SWR2 Musikstunde

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SWR2 Musikstunde SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Musikstunde "... er wird uns alle in den Schatten stellen!" Eleganz und Charme, Esprit und Gelehrsamkeit - zum 250. Todestag von Jean-Philippe Rameau (1) Von Antonie von Schönfeld Sendung: Montag, 8. September 2014 9.05 – 10.00 Uhr Redaktion: Ulla Zierau Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Musik sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für € 12,50 erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de 2 Musikstunde mit Antonie v. Schönfeld SWR2 Montag, 8. September 2014, 9.05-10.00 „...er wird uns alle in den Schatten stellen!“ Eleganz und Charme, Esprit und Gelehrsamkeit - zum 250. Todestag von Jean-Philippe Rameau (1-5) I. „...ein Musiker des alten Frankreich“ „Ich kann ihm einen gewissen Rameau nicht dringend genug ans Herz legen. Das ist fast ein ‚Junger’, weil sicher bald die Zeit kommt, wo er eine längst fällige Genugtuung erfahren wird.“ Das hat Anfang des letzten Jahrhunderts Claude Debussy geschrieben in seiner „Musikalischen Bilanz“ über das Jahr 1903: Für ihn zählte Rameau zu den besten, begabtesten und feinsinnigsten Komponisten, die Frankreich je hervorgebracht hat, modern im musikalischen Ausdruck und - zu Beginn des 20. Jahrhunderts - in Debussys Augen völlig unterschätzt. Er spricht von Rameaus „eleganter Handschrift und einer Empfindung, deren Aufrichtigkeit genauso unbekannt geworden zu sein scheint wie der Name Rameau selbst.“ Und Debussy fragt: „Ist es nicht höchste Zeit, ihm einen Platz einzuräumen, auf den allein er berechtigten Anspruch hat (...)?“ ________________________________________________________ Musik 1 Jean-Philippe Rameau 2´03 <12> Tambourin I. und II. aus: Dardanus Ex Cathedra Ltg. Jeffrey Skidmore CDA 67447, LC 7533 ________________________________________________________ Ein Tanz aus der Oper Dardanus von Jean-Philippe Rameau mit dem Ensemble Ex Cathedra. 3 Jean-Philippe Rameau ist heute, Anfang des 21. Jahrhunderts, vielleicht kein völlig Unbekannter mehr, - doch seine Musik kannten neben Fachleuten lange Zeit nur wirklich ausgewiesene Barockmusik-Liebhaber. Das scheint sich seit einigen Jahren zu ändern, - und ein runder Geburtstag oder auch Todestag wird (nicht nur) in der Musikbranche schon immer gerne genutzt, um an einen Komponisten und sein Werk zu erinnern und nebenbei das Geschäft anzukurbeln: In diesem Jahr gedenken wir der runden Geburtstage von Richard Strauss (150.) und Christoph Willibald Gluck (300. - da sind wir schon in der Zeit von Rameau!) - und am 12. September, am kommenden Freitag, jährt sich zum 250. Mal der Todestag von Jean-Philippe Rameau. Wir haben also eine ganze Musikstunden-Woche lang Zeit, in der wir in das 18. Jahrhundert eintauchen und kreuz und quer durch Frankreich reisen können, - Zeit, uns mit der spezifisch französischen Form der Oper auseinanderzusetzen und mit den Lullisten und den Bouffonisten zu diskutieren, und später auch mit Rameaus Widersacher, dem Philosophen Jean-Jacques Rousseau (-der übrigens auch komponiert hat!), - wir haben Zeit, um Denis Diderot zu lesen - „Rameaus Neffe“ - und um in den Tuillerien zu flanieren, mit Voltaire über Libretti zu sprechen und Rameaus Durchbruch als Opernkomponist zu erleben, wir werden die Wasserkaskaden in Versailles betrachten, in kalten Kirchen die Orgel hören und in den Salons der Pariser Gesellschaft über Rameaus neueste Schriften parlieren. -Vielleicht wagen wir auch ein paar Tanzschritte zu einer Sarabande und vor allem wollen wir Musik hören: Herrlich viel Musikstunden-Zeit also, um dem vielseitigen Monsieur Rameau zu begegnen. Wie sagte ein Kollege: „Es ist nie zu spät, um ein Rameauyen zu werden....“ ________________________________________________________ Musik 2 Jean-Philippe Rameau ca. 4´10 CD1 <1> Les Sauvages, Entrée Danse du Camulet de la Paix Duo: Forets paisible aus: Les Indes Galantes, Szene 6 (1735) Nathalie Dessay, Sopran Stéphane Degout, Bariton Le Concert d´Astrée Ltg. Emmanuelle Haim Erato 5099973079927, LC 7873 Achtung - Live-Mitschnitt : Ab 0´22 - 5´10, vorher+nachher Beifall ! ________________________________________________________ 4 Ein Ausschnitt aus Les Indes Galantes - ein Duett mit Nathalie Dessay und Stéphane Degout, und gleich anschließend der Choer des Sauvages, der Chor der Wilden, - Emmanuelle Haim leitete Le Concert d´Astrée, - das war ein Live-Mitschnitt eines Konzerts zum zehnjährigen Bestehen des Ensembles im Jahr 2011, aufgenommen im Theatre des