins Stadion, genauso wenig wie Rassismus. Die Befragte erörtert, dass sie sonst keinerlei Probleme mit anderen Menschen hat, denn jeder ist gleich und man muss sie akzeptieren wie sie sind. Ultras gehören zwar dazu, aber sie vertritt ihrem Erachten nach eine andere Meinung als diese. Im Stadion möchte sie in Ruhe das Spiel genießen und solange keinerlei Gewalt mit hinein getragen wird, akzeptiert sie jeden.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 1:

Auffällig ist, dass Karin sich kaum an Details die Partie betreffend erinnern kann, sondern eher an die Lebensumstände in die ihre Besuche eingebettet sind. Beim ersten Stadiongang war es die Verortung ihrer Person in die kindliche Lebensphase und dass es sich um ein Länderspiel handelte. Die Beschreibung ihres ersten Besuches der Südtribüne ist geprägt von der Erinnerung dessen, wie sie zu dieser Karte gekommen ist. Das bedeutet, dass die Gedanken dieses Ereignisses gekoppelt sind an bestimmte Lebensabschnitte, in der sich die Befragte zu der Zeit befand.

Die Erklärung Karins, warum sie seit ihrem ersten Besuch der Südtribüne immer wieder kehrt, ist für sie die Interaktion mit den anderen Fans und dem damit verbundenen Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppe in sich immer wiederholenden Abständen. Als Bestandteil der Anhängerschaft der Borussia verspürt sie einen Zusammenhalt mit diesen anderen Menschen in einer besonderer Art und Weise, die sich nur entwickeln kann, wenn man sich vor Ort befindet, d.h. sich in die direkte Face-to-Face- Interaktion begibt. Der Einfluss vieler Menschen aufeinander fördert das Gefühl der Erregung und Freude in ihr. Es entsteht ein Expertenwissen, was andere (bspw. ihr Mann zu Hause) so nicht nach vollziehen können.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 2:

Die Erwartungshaltung Karins richtet sich an die Mannschaft. Die Spieler sollen durch einen Sieg, den Konkurrenten schwächen und die eigene Stellung innerhalb der Tabelle steigern. Karin erklärt, dass sich beide Vereine nicht mögen und aufgrund dessen ein spannendes Spiel zu erwarten ist. Im Laufe dieser Erzählung zieht sie den Vergleich zum FC Schalke 04, dessen Feindschaft eine noch viel größere ist in

86 ihren Augen. Zur Einordnung der Antipathie und Klassifizierung des bevorstehenden Duells legt sie die Rangfolge so fest, dass für sie das Spiel gegen die Bayern nach dem Revierderby gegen den FC Schalke 04 das interessanteste Spiel ist. Aufgrund der sportlichen Nähe in der Tabelle, die durch einen Sieg hergestellt werden kann, ist der Anreiz besonders groß. Zugleich bedeutet dies aber auch, dass die Partien gegen andere Vereine aufgrund sportlicher Überlegenheit herab gesetzt werden können und es somit immer bestimmte Faktoren gibt, die eine Partie auch schon vor ihren Beginn beeinflussen und die Erwartungshaltung steigern können.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 3:

Die Reaktion Karin auf die Frage der Interviewerin lässt erahnen, dass die Situation eines Torfalls eine ganz besondere ist. „Oh“ als Ausruf der Überraschung oder Verwunderung ist in dieser Situation Ausdruck einer nachempfundenen Gefühlslage für die sie im ersten Moment keine direkten Worte finden konnte. Nach einer kurzen Pause des Überlegens beschreibt sie den Moment und die damit verbunden Reaktionen ihrer Umwelt, die auf sie wirken. Neben der Bierdusche wird man von den Leuten um sich herum ein wenig nach vorne gedrängt. Was in anderen Umgebungen doch eher als Störung oder Tabu empfunden wird, ist für Karin nicht nur etwas Annehmbares sondern stellt für sie eine Ausnahmesituation dar, die sie im positiven Sinne zu ergreifen scheint. Die Wortwahl ihrerseits, dass es durch „Mark und Bein“ geht, weist darauf hin, dass sich dieses angenehme Gefühl sogar körperlich sich auf sie auszuwirken scheint. In dieser Interaktionssequenz wird die euphorische Nachempfindung der Befragten durch die Interviewerin aufgebrochen. Die emotionale Erzählung Karins und das gesteigerte Herein empfinden in diese Situation wird durch die Frage nach der konträren Gefühlslage bei einer Niederlage der Borussia sogar beendet. Die knappen Antworten ihrerseits lassen sich darauf zurück führen, dass sie diese Empfindungen gerade nicht leisten kann, und somit nur kurz erklärt, dass die Stimmung dann nicht gut ist und die Menschen eher Enttäuschung empfinden, die sich auch in Frustration und Aggression entladen kann.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 4:

Aufgrund der verhaltenen Reaktion Karins auf die zuletzt gestellte Frage, versucht die Interviewerin im Gespräch und das Hinleiten auf ein weiteres Thema, weitere Erzählungen zu generieren. So beginnt sie ihre Ausführung damit, dass sie noch einmal darauf eingeht, dass sehr viele Menschen auf der Südtribüne Platz finden. Diese kann sie jedoch nicht beenden, da Karin sie in ihren Satz unterbricht und den Sachverhalt noch mit der genauen Zahl untermauert. Die Interviewerin setzt daraufhin an ihre Fragestellung zu Ende zu bringen und erfragt, ob Karin sich denn bei der Masse an Menschen und der entstehenden Enge wohlfühle. Diese reagiert sofort in dem sie 3 Mal das Wort „Ja“ wiederholt. Auf erneuter Nachfrage, erklärt sie, dass sie sich zwar wohlfühle aber auch immer Vorsichtsmaßnahmen trifft. So stellt sie sich gezielt an die Stange um sich dort aufgrund ihres kaputten Beines fest zu halten, und des weiteren bringt sie das Argument an, dass man hier auf sich gegenseitig aufpasse. Doch dies ist nicht

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überall so. Sie berichtet darauf hin von negativen Erfahrungen im Block 13. Dort ist es viel extremer, so dass ihr sogar schon einmal die Jacke angezündet wurde. Sie dreht sich daraufhin um und zeigt der Interviewerin die Jacke. Auch hier kam ihr ein anderer Fan zur Hilfe und machten das Feuer aus. Karin betont wiederholt, dass ihr diese Situation sehr unangenehm war und diesbezüglich negative emotionale Erinnerungen an das Geschehen ausgelöst werden. Bei beiden Aktionen gibt sie an, dass eine Niederlage Ursache war, so dass man von ausgehen muss, dass sich der Frust derart steigerte, dass die Handlungen massiv ausgeartet sind und sich auf die eigenen Fans auf der Südtribüne entluden.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 5:

Auffällig ist, dass Karin auf die Frage nach den Ultragruppierungen, diese mit gewaltausübenden Verhalten assoziiert. Die Erfahrungen aus dem Block 12 haben sich belastend auf ihre Beziehungen zu dieser Art Fans ausgewirkt, so dass sie sogar noch einen Schritt weiter geht. Sie verurteilt nicht nur diese Menschen, die gewalttätig sind oder rassistische Einstellungen vertreten, sondern plädiert dafür, diese gänzlich aus dem Stadion zu verbannen. Diese Gruppe von Menschen ist für sie zu einem Feindbild heran gewachsen, die nicht mit ihren Vorstellungen einer BVB-Anhängerschaft übereinstimmen und ihre Lebenswelt innerhalb des Stadionbesuches bedrohen.

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Anhang 3: Interview Fan 3,4,5, Anfang 20 Jahre + Sequenzierung + Metakommunikative Interpretation

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1 Ich: könnt ihr euch vielleicht erst mal vorstellen wie alt ihr seid wie ihr heißt was ihr so macht?

2 Tom: <> soll ich jetzt einfach labern oder was?<> bin 3 21 Tom komme aus Dortmund (.) Joa bin äh gelernter Metzger ( ) Wurstwaren und geh ähm 4 jedes Heimspiel ins Stadion.

5 Ich: aha schön

6 Leo: Hi hi ich bin Leo äh bin 22 bin gelernter Koch und arbeite an der Uni in Dortmund in der Kantine 7 <>

8 Ich: Aha

9 Leo: Ja versuch auch auf jeden Fall jedes Heimspiel hier zu sein

10 Ich: Ok

11 Philipp: ich bin Philipp bin 22 arbeite in der Glasverarbeitung bin natürlich auch jedes Heimspiel hier 12 mit meinen Jungs ist klar

13 Ich: ja

14 Philipp: ja weiter? Erzähl was

15 Ich: ähm ja dann mach ich einfach mal weiter wie lange seid ihr schon BVB-Fan?

16 Leo: [ schon immer

17 Philipp: [ seid klein auf <>

18 Tom: [ ich glaub das wird dir in deine Wiege gelegt BVB Fan zu sein es ist mehrere Generationen 19 wo du da einfach rein geboren wirst zu Hause gibt es also ni:chts anderes außer schwarz-gelb zu sein 20 joa sonst gibt da nicht viel zu sagen

21 Philipp: [ joa alles gesagt

22 Leo: [ Ja seitdem ich denken kann wirklich also seitdem ich denken kann

23 Tom: [ ja

24 Ich: ok und ähm warte wie frag ich das jetzt am Besten ach so ähm wie lange seid ihr schon auf der Süd 25 denn? Oder wann war das erste Mal halt? Auf der Süd tribüne das ihr da ward

26 Tom: mmmh wann war das erst mal

27 Philipp: [ ich bin schon mit meinem Opa gegangen kann ich nicht sagen

28 Tom: [ also es ist wirklich über Generationen also weiß nicht laufen konnt ich da wahrscheinlich 29 schon aber sonst ähh die ganze Zeit Süd die Dauerkarten übernommen von den Eltern von den Vätern 30 man geht einfach geht von Generation zu Generation weiter

31 Leo: die Karte gibt man halt nicht ab

32 Philipp: [ die gibt man niemals ab

33 Tom: [ niemals niemals 90

34 Ich: ah ok

35 Tom: das gehört dazu ja

36 Ich: ok und ähm was erwartet ihr von dem heutigen Spiel gegen die Bayern

37 Philipp: ganz klarer Sieg

38 Leo: [ ich ich denk auch ganz klarer Sieg.

39 Philipp: [ die sind so motiviert sind nur noch 5 Punkte jetzt

40 Leo: [ was heißt ganz klar

41 Philipp: Wenn wir gewinnen 2 Punkte wir hauen die ganz klar weg

42 Leo: [ genau genau

43 Tom: es geht einfach darum das die haben son Höhenflug gehabt jetzt wurden sie gegen Mainz gekriegt 44 und wir machen jetzt die Vollendung hier und da nochmal an den Titel anzugreifen dann haben die die 45 Bauern da keine Chance

46 Leo: ich glaube nicht nur die Dortmund-Fans sondern auch andere Mannschaften die wü:nschen sich das 47 es ma interessant wird es ist halt so jetzt die letzten Jahre halt so gewesen ok Bayern hat war halt ne 48 Macht in dem Sinne und ich glaub die wünschen sich dass das n bisschen spannend wird mal

49 Ich: ja

50 Leo: und wenn die nun heute gewinnen die 2 Punkte dann zappeln die noch ma

51 Ich: ok

52 Philipp: das sind 3 Punkte

53 Leo: Ne:e nee ich mein wenn die gewinnen dann 2 Punkte

54 Philipp: [ ja ja dann logischer Weise ((Tom lacht kurz))

55 Ich: ok und ähm könnt ihr ma beschreiben wie das ist wenn auf der Südtribüne n Tor fällt

56 Philipp: Ja <> unbeschreiblich würd ich sagen eigentlich ne

57 Tom: einfach unbeschreiblich du kriegst gefühlte 3 Liter Bier im Nacken

58 Philipp: Mindestens <>

59 Tom: die ganze Bude

60 Philipp: [ minimum

61 Tom: die die Bude brennt kann man sagen quasi,

62 Philipp: [ es gibt einfach nichts geileres.

63 Tom: [ es ist einfach Ausnahmesituation

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64 Philipp: [ es gibt nix geileres einfach muss man sagen

65 Tom: [ ja ja es gibt einfach nix geileres

66 Leo: man muss aber dazu sagen man kennt die Leute nicht aber man umarmt die wenn n Tor gefallen ist 67 wirklich man klatscht ab obwohl man nix noch nie gesehen aber man freut sich einfach

68 Tom: wenn ma wenn man auf die Süd geht dann ist das einfach so als wenn man zu seiner Familie geht 69 irgendwie jederman zum Beispiel wenn man so lange geht erkennt man jeden der um einen rum steht 70 und das ist einfach das gehört mit dazu man freut sich einfach ins Stadion zu gehen und die Mannschaft 71 siegen zu sehen auch wenn man verliert, da muss man durch das ist aber so man kommt jedes 72 Wochenende wieder und man man wenn man zwischen durch ma auswärts fährt oder halt nur zu Hause 73 ist aber wenn wenn n Tor fällt dann brennt einfach die Bude Glück wünscht man sich gegenseitig ja

74 Philipp: ( ) nirgendswo anders

75 Tom: [ Ja

76 Philipp: [ gibt’s nirgendswo anders

77 Ich: ok und es wird ja auch oft gesagt dass Dortmund so ne Macht ist wegen der Südtribüne glaubt ihr 78 dass der 12 Mann dass das wirklich wahr ist und ihr wirklich Einfluss auf das Spiel nimmt?

79 Leo: Glaub ich schon

80 Ich: Ja

81 Leo: ich persönlich spiele ja auch Fußball ja und äh zum Beispiel in der Halle oder so merkst halt 82 wirklich wenn du mal wenn da wirklich mal 6000 Leute halt sind und dich anfeuern

83 Ich: [ Ja

84 Leo: ich glaub wenn du mal wenn da 80.000 Mann dich hier anfeuern dass du schon n Motivationsschub 85 kriegst also man glaubt es halt wirklich nicht aber wenn du denkst du kannst nicht mehr und hörst das 86 denn dann denkst du ok, ich zieh jetzt nochmal durch da muss da muss da geht einfach noch was

87 Tom: ich glaube zum Beispiel heute grade so heute ist der 12 Mann gefragt das heißt die Fa:ns heute ist 88 es die Mannschaft nach vorne peitschen die Münchner mit den Erfolgfa:ns sie kennen diese Stimmung 89 nicht grad hier die Münchner werden eingeschüchtert von der Stimmung die hier he:rrscht und es ist 90 einfach die Bude wird brennen und von daher äh die die kennen diese Stimmung einfach nicht das 91 peitscht die ganze Mannschaft nach vorne und deswegen gehört der 12 Mann dazu

92 Ich: ok also beeinflusst ihr also nicht nur die eigene Mannschaft sondern die anderen auch?

93 Philipp: alle

94 Leo: [ ja auf jeden Fall

95 Tom: [ alle

96 Leo: [ das glaub ich auch ja

92

97 Tom: wir man muss überlegen heute werden wird in 208 Länder dieses Spiel übertragen ja es ist n El 98 Classico wie man das so gerne sagt und äh es ist nicht umsonst so dass es in alle Länder übertragen wird 99 und je:der will es sehen und je:der will natürlich Dortmund siegen sehen ne das ist natürlich ganz klar

100 Ich: jeder?

101 Tom: je:der Jeder.

102 Philipp: [ normal

103 Tom: [ je:der und je:de das ist natürlich ganz klar <>

104 Ich: gut ja super vielen Dank euch

105 Tom: Gerne, gerne,

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Sequenz 1 Z.11-35

Auf Nachfrage der Forscherin stellen sich alle 3 Männer vor indem sie ihren Namen, ihr Alter und ihren Berufsstand nennen. Tom der als erster über seine Person berichtet, erklärt neben diesen 3 Angaben, dass er zu jedem Heimspiel ins Stadion geht. Leo und Philipp folgen darauf hin ebenfalls diesem Muster, nur das Leo anstatt wie die anderen beiden angibt, dass er versucht bei jedem Spiel im Stadion zu sein. Die Frage danach, wie lange die 3 schon BVB-Fans seien, wird von allen 3 fast synchron damit beantwortet, dass sie schon seitdem sie klein sind, also „seit immer“, Anhänger der Borussia sind. Tom führt diesen Gedanken denn noch weiter aus, indem er erklärt dass einem das Fan-sein schon von Generation zu Generation übertragen wird und auch sie von ihren Eltern diesen Impuls gesetzt bekommen haben. Eine andere Wahl als „schwarz-gelb“ zu sein, gab es für sie nicht. Die anderen beiden stimmen daraufhin Tom in allen seinen Aussagen zu und dass er damit alles gesagt hätte. An den ersten Besuch kann Philipp sich nicht mehr genau erinnern, da er schon damals mit seinem Opa gegangen ist. Tom gibt an, dass es schon lange zurück liegen muss und er dort wohl noch sehr klein gewesen sein muss aber schon laufen konnte. Daraufhin erklärt er, dass die Dauerkarte für die Südtribüne von Generation zu Generation weiter gegeben wird und man diese einfach nicht ab gibt. Die anderen beiden stimmen ihm daraufhin zu, indem sie wiederholen, dass man die Karte nicht abgibt.

Sequenz 2 Z.36-54

Die Erwartung von Philipp an das heutige Spiel ist ein klarer Sieg woraufhin Leo ebenfalls erklärt, dass er einen klaren Sieg erwartet, jedoch kurz darauf die Aussage in Frage stellt, was denn „klar“ bedeutet. Darauf entgegnet Philipp, dass es schon ein klarer Sieg sein wird, da die Mannschaft aufgrund der aktuellen Punktekonstellation besonders motiviert sein werde und dass wenn sie gewinnen es nur noch 2 Punkte sind. Tom beschreibt daraufhin, dass der Hintergrund darin besteht, dass die Bayern durch Mainz in ihrem Höhenflug gestoppt wurden, und der BVB nun mit einem Sieg noch einmal um den Titel kämpfen werden und „die Bauern“ da keine Chance mehr haben werden. Leo eröffnet dass sich nicht nur BVB Fans dieses Szenario wünschen würden, sondern auch andere Mannschaften. Die Bayern waren in den letzten Jahren eine Macht und deshalb wünschen sich viele, dass es wieder Spannend im Titelkampf wird. Bei einem Sieg der Borussia würden sie dann gewinnen die 2 Punkte. Philipp korrigiert ihr daraufhin, dass sie 3 Punkte kriegen würden, worauf Leo ihm erklärt, dass er meinte, dass sie dann auf 2 Punkte an die Bayern heran kommen würden. Tom lacht kurz über dieses Missverständnis.

Sequenz 3 Z.55-77

Philipp antwortet lachend auf die Frage, wie es ist wenn ein Tor auf der Süd fällt, dass es unbeschreiblich ist. Tom wiederholt die Aussage und erweitert sie um den Aspekt, dass man gefühlte 3 Liter Bier abbekommt. Daraufhin sagt Philipp mindestens und alle 3 fangen an zu lachen. Tom beschreibt es so, dass die ganze „Bude“ zu brennen scheint, worauf Philipp antwortet, dass es nix geileres gibt. Es herrscht eine Ausnahmesituation. Tom wie Philipp erklären dann beide noch einmal dass es nix geileres gibt. Leo 94 der sich bis jetzt nicht zu dem Thema äußerte, erläutert dass man sich während des Jubels mit Leuten umarmt, die man vorher nicht kannte aber freut sich trotzdem zusammen. Tom erwidert, dass es bei einem Stadionbesuch so ist, als wenn man zu seiner Familie kommt. Da man schon Jahr lang dort hin geht, kennt man die Leute die um einen herum stehen und das gehört dazu. Darauf freut man sich wenn man ins Stadion geht. Selbst wenn man die Woche zuvor verloren hat, kommt man jedes Wochenende wieder. Daraufhin erklärt er wieder, dass die Bude einfach „brennt“ wenn ein Tor fällt. Philipp legt dar, dass es sowas nirgendwo anders gibt. Tom stimmt dieser Aussage zu.

