100 Jahre Für Gewaltfreiheit 1
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100 Jahre für Gewaltfreiheit 1 iforInternational Fellowship of Konstanz 1 91 4 -201 4 -201 4 91 Konstanz 1 Reconciliation 100 Jahre für Gewaltfreiheit Gemeinsam für Gewaltfreiheit und Versöhnung ensemble pour la nonviolence et la réconciliation ifor-mir.ch Gemeinsam für Gewaltfreiheit und Versöhnung 100 Jahre für Gewaltfreiheit 3 Vorwort Über Generationen hinweg haben Mitglieder des Ver- • absoluten Respekt vor dem Menschen söhnungsbundes in aller Welt, beseelt von der Hoff- • Glauben an die Kraft der Liebe und Versöhnung nung, dass Abrüstung und Frieden einmal Realität • Suche nach Wahrheit werden könnten, unermüdlich an der Friedensaufgabe • Gewaltfreiheit festgehalten. Das verdient nicht nur Hochachtung, • Bemühung um Frieden und soziale Gerechtigkeit sondern ist zugleich Verpflichtung, auch weiterhin in der Welt ebenso unerschrocken und unbeirrbar Zeugen für die Hoffnung wider alle Hoffnungslosigkeit zu sein! Gemeinsam bekämpfen wir Unrecht und Gewalt- tätigkeit, Krieg und dessen Vorbereitung und tragen Als weltweites Netzwerk von spirituell verwur- damit unseren Teil zu einer friedlicheren und gerech- zelten Friedensgruppen verbindet IFOR heute Men- teren Welt bei. schen verschiedener Nationen, Kulturen, Religionen und Weltanschauungen und eint sie im Grundsatz, Zu seinem 100-Jahr-Bestehen gratuliere ich als dass Konflikte nicht mit Krieg und Gewalt gelöst wer- Co-Präsident des Schweizerischen Zweiges der IFOR- den sollten und dürften. Bewegung ganz herzlich und wünsche den IFOR- Mitgliedern in aller Welt für die Zukunft alles Gute. Als parteilich und religiös unabhängige und ge- Auch lade ich Sie ein, gemeinsam mit uns den Weg meinnützige Organisation steht IFOR seit über 100 der Gewaltfreiheit zu gehen, damit unser Traum einer Jahren für: gewaltfreien Zukunft einmal Wirklichkeit wird. Peter Aeberhard, Co-Präsident IFOR-CH Was ist IFOR ? IFOR entstand 1914 als Antwort auf die Schre- Respekt des Feindes und Akzeptanz von Differenzen cken des Krieges in Europa. Seither haben die Mit- und Bereitschaft zum Dialog. Sie sind überzeugt, dass glieder von IFOR sich konsequent gegen Krieg und dies eine verheissungsvolle Möglichkeit zur persönli- seine Vorbereitung, also auch gegen Aufrüstung ein- chen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Ver- gesetzt. Angesichts des Bedürfnisses nach Heilung änderung ist und daher Hoffnung für die Welt. und Versöhnung in der Welt haben die Gründer von IFOR eine Vision der Menschheit artikuliert, die auf dem Glauben beruht, dass sich in der Liebe und in der Mitglieder aktiven Gewaltfreiheit die Kraft birgt zur Verände- IFOR hat rund 80 Mitgliedsgruppen in fast 50 rung von ungerechten politischen, sozialen und wirt- Ländern. Oft sind sie nicht nur in Gewaltfreiheit, schaftlichen Strukturen. Ursprünglich aus kirchlichen sondern auch in der Förderung der Menschenrechte Kreisen hervorgegangen, ist IFOR heute eine inter- aktiv. religiöse und inter-kulturelle Bewegung. Einige identi- fizieren sich mit einem bestimmten Glauben und der entsprechenden Zugehörigkeit, während andere aus- Funktionsweise serhalb religiöser Strukturen und Definition wirken. IFOR