THE FOG OF FILMHEFT Ideen und Anregungen für den Unterricht Fog oFfo Wg aorf War Seite 2

Impressum

Herausgeber: Kulturfiliale Gillner und Conrad, Vera Conrad, Schmellerstraße 26, 80337 München und Movienet Film GmbH, Rosenheimer Straße 52, 81669 München, www.movienetfilm.de ViSdP: Vera Conrad, [email protected] Texte zum Film: Dr. Ulrich Steller, www.textstrategie.de Texte zur methodisch-didaktischen Unterrichtsgestaltung: Karin Springer, [email protected] Gestaltung: Thomas Kamm, www.bruesseler-spitze.de Druck: www.Basis-Druck.de

Alle Materialien in diesem Heft dürfen für den Unterricht kopiert werden.

Gedruckte Filmhefte können Sie anfordern bei Movienet Film GmbH, Rosenheimer Str. 52, 81669 München, Tel.: 089-489 530 51, Fax: 089-489 530 56, Bestellformular siehe Seite 49 Ansprechpartner: Michael Seidel.

Die elektronische Fassung (pdf) steht unter www.movienetfilm.de zum Herunterladen bereit. Fog of War Seite 3

VORWORT

Der im Jahre 2004 mit dem Oscar® ausgezeichnete Dokumentarfilm THE FOG OF WAR ist ein wichtiges Zeitdokument über den ehemaligen US-Verteidigungsminister Robert S. McNamara. Offen und selbstkritisch reflektiert er über Kriege und Krisen, über Entscheidungen, die Hundertausenden von Menschen das Leben gekostet haben - vom Zweiten Weltkrieg bis hin zu Kuba und Vietnam. Packende historische Einsichten aus erster Hand und Zeitdokumente verbinden sich mit überlebenswichtigen Fragen zu den Herausforderungen von heute.

„Wenn es einen Film gibt, den sich die militärischen und zivilen Führer - und die Bürger der ganzen Welt - in diesen trügerischen historischen Zeiten ganz genau ansehen sollten, ist es THE FOG OF WAR.“ Stephen Holden, New York Times

Die Kraft und Aussage von THE FOG OF WAR fordert zu einem intensiven Dialog und zum Weiterdenken heraus. Das Filmheft möchte Sie dabei unterstützen.

Die vielseitigen Anregungen für die pädagogische Arbeit mit dem Film haben Werkstattcharakter. Blättern Sie, entdecken Sie und finden Sie heraus, was für Ihren Unterricht geeignet ist.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Schülern anregende Stunden im Kino und im Unterricht.

Ihre Kulturfiliale Vera Conrad und die Autoren Karin Springer und Ulrich Steller

Um eine Schulvorstellung zu buchen, wenden Sie sich bitte an Ihr Kino vor Ort. Fog of War Seite 4

Fakten zum Film

Regie: Musik: Kamera: Peter Donahue, Robert Chappell Schnitt: Karen Schmeer, Doug Abel, Chyld King Produzenten: Errol Morris, Michael Williams, Julie Ahlberg Besetzung: Robert S. McNamara, Errol Morris (Interviews)

USA, 2003 Länge: 106 Minuten OmU (Originalfassung mit deutschen Untertiteln) Freigegeben ab 6 Jahren (beantragt)

Auszeichnungen: Oscar® 2004 als „Bester Dokumentarfilm“

Deutscher Kinostart: 30. September 2004 www.movienetfilm.de

Dokumentarische Grundlage:

THE FOG OF WAR basiert auf neuen Interviews (aufgezeichnet 2001) mit dem früheren US-Verteidigungsminister Robert S. McNamara. Ungeschnitten hat dieses Material eine Gesamtlänge von etwa 20 Stunden.

Darüber hinaus verwendet THE FOG OF WAR viele historische Film- und Tonaufnahmen, die bisher nur selten vorgeführt wurden oder gesperrt waren. Zu ihnen gehören die erst kürzlich freigegebenen Telefon-Mitschnitte aus dem Weißen Haus. Diese einmaligen Quellen lassen McNamaras Rolle im Vietnamkrieg deutlich komple- xer erscheinen als früher generell angenommen. Fog of War Seite 5

Inhalt

„Viele der Aspekte, über die McNamara im Film spricht, sind für das, was heute vor sich geht, von Bedeutung und es entsteht dieses surreale Gefühl, dass sich nichts geändert hat.“ Regisseur Errol Morris

Teil 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Inhalt des Films auf einen Blick ...... Seite 6 Filmische Mittel 1: Die elf Lektionen ...... Seite 8 Filmische Mittel 2: Das inszenierte Dokument ...... Seite 10 Filmische Mittel 3: Menschen, Bilder, Emotionen ...... Seite 12 Filmfachbegriffe ...... Seite 14 Film-Memo ...... Seite 16 Das Treffen bei Castro: Eine Sequenzanalyse ...... Seite 18 Krieg und Frieden, oder: Was können wir lernen? ...... Seite 19 Vietnam - ein amerikanisches Trauma ...... Seite 21

Teil 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Fächerbezogene Anknüpfungspunkte des Films auf einen Blick ...... Seite 22 Methodisch-didaktische Anregungen (Einleitung) ...... Seite 27 Geschichte verstehen Vorbereitung auf den Filmbesuch ...... Seite 28 Zentrale historische Ereignisse im Film ...... Seite 30 Der Film als historische Quelle ...... Seite 31 Historische Dokumentarfilme - ein Vergleich ...... Seite 32 Selbst als Geschichtsforscher aktiv werden ...... Seite 33 Aktuelle Bezüge in der Gegenwart entdecken Die Schlüsselfrage im Film ...... Seite 34 Die Botschaft des Films ...... Seite 35 Die Strategie der Rechtfertigung auf dem Prüfstand ...... Seite 37 Aus der Geschichte lernen Den Film weiterdenken ...... Seite 38 Demokratie gestalten ...... Seite 39

Teil 3 Materialien Historischer Abriss: Der Krieg in Vietnam ...... Seite 40 Historische Fakten und Personen ...... Seite 41 Bestellformular ...... Seite 49 Zum Weiterlesen - und Weiterschauen ...... Seite 50 TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 6

Inhalt des Films auf einen Blick

THE FOG OF WAR ist der Rückblick eines Mannes mit einer faszinierenden, einzigartigen Lebensgeschichte. Jahrelang stand Robert S. McNamara im Zentrum der Macht - in dem blutigsten, kriegerischsten und gefähr- lichsten Jahrhundert, das die Menschheit bislang erlebt hat. Insbesondere war er als Verteidigungsminister von Anfang an für das Eingreifen der USA in Vietnam mitverantwortlich.

Der Titel des Films verdankt sich einer englischen Redewendung: Im Krieg, so der Kern dieses Ausdrucks, hüllen sich die tatsächlichen Ereignisse in Nebel. Auch den Befehlshabern bleibt oft Wesentliches verborgen. Der Krieg zwingt sie ständig, folgenreiche Entscheidungen zu treffen; zugleich entzieht er ihnen die vernünfti- gen Grundlagen für ein verantwortliches Handeln.

McNamara rechnet engagiert und schonungslos mit anderen und mit sich selbst ab. An keiner Stelle des Films inszeniert er sich als Held. Er analysiert tragische militärische Entscheidungen und Situationen, bei denen um Haaresbreite eine nukleare Eskalation abgewendet werden konnte. In detaillierten persönlichen Erinnerungen und aus der Sicht der Verantwortlichen lässt er die Bombenangriffe auf Japan im Zweiten Welt- krieg, die Kubakrise und den Beginn des Vietnamkriegs Revue passieren.

Gerade weil McNamara eine so herausragende und umstrittene Rolle in so zentralen Konflikten des 20. Jahr- hunderts gespielt hat, provozieren seine Thesen: In militärischen Dingen - und sie entscheiden über die Zukunft der Menschheit - müsse man Böses grundsätzlich in Kauf nehmen. Ob jemand als Kriegsverbrecher gilt, hänge daher wesentlich davon ab, wer den Krieg gewinnt. Die Menschheit steuere, vielleicht sogar unausweichlich, in eine Katastrophe. Denn die militärische Macht wächst, und jeder Fehler kann verhängnis- volle Folgen haben. Weltweit.

Regisseur Errol Morris bebildert die Erzählungen, Argumente und Thesen McNamaras filmisch mit weit- gehend unbekanntem Archivmaterial. So führt er die historischen Ereignisse in einer unverbrauchten Sicht- weise vor, und als Zuschauer erleben wir auch bekannte Fakten noch einmal neu. Das macht uns bereit für eine Auseinandersetzung mit der harten Kost, die uns Robert S. McNamara zumutet. Wir entdecken in jeder Tageszeitung brandaktuelle Bezüge zu den gegenwärtigen Konflikten. Und der „Nebel des Krieges“, so könnte man paradoxerweise meinen, lichtet sich für einen Moment vor unseren privilegierten Augen. TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 7

Robert Strange McNamara: 11 Lektionen aus dem Leben des biografische Daten Robert S. McNamara - zusammengestellt von Errol Morris, der seinen Film nach dieser Abfolge aufgebaut hat: 1916 geboren in San Francisco, Versetze dich in deinen Feind Kalifornien 1 (Empathize with your enemy) 1939 Abschluss und Lehrtätigkeit in Harvard (Wirtschaftswissenschaften); Vernunft wird uns nicht retten Oberstleutnant der US-Luftwaffe, 2 (Rationality will not save us) organisiert B-29-Bomberstaffeln Es gibt etwas, das über uns steht 1946 geht zur Ford Motor Company; 3 (There’s something beyond one’s ab 1957 im Vorstand self) 1960 November: Präsident der Ford Motor Maximiere deine Wirksamkeit Company, 4 (Maximize efficiency) Dezember: Verteidigungsminister unter John F. Kennedy Eine Richtlinie im Krieg sollte Ver- 1961 unterstützt mit seinem Präsidenten 5 hältnismäßigkeit sein (Proportio- die „Invasion in der Schweinebucht“ nality should be a guideline in war) 1962 Kubakrise; bereitet Luftangriffe und Einmarsch in Kuba vor Hol dir die Fakten (Get the data) 1963 nach Kennedys Tod wieder 6 Verteidigungsminister unter Glauben und Sehen sind oft Lyndon B. Johnson; leitet das stärkere 7 falsch (Belief and seeing are both militärische Eingreifen in Vietnam often wrong) 1967 will Friedensverhandlungen für Sei bereit, deine Argumente noch- Vietnam einleiten 8 mals zu überprüfen (Be prepared 1968 verlässt das Pentagon und wird to reexamine your reasoning) Präsident der Weltbank Um Gutes zu tun, kann es not- 1981 zieht sich ins Privatleben zurück, 9 wendig sein, sich auf das Böse tritt ab sofort als Rüstungskritiker einzulassen (In order to do good, hervor you may have to engage in evil) 1995 veröffentlicht sein Memoirenbuch „In Retrospect“ (Vietnam: das Sag niemals nie Trauma einer Weltmacht) 10 (Never say never) 2001 gibt Errol Morris Interviews Du kannst die menschliche für den Film THE FOG OF WAR 11 Natur nicht verändern (You can’t change human nature) TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 8

Filmische Mittel 1: Die elf Lektionen

Die strukturelle Grundlage von THE FOG OF WAR bilden elf Lektionen, die der Regisseur aus dem Leben McNamaras zieht. Sie erscheinen, einzeln herausgehoben, als Insert-Texte zwischen den Filmbildern; die meisten hören wir auch als wörtliche Zitate in den Interviews. Am Ende schließt sich der Kreis mit dem Gedanken „aus Fehlern lernen“, der den Einstieg bildete.

Die Lektionen gliedern sich in fünf Feststellungen und sechs Aufforderungen. Inhaltlich sind sie recht unter- schiedlich, ja sogar widersprüchlich. Die Spannungen treten noch deutlicher zutage, wenn man die Lektionen nach Feststellungen und Aufforderungen anordnet:

Feststellungen Aufforderungen

2 Vernunft wird uns nicht retten 1 Versetze dich in deinen Feind 3 Es gibt etwas, das über uns steht 4 Maximiere deine Wirksamkeit 7 Glauben und Sehen sind oft falsch 5 Eine Richtlinie im Krieg sollte Verhältnismäßigkeit sein 9 Um Gutes zu tun, kann es notwendig 6 Hol dir die Fakten sein, sich auf das Böse einzulassen 8 Sei bereit, deine Argumente nochmals zu überprüfen 11 Du kannst die menschliche 10 Sag niemals nie Natur nicht verändern

Die elf Sätze mögen uns vage vertraut, einige sogar populär erscheinen („Never Say Never Again“ / „Sag niemals nie“ ist beispielsweise der Titel eines James-Bond-Films von 1983). Doch die beeindruckende Lebensgeschichte und die Präsenz von Robert S. McNamara vor der Kamera verleiht den Maximen große Eindringlichkeit. Bereits seine ersten Worte machen klar, dass er von nichts Geringerem spricht als vom Überleben der Menschheit.

Um so provozierender wirken die vielen Widersprüche zwischen den Lektionen: Versetze dich in deinen Geg- ner hinein, aber Rationalität wird uns nicht retten. Im Krieg musst du auch böse Mittel nutzen, aber beachte die Verhältnismäßigkeit. Du kannst die Natur des Menschen nicht ändern, aber sei bereit umzudenken, und sag niemals nie ... TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 9

Weit davon entfernt, McNamaras Überzeugungskraft zu schmälern, funktionieren diese Spannungen als effi- zienter Motor des Films. Sie ziehen den Zuschauer ins Geschehen, sie aktivieren Einspruch oder Zustim- mung. Gerade dieses Potential an Widerspruch bildet den roten Faden in THE FOG OF WAR. Dieser Film lässt sich nicht unbeteiligt konsumieren. An den Widersprüchen entlang suchen wir als Zuschauer, durch all die bewegenden und faszinierenden Bilder und Dokumente hindurch, unsere Orientierung. Nach dem Film neh- men wir das Bedürfnis mit, sie im aktuellen Leben zu finden.

Fragen: q Lassen sich die elf Lektionen aus dem Leben McNamaras zusammenfassen - zu drei, zwei oder zu einer einzigen Kernaussage? Wie könnte eine solche Lektion aller Lektionen lauten? q Mit dem Epilog distanziert sich der Film behutsam von seinem Protagonisten. Welche unausgesprochene Lektion des Regisseurs steckt in diesem Schluss? q Was für andere Lösungen wären als Ende des Films denkbar, und welche Akzente würden sie setzen? TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 10

Filmische Mittel 2: Das inszenierte Dokument

McNamaras Persönlichkeit steht für den Kern der starken und komplexen Wirkung, die dieser Film entfaltet. Seine Ausführungen haben höchsten dokumentarischen Wert. THE FOG OF WAR unterstützt die Überzeu- gungskraft McNamaras durch ein vielschichtiges Zusammenspiel von Wort und Bild, von Argumenten und Belegen. Unter den aufwändig zusammengestellten Bildern, Filmen, Tonaufnahmen sind etliche reizvolle Funde - beispielsweise eine Titelseite der Detroit Times mit Schlagzeilen zu John F. Kennedy (der neue Präsi- dent), McNamara (wird Chef von Ford) und Richard Nixon (in Kalifornien geschlagen).