Sequenz 4 Z.78-109

Auf die Frage der Forscherin hin, ob die Befragten der Meinung sind, dass sie als 12 Mann Spiele mit beeinflussen können, antwortet Leo, dass er schon glaub das dies der Fall ist. Als Beispiel führt er an, dass er selber Fußball spiele und wenn in der Halle 6000 Leute dich anfeuern, kriegt er beispielsweise das schon mit. Bei 80000 wie in diesem Stadion wird das den Spielern noch einen extra Motivationsschub bereiten. Wenn sie das hören, denken sie vielleicht „ok, ich zieh jetzt nochmal durch“. Tom schließt an die Aussagen Leos an, dass gerade bei so einem Spiel wie heute, die Fans noch einmal besonders gefragt sind. Die Münchener werden von so einer Stimmung, wie sie hier herrscht eingeschüchtert sein, da sie dies von ihren eigenen Fans nicht gewohnt sind. Aufgrund dieser Stimmung, die dort herrscht, werden die Spieler nach vorne „gepeitscht“ und deshalb sind die Fans als 12. Mann auch so wichtig. Die Forscherin fragt darauf hin, ob also nicht nur die eigenen Spieler sondern auch die anderen von den Fans beeinflusst werden. Philipp reagiert mit einem betonten „alle“. Leo und Tom stimmen zu, dass die auf jeden Fall so wäre. Im Anschluss verdeutlicht Tom, dass dieses Spiel nicht umsonst in so viele Länder übertragen wird und als „El Classico“ betitelt wird. Jeder will nicht nur das Spiel, sondern explizit Dortmund siegen sehen. Als die Forscherin nach hakt ob wirklich jeder sich den Sieg für Dortmund wünscht, betonen Tom und Philipp noch einmal unter Lachen, dass wirklich jeder das möchte.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 1:

Für Tom, der sich als erste vorstellt, gehören zu seinen Angaben seiner Person bezüglich, neben den allgemeinen Daten des Namens, des Alters oder des Berufes, auch die Information darüber, dass er zu jedem Heimspiel anwesend ist. Die anderen beiden folgen dann bei ihrer jeweiligen Vorstellung ebenfalls diesem Muster, wo bei Leo als einziger von den 3 angibt, dass er versucht bei jedem Heimspiel anwesend zu sein, woraufhin man davon ausgehen kann, dass er nicht bei jedem Heimspiel anwesend sein kann, obwohl er es gern möchte. Auf die Frage hin, wie lange sie schon BVB Fans sind, antworten alle fast synchron und reflexartig, dass sie schon immer Fans seien. Der Beginn ihrer Fan-Biographie beruht also auf der gleichen Situation. Alle wurden die Anhängerschaft zum BVB innerhalb ihrer Familie weitergegeben, wie ein Familienerbstück, was man vererbt, bei der keine andere Vereinszugehörigkeit möglich erscheint und auch innerhalb der Familienkonstellation als Tabu behandelt wird. Tom wie 95

Philipp erklären, dass sie sich nicht an ihren ersten Besuch erinnern können, aufgrund der Tatsachen, dass sie schon so früh von Familienangehörigen mit ins Stadion genommen wurden, so dass sie sich nicht mehr erinner können. Die Dauerkarte wird wie ein heiliges Relikt von Generation zu Generation übergeben. Alle 3 bestätigen durch die Wiederholung und Betonung des Wortes „niemals“ wie wichtig es ist, diese Karte nicht abzugeben. Es scheint als wäre es ein Verbot dies zu tun.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 2:

Während Philipp ganz klar und ohne große Überlegungen Stellung bezieht und bei dieser auch bleibt, ist Leo sich seiner anfangs getätigten Aussage nicht mehr ganz so sicher. Zwar hat auch er reflexartig auf Philipps These hin, zuerst von einem klaren Sieg gesprochen, dann aber das Wort „klar“ im nächsten Gedankenschritt in Frage gestellt. Das lässt darauf schließen, dass er nicht davon überzeugt ist, dass ein klarer Sieg für seine Mannschaft im heutigen Spiel möglich ist. Dabei stellt er zwar nicht den Sieg in Frage aber zumindest ein hohe Tordifferenz zu Gunsten des BVB`s. Philipp dagegen ist sich dem klaren Sieg aufgrund der gesteigerten Motivation bezüglich der Verkürzung des Punkteabstands zu den Bayern, die die Spieler empfinden werden, sicher. Als Hintergrundkonstruktion erklärt Tom, dass sich der heutige Gegner zuvor zu sicher schien und von den Mainzern in ihre Schranken gewiesen wurden. Seinem Verein traut er nun die Rolle zu, den Bayern im Meisterschaftskampf noch einmal gefährlich zu werden. Leo eröffnet darauf hin, dass sich nicht nur BVB-Fans sich dies wünschen würden, sondern auch die Fans der anderen Mannschaften. Aber wohl eher nicht aus der Sympathie zu der Borussia, sondern eher aus der Abneigung gegenüber den Bayern, die aufgrund ihrer sportlichen Stärke eine zu große Macht gewesen sind. Im Anschluss kommt es noch zu einem Missverständnis zwischen Leo und Philipp bezüglich einer Formulierung Leos, die sich aber recht schnell klärt und mit einem Lachen Toms beendet wird.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 3:

Philipps Antwort, dass die Situation während eines Torfalls auf der Süd nicht zu beschreiben wäre. Tom unterstützt die Aussage Philipps und erweitert sie um einen Versuch, das Geschehen zu erklären. Als erster Impuls kommt ihm in den Sinn, dass dieser Moment physische Auswirkungen auf ihn hat, indem man mit 3 Litern Bier überschüttet wird. Die anderen 3 Lachen daraufhin auf Philipps Bemerkung, dass es mindestens 3 wären. Allen 3 scheint diese Situation bekannt zu sein, die sie aber nicht als störend empfinden, sondern eher in ihnen Belustigung auslöst. Zur weiteren Beschreibung wählt Tom die Metapher, dass die „Bude zu brennen scheint“. Die Stimmung scheint also hitzig und aufgeladen zu sein. Die positiven Gefühle, die sie dabei entwickeln, sind für sie einzigartig und durch nichts anderes zu übertrumpfen. Danach gehen die Meinungen von Leo und Tom auseinander. Während Leo beschreibt, dass man bei einem Jubel andere Menschen umarmt, die man vorher nicht kannte und dies auch positiv bewertet, ist es bei Tom so, dass die Leute um ihn herum keine Fremde sind, da man schon eine gewisse Zeit lang dort zusammen stehe und sich kenne. Er geht sogar noch einen Schritt weiter, und vergleicht die Situation mit der einer Familienzusammenführung. Niederlagen und ihre Negativitäten, die sie mit sich

96 ziehen, sind für ihn kein Beweggrund nicht immer wieder das Stadion aufzusuchen, was im Umkehrschluss bedeutet würde, dass Niederlagen Situationen sind, die eigentlich Anlass dazu geben würden, nicht wieder zurück zu kehren ins Stadion, und es somit eine Besonderheit ist, dass sie immer wieder das Stadion besuchen. Abschließend wirft Philipp die These ein, dass ein solche Stimmung, wie sie dort herrscht, nirgendwo anders zu finden sei. Das bedeutet dass die Süd nicht nur Einzigartig und Besonders in ihrer Stimmung ist, sondern dass gleichzeitig die anderen Stadien bezüglich dieses Moments herabgesetzt werden.

Metakommunikative Interpretation Sequenz 4:

Leo überträgt seine Erfahrungen, die er im Fußball bezüglich der Einflussnahme der Zuschauer gemacht hat, auf die Spieler der Borussia. Er selber nimmt die 6000 Menschen in der Halle wahr, so dass er davon ausgeht, dass auch die Spieler die 80000 Menschen im Stadion nicht nur konstatieren, sondern dass sich ihre Anwesenheit und ihre Unterstützung auf ihre Motivation nieder schlägt um ihr Bestes aus sich heraus zu holen für die Fans. Tom stimmt Leos Aussagen zu und stellt auch die Forderung an die Fans selber bei so einem Spiel ihre Unterstützung zu intensivieren um nicht nur die eigenen Spieler anzutreiben, sondern auch um die gegnerischen Spieler einzuschüchtern. Seiner Meinung nach wird die eigen-produzierte Stimmung die anderen Spieler beeindrucken, weil sie selber eine solche nicht gewohnt sind. Damit denunziert er die gegnerischen Fans, da sie nicht im Stande sind diese zu erzeugen und wertet den eigenen Support auf. Die Auswirkungen ihrer Unterstützung bezeichnet er als „nach vorne peitschen“ der eigenen Mannschaft. Die Metapher beinhaltet, dass sie sich als 12. Mann bezeichnen, also sich selber als Teil der Mannschaft auf dem Feld sehen, der hinter den Spielern steht und sie wie durch eine Peitsche getroffen immer weiter nach vorne treiben, um den Sieg zu holen. Dabei werden alle, auch die gegnerischen Fans beeinflusst und jeder andere, d.h. auch die die nicht den BVB sonst unterstützen, wünscht sich den Sieg für die Borussia. Dabei weist er noch einmal auf die Besonderheit der Partie hin und wie wichtig es nicht nur für die eigenen Fans ist dort zu gewinnen. Als Klassiker betitelt, kämpfen die beiden Vereine schon länger um die Vormachtsstellung im deutschen Fußball, wobei die Bayern aufgrund ihrer Erfolge die größeren Antipathien inne zu haben scheinen, so dass jeder andere für den „Underdog“ sein wird, der sie zu schlagen versucht.

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Anhang 4: Transkriptionszeichen

(.) kurze/normale Pause

(..) auffällig lange Pause (grob ab 4-5 Sekunden) nein betont

°nein° sehr leise (in Relation zur üblichen Lautstärke der Sprecher_in)

. sinkende Intonation

, steigende Intonation

? klingt wie eine Frage viellei- Abbruch eines Wortes nei:n Dehnung eines Wortes

(nein) Unsicherheit bei der Transkription

( ) unverständliche Äußerung; die Länge der Klammer entspricht etwa der Dauer der Äußerung

((hustet)) Para- und außersprachliche Handlungen und Ereignisse

<> Sprachbegleitende para- und außersprachliche Handlungen und Ereignisse mit Reichweite

@nein@ lachend gesprochen

[ Überlappung beim Sprechen

98

Anhang 5: Beobachtungsprotokolle 1 BVB-Eintracht Frankfurt + Sequenzierung + Metakommunikative Interpretation

17.04 Uhr:

x Direkt seitlich vor der Südtribüne positioniert; ca. 25.000 Menschen auf der Stehtribüne; die Tribüne sehr steil und zu dem Zeitpunkt voll besetzt x Spieler machen sich warm; in der Mitte der Tribüne sind die Ultragruppierungen angesiedelt (TU, Desperados, JUbos); schwenken die ganze Zeit Fahnen; Rest der Südtribüne unterhält sich, guckt den Spielern beim warm machen zu oder trinkt (jeder der anwesenden trägt ein Fanutensil des BVB`s (Trikot, Jacke, Schal, Mütze) x Es wird gesungen „Borussia Dortmund, 1000 Menschen ein Verein…“ ; die meisten gucken umher und singen eher nebenbei mit; manche gar nicht und andere intensiver mit; genau so verhält es sich bei dem nächsten Lied (Sonnenkinder, die wohl jedes Jahr dort singen; nur dieses Jahr nicht weil sie einen anderen wichtigen Auftritt haben)

17.20 Uhr:

x Auf dem Spielfeld positionieren sich die Fahnenschwenker zum Singen des Titel „You´ll never walk alone“ x Mit Beginn des Einsetzens der Musik halten alle ihren schal in die Luft und singen mit; diejenigen die nicht mit singen sind ruhig x Vor mir wollten 2 Männer auf die Süd und baten die Leute vor ihnen darum, ob sie sie durch lassen können; diese schüttelten nur den Kopf und sangen die ganze mit und hielten den schal hoch; für die 2 Männer war zu diesem Zeitpunkt kein durch kommen und sie drehten sich um und blieben das restliche spiel dort stehen x In der letzten Zeile als die Musik aussetzt und nur die Fans die Wörtern „You`ll never walk alone“ singen, ist es eine Lautstärke in dem Stadion (kein lauter undschmerzender lärm sondern eher gedämpft und angenehm); während des ganzen Liedes hatte man das Gefühl nichts sagen zu können oder zu wollen sondern man sah nur auf die Süd; es war beeindruckend, ich hatte Gänsehaut und es entstand sofort ein Gefühl der Verbundenheit und Inbrunst) x Nach dem erlöschen der letzten Zeilen werden die Schals herunter genommen und die Fans applaudieren; x Es setzt sofort der Stadionsprecher Norbert Dickel (Nobby)ein, der die Mannschaftaufstellung verkündet; dieses steht vor der Südtribüne; geht nach folgendem Schema vor: Spielernummer – Vorname und die Fans brüllen dann den Nachnamen; dabei hebt ein Großteil der Menge meist ein oder beider arme ruckartig in die Luft und senken ihn dann wieder; bei jedem Spieler und beim Trainer dann ; Nobby nennt dann hinter einander weg noch die Ersatzspieler; nach dem Ende dann gibt es wieder Applaus; und der Song „Heja BVB“ setzt ein; fast jeder fokussiert sich auf 99

diesen ablauf; es wird nur recht wenig gesprochen und meist wenn gesprochen wird, ist der Blick auf das Spielfeld gerichtet x Kurz vor Anpfiff wird dann von der Süd „Dortmunder Jungs“ angestimmt (die Ultragruppierungen in der Mitte stimmten dies Lied an oder genauer die 2 Vorsänger mit dem Mikrofon; der Rest der Tribüne singt mehr oder weniger enthusiastisch mit x Dieses Lied wird dann nach ungefähr 40 Sekunden unterbrochen als Reus eine gute Torchance hat; die gesamte Tribüne bricht das Lied sofort ab und es ist ein gemeinschaftliches „oh“ zu hören; manche drehen sich weg oder schlagen die Hände über den Kopf , gucken auf den Boden oder klatschen; es gibt eine Ecke und die Südtribüne stimmt laute BVB rufe an; dabei ist es wie eine Wortabtausch mit den anderen Tribünen; die Süd ruft BVB macht Pause und die anderen Tribünen rufen BVB; es geht hin und her und man hat das Gefühl das sie gegeneinander anbrüllen; wenn die einen rufen ist die jeweils andere Tribüne still aber immer mit dem Blick auf das Spielfeld gerichtet x Nach dem die Ecke geschlagen wurde und es nicht zum Torerfolg kamen hallen die rufe immer mehr aus; als wenn man die Lautstärke einfach immer leiser dreht; die letzten die BVB brüllen sind die Ultragruppierungen in der Mitte, die dann auch das nächste Lied gleich an dieses vorherige anschließen, was aber auch recht schnell wieder verhallt weil sich nicht viele anschließen dies mit zu singen; es gibt 3 ecken hintereinander und die blicke sind immer nach vorn gerichtet; der Körper leicht nach vorne gebeugt; das Gewicht wird auf die Zehenspitzen verlagert und der Kopf mit samt Körper nach oben gezogen

17.36 Uhr:

x Es fällt ein Tor für die Eintracht; die Reaktionen sind unterschiedlich; die Ultragruppierungen hören auf zu singen und gucken eher ruhig sich dies an um dann gleich wieder ein neues Lied einzustimmen; der Rest der Süd reagiert entweder mit lauthals fluchen („so eine scheiße hier bspw.) oder mit Augenbrauen hoch ziehen und lautem ausatmen oder mit Anfeuerungs-klatschen; sie reden eher vor sich hin und sprechen nicht direkt mit den Nachbarn x Auffällig bei jeglichen Schiedsrichterentscheidungen (ob pfiff für oder gegen die eigene Mannschaft) wird kurz gepfiffen oder „ey“ geschrien; dies aber für einen wirklich kurzen Moment (ca.1 Sekunde lang) x Bei Freistoß oder Ecke des Gegners wird immer gepfiffen x Die Ultragruppierungen reagieren auf die gegnerischen Fans; wenn diese etwas lautstarker singen, was oft vorkam dann sah man wie der Vorsänger horchte was die sangen um dann wieder ein neues Lied anzustimmen; dabei wurde jedes Lied von den Ultras mitgesungen während der Rest der Tribüne nur manches Mal lautstark mit Gesang sondern sonst eher leise und auf das Spiel fokussiert oder auch teilweise gar nicht x Zwischen den Fans der Eintracht und den Ultras war es ein hin und her 100

17.53 Uhr:

x Tor für den BVB; in den Sekunden vor dem Tor war es auf der Süd recht ruhig; die Eintracht Fans waren lauter zu hören und alle schauten gespannt auf den Angriff des BVB; als das Tor dann fiel war es richtig laut; die Menschen rissen die Hände nach oben, umarmten oder klatschten ihren Nachbarn ab und sogar Bierbecher flogen durch die Gegend samt Inhalt; 2 Männer kletterten auf den Zaun der zwei Blöcke voneinander trennten und schlugen mit sowohl Leuten von der einen wie der anderen Seite des Zauns ein; es wurde geschrien und gejubelt und als der Stadionsprecher ins Mikrofon schrie : Tor für unseren BVB durch den schützen mit der Nummer 10 Henrikh…“ schrien alle darauf synchron seinen Nachnamen und rissen wieder eine Hand hoch in den Himmel; der jubel ist wie ein Rausch und nach dem dann Nobby dann das Tor ansagte schien es so als wenn man langsam wieder runter kommt; man ist nicht mehr so euphorisch doch jeder lächelt noch und ist aufgeregt und erzählt x Während das Spiel wieder angepfiffen wurde waren viele noch am reden mit dem Nachbarn, doch als Reus dann mit Tempo aufs gegnerische Tor zu lief wurden alle ganz still; der wurde dann durch ein Foul gestoppt worauf hin es einen etwas längeres Pfeifkonzert der Süd gab (ca.4 Sekunden) x Bei Abseitstoren wie guten Möglichkeiten rufen die meistes „ah“ applaudieren und fokussieren sich wieder auf spiel

18.12 Uhr:

x Spieler verletzt vom Feld runter; Leute reagieren unterschiedlich; einiger verziehen das Gesicht zu schmerzen (Stirn runzeln, Wangen hoch ziehen; Nase rümpfen); andere unterhalten sich über das Spiel oder andere Sachen; gucken nur zu wie Reus das Spielfeld verlässt; einige sagen „ach nee schon wieder der Reus. Der hat aber auch n Pech“ „hoffentlich nichts schlimmer“ „was hat er denn schon wieder“ wer geht da runter?“; Stadionsprecher gibt Auswechslung bekannt „Reus Name wird laut gebrüllt“ und es wird applaudiert

18.13 Uhr:

x Foul an Castro mit Strafstoß Entscheidung des Schiedsrichters; nach einem kurzen Gepfeife applaudieren die Menschen oder rufen „ja“ und freuen sich und klatschen einander ab; nachdem der Schiedsrichters den Gegner die Gelb/Rote Karte zeigte, riefen viele auf Wiedersehen und winkten ihm; einige standen daneben und amüsierten sich über die rufe; nachdem der Spieler ging mit normalen tempo Richtung Kabine; dann fingen darauf die Buhrufe an und Gepfeife, einige zogen eine Augenbraue hoch, beschwerten sich das er zu langsam geht auch Beleidigungen sind gefallen 101

x Der Elfmeter wurde nicht verwandelt; viele rissen beim Schießen schon die Arme hoch nahmen sie dann aber sofort runter oder fassten sich an den Kopf; für eine Sekunde verharrten sie in der Position aber danach wurde geklatscht; die Ultras fingen wieder an zu singen; einige sagten „na ja gut“ oder „ schade“ oder „ ah Mist“; aber keine beschwerte sich darüber oder war er erbost x Es begann die Nachspielzeit und ein paar wenige versuchten schon Richtung Ausgang zum kommen; mit Abpfiff wurde geklatscht; umher geschaut, sich gestreckt und dann Richtung Toiletten oder Essen/Getränke gegangen; dabei wird wenig geredet; die die stehen blieben und nicht den Platz verließen unterhielten sich hingegen

18.30 Uhr:

x Mit Beginn der 2 Hälfte fingen auch die Ultras wieder an zu singen x Entscheidung auf Ecke; Spieler geht zur Eckfahne; Ultras fangen an über ihren Kopf zu klatschen 8erst langesamer dann schneller werden) unterbrechen aber als die Ecke von den Spielern nicht richtig ausgespielt wird und der Ball verloren wird

18.42 Uhr:

x Tor für den BVB; Jubelsituation die gleiche x Nach dem rufen des Namen des Spielers fangen erst die Ultras an Jingle bell zu singen und zu hüpfen; das verbreitet sich dann von innen nach außen und immer mehr machen mit; das ungefähr 14 Sekunden lang bis es wieder langsam aushallt und sofortige Fokussierung aufs Spiel; während bei den Ultras wieder ein neues Lied angestimmt wird

18.49 Uhr:

x Hummels erobert ball aber verliert ihn gleich wieder ans aus; Leute schrecken sofort hoch freuen sich aber kommen auch gleich wieder runter; von einem „jaaa“ zu einem „aah“ und applaudieren dann wieder; lächeln klatschen und sind dann wieder sofort beim Spiel

18.50 Uhr:

x Tor des BVB wieder jubeln alle, springen hoch und runter, umarmen sich gegenseitig, Bier fliegt es wird geschrien vor Freude und applaudiert;

18.52 Uhr:

x Es wird gesungen, Ultras halt die Hände in 45 Grad winkel nach oben und bewegen die Hände immer leicht hoch und runter; die Bewegungen sind synchron; vereinzelt schließen sich kleine gruppe drum herum den an (oder auch einzelne Menschen)

102

18.53 Uhr:

x Mkhitaryan trifft nach Zuspiel Castro das leere Tor nicht mit den kopf; schlägt die Hände über den Kopf und ärgert sich; auf der Süd auch zu sehen; erst „oh“ und „schade rufe“; gehen wie Mkhitaryan auch mit den Körper zurück und in die Knie und schlagen die Hände über den Kopf; 10 Sekunden nach der Chance fängt die Süd an Mkhitaryans Namen zu rufen und das so ca. 10 Sekunden lang

19.04 Uhr:

x Auswechslung Hummels; Applaus von der ganzen Süd bei seiner Auswechslung

19.06 Uhr:

x Mkhitaryan verlässt den Platz; kriegt von allen Applaus; nach 3 Sekunden schreit die Süd noch ein paar Mal seinen Namen; einen richtigen Anfang kann man nicht fest machen; es fangen auf einmal eine große Menge gemeinsam an den Namen zu rufen und es machen immer mehr mit bis es wieder aushallt; es wird auch gemeinsam aufgehört; als wenn es einen gemeinsamen Anfangs- und Endpunkt gibt ohne dass man sich vorher abspricht

19.10 Uhr:

x Tor BVB; wieder jubel aber diesmal hallt der jubel schneller ab und es ist in vielen Gesichtern Erleichterung aber auch staunen zu sehen; man hört Dinge wie „ha das der auch mal einen macht“ „schön“ „jetzt kriegen sie aber ne Packung“ „schon das vierte“; es wird zufrieden lächelnd geklatscht und mit den Nachbarn erzählt und sich erfreut; man muss sagen, dass das ganze Spiel sehr viel kurzweiliger ist wenn man live im Stadion ist aber die Momente wie Torjubel intensiver gelebt werden wobei das Gegentor weniger intensiv und ärgerlich ist als wenn man es zu Hause guckt; die gegnerische Mannschaft ist seit dem 3:1 nicht mehr zu hören

19.15 Uhr:

x 2 Minuten vor Schluss fängt die Süd an wieder Jingle Bells zu singen, diesmal macht die ganze Tribüne mit; alle springen hoch und runter und man hat das Gefühl die Erde bebt; es ist unglaublich laut x Auf den anderen Tribünen ist kurz vor Abpfiff schon zu beobachten dass sich Leute aus den Stadion begeben während auf der Süd kein Abgänge zu verzeichnen sind; es wird stehen geblieben, gesungen, sich abgeklatscht, applaudiert, umarmt und geredet

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Vor dem Spiel:

Sequenz 1 (17.04-17.30):

Schon eine halbe Stunde vor Anpfiff ist die Südtribüne gut gefüllt, so dass kaum noch Lücken oder freie Plätze zu sehen sind. Die Spielen sind zum Aufwärmen draußen und es laufen Lieder, die dem BVB zum Inhalt haben. Es sind Schwenkfahnen zu sehen und jede Person trägt ein Fanutensil der Borussia (Schal, Trikot, Mütze oder ähnliches). Die Leute unterhalten sich, trinken oder essen. Manch einer singt mit und guckt den Spieler beim Aufwärmen zu. Die Durchsage, dass die sonst am letzten Heimspieltag des Jahres singenden Sonnenkinder nicht anwesend sein können, wird mit einem „Schade“ zur Kenntnis genommen. 10 Minuten vor Anpfiff positionieren sich Fahnenschwenker überall auf dem Feld bevor dann das Lied „You`ll never walk alone“ ertönt. Bei den ersten Tönen des Songs werden Gespräche unterbrochen und die Schals werden nach oben gehalten. Die Menschen sind kaum noch zu sehen, sondern nur ein riesiges Meer aus Schals. Der Großteil der Leute singt mit; die anderen sind entweder ruhig oder es wird sich vereinzelt unterhalten. Es war zu beobachten, dass 2 Männer auf die Tribüne wollten und die Personen vor ihnen um Durchlass erbaten. Diese hielten weiterhin ihr Schal hoch, sangen mit und schüttelten nur abweisend den Kopf. Die beiden Männer drehten sich um, schauten zum Spielfeld, und blieben dort auch für den Rest des Spiels stehen. Bei den letzten Zeilen des Liedes setzt die Musik aus, so dass nur das ganze Stadion zu hören ist. Das „Never“ hallt mit einer Lautstärke durch das Stadion. Ein eher dumpfer und angenehmer Lärm. Nach Beendigung des Liedes wurden die Schals herunter genommen und applaudiert. Danach setzte sofort der Stadionsprecher ein und las die Mannschaftsaufstellung vor. Während er die Vornamen des Spielers lautstark vorlas, schrie die Masse den Nachnamen heraus und ein Großteil des Masse hebte ruckartig meist einen oder auch beide Arme nach vorne gerichtet in die Höhe. Im Anschluss ertönt das Lied „Heja BVB“ und die Spieler laufen ein. Es werden jetzt viel weniger Gespräche miteinander geführt, sondern sich auf das Geschehen auf dem Spielfeld konzentriert. Vereinzelt wird zu dem Lied geklatscht und mitgesungen. Kurz vor Anpfiff stimmen die Vorsänger der Ultragruppe das Lied „Dortmunder Jungs“ an. Der zentrale Kern um diese herum singt enthusiastisch mit. Nach außen hin flacht aber das Mitsingen des Liedes ab. Vielmehr sind die Leute hier auf den Anpfiff des Spiels konzentriert.