ist eine soziale Bewegungsorganisation, d.h. ein Netzwerk der Bewegungen der aktiven Ge- waltfreiheit. In gewissem Sinne ist IFOR der Dach- Vision verband der Mitglieder weltweit. IFOR selber ist we- Überzeugt, dass das Gebot der Nächstenliebe nig operativ und beschränkt sich gegenwärtig darauf, den grossen spirituellen Strömungen der Menschheit im Auftrag seiner Mitglieder seinen Status als Nicht- gemeinsam ist, heisst IFOR jede Person willkommen, regierungsorganisation bei den Vereinten Nationen die bestrebt ist, Frieden und Versöhnung zu suchen, wahrzunehmen. So hat IFOR VertreterInnen bei der in der Wahrheit zu leben und Gerechtigkeit zu för- UNO bzw. ihren Einrichtungen in New York, Genf, dern in allen Lebensbereichen. IFOR-Mitglieder en- Wien, Rom und Paris. Alle vier Jahre treffen sich die gagieren sich in der aktiven Gewaltfreiheit, welche IFOR-Delegierten aus aller Welt, um sich auszutau- auch Widerstand gegen Unrecht einschliesst, sowie schen und die gemeinsame Arbeit zu koordinieren. Gemeinsam für Gewaltfreiheit und Versöhnung 4 100 ans pour la nonviolence Besondere Anliegen Der Begriff eignete sich zur Bezeichnung der Frie- IFOR ist besorgt um die Militarisierung der Ge- densbewegung besonders gut, da unter diesem sämtli- sellschaften, welche einher geht mit der neo-liberalen che Teilziele der Friedensbewegung zusammengefasst wirtschaftlichen Globalisierung. Diese wiederum ist werden konnten. Sie liessen sich damit einprägsam für die Anliegen der Menschenrechte, der Geschlech- erfassen. Da der Begriff ausserdem in vielen Sprachen ter-Gerechtigkeit, der Armut und der Umwelt kaum verwendet werden konnte, war er zur Bezeichnung ei- empfänglich, bzw. opfert diese wichtigen Bereiche auf ner internationalen Bewegung ideal. [3] dem Altar des unbeschränkten Wachstums, welches In den einzelnen Sprachen durchgesetzt hat sich einer immer kleiner werdenden Elite zugute kommt. der Begriff nur langsam, doch etablierte er sich zur IFOR hat bis zum Jahr 2012 durch sein Women Bezeichnung der organisierten Friedensbewegung Peacemakers Program eine Pionierrolle gespielt im noch vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Da ihm Bereich der Geschlechter-Gerechtigkeit (Gender). aber kein eindeutiger Bedeutungsinhalt zugeschrie- Unter vielen Mitgliedern ist das Anliegen der Men- ben werden konnte, war es schwierig um ihn bestellt. schenrechte ein Schwerpunkt. Kindersoldaten, soziale Bestrebungen versuchten daher seit den 1930er Jahren (bewaffnete) Konflikte, und Bildung für die Minder- den Begriff auf einzelne, radikalere Strömungen des bemittelten und Ausgeschlossenen sind weitere Ar- Pazifismus zu beschränken und die Einstellung zur beitsbereiche. Gewalt zum wesentlichen Unterscheidungsmerkmal zu machen. [4] Anfang der 1980er Jahre, in der Debatte um den Zum Begriff «Pazifismus» NATO-Doppelbeschluss, erfuhr der Begriff im allge- Offiziell verwendet wurde der Begriff «Pazifis- meinen Sprachbewusstsein wieder eine deutliche Aus- mus» erstmals 1901 am 10. Weltfriedenskongress in weitung. Es wurde kritisiert, dass die Debatte um den Glasgow. Aufgekommen ist der Begriff, der sich aus Pazifismus mitunter auf einen verengten Pazifismus- dem lateinischen Substantiv pax - Friede und