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Frau & Politik Magazin der Frauen Union der CDU Deutschlands

Ausgabe 4/2018 · 64. Jahrgang G2977

Sicherheit 2 inhalt

Auf den Punkt gebracht 2

Schwerpunkt Sicherheit Kampf gegen Alltagskriminalität 5 Kinder im Internet besser schützen 7 Mehr Frauen braucht die Polizei 8

Frau im Gespräch Die Ernte einfahren Anja Karliczek 10

Frau & Info 11

Textilbündnis am ersten Tag im Plenum des Deutschen Bundestages Transparenz im Textilsektor 12 nach der parlamentarischen Sommerpause hat Bundes­ tagspräsident Wolfgang Schäuble kluge Worte zu den ­Gewalttaten und Demonstrationen der vergangenen Frau vor Ort ­Wochen gefunden. Das Gewaltmonopol des Staates und Mitreden. die Durchsetzung des Rechts sind nicht relativierbar. Der Schlagabtausch in der Generaldebatte über den Wo drückt frau der Schuh? 13 Haushalt hatte nach den Ereignissen in Chemnitz und ­Köthen eine neue Qualität. Bundeskanzlerin Angela CDU- Grundsatzprogramm ­Merkel betonte, dass es keine Entschuldigung und Be­ gründung für Hetze, Gewalt, Naziparolen und für Angriffe Brauchen wir eine allgemeine auf Polizisten geben dürfe. Wer gegen die Menschen­ Dienstpflicht? 14 würde verstoße, der lege die Axt an die Wurzeln unseres Zusammenlebens. Mit der AfD ist wieder eine Partei im ver­ Impressum 11 treten, der zu Recht vorgeworfen wird, die Grenzen zum Rechtsextremismus nicht mehr klar zu ziehen. Die Rheto­ rik und das Gedankengut Einzelner knüpfen immer stär­ ker an längst überwunden geglaubte Zeiten an. AfD-Mit­ glieder, die bislang beteuert haben, dass sie lediglich eine konservativere Politik einfordern, müssen sich nach den gemeinsamen Demonstrationen in Chemnitz mit Rechts­ extremen und Rechtsradikalen fragen lassen, ob sie noch auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Deutliche Ansagen sind notwendig, auch mit Wir­ kung in unsere eigene Partei. Vereinzelte Aussagen zu Muslimen in der CDU waren falsch, unvereinbar mit un­ serem Grundsatzprogramm und entwerten den Einsatz aller Muslime, die sich in der CDU engagieren. Viele Menschen sind zutiefst verunsichert: Die ­Finanzkrise, islamistischer Terrorismus, die Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge in kurzer Zeit und das Erstarken rechts-nationaler Bewegungen in vielen Ländern beunru­ higen. Ich habe Verständnis für Menschen, die vor zu vie­ len und schnellen Veränderungen in ihrer Lebens- und Erfahrungswelt zurückschrecken. Dennoch: Der gesell­ schaftliche Wandel ist ein steter Prozess. Wir müssen­ für ein gutes und tolerantes Miteinander werben und Titelfoto: rcfotostock/Adobe.Stock.com ­arbeiten. auf den punkt gebracht 3