Dokumente und Montagesequenzen verbinden sich mit den Interviewausschnitten nahtlos zu einer Einheit. In der Episode um den 27. Oktober 1962 hören wir Kennedy vom Tonband gleichsam „wiederholen“, was McNamara berichtet. Sorgsam ausgewählte Fotos zeigen die für die Handlung wichtigen Personen so, als wollten sie im Film „mitspielen“. Der notorische Falke LeMay dreht sich mit finsterem Gesichtsausdruck in Zeitlupe zur Kamera. Immer entsteht die Illusion, als seien wir im historischen Moment live dabei.

Doch THE FOG OF WAR ist mehr als nur die Fortführung von McNamaras Worten mit filmischen Mitteln. Aus etwa 20 Stunden Originalinterviews kommen nur etwa 10 % zum Einsatz; Schnitt und Montage entscheiden außerdem, was der Zuschauer von diesem Material sieht oder nur hört. Die Gewichtung der persönlichen und historischen Themen sowie der Aufbau des Filmes zeigen die gestalterische Arbeit des Regisseurs und seines Teams. Auch die Lehrsätze, wenngleich sie großenteils aus Zitaten bestehen, sind in ihrer fertigen Form, Auswahl und Anordnung sein Werk.

Dass der Film Position bezieht, zeigt sich vielleicht am deutlichsten in der Schluss-Sequenz. McNamara spricht vom „Nebel des Krieges“ - Vietnam sei zu komplex, und es sei gefährlich, wenn er mehr darüber sage. Während er sich auf diese Weise weiteren Fragen entzieht, sehen wir ihn nicht mehr im Studio, son- dern beim Autofahren; seine Stimme kommt durchs Telefon. Am Ende entfernt er sich in Rückenansicht von der Kamera: eine behutsame Distanzierung auf Gegenseitigkeit.

Fragen: q An welchen Stellen im Film spielt die Suche nach Rechtfertigung für das eigene Handeln eine Rolle? q Hat der Abgeordnete Recht, der McNamara einmal „Mister Ich-habe-alle-Antworten“ nannte? q Was bedeutet es, dass in THE FOG OF WAR ausschließlich McNamara zu Wort kommt? q Welche anderen historischen Persönlichkeiten hätten etwas beizutragen - für oder gegen McNamaras Version der Geschichte? TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 11

Zu den Quellen THE FOG OF WAR ist kein Kompilationsfilm im engeren Sinn, präsentiert jedoch eine Fülle von unterschiedli- chem Material. Hier eine Übersicht über die wichtigsten Kategorien:

1. Historisches Material 2. Pseudo-historisches (nachgedrehtes) Material Fotos: Familienfotos und andere historische Aufnahmen von Episode im Golf von Tongking, wenige Tage nach dem Robert S. McNamara, aus dem Kabinett Kennedy, Ereignis gedreht: an Bord, Sonarexperten, Torpedo. Luftaufnahmen Kuba, Oral-History-Treffen (1990er Jahre) u.a. Filmmaterial: 3. Neues Material Ende des Ersten Weltkriegs, Depressionszeit (1930er Interviews mit Robert S. McNamara Jahre) in den USA, Zweiter Weltkrieg, Kubakrise, Viet- Filmaufnahmen: namkrieg u.a. Autofahrt (Schluss-Sequenz), laufende Tonbänder u.a. Tondokumente: Montage-Sequenzen: Telefongespräche (Kennedy, Johnson), Kennedy-Rede, der japanische Bahnhof (Zeitlupe, Zeitraffer) Funkverkehr des Zerstörers u.a. Animierte Sequenzen: Medien: die Dominosteine auf der Landkarte Fernsehinterviews (CBS), Titelseiten von Zeitungen Inserts: und Magazinen, militärisches Propagandamaterial, 11 Lehrsätze, Zwischentitel Kriegsberichterstattung, alte Animationssequenzen Originale: Lehrbücher, Statistiken (Bombenkrieg gegen Japan, Ford, Vietnam), Berichte; altes Radio, Tonbandgeräte u.a. TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 12

Filmische Mittel 3: Menschen, Bilder, Emotionen

THE FOG OF WAR enthält kreative Elemente, die dem Auftritt McNamaras und historischen Dokumenten neue Dimensionen hinzufügen. Musik, eigenständige Filmmontagen und Bilder mit Symbolfunktion schaffen ein Ganzes, das mehr ist als die Summe von historischen Fakten.

Allem voran gibt die Musik den Ton an. Sie verbindet Sequenzen zu kleinen Erzählungen, hebt zentrale Passa- gen hervor und schafft Stimmungen. So wirken die alten Aufnahmen aus der Rüstungsfabrikation durch die neue Musik wie ein verfremdeter Stummfilm à la MODERN TIMES. Philip Glass’ kreisende, eindringliche Kom- positionen mit ihren Minimal-Variationen führen das Getriebe der Kriegsvorbereitungen als unvermeidlich ablaufenden Mechanismus vor. Zugleich hebt der elegisch schwebende Charakter dieser Musik das Filmge- schehen in eine schicksalhafte Dimension, sie bewegt und provoziert - ein Verfahren, das der Komponist seit (1983; Regie: Godfrey Reggio) mit großem Erfolg einsetzt.

Eine erkennbare Verwandtschaft zu diesem einflussreichen Kultfilm der 1980er Jahre zeigen auch die traum- ähnlichen Montagen, mit denen Morris McNamaras Erzählungen an einigen Stellen unterbricht und kommen- tiert. Wir sehen eine Menschenmenge in starkem Zeitraffer durch einen Bahnhof hasten. Überblendet wird das chaotische Pulsieren mit Bildern von Menschen, die sich in extremer Zeitlupe bewegen. Ergebnis ist eine surreale Verdichtung, die das zerbrechliche Individuum und die Zeit selbst sichtbar zu machen scheint. Das Dokumentarische schlägt an diesen Stellen um in reinen künstlerischen Ausdruck.

Die Dominos Ein zentrales Bild des Films sind die Spielsteine. Plakativ über einer Landkarte Südostasiens aufgereiht, stehen sie sinnbildlich für die im Kalten Krieg entstandene „Dominotheorie“ zur Ausbreitung des Kommunismus: Wenn ein Stein kippt, fallen alle. Großaufnahmen, Zeitlupe und hallende Aufschlaggeräusche unterstreichen die sprichwörtliche Notwendigkeit der Ereignisse. Der Blick „zu ebener Erde“ an der Domino- reihe entlang öffnet durch geringe Schärfentiefe dramatisch den Raum, betont die Dimension des Gesche- hens und spielt auf die Unabsehbarkeit der Folgen an.

Doch das Bild ist noch komplexer. Die Zeitlupe enthält bereits einen gegenläufigen Aspekt: Können wir das Fallen nicht verlangsamen, möglicherweise stoppen? In einer Sequenz laufen die Bilder dann tatsächlich rückwärts, wie schon einmal bei dem Torpedo, den es in Wirklichkeit nicht gab. Hier wird die ursächliche Verknüpfung selbst durchbrochen, der Blick wird frei für andere Möglichkeiten. Wissenschaftlich lässt sich McNamaras Frage „Was-wäre-geschehen-wenn ...“ nicht untermauern - als moralischer Denkanstoß ist sie legitim und wirkungsvoll. Die Dominos symbolisieren seinen Appell, über das Wirkliche, das Mögliche und das Notwendige nachzudenken und verantwortlich zu handeln.

Die Rolle der Zahl Zahlen sind allgegenwärtig in THE FOG OF WAR. In allem, was McNamara tut, stützt er sich auf Zahlen und ihre Gesetze: bei der Auswahl der Besten für die Luftwaffe, bei der Analyse der Bomber- einsätze, bei der Sanierung von Ford, bei den Unfallanalysen, als cleverer Verteidigungsminister und sicher TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 13

auch als Chef der Weltbank. McNamara glaubt an die Macht der Zahl. Abstraktion und Logik allein scheinen ihm optimale Effizienz zu garantieren - unabhängig davon, wie die konkrete Aufgabe lautet.

Lehrsatz Nr. 6 fasst diesen Glauben an die Mathematik zusammen, denn „Fakten holen“ bedeutet in erster Linie „Daten beschaffen“. Ein Symbol für dieses mathematische Erfassen der Welt ist die Lochkarten-Sortier- maschine, ein mechanischer Vorläufer der elektronischen Datenbanksysteme. Bezeichnend auch die opti- sche Ähnlichkeit der vielen Statistiken, die der Film zeigt - die Methoden sind in allen Bereichen die gleichen. Besonders eindrucksvoll erscheint die führende Rolle der Mathematik im Bild der wie Bomben abgeworfenen Ziffern: Was zündet, ist die Zahl, und sie entfaltet vernichtende Sprengkraft.

Der Wert des Individuums Doch Zahlen sind Platzhalter, und die statistische Methode beruht auf Abstrak- tion und Ersetzbarkeit. Die große Frage ist daher: Was geschieht mit dem Individuum? Fällt es nicht schon der Betrachtungsweise zum Opfer, bevor die erste Bombe einschlägt? Lehrsatz Nr. 5 will die Moral durch Verhältnismäßigkeit sichern. Aber McNamara fühlt sich mit dem Problem offensichtlich unwohl. Die Frage nach den 100.000 Toten von Tokio kontert er mit der fiktiven Gegenfrage des Hardliners LeMay: Hätte er statt der japanischen Zivilisten seine Soldaten opfern sollen?

In der Tat kreisen die Überlegungen des Pessimisten McNamara um die Warnung, dass der Krieg alle über- rollt. Niemand, so zeigt THE FOG OF WAR für ihn, hält das Kriegsgeschehen unter Kontrolle, nicht einmal so mächtige Individuen wie John F. Kennedy. Von verhängnisvollen Fehlern ganz zu schweigen. Um so eindring- licher gerät McNamaras Appell an Moral und Verantwortung. Ein Widerspruch, aber ein sehr fruchtbarer - und vielleicht das Einzige, was uns retten kann.

Fragen: q Welche Szenen sind mit Musik unterlegt? Wie lassen sich die Stimmungen beschreiben, die diese Musik hervorruft? q Der Filmbeginn zeigt Marinesoldaten, die Ferngläser aufs Meer richten. Welche Funktion haben diese Ein- stellungen? q McNamara verlangt, jede Erkenntnis zu prüfen (Lehrsatz Nr. 7). Bei welchen Themen hat er dies selbst beherzigt?

Nachgefragt: nachgedreht! Golf von Tongking, 1964. Der vorgebliche Angriff auf zwei US-Schiffe markiert den Beginn des Vietnam- krieges. THE FOG OF WAR zeigt Material aus dem Nationalarchiv - Szenen, die das US-Militär kurz nach den Zwischenfällen nachgestellt hat. Auschwitz, 1945. Russische Soldaten befreien das Konzentrationslager. Tage danach „befreien“ sie es erneut, vor laufenden Kameras. Bei Bagdad, 2003. Ein Spezialkommando rettet eine verletzte US-Soldatin. Die als Heldin heimgekehrte Jessica Lynch gibt wenig später bekannt, die Aktion sei in wesentlichen Teilen inszeniert gewesen. TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 14

Film-Fachbegriffe

Animationsfilm Oberbegriff für Filme, die Gegenstände beleben oder erzeugen (umgangssprachlich „Trickfilm“). Klassische Grundtechniken wie Zeichentrick, Legetrick und Puppentrick arbeiten mit Einzelbild-Schaltung. Heute spielen im A., wie bei der D Postproduktion, Computer eine große Rolle, und oft werden mehrere Techniken kombi- niert.

Bildausschnitt Sicht aufs Objekt („Entfernung“) - die Auswahl reicht von Detail- und Naheinstellung über die Großaufnahme (Close-up) bis zur Totalen und Panoramaeinstellung; vgl. D Kamera-Standpunkt.

Dokumentarfilm Filmische Darstellung, die Ausschnitte der geschichtlichen oder gegenwärtigen Realität abbildet oder untersucht. Akteure sind Menschen, Orte, Situationen, die mit der erzählten Geschichte übereinstimmen. Kritisch diskutiert wird die „Authentizität“ im D.

Einstellung 1. (Gedrehtes Material:) Einzelne Aufnahme, deren Kontinuität nicht unterbrochen ist; Grundeinheit für die Filmmontage. 2. (Kameraführung:) Oberbegriff für Bildausschnitt, Kamera-Standpunkt und -Bewegung.

Essay-Film Dialektischer, meist nicht narrativer Film, der ein Thema subjektiv und in unterschiedlichen Ansätzen abhan- delt. Der E. verwendet literarische Sprache, primär ist jedoch die Bildebene und die Verbindung Wort-Bild; oft wird dabei das Medium Film selbst reflektiert.

Insert In den Film eingeschnittene (D Schnitt) wichtige Information. Realisiert wird das I. als reiner Text (Zwischenti- tel) oder durch Zeigen eines sinntragenden Gegenstands (meist Schlagzeile, Tagebucheintrag o. Ä.).

Kamera-Standpunkt Position und Blickrichtung der Kamera, bezogen auf die als normal empfundene Horizontale. Beispiele: Vogelperspektive, Aufsicht, Augenhöhe, Untersicht, Froschperspektive.

Kompilationsfilm Aus überwiegend fremdem Originalmaterial montierter Film (auch „Archivfilm“). Der K. dient oft dazu, histori- sche Ereignisse und ihre Darstellung aufzuarbeiten. TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 15

Montage Die ästhetische Seite des Schnitts - die theoretisch und ästhetisch begründete Anordnung der Einstellungen im Film. „Schnitt“ und „Montage“ werden auch oft gleich bedeutend verwendet.

Postproduktion Die Herstellungsphase zwischen dem Ende der Dreharbeiten und dem Ziehen der Kinokopien. Zur P. gehören beispielsweise der Schnitt und umfangreiche Möglichkeiten der digitalen Nachbearbeitung (auch bei Sequen- zen ohne offenkundige Spezialeffekte).

Schärfentiefe 1. (= Schärfenbereich) Räumliche Tiefe des als scharf wahrnehmbaren Bildbereichs einer Einstellung (1), z. B. vor unscharfem Hintergrund. 2. (= Deep Focus; Stilmittel) Scharfe Darstellung des gesamten Bildbereichs, vom Vordergrund bis zum Hintergrund.

Schnitt 1. (Projektion:) Harter Übergang zwischen zwei Einstellungen (1); das erste Bild von Einstellung B folgt direkt dem letzten Bild von Einstellung A, D Überblendung. 2. (Filmherstellung:) Arbeitsphase, in der das gedrehte Material ausgewählt und zusammengesetzt wird.

Sequenz Eine Folge von inhaltlich zusammenhängenden D Einstellungen (1), die einen (mehr oder minder abgrenzba- ren) Abschnitt innerhalb des Films bilden.

