Albumscopie Mylene Farmer Spaziergang Durch Ein
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- 1 - Artikel über ∫Ainsi soit je...ª, in: Graffitti, April 1988 Übersetzung durch Peter Marwitz, August 2000 ALBUMSCOPIE MYLENE FARMER weifellos ist Mylène Farmer dabei, eine der momentan Z populärsten Sängerinnen zu werden! Drei Hits in Folge gelingen nicht der erstbesten Sängerin! Große Verkäuferin von Singles muß sie sich nun auf dem Gebiet der Alben beweisen... Wenn sie mit «Ainsi soit je...» Erfolg hat, wird Mylène (was die Verkäufe angeht) das gleiche Gewicht wie eine France Gall oder Jeanne Mas besitzen. Das ist umso erstaunlicher, weil Mylène weit davon entfernt ist, sich auf die einfachen und schnell konsumierbaren Lieder zu spezia- lisieren. Sie offenbart sogar eine verstörende und gefährli- che Andersartigkeit, die nicht immer verstanden wurde («Plus grandir»), aber die heutzutage ihre Stärke aus- macht. Die Zahl ihrer Anhänger nimmt stetig zu, und selbst diejenigen, die sie nicht mögen, sind fasziniert... Denn Mylène läßt die meisten ihrer Konkurrentinnen alt- modisch und ziemlich langweilig erscheinen. Ihre Lieder, ihre Clips und selbst ihre Fernsehauftritte können nieman- den gleichgültig lassen... SPAZIERGANG DURCH EIN ALBUM L’Horloge Das Album beginnt in aller Schönheit mit «L’horloge». Ein Gedicht von Baudelaire, vertont von Lau- rent Boutonnat. Ich wage zu hoffen, daß allen hier Charles Baudelaire bekannt ist, französischer Dich- ter (1821-1867), unter anderem Autor der gefeierten «Fleurs du mal» («Die Blumen des Bösen») (1857)... Diejenigen, die das erste Album der verstörenden Mylène kennen und das Oeuvre des bekümmerten Baudelaire (zahlreiche Selbstmordversuche...) werden von dieser Kollaboration nicht überrascht sein! Mylène hatte in «Cendres de lune» in großem Stile einen Hang vor allem zum Morbi- den, dem Verbotenen, dem Bösen und dem Tod enthüllt... die bevorzugten Themen in der Inspiration des verfehmten Dichters... Auf jeden Fall ergibt diese erstaunliche Verbindung ein wundervolles Lied... - 2 - Sans contrefaçon Diesen Titel kennen Sie bereits alle. Als Single im Oktober 1987 veröffentlicht, erlaubte «Sans con- trefaçon» es Mylène, sich einen Stammplatz in den Top 50 zu sichern. Denn nach «Libertine» (Platz 10) und «Tristana» (Platz 7) hat sich «Sans contrefaçon» bis auf den zweiten Platz vorgearbeitet! Dieses zwingend tanzbare (auch ein großer Erfolg in den Discos) und ein klein wenig subversive Lied wurde von Mylène im Fernsehen stark dargeboten und von einem großartigen Videoclip begleitet, was sicherlich sehr zu dem Erfolg beigetragen hat. Insgesamt eine rundum gewürdigte/ belohnte Single. Allan Die Stimmung beruhigt sich etwas, aber bleibt dennoch tanzbar. Musikalisch erinnert dieses Stück an «We’ll never die» vom vorigen Album. Mit «Allan» findet wir eine der wichtigen Inspirationsquellen von Mylène wieder. Diese sonderbare Faszination des Todes... Dieses Lied ist dennoch weit davon entfernt, abweisend zu sein. Und Mylène hat gezeigt, daß man mit quasi gleichen Themen auch Hits «machen» kann (siehe «Tristana»). «Allan» ist ein wunderbares Lied. Melodie, Interpretation, Arran- gements sind absolute Feinheiten/subtil. Pourvu qu’elles soient douces In diesem Stadium der Entdeckung angelangt, ist man bereits vortrefflich/wonniglich ;–) und kom- plett dem verdorbenen/durchtriebenen Charme des neuen Albums verfallen... «Pourvu qu’elles soient douces» folgt «Allan» nahtlos. Aber dieses mal zeigt sich Mylène in einem anderen Gebiet, auf dem sie genauso glänzt – dem spitzbübischen Humor. Wie