Gegenstände, Praktiken Und Felder
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
ZUR SACHE KULTURELLE BILDUNG: GEGENSTÄNDE, PRAKTIKEN UND FELDER RAT FÜR KULTURELLE BILDUNG ZUR SACHE KULTURELLE BILDUNG: GEGENSTÄNDE, PRAKTIKEN UND FELDER 2 ZUR SACHE PROLOG 5 Zur Sache Wovon die Rede sein soll Zur Denkschrift I ZU DEN INHALTEN — 15 WAS IST WAS? Der Blick auf die Gegenstände Ästhetische Erfahrungen Grundtypen der ästhetischen Erfahrung – der Alltag, die Natur, die Künste Der Blick auf die Phänomene Bildungspotenziale ästhetischer Erfahrungen in den Künsten Pädagogische Konsequenzen Recherche: Jugend/Kunst/Erfahrung. Horizont 2015. 41 Kulturverständnis, kulturelle Interessen und Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klassen an allgemeinbildenden Schulen II ZUR RAHMUNG — 57 WARUM WIRD WAS GEMACHT? UND VON WEM? Von Listen und Lotsen Von Werken und Wolken Kanon und Zensur Die Kanondebatten Direkte und indirekte Impulsgebung zu den Gegenständen – eine Auswahl Neue Formen der Impulsgebung – einige Beispiele Ausblick III ZUSAMMENFASSUNG, EMPFEHLUNGEN UND FORDERUNGEN 87 ANHANG 99 Recherche: Die Konstitution Kultureller Bildungsräume. Fünf überregionale Institutionen der non-formalen Kulturellen (Erwachsenen-) Bildung: Bildungsangebotsentwicklungen, innovative Impulse, Planungsspielräume Endnoten Die Experten im Rat für Kulturelle Bildung Der Stiftungsverbund Die Geschäftsstelle Impressum PROLOG 4 ZUR SACHE Zur Sache dergeschlagen haben, werden in Frage gestellt, wenn gen. Pädagogisches Handeln zielt generell darauf, dass Entscheidend ist die Frage der Auswahl, der Thema- sich neue Konstellationen bilden. Menschen ‚etwas‘ lernen können. Insbesondere im tisierung. Dabei geht es immer zugleich um das ‚Wie‘ Mit diesem Band publiziert der Rat für Kulturelle Bil- So durchläuft die deutsche Gesellschaft zurzeit didaktischen Terrain zwischen Lehrendem*, Lernen- und um das ‚Was‘: Man kann die Frage, wie und woran dung seine dritte Denkschrift.1 Nach der kritischen einen schwierigen Transformationsprozess zu einer dem, dem institutionellen Kontext und dem Gegen- man eine ästhetische Erfahrung erkennt, nicht ohne Auseinandersetzung mit dem Stand des Diskurses globalisierten, wesentlich inter- und transkulturell stand spielt dieses ‚etwas‘ als Frage nach der Sache, die jeweiligen Gegenstände denken. Doch während in der ersten Denkschrift „Alles immer gut. Mythen sowie von Migration bestimmten Gesellschaft, die um die es gehen soll, eine entscheidende Rolle. Es das ‚Wie‘ im einschlägigen Diskurs häufig und umfas- Kultureller Bildung“ (Essen 2013), der Analyse der nicht mehr einfach auf Assimilation und Tradierung geht darum, dass der Lernende sich in eine selbst- send als Frage nach den Methoden diskutiert wird, Zugangsmöglichkeiten und der Teilhabeinteressen setzen kann, die sich an einer herrschenden ‚Leitkul- tätige Auseinandersetzung mit dem Gegenstand erscheint die Frage nach dem ‚Was‘ immer mehr als in „Schön, dass ihr da seid. Kulturelle Bildung: Teil- tur‘ orientiert. Das alles wirkt auf und in Ökonomie, begibt, die seinen Bildungsprozess voranbringt; das Leerstelle – es scheint nahezu beliebig zu sein, an wel- habe und Zugänge“ (Essen 2014), geht es nun „Zur Politik, Kultur, Religion, Alltag und Freizeit. Und es kann allein oder in der Gruppe geschehen. Und es chem Gegenstand ästhetische Erfahrung ermöglicht Sache“, also um die Praxis der Kulturellen Bildung erfordert Lern- und Bildungsprozesse in der gesam- kann sich dabei um Rezeption oder Produktion han- werden soll. Der Rat für Kulturelle Bildung hält diese selbst. Dabei stehen die Gegenstände, Praktiken und ten Gesellschaft. Dabei sind die jeweilige soziale Lage, deln. Es geht um den Erwerb und die Sicherung von Entwicklung für grundlegend falsch. Er stellt daher in Felder Kultureller Bildung im Mittelpunkt. Die vierte, wesentlich bestimmt durch die Ausstattung mit öko- gegenstandsspezifischen Fähigkeiten, Fertigkeiten dieser Denkschrift die Frage nach dem Gegenstand für 2016 geplante Denkschrift, wird sich dann mit der nomischem, sozialem, kulturellem und symbolischem und Haltungen. Wer als Tschick oder Hamlet auftre- und seiner Bedeutung in den Mittelpunkt. Frage der politischen und ökonomischen Rahmungen Kapital, sowie die milieu spezifischen Erfahrungen, Hal- ten will, muss sich mit der Figur reflexiv auseinander- und Entwicklungsperspektiven der Kulturellen Bildung tungen und Orientierungen von fundamentaler Bedeu- setzen und sich die Rolle praktisch aneignen, damit er beschäftigen. Unser Erkenntnisinteresse zielt weiter- tung. Sie konstituieren höchst unterschiedliche Aus- sie dann auf der Bühne verkörpern kann. Damit mag hin auf die Frage nach der Qualität: Was macht Kul- gangslagen für kulturelle Lern- und Bildungsprozesse. dann auch der Erwerb allgemeiner kognitiver, sozialer, turelle Bildung zu guter