Überblendung Kombination von Ab- und Aufblende, durch die ein sanfter Übergang zwischen zwei Einstellungen entsteht; vgl. D Schnitt.

Voice-over Gesprochener Kommentar, der nachträglich über den Filmton gelegt wird.

Zeitlupe Effekt eines langsameren, gedehnten Zeitablaufs. Zeitlupe erreicht man meist durch „Überdrehen“, d. h. Aufnahme mit mehr als den üblichen 24 Bildern pro Sekunde.

Zeitraffer Effekt eines rascheren, gerafften Zeitablaufs. Zeitraffer erreicht man meist durch „Unterdrehen“, d. h. Aufnahme mit weniger als den üblichen 24 Bildern pro Sekunde.

Zwischentitel Informationstext, der zwischen die Handlung eingeschnitten ist; s. D Insert. TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 16

Film-Memo

GA = Großaufnahme, Ü = Überblendung(en), VO = Voice-over, ZL = Zeitlupe, ZR = Zeitraffer, ZT = Zwischen- titel, HF = historische Filmaufnahme(n), HP = historische(s) Foto(s), HT = historische Tonaufnahme(n), McN = McNamara in historischen Aufnahmen, M = (Aussage von) McNamara heute, im Interview. Zeitangaben in Minuten:Sekunden.

(00:00) Prolog McN vor Pressekonferenz, Marinesoldaten vor Einsatz. M: Ich weiß, was ich sagen will ... Wir müssen aus Fehlern lernen. HF aus dem Flugzeug, Marinetruppen. HF: Kriegsszenen; Flugzeug wird abgeschossen. HF: CBS-Report „McNamara und das Pentagon“ stellt McN vor. ZT: 1962. Inserts: HP von McN in den Medien, kontrovers kommentiert. HF: McN erklärt Kennedys Tafel mit den 13 Tagen der Kubakrise. (06:50) ZT: Lehrsatz Nr. 1: Versetze dich in deinen Feind Düstere Musik, Luftaufnahmen Kuba, Raketenverstecke. Historische Titelseiten zur Seeblockade. Laut CIA waren nukleare Sprengköpfe nicht installiert. HF: Mobilisierung. Gewaltiger Luftschlag geplant. HT: Kennedy: Was ist in den nächsten 24 Stunden zu tun? McN: Einsatzplan; Konsequenzen bedenken. M: Kennedy wollte Krieg verhindern ... LeMay wollte Kuba ausradieren. HF (ZL): LeMay guckt finster. GA: Telexmaschine; die zwei Chruschtschow-Nachrichten. Berater Thompson rät, Chruschtschow einen Ausweg anzubieten, HF (ZL): Chruschtschow wettert. M: Klug handeln, sonst droht Vernichtung. Eine Rakete geht in Position. (14:35) ZT: Lehrsatz Nr. 2: Vernunft wird uns nicht retten M: Es war nur Glück. Menschen am Bahnhof, Ü aus ZR- und ZL-Aufnahmen. Erst 1992 erfährt M von den Sprengköpfen auf Kuba. HF: Jägerstaffel schießt Jet ab. M (VO): Kennedy sagte, wir haben gewonnen. HF: LeMay bei Flugparade. M: LeMay sagte, ausradieren sollten wir sie, (lacht bitter). HF: Raketenfabrik. HF: Die 100 Megatonnen-Bombe. M (VO): Was wollen wir im 21. Jahrhundert? HF: Feuerball erleuchtet Cockpit. ZT: 1918. HP: McN als Kind, HF: Jubelnde Menge. Wilson und der Krieg, der alle Kriege beendet. HF: Wilson, Grippeepidemie. HF (Fernsehinterview): McN ein arroganter Besserwisser? HF: Ausschreitungen in den 1930ern. M fasziniert vom Philosophieunterricht. (25:05) ZT: Lehrsatz Nr. 3: Es gibt etwas, das über uns steht Logik und Ethik, (Inserts:) Logik- und Ethiklehrbücher, M (VO): Es ging um höhere Werte, Verantwortung. HP: Studentenbilder, das junge Paar. HF: Rüstungsindustrie. HF: Statistiken, IBM-Sortiermaschine. HF: Ange- schossener Bomber, hohe Verlustrate, Piloten hatten Angst. HF: Pilot rettet sich mit Schleudersitz. LeMay greift durch, HF: LeMay rauchend. Altes Radio, Roosevelt mobilisiert gegen Japan. (30:40) ZT: Lehrsatz Nr. 4: Maximiere deine Wirksamkeit HF: B-29-Bomber, die Landebahn in China; LeMay zählt nur die Treffer. HF: Bomben auf Japan - alter Anima- tionsfilm; Bomberstaffeln starten. 100.000 Zivilisten sterben in Tokio. HF: Tokio brennt. M: Ich war Teil eines Mechanismus. Animation: Zahlen als Bomben. HP: Tokio aus der Luft; HF: Bombereinsatz; animiertes Foto. Die Brandbomben. HF: LeMay; Tokio brennt. (39:30) ZT: Lehrsatz Nr. 5: Eine Richtlinie im Krieg sollte Verhältnismäßigkeit sein Sind Brandbomben unmoralisch? Die 67 zerbombten japanischen Städte. Japanische Straßenszene, TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 17

Montage ZR & ZL. Gibt es Kriegsregeln? HF, ZL: LeMay geht durch die Landschaft. M: Wenn wir verloren hät- ten, wären wir jetzt Kriegsverbrecher (schaut 20 Sek. stumm in die Kamera). Dominos auf der Landkarte stürzen um. ZT: 1964. Tonband, Johnson - McN. Dominos fallen. Vietnam, eine schwierige Frage; erst über Ford sprechen. 1945, HF: Produktion bei Ford. (48:45) ZT: Lehrsatz Nr. 6: Hol dir die Fakten Marktforschung. HF: Ford-Werbefilme. Unfallstatistiken. Die Leute verpacken: Fall-Tests, der Sicherheitsgurt. McN wird Präsident von Ford; kurz darauf Verteidigungsminister. ZT: 1963. HT: McN empfiehlt Rückzug aus Vietnam. HF: Umsturz in Vietnam; HF (ZL): Kennedy stumm am Tisch, faltet die Hände. M berichtet, den Trä- nen nahe, wie er Kennedys Grabstätte aussuchte. HF: LBJs Ansprache als neuer Präsident. Tonband, LBJ bedrängt McN: kein Wort von Rückzug. HF: Goldwater im Wahlkampf: Wir führen Krieg. (65:17) ZT: Lehrsatz Nr. 7: Glauben und Sehen sind oft falsch Die Maddox im Golf von Tongking. HF: Torpedo startet, Funkverkehr, Verwirrung; Präsident unter Druck, US- Bombenangriffe, Resolution. HF: Torpedeo rückwärts - der Angriff fand nicht statt. Dominos fallen (ZL, GA). Wir sehen, was wir glauben wollen. HP: Luftaufnahmen. HF: Rolling Thunder. LBJ: Amerika gewinnt seine Krie- ge. Das Missverständnis Kalter Krieg - Unabhängigkeitskrieg. Das Treffen 1995 in Vietnam, HP: Thach, geballte Faust, mit McN am Tisch. (80:20:) ZT: Lehrsatz Nr. 8: Sei bereit, deine Argumente nochmals zu überprüfen Ü aus ZL und ZR: Straßenszene. Amerika sollte keine Alleingänge unternehmen - besser die Sache überden- ken. HF: Nachrichtensprecher, Gefallenenstatistik. HP: Statistiken, Fotos von Toten, rasante Schnitte, düste- re Musik. HF: McN erklärt Kampfhandlungen, fährt im Panzer. Was ist im Krieg moralisch? Beispiel Agent Orange. (85:08) ZT: Lehrsatz Nr. 9: Um Gutes zu tun, kann es notwendig sein, sich auf das Böse einzulassen Quaker Morrisons Selbstmord. Böses kann notwendig sein - aber nur ein Minimum. Krieg ist grausam. HP: Demonstrationen 1967, Marsch auf das Pentagon. HF: Demos, Handkamera. HP: McN als Kriegstreiber gebrandmarkt. (90:00) ZT: Lehrsatz Nr. 10: Sag niemals nie Beantworte nie die Frage, die gestellt wird, sondern die, die du dir wünschst. Vietnam wäre mit Kennedy anders verlaufen. HP: LBJ und McN. McN verlangt Kurswechsel, wird entlassen. HF: Ehrung, McN gerührt. Gefallenenliste (ZL und ZR), Vietnam-Memorial. Dominos richten sich auf (ZL) - was wäre, wenn ...? (99:25) ZT: Lehrsatz Nr. 11: Du kannst die menschliche Natur nicht verändern ZL: M geht, VO: Alle militärischen Führer machen Fehler. HF: Soldaten im Einsatz. Der „Dunst des Kriegs“ - wir begreifen den Krieg nicht. HF (ZL): MG-Schütze, VO: Vernunft hat Grenzen. HF: Bombe mit Aufschrift: Das ist nur der Anfang; Zitat Eliot: Wir kommen zurück und kennen den Platz zum ersten Mal.

(102:10) ZT: Epilog M im Auto, GA: Ms Gesicht. Morris: Warum haben Sie sich nicht gegen den Krieg ausgesprochen? Empfinden Sie Schuld? M: Ich werde nichts mehr sagen. ZT: M leitete 1968 bis 1981 die Weltbank. Bis heute setzt er sich gegen Armut und Krankheit, für wirtschaftliche Entwicklung ein. Abspann. TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 18

Das Treffen bei Castro: Eine Sequenzanalyse

Jeder senkrechte Strich (|) bedeutet einen Schnitt zwischen zwei Einstellungen. Abkürzungen siehe S.16.

Beschreibung (16:10) ZT: 1992 | Flimmernde Fernsehbilder, ZL: Castro am Rednerpult in den 60ern, dazu M (VO): „Erst im Januar 1992 erfuhr ich auf einer Konferenz von ...“ | Foto: M und Castro begrüßen sich 1992 in Havanna, dazu M (VO): „... Castro, dass 162 atomare Raketenköpfe auf der Insel waren“ | M (halbnah, zur Kamera): „Ich ... (5 Sek. stockend) traute meinen Ohren nicht, und Castro wurde wütend, weil ich sagte, beenden wir diese Konferenz, ich muss die Übersetzung missverstanden haben“ | (Horizont leicht gekippt, Kamera fährt weiter heran) „Herr Präsident, ich habe drei Fragen (zählt mit den Fingern): 1. Wussten Sie von den Gefechts- köpfen? 2. Wenn ja, hätten Sie Chruschtschow bei einem amerikanischen Angriff geraten, sie einzusetzen? 3. Wenn er sie eingesetzt hätte, was wäre aus Kuba geworden?“ | 1 Sek. dunkles Bild | M (nah): „Er sagte ‚1. Ich wusste davon, 2. Ich hätte nicht - ich habe es ihm geraten | (schnell) 3. Was aus Kuba geworden wäre? Es wäre komplett zerstört worden’ (Wegwisch-Geste; blickt 5 Sek. stumm in die Kamera; Kamera langsam wie- der senkrecht); (zeigt mit den Fingern:) So nah dran waren wir.“ Morris (Off): „Und das hätte er in Kauf genommen?“ M: „Ja, und (beugt sich vor; Kamera zoomt kontinuierlich näher) er fügte an: | ‚Mr. McNamara, wenn Sie und Präsident Kennedy in einer ähnlichen Lage gewesen wären, hätten Sie dasselbe getan.’ Ich sagte (schüttelt den Kopf): ‚Ich bete zu Gott, dass nicht - den Tempel über unseren Köpfen niederreißen? (GA - Sorgenstirn, Mund geöffnet:) Mein Gott!’“ (17:45)

Analyse Eine erschütternde Erkenntnis, wie nach dem Ritt über den gefrorenen Bodensee: Die CIA, Kennedy und sein Verteidigungsminister ahnten im Oktober 1962 nicht, wie knapp ein Atomkrieg tatsächlich bevorstand. McNamara erlebt sein Entsetzen bei Castros Enthüllung von 1992 im Interview noch einmal nach.

Der souveräne Medienprofi wirkt kontrolliert, aber sehr persönlich. Sprechtempo, Gestik und Ausdrucks- weise lassen seine Emotionen erkennen. Am Höhepunkt verwendet er religiöse Sprache und ein biblisches Bild: Simson im Tempel (Richter 16) - der in einer Art Selbstmord-Anschlag auf die Philister den Tempel ein- reißt.

Obgleich McNamara im Mittelpunkt steht, dominieren filmische Dramaturgie und Gestaltung. Dabei unter- stützt der Film den Erzähler klassisch, aber wirksam. Zwei Originalaufnahmen illustrieren seine Worte wie auf Knopfdruck; das Foto von 1992 erscheint präzise zum gesprochenen Stichwort „Castro“. McNamaras kleine Story präsentiert der Regisseur als Montage aus sieben teils recht kurzen Einstellungen. Durch Schnitte, langsame Fahrt und Zoom strebt die Kamera-Einstellung kontinuierlich von halbnah bis zur Großaufnahme des Gesichts. Das Bild ist ständig unmerklich in Bewegung. Für besondere Spannung sorgt die optische „Dis- sonanz“ des kurzzeitig gekippten Horizonts - so wie die Zukunft der Welt in den schicksalhaften Tagen von 1962 buchstäblich auf der Kippe stand. In dieser kleinen Sequenz verdichtet sich die Absicht des ganzen Films: THE FOG OF WAR setzt uns dem Schock des Wissens aus. TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 19

Krieg und Frieden, oder: Was können wir lernen?

Jeder Mensch macht Fehler. Moderne Massenvernichtungswaffen haben ein Zerstörungspotential, das erst- mals mit einem Schlag die Menschheit auslöschen könnte. Wir müssen daher Fehler vermeiden lernen, bevor es zu spät ist - mit diesem Appell McNamaras beginnt THE FOG OF WAR.

McNamara beruft sich auf seine Erfahrungen aus der Zeit des Kalten Krieges. Seine Einsichten jedoch basie- ren auf grundsätzlichen Gedanken und Überzeugungen. McNamara, der in mehreren Kriegen und Konflikten eine wichtige aktive Rolle gespielt hat, betrachtet Krieg als notwendiges Übel. Seine größte Sorge kleidet er in die Frage: Was wollen wir für das 21. Jahrhundert?

McNamaras Darstellung historischer Fakten sollte, trotz seiner selbstkritischen Offenheit, geprüft und teil- weise ergänzt werden. So erläutert er die Kubakrise, erwähnt aber dabei nicht die amerikanischen Raketen, die 1962 von der Türkei aus bereits auf die UdSSR gerichtet waren. Kennedy zog diese Raketen auf Verlan- gen Chruschtschows ab, um die Krise beizulegen. Eine Lehre daraus müsste lauten: Aggression zeugt Aggressionen. Die Friedensforschung untersucht seit langem, wie dieser Kreislauf der Gewalt zu durchbre- chen ist.