Champs Elysées. Als Debussy im Jahr 1903 die Oper „La Guirlande“ von Rameau hörte, aufgeführt von der Schola Cantorum in Paris, da war das ein Novum: Es scheint tatsächlich seit dem 18. Jahrhundert die erste Rameau-Oper gewesen zu sein, die wieder auf die Bühne gebracht wurde. Zusammen mit Debussy - und teilweise auch schon vor ihm - haben sich auch Saint-Saens, Ernest Chausson, Vincent d’ Indy und Paul Dukas für die Wiederbelebung von Rameaus Werk eingesetzt, - diese Rückbesinnung, dieses Bedürfnis hatte vielleicht zu tun mit den häufig opulenten Besetzungen und groß dimensionierten Werken der damaligen Gegenwart, ob im sinfonischen Bereich oder in der Oper. Noch einmal Debussy: „Rameau ist ein Musiker des alten Frankreich, der, wenn er auch dem unterhaltenden Charakter des Schauspiels Rechnung trägt, sich sein Recht, Musik zu machen, in keiner Weise schmälern lässt. - Dies scheint zwar natürlich, ist es aber vielleicht heute nicht mehr. Wir haben eine Art angenommen, das Orchester wild durcheinanderzumischen wie einen Salat, bei der man jede Hoffnung auf Musik fahren lassen muss. - Die Schönheit solchen Getümmels ist um so tiefer, je schwieriger es sich erfassen lässt. Es steht zu fürchten, dass unsere Ohren dabei die Fähigkeit verloren haben, feinfühlig und aufmerksam jener Musik zuzuhören, die sich allen unschönen Lärm versagt; 5 wer sie jedoch aufzunehmen versteht, den überrascht ihre liebenswerte Vornehmheit. ________________________________________________________ Musik 3 Jean-Philippe Rameau 3´25 <9> Marche pour les différentes nations - Par tes bienfaits aus: Dardanus Chor und Ensemble Ex Cathedra Ltg. Jeffrey Skidmore CDA 67447, LC 7533 ________________________________________________________ -Debussys Hoffnung, Rameau werde „wohl bald Genugtuung erfahren“ und den Platz in der Wertschätzung seiner Nachfahren einnehmen, der ihm angemessen sei, diese Hoffnung sollte sich noch auf Jahre nicht erfüllen. -Wir können heutzutage wählen zwischen etlichen hervorragenden Ensembles, Chören und Sängern; allein von Rameaus Oper Dardanus gibt es mehrere Gesamteinspielungen und noch mehr Suiten-Varianten! - Gerade waren Chor und Orchester des englischen Ensembles Ex Cathedra, geleitet von Jeffrey Skidmore mit zwei Ausschnitten aus Dardanus zu hören. Ansätze einer Rameau-Renaissance hat es im Laufe des vergangenen Jahrhunderts immer wieder gegeben, doch erst seit den achtziger Jahren werden seine Bühnenwerke in England, in den USA, in Deutschland und natürlich in Frankreich mehr oder weniger regelmäßig aufgeführt. Hierzulande gehörte der WDR zu den ersten Initiatoren einer solchen Wiederbelebung: 1977 wurde in Köln Rameaus „ballet héroique“ Zais konzertant aufgeführt, 1981 folgte Pygmalion und 1983 die Oper Zoroastre, alle drei mit La Petite Bande unter der Leitung von Gustav Leonhardt und Sigiswald Kuijken, die zu den Pionieren der Historischen Aufführungspraxis gehören. - Debussy hätte seine Freude daran gehabt! Tatsächlich sind Rameaus Bühnenwerke längst nicht mehr nur auf den ‚Festivals Alter Musik’ zu finden, sondern inzwischen durchaus auch auf den regulären Spielplänen der Opernhäuser: Allein in diesem Jahr wurde in Wien eine Inszenierung von Rameaus komischer Oper Platée bejubelt, eine Co-Produktion mit der opéra comique in Paris, inszeniert von Robert Carsen und musikalisch geleitet von William Christie. - -An der Komischen Oper Berlin war die zweite Fassung von Castor et Pollux zu hören, hier 6 eine Co-Produktion mit der English National Opera in London, - man tut sich zusammen in Sachen Alter Musik. -Und dazwischen, in Hannover, ließ sich klein und fein und sehr lebendig inszeniert die Urfassung von Castor et Pollux hören. - ________________________________________________________ Musik 4 Jean-Philippe Rameau ca. 2´40 <13-15> Tambourin pour les Graces, les Plaisirs et les Arts - attacca Deuxième Menuet Tambourine bis aus: Castor et Pollux L´Orfeo Barockorchester Ltg. Michi Gaigg cpo777 914-2, LC 8492 ________________________________________________________ Rameau-Opern werden mit wachsender Lust, so scheint es, wieder aus den Archiven geholt und neu einstudiert - meist geleitet von Fachleuten der Alten Musik. -Gerade spielte das L´Orfeo Barockorchester unter Michi Gaigg einen Tambourin, also einen Tanz, aus Castor et Pollux. -Dass in der ersten Spielzeit dieses Jubiläumsjahres 20 Produktionen in 17 Städten zu sehen und zu hören sind, darunter allein zwei Fassungen der Oper Castor et Pollux auf zwei deutschen Opernbühnen, das
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