Metakommunikative Interpretation:

Die halbe Stunde vor Spielbeginn unterliegt einer Abfolge von Liedern über den Verein, die von den anwesenden Fans eher zur Kenntnis genommen werden. Vielmehr wird die Zeit vor dem Anpfiff für Gespräche, der Nahrungs- und Getränkeaufnahme sowie dem Beobachten der Spieler genutzt. Vereinzelt werden jedoch Lieder von Personen mit besungen. Diese Situation ändert sich jedoch 10 Minuten vor Spielanfang mit dem Beginn von „You`ll never walk alone“. Mit den Einsätzen der ersten Töne wird rituelles Handeln sichtbar, in dem gemeinschaftlich die Schals in die Höhe gestreckt werden und der gemeinsame Aufmerksamkeitsfokus auf dem Mitsingen des Liedes gerichtet wird. Auf Personen, die sich

104 nicht daran beteiligten, sondern erst jetzt die Tribüne betreten wollten, wurde mit ablehnenden Verhalten reagiert, welches aber von denen, die zu spät kamen, stillschweigend und akzeptierend hingenommen wurde, so dass letztendlich keinerlei weitere Versuche des Durchkommens unternommen wurde und sie den ihnen zugewiesen Stehplatz auch den Rest der Veranstaltung einhielten. Es entwickelte sich keinerlei Konflikt als Reaktion auf die Ablehnung. Mit Beendigung des Liedes werden die Schals wieder runter genommen, applaudiert und es folgt die Verlesung der Mannschaftsaufstellung. Gemeinschaftlich werden, nachdem der Stadionsprecher die Vornamen ins Mikrofon rief, die Nachnamen der Spieler gebrüllt. Neben der Tatsache, dass jeder die Nachnamen des jeweiligen Spieler kannte, wurde das Rufen mit einer Geste eines oder beider Arme begleitet, die entweder als Unterstützung des Spielers und als Ausdruck der Stärke gewertet werden könnte, oder als richtungsweisende Aufforderung für den Spieler sein Bestes in Bezug auf den sportlichen Erfolg zu geben. Mit Anpfiff des Spieles ist ein Wechsel des musikalischen Programms fest zu stellen, durch die Ultragruppierungen, die jetzt den Takt angeben und somit die akustische Vormachtstellung innerhalb des Stadions übernehmen.

Während des Spiels:

Sequenz 2 (17.30-18.15):

In der ersten Minute des Spiels eröffnete sich gleiche eine Torchance für den BVB durch Marco Reus, die er aber nicht nutzen kann. Das angestimmte Lied „Dortmunder Jungs“ wird abrupt unterbrochen und es ist ein gemeinschaftliches „Oooh“ zu hören. Manche von den Leuten drehen sich weg oder schlagen die Hände über den Kopf, gucken auf den Boden und klatschen. Während es im Anschluss zu einem Eckball der Borussia kommt, fängt die ganze Süd an laut „BVB“ zu schreien und der Rest des Stadions brüllt „BVB“ zurück. Es wird immer abwechselnd lauthals geschrien. Wenn die Südtribüne brüllt, sind die anderen stumm, wenn die anderen Tribünen brüllen, ist die Süd still. Die Menschen gucken immer abwechselnd zum Spielfeld und dann wieder zu den anderen Tribünen. Nachdem die Eckballsituation vorbei ist, verhallen auch die Rufe. Es wird innerhalb von Sekunden immer leiser bis die Ultragruppen das nächste Lied anstimmen, welches aber hauptsächlich von ihnen gesungen wird. Die Leute im nahen Blickfeld sind auf das Spielgeschehen fokussiert. Der Körper leicht nach vorne gebeugt, während das Gewicht auf die Zehenspitzen verlagert und der Kopf mit samt Körper nach oben gezogen wird. Nach 6 Minuten Spielzeit fällt dann das erste Tor für die Eintracht, bei der unterschiedliche Reaktionen fest gestellt werden konnten. Während der Großteil der Ultragruppierungen reflexartig aufhören ihren Gesang einzustellen und eher stillschweigend in Richtung Spielfeld gucken bevor sie wieder anfangen das nächste Lied anzustimmen, ist im Umfeld des Öfteren Lauthalses Fluchen zu hören und es fallen Sätze wie beispielsweise „So eine Scheiße hier!“, die in Richtung des Spielfeldes geschrien werden. Die meisten ziehen aber eher die Augenbrauen hoch und atmen laut aus oder klatschen fest und rufen „Los jetzt!“. Es wird eher weniger mit den Leuten um sich herum gesprochen, sondern eher vor sich hin den Blick nach vorne gerichtet. Nach dieser Szene wird nach jeder Schiedsrichterentscheidung gegen die Borussia sowie Eckbällen oder Freistößen sehr laut gepfiffen, gebuht oder „Ey!“ gerufen (jedoch nur sehr kurzweilig; in 105 etwa ein paar Sekunden nur). In der Mitte der ersten Halbzeit kam es dann immer wieder Gesangsduellen zwischen den einheimischen Ultras und den Gästefans. Wenn die Eintracht-Anhänger etwas lauter wurden, sah man wie der Vorsänger auf der Süd horchte (hielt seine Hand an das Ohr und beugte sich nach vorne Richtung Gästefans), danach brüllte er etwas ins Mikro und die Masse um ihn herum fang an mit zu singen. Der Bereich im Blickfeld sang weniger mit, sondern nur vereinzelnd ein paar Leute. Die anderen waren mit starrem Blick auf das Spiel fokussiert. Bevor das Tor für die Borussia dann fiel, war es sehr ruhig auf der Süd und nur die gegnerischen Fans waren zu hören. Als dann der Ball im Tor landete, wurde es von eine Sekunde auf die andere ungemein laut. Es folgt ein Auszug aus dem Beobachtungsprotokoll: „Die Menschen rissen die Hände nach oben, umarmten oder klatschten ihren Nachbarn ab und sogar Bierbecher flogen durch die Gegend samt Inhalt. 2 Männer kletterten auf den Zaun der zwei Blöcke voneinander trennte und schlugen mit sowohl Leuten von der einen wie der anderen Seite des Zauns ein. Es wurde geschrien und gejubelt und als der Stadionsprecher ins Mikrofon schrie: „Tor für unseren BVB durch den Schützen mit der Nummer 10: Henrikh…“ schrien alle darauf synchron seinen Nachnamen und rissen wieder eine Hand hoch in den Himmel.“ Während dann wieder Anpfiff des Spiels erfolgte, unterhielt sich der Großteil der Menschen noch. Lächelten und erzählten aufgeregt. Nach 2-3 Minuten waren dann auch die Letzten wieder auf das Spielgeschehen fixiert. Kurz darauf erfolgte ein Foul an Marco Reus worauf sofort wieder ein Pfeifkonzert zu hören war, das dieses mal länger ging als sonst. Als dieser dann vom Feld runter muss war von vielen Seiten zu hören „ach nee schon wieder der Reus. Der hat aber auch n Pech“, „hoffentlich nichts schlimmer“, „was hat er denn schon wieder“. Einige guckten auch nur zu während er das Feld verließ, und bei vielen waren kurzzeitig schmerzverzerrte Gesichter zu sehen (Stirn runzeln, Wangen hoch ziehen; Nase rümpfen). Als der Stadionsprecher dann Marco Reus verabschiedete, wurde sein Name besonders laut gerufen von der Süd im Gegensatz zur anfänglichen Vorstellung vor der Spiel. Kurz darauf erfolgte das nächste Foul an Gonzalo Castro und es gab Elfmeter für den BVB. Kurz nach dem Foul (es handelt sich nur um Zehntel- Sekunden) erhallte das ganze Stadion voller Pfiffen. Die Entscheidung des Schiedsrichters erfolgte ziemlich schnell und die Menschen reagierten mit Applaus und klatschten sich ab. Daraufhin zog der Schiedsrichter erste die Gelbe und dann die Rote Karte. Es war ein lautes „Auf Wiedersehen“ von vielen zu hören und sie winkten ihm. Einige standen daneben und amüsierten sich über die Rufe. Nachdem der Spieler mit gemäßigtem Tempo Richtung Kabine ging, fingen darauf hin die Buhrufe an und es wurde gepfiffen. Einige zogen eine Augenbraue hoch, zogen den Mund zur Seite weg und schüttelten den Kopf. Umso dichter er der Außenlinie kam umso mehr beschwerten sich und es fielen auch gehäuft Beleidigungen oder es waren Mittelfinger zu erblicken. Der Elfmeter wurde von Aubameyang nicht verwandelt. Beim Schießen rissen einige schon die Arme hoch nahmen sie dann aber sofort runter oder fassten sich an den Kopf. Für einige Sekunde verharrten sie in der Position aber danach wurde geklatscht. Die Ultras fingen wieder an zu singen. Einige sagten „na ja gut“ oder „ schade“ oder „ ah Mist“.

Metakommunikative Interpretation:

106

Am Anfang des Spiels ist fest zu stellen, dass bei Spielsituationen, die von den Fans als entscheidend eingeschätzt werden, reflexartig die Unterstützung in Form von Gesängen, bei den Ultragruppierungen beispielsweise, eingestellt und auf das Geschehen reagiert wird. Bei einem möglichen Erfolg der eigenen Mannschaft erfolgt die sofortige Beendigung jeglicher Handlungen. Dies ist auch bei dem Tor für den Gegner zu beobachten. Es sind bei diesem Geschehen unterschiedliche Reaktion ausgemacht worden. Während die Ultragruppierungen nach einer kurzen Phase des Schocks, sofort wieder mit ihrer Art der Unterstützung weiter machen, wandelt sich der Moment der Überraschung bei den anderen Fans entweder in leichter Anfeuerung durch Applaus um oder es entlädt sich Ärger bei einigen, die sie verbal kundtun. Die Frustration über diesen Gegentreffer wirkt sich auf das folgende Verhalten der Fans aus. So konnte ein Anstieg der Buhrufe und Pfiffe gegen die Schiedsrichterentscheidungen ausgemacht werden. Das kann zum einen den Hintergrund haben, dass sich die Wut aus Sympathie gegenüber der Mannschaft nicht gegen diese, sondern auf eine Person (in diesem Fall der Schiedsrichter) projiziert musste und jegliche Urteile für den Gegner als Angriff auf die eigene Mannschaft vernommen wurde, oder zum anderen in Hinblick aus dem Unverständnis und der Ungeduld resultierend, dass man gegen einen vermeintlich schwächeren Gegner in Rückstand geriet, die Entscheidungen gegen die Borussia, den Druck erhöhten und die Gelegenheiten nahmen selber ein Tor schießen zu können. Eine Mischung aus beiden Möglichkeiten ist auch möglich, so kann eine Emotion in die andere übergehen und sich innerhalb von Sekunden an die andere anschließen. Am Rande des Spiels konnte auch immer wieder in dieser ersten Halbzeit ein Duell zwischen den Ultras des BVB`s und den Anhängern der Eintracht ausgemacht werden. Dabei wurde auf die jeweilige Gesangseinlage mit einer entsprechenden musikalischen Antwort reagiert. Als Taktgeber fungierte der Vorsänger, der auf seinen Podest bei all der Lautstärke, die genauen Texte ausfindig machte, und zu dem entsprechenden „Gegenangriff“ anstimmte. Aber nicht nur gegen die gegnerischen Fans wurde angesungen. In einer Situation stimmte die Südtribüne ein lautes BVB an, worauf hin das restliche Stadion dies mit einem BVB erwiderte. Es wurde sich gegenseitig so hoch gepusht, dass eine unglaubliche Lautstärke stand mit dem Ziel durch das klare und laute Rufen des Vereinsnamen, Macht und Stärke zu demonstrieren, um die Mannschaft bei der Eckballsituation zu unterstützen. Als diese aber misslang, ebbte dieses Schauspiel auch wieder ab. Dass die Südtribüne als einzige gegen den Rest des Stadions anbrüllt, veranschaulicht ihren besonderen Status auch innerhalb des eigenen Stadions und der Fans.

Bei dem Ausgleichstreffer für den BVB wechseln die Fans von einer vorher ruhigen, angespannten Situationen von einem Moment auf den anderen, zu völliger Ekstase. Das Hochreißen der Arme, ohne Rücksichtnahme dessen, ob man ein Bier in der Hand hält oder nicht, ist Ausdruck dieser enormen Freude. Die ganze Mimik und Geste lassen die positiven Emotionen in dieser Situation erkennen. Bei der Entfachung solch einer extremen Euphorie ist zu erkennen, wie die Menschen aneinander auch körperlich nahe kommen wollen, d.h. es wird sich umarmt, einander abgeklatscht und sogar Zäune erstiegen um zu den Anhängern auf der anderen Seite eine Verbindung zu schaffen und sich gemeinschaftlich an diesem Geschehen zu erfreuen. Der Torschütze bekommt dabei von dem Stadionsprecher noch einmal besondere 107

Aufmerksamkeit zugewiesen, indem er ihn noch einmal hervorhebt und die Fans seinen Namen rufen lässt, so dass er zu dem Objekt des Triumphes erhoben und somit besonderer Anerkennung zu Teil wird. Es dauert dann auch einige Minuten (auch durch das zusätzliche Bejubeln des Torschützen) bis die Menge sich beruhigt und ihren Fokus wieder vollends auf das Spielgeschehen richtete.

Bei der Verletzung Marco Reus wird erst einmal der foulende Gegenspieler mit Buhrufen und Pfiffen bestraft, bevor die Menge auf die empfunden Schmerzen Reus reagiert. Dabei ist immer wieder zu beobachten, wie die Fans das Gesicht verziehen als wenn sie selbst gerade diese Schmerzen empfinden würden. Bei seiner Auswechslung stellt sich Mitleid mit ihm ein, welches darin endet, dass sie ihm dies durch ihren Applaus kundtun, seine Person anerkennen und ihm ihre Unterstützung mit den lauthalsen Rufen seines Namens bei Abgang demonstrieren. Bei dem anschließenden Foul an Gonzalo Castro ist wieder zu erkennen, wie sofort auf das Foul reagiert wird. Ergebnis ist, dass der Schiedsrichter auf Freistoß entscheidet und die gelbe/rote Karte für den Eintracht Spieler. Die Fans reagieren sofort mit Applaus und Zustimmung. Die Rufe „Auf Wiedersehen“ lässt vermuten, dass auch noch Schadenfreude als positive Emotion sich dazu begab. Nachdem der Spieler nicht in den Tempo vom Spielfeld ging, die die Masse von ihm erwartet, machte sich Ungeduld breit, so dass darauf mit Frust reagiert wurde in Form von verbalen Beschimpfungen, Pfiffen oder auch Mittelfingern. An dieser Szenerie lässt sich erkennen, dass der der Übergang von einer Emotion in die andere nicht nur schnell und intensiv erfolgt, sondern dass insbesondere auch positive wie negative Emotionen reflexartig auf einander folgen können. Die Reaktion auf den verschossenen Elfmeter von Aubameyang ist im ersten Moment, die der Überraschung worauf aber kein aggressives oder ärgerliches Verhalten folgt; vielmehr wird hier Akzeptanz gepaart mit den positiv richtenden Blick in die Zukunft hier deutlich. Es ist ebenfalls Ausdruck dessen, welchen Status Aubameyang bei den Fans genießt, so dass ihm dieses Versagen in dem Moment nicht übel genommen wird.

Sequenz 3 (18.30-19.15):

Mit Beginn der zweiten Hälfte fangen auch die Ultras wieder an zu singen. Kurz nach Wiederanpfiff gibt es eine Ecke für die Borussia. Die Ultragruppierungen fangen an die Arme nach oben zu halten und klatschen nach der Taktvorgabe des Trommlers. Erst langsam dann immer schneller werdend. Als jedoch die Ecke nicht von den Spielern ausgespielt wird und der Ball an den Gegner verloren geht, hören diese schlagartig auf mit dem Klatschen. Nach ca. 10 Spielminuten fällt ein Tor für den BVB. Es ist kaum ein Unterschied zum ersten zu merken. Nur das die Ultras nach dem kurzen Jubel anfangen das Lied „Jingle Bells“ anzustimmen. Das Lied verbreitet sich schnell von innen bis zu den Äußeren Stehplätzen der Südtribüne. Sehr viele Beteiligen sich daran und unterbrechen den Jubel, um mitzusingen und zu hüpfen. Dieses Bild hält sich dann auch eine Weile bevor es anfängt langsam auszuhallen. Von außen nach innen. Der Fokus richtet sich jetzt wieder vermehrt auf das Spiel, während die Ultras wieder ein neues Lied anstimmen. Bei einer Balleroberung , die er aber kurz danach wieder endete, indem er den Ball verlor, war zu beobachten wie die Leute sofort hoch schreckten, sich freuten aber auch gleich wieder 108 runter kamen (von den Zehenspitzen wieder auf die blanke Sohle) als der Ball wieder weg war. Von einem „jaaa“ wurde zu einem „aah“ gewechselt und dann gab es Applaus für diese Situation. Nachdem Henrikh Mkhitaryan das leere Tor nach Zuspiel von Gonzalo Castro nicht trifft, schlägt er die Hände über den Kopf zusammen und ärgert sich sichtlich darüber. Erst gab es im Moment „oh“ und „schade rufe“. Es lässt sich beobachten, dass recht viele Leute wie Mkhitaryan auch mit den Körper zurück gehen, leicht gebeugt in die Knie gehe und die Hände über den Kopf zusammen schlagen. Daraufhin fängt die Süd an Mkhitaryans Namen zu rufen und das so ca. 10 Sekunden lang. Erst verlässt Mats Hummels den Platz und 2 Minuten darauf folgend Henrikh Mkhitaryan. Bei Hummels gab es schon von jedem Applaus, bei Mkhitaryan kam neben dem Applaus noch das wiederholte Schreien seines Namens hinzu. Immer mehr Leute kamen dazu und riefen mit. Bis es dann wieder verhallte. Bei dem vierten Tor des BVB`s von Adrian Ramos schwächte der Jubel schneller ab und es ist konnte in vielen Gesichtern Erleichterung aber auch Staunen wahrgenommen werden. Man hört Dinge wie „ha das der auch mal einen macht“ „schön“ „jetzt kriegen sie aber ne Packung“ „schon das vierte“. Es wird zufrieden lächelnd geklatscht und mit den Nachbarn erzählt und sich erfreut an dem Geschehenen. 2 Minuten vor Schluss fängt die Süd an Jingle Bells zu singen, diesmal macht die ganze Tribüne mit. Alle springen hoch und runter und die Tribüne bebt förmlich. Während auf den anderen Tribünen kurz vor Abpfiff schon zu beobachten ist, dass sich die Leute aus den Stadion begeben, sind auf der Süd kein Abgänge zu verzeichnen.

Metakommunikative Interpretation:

Nach dem zweiten Tor wird beim Jubel durch die Ultras ein Weihnachtslied angestimmt, bei dem der Großteil der Tribüne sich beteiligt. Bei dem Ausgleichstreffer in der 1 Halbzeit war zwar ebenfalls zu beobachten, dass die Ultras nach dem Jubel Lieder anstimmten, diese erreichten jedoch den Rest der Tribüne nicht. Bei „Jingle Bells“ unterbrachen die anderen Fans das gemeinschaftliche Jubeln und schlossen sich den Ultras an um zu diesem Lied zu singen und zu hüpfen. Auch kurz vor Ende des Spieles wurde das Lied wiederholt gesungen, und auch dort war wieder eine größere Anteilnahme der gesamten Süd auszumachen, als in den anderen Lieder, die zuvor von den Vorsängern angestimmt wurden. Bei einer Torchance Mkhitaryans ist zu erkennen, dass viele der Fans die Geste die er zuvor nach dem Verschießen tätigte, von diesen übernommen wird (Hände über den Kopf schlagen). Das kann zu einem daran liegen, das es ist eine gängige Geste bei verpassten Möglichkeiten ist, oder zum anderen dass die Imitation der von Mkhitaryan initiierten Geste reflexartig von den Fans getätigt wurde. Nach dieser Situation kam es zum wiederholten Rufen seines Namens um ihn entweder zu signalisieren, dass sie dieser sonst guten Aktion Tribut zollen oder um gezielt ihn explizit zu stärken. Eine Verbindung aus beidem ist natürlich auch möglich. Jede Möglichkeit aber unterstreicht, dass auch er einen besonderen Status bei den Fans inne hat, da sonst dieses unterstützende Verhalten nicht zu Stande gekommen wär. Ein paar Minuten später, bei seiner Auswechselung, ist wieder zu vernehmen gewesen, dass sie ihm besondere Aufmerksamkeit schenkten. Während Mats Hummels ein paar Minuten zu vor Applaus entgegen gebracht wurde bei seiner Auswechselung, gingen sie bei Mkhitaryan einen Schritt weiter, und

109 schrien immer wieder seinen Namen, und seiner heute erbrachten Leistung zu honorieren. Bei dem vierten Tor lässt sich erkennen, dass im Augenblick des Erfolges die Reaktion reflexartig, dieselbe ist. Der Unterschied besteht darin, dass nicht nur die Intensivität des Jubels nicht über den gleichen Zeitraum erhalten bleibt wie bei dem ersten Tor beispielsweise. Aber nicht nur die Zeit in der die Euphorie empfunden wird nimmt ab, sondern ebenfalls die Emotionen, die darauf folgen. So geht der Blick auch gezielter auf den Torschützen. Während beim ersten Tor der Erfolg hauptsächlich im Fokus stand, ist jetzt zu sehen, dass die Konzentration auf den Spieler größer wird. Es entsteht Verwunderung darüber, dass ausgerechnet dieser Spieler zu treffen scheint, so dass die vorherigen Erfahrungen nicht identisch mit dem heutigen Erlebten zu seien scheinen. Eine weitere Emotion die jetzt viel öfter auf die vorherige Ekstase zu vernehmen ist, ist die der Entspannung und Erleichterung. Es besteht für die Anhänger keinerlei Bedrohung für den sportlichen Erfolg der Borussia mehr.