Zu Recht nimmt Robert McNamara die verheerenden Gefahren des nuklearen Overkills ins Visier. Doch wenn die Natur des Menschen unwandelbar bleibt (Lehrsatz Nr. 11), wenn der Rüstungswettlauf eine unaufhaltsa- me Mechanik darstellt, bleibt für das Lernen wenig Raum.

Größere Chancen bietet ein Blick auf Faktoren, die McNamara nicht anspricht. Dazu gehört die unheilvolle Verflechtung von Industrie, Wirtschaft und Krieg. Dazu gehören auch die ideologisch, nationalistisch oder reli- giös geprägten Weltbilder, die Konflikte schaffen oder schüren. Anders formuliert: Menschen sterben nicht nur durch militärische Fehler, sondern auch durch planmäßiges militärisches Vorgehen. Militärische Aktionen wurzeln in ökonomischen und sozialen Realitäten. Bei diesen Konfliktursachen sollte beginnen, was McNama- ra fordert - das Lernen. TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 20

Fragen: q Wie entstehen nach Auffassung von McNamara Kriege? q Sind Kriege vermeidbar? Welche Antwort ergibt sich als Resümee aus THE FOG OF WAR? Welche Ansätze bietet die Friedensforschung?

Nuklearmächte Die fünf offiziellen Atommächte sind die USA (bisher einziger militärischer Einsatz, 1945), Russland (seit 1949), Großbritannien (1952), Frankreich (1960) und China (1964). Hinzu kommt Indien (1974). Diese Staa- ten haben in Tests seit 1945 etwa 2.000 Atombomben gezündet. Weitere Länder gelten als „Schwellen- mächte“ - darunter Argentinien, Brasilien, Israel, Nordkorea, Pakistan und Südafrika. Auch sie besitzen wahr- scheinlich Kernwaffen. Quelle: http: / / archiv.greenpeace.de TEIL 1 Filmanalyse und Materialien zum Film Seite 21

Vietnam - ein amerikanisches Trauma

Der Krieg in Vietnam hat etwa 60.000 amerikanische Soldaten das Leben gekostet - gegenüber 3 Millionen Toten auf vietnamesischer Seite, Soldaten wie Zivilisten. Auf Vietnam wurden, wie McNamara herausstreicht, etwa doppelt so viele Bomben abgeworfen wie auf allen Schauplätzen des Zweiten Weltkriegs zusammen. Diesen Krieg verloren zu haben, versetzte dem amerikanischen Selbstverständnis einen schweren Schlag. Denn Vietnam steht für die bittere Erkenntnis, dass Amerika seine Kriege nicht mehr „automatisch“ gewinnt, wie Johnson noch behauptete.

Die Lehren des Vietnamkriegs haben sich seit 1976 vielfach bestätigt: Überlegene technische Mittel garan- tieren noch keinen militärischen Sieg. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass militärische Siege in der Regel nicht Konflikte lösen, sondern neue schaffen. Woodrow Wilsons Wort vom „Krieg, der alle Kriege beendet“ könnte nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts nur noch zynisch verstanden werden - als totale Vernichtung.

Das Thema Vietnam ist in den USA bis heute sehr präsent. Vietnam bleibt ein fester Bezugspunkt der außen- politischen Debatten. Allerdings haben die Erfahrungen aus dem desaströsen Krieg gegen den Vietcong nichts daran geändert, dass die einzige verbleibende Supermacht an außenpolitischen Brennpunkten immer wieder massiv interveniert - wie die jüngsten Beispiele Afghanistan und Irak zeigen.

Fragen: q In seiner Rede zur Oscar®-Verleihung warnte Errol Morris, der Irak könne zu einem zweiten Vietnam wer- den. Was spricht für diesen Vergleich, was dagegen? q Heutige Militäreinsätze werden mit modernster Computertechnologie unterstützt. Sind damit die Lehren aus Vietnam überholt? TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 22

Fächerbezogene Anknüpfungspunkte des Films auf einen Blick

Errol Morris fordert den Zuschauer mit seinem Dokumentarfilm THE FOG OF WAR heraus, sich sowohl mit dem komplexen Ursachengeflecht von Kriegen und der Frage der individuellen Verantwortung als auch mit den Chancen friedfertiger Konfliktlösungen auseinander zu setzen. Mit der Strukturierung des Films in 11 Lektionen und dem beispielhaften Erzählen in Form des persönlichen Rückblicks des ehemaligen amerika- nischen Verteidigungsministers McNamara, knüpft Regisseur Errol Morris sowohl an die Tradition „lehrhafter Texte“ als auch an den geschichtswissenschaftlichen Ansatz der „Oral History“ an. Das zutiefst pädagogische Anliegen Errol Morris’ in Verbindung mit der künstlerisch anspruchsvollen filmischen Gestaltung eröffnet Schülern/innen eine ungewöhnliche Lernerfahrung. Den Lehrer/innen bietet der Film wegen seines großen Spannungsbogens von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vielfältige Angebote und Anknüpfungspunkte für die unterschiedlichsten Fächer in den Jahr- gangsstufen 10 bis 13.

übergeordneter spezielle Lerninhalte Lernzielbereich

Deutsch

Selbstbestimmter und u Die Gestaltungsmittel, Intention und Wirkästhetik des Dokumentarfilms kritischer Umgang mit am Beispiel von THE FOG OF WAR dem Medium Film u THE FOG OF WAR ein filmischer Essay? und Fähigkeit, dessen Angebote und Möglich- keiten sachgerecht und sinnvoll zu nutzen

Verschiedene Formen u Struktur und Intention von Interviews: Analyse der Interviewsituation des Sprechens und zwischen Morris und McNamara und deren Wirkung auf den Zuschauer Kommunizierens kennen am Beispiel der von Morris neu entwickelten Interviewtechnik (der lernen und selbst sach,- Interrotron, siehe S. 35) situations- und adressaten- u Strategien der Rechtfertigung gerecht anwenden u Analyse der Gesprächshaltung McNamaras aus kommunikationspsycholo- gischer Sicht TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 23

Beschäftigung mit u Parabolische Formen: historische Wurzeln, literarische Beispiele: ein unterschiedlichen literari- Vergleich mit der lehrhaften Absicht von THE FOG OF WAR (Bedeutung schen Formen der Lektionen) u Historische Quellen künstlerisch inszenieren: ein Vergleich zwischen Dokumentartheater und THE FOG OF WAR u Das Thema Krieg in unterschiedlichen literarischen Epochen und Textformen

Auseinandersetzung mit u Kriegsberichterstattung in den Print - Medien und im Fernsehen Sachtexten und ihrer Argumentationsstruktur

Geschichte

Umgang mit unterschied- u Dokumentarfilm als Quelle: Analyse der unterschiedlichen verwendeten lichen Formen histori- Quellen in THE FOG OF WAR scher Quellen und deren jeweils angemessene Auswertungsmethoden

Einsicht in die Bedingtheit u Die subjektive Deutung der historischen Ereignisse durch McNamara im und Begrenztheit mensch- Vergleich mit geschichtswissenschaftlichen Erklärungsansätzen lich-historischer Erfahrun- gen

Beschäftigung mit u Aktuelle politische Ereignisse, z.B. Terrorismus, der Krieg in Afghanistan Zusammenhängen und im Irak vor dem Hintergrund der Geschichte des 20. Jahrhunderts zwischen Vergangenheit u Die Haltung Deutschlands zur Kuba Krise, zum Vietnam- und Irakkrieg und Gegenwart als u Mögliche Zukunftsperspektiven, z.B. die Rolle der UN Voraussetzung für die Mitgestaltung der Zukunft

Begegnung mit Formen u Die geschichtliche Bedeutung von Befragungen/Erzählungen von Zeitzeu- der öffentlichen gen als Erinnerungskultur am Beispiel von McNamara Geschichts- und Erinne- u Der geschichtswissenschaftliche Ansatz „Oral History“ als Vorbild für rungskultur und die Befä- Errol Morris? higung, daran teilzuhaben TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 24

Auseinandersetzung mit u Mögliche Ursachenerklärungen für die Entstehung von Kriegen geschichtstheoretischen und aus der Perspektive des Films im Vergleich zu geschichtswissen- philosophischen Deutungsansätzen schaftlich bedeutsamen Deutungsansätzen

Auseinandersetzung mit der u Der Film thematisiert wesentliche Ereignisse der Geschichte weltpolitischen Dimension der Amerikas im 20. Jahrhundert: Geschichte Amerikas Rolle im 2. Weltkrieg Die Ära Kennedy Die Ära Johnson Der Kalte Krieg Die Kuba-Krise Der Vietnamkrieg

Sozialkunde

Erziehung zu eigenverantwort- u Spannungsverhältnis von in Demokratien gefällten Entscheidun- lichem Handeln, Urteilsfähigkeit gen (Gesetzen) und der Bereitschaft, individuelle Verantwortung und zur Übernahme von Verant- zu übernehmen am Beispiel von McNamara: Legitimation einer wortung in der Gesellschaft auf im nachhinein fragwürdigen Politik („Ich habe versucht dem der Grundlage des Menschen- Präsidenten zu dienen“) oder Notwendigkeit, individuelle Verant- bildes der Demokratie wortung zu übernehmen („Es war falsch, ich habe es verursacht und es tut mir leid“) u Gehorsam oder Befehlsverweigerung am Beispiel der Folter

Fähigkeit, gegenwärtiges u Beispiel Krieg im Irak und die Diskussion in Deutschland um die politisches Geschehen im Bündnistreue gegenüber den USA nationalen wie internationalen u Die Entwicklung der Friedens- und Sicherheitspolitik nach dem 2. Rahmen auf historische Weltkrieg bis heute Entwicklungen zu beziehen u Zukunftschance Weltfrieden u Die Rolle der UNO

Kenntnis des Grundgesetzes u Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen im Umgang mit Krieg u Begriffsklärungen: Verteidigungskrieg, Angriffskrieg, Präventivkrieg

Die prinzipielle Offenheit der u Die politische Lehre aus den elf Lektionen des Films als politi- Zukunft erkennen und Gestal- scher Lösungsansatz für die Bewältigung künftiger Probleme tungsspielräume für die Bewälti- gung aktueller und künftiger Probleme entwickeln TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 25

Erdkunde

Regionalgeografische Kenntnisse u Länderprofile von über die wichtigsten Teilräume Kuba, Vietnam, Japan, USA der Erde und das Zusammenspiel u Kriegerische Auseinandersetzungen unter dem Aspekt des von Naturraum, Wirtschaft, Nord-Südkonflikts Kultur und Politik

Ethik und Religion

Förderung der ethischen/ religiö- u Krieg aus der Perspektive der Moralphilosophie und der sen Haltung / Entscheidungskom- Weltreligionen petenz u Anthropologische Grundlagen: Der Aggressionstrieb als Grundmuster menschlichen Handelns? u Menschliches Handeln in Grenzsituationen und die Psychologie des Krieges - Erklärungsansätze in THE FOG OF WAR u Die Rolle von Werten und Normen für das menschliche Zusammenleben u Die Handlungen McNamaras als Verteidigungsminister - die Erkenntnisse/Moral des 85jährigen u Moralisches Handeln und die elf Lektionen des Films u Die Bedeutung von Toleranz und die Fähigkeit zur Empathie für ein friedfertiges Zusammenleben: Entwicklung von Zukunftsszenarien u Wie Konflikte im Alltag entstehen und wie sie konstruktiv gelöst werden können: beispielhafte Konfliktgespräche führen TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 26

Biologie, Chemie und Physik

Naturwissenschaftliche Kennt- u Die Kernspaltung nisse als Orientierungshilfe in u Kampfstoffe und ihre Wirkung einer hochtechnisierten Welt u Naturwissenschaftliche Forschung und Moral: Die Bedrohung durch einen nuklearen Krieg u McNamara und sein Forschergeist (seine Zeit bei Ford, seine militärische Aufgabe unter LeMay)

Kunst

Erkundung der Medienwelt und u Wie die Bilder laufen lernten Perspektiven des eigenen u Besonderheiten des Genres Dokumentarfilm Umgangs mit Medien entwickeln u THE FOG OF WAR ein künstlerisch wertvoller Dokumentarfilm? und Medien kompetent nutzen

Erkennen, dass das Wahrnehmen u Unterschiedliche Kameraperspektiven und Einstellungsgrößen in der Wirklichkeit subjektiv der Fotografie und im Film und ihre Wirkung auf den Betrachter geprägt ist u Die besondere Technik „Interrotron“ im Interview zwischen Mor- ris und McNamara und ihre Auswirkung auf den erzählenden McNamara und den Zuschauer

Bildnerische Praxis in dem u Bildaufbau, Hell-, Dunkelkontrast, Kamerastandpunkt, Gestaltungsgebiet Film und Video Einstellungsgröße u Video über ein Gespräch mit Zeitzeugen z.B. Eltern und ihre Erinnerungen an die Kuba-Krise und den Vietnamkrieg und deren Wirkung auf die deutsche Gesellschaft TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 27

Methodisch-didaktische Anregungen für die Unterrichtsgestaltung

„Geschichte verstehen - aus der Geschichte lernen“

Die folgenden Anregungen greifen ausgewählte Aspekte des Kapitels „Anknüpfungspunkte für den Unterricht“ heraus. Sie eröffnen die Möglichkeit, THE FOG OF WAR zum Thema von Einzelstunden zu machen oder fächerübergreifend zusammen zu arbeiten und gemeinsam an einem Projekt zu weben, z.B. unter dem Motto „Geschichte verstehen - aus der Geschichte lernen“.

Entsprechend der Intention von THE FOG OF WAR erfolgt die inhaltliche Gliederung des Kapitels in drei Bausteine im Spannungsbogen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. q Geschichte verstehen q Aktuelle Bezüge in der Gegenwart entdecken q Aus der Geschichte lernen

Als innere Strukturierung wird eine Orientierung an den folgenden Lernebenen vorgeschlagen, die im Text durch die entsprechenden Logos wiedergegeben werden.

Wissenschaftliche Spurensuche: Unterschiedliche Meinungen im Dialog: Fachliche Hintergrundinformationen gewinnen Themen/Fragen des Films mündlich und schriftlich diskutieren

Das Medium Film unter der Lupe: Kreative Fähigkeiten in Aktion: Die Gestaltungsmittel, Intention und Wirkung des An den Film handlungsorientiert anknüpfen Films analysieren TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 28 GESCHICHTE VERSTEHEN

Vorbereitung auf den Filmbesuch

Entwicklung einer Ereignislandkarte des 20. Jahrhunderts in Fünfergruppen

Arbeitsaufträge für die Kleingruppen: q Welche geschichtlichen Ereignisse sind aufgrund Ihres Vorwissens für das 20. Jahrhundert von besonderer Bedeutung? q Finden Sie ein Motto oder schreiben Sie einen ganz kurzen Informationstext, der dieses Jahrhundert auf besondere Weise charakterisiert! q Halten Sie Ihre Ergebnisse auf Kärtchen oder gedritteltem DIN A4 Papier fest!