Diese Debatten haben die ersten Schritte zur Umset­ Impressionen der Zuhör-Tour bei der Frauen Union zung des Koalitionsvertrages leider etwas in den Hinter­ mit der CDU Generalsekretärin Annegret Kramp-Karren­ grund rücken lassen. Dabei gibt es erhebliche positive bauer finden Sie auf der Rückseite unseres Magazins. Wir Wirkungen für Frauen. Die neuesten Zahlen der Deut­ hatten eine lebhafte Diskussion über die Fragen, die uns schen Rentenversicherung zur Entwicklung der Rente von Frauen besonders bewegen. Die Mitglieder der Frauen Frauen sind ein echter Erfolg. Die höhere Mütterente und Union hatten so unmittelbar die Möglichkeit, ihre Anre­ mehr Erwerbsbeteiligung haben für einen deutlichen An­ gungen und Themen mit in die Entwicklung des neuen stieg bei den Renten von Frauen gesorgt. Die durch­ Grundsatzprogramms der CDU einzubringen. schnittlichen Bezüge von Frauen in Deutschland, die neu Es ist mir ein zentrales Anliegen, den CDU-Grund­ in Rente gehen, sind in den vergangenen vier Jahren um satzprogrammprozess als Frauen Union mitzugestalten. ein Drittel gestiegen. Betrug die durchschnittliche Ein­ Deshalb werden wir Sie dazu auch künftig in der Frau & stiegsrente 2013 noch rund 546 Euro, lag sie im Jahr 2017 Politik auf dem Laufenden halten. bei rund 716 Euro. Die Ausweitung der Mütterrente war Unseren Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern der immer ein Anliegen der Frauen Union. Mit dem im Bun­ CDU Hessen und unserer Schwesterpartei in Bayern deskabinett bereits beschlossenen Rentenpaket wird die ­wünsche ich viel Erfolg! Mütterrente weiter ausgebaut. Bei allen Erziehenden von vor 1992 geborenen Kindern sollen 6 Monate (0,5 Entgelt­ punkte) mehr angerechnet werden. Damit wird die ren­ tenrechtliche Anerkennung der Erziehungsleistung der Mütter und Väter, deren Kinder vor 1992 geboren worden sind, weiter verbessert. Das trägt dazu bei, die eigenstän­ dige Alterssicherung von Frauen zu stärken. Die Frage nach einer Stärkung des Gemeinsinns Annette Widmann-Mauz MdB durch einen Dienst an der Gemeinschaft – ob freiwillig Vorsitzende der Frauen Union der CDU Deutschlands oder verpflichtend – bewegt viele Menschen in der CDU. Bei der Zuhör-Tour im Rahmen des Prozesses um ein ­neues CDU-Grundsatzprogramm kam das Thema oft zur Sprache. Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat daher Anfang August das Thema aufgegriffen und da­ mit weit über die Partei hinaus eine Debatte angestoßen. Es gibt zahlreiche Vorschläge zu Dienstpflicht, Wehr­ pflicht, Freiwilligendiensten oder mehr bürgerschaftlichem Engagement. Aus der Diskussion in der Partei sollen Leit­ fragen für die Entwicklung eines neuen CDU-Grundsatz­ programms gemacht werden. Unsere stellvertretenden FU-Vorsitzenden Hedi Thelen und Ingrid Petzold haben dazu in dieser Ausgabe die Pro und Contra-Argumenta­ tion zu einer allgemeinen Dienstpflicht übernommen. 4 sicherheit Foto: wellphoto/adobe.Stock.com

Starker Staat

„Sicherheit“ bedeutet nach einer Begriffsdefinition des Dudens: Zustand des ­Sicherseins, Geschütztseins vor Gefahr oder Schaden; höchstmögliches Freisein von Gefährdungen. Eine freie Gesellschaft braucht einen handlungsfähigen und starken Staat, um diese Herausforderung zu meistern.

Wie stärken Bund und Länder die Justiz? Wie kann Alltagskriminalität stärker ­bekämpft werden? Was wird für eine bessere Ausstattung der Polizei getan? Der stellv. Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dr. gibt Antworten.

Wie stärken wir den Kinderschutz in den digitalen Medien gerade im Bereich der Kinderpornografie? Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann hat konkrete Vorschläge.

Wie können mehr Frauen für den Polizeidienst begeistert werden? Wie sind die Arbeitsbedingungen von Frauen bei der Polizei? Welchen Vorteil hat es, wenn Männer und Frauen bei der Polizei sind? Die Frauenbeauftragte der Deutschen Polizeigewerkschaft, Polizeihauptkommissarin Sabine Schumann wirbt für den Polizeidienst. sicherheit 5 Foto: privat Sicherheit ist nicht allein Terrorabwehr und Extremis­ musbekämpfung. Es geht auch um das Gefühl, sich überall in der Öffentlichkeit bewegen zu können und sich in seiner Wohnung oder seinem Haus sicher zu wissen.