Nach dem Spiel:

Sequenz 4 (19.15-19.20)

Während die Spieler sich nach dem Abpfiff noch mit den gegnerischen Spielern abklatschen, warten die Fans auf der Südtribüne. Die Leute bleiben stehen, es wird sich abgeklatscht, applaudiert, umarmt und geredet. Dann kommen alle Spieler (auch die, die auf der Ersatzbank saßen) auf die Südtribüne zu. Diese stimmt wieder Jingle Bells an. Die Spieler stellen sich daraufhin Arm in Arm vor der Süd auf und hüpfen und singen mit. Irgendwann beenden sie es und klatschen in Richtung der Südtribüne. Daraufhin stimmt diese noch einmal „Dortmunder Jungs“ an. Die Spielen klatschen weiter, nehmen sich dann an den Händen und gehen langsam auf die Süd zu, während diese die Arme zitternd nach vorne halten und ein langes „oooohhh“ von sich geben. Die Spieler rennen auf sie zu und heben dann ihre Arme, die Menschen machen ihnen das nach. 3 Mal hintereinander werden dann die Arme in die Höhe gerissen. Daraufhin applaudieren die Spielern noch einmal den Menschen und gehen dann in Richtung der Kabinen. Die Leute auf der Süd applaudieren dann ebenfalls, bevor sich auch dann dort die ersten Leute in Richtung Ausgang bewegen. Manche bleiben stehen, trinken und unterhalten sich dann noch weiter.

Metakommunikative Interpretation:

Nach dem Spiel ist zu beobachten, dass kaum einer sich von seinem Platz weg bewegt, obwohl das Ereignis an sich zu Ende ist, weiß ein jeder darum, dass die Spieler noch einmal kommen werden um mit ihnen den Erfolg zu feiern, so dass man hier von rituellen Verhalten ausgehen kann. Das erste Lied, wieder Jingle Bells, welches immer zum letzten Heimspiel vor Weihnachten, wird von der Südtribüne initiiert, und die Spieler schließen sich diesem an. Beendet wird der Gesang jedoch von den Spielern, worauf diese der Süd applaudieren. Im Anschluss stimmen die Fans „Dortmunder Jungs“ an, um zu signalisieren, dass alle Anwesenden der Verein verbindet. Daraufhin nehmen die Spieler sich in die Hand, um mit den folgenden Arm hochreißen das Feiern über diesen Sieg noch einmal aufleben zu lassen und

110 gleichzeitig den Spieltag als beendet zu erklären. Nach einem kurzen Applaus gehen diese dann in Richtung Kabinen, und auch auf der Tribüne fangen die Menschen jetzt an das Stadion zu verlassen.

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Anhang 6:Beobachtungsprotokoll 2 BVB-TSG Hoffenheim + Sequenzierung + Metakommunikative Interpretation

Ab 17.00 Uhr:

x Im Gegensatz zum Spiel gegen die Eintracht habe ich mich diesmal zum Programmbeginn und die erste Viertel Stunde des Spiels in dem Block 12 aufgehalten und hatte somit direkten Blick auf die Ultragruppen (stand also hinter ihnen) ; danach stand ich bis zum Ende unten rechts an der Südtribüne an der Eckfahne, wo ich nicht nur ein Blick auf die untere rechte Seite der Südtribüne sondern auch Blick auf die Ultragruppierungen hatte (wenn man vom Spielfeld auf die Süd blickt) x Programmbeginn; das heißt die Spieler werden mit Einlaufmusik begleitet; zuerst der Torhüter, darauf dann die restlichen Spieler; es wird immer eine bestimmte Musik gespielt, die bei jedem Heimspiel die gleiche ist; den Spielern wird applaudiert und viele nehmen ihren Schal in die Hand und wirbeln ihn in der Luft; dabei wird das Lied mitgesungen (ohne Text); drauf folgen viele weitere Lieder; der BVB-Walzer,; Dortmund Lied „100000 Freunde ein Verein…“; x Es wird sich unterhalten; Leuten drängeln sich durch die Massen rein und raus um Getränke zu holen, Essen, Toilette; bis zum Spielbeginn ist andauernd Bewegung; ab Minute des Starts des Spiels ist jeder auf seinen Platz; es rennen kaum noch Menschen rein und raus x Ab 17.20 You`ll never walk alone! Diesmal stand ich in Block 12, d.h. bei den Ultragruppierungen (The Unity, Desperados, Jubos); Man sieht kaum was weil man unter Schals und Fahnen begraben ist; fast alle singen voller Inbrunst mit (siehe Videomaterial); fast jeder mit Bier in der Hand und jeder wieder mindestens ein Fanutensil; ich muss sagen, dass einige schon ganz genau beobachtet haben was ich mache; bin zwischen den Blöcken hin und her dank meiner Arbeiterkarte und konnte daher ausnahmsweise am Gang stehen bleiben; da das sonst nicht erlaubt ist wurde ich schon angeguckt; anfangs ab Spielbeginn war die Konzentration aller aufs Spiel gerichtet x Nach you`ll never walk alone dann Nobby (Norbert Dickel) mit der Mannschaftsaufstellung (auch siehe Video); Namen werden mit gebrüllt (einige Namen lauter andere weniger; kann aber auch subjektives empfinden sein; bspw. wurde bei Reus, Sahin, Aubameyang, Schmelzer lauter gebrüllt) x Dann Einlauf der Spieler; Heja BVB ertönt; nur wenige Ausnahmen um mich rum singen nicht mit; ein Pärchen küsst sich zum Beispiel immer wieder und unterhält sich; ein jüngerer Mann und

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eine Frau sind mit ihrem Handy beschäftigt; ein andere älterer Herr guckt immer abwechselnd zwischen seinem Bier und dem Geschehen auf dem Spielfeld hin und her

17.30 Uhr:

x Spiel beginnt; Ultras stimmen Lieder an; nach 3 Minuten gibt es schon 2 Ecken für die Gäste; gegnerischen Spieler brauchen länger um diese auszuführen; zumindest wenn es nach den Fans geht; werden ungeduldig, es gibt die ersten Pfiffe und Rufe in Richtung der Spieler sich zu beeilen und auch zum Schiedsrichter, damit er diese auffordert „schneller zu machen“ x Rudy foult Weigl; erste „Hurensohn“ Schreie der Fans in seine Richtung; außer den Ultras singen wenige mit (und wenn dann nur leiste und eher wie in Trance vor sich hin); Aufmerksamkeit gilt dem Spiel, da Hoffenheim in den ersten 15 Minuten schon 3 Ecken hat und auch sonst die Borussia fordert x (wechsel von Block 12 zum unteren rechten Teil der Süd nach 15 Minuten)

17.55 Uhr:

x Tor für Hoffenheim; Borussias Torwart Roman Bürki lässt ein Schuss von Volland nach vorne abprallen und Rudy schiebt den Ball ins Tor; unterschiedliche Reaktion der Fans; Ultras nach einem kurzen „Geschockt sein“ fangen (verdutzter Blick; große Augen; Stirn runzeln) an die nächsten Lieder anzustimmen; einige beschimpfen die jubelnden Hoffenheimer vor der Süd,; andere schimpfen über Bürki; viele ärgern sich und schlagen die Hände über den Kopf und verziehen die Mundwinkel nach außen, die Lippen werden aufeinander gedrückt so dass sie ganz schmal sind, die Augenbrauenwerden nach innen und runter gezogen; einige drehen sich zu anderen Fans um andere klatschen auch aufmunternd in Richtung der Spieler x 5 Minuten später wieder eine gute Chance für die TSG aber Bürki klärt zur Ecke; viele schreien auf und jubeln „Ja man!“; klatschen oder atmen durch als ein Zeichen der Erleichterung, dass es nicht zu einem zweiten Treffer gekommen ist; x Danach kommen die Borussen zu ein paar Chancen die nicht wirklich gefährlich sind; bei jeder noch so kleinsten Chancen, machen die Leute sich größer und versuchen alles zu sehen, verlagern ihr Gewicht immer von einem auf das andere Bein ohne das wirklich jemand im Blickfeld steht so dass man an ihn vorbei gucken müsste, die Augenbrauen werden nach oben gezogen und es entstehen Falten auf der Stirn, der Mund ist leicht geöffnet; man hört oft „na? na?“ aber da es zu keinem Tor kommt verfliegt die Anspannung gleich wieder, das Gesicht ändert sich kurz dahin gehend, dass kurz die die Augenbrauen zusammen und nach unten gezogen werden, die Unterlippe schiebt sich über die Oberlippe und die Oberlippe wird nach unten gepresst, das Kinn schiebt sich nach vorne; aber dies nur für sehr kurze Zeit ungefähr 1-3 Sekunden bevor das Gesicht entspannt und in seine normale/ausdruckslose Position verfällt; den Rest der Halbzeit 113

wiederholen sich diese Ausdrücke immer wieder; die Anspannung steigt und fällt relativ schnell wieder ab

18.13 Uhr:

x Freistoß für den BVB; Reus führt ihn aus und der Ball kann gerade noch so vom gegnerischen Torwart gehalten werden; die beste Chance für die Dortmunder; auf der Süd herrschen unterschiedliche Reaktionen; während Ultras ziemlich schnell wieder anfangen zu singen sind andere wiederrum sauer über die Leistung der Spieler und tun dies offen kund; andere verziehen das Gesicht und sagen „schade“; andere stehen nur da und verfolgen da Spiel weiter x 2 Minuten später ertönt der Halbzeit-Pfiff; einige klatschen; einige sind schon auf den Weg zu den Ausgängen; es sind auch vereinzelt Pfiffe zu hören aber die eher von den anderen Tribünen (obwohl ich das nicht 100%ig sagen kann); es sind auch vereinzelt Menschen zu hören die sich über diese Pfiffe aufregen; andere auch über die Leistung der Mannschaft; aber es sind auch stimmen zu hören, die sagen dass der BVB das in der 2.Halbzeit schon richten wird x die Ultras erkennt man zum einen daran, dass sie in der Mitte der Südtribüne eigens eingezäunt sind und dieser länglich nach hinten weg geht; der Zaun hört aber irgendwann auf, sodass der Übergang zu den anderen fließend ist; dieser ist mit Fahnen vorne zugehangen wo „The Unity“ drauf steht; es gibt zwar nicht nur diese aber es ist die größte Ultragruppierung und stellt auch die Vorsänger, die mit dem Rücken zum Spielfeld auf diesem Zaun auf einen Podest stehen und mit dem Megafon die Menge anheizen; die Dichte der Schwenkfahnen ist auch in diesem Bereich viel höher; während dem Vorprogramm werden diese durchgehend geschwungen; während des Spiel erkennt man dann die Ultras daran, dass sie meist hüpfen und sich somit klar von der Masse abgrenzen; sie singen Lieder oder heben dann ihre Arm um zu klatschen oder die Faust in die Höhe zu heben; in den Spielen gegen Frankfurt wie Hoffenheim waren sie klar von den anderen abzugrenzen; im Spiel gegen die Bayern, war dies schon nicht mehr so klar deutlich; da haben sich die Leute und die Ultras angenähert und diese waren nicht mehr als diese klar zu erkennen;( siehe Videos); desweiteren fällt auf, dass auch bei Torjubel oder bei strittigen Situationen, wo sich die Menge aufregt die Ultras nicht mehr klar von der restlichen Süd abzugrenzen sind

18.33 Uhr:

x beim BVB gab es eine Spielerwechsel; für Kagawa kam Gündogan; nach der Pause hat auch der gleich die erste gute Chance; das Spiel ist jetzt viel rasanter, was auch bei den Fans Eindruck macht; man hört lobende Worte und die Masse ist wie vor der Pause auf das Spiel fokussiert; die Anspannung steigt bei jeder guten Aktion und fällt wieder , wenn es nicht zum gewünschten Torerfolg kommt

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18.43 Uhr:

x Konterchance für den BVB durch Aubameyang, der dann an der Mittellinie von hinten von Rudy weg gegrätscht wird; die Masse bebt förmig; es wird laut gebuht und gepfiffen und es fallen Schimpfwörter in Richtung Rudys; die Arme zeigen nach oben; Handflächen nach oben zeigend und geöffnet, die Augenbrauen werden nach unten und zueinander gezogen und doch sind die Augen aufgerissen, die Nasenflügel werden nach oben gezogen, der Mund öffnet sich und es werden die Zähne gezeigt, das Kinn nach vorne verschoben; auch vereinzelt die Mittelfinger; es gibt auch Leute die sich nur nach ihren Nachbarn umschauen; ruhig das Geschehen verfolgen oder einfach nur „kopfschüttelnd“ dastehen und sich mit anderen über die Szene unterhalten; auch wird “Rot“ (rote Karte) gegen Rudy gefordert; kurz darauf zeigt der Schiedsrichter die rote Karte; er wird geklatscht, euphorisch gejubelt, gelacht, sich abgeklatscht, zustimmend genickt; manche regen sich auch immer noch über das Foul auf und schreien recht aggressiv „ist auch das mindeste“ „richtig so“ in Richtung des Spielfeldes; einige Spieler sammeln sich um den Schiri, auch Rudy der gerade Rot bekam; nach einer kleinen Diskussion geht Rudy normalen Schrittes Richtung Kabine (nicht besonders schnell aber auch nicht besonders langsam); auf der Süd macht sich langsam Ungeduld bemerkbar; es wird in Richtung des Spielers gepfiffen und gebuht; von Sekunde zu Sekunde immer mehr Menschen; es fangen auch immer mehr Menschen an zu lauthals zu schimpfen (ausschließlich Männer wie ich gesehen habe); es fallen Sachen wie „Mach doch ma schneller“ „Verpiss dich“ oder auch wieder „Hurensohn“; und immer mehr Leute zeigen den Mittelfinger in Richtung Spieler x Bis zur 80. Spielminute steigert sich der BVB immer mehr; sie sind spielbestimmend und haben eine Chance nach der anderen aber keine richtigen Großchancen; die Anspannung steigt immer mehr; bei jeder Chance die kein Tor wird werden die Leute frustrierter, enttäuschter; am Anfang war es eher ein „ach man“ das sich eher nach das wird schon anhört; umso länger es dauert umso gefrusteter werden die Fans; die Augenbrauen werden nach unten gezogen und die Falten zwischen den Augenbrauen ergeben ein umgedrehtes „U“ , zur Seite hin gehen die Augenbrauen nach oben, die oberen Lider senken sich, so dass die Augen nur nach halb geöffnet erscheinen, die Nase zieht sich etwas nach oben genau wie die Unterlippe; auch ist das „man“ eher lang gezogen; es wird sich mehr von ein Bein auf das andere hin und her bewegt; die Aktionen werden intensiver ; das anfeuern der Mannschaft ist jetzt bei einigen von hoffnungsvoll eher zu bettelnd/flehend geworden; die Stimmung die sich auf einen überträgt ist eher angespannt und ungeduldig

19.05 Uhr:

x Tor für den BVB durch Mkhitaryan; jeder auf der Südtribüne freut sich überschwänglich; es wird sich umarmt mit den umliegenden Leuten; die Arme nach oben gerissen, geschrien, gejubelt; das

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jüngere Mädchen neben mir reißt die Augen ganz weit auf, die Augenbrauen gehen nach oben auch ihre Wangenknochen ziehen sich nach oben, der Mund ist weit aufgerißen, sie schreit laut „jaaa“ und umarmt erst den jüngeren Mann neben sich und dann mich und dann noch 2-3 andere Leute um uns herum; es fliegen Bierbecher samt Inhalt umher; in Richtung der Spieler „Ja man“ und „Endlich“ und weitere lobende Worte gerufen; es gibt auch ein paar die in Richtung der Hoffenheim Spieler verspottende Sätze ihnen entgegen schreien; einige Leute klettern auf die Zäune die die Südtribüne in 3 Teile teilt und mit den Leuten auf der anderen Seite abgeklatscht; viele sind vor Freude in die Luft gesprungen; diese Euphorie-Welle hält so 10 Sekunden an; dann ebbt sie langsam ab wenn die Spieler Richtung Mittellinie gehen damit das Spiel wieder angepfiffen wird; die Leute freuen sich noch weiter aber nicht mehr so enthusiastisch; dauert auch noch ca. eine Minute bis sich alle wieder auf das Spiel fokussieren; der Stadionsprecher stimmt an „Tor durch unsere Nummer 10..Henrikh-„ die Menge stimmt ein „Mkhitaryan“; es ist sehr laut und sein Name wird in brünstig von allen geschrien mit einer Armegeste nach vorne; die Ultras stimmen Lieder an und diesmal machen schon mehr Leute mit; das heißt das sie auch die arme mit hoch reißen , denn vorher im Spiel haben auch viele mitgesungen aber eher nebenbei mit Fokus auf das Spiel; jetzt machen aber mehr engagierter mit

19.10 Uhr:

x Tor für den BVB durch Ramos! Man hat das Gefühl, dass ganze Stadion bebt; die Borussia hat damit das Spiele innerhalb von 5 Minuten gedreht; kaum möglich aber die Freude fühlt sich noch größer an; man wird angesteckt von der vorherrschenden Freude und Erleichterung über den positiven Spielverlauf; es ist zu sehen, dass die Leute jetzt beim Jubeln nicht mehr nur Schreien sondern auch vermehrt Lachen und die Wörter „puh“ oder „geil“ oder auch „Gott sei Dank“ sind des Öfteren zu hören; viele liegen sich wieder in den Armen und Bierbecher fliegen umher; es ist auch von einzelnen Leuten zu hören, dass sie sich über den Torschützen wundern; „der Ramos das gibt es nicht“ „und dann auch noch mit den kopf“ „ wird auch Zeit, er ist n guter“; nachdem die Euphorie wieder abebbte, wird auch von vielen Seiten die Forderung nach dem 3:1 lauter; „und jetzt bloß nicht noch den Ausgleich wieder kassieren in der letzten Minute“; die Ultras stimmen auch wieder Lieder ein und der Radius derer, die jetzt aktiv und intensiv mitmachen ist wieder ein Stück größer geworden; es machen jetzt auch mehr Leute bei den Fangesängen mit aber es sind auch mehr die sich mit ihren Nachbarn unterhalten; der Fokus ist jetzt weniger angestrengt beim Spiel

19.15 Uhr:

x Nachspielzeit und das 3:1 für den BVB durch Aubameyang; das Tor ist durch einen Konter durch Mkhitaryan, der dann auf Aubameyang spielt gefallen; schon während des Laufs von Mkhitaryan wird die Menge lauter; „ja ja ja“ und „lauf, lauf“ sind zu hören; oder einfach nur laute „Ah`s“;

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die Menschen sind absolut fokussiert; schauen dem Spieler und Ball nach; jeder macht sich größer und verlagert sein Gewicht mehr und mehr auf die Zehenspitzen; die Arme gehen auch automatisch langsam nach oben bis dann das Tor fällt und jeder nach oben springt, die Arme hoch reißt; Bier fliegt; Papierschnipsel fliegen; kurz danach pfeift der Schiedsrichter das Spiel ab; Die Süd feiert, d.h. Leute umarmen sich und unterhalten sich aufgeregt; bis die Spieler sich dann mit den Gegnern abgeklatscht haben und in Richtung Süd laufen; dann ist der Fokus wieder bei denen; es gibt kaum Leute die zu den Ausgängen gehen; es wird gesungen bis die Spieler dann aufgefordert werden sich hinzusetzen; machen sie dann auch; die Menschen auf das Süd machen das ebenfalls; aber eher gebückte Stellung weil einfach nicht genügend Platz ist sich richtig hinzusetzen; die Ränge sind im Gegensatz zu den Rest des Stadions noch voll; es wird gesungen bis alle hochspringen; die Spieler und die Menschen auf der Süd „rangeln“, d.h. sie springen hoch und gegeneinander und das immer und immer wieder, die Hände werden dabei vor die Brust genommen und zur Fäusten geballt; nach einer Minute ungefähr nehmen die Spieler sich an den Händen und reißen dreimal die Hände hoch; die Menschen auf der Süd machen mit; danach klatschen die Spieler noch Richtung Süd und gehen dann Richtung Kabine; auch die Süd leert sich jetzt und das recht schnell; aber es sind noch genügend Leute da, die dort noch stehen und sich unterhalten, was trinken und den Reserve-Spielern beim Laufen zu gucken

Vor dem Spiel:

Sequenz 1 (17.00-17.30):

Erst laufen die Torhüter und dann die restlichen Spieler zum Aufwärmen ein. Dabei ertönt die Einlaufmusik. Im direkten Blickfeld wickeln sich die Leute ihr Schal um ihr Handgelenk und wirbeln ihn in der Luft zu der Musik. Nachdem die Musik aufhört, hören auch sie damit auf und es wird sich unterhalten, getrunken oder die Spieler beobachtet. Danach erfolgt die gleiche Musik in der gleichen Abfolge, wie beim letzten Spiel gegen die Eintracht. Bei Beginn des Liedes „You`ll never walk alone“ singen wieder so ziemlich alle mit. Einige drängeln sich noch durch die Massen, aber sich mit dem Nebenmann/frau wird sich nicht mehr groß unterhalten. Durch die ganzen Schals und Schwenkfahnen sieht man kaum noch etwas vom Spielfeld. Die Leute um mich herum singen in brünstig mit (d.h. sie singen sehr laut mit, einig von ihnen haben die Augen geschlossen). Die Menschen die sich drum herum noch rein oder raus bewegen, werden nicht weiter beachtet. Der Fokus liegt vollkommen beim Singen. Bei Beendigung des Liedes nehmen sie die Schals runter und stimmen kurz ein anderes Lied an, bevor der Stadionsprecher die Mannschaftsaufstellung vorliest. Hierbei lassen sich Unterschiede in der Lautstärke bei den Rufen bestimmter Nachnamen von einzelnen Spielern fest stellen. So werden folgende Spieler besonders laut beschriene: Marco Reus, Pierre-Emerick Aubameyang, Nuri Sahin und Marcel Schmelzer. Wieder sieht man überall Leute mit mindestens einen Fanutensil. Bei dem Einlauf der

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Mannschaften sind nur wenige Ausnahmen nicht auf das Geschehen vorne konzentriert und/oder singen das Lied „Heja BVB“ mit. Ein Pärchen küsst sich beispielsweise, ein jüngerer Mann und eine Frau sind mit ihrem Handy beschäftigt und ein älterer Herr guckt immer zwischen Bier und Spielfeld hin und her.

Metakommunikative Interpretation:

Im Gegensatz zu der Partie gegen Eintracht ist hier ein anderes Verhalten während der Hymne „You`ll never walk alone“ fest zu stellen. Aufgrund des Positionswechsels konnte somit ein Unterschied zwischen dem Verhalten der Leute im Block 12 und denen von dem randlichen Teil der Tribüne ausgemacht werden. Zur Erinnerung, während beim letzten Spiel kein Durchkommen für die Fans bestand, die zu spät kamen, ist hier zu sehen, dass mehrere Personen sich noch von der Tribüne entfernen oder hinzu kommen, und es keinerlei Reaktionen der anderen Fans gab, bezüglich des rein und raus Gedrängel der Personen. Vielmehr beachtet man diese erst gar nicht, sondern war ganz auf das Singen des Liedes konzentriert. Ein weiterer Unterschied war das dieses Mal auf die Intensität des Rufens einzelner Spielernamen geachtet wurde. Dort konnten Kontraste ausgemacht werden. 4 Spielernamen stachen aufgrund der Lautstärke bei dem Rufen des Namens hervor. Warum gerade dieser Spieler besonderer Aufmerksamkeit teil wurden, oder ob das subjektive Empfinden hier eine größere Rolle spielt, ist nicht genau zu ermitteln. Eine Vermutung wär das aufgrund besonderer Leistungen diese Spieler (Aubameyang als bester Torjäger der Mannschaft) sich hervor getan haben, so dass ihnen erhöhte Sympathiewerte entgegen gebracht werden, oder das aufgrund ihre Verbundenheit zu der Stadt und dem Verein ihnen mehr Aufmerksamkeit zu Teil wurde (Reus wurde in Dortmund geboren, und durchlief wie Nuri Sahin alle Jugendmannschaften, Schmelzer ist schon seit 8 Jahren beim Verein).