Auswertung im Plenum: q Systematisierung der Gruppenergebnisse auf der vorbereiteten Ereignislandkarte an der Tafel oder auf Paketpapier

Ideenbaustelle Geschichte im Medium Film mit der Methode „Gegenseitiges Interview“

Gegenseitiges Interview Jeweils zwei Schüler/innen bilden ein Interviewteam. Der Arbeitsauftrag für die beiden Schüler/innen besteht darin, jeweils nacheinander zu untenstehenden Fragen ein Interview durchzuführen. So wird der Interviewte der ersten Runde zum Interviewer in der zweiten Runde. Die Aufgabe des Interviewers besteht vor allem darin, nach dem die jeweilige Interviewfrage gestellt wurde, aufmerksam und unterstützend zuzuhören, eventuell das Gehörte kurz zusammenzufassen, und nur wenn nötig, mit offenen Fragen nachzuhaken. Diskussionen sind auf jeden Fall zu vermeiden. Die Auswertung in der Klasse erfolgt, indem die Interviewer vorstellen, was sie von ihrem jeweiligen Interviewpartner erfahren haben. Zu Beginn der Vorstellung der Interviewergebnisse empfiehlt sich eine kurze motivierende Vorstellung des Interviewpartners. Diese Arbeitsweise verfolgt insbesondere auch soziale Lernziele wie die Fähigkeit, sich in andere hin- einzuversetzen, d.h., die Welt durch die Brille des anderen zu sehen. Praktisch geübt wird diese Fähig- keit durch die Kommunikationstechnik des „aktiven Zuhörens“. Das gegenseitige Interview ist zudem eine gute Einstimmung auf THE FOG OF WAR als Zeitzeugen- interview zwischen dem Filmemacher Errol Morris und dem ehemaligen Verteidigungsminister Robert S. McNamara.

Mögliche Interviewfragen für die Schüler/innen: q Welche Filme kennst du, die historische Ereignisse des 20. Jahrhunderts zum Thema haben und wie haben sie dir gefallen? q Stell dir vor, du wärst Filmregisseur! Welches oder welche zentralen Ereignisse des 20. Jahrhunderts würden dich als Filmstoff interessieren? TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 29 GESCHICHTE VERSTEHEN

q Welches Genre würdest du wählen und warum? q Wie würdest du in der Vorbreitung auf den Film als historischem Stoff vorgehen? q Welchen Titel könnte dein Film haben? q Welche Wirkung sollte er auf das Publikum haben? q Stell dir vor, du stehst einem Produzenten gegenüber! Wie könntest du ihn kurz und möglichst überzeugend für deine Filmidee begeistern (in der Filmsprache nennt man das „pitchen“)?

Die Bedeutung des geschichtswissenschaftlichen Ansatzes „ Oral History“ für das Genre Dokumentarfilm

Oral History Ein Ansatz der geschichtlichen Forschung, historische Ereignisse zu verstehen, ist die „Oral History“. Sie sucht unmittelbare und authentische Quellen über das Alltagsleben, in denen der Mensch und damit eine subjektive Welt im Mittelpunkt stehen. So werden Erinnerungsinterviews von Zeitzeugen zu histo- rischen Quellen, die dann ausgewertet werden. Da die Erlebnisse der Zeitzeugen aus der Gegenwarts- perspektive wiedergegeben werden, stark persönlich gefärbt und durch den Interviewer manipulierbar sind, sieht sich dieser Ansatz mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht wissenschaftlich genug zu sein. Aus historischer Perspektive ist deshalb ein Vergleich mit anderen Quellenarten unabdingbar.

Leitfragen: q Welches Anliegen und welche Arbeitsweise liegt der „Oral History“ zugrunde? q Nennen Sie Ihnen bekannte Beispiele für diese Vorgehensweise! Welche Themen eignen sich Ihrer Meinung nach für diese Vorgehensweise? q Welchen Stellenwert würden Sie als Filmemacher/in eines Dokumentarfilms diesem Ansatz einräumen?

Den Filmbesuch inhaltlich vorbereiten durch (eventuell arbeitsteilige) Rechercheaufträge an die Schüler/innen

q Sammeln Sie Informationen, Erklärungsansätze q zum Eintritt Amerikas in den 2. Weltkrieg und das strategische/militärische Vorgehen gegen Deutschland und seine Verbündeten unter Berücksichtigung der Bombardierung Japans q zur Kuba-Krise vor dem Hintergrund des Kalten Krieges zwischen Ost und West q zum Vietnamkrieg unter Berücksichtigung der kontroversen Diskussion in Amerika und Europa q Erstellen Sie Länderprofile von Japan, Kuba, Vietnam und den USA und berücksichtigen Sie dabei das Zusammenspiel von Naturraum, Wirtschaft und Politik! TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 30 GESCHICHTE VERSTEHEN

Zentrale historische Ereignisse im Film

Die geschichtlichen Ereignisse im Film und ihre Deutung direkt nach dem Filmbesuch herausarbeiten mit der Methode Fish-Bowl / Aquarium

Fish-Bowl / Aquarium Nach dem Film wird die Gruppe in mehrere Kleingruppen aufgeteilt, die die jeweils unten stehende Arbeitsaufgaben lösen sollen. Für das anschließende Gespräch im Fish-Bowl / Aquarium wählt jede Klein- gruppe eine/n Gruppenvertreter/in. Bei diesem Gespräch sitzen die Gruppenvertreter/innen in einem inneren Kreis (Aquarium), die anderen sitzen um diese Formation herum. Im Aquarium sind jedoch noch zwei Stühle frei. Das Plenum folgt nun der Diskussion des inneren Kreises. Wenn jemand aus dem Ple- num sich mit einer Frage oder einem Statement einbringen will, setzt er sich auf einen der freien Stüh- le und verlässt ihn dann gleich wieder. So entsteht eine sehr intensive und wahrscheinlich kontroverse Diskussion.

Arbeitsaufträge für die Kleingruppen: q Welche Ereignisse der amerikanischen Geschichte des 20. Jahrhunderts werden in dem Film in besonderer Weise beleuchtet? q Welche Akzente und Deutungen erfahren sie? Vergleichen Sie diese mit Ihren Ergebnissen aus der Recherche? Berücksichtigen Sie in Ihrer Diskussion die drei zentralen Themenkom- plexe „Die Bombardierung Japans durch die Alliierten im 2. Weltkrieg“, „Die Kubakrise und ihre Beendigung“, „Der Vietnamkrieg, sein Verlauf, seine Legitimierung und seine Folgen“.

Das Beispiel „Die Bombardierung Japans“ Morris: „Der 2. Weltkrieg wird einfach als ein Krieg betrachtet. Man glaubte, dass die Alliierten auf der Seite der Guten gekämpft haben, und dass das, was sie in Kriegszeiten getan haben, durch diese Tat- sache gerechtfertigt wird. Was Wenige wissen ist, dass bevor die Vereinigten Staaten die zwei Atom- bomben auf Hiroshima und Nagasaki abwarfen, LeMays B-29 Bomber schon fast eine Million japani- sche Zivilisten getötet hatten... Es war McNamaras Aktennotiz als damaliger Offizier des statistischen Kontrollamts unter General LeMay über die Ineffektivität der bisherigen Bombenangriffe auf Japan, die zur Entscheidung von General Curtis E. LeMay beitrug, flächendeckend Brandbomben einzusetzen“. McNamara: „50 bis 90% der Menschen in 67 japanischen Städten töten und sie mit zwei Atombomben treffen, steht für gewisse Leute in keinem Verhältnis zu den Zielen, die wir zu erreichen trachteten. Ich gebe nicht Truman die Schuld am Abwurf der Atombombe. Der amerikanisch-japanische Krieg war einer der brutalsten in der Geschichte. Kamikaze-Piloten, Selbstmord, unglaublich. Kritisieren kann man, dass vor jener Zeit genauso wie heute die Menschheit noch nicht wirklich kapiert hat, was „Kriegsregeln“ sind. Besagt eine Regel, man dürfe nicht 100 000 Zivilisten in einer Nacht töten? LeMay sagte: „Hätten wir verloren, hätte man uns alle zu Kriegsverbrechern verurteilt.“ Ich glaube, er hatte Recht. Er und wohl auch ich, wir handelten wie Kriegsverbrecher. LeMay war sich bewusst, dass seine Taten als unmora- lisch gelten würden, hätte seine Seite verloren. Aber warum ist es moralisch, wenn man siegt?“

q Kann der Film Ihrer Meinung nach für den Zuschauer dazu beitragen, zentrale Ereignisse des 20. Jahrhunderts zu erforschen und zu verstehen? TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 31 GESCHICHTE VERSTEHEN

Der Film als historische Quelle

Verwendete Quellen im Film kritisch beleuchten (vgl. auch „Zu den Quellen“ auf S. 11)

Historische Quelle Als historische Quellen werden im weitesten Sinn alle Zeugnisse (Überlieferungen), die über geschicht- liche (= vergangene) Abläufe, Zustände, Denk- und Verhaltensweisen informieren, verstanden, d.h. letzt- endlich alles, was in der Vergangenheit von Menschen gedacht, geschrieben oder geformt wurde. Zur „Quelle“ wird dieses Zeugnis erst unter den Händen der Historiker/innen, die daraus Kenntnis über die Vergangenheit gewinnen wollen. Der Begriff kennzeichnet also nicht das Zeugnis an sich, sondern des- sen Funktion für die Geschichtswissenschaft. (vgl. auch den Informationstext „Oral History“) Das Medium Film als möglicher Vermittler von historischem Wissen verbindet zwei ganz unterschiedli- che Aspekte: Es ist Quelle und Material historischer Informationen und Erkenntnisse und gleichzeitig für den Rezipienten ein besonders attraktives und wirksames Medium der Geschichtsschreibung.

q Welche Arten von Quellen verwendet Errol Morris in THE FOG OF WAR? Wie werden sie in den filmischen Ablauf eingefügt? q In welchem Verhältnis stehen sie zueinander? q Welche nicht historischen Quellen/Filmelemente spielen ebenfalls eine Rolle? q Diskutieren Sie die unterschiedlichen Quellen unter dem Aspekt der Authentizität! TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 32 GESCHICHTE VERSTEHEN

Historische Dokumentarfilme - ein Vergleich

Über die Unterschiedlichkeit und Qualität von Dokumentarfilmen zu historischen Themen an ausgewählten Beispielen mit der „+ - ? Methode“ diskutieren

+ - ? Methode

An der Tafel (Pin-Wand) werden folgende 4 Spalten vorbereitet:

Filmbeispiele positiv negativ Fragen

Jeder Schüler entscheidet sich für einen möglichst auch anderen Schülern bekannten histori- schen Dokumentarfilm und notiert den Filmtitel und seine persönliche Beurteilung des Films nach der „ + - ? Methode“ auf die vorbereiteten vier verschiedenen kleinen Zettel (Moderations- kärtchen). Auf jedem Zettel soll immer nur eine Information stehen. Anschließend hängt jeder Schüler seine Zettel in die an der Tafel entsprechend vorbereiteten Spalten.

In der gemeinsamen Diskussion können einzelne Beispiele vertieft oder aus den unterschied- lichen Filmbeispielen und den entsprechenden Beurteilungskriterien übergeordnete Kriterien für „gute“ bzw. „weniger gute“ historische Dokumentarfilme entwickelt werden. Die Einbettung von THE FOG OF WAR in die diskutierten Beurteilungskriterien bildet den Abschluss dieser Einheit. TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 33 GESCHICHTE VERSTEHEN

Selbst als Geschichtsforscher aktiv werden

Zeitzeugeninterviews in Zweier- oder Dreiergruppen vorbereiten, mit der Videokamera durchführen und als historische Quelle auswerten

Leitfragen zur Durchführung von Zeitzeugeninterviews: q Welcher Zeitraum soll im Mittelpunkt stehen und welches spezielle Thema? q Welche Personen sind bereit, über diesen Zeitraum / zu diesem Thema etwas zu erzählen? (z.B. Eltern, Großeltern, Verwandte) q Wann und wo soll das Gespräch stattfinden? q Welches eigene Hintergrundwissen ist für das Interview nötig? q Wer übernimmt im Interviewteam welche Rolle? q Wie kann sich der Interviewer auf das Gespräch mit dem Zeitzeugen vorbereiten? q Welche kommunikativen Fähigkeiten sind dabei besonders wichtig? q Welche filmischen Gestaltungsmittel sollen gewählt werden (z.B. Kameraperspektive, Ein- stellungsgrößen) q Ist eine Bearbeitung des gedrehten Filmmaterials vorgesehen? Sollen zusätzliche histori- sche Quellen eingefügt werden? q Wie soll der Film nach Fertigstellung als historische Quelle ausgewertet werden? TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 34 AKTUELLE BEZÜGE ENTDECKEN

Die Schlüsselfragen im Film

Errol Morris über seinen Film:

„Was ich an THE FOG OF WAR mag, ist, dass der Film den Beweis erbringt, dass man einen Film über tatsächliche Begebenheiten machen kann - Ereignisse, die 40, 50, 60 Jahre zurückliegen - aber doch sehr das Heute betreffen. Viele Aspekte, über die McNamara im Film spricht, sind für das, was heute vor sich geht, von Bedeutung, und es entsteht dieses surreale Gefühl, dass sich nichts geändert hat. Ich vermute, es ist der Eindruck, dass wir nichts aus der Vergangenheit gelernt haben, was den 11. Lehrsatz des Filmes noch bedeutender und ironischer macht.“

Mit der Methode „Spinnennetz“ über die Schlüsselfragen bzw. die thematische Vielfalt des Films und seinen Gegenwartsbezug nachdenken

Spinnennetz Ist es Ziel des Unterrichts, dass alle Schüler/innen zu Wort kommen und selbst bestimmen können, wer der nächste Gesprächspartner ist, kann mit der Methode Spinnennetz ein motivierender Austausch ent- stehen. Dazu sind ein großes Wollknäuel und ein Stuhlkreis nötig. Das Gespräch zu der vorgegebenen Themenstellung entsteht so langsam und ständig sichtbar im Kreis als „Spinnennetz“. Lehrer/innen sind Teil des Kreises. Es beginnt ein/eine Schüler/in mit dem Wollknäuel in der Hand zu den vorgegebenen Fragestellungen persönlich zu antworten. Ist er/sie fertig, wird das Wollknäuel einem/einer möglichst weit entfernt sitzenden Gesprächspartner/in zugeworfen, der/die versucht an das Gehörte anzuknüpfen und es entsprechend seiner/ihrer Sichtweise weiterzuentwickeln. Das „Spinnennetz“ ist fertig, wenn alle im Kreis zu Wort gekommen sind! Am Schluss kann dann „das Gespräch“ symbolisch auf den Boden gelegt oder in der richtigen Reihen- folge wieder aufgelöst werden, indem jeder ein kurzes Feedback zum Gespräch gibt.