Kampf gegen Alltags- kriminalität

Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt. Die auch mit neuen Befugnissen ausstatten und Gesetze dort Zahl der verübten Straftaten ist im vergangenen Jahr auf verschärfen, wo es notwendig ist. den niedrigsten Wert seit 1992 gefallen, und wir in der Die Opposition hat in jedem einzelnen unserer Ge­ Union wollen alles dafür tun, dass diese Entwicklung sich setze stets nur einen Anschlag auf die Freiheitsrechte er­ auch in Zukunft fortsetzt. kennen wollen. Sie hat im Bundestag deshalb gegen jedes In der Sicherheitspolitik gibt es stets neue Bedrohun­ einzelne Gesetz gestimmt, oftmals getragen von einem gen, auf die es Antworten zu finden gilt. Gegenwärtig erkennbaren Misstrauen gegenüber unseren Sicherheits­ zählt dazu insbesondere der islamistische Terrorismus, behörden, von dem sich unsere Haltung klar unterschei­ bei dessen Bekämpfung wir uns auf ein langes Ringen ein­ det. Wir sind der Überzeugung, dass die Polizei Anspruch stellen müssen. Aber auch vom Links- und Rechtsextre­ auf unsere Solidarität hat, gerade dann, wenn es ernst mismus, das zeigen die Geschehnisse beim G-20 Gipfel in wird. Wir in der Union wissen, dass sie jeden Tag den Kopf Hamburg und jetzt in Chemnitz, gehen erhebliche Gefah­ für uns hinhält. Ihr gebührt kein Misstrauen, sondern ren für die innere Sicherheit aus. Wir können es unter kei­ Dank, Anerkennung und Respekt! Und ich freue mich des­ nen Umständen dulden, dass Extremisten den öffentli­ halb sehr, dass es uns im vergangenen Jahr gelungen ist, chen Raum besetzen oder dass versucht wird, das Gesetz den strafrechtlichen Schutz für unsere Polizei und Ein­ selbst in die Hand zu nehmen. Dafür gibt es in unserem satzkräfte zu verbessern. Rechtsstaat keinen Platz. Wir müssen hier mit allen Mit­ Sicherheit ist aber nicht allein Terrorabwehr und Ext­ teln bereits den Anfängen ganz entschieden wehren. remismusbekämpfung. Es geht auch um das Gefühl, sich Auf die Herausforderungen im Bereich der inneren überall in der Öffentlichkeit bewegen zu können und sich Sicherheit haben und werden wir auch in Zukunft mit ei­ in seiner Wohnung oder seinem Haus sicher zu wissen. nem Dreiklang antworten: Es geht erstens um einen deut­ Nicht minder wichtig ist deshalb der Kampf gegen das, lichen Personalaufwuchs. Bereits in der letzten Legislatur­ was oft beschönigend „Alltagskriminalität“ genannt wird. periode wurden fast 10.000 neue Stellen bei der Bundes­ Wir werden uns nicht damit abfinden, dass sich Men­ polizei, dem Bundeskriminalamt und den weiteren Sicher­ schen in ihrem Alltag einschränken, weil sie Sorge haben, heitsbehörden des Bundes beschlossen. Diesen Personal­ zu bestimmten Uhrzeiten oder an bestimmten Orten Op­ aufwuchs setzen wir fort. Bis 2021 sollen im Bund weitere fer von Übergriffen zu werden. Dabei setzen wir auch auf 7 500 Stellen geschaffen werden, einen ersten Schritt da­ einen verstärkten Einsatz der intelligenten Videotechnik zu haben wir mit dem Bundeshaushalt 2018 getan. Zwei­ mit Gesichtserkennung, wie wir sie derzeit in Berlin am tens haben und werden wir verstärkt in die Ausstattung Bahnhof Südkreuz erproben. Sicherlich: Videotechnik ist unserer Sicherheitsbehörden investieren und sie drittens kein Allheilmittel. Gleichwohl kann sie in einer Vielzahl 6 sicherheit Foto: AA+W/adobe.Stock.com