Kultureller Bildung? Wo wird Die Praktiken und Felder der Kulturellen Bildung fin- emotionaler oder körperlich-leiblicher Kompetenzen Wovon die Rede Qualität sichtbar und woran ist sie erkennbar? Wo gibt den sich in neuen, mitunter schwer durchschaubaren verbunden sein. Aber die Sache steht im Mittelpunkt. sein soll es Fehlentwicklungen, wo aussichtsreiche neue Per- Gemengelagen, sie sind Elemente einer vielgestalti- Zweifellos sind die Gegenstände, neben den Akteuren, spektiven und Ansätze? Wie kann man positive Ent- gen Suche nach neuen Antworten. zentral für die Gestaltung und das mögliche Gelingen Dabei geht es zunächst weniger darum, ob es sich wicklungen fördern? Damit aber wird zugleich die Frage nach den von Bildungsprozessen. bei diesem Gegenstand um eine Theater- oder Tanz- Die Fragen, wie und wo Kulturelle Bildung statt- Gegenständen, nach den Inhalten, zu einem brisan- Was also meinen wir, wenn wir vom ‚Gegenstand‘ aufführung, ein Konzert, eine Performance, ein Bild, finden kann, sind unvermeidbar und müssen ange- ten Thema. Im Feld der Kulturellen Bildung, in dem sprechen? Wir verwenden ‚Gegenstand‘ als alltags- eine Lesung oder um digitale Medienformate handelt, sichts gesellschaftlicher Umbrüche immer wieder neu die unterschiedlichsten Professionen aufeinandertref- sprachlich gewonnenen Sammelbegriff, um das zu als vielmehr darum, ob und wie ein Gegenstand über- gestellt und beantwortet werden. Die Tendenzen zur fen, hat die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand kennzeichnen, worauf sich das Interesse richtet oder haupt ästhetisch wahrgenommen wird. Die Ausein- Pluralisierung und Individualisierung sind nicht neu. fundamentale Bedeutung, auch als wesentlicher Fak- was den Ausgangspunkt einer bildenden Aktivität andersetzung mit dem ästhetischen Gegenstand ist Allerdings scheint sich die Veränderungsdynamik zu tor bei der Aushandlung der sozialen Position und darstellt. Das heißt, der ‚Gegenstand von …‘ ist mehr wichtig, wenn es um eine flächendeckende Grundver- potenzieren: Die Herausforderungen und Fragen, die beim Kampf um die ökonomischen, sozialen, kultu- als der Gegenstand in Form eines sichtbaren Objekts. sorgung im Bereich der Kulturellen Bildung geht: als sich etwa aus der ökonomischen Globalisierung, den rellen und symbolischen Ressourcen. Am Beispiel der Prinzipiell kann alles, was lehrbar ist und gelernt wer- einführende Erfahrungsmöglichkeit der verschiedenen gravierenden politischen Konflikten auf dem Weg zu Musik: Durch welche Gegenstände fühlen sich wel- den kann, zum Gegenstand werden. Der Gegenstand kulturellen Ausdrucksformen und auch zur Übung der einer polyzentrischen Weltordnung, der rasant voran- che Menschen repräsentiert – wer fühlt sich durch kann alle kulturellen und alle natürlichen Erscheinun- Sinne. Man muss die Fülle der ästhetischen Ausdrucks- schreitenden Digitalisierung, einer dramatisch zuneh- Oper, klassische Musik, Musical, Pop, Jazz, Weltmu- gen umfassen, in der Kulturellen Bildung also alle geis- formen ja erst einmal kennenlernen und ansatzweise menden Migration, dem demografischen Wandel bei sik, Schlager oder Heavy Metal angesprochen? Wem tigen, materiellen oder ideellen Formen, die durch erproben, um sich überhaupt orientieren zu können. wachsender sozialer Ungleichheit und aus dem Kli- werden auf welche Weise welche Zugänge und Teil- menschliche Praktiken in Erscheinung treten bzw. his- Zum anderen geht es um die Entwicklung individuel- mawandel ergeben, verändern auch die Vorausset- habemöglichkeiten erschlossen? Und: Wessen Kultur torisch in Erscheinung getreten sind. Daher kann sich ler Präferenzen. Denn man kann in der ästhetischen zungen der Kulturellen Bildung grundlegend. Tradi- bleibt außen vor? der Gegenstand als Äußerung des Subjekts sowohl Dimension zwar alles machen, wird aber nicht alles tionelle Selbstverständlichkeiten und Gewohnheiten, Jedes vermittelnde pädagogische Handeln muss in Objektform, Idee und Ereignis als auch als Prozess gleich interessant und wichtig finden. So verlangt die sich in festen, häufig ritualisierten Praktiken nie- sich mit der Frage nach den Gegenständen beschäfti- vergegenwärtigen. der ästhetisch wahrgenommene Gegenstand gera- * Die weibliche Form ist der männlichen Form in diesem Text gleichgestellt. Lediglich aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde die männliche Form gewählt. 6 ZUR SACHE 7 ZUR SACHE dezu von uns, das Gesehene, Gehörte und Gefühlte men, und darüber zu streiten, welche wünschenswert Hier geht der Rat anhand einiger zentraler Beispiele verständnis sowie ihren Erwartungshaltungen befragt. einzuordnen, sei es zur persönlichen Orientierung, zur wären und wo blinde Flecke sind. Für die Qualität Kul- den Fragen nach Kanonisierungsprozessen und deren Die Studie „Jugend/Kunst/Erfahrung. Horizont 2015“ Einordnung in die individuellen