Leitfragen: q Welche wichtigen Fragen wirft der Film auf und welche Antworten gibt er? q Welche Bedeutung haben dabei Ihrer Meinung nach die von Morris als Inserts eingeführten 11 Lektionen? q Inwieweit besitzen diese Fragen / Antworten / Lektionen Relevanz für die Gegenwart im 21. Jahrhundert? q Wie könnte eine über den 11 Lektionen stehende 12. Lektion lauten?

Hausaufgabe: q Schreiben Sie einen Essay z.B. für die Schülerzeitung, in dem Sie Ihre Leser motivieren wollen, THE FOG OF WAR im Kino anzusehen! TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 35 AKTUELLE BEZÜGE ENTDECKEN

Die Botschaft des Films

Erarbeitung der „Botschaft“ McNamaras aus kommunikationspsychologischer Sicht in Anlehnung an das Nachrichtenquadrat von Schulz von Thun

Interrotron McNamaras nachdenklicher Rückblick auf wichtige Ereignisse seines Lebens, insbesondere als Offizier des statistischen Kontrollamts und als Verteidigungsminister unter Johnson und Kennedy, findet im Gespräch mit Morris statt. Die Gesprächssequenzen, die wir als Zuschauer sehen, stellen die Auswahl Morris´ aus 20 Stunden Interviewmaterial dar. Morris hat für seine Dokumentarfilme einen einzigartigen Interviewapparat entwickelt, den „Interrotron“. Er besteht aus einem System umgebauter Telepromp- ter, die das Bild auf einen Monitor projizieren, der direkt über der Kamera angebracht ist. Dadurch sehen die Befragten während des Interviews direkt in die Kamera und ermöglichen so dem Publikum und dem Interviewer Augenkontakt. Die Wirkung ist die, dass die Aufmerksamkeit des Interviewten auf einen Punkt konzentriert wird und er genau in die Kamera spricht. „Es besteht ein Unterschied zwischen einer ver- meintlichen Hauptperson und der wahren Hauptperson“, sagt Morris. „So entsteht eine zusätzliche Intensität. Der Interrotron leitet die Geburt des wahren Kinos aus erster Hand ein.“

Leitfragen: Durch die besondere Technik des Interrotrons erschafft Morris eine ganz eigene Kommunika- tionssituation zwischen Interviewer und Interviewten und zwischen Interviewten und dem Zuschauer q Wie haben Sie diese besondere dokumentarische Vorgehensweise von Morris als Zuschau- er/in im Kino erlebt? q Welche Eindrücke hinsichtlich der Körpersprache (Gestik, Mimik, Tonfall) McNamaras sind Ihnen haften geblieben? q Worin besteht Ihrer Meinung nach die persönliche „Botschaft“ McNamaras an den Zuschauer? TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 36 AKTUELLE BEZÜGE ENTDECKEN

Das Nachrichtenquadrat Der Kommunikationspsychologe Friedmann Schulz von Thun hat ein Modell der zwischenmenschlichen Kommunikation entwickelt, das dem Bestreben folgt, der Komplexität verbaler und nonverbaler Äuße- rungen im Wechselspiel von Sender und Empfänger gerecht zu werden. Mit seinem „Nachrichtenqua- drat“ und den damit verbundenen „Vier Seiten einer Nachricht“ macht er deutlich, dass ein und diesel- be Nachricht mehrere Botschaften gleichzeitig enthält, d.h. jeder Sender immer gleichzeitig auf allen vier Seiten sendet.

Die vier Sachinhalt: Seiten einer Worüber ich informiere Nachricht 9 Selbstkundgabe: Appell: Was ich über Wozu ich dich mich selbst tqNachricht veranlassen mitteile möchte e Beziehung: Was ich von dir halte, und wie wir zueinander stehen

Probleme in der Kommunikation und auch Konflikte entstehen nach diesem Modell insbesondere dadurch, dass sowohl der Sender wie der Empfänger die vier Seiten einer Nachricht nicht beherrscht, d.h., dass beide Parteien sich nicht bewusst sind, dass jede Äußerung, egal auf welcher Seite ihr Haupt- akzent liegt, immer vier Seiten beinhaltet. So liegt das Augenmerk des Senders vielleicht auf der Sachseite, weil im Mittelpunkt seiner Wahrnehmung sein Interesse liegt, über einen Sachinhalt zu informieren. Beim Empfänger dieser Nachricht liegt die Spezialisierung vielleicht auf dem Appellohr, d.h., er hört in dem Gesagten nur die Aufforderung.

Leitfragen: q Versuchen Sie McNamaras persönlichen Rückblick hinsichtlich der „vier Seiten einer Nachricht“ kommunikationspsychologisch zu analysieren 1. Sachinhalt: Worüber informiert McNamara den Zuschauer? 2. Selbstkundgabe: Was teilt McNamara dem Zuschauer über sich als Person, seine Werte, Normen, Interessen, aktuelle Befindlichkeit (als bewusste Selbstdarstellung oder Selbstöffnung) mit? 3. Beziehungshinweis: Wie steht McNamara zum Zuschauer, was hält er von ihm, wie definiert er diese Beziehung? 4. Appell: Wie versucht McNamara, auf den Zuschauer Einfluss zu nehmen? Was wünscht/erwartet er vom Zuschauer? q Wie würden Sie aufgrund dieses Hintergrundwissens McNamara, eine der bedeutendsten Persönlichkeiten unserer Zeitgeschichte, charakterisieren? q Wenden Sie das „Nachrichtenquadrat“ auf den Filmemacher Errol Morris an! Berücksichtigen Sie dabei die Bedeutung der 11 Lektionen (vgl. Filmheft S. 7) und des gewählten Filmtitels. q Schreiben Sie eine Kurzgeschichte mit dem Titel THE FOG OF WAR! Lassen Sie sich dabei von Ihren Einsichten über die „Botschaften“ McNamaras und Morris’ als Figurenvorlage inspirieren! TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 37 AKTUELLE BEZÜGE ENTDECKEN

Die Strategie des Rechtfertigens auf dem Prüfstand

Auseinandersetzung mit der Frage der individuellen Verantwortung mit der Methode „Stummer, schriftlicher Dialog“

Informationstext: Im Zusammenhang mit der Verantwortung McNamaras für den Vietnamkrieg steht folgende Gesprächs- sequenz und Morris’ persönlicher Kommentar zum Film: Morris: „In welchem Maß fühlten Sie sich als Urheber oder Werkzeug von Dingen, die nicht Sie kontrollierten?“ McNamara: „Keines von beidem, denke ich. Ich dachte nur, ich stehe im Dienst eines Präsidenten, den das amerikanische Volk gewählt hatte. Meine Aufgabe war es zu versuchen, ihm zu helfen, sein Amt auszuüben, sowie er glaubte, es diene dem Interesse des Volkes. Was ist moralisch angemessen in Kriegszeiten?“ Morris: „Es besteht kein Zweifel daran, dass McNamara jetzt der Meinung ist, dass der Krieg falsch war. Aber ich wollte seine wahren Gefühle kennen lernen. Es besteht ein großer Unterschied zwischen der Aussage „Eine Politik ist falsch“ oder „Es ist falsch, ich habe es verursacht und es tut mir leid.“ Diese Feinheiten - diese Fragen der individuellen Verantwortung - bilden das Kernstück des Films.“

Stummer, schriftlicher Dialog: Auf einer Tafel oder auf einem Packpapier findet ein schriftlicher Dialog zwischen den Schüler/innen statt. Stellungnahmen, Gefühle, Meinungen, Assoziationen haben hier Raum. Es kann/soll in Form des eigenen Kommentars auf bereits Geschriebenes eingegangen werden. Diese Vorgehensweise ist bei Themen, die starke Betroffenheit auslösen, besonders geeignet.

Leitfrage: q Beziehen Sie Stellung zu der im Informationstext aufgeworfenen Frage der individuellen Ver- antwortung (z.B. als Kommentar zu McNamara, persönliche moralische Überzeugung, Kom- mentar zur Aktualität des Themas im 21. Jahrhundert, kleines Gedicht, Gedankenspiel)!

Abschließende Diskussion: q Diskutieren Sie an historischen und aktuellen Beispielen, wie Kriege gerechtfertigt wurden und werden? Gehen Sie dabei u.a. auf die Begriffe „Angriffskrieg“, „Verteidigungskrieg“ und „Präventivkrieg“ und ihre Auslegung in der UN Charta ein! q Welche pro und contra Argumente bestimmten die Diskussion um die Rechtfertigung des Irak-Krieges? q Diskutieren Sie die berühmte Aussage von Clausewitz in seiner Vorrede zum Buch „Vom Kriege“: „Es muss noch der ebenfalls praktisch notwendige Gesichtspunkt ausdrücklich und genau festgestellt werden, dass der Krieg nichts ist als die fortgesetzte Staatspolitik mit anderen Mitteln.“ q Gibt es aus Ihrer Sicht überzeugende Gründe, die einen Krieg rechtfertigen? q Das eigene Handeln zu rechtfertigen ist auch eine beliebte Kommunikationsstrategie im All- tag. Nennen Sie persönliche Beispiele! TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 38 AUS DER GESCHICHTE LERNEN

Den Film weiterdenken

Einen aktuellen politischen Konflikt des 21. Jahrhunderts in der Klasse im Rollenspiel darstellen

Rollenspiel: „Ich höre und vergesse, ich sehe und erinnere mich, ich tue und verstehe.“ (Chinesisches Sprichwort) Sich in andere Menschen hineinzuversetzen, in ihre „Rolle“ zu schlüpfen stellt eine Fähigkeit dar, die in Konflikten eine besondere „Rolle“ spielt. Diese Einsicht formuliert THE FOG OF WAR in seinem ersten Lehrsatz: „Versetze dich in deinen Feind!“ In der Konfliktforschung und in der Psychologie wird diese Fähigkeit mit dem Begriff „Empathie“ (Einfühlungsvermögen) beschrieben. Jean Paul fasst diese Kom- petenz sogar in einen erkenntnistheoretischen Rahmen: „Um zur Wahrheit zu gelangen, sollte jeder die Meinung seines Gegners zu verteidigen versuchen.“ Das Rollenspiel eröffnet den Schüler/innen die Möglichkeit, sich anhand eines vorgegebenen Konflik- tes in augenscheinlich fremde Rollen von Konfliktparteien handelnd hineinzuversetzen. Das Rollenspiel ist ein ideales Training für vertiefte Einsichten in die Dynamik von Konflikten und für die Entwicklung von Kriterien für soziales Handeln. Die Auswertung des Rollenspiels bietet die Chance, neue Wege, die zur Lösung von Konflikten beitra- gen können zu entdecken und Spielszenen zu erproben.

Demokratie gestalten

„Wie Konflikte konstruktiv gelöst werden können - gemeinsam auf dem Weg zu einer friedfertigeren Gesellschaft“ mit der Methode Zukunftswerkstatt

Zukunftswerkstatt „Die Zukunft geht uns alle an“. So beginnen Robert Jungk und Norbert R. Müller das erste Kapitel in ihrem Buch „Zukunftswerkstätten“. Ziel ihrer Werkstattarbeit ist es, Menschen zu ermutigen, sich ihrer Phantasie zu bedienen und selbst Lösungen für Probleme zu entwickeln, die sie betreffen - aus Betrof- fenen Experten in eigener Sache zu machen. Die Idee für die spezifische Arbeitsweise in Zukunfts- werkstätten umschreibt Jungk einmal mit der Feststellung des bekannten Nationalökonomen Fritz Machlup: Die größte Erfindung ist „die Erfindung, wie man erfindet.“ Die menschliche Kreativität und die Fähigkeit, Probleme zu lösen oder sich Neues auszudenken für den Bereich des gesellschaftlichen Zusammenlebens fruchtbar zu machen, bilden den Kern der Arbeits- und Vorgehensweise der Zukunftswerkstatt. TEIL 2 Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Seite 39 AUS DER GESCHICHTE LERNEN

Die fünf Schritte einer Zukunftswerkstatt

Vorbereitungsphase: Ankündigung des Themas „Wie Konflikte konstruktiv gelöst werden können - gemein- sam auf dem Weg zu einer friedfertigeren Gesellschaft“, des „Werkstattortes“, des zur Verfügung stehenden Zeitrahmens und Einführung in die Arbeitsweise „Zukunftswerkstatt“, Vor- bereitung der Arbeitsmaterialien (Packpapier, Filzstifte, Klebeband, Wachsmalstifte).

Kritikphase (gemeinsam mit allen Schülern/innen) - Die Ursachen/Hintergründe von privaten und gesellschaftlichen Konflikten: Arbeitsfrage und Arbeitsschritte Welche Gewohnheiten, Mechanismen, Strukturen tragen dazu bei, dass private und politische Konflikte häufig im Streit bzw. im „Krieg der Parteien“ enden? q Sammeln von Gründen/Ursachen im Brainstorming q Systematisierung der gefundenen Kritikpunkte nach wichtigen Problembereichen

Fantasiephase (arbeitsteilig in Gruppen): Arbeitsschritte: q Die Gruppen entscheiden, mit welchen gefundenen Problembereichen sie sich phantasievoll und lösungsorientiert auseinandersetzen wollen q Sie finden eine für sie sinnvolle Vorgehensweise, wie sie ihren oder ihre Problembereiche bearbeiten und präsentieren wollen, z.B. als Fantasiethemenkreise oder als utopischen Entwurf Regeln für die Fantasiephase: q Für uns spielt die Wirklichkeit jetzt keine Rolle. q Uns ist im Denken alles erlaubt, alles geht und ist möglich. q Wir können und sollen ohne Einschränkungen wünschen, spinnen, träumen.