von Fällen einen sehr wichtigen Beitrag zur Vorbeugung se im Umgang mit dem Internet wie außerhalb des Inter­ und Aufklärung von Straftaten leisten, denn kein Straftä­ nets erhalten. Es darf bei der Verbrechensbekämpfung ter ist scharf auf scharfe Bilder seiner Tat. Die Ausweitung doch keinen Unterschied machen, ob ein Straftäter telefo­ der Videotechnik wird in allen Umfragen auch von der Be­ niert, sich einer klassischen SMS bedient oder aber Whats­ völkerung nachhaltig unterstützt. App nutzt! In Zusammenhang mit der sogenannten „Alltagskri­ Von besonderer Bedeutung wird sein, dass wir in die­ minalität“ muss uns auch zu denken geben, dass in ser Wahlperiode auch die Justiz deutlich stärken. Im Koa­ Deutschland alle dreieinhalb Minuten in eine Wohnung litionsvertrag hat die Union deshalb als großes Gemein­ eingebrochen wird. Es geht beim Thema Wohnungsein­ schaftsprojekt von Bund und Ländern den „Pakt für den bruch nicht „nur“ um den materiellen Schaden. Für viele Rechtsstaat“ verankert, der auf vier Säulen ruht: Mehr Opfer ist ein Einbruch in die Intimsphäre der Wohnung Personal – wir wollen 2000 zusätzliche Stellen für Richter eine traumatische Erfahrung. CDU und CSU haben des­ und Staatsanwälte sowie weitere Stellen für das sie unter­ halb die Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls stützende Personal schaffen; eine bessere Ausstattung – ins Zentrum ihrer Arbeit gerückt. Von besonderer Bedeu­ hier geht es insbesondere um die Digitalisierung der Ver­ tung ist dabei die Prävention. Fast die Hälfte der Ein­ fahrensabläufe in der Justiz; eine Stärkung des Opfer­ bruchsversuche wird abgebrochen, wenn Schutzvorkeh­ schutzes und ein besserer gesetzlicher Rahmen, mit dem rungen vorhanden sind. Aus diesem Grund haben wir ein wir die Gerichtsverfahren beschleunigen und Schluss ma­ staatliches Förderprogramm für einbruchshemmende chen mit Kettenbewährungen. Deshalb wollen wir klar­ Baumaßnahmen ins Leben gerufen und die Mittel in die­ stellen, dass keine Bewährung mehr verhängt werden sem Jahr auf 65 Millionen Euro pro Jahr deutlich erhöht. darf, wenn eine Straftat während einer laufenden Bewäh­ Unsere Fraktion war es auch, die der SPD abringen konn­ rung begangen wurde. te, den Wohnungseinbruch härter zu bestrafen. Die Sum­ Ich bin sehr zuversichtlich, dass es uns mit diesen me der Maßnahmen zeigt inzwischen erste Erfolge: Die Maßnahmen in dieser Wahlperiode gelingen wird, das Kriminalstatistik wies im Mai erstmals einen deutlichen Profil der Union in der Innen- und Rechtspolitik zu stärken Rückgang der Wohnungseinbrüche aus, und zwar um fast und die Sicherheit der Menschen in unserem Land weiter 25 Prozent. zu verbessern. Die Innen- und Rechtspolitiker der Bundes­ Dieser Rückgang ist uns Ansporn. Wir wollen die Er­ tagsfraktion hoffen dabei auf Ihre Unterstützung! mittlungsbefugnisse der Polizei auch in Zusammenhang mit dem Wohnungseinbruchdiebstahl weiter ausdehnen und konnten im Koalitionsvertrag endlich dafür sorgen, Dr. Stephan Harbarth MdB ist stellvertretender dass unsere Sicherheitsbehörden gleichwertige Befugnis­ Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sicherheit 7

Kinder im Internet besser schützen

Foto: Sabrina Feige Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann fordert eine Kinderschutz-Clearing-Stelle.