Sequenz 2 (17.30-18.15):

Die Ultras stimmen immer wieder ihre Lieder an, müssen diese aber immer wieder unterbrechen, da der Gegner aus den Ecken heraus Chancen auf ein Tor hat. Bei der Ausführung dieser Ecken lassen sie sich, dem empfinden der BVB-Fans nach, zu viel Zeit. Sie fangen an zu buhen und zu pfeifen, oder fordern den Schiedsrichter, wie die Spieler auf „Schneller zu machen“. Immer wieder mal sieht man reflexartig einen Mittelfinger“ der in die Luft geragt wird und auch gleich wieder verschwindet. Bei einem Foul an Julian Weigl von Sebastian Rudy ist neben den Buhrufen auch das Wort „Hurensohn“ des Öfteren zu hören. Nach den ersten 15 Minuten folgt dann der erwähnte Wechsel zur anderen Position. Es fällt ein Tor für Hoffenheim nachdem Roman Bürki den Ball nach vorne abprallen lässt, so dass Sebastian Rudy den Ball nur noch rein machen muss. Die Ultras in der Mitte der Süd reagieren nach einem kurzen Moment der Stille (verdutzter Blick, Stirn runzeln, große Augen) mit dem Anstimmen eines neues Liedes auf dieses Tor. Bei den anderen Leuten sieht die Reaktion teils ähnlich aus. Einige beschweren sich darüber, dass Roman Bürki das hätte besser klären können. Es sind auch Beschimpfungen gegenüber den jubelnden Hoffenheimern zu hören. Sehr viele Leute haben im Augenblick des Tores die Hände über den Kopf geschlagen, verziehen die Mundwinkel nach außen, so dass die Lippen ganz schmal sind und aufeinander

118 gedrückt werden. Die Augenbrauen werden nach innen gezogen. Es gibt auch Fans die in die Richtung der Spieler applaudieren und sie anfeuern oder sich mit anderen unterhalten. Nach einer weiteren guten Chance für die TSG, die Roman Bürki aber zur Ecke klären kann, wird ihm applaudiert, und erleichtert aufgeatmet. Es sind Sätze zu hören wie „Ja man geil“ oder „super Bürki“. Immer wieder gelingt es den Spielern des BVB`s Chancen zu kreieren, jedoch führt keine zum Torerfolg. Die Menschen auf der Süd reagieren wie folgt: „Die Leute machen sich größer und versuchen alles zu sehen, verlagern ihr Gewicht immer von einem auf das andere Bein ohne das wirklich jemand im Blickfeld steht so dass man an ihn vorbei gucken müsste. Die Augenbrauen werden nach oben gezogen und es entstehen Falten auf der Stirn, der Mund ist leicht geöffnet. Man hört oft „na? na?“ aber da es zu keinem Tor kommt verfliegt die Anspannung gleich wieder, das Gesicht ändert sich kurz dahin gehend, dass kurz die die Augenbrauen zusammen und nach unten gezogen werden. Die Unterlippe schiebt sich über die Oberlippe und die Oberlippe wird nach unten gepresst, das Kinn schiebt sich nach vorne, aber dies nur für sehr kurze Zeit ungefähr 1-3 Sekunden bevor das Gesicht entspannt und in seine normale/ausdruckslose Position verfällt.“

Metakommunikative Interpretation:

Wieder gerät die Borussia (gleiches geschah schon in dem Spiel gegen die Eintracht) in Rückstand. Die Reaktionen auf das Gegentor sind zuerst vergleichbar, und bei den Ultras lässt sich auch kein Unterschied fest stellen. Nach einer kurzen Phase des geschockt sein, nehmen sie die gesangliche Unterstützung wieder auf. Bei den Fans im Blickfeld der Beobachterin ist dies anders. Es sind Beschimpfungen gegenüber den Spielern von Hoffenheim und auch Roman Bürki gegenüber sind kritische Äußerungen zu hören. Bei der nächsten Szene von ihm sind aber all diese Äußerungen wieder vergessen. Nach einer guten Parade von ihm, wird er dafür von der Menge bejubelt. Immer wieder ist bei den Leuten während dieser Halbzeit ein Spannungsauf- wie abbau zu erkennen. Voller Erwartung auf den Torerfolg ihrer Mannschaft, reagieren sie bei Nichteintreffen ihres Wunsches, mit leichter Verzweiflung, Ärger oder auch Angst, dass eine Niederlage bevorsteht.

Sequenz 3 (18.30-19.15):

Nach einem Foul von Sebastian Rudy an Pierre-Emerick Aubameyang reagiert die Masse sofort. Es wird laut gebuht und gepfiffen und es fallen Schimpfwörter in Richtung Rudy, genauso wie „Mittelfinger“ ihm entgegen gestreckt werden. Die Arme zeigen nach oben genau wie die Handflächen, die geöffnet sind. Die Augenbrauen werden nach unten und zueinander gezogen und doch sind die Augen aufgerissen, die Nasenflügel werden nach oben gezogen, der Mund öffnet sich und es werden die Zähne gezeigt, das Kinn nach vorne verschoben. Einige Leute schauen sich nur zu ihren Nachbarn um und verfolgen in Ruhe das Geschehen oder stehen einfach nur „kopfschüttelnd“ da, und unterhalten sich mit anderen über die Szene. Kurz nachdem die Menge, die Rote Karte für Rudy fordern, gibt der Schiedsrichter diese auch. Daraufhin wird geklatscht, euphorisch gejubelt, gelacht, sich abgeklatscht, zustimmend genickt. Manch einer regt

119 sich auch immer noch über das Foul auf und schreit recht aggressiv „ist auch das mindeste“ „richtig so“ in Richtung des Spielfeldes. Nach einer kleinen Diskussion geht Rudy normalen Schrittes Richtung Kabine (nicht besonders schnell aber auch nicht besonders langsam). Auf der Süd macht sich langsam Ungeduld bemerkbar. Es wird in Richtung des Spielers gepfiffen und gebuht. Von Sekunde zu Sekunde immer mehr Menschen und auch immer lautstarker. Einige Menschen fangen an zu lauthals zu schimpfen (ausschließlich Männer), und es fallen Sachen wie „Mach doch ma schneller“ „Verpiss dich“ oder auch wieder „Hurensohn“. Bis zur 80 Minute schafft es der BVB nicht ein Tor zu erzielen. Die Leute werden immer ungeduldiger. Es wird von dem einen Bein zu dem anderen Bein hin und her geschwankt. Der Radius der Menschen, die bei den Liedern von den Ultras mit singen, wird immer kleiner. Es wird angestrengt und angespannt zum Spielfeld geguckt. 10 Minuten vor dem Ende ist es dann so weit. Henrikh Mkhitaryan macht den Ausgleich. Diese Szenerie lässt wie folgt beschrieben: „Jeder auf der Südtribüne freut sich überschwänglich. Es wird sich umarmt mit den umliegenden Leuten. Die Arme nach oben gerissen, geschrien, gejubelt. Die jüngere Frau neben mir reißt die Augen ganz weit auf, die Augenbrauen gehen nach oben auch ihre Wangenknochen ziehen sich nach oben, der Mund ist weit aufgerissen. Sie schreit laut „jaaa“ und umarmt erst den jüngeren Mann neben sich und dann mich und dann noch 2-3 andere Leute um uns herum. Es fliegen Bierbecher samt Inhalt umher. In Richtung der Spieler wird „Ja man“ und „Endlich“ und weitere lobende Worte gerufen. Es gibt auch ein paar die in Richtung der Hoffenheim Spieler verspottende Sätze ihnen entgegen schreien. Einige Leute klettern auf die Zäune die die Südtribüne in 3 Teile teilt um mit den Leuten auf der anderen Seite abzuklatschen. Viele sind vor Freude in die Luft gesprungen. Diese Euphorie-Welle hält so 10 Sekunden an, dann ebbt sie langsam ab wenn die Spieler Richtung Mittellinie gehen damit das Spiel wieder angepfiffen wird. Der Stadionsprecher stimmt an „Tor durch unsere Nummer 10..Henrikh-„ die Menge stimmt ein „Mkhitaryan“. Es ist sehr laut und sein Name wird in brünstig von allen geschrien mit einer Armegeste nach vorne. Die Leute freuen sich noch weiter aber nicht mehr so enthusiastisch. Dies dauert auch noch ca. eine Minute an bis sich alle wieder auf das Spiel fokussieren.“ Nur 5 Minuten später fällt das zweite Tor für den BVB durch Adrian Ramos. Wieder springt die Menge auf und freut sich enthusiastisch. Es ist nicht mehr nur das Jubeln oder Geschreie zu hören, sondern auch vermehrt Lachen und die Wörter „puh“ oder „geil“ oder auch „Gott sei Dank“ sind des Öfteren zu hören. Von einzelnen Leuten ist zu hören, dass sie sich über den Torschützen wundern: „der Ramos das gibt es nicht“ „und dann auch noch mit den kopf“ „ wird auch Zeit, er ist n guter“. In der Nachspielzeit fällt dann das dritte Tor durch Aubameyang. Eingeleitet wurde dieser Konter durch Mkhitaryan, der frei auf das Tor zu läuft. Während diesem Laufs wird die Menge lauter und ruft: „ja ja ja“ und „lauf, lauf“ oder „Ah“. Die Menschen sind absolut fokussiert und schauen dem Spieler und Ball nach. Jeder macht sich größer und verlagert sein Gewicht mehr und mehr auf die Zehenspitzen. Die Arme gehen auch automatisch langsam nach oben bis dann das Tor fällt und jeder nach oben springt und die Arme hoch reißt.

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Metakommunikative Interpretation:

Die Reaktion auf das Foul an Aubameyang ist Zorn, die sich in der Person von Sebastian Rudy, der das Foul beging, entlädt. Es wird gebuht, gepfiffen und ihm der „Mittelfinger“ als Abwertung seiner Person entgegen gestreckt. Nachdem der Schiedsrichter diese Aktion mit der roten Karte sanktioniert, applaudiert die Menge sofort und erfreut sich an dieser Entscheidung. Als der Bestrafte, dann nicht in der Geschwindigkeit das Feld verlässt, welche die Fans für angemessen halten, wandelt sich die vorherige fast „Schadenfrohe“ Haltung wieder in Zorn um, woraufhin sogar verbale Beschimpfungen zu hören sind.

Nachdem die Fans bis 10 Minuten vor Schluss auf das erste Tor und somit den ausgleichstreffen warten mussten, entlädt sich alle Verzweiflung über die zuvor nicht genutzten Chancen im Torjubel. Es ist die absolute Ekstase zu beobachten, die sich sogar auf die Forscherin selbst ansteckend wirkt. Zu der Euphorie gesellt sich auch Spott gegenüber den Spielern von Hoffenheim, so dass es nicht nur ausreichte, sich über das Ergebnis zu freuen, sondern es wurde auch gleichzeitig dazu genutzt, ein Zeichen dem Gegner gegenüber zu senden, dass der eigene Verein die sportliche Niederlage nicht hinnehmen wird und dagegen ankämpft. Bei den Toren danach ist neben der Ekstase zum einen noch Verwunderung über den Torschützen zu hören. Das deutet darauf hin, dass dieser Spieler zu vor nicht von den Anhängern als jemand wahrgenommen wurde, der ein Spiel für den Verein entscheiden könnte. Zum anderen mischte sich jetzt noch Erleichterung dazu, dass man aus diesem Spiel nicht mit einer Niederlage heraus gehen musste.

Sequenz 4 (19.15-19.20):

Die Menschen auf der Süd feiern, d.h. Leute umarmen sich und unterhalten sich aufgeregt bis die Spieler sich dann mit den Gegnern abgeklatscht haben und in Richtung Süd laufen. Wenn sie anfangen in die Richtung zu laufen ist der Fokus wieder bei denen. Es wird gesungen bis die Spieler dann aufgefordert werden sich hinzusetzen, was sie dann auch machen. Die Menschen auf der Süd machen das ebenfalls, aber eher in einer gebückten Stellung weil einfach nicht genügend Platz ist sich richtig hinzusetzen. Die Ränge sind im Gegensatz zu dem Rest des Stadions noch voll und es wird gesungen bis alle hochspringen. Die Spieler und die Menschen auf der Süd „rangeln“, d.h. sie springen hoch und gegeneinander und das immer und immer wieder. Die Hände werden dabei vor die Brust genommen und zu Fäusten geballt. Nach einer Minute ungefähr nehmen die Spieler sich an den Händen und reißen dreimal die Hände hoch. Die Menschen auf der Süd machen mit. Danach klatschen die Spieler noch Richtung Süd und gehen dann Richtung Kabine. Auch die Süd leert sich jetzt und das recht schnell, aber es sind noch genügend Leute da, die dort noch stehen und sich unterhalten, was trinken und den Reserve- Spielern beim Laufen zu gucken.

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Metakommunikative Interpretation:

Die ausgeführten Handlungen werden sofort unterbrochen, als die Spieler sich in Richtung Südtribüne bewegen zur Einleitung des Rituals, dass Mannschaft und Fans nach Spielende zusammen das Spiel feiern, oder die Niederlage verarbeiten. Die Süd fordert dann die Spieler auf sich zu setzen, und ihnen bei ihrer Gesangseinlage zu, zu sehen, bis sie zwar körperlich voneinander getrennt aber doch gemeinsam aufspringen und rangeln. Die Spieler etwas freier, die Fans hüpfen eher. Aber durch die gemeinsame Aktion wird eine Verbindung zwischen beiden Parteien geschaffen, bevor die Spieler dann mit den gemeinschaftlichen Händen hoch reißen und dem Applaus für die Fans das Geschehen beenden. Damit scheint für alle Das Ende des heutigen Stadionbesuches eingeläutet zu sein und auch sie verlassen so langsam das Stadion.

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Anhang 7: Beobachtungsprotokoll 3 BVB-FC Bayern München + Sequenzierung + Metakommunikative Interpretation

17.30 Uhr:

x Ausgangssituation: das Spiel wurde schon eine Woche vorher in den Medien als der deutsche „Klassiker“ betitelt, beworben wurde; desweiteren gab es in der am Spieltag zuvor ein Sieg der Mainzer gegen die Bayern, so dass der BVB auf 5 Punkte heran gerückt ist; bei einem Sieg hätte er auf 2 Punkte verkürzen können und hätte somit die Deutsche Meisterschaft noch einmal richtig spannend machen können x Die Süd ist voller als zu dem Zeitpunkt bei den Spielen zuvor; die Leute wirken auch aufgeregter, freudiger denn sie unterhalten sich energischer und es wird mehr gelacht x Das erste Mal lässt sich ein Bayern Spieler kurz auf den Platz blicken; dieser (Robben) wird von den anwesenden Fans lautstark ausgebuht

Ca. 17.45 Uhr:

x Die Tribüne ist fast voll; nur ganz oben sind noch paar Lücken zu sehen x Der Torhüter des BVB läuft ein; es wird lauthals seine Einlaufmusik mitgesungen, geklatscht; man merkt schon jetzt eine Veränderung der Atmosphäre

Ca. 17:50 Uhr:

x Torhüter des FCB und ehemaliger Spiel des Revierrivalen (Manuel Neuer) kommt zum Aufwärmen; es wird wieder kräftig gebuht; und kurz „Neuer ist ein Hurensohn“ gesungen

Ca.17.55 Uhr:

x Die Spieler des BVB laufen ein (siehe Video); es ist so laut wie noch nie im Stadion; die ganze Süd singt mit und wirbelt ihre Schals in der Luft; jeder singt lautstark und mit voller Inbrunst mit; es werden mehr Fahnen als in den 2 Spielen davor geschwenkt; nach dem die Einlaufmusik erloschen ist, singt die ganze Süd „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ x Kurz später laufen auch die Spieler des FC Bayern ein um sich aufzuwärmen; wieder ohrenbetäubender Lärm doch diesmal sind es Pfiffe; es sind Beleidigungen zu hören und Mittelfinger werden ihnen entgegen gestreckt; danach unterhalten sich die Leute wieder, trinken, essen oder beobachten die Spieler beim Aufwärmen; dann wird kurz vorm Einlaufen der beiden Mannschaften „Youl`ll never walk alone“ gespielt; es ist auch hier diesmal lauter als sonst

18.25 Uhr:

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x Diesmal folgt nicht nach „Youl`ll never walk alone“ die Mannschaftsaufstellung; diese wird diesmal erst von Nobby zum Einlaufen der Spieler genannt; mit der Begründung, dass sich das die Spieler gewünscht hätten; während also die Mannschaften einlaufen, liest Nobby die Namen vor; die Namen werden frenetisch geschrien von den Leuten; ein Arm geht dabei jeweils hoch; dieses Mal sind kaum Unterschiede merken, ob ein Spieler mehr beschrien wird von der Menge oder nicht x Beim Einlaufen der Spieler fokussieren Schmelzer, Weigl und Reus genau die Südtribüne länger, während die anderen Spieler nur kurz hin schauen und/oder den Blick nach vorne richten

18.30 Uhr:

x Anpfiff; beide Mannschaften spielen gleich ein hohes Pressing und sogar der erste Ball geht nach einer Minute schon kaputt; so auch die Stimmung im Stadion; es ist irre laut; wieder eine angenehme dumpfe Lautstärke aber nicht zu vergleichen mit den Spielen davor x In den ersten 1,5 Minuten ist der BVB mehr in Ballbesitz; als dann die Bayern in Ballbesitz kommen, wird jeder Spieler und jeder Pass mit einem Buhen begleitet; dieses wird viel stärker als dann nach 2 Minuten Arjen Robben das erste Mal am Ball ist; nach 2,5 Minuten gibt es einen Einwurf; Alonso ruft immer wieder was zu Costa; der zeigt aber nur emhrfach mit seinen Finger auf sein Ohr Æ eine Geste dass er nicht verstehen kann was ihm gesagt wird, denn die Menge buht ohne Ende und es ist irre laut; Alonso wirft auf Costa und der von ihm gespielte Pass kommt nicht an sondern landet bei Mkhitaryan der sofort einen Konter einleitet; von einer Zehntel- Sekunde auf die andere fängt die Menge an zu schreien; von einem dumpfen buh und Gepfeife zu einem grelleren Gejubel x in der 3 Minute startet der BVB über Reus den ersten Konter; die Menge ist sofort alarmiert, hoffnungsvoll; macht große Augen, verlagern wieder ihr Gewicht auf die Zehenspitzen aber der Schuss wird abgeblockt; es gibt Szenenapplaus für Reus x in der 4 Minute foult Alonso Gundogan; erste lautere Pfiffe gegen ihn; die Ultras versuchen immer wieder Gesänge anzustimmen aber diese setzen sich in diesen ersten Minuten des Spiels gar nicht richtig durch; bei jeder guten Aktion oder aber der Berührung des Ball durch den Gegner kommt es sofort zu einer Reaktion; entweder Gejubel oder Gepfeife x nach 4,5 Minuten ist Neuer das erste Mal am Ball; sofort Gepfeife; ungefähr so laut wie bei Robben (vielleicht einen Tick leiser, was aber auch daran liegen könnte, dass er nicht so lange am Ball war wie dieser und sich das somit nicht aufbauschen konnte) aber bei weitem lauter als gegen Alonso und dessen Foul

18.35 Uhr:

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x Bürki kann eine Flanke von Costa nicht gut klären und lässt sie nach vorne abprallen; vor die Füße von Müller der aber den Ball über das Tor schießt; die Fans sehen teilweise erschreckt aber auch erleichtert aus, dass der Ball nicht rein ging; es sind aber auch vereinzelt negative Worte Bürki gegenüber zu hören; manch einer schimpft sogar sehr heftig über ein; so auch in meiner Nähe; derjenige wird aber von 2 Damen mittleren Alters zurück gepfiffen, dass er mal „ruhig „ machen soll; der nimmt die Hände nach oben vor seine Brust und hört auf zu schimpfen und verfolgt das Spiel nun fokussiert weiter x In der 6 Minute wieder ein Foul an Gundogan, diesmal durch Vidal; der wird jedoch nicht ansatzweise so laut ausgepfiffen wie Alonso zu vor x Langsam setzen sich wieder die Fangesänge durch; Bayern kommt jetzt wieder zu mehr Ballbesitz; Neuer am Ball aber außer paar einzelnen leichten Pfiffen wird weiter gesungen; anders da bei Robben, wenn der am Ball ist, werden die Gesänge sofort gestoppt und es wird sehr laut gepfiffen x 10 Minute Alonso am Ball es kommt leichte Pfiffe auf; er spielt den Ball weiter und dann kommt Robben am Ball; sofort ist es wieder richtig laut

18.41 Uhr:

x Nach einem Fehlpass von Lahm spielt Mkhitaryan den Ball zu Aubameyang der zum Konter los läuft; im 1 gegen 1 gegen Kimmich ist er schneller aber scheitert an Neuer; die Masse geht von der Sekunde wo der Mkhitaryan ihn los schickt sofort mit; jeder geht mit und ruft „ja ja ja“; aber nachdem Neuer gehalten hat, lässt die Anspannung bei den Fans wieder nach; es wird sich geärgert und „ah“ oder „Mensch“ oder „weiter geht’s“ gerufen; und auch gleich eiter gesungen und das Spiel verfolgt; was aber auffällt über das ganze Spiel hinweg ist, dass bei Robben sowie Neuer (obwohl es bei ihm schon 2-3 Passagen oder Ballberührungen gab, wo nicht oder nur sehr leise gebuht wurde)sofort laut gebuht wird, wenn sie am Ball sind, was wohl auf die Vorgeschichte zurück zu führen ist; Neuer als Ex-Schalker und Robben der die entscheidende Tore gegen den BVB im CL oder auch DFB-Pokal gemacht hat; jedoch kommt es auf die Szene drauf an; wenn Bayern im Ballbesitz ist und den Ball laufen lässt über Neuer oder Robben dann wird gebuht; sehr laut und auch geschimpft, Mittelfinger gezeigt; wenn es Neuer aber beispielsweise einen Ball gehalten hat dann wurde nicht gebuht; wenn Robben gefährlich im Strafraum des BVB war wurde auch nicht immer gebuht; umso gefährlicher, das heißt die Chance größer war, dass er ein Tor macht umso weniger wurde gebuht; es lag wohl daran das viele dann so auf die Situation fokussiert und gespannt waren, dass dieses eventuell vergessen wurde und es in dem Moment wichtige war, auf den Moment zu reagieren; „fällt ein Tor oder fällt kein“; es wurde oftmals auch die Geste gemacht, die man sonst aus der Kirche kennt wenn Leute beten 125

x Nach 13,5 Minuten wird Robben gestört und verliert den Ball; das Gebuhe und Gepfeife wandeln sich schlagartig um in lautem Jubel; einige lachen hämisch undstrecken den Arm immer wieder nach vorne aus und brüllen ihn an; Robben verzieht nur den Mund nach links und geht dann mit gesenktem Kopf weg vom Ball x Bei jedem Angriff der sich den Tor nähert, wird sofort gebuht; egal welcher Spieler am Ball ist außer bei Robben, da nimmt die Lautstärke noch ein Tick zu