Verwirklichungs- und Praxisphase (gemeinsam mit allen Schüler/innen): Arbeitsschritte: q Kritische Prüfung der Lösungen nach Durchsetzungsmöglichkeit q Umsetzung der ausgewählten Lösungen in praktische Schritte

Nachbereitungsphase: q z.B. Schriftliche Dokumentation, Werkstattbericht q Vorschläge für die Weiterarbeit TEIL 3 Materialien Seite 40

Historischer Abriss: Der Krieg in Vietnam

Die „französische Phase“

1945 Ho Chi Minh ruft nach Abzug der japanischen Besatzer eine Demokratische Republik Vietnam aus 1946 ff. Frankreich versucht seinen kolonialen Einfluss militärisch zu sichern 1954 endgültige französische Niederlage in der Schlacht bei Dien Bien Phu

Die „amerikanische Phase“

1954 USA unterstützen Südvietnam als antikommunistischen Vorposten 1956 Senator John F. Kennedy erklärt Solidarität mit Vietnam als „Eckpfeiler der freien Welt“ in Südostasien 1963 die Zahl der US-Militärberater in Vietnam ist auf 16.000 gestiegen Oktober: Präsident Kennedy kündigt Truppenabzug bis Ende 1965 an November: Staatsstreich in Südvietnam, Präsident Ngo Dinh Diem wird ermordet November: Kennedy wird ermordet, Lyndon B. Johnson wird Präsident 1964 angeblicher nordvietnamesischer Angriff auf US-Schiffe; amerikanische Bombardements als Vergeltung 1965 die USA beginnen, Nordvietnam systematisch zu bombardieren 1966 die US-Truppen in Vietnam werden drastisch verstärkt 1967 McNamara wird als Verteidigungsminister abgelöst 1968 Januar: nordvietnamesische Großoffensive (Tet-Offensive) im Süden weltweit wächst die Kritik an der Vietnampolitik der USA Mai: Beginn der Friedensverhandlungen in Paris 1969 Richard Nixon wird Präsident; sein Sonderbeauftrager Henry Kissinger nimmt Geheimverhandlungen auf, um den Rückzug der US-Truppen vorzubereiten 1973 das Waffenstillstandsabkommen sieht vollständigen Abzug der US-Truppen vor

Die „Bürgerkriegsphase“

1973 ff. Norden und Süden operieren weiter militärisch gegeneinander 1975 der südvietnamesische Präsident Nguyen Van Thieu tritt im April zurück; kommunistische Truppen besetzen Saigon; dramatische Evakuierung 1976 Wiedervereinigung als Sozialistische Republik Vietnam TEIL 3 Materialien Seite 41

Historische Fakten und Personen

Agent Orange: Schädlingsbekämpfungsmittel, das die US-Streitkräfte in Vietnam einsetzten, um Pflanzen zu vernichten, Bäume zu entlauben und dem Feind die Deckung zu rauben. Der Einsatz von Agent Orange wurde von McNamara und den Oberbefehlshabern befürwortet und 1961 von Präsident Kennedy genehmigt. Zwischen 1961 und 1971 versprühten C-123-Flugzeuge in Südvietnam mehr als 19 Millionen Galeonen Agent Orange und ähnliche Mittel. Nach dem Vietnamkrieg wurde klar, dass Agent Orange Krebs und Missbil- dungen bei Neugeborenen, bei Tausenden von Zivilisten und Militärangehörigen verursachte.

Weitere Informationen: William A. Buckingham Jr., Operation Ranch Hand: The Air Force and Herbicides in South-East Asia, 1961-1971.

Armistice Day (Waffenstillstandstag): Die weltweiten Feiern vom 11. November 1918 markierten das Ende des Ersten Weltkriegs, des bis dahin verheerendsten Krieges der Geschichte. Präsident Woodrow Wil- son und viele Amerikaner glaubten, sie hätten durch den Sieg alle künftigen Kriege verhindert. McNamara erinnert sich, als 2-Jähriger diese Feierlichkeiten miterlebt zu haben.

Weitere Informationen: John Milton Cooper, Breaking the Heart of the World.

Atombomben: Zwischen 1939 und 1945 wurden mehr als 2 Billionen Dollar in das geheime „Manhattan Project“ zum Bau einer Atombombe gesteckt. Am 6. August 1945 wurde eine Uraniumbombe mit dem Namen „Little Boy“ auf Hiroshima abgeworfen, die sofort 80.000 Menschen das Leben kostete. Drei Tage später tötete die Plutoniumbombe „Fat Man“ in Nagasaki auf der Stelle 58.000 Menschen.

Weitere Informationen: Richard Rhodes, The Making of the Atomic Bomb.

B-29 Superfortress: Im Herbst 1943 wurde McNamara von London nach Kansas geschickt, um die Kon- struktion der ersten B-29-Flugzeuge zu beschleunigen. Der schwere Langstreckenbomber, der im Herbst 1944 seinen Dienst aufnahm, war die vielseitigste Maschine, die je konstruiert wurde. Die B-29 konnte auf einer Flughöhe von mehr als 30.000 Fuß mit einer Reichweite von 6.000 Meilen fliegen. Sie wurde für die verheerenden Brandbombenangriffe und für den Abwurf der beiden Atombomben auf Japan eingesetzt.

Weitere Informationen: Curtis E. LeMay und Bill Yenne, Superfortress: The B-29 and American Air Power, http:/ /www.nasm.si.edu/esearch/arch/archives.html. TEIL 3 Materialien Seite 42

Brandbombenangriffe (auf Japan): Während der ersten drei Jahre des Zweiten Weltkrieges führte die US- Luftwaffe ihre Präzisionsbombenangriffe auf Deutschland und Japan bei Tag und aus großer Höhe aus. Wegen der starken Winde und Wolken über Japan begann die Luftwaffe in der Nacht des 10. März 1945 in Tokio ihren Feldzug nächtlicher Brandbombenangriffe im Tiefflug. In dieser einzigen Brandnacht haben 334 B-29-Bomber fast 100.000 Zivilisten den Tod gebracht. In den folgenden fünf Monaten planten die Vereinig- ten Staaten, 66 weitere japanische Städte mit Brandbomben zu überziehen, und verursachten so den Tod von fast einer Million japanischer Zivilisten; 1,3 Millionen Menschen wurden verletzt, fast ein Viertel der japa- nischen Bevölkerung musste ihre zerstörten Häuser aufgeben. McNamara war zu dieser Zeit bei der statisti- schen Kontrollabteilung und Oberstleutnant der 20. US-Luftwaffendivision, die sowohl für die Brandbomben- angriffe als auch für den Abwurf der Atombomben auf Japan verantwortlich war. Seine Aktennotiz über die Wirkungslosigkeit der konventionellen Bombenangriffe trugen zu General LeMays Entscheidung bei, mit Brandbomben anzugreifen.

Weitere Informationen: The Rise of American Air Power: The Creation of Armageddon, von Michael S. Sherry.

Bundy, McGeorge: Sicherheitsberater der Präsidenten Kennedy und Johnson, 1961-1966.

Castro, Fidel: kubanischer Staatschef, seit 1959.

Chruschtschow, Nikita: Staatsoberhaupt der Sowjetunion 1953-1964, Widersacher der Vereinigten Staa- ten in der Kuba-Krise im Oktober 1962.

Clifford, Clark: Außenpolitischer Berater von Präsident Johnson, 1965-1967; löste 1968 McNamara als Verteidigungsminister ab.

(Große) Depression: Der katastrophale, weltweite wirtschaftliche Zusammenbruch der 30er Jahre. Zum Höhepunkt der Depression waren 25 % der amerikanischen Arbeitskräfte (13 Millionen Menschen) arbeitslos. Die große Depression, die durch den Börsenkrach 1929 eingeleitet wurde, endete erst 1942 mit dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg. Im Studium von 1933 bis 1937 in Berkeley wählte McNa- mara, wie viele andere auch, Betriebswirtschaft als Hauptfach - eine Reaktion auf die verheerenden wirt- schaftlichen Zustände während der Großen Depression.

Weitere Informationen: The Great Depression: America 1929-1941, von Robert McElvaine, http:/ /www.fdrlibrary.marist.edu.

Diem (Ngo Dinh Diem): Staatsoberhaupt von Südvietnam, 1954-1963; bei dem Staatsstreich im Novem- ber 1963 ermordet. TEIL 3 Materialien Seite 43

Diem-Mord: Am 1. November 1963 wurden der südvietnamesische Präsident Ngo Dinh Diem und sein Bru- der während eines von der Kennedy-Regierung eingefädelten und unterstützten Militärstreichs ermordet. Danach hatte Südvietnam bis zum Ende des Vietnamkrieges keine beständige Regierung mehr. Diese Instabi- lität führte zu einer Verstärkung der militärischen Kräfte der USA in Vietnam, die alle nachfolgenden südviet- namesischen Regierungen im Kampf gegen die nordvietnamesischen Aufstände unterstützen sollten.

Weitere Informationen: Howard Jones, Death of a Generation: How the Assassination of Diem and JFK prolonged the .

Domino-Theorie: Die Vorstellung, dass, sobald ein Land kommunistisch wird, seine Nachbarländer folgen werden. Diese Theorie wurde 1945 zuerst von Präsident Dwight Eisenhower vertreten und von den folgen- den Regierungen dazu verwendet, den Krieg in Vietnam zu rechtfertigen. Viele Historiker und auch Robert S. McNamara sind heute jedoch der Ansicht, dass Asien auch ohne Amerikas Intervention in Vietnam nicht den Kommunisten in die Hände gefallen und die Sicherheit des Westens nicht gefährdet gewesen wäre.

Weitere Informationen: Robert Mann, A Grand Delusion: America’s Descent into Vietnam, http:/ /www.eisenhower.utexas.edu/.

Ford, Henry (II): Präsident der Ford Motor Company, 1945-1969.

Giap (Vo Nguyen Giap): Vier-Sterne-General der nordvietnamesischen Armee während des Vietnamkriegs und ehemaliger Verteidigungsminister; er bestätigte McNamara 1995, dass der zweite Angriff am Golf von Tongking nie stattfand.

Goldwater, Barry: Senator in Arizona und Lyndon B. Johnsons republikanischer Gegenkandidat bei den Prä- sidentschaftswahlen 1964.

Golf von Tongking: Am 2. August 1964 wurde der amerikanische Zerstörer Maddox von nordvietnamesi- schen Patrouillenbooten angegriffen. Am 4. August berichteten die Zerstörer Maddox und Turner Joy von erneuten Angriffen nordvietnamesischer Patrouillenboote. Am Ende dieses Tages befahl Präsident Johnson als Vergeltung die ersten Luftangriffe auf Nordvietnam. Am 7. August verabschiedete der Kongress die Golf- von-Tongking-Resolution, die den Präsidenten autorisierte, das Land in den Krieg zu führen. Fast unmittelbar nach dem 4. August tauchten Zweifel an dem Angriff auf. Während eines Treffens zwischen Robert McNamara und dem ehemaligen vietnamesischen General Vo Nguyen Giap 1995 wurde definitiv bestätigt, dass der Angriff am 4. August nie stattgefunden hat.

Weitere Informationen: Edwin Moise, Tonkin Gulf and the escalation of the Vietnam War, http:/ /www.history.navy.mil/. TEIL 3 Materialien Seite 44

Ho Chi Minh: Geboren 1890, Gründer und Präsident der Demokratischen Republik Vietnam (Nordvietnam). Er gründete in den frühen 30er Jahren die indochinesische kommunistische Partei. 1941 bildete er eine Alli- anz, die unter dem Namen Viet-Minh gegen die französische Besatzung von Vietnam kämpfte. Nach dem Sieg über die Franzosen in der Schlacht von Dien Bien Phu wurde Vietnam entlang des 17. Breitengrads in Nord- und Südvietnam geteilt. Ho Chi Minh sah es als seine Aufgabe an, Vietnam unter einer kommunisti- schen Regierung wieder zu vereinen. Nachdem er jahrelang Aufstände in Südvietnam unterstützt hatte, schickte er 1964 reguläre Einheiten der Demokratischen Republik Vietnam nach Südvietnam. Die Vereinigten Staaten reagierten darauf mit „Rolling Thunder“, groß angelegten Bombenangriffen auf Nordvietnam im März 1965, und erhöhten ihre Truppenstärke in Vietnam bis zum Sommer 1965 um ein Vielfaches. Die erste große Schlacht zwischen US- und DRV-Truppen fand im November 1965 in Ia Drang statt. Ho Chi Minh gab seinen Kampf für ein vereintes Vietnam und gegen die Vereinigten Staaten bis zu seinem Tod 1969 nicht auf. 1975 wurde Vietnam endlich vereinigt und die südvietnamesische Hauptstadt Saigon wurde in Ho Chi Minh City umbenannt.

Weitere Informationen: William Duiker, Ho Chi Minh: A Life

Johnson, Lyndon B.: 36. Präsident der Vereinigten Staaten, 1963-1969; forcierte die militärische Einmi- schung der USA in Vietnam.

Kennedy, John F.: 35. Präsident der Vereinigten Staaten, 1961-1963.

Kennedy, Robert F.: Justizminister, 1961-1964; als demokratischer Senator des Staates New York von 1965-1968 zunehmend Kritiker der Beteiligung der Vereinigten Staaten am Vietnam-Konflikt.

Kennedy-Mord: Präsident John F. Kennedy wurde am 22. November 1963 in Dallas, Texas, ermordet. Nach ihm wurde der bisherige Vizepräsident Lyndon B. Johnson der 36. Präsident der Vereinigten Staaten. Kenne- dys Plan, alle Militärberater aus Vietnam abzuziehen, verwarf Johnson sofort. Nur vier Tage nach seiner Amts- übernahme bestätigte er in einer Aktennotiz die amerikanische Verpflichtung gegenüber Südvietnam.

Weitere Informationen: Robert Dallek, An Unfinished Life: John F. Kennedy 1917-1963, http:/ /www.cs.umb.edu/jfklibrary/.

Kennedys präsidiale Aufzeichnungen: Im Sommer 1962 installierte John F. Kennedy ein verstecktes Auf- zeichnungsgerät im Kabinettsraum des Weißen Hauses. Bis zu seinem Tod hat Kennedy etwa 250 Stunden Besprechungen und 12 Stunden Telefongespräche mitgeschnitten. Die denkwürdigsten Aufzeichnungen stammen aus der Zeit der Kuba-Krise im Oktober 1962; sie liefern intime Details über die Arbeitsweise der Regierung der Vereinigten Staaten in Krisenzeiten.

Weitere Informationen: Philip Zelikow und Ernest May (Hgg.), The Presidential Recordings of John F. Kennedy, Volumes 1-3, The Great Crisis, http:/ /www.cs.umb.edu/jfklibrary/. TEIL 3 Materialien Seite 45

Kuba-Krise: Höhepunkt und zugleich Wendepunkt des Kalten Krieges. So nah standen die Vereinigten Staa- ten und die Sowjetunion noch nie vor einem Nuklearkrieg. Nachdem US-Aufklärer die von der Sowjetunion heimlich in Kuba installierten Nuklearraketen entdeckt hatten, verhängten die USA am 16. Oktober 1962 auf Empfehlung McNamaras eine Seeblockade über Kuba. Man bereitete Luftangriffe und eine Invasion vor. Am 28. Oktober verkündete der sowjetische Premier Nikita Chruschtschow, er werde die Raketen aus Kuba abziehen und beendete so die Krise. Erst 1992 erfuhr Robert S. McNamara von Fidel Castro, dass 1962 bereits nukleare Sprengköpfe auf Kuba installiert waren - und dass sie im Falle einer US-Invasion gegen die Truppen und das amerikanische Festland eingesetzt worden wären.

Weitere Informationen: Laurence Chang und Peter Kornbluh (Hgg.), The , 1962, http:/ /www.gwu.edu/ ~nsarchiv/.