Kinderrechte, Kindeswohl und der Schutz von Kindern Dabei wächst das Problem stetig. Seit Jahren ver­ sind wichtige politische Anliegen, die in der praktischen zeichnen die Staatsanwaltschaften steigende Fallzahlen, Umsetzung eine große Herausforderung darstellen. Denn immer jünger werdende Opfer und ein immer gewalttäti­ so dicht das Netz schützender und fürsorgender Rege­ geres Vorgehen der Täter. Auch wenn in den letzten Jah­ lungen auch sein mag, die eigentliche Aufgabe ist es, das ren insbesondere durch die hessische Zentralstelle zur tägliche behördliche und gerichtliche Zusammenwirken Bekämpfung von Internetkriminalität (ZIT) in guter Zu­ so auszugestalten, dass ein wirksamer staatlicher Schutz­ sammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt (BKA) teils schild zum Schutz der Kinder entstehen kann. Ausgangs­ spektakuläre Ermittlungserfolge erreicht wurden, ist nach punkt unserer Bemühungen ist das grundlegende Recht wie vor davon auszugehen, dass das Dunkelfeld gerade im von Kindern, frei von Gewalt jeder Art aufzuwachsen. Di­ Bereich der Kinderpornografie besonders hoch ist. Oft­ es gilt in der Familie ebenso wie in Institutionen. Bereits mals beruhen die Ermittlungserfolge in Deutschland auf im Jahr 2012 hat Hessen deshalb einen ressortübergrei­ Erkenntnissen, die in anderen Ländern gewonnen wurden. fenden Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugend­ Auch die Annahme, dass kinderpornografisches Material lichen in Institutionen verabschiedet, der seitdem konti­ vor allem außerhalb Deutschlands hergestellt und vertrie­ nuierlich fortentwickelt wird. In der Umsetzung bedeutet ben wird, ist schlicht falsch. Deutschland ist ein großer dies ein vernetztes Zusammenwirken aller beteiligten Markt und es gibt auch hier Menschen, die skrupellos kin­ ­Institutionen und Aufsichtsbehörden, in deren Umsetzung derpornografisches Material herstellen und in Umlauf Verhaltens- und Verfahrensstandards geschaffen, die Aus- bringen, wie die aktuellen Erkenntnisse deutlich machen. und Fortbildung gestärkt und Beratungs- und Hilfsange­ Wir müssen deshalb auch die Konsumenten von kin­ bote für Missbrauchsopfer verbessert wurden. derpornografischem Material in den Fokus nehmen. Der Neben diesen praktischen Erwägungen standen in den Strafrahmen bei Eigenbesitzverschaffung von kinderpor­ letzten Jahren immer wieder auch rechtspolitische Themen nografischem Material muss von derzeit drei Jahren auf auf der Tagesordnung. Erwähnt sei zum Beispiel die Anhe­ fünf Jahre erhöht werden. Denn es kann nicht sein, dass bung des Mindestalters für Eheschließungen von 16 auf 18 der einfache Ladendiebstahl mit einem höheren Strafrah­ Jahre, welches Hessen im Rahmen der Diskussion um das men belegt ist, als das sich Verschaffen von teilweise tau­ Verbot von Kinderehen ausdrücklich einforderte. senden kinderpornografischen Dateien. In einem Bereich ist Deutschland aber nach wie vor Kinder, die sich in Chatforen oder in sozialen Netz­ legislatives Entwicklungsland: Seit Jahren debattieren wir werken bewegen, sind einer erheblichen Gefahr ausge­ die richtigen Rezepte im Kampf gegen Kinderpornografie setzt, Opfer sexueller Übergriffe zu werden. Das gilt auch im Internet und seit Jahren muss man dazu viel Überzeu­ für solche Foren, die sich speziell an Kinder richten. Die gungsarbeit für kleine Erfolge leisten. Gefährdungen bestehen darin, dass ältere Personen, zu­ 8 sicherheit Foto: Africa Studio/adobe.Stock.com