dem Ver- Begriff setzt. Gelegentlich wird dabei zwischen einem bum facere - machen/tun/herstellen zusammensetzt, engen, einem engeren und einem weiten Pazifismus- um die Mitte des 19. Jahrhunderts, als sich Friedens- Begriff unterschieden. gruppen in Europa und den USA zu organisieren und «Während dem engen Pazifismus-Begriff zufolge zu einer internationalen Friedensbewegung zusam- die Anwendung von Gewalt kategorisch ausgeschlos- menzuschliessen begannen. Als Schöpfer des Wortes sen ist, hebt der engere auf die Negation der Anwen- gilt der Franzose J. B. Richard de Radonvilliers, der dung kriegerischer Gewalt ab, wohingegen der weite den Begriff 1846 in der Bedeutung etablieren wollte: Pazifismus-Begriff in dem Bestreben, die Institution «Système de pacification, de paix; tout ce qui tend à des Krieges zu überwinden, das Charakteristikum établir, à maintenir la paix.» («System der Befriedung, sieht.» [5] des Friedens; alles, was den Frieden zu stiften und zu bewahren bestrebt ist.») [1]. Quellen Die Neuschöpfung wurde allgemein nicht gut [1] J. B. Richard de Radonvilliers: Enrichissement de la langue française; dictionnaire des mots nouveaux, Paris 1845, S. 446. aufgenommen, Bezeichnungen wie «Friedensfreun- de», «amis de la paix», «Friedensbewegung», «Föde- [2] Émile Arnaud: le Pacifisme. In: L‘Indépendance Belge, ralisten» und «Internationalisten» liessen sich damit 15. August 1901. nicht so schnell ersetzen. Erst ab 1901 etablierte sich [3] vgl. dazu: Karl Holl: Pazifismus in Deutschland, Frankfurt am die Bezeichnung «Pazifismus». Main 1988, S. 70. In einem Artikel vom 15. August 1901 in der belgi- [4] vgl. dazu: Karl Holl: Pazifismus. In: Otto Brunner (Hrsg.): Ge- schen Zeitung L’Indépendance Belge forderte der fran- schichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen zösische Notar und Präsident der «Ligue internationale Sprache in Deutschland, Band 4, Stuttgart 1978, S. 767-787, hier: S. 771. de la Paix et de la Liberté», Émile Arnaud (1864-1921), die Verwendung dieses Begriffs mit der Begründung: [5] Stefan Grotefeld: Pazifismus oder Pazifismus? In: Jean-Daniel Strub, Stefan Grotefeld: Der gerechte Friede zwischen Pazifismus und «Nous ne sommes pas seulement des «pacifiants», nous gerechtem Krieg: Paradigmen der Friedensethik im Diskurs. Stuttgart ne sommes pas seulement des «pacificateurs». Nous 2007, S. 102, Anmerkung 4. sommes le tout à la fois, et autre chose encore: nous Weiterführende Literatur: sommes, en un mot, des pacifistes.» («Wir sind nicht nur Sybille Thönies: Pazifismus passé? Eine Polemik. Rotbuch, friedlich, wir sind nicht nur friedfertig, wir sind nicht Hamburg 1997 Wolfram Beyer: Pazifismus und Antimilitarismus. Eine Ein- nur friedensstiftend. Wir sind alles zusammen und führung in die Ideengeschichte. Schmetterlingverlag, Stuttgart 2012 noch mehr: Wir sind, in einem Wort, Pazifisten [2].») Schon wenige Wochen später wurde der Begriff «Pazifismus» auf dem 10. Weltfriedenskongress in Glasgow, der vom 10. bis 13. September 1901 stattfand, erstmals offiziell von den nationalen Friedensgesell- schaften verwendet. ensemble pour la nonviolence et la réconciliation 100 Jahre für Gewaltfreiheit 5 Die internationale Friedensbewegung Ihre Ursprünge