LeMay, Curtis E.: 1906 in Columbus, Ohio geboren, trat LeMay 1928 dem US-Luftwaffencorps bei. 1942 kommandierte er bereits 305 Bombardementtruppen der 8. Luftwaffendivision in London. Als Oberbefehlsha- ber einer der ersten Divisionen, die Deutschland bombardierten, erhielt LeMay große Anerkennung für seine neuartigen Trainingsmaßnahmen und die Entwicklung neuer Bombardierungstechniken. 1944 ging er nach China, um das Kommando der 20. Bomberdivision zu übernehmen, die begann, Ziele in Japan anzugreifen. Im Januar 1945 löste er Haywood Hansell als Kommandant der 21. Bomberdivision ab - ein umfangreicheres Kommando über B-29-Bomber, das auf den Marianen-Inseln stationiert war. Von hier aus plante und komman- dierte er die verheerenden Brandbombenangriffe auf Japan. Im März 1945 entwarf LeMay eine neue Taktik nächtlicher Tiefflug-Angriffe mit Brandbomben, die 67 japanische Städte zerstörten und fast eine Million japa- nischer Zivilisten das Leben kostete. LeMays Kommando war im August 1945 auch für den Abwurf der bei- den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki verantwortlich. 1948 übernahm LeMay den Posten des stra- tegischen Luftoberbefehlshabers, das Kommando der nationalen strategischen Nuklearverteidigung. Präsi- dent Kennedy ernannte ihn 1961 zum Stabschef der Luftwaffe. In dieser Position geriet er wiederholt in Stra- tegie-, Waffen- und Budgetfragen mit Minister McNamara aneinander. 1965 verabschiedete sich LeMay in den Ruhestand, ging jedoch 1968 mit Gouverneur George Wallace als Vizepräsident ins Rennen um die Präsi- dentschaft. George Wallace verlor die Wahl, und LeMay zog sich ins Privatleben zurück.

Weitere Informationen: Thomas M. Coffey, Iron Eagle: The Turbulent Life of General Curtis LeMay.

Lyndon B. Johnsons Telefongespräche: Zwischen dem 22. November 1962 und Januar 1969 hat Präsi- dent Lyndon B. Johnson heimlich Telefongespräche zwischen dem Oval Office und seiner Ranch in Texas mit- geschnitten. Die ersten Aufnahmen wurden 1993 veröffentlicht, in Verbindung mit der Herausgabe der Akten zur Ermordung John F. Kennedys. Die Aufzeichnungen der letzten drei Jahre sind noch unveröffentlicht.

Weitere Informationen: Michael Beschloss (Hrsg.), Taking Charge: The Johnson White House Tapes, 1963- 1964 sowie Reaching for Glory: Lyndon Johnson’s Secret White House Tapes, 1964-1965, http:/ /www.lbjlib.utexas.edu/. TEIL 3 Materialien Seite 46

Marsch auf das Pentagon: Am 21. Oktober 1967 fanden sich 50.000 Menschen in Washington zur bis dahin größten Demonstration gegen den Vietnamkrieg zusammen. 20.000 von ihnen marschierten weiter, mit dem Ziel, das Pentagon handlungsunfähig zu machen. McNamara, verantwortlich für die Verteidigung des Pentagons, konnte die Demonstranten am Eindringen ins Pentagon hindern.

Weitere Informationen: Norman Mailer, Armies of the Night: History as a Novel, the Novel as History.

Marianen-Inseln: Südpazifische Inselgruppe, die die Vereinigten Staaten im Sommer 1944 von den Japa- nern eroberten. Die 20. US-Luftwaffendivision benutzte die Inseln Guam, Saipan und Tinian als Stützpunkt für die Luftangriffe auf Japan.

Morrison, Norman: Ein Quäker, der sich aus Protest gegen den Vietnamkrieg am 2. November 1965 vor McNamaras Büro im Pentagon verbrannte.

Weitere Informationen: Paul Hendrickson, Living and the Dead: Robert McNamara and Five Lives of a Lost War.

Napalm: Hoch entflammbare geleeartige Benzinsubstanz, 1942 von dem Chemiker Louis Fieser entwickelt. Die US-Luftwaffe verwendete Napalm erstmals 1945, um 67 japanische Städte zu bombardieren. Später kam Napalm auch während der Kriege in Korea und vor allem in Vietnam zum Einsatz.

Weitere Informationen: Kenneth Werrell, Blankets of Fire: U.S. Bombers over Japan during World War II.

Präsidentschaftswahlen 1960: Senator John F. Kennedy gewann vor Vizepräsident Richard Nixon die Wah- len und wurde der 35. Präsident der Vereinigten Staaten. Obwohl Kennedy in der Abstimmung der Wahlmän- ner mit 303 zu 219 deutlich vorne lag, erhielt er bei den öffentlichen Wahlen nur 118.000 Stimmen mehr als Nixon.

Präsidentschaftswahlen 1964: Präsident Johnsons Gegner war der ultra-konservative republikanische Senator Barry Goldwater. Goldwaters öffentliche Forderung, in Vietnam Nuklearwaffen einzusetzen, bescher- te Johnson 65 % der Stimmen - der höchste Sieg, den jemals ein amerikanischer Präsident errungen hat.

Rolling Thunder: Name für die anhaltenden Luftangriffe der US-Luftwaffe ab März 1965 auf Nordvietnam. Zwischen 1965 und 1968 fielen im Rahmen von „Rolling Thunder“ mehr als 1,5 Millionen Tonnen Bomben auf Nordvietnam: McNamara und die Johnson-Regierung wollten Ho Chi Minh und die nordvietnamesische Füh- rung zwingen, ihre Unterstützung der Vietcong-Aufstände in Südvietnam aufzugeben und einer Einigung zuzu- stimmen - was jedoch trotz der verheerenden Schäden und der hohen Anzahl an Opfern, die „Rolling Thun- der“ verursachte, misslang.

Weitere Informationen: David Kaiser, American Tragedy: Kennedy, Johnson and the Origins of the Vietnam War, http:/ /www.vietnam.ttu.edu/. TEIL 3 Materialien Seite 47

Roosevelt, Franklin D.: 32. Präsident der Vereinigten Staaten, 1933-1945.

Rusk, Dean: Außenminister während der Regierungen Kennedy und Johnson, 1961-1969.

Schweinebucht: Bucht an der Südküste Kubas, span. Bahia de (los) Cochinos. Hier landete am 17. April 1961 eine Gruppe von über 1.000 in den Vereinigten Staaten ausgebildeten Exilkubanern. Sie sollten Kuba infiltrieren und einen Aufstand anzetteln, der den Sturz Fidel Castros zum Ziel hatte. Binnen 24 Stunden wurde diese Invasion von der kubanischen Armee niedergeschlagen. Lange Jahre warfen die Angehörigen gefallener und gefangener Exil-Kubaner den US-Geheimdiensten und Militärs mangelnde Unterstützung und Falschinformation vor. Alle zivilen und militärischen Berater von Präsident Kennedy - mit Ausnahme des Kon- gressabgeordneten Richard Fulbright - hatten dieser Invasion zugestimmt. Für Präsident Kennedy, der eine Unterstützung aus der Luft verweigert hatte, wurde die Mission sowohl militärisch als auch politisch ein tota- ler Misserfolg.

Weitere Informationen: James Blight und Peter Kornbluh, Politics of Illusion: The Bay of Pigs Invasion Reexa- mined, http:/ /www.gwu.edu/ ~nsarchiv/.

Statistische Kontrollabteilung: Unterabteilung der US-Luftwaffe, gegründet 1942. Ihre Mitarbeiter wurden auf der Harvard Business School ausgebildet und dann den einzelnen Luftwaffenkommandos zugeteilt, wo sie standardisierte Abläufe anwenden sollten, die dann statistisch ausgewertet und analysiert wurden. Die Behörde diente der Organisation von Truppen- und Materialbewegungen sowie Flugzeugeinsätzen und dem Gewinnen von statistischen Daten über Bombenangriffe. Diese Daten wurden von den Befehlshabern der Luftwaffe als wesentlicher Bestandteil der Planung und der Messung der Effektivität von Einsätzen genutzt. Robert S. McNamara war eines der Gründungsmitglieder der Statistischen Kontroll-Fakultät in Harvard.

Taylor, Maxwell D.: Militärischer Berater von Präsident Kennedy, 1961-1962, Vorsitzender der Vereinigung der Generalstabsoffiziere, 1962-1964, US-Botschafter in Südvietnam,1964-1965, Vietnam-Berater von Prä- sident Johnson, 1965-1968.

Thach (Nguyen Co Thach): Nordvietnamesischer Außenministeriums-Mitarbeiter während des Vietnamkrie- ges. Leiter der vietnamesischen Delegation während der Konferenz in Hanoi 1997 mit amerikanischen Ent- scheidungsträgern des Vietnamkrieges.

Thompson, Llewellyn: Führender Sowjetunion-Spezialist der USA, Berater der Regierungen Kennedy und Johnson während der Kuba-Krise und des Vietnamkrieges.

Truman, Harry S.: 33. Präsident der Vereinigten Staaten, 1945-1953; gab 1945 den Befehl zum Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. TEIL 3 Materialien Seite 48

Verteidigungsminister: Das Amt des Verteidigungsminsters wurde 1947 nach dem Zweiten Weltkrieg neu geschaffen, um die Militärabteilungen unter zivile Aufsicht zu stellen. Robert S. McNamara wurde am 20. Januar 1961 der 8. Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten. Er übte sein Amt unter zwei Präsidenten aus, Kennedy und Johnson, bevor er am 29. Februar 1968 zurücktrat.

Weitere Informationen: James Roherty, Decisions of Robert S. McNamara: A Study of the Role of the Secre- tary of Defense http:/ /www.defenselink.mil/.

Vietcong: Umgangssprachliche Bezeichnung für die von Nordvietnam unterstützten Rebellen in Südvietnam (offiziell „Nationale Befreiungsfront“).

Westmoreland, William C.: Befehlshaber des U.S. Militär-Unterstützungskommandos in Vietnam, 1964- 1968, Oberkommandierender der US-Streitkräfte, 1968-1972, Leiter der US-Bodentruppen während der Eskalation des Vietnamkrieges.

Wheeler, Earl G. „Bus“: Vorsitzender der Vereinigung der Generalstabsoffiziere, 1964-1970, beaufsichtig- te als militärische Führungsperson in Washington die Maßnahmen im Vietnamkrieg.

Wilson, Woodrow: 28. Präsident der Vereinigten Staaten, 1913-1921; nach dem Ersten Weltkrieg misslang sein Versuch, eine Liga der Nationen zu bilden, durch die er alle weiteren Kriege verhindern wollte. Fog of War Seite 49

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Zum Weiterlesen und Weiterschauen

Filmliteratur FAULSTICH, Werner, Grundkurs Filmanalyse. Fink / UTB Taschenbuch, 2002. - 224 S., 93 Abb., kart. ! 16,90. [Geeignet als kurzer, strukturierter Einstieg.]

KANZOG, Klaus, Einführung in die Filmphilologie. diskurs film Bibliothek, 2. Aufl. 1997. - 247 S., kart. ! 23,50. [Umfassender Überblick zur Theorie und Praxis einer philologisch orientierten Filmwissenschaft.]

LEXIKON DES INTERNATIONALEN FILMS: Kino, Fernsehen, Video & DVD. Hrsg.: Katholisches Institut für Medieninformation / Katholische Filmkommission für Deutschland / Vorwort v. Thomas Koebner. 1. Aufl. Frankfurt/Main: Zweitausendeins, 2002. - 4.891 S., geb. ! 99,00. [Sehr materialreich; inklusive 12 Monate Zugriff auf die Online-Daten.]

MONACO, James, Film verstehen: Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Medien; mit einer Einführung in Multimedia. Reinbek: Rowohlt, 2001. - 704 S., kart. ! 15,90. [Gut struktu- riertes Standardwerk, mit vielen Beispielen und anschaulichen Bildern.]

MONACO, James, Film und Neue Medien: Lexikon der Fachbegriffe / Deutsch von Hans-Michael Bock. 2. Aufl. Reinbek: Rowohlt, 2003. - 189 S., kart. ! 8,50. [Nützlich zum Nachschlagen.]

SCHADT, Thomas, Das Gefühl des Augenblicks: zur Dramaturgie des Dokumentarfilms. Bastei Luebbe, 2002. - 318 S., pb. ! 14,90.

VINEYARD, Jeremy, Crashkurs Filmauflösung: Kameratechniken und Bildsprache des Kinos / illustriert von Jose Cruz, aus dem Englischen von Krischan Schulte. 2. Aufl. Frankfurt/Main: Zweitausendeins, 2001. - 128 S., 210 Abb., pb. ! 17,90. [Sehr anschaulich - die wichtigsten Filmtechniken und ihre Wirkung.]

Weitere Sachbücher Kluge, Alexander, Die Lücke, die der Teufel läßt: Im Umfeld des neuen Jahrhunderts. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2004. ! 29,90. [Zum Thema „Vernunft wird uns nicht retten“ - beispielhaft die anschauliche, bedrückende Analyse der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl.]

McNamara, Robert S. und VanDeMark, Brian, Vietnam: das Trauma einer Weltmacht. Hamburg, 1996. [Selbstkritische Memoiren, zurzeit vergriffen. Engl.: „In Retrospect: The Tragedy and Lessons of Vietnam“, 1995.] Fog of War Seite 51

Woodward, Bob, Der Angriff. DVA, angekündigt für 2004. ! 24,90. [Engl.: Plan of Attack, 2004. - W., der 1972 den Watergate-Skandal aufdeckte, belegt durch umfangreiche Interviews: Der Irakkrieg war Tage nach dem 11. 09. 2001 beschlossene Sache.]

Filme zum Thema Krieg und Krise Thirteen Days. Regie: Roger Donaldson. USA, 2000, 145 Min. Darsteller: Kevin Costner u.a. [Die Kubakrise als Thriller; Leitfaden: Kennedys Besonnenheit verhindert Katastrophe.]

O.K. Regie: Michael Verhoeven. Deutschland 1970, sw, 80 Min. Darsteller: Gustl Bayrhammer, Eva Matthes u.a. [Über brutalisierte Soldaten in Vietnam, nach einer wahren Geschichte; der Film wurde sofort zum Skan- dal und kam erst 2001 ins deutsche Fernsehen.]

Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben. Regie: Stanley Kubrick. England 1963, sw, 95 Min. Darsteller: Peter Sellers u.a. [Über die Weltvernichtungsmaschine, und warum sie ausgelöst wurde - die unerreicht makabre Persiflage des Kalten Krieges.]

Links http:/ /errolmorris.com Die Site des Regisseurs - informativ und nicht ohne Humor. http:/ /www.choices.edu/fogofwar Das Choices-Programm (Watson Institute for International Studies / Brown University) bietet Material zum Film; unter http:/ /www.watsoninstitute.org/ finden sich weitere einschlägige Projekte zur amerikanischen Geschichte und Politik. http:/ /cmp1.ucr.edu/exhibitions/nagasaki/exploratorium.html Historische Bilder von Nagasaki, Tage nach dem Abwurf der Atombombe (Ausstellung des California Museum of Photography). http:/ /www.defenselink.mil/pubs/pentagon/ Site des US-Verteidigungsministeriums zum Pentagon; mit Zugriff auf eine Informations-Datenbank. http:/ /www.fogofwarmovie.com Die offizielle Site von THE FOG OF WAR, enthält eine Liste nützlicher Links zu historischen Themen und Per- sönlichkeiten. http:/ /www.uni-karlsruhe.de/ ~afk/ Seiten des AFK (Filmstudio an der Universität Karlsruhe e.V.), geben einen guten Überblick über das Genre Dokumentarfilm.