die anderen Lieder auf diesem Album ist «Pour- vu...» umgeben von pfiffigen, abwechslungsreichen und ungewöhnlichen Arrangements. Es soll kein Vorwurf sein, aber vom Geiste her erinnert dieses Lied an «Vieux bouc» von «Cendres de lune»... La ronde triste Die erste Seite wird sanft durch «La ronde triste» beschlossen. Wenn Sie sich die B-Seiten der Singles anhören, die Ihnen angeboten werden, so werden Sie dieses Lied sofort wiedererkennen, das die B- Seite von «Sans contrefaçon» bildete (und auch die der Maxi). Im Gegensatz zu dem, was man vom Titel erwarten könnte, ist der Text in Englisch. Und er ist (wie durch den Titel unmißverständlich nahegelegt) besonders traurig! Ainsi soit je... Diese Ballade, die dem Album seinen Namen gegeben hat, eröffnet die zweite Seite des Albums in wunderbarer Weise. «Ainsi soit je...» ist das längste Lied der Platte (6.18’). Es ist auch das am ein- fachsten zugängliche, das „singlehaftigste”. Und ohne daß man dem Duo Boutonnat/Farmer vorwer- fen könnte, sich auf Kosten der Qualität für den einfachen Weg entschieden zu haben. Nur mit seiner eingängigen Melodie, seinem schönen, bewegenden Text, und seinen ausgewählten, aber nicht unbe- dingt mutigen Arrangements, wird «Ainsi soit je...» alle Ohren verführen, auch die anspruchsvoll- sten... Eine Eigenschaft, die (von zwei oder drei Ausnahmen abgesehen) nicht von allen Liedern die- ses Albums geteilt wird. «Ainsi soit je...» erscheint sehr bald als Single auf Polydor und könnte in der Karriere von Mylène eine ähnliche Bedeutung einnehmen wie «Si maman si» in der von France Gall. Schöne Aussichten... Sans logique Mit diesem Titel (dem zweiten auf der Seite) kehrt das Album zu einem verstärktem Rhythmus zurück. Mit «Sans logique» taucht man auch mit «Freude» (dieser Begriff erscheint nicht ganz ange- bracht, aber sei’s drum...) wieder in das problematische und verstörende Universum der schönen Mylène ein. Ein reichhaltiges Universum, das für einen weiteren Moment ihr eigenes/spezielles bleibt, und das das ihrer Konkurrentinnen besonders leer und dürftig erscheinen läßt... - 3 - Jardin de Vienne Hinter diesem scheinbar romantischen Titel verbirgt sich eine grandiose aber makabre Ballade... Denn in diesem «Garten von Wien» spricht Mylène Farmer tatsächlich einen Selbstmord durch Erhän- gen an. Wie alle Lieder vom Album wurde auch «Jardin de Vienne » sehr subtil und originell von Lau- rent Boutonnat arrangiert der hier insbesondere die Panflöte einsetzt, die bereits in «Tristana» vor- kam. Das Resultat ist erstaunlich. Déshabillez-moi Hier haben wir es mit dem einzigen Lied des Albums zu tun, das nicht vom Duo Frmer/Boutonnat geschrieben wurde, aus dem einfachen Grunde, weil es sich um eine Cover-Version handelt. (Die erste in der Karriere von Mylène...) Diese exzellente Version des unzerstörbaren Hits von Juliette Greco (geschrieben 1967 von Robert Niel und Gaby Vorlor) ist bereits sein einiger Zeit verfügbar gewesen, da man sie auf der B-Seite der Maxi von «Sans contrefaçon» findet. Die Version von Mylène wurde einige Wochen vor der (reggae-artigen und eindeutig weniger brillanten) von Patty Layne der Öffentlichkeit vorgestellt. Zusammen mit «Pourvu...» ist dieses das einzige «amüsante» Lied auf dem Album. The Farmer’s conclusion Das Album wird wie «Cendres de lune» mit einem kurzen und bizarren Instrumental beendet. Nicht so instrumental wie das damals, da Mylène nicht eingreift/einsetzt, sind diese 2 Minuten 15 an Musik von einem erstaunlichen Chor aus Kläffen, Quieken, Grunzen und Hahnengeschrei zusammengesetzt. Ein überraschender Titel....