18.51 Uhr:

x Foul von Alonso gegen Mkhitaryan der gerade zum Konter ansetzen wollte, worauf er dann die gelbe Karte sieht; die Menge ist außer sich; es wird geflucht, Alonso beschimpft, der Schiedsrichter beschimpft oder auch die „Bayern“, die Arme werden nach oben gerissen, es wird gebuht; als der Schiedsrichter dann die Karte zeigt wird ihm applaudiert; es wird hämisch gelacht, „richtig so“ geschrien; vereinzelt wird sich aber darüber beschwert, dass es nur Gelb gibt; nach der Aktion wurde auch bei Alonso des Öfteren gebuht wenn er am Ball war

18.57 Uhr:

x Konter von Reus aber kurz vorm Torschuss kann Kimmich den Ball noch ins Aus grätschen; die ganze Süd ist voller Hoffnung; schreit, feuern Reus an, gehen auf die Zehenspitzen, rufen wieder „ja ja ja“ oder „los“; voller Erwartung und Anspannung; nachdem Kimmich dann eingreift löst sich diese Anspannung; viele ärgern sich; rufen „ahh“ und „verdammt“ oder auch schlimmere Beschimpfungen; vorher noch ganz auf die Szene fokussiert drehen sich jetzt die Menschen zu ihren Menschen um sich herum um und sprechen mit einander; trinken oder essen und fokussieren sich dann wieder auf das Spiel x Auffällig ist, dass diesmal die Ultras sich auch viel mehr auf das Spiel konzentrieren als in den Spielen gegen Hoffenheim und Frankfurt davor; es gibt öfters Pausen wo sie absolut auf das Spiel konzentriert sind und nicht singen sondern „mitfiebern“; aber auch die anderen Fans auf der Süd sind diesmal verändert; mehr Leute und auch öfters werden die von den Ultras angestimmten Lieder mitgesungen; die ganze Süd macht mit und es ist eine viel größere Verbundenheit zu beobachten gegen den FC Bayern München; aber auch der Rest des Stadions ist engagierter als sonst; reagieren emotionaler auf die Szenen; machen sofort mit wenn die Süd mit einem Lied fordert, dass der Rest des Stadions aufstehen soll; der Blick von diesen geht immer zur Süd und dann abwechselnd wieder zum Spiel

18.58 Uhr:

x Nach der vorherigen Szene gab es Ecke für den BVB; dieser wird nicht gut genutzt und Robben schickt Costa zum Konter; der hat nur noch Bürki vor sich; er rennt auf ihn zu und die Ultras hören auf zu singen; viele verziehen das Gesicht und neigen es leicht zur Site als ob sie weg 126

gucken wollen aber dann doch irgendwie nicht könnten; die Hände werden nach vorne ineinander verschränkt wie beim Beten; es sind Rufe zu hören „nein“ oder „ahh“ ; manch einer geht mit den Körper zurück in eine eher seitliche, geducktere Haltung; andere wiederrum bleiben still stehen und sind ganz fokussiert und reißen die Augen weit auf; dann bleibt Bürki lange vor Costa stehen und hält seinen Schuss aufs Tor; die Menge rastet aus; man hat das Gefühl es ist gerade ein Tor gefallen; Bier fliegt umher; die Leute springen auf; jubeln; es ist absolut ansteckend, dass ich mich selber dabei erwischte auch zu jubeln und man freute sich mit den Leuten um sich herum und wurde in den Arm genommen; es war absolute Erleichterung zu spüren bei jedem aber gemischt mit Stolz und auch so ein erhabenes Gefühl; voller Positivität und Angriffswillen; die Menge fing an „Roman Bürki“ im Chor synchron zu schreien; alle riefen seinen Namen selbst der Mann der vorhin noch so sehr über Bürki schimpfte; eine Hand ging jeweils nach oben wie eine Art Sieges-Faust; und wurde synchron zum Namenschrei immer in die Luft gehoben; selbst bei den Spielen davor, habe ich noch nie gesehen, dass die Menge im Spiel den Namen eines Spielers ruft; auch nicht wenn ein Tor gefallen ist; nur einmal bei der Auswechslung von Mkhitaryan wo sie seinen Namen riefen aber bei weitem nicht so hingebungsvoll; hier war die absolute Euphorie zu spüren, der man sich nicht entziehen konnte; es dauerte bis die Menge sich wieder beruhigte und wieder streng auf das Spiel fokussiert war; wirkte Bürki vorher etwas nervös in seiner Ballabwehr- wie annahme, so war er nach dieser Szene viel besser ihm Spiel und wirkte auch sicherer und hatte konnte danach sogar noch ein paar weitere Paraden für sich verbuchen; in den nächsten 5 Minuten waren auch die Spieler des BVB mehr im Spiel; sie machten mehr Druck auf den Gegner und auf das Tor; dieses legte sich aber als dann bei der nächsten guten Chance Neuer hielt; danach war der FC Bayern wieder mehr am Drücker; der Rest der Halbzeit war es wieder ein Auf und Ab; beide Teams hatten ihre Chancen mit einen kleines Plus auf der Bayern-Seite; dementsprechend war die Menge auch immer im Auf und Ab; zwischen zittern und Anspannung und Erleichterung und Hoffnung

19.30 Uhr: x Kurz vor Anpfiff der zweiten Halbzeit kommen die Spieler des FC Bayern zu erst aus der Kabine ; schon auf dem Weg zum Tor, vor der Süd jetzt, wird Manuel Neuer mit Pfiffen und Mittelfinger begrüßt; es wird „Neuer ist ein Hurensohn“ gesungen; als er dann am Tor angekommen ist werden auch schon die ersten Becher Bier nach ihm geworfen; er wird beschimpft und auch irgendwelcher Müll und Feuerzeuge kommen geflogen; er beachtet die Menge nicht, hebt ein paar Sachen die geflogen kam auf und wirfst sie hinter das Tor und geht ein paar Meter heraus und steht jetzt so am 16er und bleibt da; die anderen Spieler reagieren gar nicht und unterhalten sich oder gucken in Richtung des anderen Tores; ich konnten genau beobachten wie ein Fan ein Feuerzeug (oder sonstigen Gegenstand; konnte diesen nicht genau erkennen) auf das Spielfeld warf in Richtung Manuel Neuers, jedoch kam der Gegenstand nur zur Seitenlinie zwischen Tor

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und Eckfahne; andere hatten dies auch gesehen und guckten ihn an; aber nur mit leicht zusammengezogener Stirn und eher ausdruckslosen Gesicht, ihr Fokus ging dann gleich wieder in Richtung Spielfeld; er sah mich genau an und ging ein Schritt zurück um zwischen seinen 2 Nachbarn zu verschwinden; sein Kopf neigte sich nach unten und er spitzte die Lippen und zog die Stirn nach oben; als ich weg schaute und wieder hin hab ich ihn aber in der Menge verloren; danach kamen dann auch sofort die anderen Spieler und auch Dortmunder dann auf das Spielfeld und die Menge beruhigte sich und es wurden wieder Lieder angestimmt und die zweite Halbzeit begann x Zu Beginn der zweiten Hälfte waren Fans wieder etwas wacher und gaben richtig Gas in ihrer Unterstützung; sie sangen und feuerten die Mannschaft an; und wie auch in der ersten Hälfte, war der BVB in der Angangsphase der zweiten Hälfte die spielbestimmendere Mannschaft

19.40 Uhr:

x Das Spiel geht gleich rasant weiter und beide Teams haben Chancen; es gibt immer wieder Szenenapplaus während des ganzen Spiels schon für Hummels, Schmelzer oder gute Abwehraktion von anderen Spieler; 10 Minuten nach Spielbeginn kommen die Bayern- Reservisten zum warm machen; auch Mario Götze ist dabei und geht Richtung Tor vor der Süd um sich warm zu machen; (sonst macht sich dieser immer im Tunnel warm weil er von den BVB angefeindet wird); auch diesmal ist ein warm machen dort nicht möglich aber für alle Spieler; sie werden Buhend empfangen; es wird wieder Bier, Müll und Feuerzeuge in die Richtung geworfen; die Spieler rücken immer weiter Richtung Seitenlinie; aber die Menge hört nicht auf; „Götze ist ein Hurensohn“ wird gesungen; es wird aggressiv in eine Richtung Schimpfwörter geschrien und Mittelfinger ausgestreckt; der Stadionsprecher (nicht Nobby) weist die Fans darauf hin, dieses zu unterlassen aber darauf wird überhaupt nicht reagiert; nach ein paar Minuten kommt dann der Schiedsrichter; er unterbricht das Spiel und geht zu den Reservisten; er schickt sie zur anderen Seite hinter das gegnerische Tor vor ihren Fans um sich warm zu machen; es gibt eher höhnischen Applaus und Gelächter von den Fans als diese weg geschickt werden; die Spieler auf dem Feld sind eher wenig beeindruckt davon; sie unterhalten sich oder gucken sich dies eher ausdruckslos und hinnehmend an; einige nutzen die Zeit um sich untereinander nochmal abzusprechen oder trinken etwas an der Seitenline; die Menge beruhigt sich langsam und konzentriert sich wieder auf das Spiel

19.50 Uhr:

x Robben schießt an die Latte; Bürki konnte den Ball mit seinen Fingern an die Latte lenken; von der Süd aus konnte man das aber nicht sehen (erst bei der Zusammenfassung des Spiels); 128

dementsprechend gab es nicht wie in der Halbzeit den Jubel von Bürki sondern die Menge zeigte sich eher erleichtert als der Ball nicht rein ging und applaudierte; die Bayern waren immer mehr am Zug und hatten den größeren Spielanteil jetzt und auch bessere Chancen; im Stadion wurde es allmählich auch ruhiger und es wurde immer angespannter, da man immer mehr auf die Bayern schaute und ob sich aus einer Chance ein Tor entwickelte; bei jeder Chance des BVB ist es aber plötzlich wieder absolut laut im Stadion aber etwas weniger euphorisch als in der ersten Hälfte des Spiels; die Ultraszenerie sticht jetzt wieder mehr hervor, die immer noch singen und auch immer wieder versuchen das Stadion zu animieren; aber der Rest wirkt wieder etwas verhaltener; bei gefährlichen Situationen (ob für den BVB oder Bayern) ist die ganze Süd wieder lautstark zu hören; sogar die Buhrufe gegen Neuer und Robben werden weniger; es wird jetzt nicht mehr bei jedem Ballkontakt gebuht

20.13 Uhr:

x Aubameyang hängt Kimmich ab und flankt in die Mitte zu Ramos der mit den Kopf aber den Ball links am Tor vorbei schiebt; bei Aubameyangs Lauf ist die Masse schon wieder sofort elektrisiert; es wird geschrien „Los Los Los“ und die Hände ineinander gedrückt wie beim Beten; die Ultras haben ihre Gesänge eingestellt; die Menge erhebt sich auf die Zehenspitze ist voller Anspannung; reißen die Stirn nach oben und die Augen auf und einigen reißen schon die Arme nach oben als der Ball auf Ramos Kopf landet und setzen schon zum Jubeln an; als der Ball aber vorbei geht schlagen sie die Hände über den Kopf zusammen ; drehen sich weg, rümpfen die Nase; unterhalten sich wieder mit anderen und sehen eher nicht mehr so optimistisch aus; eher enttäuscht und leicht hoffnungslos; sie zucken mit den Achseln und ziehen die Unterlippe nach unten und außen

20.15 Uhr:

x Alonso bleibt mit einem Krampf auf dem Boden liegen; die Menge fängt sofort an zu buhen; den Mittelfinger zu zeigen und beschimpfen ihn, dass er doch dann gefälligst runter gehen soll; „Verpiss dich“ „mach doch mal hinne“; als der Schiedsrichter dann die medizinischen Betreuer auf das Feld holen lässt wird die Menge nochmal lauter; die Arme von den die lauthals sich beschweren gehen in Richtung Mittelline am Spielfeldaus; die Handflächen nach oben und als ob sie ihnen die Richtung weisen wollen; Alonso wird dann langsam hinaus begleitet und der BVB wechselt noch einmal; aber so bald Alonso auch draußen war, wurde das Spiel auch schon von dem Schiedsrichter abgepfiffen; es war ein eher abruptes Ende; die Masse schaute sich um und erzählten dann miteinander; es war still und keine Lieder wurden mehr angestimmt; es dauerte diesmal auch etwas länger bis die Spieler dann zur Süd kamen; es wurde auch nur applaudiert und sie sahen eher enttäuscht und deprimiert aus; nachdem kurzen Applaus für die Süd und die

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Süd die zurück applaudierte gingen die Spieler auch schon zur Kabine und die Menge löste sich dann auch auf

Vor dem Spiel

Sequenz 1 (17.50-18.30):

Schon als Robben sich noch nicht umgezogen nur kurz auf dem Spielfeld zeigt, war ein lautes Gebuhe und Gepfeife zu vernehmen. Was erst dann endet als er kurz drauf wieder in Richtung Kabinen verschwand. So verhält es sich auch als Manuel Neuer das Feld betritt um sich aufzuwärmen, jedoch wird hier noch ein kurzes „Neuer ist ein Hurensohn“ angestimmt. Wie bei den Malen davor wird eine bestimmt Musik gespielt als die Spieler des BVB`s einlaufen, nur diesmal nimmt optisch die ganze Süd ihre Schals in die Hand, wirbeln sie in der Luft und singen die Melodie des Liedes mit. Die Lautstärke ist beeindruckend laut. Nach dem die Musik zu Ende ist, stimmt die Tribüne das Lied „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ an. Die in der näheren Umgebung stehenden Fans sind alle mit. Kurz später laufen auch die Spieler des FC Bayern ein um sich aufzuwärmen. Es herrscht wieder ein ohrenbetäubender Lärm. Es sind Pfiffe und Beleidigungen zu hören und Mittelfinger werden ihnen entgegen gestreckt. Danach unterhalten sich die Leute wieder, trinken, essen oder beobachten die Spieler beim Aufwärmen. Auch bei der Hymne „You`ll never walk alone“ ist eine beträchtliche Lautstärke wahrzunehmen. Nach Beendigung des Liedes ist eine Veränderung im Ablauf fest zu stellen. Der Stadionsprecher erklärt, dass die Spieler sich zu dieser Partie gewünscht hätten, dass die Mannschaftsaufstellung erst dann vorgelesen wird, wenn diese Einlaufen. Dieses Mal ist beim Rufen der Namen kein deutlicher Unterschied zwischen den Spielern fest zu stellen. Dafür ist bei 3 Spielern zu erkennen, dass diese länger zur Südtribüne zu schauen, nämlich bei Marco Reus, Marcel Schmelzer und Julian Weigl.

Metakommunikative Interpretation:

Vor dem Spiel ist zu erkennen, dass bei Erblicken des Spielers Arjen Robben schon eine Abneigung besteht, die die Fans ihn auch gleich signalisieren. Es ist also davon aus zu gehen, dass bereits Erfahrungen mit diesem Spieler gemacht wurden, die negativ sind und sofort solche Reaktionen bei ihnen auslösen. Beim Einlaufen der eigenen Spieler beteiligt sich die ganze Südtribüne an der Musik und singt die Melodie lauthals mit und wirbeln ihre Schals, und zelebrieren somit gemeinsam das Erscheinen der Spieler und demonstrieren gleichzeitig damit ihre Unterstützung für sie. Im Gegensatz zu den gegnerischen Spielern. Die werden sofort mit Pfiffen und Buhrufen begrüßt, so dass ihnen gleich signalisiert wird, welche Antipathien ihnen gegenüber herrschen. Dieses wird noch einmal mit dem Lied „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ untermauert. Ein Unterschied zum sonstigen Ablauf ist durch die Spieler selbst initiiert worden. Als besondere Motivation für diese, sollten ihre Namen erst beim Einlaufen der Mannschaften gerufen werden.

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Während des Spiels

Sequenz 2 (18.30-19.15):

Als nach 2 Minuten das erste Mal Arjen Robben am Ball ist, wird von der Menge wieder kurz laut gebuht. Dieses verstummt als er den Ball weiter spielt. Kurz darauf ist bei einer Ecke für den FC Bayern zu beobachten, dass Xabi Alonso immer wieder versucht Douglas Costa etwas zu sagen, aber aufgrund des lautstarken Pfeif- und Buhkonzert ist kein Wort zu verstehen. Costa hält immer wieder seine Hand an das Ohr und dreht sich in Richtung Alonso, muss aber immer wieder anhand von Kopfschütteln und das hochziehen der Schultern und Handflächen demonstrieren, dass er kein Wort verstehe. Der dann gespielte Pass landet bei Henrikh Mkhitaryan, der sofort einen Konter einleitet. Von einer Sekunde auf die andere wechselt das Gepfeife in ein aufgeregtes Jubelgeschreie. Nachdem Reus nicht zu dem Torerfolg kommt gibt es Applaus für Marco Reus. Nur kurze Zeit später kommt es zu einem Foul von Xabi Alonso an Ilkay Gundogan, welches mit lauteren Pfiffen begleitet wird. Immer wieder wechselt der Ballbesitz von der einen zur anderen Mannschaft. Dementsprechend sind die Reaktionen der Süd. Bei eigenen Balleroberungen wird sofort geklatscht und gejubelt, während bei Verlust umgehend Gepfiffen und Gebuht wird. Nach ca. 5 Minuten ist auch Manuel Neuer das erste Mal am Ball. Es wird kurz gepfiffen und gebuht als er am Ball war, jedoch spielt er den Ball recht schnell weiter, so dass es wirklich nur ganz kurz laut wurde und auch nicht mit den Pfiffen gegen Robben zu vergleichen war. Nach einem Fehler Roman Bürkis kommt es fast zu einem Tor für die Bayern. Die Fans sehen teilweise erschreckt aber auch erleichtert aus, dass der Ball nicht rein ging. Es sind aber auch vereinzelt negative Worte Bürki gegenüber zu hören. Ein Mann der sich unmittelbar in der Nähe befand, machte seine Verärgerung über Bürki lauthals kund. Derjenige wird aber von 2 Damen mittleren Alters zurück gepfiffen, dass er mal „ruhig „ machen soll. Der nimmt daraufhin die Hände (Handfläche nach vorne zeigend) nach oben vor seine Brust und hört auf zu schimpfen und verfolgt das Spiel nun fokussiert weiter. Erst nach ca. 10 Minuten sind erstmalig Fangesänge der Ultras zu hören, welche aber sofort wieder unterbrochen werden von Pfiffen. Erst ganz leise gegen Alonso und dann sehr laut als Robben wieder an den Ball gelangt. Nach einer viertel Stunde als Robben gestört und den Ball verliert, wandeln sich die Buh-Rufe und die Pfiffe sich schlagartig in lautem Jubel um. Einige lachen hämisch und strecken den Arm immer wieder nach vorne aus und brüllen ihn an. Robben verzieht nur den Mund nach links und geht dann mit gesenktem Kopf weg vom Ball. Nach einem Foul von Alonso gegen Mkhitaryan, der gerade zum Konter ansetzen wollte, sieht Alonso die gelbe Karte sieht. Die Menge ist außer sich, d.h. es wird geflucht, Alonso beschimpft, der Schiedsrichter beschimpft oder auch die „Bayern“. Die Arme werden nach oben gerissen und es wird gebuht. Als der Schiedsrichter dann die Karte zeigt wird ihm applaudiert und es wird hämisch gelacht, so wie „richtig so“ geschrien. Vereinzelt wird sich aber darüber beschwert, dass es nur Gelb gibt. Nach einer Ecke für den BVB, die nicht genutzt werden konnte läuft Costa zum Konter und hat nur noch Bürki vor sich stehen. Die Situation wird dann wie folgt beschrieben: „Er rennt auf ihn zu und die Ultras hören auf zu singen. Viele verziehen das Gesicht und neigen es leicht zur Seite als ob sie weg

131 gucken wollen aber dann doch irgendwie nicht könnten. Die Hände werden nach vorne ineinander verschränkt wie beim Beten. Es sind Rufe zu hören „nein“ oder „ahh“. Manch einer geht mit dem Körper zurück in eine eher seitliche, geducktere Haltung. Andere wiederrum bleiben still stehen und sind ganz fokussiert und reißen die Augen weit auf. Dann bleibt Bürki lange vor Costa stehen und hält seinen Schuss aufs Tor. Die Menge rastet aus. Man hat das Gefühl es ist gerade ein Tor gefallen. Bier fliegt umher und die Leute springen auf um zu jubeln. Es ist absolut ansteckend, so dass ich mich selber dabei erwischte auch zu jubeln und man freute sich mit den Leuten um sich herum und wurde in den Arm genommen. Es war absolute Erleichterung zu spüren bei jedem aber gemischt mit Stolz und auch so einen erhabenem Gefühl, voller Positivität und Angriffswillen. Die Menge fing an „Roman Bürki“ im Chor synchron zu schreien. Alle riefen seinen Namen selbst der Mann der vorhin noch so sehr über Bürki schimpfte. Eine Hand ging dabei jeweils nach oben wie eine Art Sieges-Faust, und wurde synchron zum Namenschrei immer in die Luft gehoben.“ So eine Situation war in den Spielen davor, selbst bei einem Torfall nicht zu beobachten.

Metakommunikative Interpretation:

Während der ersten Halbzeit lassen sich 3 gegnerische Spieler ausmachen, die bei Ballbesitz umgehend von der Menge ausgebuht und ausgepfiffen werden. Bei Arjen Robben und Manuel Neuer hatte sich schon vor der Partie eine Antipathie der Fans heraus kristallisiert. Dementsprechend lösten sie von Spielbeginn an diese Reaktion bei den Fans aus. Bei Xabi Alonso war das anders. Erst nach der Aktion gegen Mkhitaryan waren Pfiffe über das Foul hinaus gegen ihn zu vernehmen. Bei einem Eckball ist zu erkennen, dass die Fans auf der Südtribüne durch die Lautstärke ihrer Pfiffe und den Buhrufen es den gegnerischen Spielern unmöglich machen, ihre Ausführung der Ecke abzusprechen. Die Kommunikation zwischen den beiden Spielern kann nicht stattfinden. Das die Ausführung dann misslingt ist entweder darauf zurück zu führen, dass die Fans die Absprache verhinderten und somit direkt Einfluss auf das Spielgeschehen nahmen oder dass der Spielzug einfach nicht gelang, da Mkhitaryan aufmerksam war und so den Gegenangriff in einen eigenen Konter umwandeln konnte. Es ist aber auch eine Mischung aus beiden Eventualitäten möglich. In der Partie kommt es dann von Roman Bürki zu einer gefährlichen Abwehr des Balles, die fast als Tor für den Gegner endete. Neben der Erschrockenheit der Menge, kann auch Ärger gegenüber dem Torhüter vernommen werden. Ein Mann lässt seine Wut freien Lauf, wird jedoch recht schnell von 2 Damen dazu aufgefordert dieses zu entlassen. Diese Anweisung nimmt er recht schnell akzeptierend hin, und unterlässt daraufhin dass von ihm ausgeübte aggressive Verhalten. Ein paar Minuten später ändert sich dann deine Meinung sogar ins Gegenteil. Nach einer starken Parade hält Bürki den Ball in einer 1 zu 1 Situation. Vor dem Schuss auf das Tor wurde eine extreme Anspannung vernommen. Die Ultragruppierungen unterbrachen ihre Gesänge und waren vollends auf das Geschehen auf dem Spielfeld fokussiert. Genau wie die restlichen Fans war Anspannung zu vernehmen, gepaart mit der Angst, dass die eigene Mannschaft in Rückstand geraten könnte und somit der sportliche Erfolg bedroht erscheint. Was folgt auf die Rettung durch Bürki, ist eine Euphoriewelle bei den Fans, die die

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Forschende in keiner der zuvor geführten Partie beobachten konnte. Nicht nur der noch so verärgerte Mann bejubelte Bürkis Aktion. Was hier wahrgenommen wurde war der Ausdruck völliger Ekstase bei allen Akteuren auf der Südtribüne. Reflexartig wurden die Arme samt Bier hoch gerissen, man umarmte einander. Bei keinen zu vor gefallen Tor war die Euphorie und das Übersprudeln an Emotionen so intensiv gelebt wurden wie hier, was auf die Besonderheit der Partie und insbesondere des Gegners schließen lässt. Das Gefühl der gemeinschaftlichen Ekstase steckte auch die Forschende an mit den um sich stehenden Fans zu jubeln. Kurz nachdem die erste Welle der Euphorie langsam abebbte, stellte sich ein Gefühl von Stolz ein, was sich auch gezielt auf Roman Bürki übertrug. Die Menge fing an seinen Namen zu rufen, immer wieder um seiner Leistung Tribut zu zollen.

Sequenz 3 (19.30-20.15):

Kurz vor Anpfiff der zweiten Halbzeit kommen die Spieler des FC Bayern zu erst aus der Kabine und mit ihnen Manuel Neue, der mit Pfiffen und Mittelfinger begrüßt wird. Es wird „Neuer ist ein Hurensohn“ gesungen. Als er dann am Tor angekommen ist werden auch schon die ersten Becher Bier nach ihm geworfen. Er wird beschimpft und auch irgendwelcher Müll und Feuerzeuge kommen geflogen (das war hier nicht genau zu erkennen). Neuer beachtet die Menge nicht, hebt ein paar Sachen die geflogen kam auf und wirfst sie hinter das Tor und geht ein paar Meter heraus. Er steht nun ungefähr am 16er und bleibt da. Die anderen Spieler reagieren gar nicht und unterhalten sich oder gucken in Richtung des anderen Tores. Bei dieser Situation ließ sich folgendes Szenario erkennen: „Ich konnten genau beobachten wie ein Fan ein Feuerzeug (oder sonstigen Gegenstand) auf das Spielfeld warf in Richtung Manuel Neuers, jedoch kam der Gegenstand nur zur Seitenlinie zwischen Tor und Eckfahne. Andere hatten dies auch gesehen und guckten ihn an, aber nur mit leicht zusammengezogener Stirn und eher ausdruckslosen Gesicht. Ihr Fokus ging dann gleich wieder in Richtung Spielfeld. Der Werfer sah mich genau an und ging ein Schritt zurück um zwischen seinen 2 Nachbarn zu verschwinden. Sein Kopf neigte sich nach unten und er spitzte die Lippen und zog die Stirn nach oben. Als ich weg schaute und wieder hin, habe ich ihn aber in der Menge verloren.“ Nachdem dann die Dortmunder Mannschaft auf das Spielfeld kam, beruhigte die Menge sich und es wurden wieder Lieder angestimmt und die zweite Halbzeit angepfiffen. Bis zur 10 Minute der 2. Halbzeit zumindest als die Ersatzspieler vom FC Bayern zum warm machen in Richtung Süd gingen. Dabei auch Mario Götze ist dabei, der sich sonst immer im Spielertunnel warm machte. Ein warm machen ist dort für alle Spieler nicht möglich. Sie werden Buhend empfangen und es hagelt wieder Bier, Müll und Feuerzeuge. Die Spieler rücken immer weiter Richtung Seitenlinie, aber die Menge hört nicht auf. Es wird „Götze ist ein Hurensohn“ gesungen und aggressiv in seine Richtung Schimpfwörter geschrien und Mittelfinger ausgestreckt. Der Stadionsprecher weist die Fans darauf hin, dieses zu unterlassen aber darauf wird überhaupt nicht reagiert. Nach ein paar Minuten kommt dann der Schiedsrichter und unterbricht das Spiel. Er geht zu den Reservisten und schickt sie zur anderen Seite hinter das gegnerische Tor vor ihren Fans um sich warm zu machen. Es gibt eher höhnischen Applaus und Gelächter von den Fans als diese weg geschickt werden. Die Spieler auf dem

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Feld sind eher wenig beeindruckt davon. Sie unterhalten sich oder gucken sich dies eher ausdruckslos und hinnehmend an. Einige nutzen die Zeit um sich untereinander nochmal abzusprechen oder trinken etwas an der Seitenline. Nachdem die Ersatzspieler weg sind beruhigt sich die Menge langsam und konzentriert sich wieder auf das Spiel. Als Alonso mit einem Krampf in der 90. Spielminute auf dem Boden liegen bleibt fängt die Menge sofort an zu buhen, zeigen ihm den Mittelfinger und beschimpfen ihn, dass er doch dann gefälligst runter gehen soll. Es fallen Sätze wie „Verpiss dich“ oder „mach doch mal hinne“. Als der Schiedsrichter dann die medizinischen Betreuer auf das Feld holen lässt wird die Menge nochmal lauter. Die Arme von denen, die sich lauthals beschweren gehen in Richtung Mittelline am Spielfeldaus. Die Handflächen nach oben, so als ob sie ihnen die Richtung weisen wollen. Alonso wird dann langsam hinaus begleitet und der BVB wechselt noch einmal, aber so bald Alonso auch draußen war, wurde das Spiel auch schon von dem Schiedsrichter abgepfiffen.

Metakommunikative Interpretation:

Vor Beginn der zweiten Halbzeit kam es zum Seitenwechsel der Mannschaft worauf hin sich Manuel Neuer vor die Süd begeben musste. Bei betreten des Spielfeldes wird er gleich wieder von Buhrufen und Pfiffen begrüßt. Aufgrund der Tatsache dass Neuer sich nun genau vor ihnen begeben musste wurde die Abneigung gegen ihn nicht nur noch verbal kund getan, sondern das Verhalten wurde zunehmend körperlicher. So wurden verschiedenste Gegenstände in seine Richtung geworfen. Neuer räumte diese zwar weg, schenkte aber den Fans sonst keinerlei direkte Beachtung durch beispielsweise Augenkontakt. Als Reaktion auf das Verhalten der Süd positionierte er sich einfach weiter weg von der Süd. Seine Mitspieler reagierten ebenfalls nicht darauf. Jedoch veranlasste dieses Verhalten die Akteure auf der Süd nicht dazu in ihren Handlungen nach zu lassen. Einzig das Auftreten der eigenen Mannschaft und der Anpfiff zur zweiten Halbzeit ließ die Menge sich beruhigen, so dass sie ihren Fokus wieder auf das Spielgeschehen richteten. Die Forschende konnte während der Anfeindungen einen Mann ausmachen, der ebenfalls einen Gegenstand in Richtung Neuers warf. Nachdem er von ihr entdeckt wurde, war seine Reaktion darauf sich vor ihr zu verstecken. Diese Reaktion kann aus zweierlei Gründen erfolgen. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass er seine Tat in dem Moment bereute als er realisierte dass er dabei beobachtet wurde, und sich dessen körperlich aggressiven Fehltritt bewusst wurde. Zum anderen trat er einen Stück zurück um seine Person zu verstecken, weil er für sein Verhalten Sanktionen durch das Erblicken durch die Forschende erwartete, denen er nun aus dem Weg gehen wollte. Die Personen um ihn herum nahmen indessen seine Aktion zwar stirnrunzelnd wahr, reagierten aber nicht direkt auf ihn. Das heißt, dass sie die Tat zwar nicht unterstützten (Stirnrunzeln als Ausdruck des Zweifels) aber den Mann auch nicht für sein Verhalten straften, sondern dieses hin nahmen. Nach 10 Minuten kam es aber plötzlich wieder zum Toben der Menge. Auslöser dafür war Mario Götze der sich zum Aufwärmen vor die Süd begab. Zwar war er nur einer von mehreren Spielern die kamen, aber die Menge fokussierte sich sofort auf seine Person. Es wurden „Mario Götze ist ein Hurensohn“-Gesänge angestimmt und es kam sofort wieder zu verbalen wie körperliche Aggressiven Verhalten durch das Werfen von Gegenständen.

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Demnach wurde kann neben Neuer, Alonso und Robben, Götze als viertes ernanntes Feindbild der Süd ausgemacht werden. Er wird klar von der Menge benannt und beleidigt. Die Anfeindungen gegen ihn gehen sogar soweit, dass das Fortsetzen des Spiels unmöglich erscheint. Der Schiedsrichter muss das Spiel unterbrechen um die körperliche Unversehrtheit der Spieler zu schützen. Er schickt sie als Folge des Verhaltens der Fans auf die andere Seite des Spielfeldes. Die Aufforderung des Stadionsprechers diese Aktionen zu unterlassen, hatte keinerlei Einfluss auf das Verhalten der Fans. Die Spieler auf dem Spielfeld reagierten nicht auf das Geschehen, sondern nutzten die Zeit um zu Trinken oder um miteinander Absprachen zu treffen. Als die Ersatzspieler sich dann weg begaben reagierten die Fans positiv darauf. Sie applaudierten und lachten hämisch als hätten sie einen Sieg davon getragen. Daraufhin beruhigte sich die Menge wieder und der Fokus lag nun wieder auf das Spielgeschehen.

Nach dem Spiel

Sequenz 4 (19.15-19.20):

Die Masse schaute sich um und die Leute erzählten dann miteinander. Es war recht still und es wurden keine Lieder mehr angestimmt. Es dauerte diesmal auch etwas länger bis die Spieler dann in Richtung Südtribüne kamen. Daraufhin wurde auch nur applaudiert. Die Spieler wirkten enttäuscht und deprimiert. Marco Reus beispielsweise hatte die Mundwinkel etwas gesenkt und die Augenbrauen wurden zur Mitte gezogen. Nach dem recht kurzen Applaus für die Süd und die Erwiderung dessen, gingen die Spieler auch schon zur Kabine und die Menge löste sich dann auch recht zügig auf. Einige Leute blieben wieder stehen und unterhielten sich, und tranken noch ihr Bier aus.

Metakommunikative Interpretation:

Nach Abpfiff des Spieles war es abrupt still. Man unterhielt sich und wartete darauf, dass die Spieler zur Tribüne kamen. Der Eindruck der Forschenden war, dass die Spieler sich diesmal länger Zeit ließen bis sie zur Tribüne kamen. Das kann entweder aufgrund der eher ruhigen gedämpften Stimmung subjektives Empfinden sein, oder der der Tatsache geschuldet, dass nachdem sich der erwünschte Erfolg nicht einstellte, die Spieler nicht in dem Maße darauf erpicht waren vor ihre Fans zu treten, als es bei einen Sieg der Fall gewesen wäre. Die Spieler waren über den Ausgang des Spieles enttäuscht und nach einem kurzen Applaus für die Fans ging es auch schon in die Kabine. Die Süd an sich erwiderte den Applaus und somit war das Geschehen für alle an diesem Tag beendet.

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Anhang 8 restliche Interviews

Interview Fan männlich:

Ich: Ähm, meine erste Frage wär, ähm wie lange bist du schon Dortmund Fan?

Tim: Seit 1993.

Ich: Oh und ähm wie oft warst du schon hier auf der Süd?

Tim: Auf der Süd war ich bis zu meiner Auswanderung jedes zweite Wochenende also ist jetzt eigentlich unzählbar, würde ich sagen ...(kurzes Lachen),einfach sagen. Seitdem ich 2009 ausgewandert nach Ungarn bin, ist es jetzt so, 4-5 mal im Jahr komm ich noch.

Ich: Ja, und ähm heute spiel spielt der BVB gegen Frankfurt…

Tim: Jawoll

Ich: …was erwartest du so von dem Spiel?

Tim: Von dem Spiel (Spiel lang gezogen)…puh ich sag ma immer, es ist schwierig. Gerade gegen Mannschaften, die lange unten drin stehen, wie wir es auch letztes Jahr standen, da erwartet man irgendwann das sie auch ma explodieren. Und Frankfurt ist eigentlich besser als ihr Tabellenstand, also es könnte eng werden. Aber ein Sieg sollte drin sein.

Ich: Ja schön und ähm kannst du mir erzählen ähm, ein bisschen von deiner Erfahrung auf der Süd, wie es ist da zu stehen und ähm besondere Momente vielleicht auch da?

Tim: Besondere Momente gibt’s (kurz Pause) viele (viele lang gezogen), gibt es wirklich sehr sehr viele, wenn man hat wirklich jedes zweite Wochenende da war. Äh äh der schönste für mich auf der Süd war das 2:0 gegen die Blauen 2007 wo man denen die Meisterschaft weggenommen haben. Das war, ich sag mal das war ne Explosion die da auf der Süd passierte weil wir ja wirklich ne sau (sau lang gezogen) schlechte Saison gespielt hatten und mit diesem letzten Heimspiel die Saison gerettet haben also das war, also ich glaub da hat sich alles entladen auf der Süd was man in dem Moment spüren konnte, das waren Freudentränen, man hat Leute umarmt , da war eigentlich schön und was auch ein schönes Spiel war, war damals das 1:0 gegen Manchester im Halbfinale 97. Das war, also da war auch, man hatte gemerkt irgendwie das da nochmal son richtiger Ruck durch die damals noch kleine(klein lang gezogen) Süd ging. Also das war auch n wunderschönes Erlebnis.

Ich: Ja, was heißt kleine Süd?

Tim: mmwah also die noch nicht so aufgestockt war. Es war ja nur nur die Blöcke 12 bis jetzt kam ja diedreiner (unverständlich), die 80er Blöcke dann später erst da zu. Es war in dem Moment die kleine Süd. Das war einfach (kurze Pause), das war n riesen Ding also was da, da hat es mich bei nem Tor, nur so ne kleine Anekdote, ich bin hoch gesprungen und dadurch das wir so viele waren hat es mich regelrecht auf den Leuten nach unten getragen.

Ich: Ja

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Tim: Weil ich ich ohne den Erdboden zu berühren. Das is…

Ich: Meterweit geflogen!?

Tim: M-m-m-meterweit geflogen. Man gefangen, haben sich wieder hin gestellt. Man hat Leute umarmt die man nie kannte und das ist eben auch das was Süd ausmacht, warum ich heute noch gerne immer wieder, das ist wie nach Hause kommen.

Ich: ja

Tim: Wir stehen immer am selben Fleck und die ganzen Leute auch von damals, die stehen heute noch da und „Bist endlich mal wieder da?“. Mittlerweile muss ich ganz ehrlich sagen ist es so, vom Spiel krieg ich gar nicht mehr so viel mit.

Ich: Ja

Tim: Weil jeder fragt „Wie geht’s dir? jetzt wo du lange weg bist“. Und ist, ist wie ne Familie muss man wirklich sagen.

Ich: Ja

Tim: Es klingt, klingt pathetisch aber es ist ne Familie.

Ich: Ja

Tim: so.

Ich: Du sagst, ja, das du da meterweit auf Leuten getragen wurdest, kriegt man da keine Angst? Hast du nie irgendein Gefühl von Angst weil die ganzen Menschen…

Tim: In dem Moment wo dieses Tor fiel, was es war so ne Erlösung (Erlösung lang gezogen), nee also Angst? Nö, neh ganz ehrlich nein. Nein.

Ich: Einfach nur n Hochgefühl?

Tim: Es war nur das Hochgefühl mit dem Tor, gejubelt , man hat geschrien und irgendwann stand ich auch ma wieder auf meinen Bein und dann bin ich wieder auf meinen Platz zurück. Irgendwie so. Also Angst hat man nicht, hat man selten also muss ich ganz ehrlich sagen Nie (nie betont) gehabt. Nie geahbt.(kurze Pause) Doch einmal. Aber Angst war es auch nicht. Es war n schlechtes Gefühl als wir damals hier gegen Galatasaray gespielt haben und nur die Blöcke 13 und 83 in Dortmunder Hand waren, sag ich mal und der Rest alles fest in türkischer Hand war, der Rest des Stadions, also das war n ungutes Gefühl. Angst? Nicht. Hab ich noch nie gehabt im Stadion. Muss ich ganz ehrlich sagen.

Ich: Ja. Super. Ja danke das wars schon.

Tim: Schön.

Interview 2 Fans, weiblich:

Ich: Wie lange, also ihr seid ja jetzt hier auf der Südtribüne…

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Tina: ja

Maria: ja

Ich: das heißt, habt ihr ähm Dauerkarten für hier?

Tina: ja

Maria: ja

Ich: Seid ihr bei jedem Spiel hier?

Maria: ja

Tina: Doch bei jedem Heimspiel halt ne.

Ich: Bei jedem Heimspiel. Ähm und dann hätte ich mal ne Frage ähm. Wie lange seid ihr schon hier auf der Südtribüne?

Tina: Seit 2008.

Maria: Ja seit Januar 2008.

Ich: Immer beide zusammen?

Tina: ja

Maria: Ja

Ich: ah und könnt ihr euch noch an das erste Mal erinnern hier?

Maria: ja

Tina: ja

Ich: Welches Spiel war dis?

Maria: Gegen Bremen im DFB-Pokal

Tina: Ja

Ich: ah welche Runde war dis?

Tina: Boah Achtelfinale.

Maria: Ja Achtelfinale. Hätt jetzt auch Achtelfinale gesagt.

Tina: ja

Ich: Und könnt ihr ma n bissl so erzählen wie das denn war, wie das erste mal?

Tina: Das musst du erzählen. Denn sie war vorher Hannover-Fan.

Maria: Ja genau. Ich ich…also was heißt Hannover fan. Ich war halt immer für Hannover weil wir beide aus Göttingen kommen.

Ich: ja 138

Maria: ursprünglich. Und dann hat sie mich, weil sie schon Dortmund fan war gefragt, ob ich nicht halt einmal mitkommen möchte und dann sind wir hier her gefahren und haben uns sogar noch die die die Wangen angemalt ne? So richtig ne?

Tina: ja

Maria: so richtig angemalt. Irgendwie 15 Millionen Schals und und Fahnen von irgendwelchen Leuten die wir halt kannten.

Ich: ja

Maria: Das war drüben in Block 15 ne?

Tina: mmh.mmh

Maria: 15, ja. Und äh, es war scheiße-kalt. Und dann sind wir hieär drauf gegangen und Tina tat so, ja ja alles klar ne, kenn ich schon und ich kam hier drauf und es war ungefähr genauso leer wie jetzt…

Ich: ja

Maria: und trotzdem fiel mir halt aber schon alles aus dem Gesicht weil es halt so groß ist.

Ich: ja

Maria: Was du halt auch grad schon gesagt hast. Wir stehen jetzt hier, irgendwie weiß ich nicht, die 23, 25 Stufe und du kriegst es ja selber schon als hoch

Ich: ja

Maria: und es ist schon groß, ja.

Ich: ja und ähm wie ist das, wenn jetzt zum Beispiel n Tor fällt?

Tina: Sollte man zu sehen, dass man sich möglichst irgendwo fest hält um nich, öh wo anders zu landen als man vorher stand.

Maria: Sonst landet man gerne nämlich mal 5 Reihen weiter unten.

Ich: Ok und ähm, weil ihr ja grad gesagt habt schon ziemlich steil wird, ähm, wie fühlt ihr euch denn wenn ihr auf einmal 5 weiter fliegt? Weil einige können ja behaupten es wär beängstigend oder so.

Tina: Nö also da, wir wir stehen ja immer mit den gleichen Leuten hier um uns rum und da passt eigentlich jeder auf den andern mit auf.

Maria: Wir halten uns tatsächlich aneinander fest.

Ich: ja

Maria: Und also, äh wir wir, selbst die, also Fanbusse zum Beispiel, die stehn halt auch gerne mal am selben Fleck, kommen aber nicht zu jedem Spiel…

Ich: ja

139

Maria: die erkennt man dann trotzdem wenn man immer hier ist, trotzdem irgendwie und dann kann man schon einordnen, okay das sind vielleicht kleine Chaoten von den hält man dann beim Tor eher ein bisschen Abstand

Ich: ja

Maria: oder halt genau die Leute, die wir halt immer hier kennen, wir stehen son im Rudel das da eigentlich nie was passiert.

Ich: ach so

Maria: deswegen. Eigentlich fühlen wir uns ganz sicher.

Tina: Es ist auch noch nie was passiert.

Maria: nee ist auch noch nie was passiert.

Ich: Nee. Und ähm was erwartet ihr von den heutigen Spiel?

Tina: Ähm, na ja das gegen Hoffenheim wird es wahrscheinlich nicht so glorreich werden.

Ich: okay

Tina: also ich glaube das wir gewinnen werden aber relativ knapp.

Maria: ja

Ich: Und warum glaubt ihr das es nicht so glorreich werden wird?

Tina: weil es immer so ist. Gegen Hoffenheim.

Ich: Ok. Aber die sind ja jetzt Vorletzter. Spielt das ne Rolle?

Tina: Ja. Na ja die werden mauern, die sind wärn mit nem 0.0 zufrieden ne

Ich: ja

Tina: Wir nicht.

Maria: Und man hat ja auch die letzten Spiele gesehen, dass das mauern echt was gebracht hat, also äh, was war das? Ingolstadt?

Tina: äh Ingolstadt.

Maria: Die haben alle gemauert. Irgendwie hat sich Dortmund damit immer schwer getan.

Ich: Ja ok. Super äh, das wärs dann schon. Vielen Dank euch beiden.

Maria: Ja bitte.

Interview älteres Ehepaar:

Ich: So, ähm können sie sich vielleicht erst mal vorstellen. Wer sie so sind und was sie sonst so machen?

140

Birgit: Ja ich heiße Birgit Ich bin Hausfrau und Schwimmtrainerin noch nebenbei.

Ich: Ja schön und ähm wie lange sind sie BVB-Fan?

Birgit: oh ich glaub das ist schon einige Jährchen her.

Ich: Ja

Birgit: Oh ja.

Ich: Und wann waren sie das erste Mal auf der Südtribüne?

Birgit: Och da war ich so 14-15.

Ich: ja, alleine? Oder mit wem waren sie denn da?

Birgit: Nein, da hat mich n Onkel mitgenommen.

Ich: Ja und wissen sie noch gegen wen Dortmund da gespielt hat?

Birgit: Oh das weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall war ich auch schon mal bei de, gegen die Blauen.

Ich: Ja und wie ist das?

Birgit: das ist immer sehr aufregend.

Ich: Ja, wie ist das denn hier so wenn wenn gegen Schalke gespielt wird?

Birgit: ich würd sagen dann geht die Post ab.

Ich: Ja, können sie das son bisschen beschreiben? Wie das denn ist? Post?

Bernhard: Ja, emotionsmäßig, das ist son richtig hin und her, hin und her, da wird alles von den Fans, von diese zu zu den, von den Blauen zu rüber nach das ist richtig, das das kannste gar nicht beschreiben, dat geht ja richtig runter in dem Moment…

Ich: ja

Bernhard: is ja, Spannung pur, ist das.

Birgit: Obwohl ich war auch schon mal auf de , die Westtribüne, die Westtribüne ist das noch..

Bernhard: joa…

Birgit: da standen wir mal..

Bernhard: joa joa da waren wir früher..

Brigti: hÄ?

Bernhard: ja da waren wir früher mal

Birgit: Da stand ich mal, dazwischen mal, da war weil auf de Nord damals schon nicht mehr drauf kamen, schon da hab ich auch immer ne Karte gehabt

Ich: ja

141

Birgit: und dann muss ich sagen, hab ich das Spiel, von bei de Blauen auch geguckt und ich glaub ich hab vom Spiel nicht viel mit gekriegt weil immer die Fans hier gesungen haben weil wenn du hier drauf stehst kriegst du nicht mit was die drüben singen und aber wenn du quer stehst, dann kriegst du das natürlich mit und das fand ich damals richtig aufregend

Ich: ja

Birgit: muss ich ganz ehrlich sagen. Das bedauer ich manchmal, das man das nicht mehr so ganz so hört aber

Ich: ja

Birgit: weil da machen wir einfach zu viel Krach hier.

Ich: Aber so solls auch sein ne?

Birgit: Ja natürlich, klar, natürlich. Das bringt es ja auch. Wenn wir die immer nach vorne peitschen, dass auch was kommt ne?

Ich: Ja

Birgit: mmh

Ich: Und ähm können sie mal beschreiben wie das ist wenn hier ein Tor fällt für Dortmund?

Birgit: Außer das wir hier ne Bierdusche immer kriegen, da geht hier aber die Luzie ab, da muss sich auch schonmal fest halten also dann ist das Geschrei natürlich groß. Dat geht richtig ab hier.

Ich: ok und ähm wie ist das denn, weil ich hab auch schon gehört, das man auch paar Stufen weiter runter fällt, wenn man sich nicht fest hält und es ist ja auch alles sehr steil hier, haben sie auch jemals das Gefühl von Angst oder Unsicherheit?

Birgit: nein.

Bernhard: Nein

Birgit: Nein. Nein eigentlich ist , eigentlich ist das auch hier. Ich steh immer, fast immer an de Stange

Ich: ja

Bernhard: Und

Birgit: Aber es ist irgendwie auch wie ne Familie. Wenn ma einer hier, ich sach ma sich verschluckt oder so, dann kurz ma was trinken oder so. Also das ist wie so ne große Familie hier, wirklich.

Ich: ja

Birgit: Da kümmert sich einer um den anderen. Und wenn du hier so paar Haudegen dazwischen hast, die dir frech kommen, dann helfen dir auch die andern.

Ich: aha ok.

Birgit: Auch da hab ich niemals Angst gehabt.

Ich: ja und was erwarten sie jetzt von den heutigen Spiel gegen Hoffenheim? Ist ja Vorletzter?

142

Birgit: Natürlich ein Sieg. Es wird zwar schwer aber trotzdem wird es, soll es ein Sieg werden.

Ich: ja

Birgit: Das erwarte ich sonst geh ich selber runter…

Bernhard: 1:0 reicht schon. Hauptsache ein Tor mehr schießen als der Gegner.

Ich: ja und was erwarten sie von Hoffenheim? Wie werden sie sich so…

Birgit: Ja was soll ich dazu sagen, die werden wohl auch kämpfen weil die sind ja auch auf jeden Punkt angewiesen.

Bernhard: Aber die können nächste Woche besser kämpfen und nicht heute.

Birgit: Ja, aber und wenn es halt nicht so gut läuft dann wird er die Süd simmer eben n bissl ansporn hier das unsere Jungs flotter sind

Bernhard: ja

Ich: ja

Birgit: Aber ich denke mal dat wird schon ne enge Kiste heute, sacht mein Gefühl her

Bernhard: ich hab ja gesagt 1:0 reicht ja oder 2:1 oder 2:0. Wir wolln ja jetzt nicht so hoch schrauben..die können ja auch Fußball spielen

Ich: ja

Bernhard: Wir wollen das ja mal, die Kirche im Dorf lassen

Ich: genau

Bernhard: Sagen wir immer so dazu.

Ich: Und ähm welches Spiel von allen den sie hier waren ist so das was sie am meisten im Gedächtnis geblieben ist.

Bernhard: Ja nur die Blauen und die Roten. Die Blauen sind Schalke und die Roten sind die Bayern.

Ich : ja

Bernhard: Das ist Power pur ist das und vielleicht noch die Hamburger weil wir früher mit den Hamburgern äh Fanzusammenschaft waren. Weiß nicht ob das jetzt noch ist, kann ich jetzt nicht sagen. Da Hamburch zieht auch noch, richtig richtig rauf..und die Kölner. Die dürfen wir nicht vergessen. Die rheinischen Jungs.

Ich: ach so.

Bernhard: Die Kölner die kommen immer hier rein, das is ja wie Karneval hier. Da isse Power hier. Die können auch. Die Kölner zur Sache jetzt. Wo wir jetzt drauf verzichten können , ich sach jetzt nur mal so, von mir jetzt aus gesehen, ok das sind jetzt nicht die, das ist das, das ist Leverkusen, das sind ja alles keine, die bringen jetzt nicht so viele Fans mit. Oder Wolfsburg zum Beispiel auch. Also das sind ja jetzt, gut, die sind ja jetzt auch, die sind ja drinne ok, aber ist keine Tradition..

143

Ich: ja

Bernhard: Wie die Blauen, Roten, selbst Werder Bremen bringt ja mehr mit.

Ich: Ja.

Bernhard: Die stehen auch unten ne. Aber is egal, die Werder 6000 Fans bringen die auch. Geht immer schön ab hier. Also Stuttgart auch aber die 2 wie ich schon sagte, Rot, Blau, Hamburch, Köln, das sind so , also da geht’s richtig hier zur Sache, also Spitze..

Ich: Ja

Bernhard: Das können sie ja gar nicht vergleichen mit Sky oder wat. Gottes willen ich will jetzt nicht aber, Gottes willen

Ich: ich bin ja nicht von Sky

Bernhard: Nein, nein, sie nehmen ja, Entschuldigung sie nehmen das ja auf aber das kannste ja nicht vergleichen mit zu Hause, ja also das live, Entschuldigung, ich hab jetzt gerade gemerkt, Werbung will ich jetzt nicht machen.

Ich: Was ist denn da der Unterschied? Von hier und wenn man das vorm Fernseher guckt?

Birgit: Die Emotionen kriegste ja gar nicht mit

Bernhard: die Emotionen

Birgit: Ja ja und hier fieberste dann mit ne, also, ja ich, wir haben einmal denn geguckt aber das war ja n Auswärtsspiel und da hat sky dann ne Bekannte von uns, also äh das war furchtbar und dann haben die Gegner auch noch n Tor gemacht, frag mich jetzt nicht wer das war, der hat dann seine Fahne eingerollt also ich fand das sowas von be…schlecht. Hab ich gesagt mach ich nicht mehr. Entweder ich bin im Stadion oder ich hör es mir im Radio an.

Bernhard: also ich hör mir auch Radio an. Sky kann ich jetzt nicht, hab ich jetzt nicht aber wenn ich es mir jetzt wenigstens im Radio anhör. Oder Oder übers Handy. Kann man ja einstellen. Mitm Knopf im Ohr.

Ich: Netradio? Oder?

Bernhard: Genau

Ich. Mit mit äh Norbert Dickel?

Bernhard: Norbert Dickel genau. Ja ja dann kannste, oder ich, da weisen sie mir auch auf die Option wenn Tor fällt oder irgendwie, aber das ist mir in dem Moment mehr wert als

Ich: ja

Birgit: Das aber nichts dagegen als wenn man live dabei ist

Bernhard: Live dabei. Auch beim schlechten Wetter, nicht nur gutem Wetter

Ich: ja

Birgit: ja genau. Wir sind All-Wetter-Fans. 144

Ich: Ach gibt es wirklich Fans die wirklich nach dem Wetter kommen?

Bernhard: Ja auch

Ich: Wenn schlecht ist, kommen sie nicht dann.

Bernhard: Richtig, richtig

Birgit: ja das haben wir schon öfter hier mit gekriegt. Dann du siehst es ja weil eigentlich siehst du eigentlich immer die selben Gesichter weil auch jahrelang, hab ich mir die, also hier steht noch nicht mein Name drauf aber theoretisch

Ich: Bald.

Birgit: genau. Und äh aber es ist wirklich so öh und dann also wenn entweder schlechtere Gegner kommen und oder das Wetter bescheiden ist, dann siehst du, dann hat irgendeiner wieder hier seine Karte abgegeben. Das ist nicht so einfach.

Bernhard: Das hat nicht mit krank sein zu tun, das ist n anderer Fall, wer krank ist, ist krank da geht’s nicht

Ich: ja

Birgit: ja

Bernhard: Da würd ich auch nicht gehen. Dat is ja so ne?

Ich: ja

Bernhard: Auf der Arbeit…

Birgit: Wir haben schon so manches mal nasse Fuß gekriegt

Bernhard: Aber so..

Birgit: Aber es ist dann auch wieder wert, wenn sie dann wieder gewonnen haben und wenn sie dann hier feiern.

Bernhard: Aber was ich sagen darf, wenn wir auch verloren haben, wie bei manchen Vereinen, dann gehen die ja schon ne viertel Stunde vorher

Ich: ja

Bernhard: und ich bleib hier , ganz ehrlich, ich hab bezahlt, bis zu Letzt, wenn sie 4:0 verlieren

Birgit: Bis zum bitteren Ende

Bernhard: dann guck ich mir auch das 4:0 an. Ich kanns nicht mehr ändern.

Ich: ja

Bernhard: Sie wissen wie ich das meine jetzt? Dann bleib ich auch. Schimpf zwar aber haben se verloren. Hab ich alles schon erlebt auch wo anders. Da denkste was ist denn hier los? Beim Sieg sind se alle da

Ich: ja

145

Bernhard: Und bei Niederlagen hauen se all…macht man auch nicht. Dann bleib ich auch da. Haben wir verloren 3:0 ok, dann haben wir verloren. Dann bleib ich bis zum abpfeifen. Hab ich doch bezahlt.

Ich: ja

Bernhard: So seh ich dat wieder.

Ich: Und was ist denn äh wenn die Dortmunder hier ein wichtiges Spiel verlieren. Wie ist das denn hier auf der Süd ?

Bernhard: Ja dann gibt’s Geschimpfe ne, ja das ist denn schon, dann wird dann, ja dann wars der Schiedsrichter etc etc , es könnten aber auch selber gewesen sein , aber Borussia war hier ja eigentlich gut, mit dem Trainer, mit mit dem Klopp selber auch

Ich: Ja

Bernhard: Sachte das denn ja auch, das war denn in dem moment äh, sollte man sich doch denn auch auch äh, muss jetzt nicht nur, muss man auch einsehen, man muss ja auch einsehen das war schlecht, die haben schlecht gespielt oder etc; man muss es akzeptieren, gut manche akzeptierens, manche ja auch nicht; wir sind realistisch. Ich seh diese Seite und diese Seite. Da musste n bisschen durch gucken das se nicht nur, Hallo alles schön, ne?

Ich: ja stimmt.

Bernhard: so so ne. Mehr kann ich jetzt dazu nicht sagen.

Ich: ja ich würd sagen, vielen Dank.

Interview 16-Jahre männlich:

Ich: ähm, kannst du dich mal vorstellen. Wer du bist…

Tim: Ja, ich bin Tim Müller, bin 16 Jahre alt. Komme aus Werl.

Ich: ja

Tim: ja

Ich: Und wie lange bist du schon BVB-Fan?

Tim: Ja, ich wurd so da drin geboren so.

Ich: ja

Tim: Ich hatte ja keine andere Wahl so.

Ich: aha ja. Ach so. Und äh wie lange gehst du schon auf die Südtribüne? Oder wann war das erste Mal, wo du hier warst?

Tim: Ich glaube da war ich 8 oder 9 so.

Ich: Echt? Ok und wer hat dich da mit genommen?

Tim: Mein Vater. 146

Ich: Ja. Und kannst du dich noch dran erinnern das erste Mal hier? Gegen wen ihr gespielt habt oder der BVB gespielt hat?

Tim: Nee eigentlich nicht.

Ich: warum lachen immer alle beim ersten Mal? Ok, kannst dich nicht mehr dran erinnern?

Tim: nee

Ich: ähm, wenn du jetzt so an die Südtribüne denkst was fällt dir da ein? Stimmungsmäßig..wie ist das da zu stehen einfach?

Tim: Ja, das ist n einmaliges Gefühl

Ich: ja

Tim: ja

Ich: ja ok und was erwartest du von dem heutigen Spiel?

Tim: Sieg.

Ich: Und ähm ich war ja eben mal drauf und das ist ja ganz schön steil. Wie ist n das wenn n Tor fällt? Für dich?

Tim: Ja also ich bleib immer auf meinem Platz.

Ich: Ja?

Tim: ja.

Ich: ok und ähm ich würd sagen das wars schon.

Tim: ok.

Ich: Vielen Dank dir und dann viel Spaß euch.

Tim: Danke. Viel Erfolg dir.

Ich: Danke.

Interview Fan männlich Mitte 50- 60:

Ich: Wie heißt du?

Maik: Maik

Ich: Maik. Und Maik äh, wie lange bist du schon BVB-Fan?

Maik: Seit 1975.

Ich: Ok, das ist ja schon n Weilchen. Und wie lange bist du hier schon auf der Südtribüne immer?

Maik: Seit 1978.

147

Ich: Ok und gehst du zu jedem Spiel hier her?

Maik: Wenn ich kann ja.

Ich: ja. Und ähm kannst du dich an dein erstes Mal hier auf der Südtribüne erinnern?

Maik: Ja. Das war gegen FC Kaiserslautern

Ich: ja ok. Und äh kannst du noch dich son bisschen dran erinnern wie die Atmosphäre hier war…

Maik: die Atmosphäre …

Ich: und wie das Spiel allgemein war für dich?

Maik: Die Atmosphäre war cool. Da hat noch Karl-Heinz Riedle hier gespielt und und und…war also richtig Klasse. War vorher HSV-Fan, bin danach Dortmund Fan geworden.

Ich: Ja, ach so. Schön und äh

Freund: Tun sich Abgründe auf ey

Ich: Was erwartest du von dem heutigen Spiel?

Maik: 3 Punkte.

Ich: 3..Sehr gut und ähm wie der Spielverlauf so sein soll, weil Hoffenheim, Letzter.

Maik: Dominant und natürlich eine super Stimmung.

Ich: Ja. Was heißt super Stimmung? Bei dir?

Maik: Das was die Süd her gibt.

Ich: Ja was gibt sie her?

Maik: Alles.

Ich: Alles.

Maik: Alles was ein BVB-Fan braucht.

Ich: Ja und kannst vielleicht mal son bisschen beschreiben wie das ist wenn hier n Tor fällt? Für uns? Für B…für uns..für den BVB.

Freund: Soll ich das mal demonstrieren? (Hebt sein Becher an und deutet an dieses Maik über den Kopf schütten zu wollen)

Maik: Da ist natürlich eine Bier-Dusche inklusive. Aber nein, insgesamt das ist äh äh euphorisches, das ist geil, das ist einfach alles.

Ich: ja und ähm andersrum? Wenn ein Tor für den Gegner fällt?

Maik: Wird’s erstmal kurze Zeit ruhig

Ich: ja

148

Maik: und dann geht die Anfeuerung für unsere eigenen Spieler wieder los.

Ich: Ja und ähm singst du denn immer mit hier? Immer dabei?

Maik: So lange ich Stimme hab, ja

Ich: ja, ach so. Die ist dann auch gerne mal weg danach

Maik: ja

Ich: ja. Was bedeutet der BVB für dich?

Maik: Hobby. Leben. Eigen..Eigentlich alles.

Ich: ja

Maik: Wenn ich Zeit hab für den BVB, bin ich da

Ich: ja gut. Vielen Dank. Das wars schon.

Maik: ja.

Interview Student Mitte 20; nach dem Spiel:

Ich: Magst du dich kurz vorstellen, wie du heißt und äh was du sonst machst?

Klaus: Ja ich bin Student und heiß Klaus.

Ich: Klaus. Schön. Ähm Klaus wie lange bist du schon BVB-Fan?

Klaus: Seit 16 Jahren.

Ich: Und wie lange bist du auf der Süd schon?

Klaus: Äh auf der Süd seit 5 Jahren.

Ich: ok und ähm kannst du mal son bisschen ähm beschreiben was du grad so empfindest, wie du dich fühlst?

Klaus: Emotion, Gefühle pur, wahnsinn. Gott sei dank gewonnen.

Ich: ja

Klaus: Kurz vor knapp noch. Tip Top.

Ich: Und wie war das hier auf der Süd als das 2-1 fiel?

Klaus: großartig

Ich: oder das 1-1.

Klaus: Großartig. Genau so wie es jedes Mal ist ja. Emotion pur.

Ich: ja.ähm

149

Klaus: Lebensgefühl.

Ich: ähm. Ich hab da noch eine Frage, wenn du jetzt mal so zurück blickst, was war so das Spiel woran du dich am ehesten erinnerst. Was war so das beste Spiel was du gesehen hast.

Klaus: Auf der Süd das beste Spiel

Ich: ja

Klaus: ..vor 4 Jahren gegen Kaiserslautern. 5-1 gewonnen. Und das errste Mal danach Deutscher Meister geworden wieder seit langem.

Ich: Das war das das woran du dich erinnerst. Und warum war das so besonders? Weil ihr Deutscher Meister geworden seid.

Klaus: Genau. Nee weils das erste Mal das wir Lieder gesungen haben „Wer wird Deutscher Meister? Nur der BVB

Ich: Ach so

Klaus: Das war das erste Mal seit 6-7 Jahren das wir es wieder gesungen haben. Ja

Ich: Ok. Super. Danke schön das wars schon.

Interview Fan männlich Mitte 30:

Ich: Kannst du dich kurz vorstellen, wie du heißt und was du so machst?

Sebastian: Ja ich der Sebastian. Bin bei …. beschäftigt und in der Instandhaltung tätig.

Ich: ok und wie lange bist du schon BVB-Fan?

Sebastian: So lange ich denken kann.

Ich: Sehr gut und wie lange gehst du schon auf die Südtribüne?

Sebastian: Joa, schon seit ein paar Jahren. 10 Jahre bestimmt, ne.

Ich: Ja und ähm kannst du dich noch an das erste Mal auf der Südtribüne erinnern?

Sebastian: Schwierig. Nee nicht mehr so genau. Aber der Eindruck war ja ordentlich sonst wär ich nicht mehr hier.

Ich: Was heißt das, also positiver Eindruck?

Sebastian: Ja ist immer positiver auf der Südtribüne. Da ist immer Stimmung pur.

Ich: immer? Bei jedem Spiel?

Sebastian: Immer bei jedem Spiel.

Ich: Oder ist das jetzt was anderes im Gegensatz zu letzter Woche? Zu Hoffenheim zum Beispiel.

150

Sebastian: Nein ich war letzte Woche auch in Hoffenheim, da war die Stimmung zwar ja durchwachsen aber wir haben ja gewonnen und von daher war die Stimmung gut.

Ich: Und was erwartest du vom heutigen Spiel? Im Spiel gegen die Bayern?

Sebastian: Ja ich hoffe natürlich das wir auf 2 Punkte verkürzen können und ja aufn Sieg von Dortmund.

Ich: Ja also ähm würdest du sagen, dass dadurch das Mainz gewonnen hat die Stimmung ne andere ist? Ist das so n bisschen spannender geworden?

Sebastian: Es ist auf jeden Fall spannender und wie gesagt, wenn wir heute gewinnen sind es nur noch 2 Punkte und dann ist alles wieder offen.

Ich: Gut und ähm kannst du vielleicht mal beschreiben wie das ist wenn ein Tor fällt? Wie ist das denn auf der Südtribüne?

Sebastian: Ja das ist h, unbeschreiblich auf der Südtribüne wenn n Tor fällt. Man wird nass, man jubelt, man äh umarmt sich mit Leuten die man eigentlich nicht kennt und äh alles gut.

Ich: Und andersrum, äh wenn Dortmund mal verliert?

Sebastian: Joa dann, Augen zu und durch und nächstes Mal wird wieder gewonnen.

Ich: Super. Ja danke das wars schon.

Sebastian: Bitte schön.

Interview Fans 2 weiblich vom Spiel gegen Hoffenheim:

Ich: Was erwartet ihr heute von dem Spiel gegen die Bayern.

Maria: Ich bin ja abergläubisch von daher sag ich jetzt nicht, dass wir verlieren, also glaub ich wir gewinnen

Ich: ja

Tina: Ja wir auch, also ich auch..ja wir auch.

Maria: wir auch..

Tina: Wir glauben das auch, ja.

Ich: Also glaubt ihr das man auf 2 Punkte an die Bayern ran kann?

Maria: Ja

Ich: ja?

Tina: Ja

Ich: Und was glaubt ihr was das fürn Spiel wird? Schweres Spiel?

Maria: Es wird n ganz schlechtes Spiel und am Ende, glaub ich, haben 2 Dortmunder ne schwerwiegende Verletzung. 151

Ich: Und warum glaubst du das?

Maria: Weil die uns kaputt treten werden.

Ich: Wer denn?

Maria: Puh.

Freund: Vidal

Ich: Vidal hätt ich jetzt auch getippt. Wenn der spielt.

Maria: Nee keine Ahnung.

Ich: Ja und was glaubt ihr wie es heute auf der Süd sein wird im Gegensatz zur letzter Woche?

Maria: Voller, deutlich voller.

Ich: Ja

Maria: Und ich hoffe n bisschen lauter.

Freund: ja

Maria: Weil letzte Woche war…lahm.

Freund: ja

Maria: Leise.

Ich: Aber war ganz schön spannend letzte Woche oder?

Maria: Ja die letzten 10 Minuten schon.

Ich: Haben sie ja doch noch gewonnen. Ähm ja hab ich die Frage vergessen.

(Blackout und Interview abgebrochen)

152

Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Nutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus Veröffentlichungen oder anderen Quellen entnommen sind, sind als solche eindeutig kenntlich dargestellt. Die Arbeit ist in gleicher oder ähnlicher Form noch nicht veröffentlicht und noch keiner Prüfungsbehörde vorgelegt worden.

Neubrandenburg, den 01.08.2016

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