meist Erwachsene, sich als Kinder oder Jugendliche aus­ Ermittlungsverfahren genutzt. Kinderpornografisch iden­ geben. Sie versuchen, das Vertrauen von Kindern zu er­ tifizierte Bilder erhalten sog. Hashwerte, also eine eigene schleichen und diese durch List und Überredung oder Foto-DNA. Tauchen bei einem Verdächtigen große Da­ Drohungen zu veranlassen, sexuelle Handlungen vorzu­ tenmengen auf, kann man so mit Hilfe der Technik sehr nehmen oder sich unbekleidet zu zeigen. schnell feststellen, ob kinderpornografische Dateien dar­ Diese Handlungen sind oft sehr schwer zu ermitteln. unter sind. Für Opfer hingegen ist es sehr schwierig und Denn aus Scham oder Angst offenbaren sich die Kinder ggf. strafbar selbst danach zu suchen, ob Bilder von sich häufig nicht den Eltern. Eine wirksame Verfolgung des oder den eigenen Kindern im Darknet vorhanden sind. Ei­ ­sogenannten „Cybergrooming“ mittels Initiativermittlun­ ne deutsche Kinderschutz-Clearing-Stelle könnte dieses gen durch die Strafverfolgungsbehörden ist nur dann Problem lösen. Besorgte Eltern oder auch Opfer könnten möglich, wenn eine Strafbarkeit des untauglichen Ver­ sich an diese Stelle wenden und so zumindest in Erfah­ suchs geschaffen wird. Ermittlern muss also gestattet rung bringen, ob Bilder von sich im Umlauf sind. Für die werden, sich als Kinder oder Jugendliche auszugeben und Ermittlungsbehörden wäre dies nicht nur machbar, son­ so faktisch auf Internetstreife durch die entsprechenden dern auch hilfreich. Denn oft kann über das Opfer auch Foren zu gehen und entsprechende „Anmachen“ auch der Täter identifiziert werden. verfolgen zu können. Sicherlich ist dies nur ein kleiner Ausschnitt notwen­ Letztlich schlage ich die Schaffung einer Kinderschutz- diger rechtspolitischer Maßnahmen. Er zeigt aber sehr Clearing-Stelle vor. Internetdienstanbieter in Deutschland deutlich, dass es eines gesellschaftlichen Zeichens gegen sollten, wie auch in anderen Ländern, dazu verpflichtet Kinderpornografie im Internet bedarf. Aktionspläne zum werden, Zufallsfunde oder Hinweise von Nutzern auf Schutz von Kindern und Kinderrechte in Verfassungen ­kinderpornografisches Material an eine Kinderschutz- sind wichtig und richtig. Wir dürfen dabei aber auch die Clearing-Stelle zu übergeben und danach die Inhalte zu praktische Umsetzung nicht vergessen. Dazu gehört, un­ löschen. Allein aus den USA erhalten die deutschen Be­ seren Behörden die Werkzeuge in die Hand zu geben, hörden auf diese Weise über 30 000 Hinweise jährlich. Kinderrechte, Kindeswohl und den Schutz von Kindern Dies umfasst einen großen Teil der einschlägigen Verfah­ wirksam in der Praxis umzusetzen. Was uns in der realen ren in Deutschland. Auch für die Opfer wäre es eine un­ Welt bisher sehr gut gelungen ist, sollten wir auch in der komplizierte Möglichkeit, diese Inhalte löschen zu lassen. virtuellen Welt umsetzen. Der Kampf gegen Kinderporno­ Darüber hinaus könnte die Kinderschutz-Clearing-Stelle grafie im Internet ist deshalb auch ein Einsatz für Kinder­ weitere Aufgaben übernehmen. Denn bei den Sicherheits­ rechte, den wir voller Engagement und Leidenschaft füh­ behörden sind enorme Datenbestände mit kinderporno­ ren sollten. grafischem Inhalt von früheren Ermittlungsverfahren vor­ handen. Diese Bestände werden regelmäßig zur Identifi­ Eva Kühne-Hörmann MdL zierung kinderpornografischer Dateien im Rahmen von ist hessische Justizministerin sicherheit 9 Foto: privat

Polizei ist keine Hexerei: Frauen lösen die Herausforderungen nicht besser – aber anders!

Mehr Frauen braucht die Polizei!

Auch den Frauen stehen seit Jahrzehnten alle Funktionen ­Bestandteil des Anforderungsprofils von Führungskräften in der Polizei offen. Uniformiert sind sie längst im täg­ zählt, ist das Wissen leider kaum vorhanden. Pläne für lichen Dienst angekommen, sie beherrschen schwierigste Frauenförderung daher hehre Ziele, Planwirtschaft wie Einsatzsituationen. Frauen sind auch Führungskräfte, aus dem „real existierenden Sozialismus“. So funktioniert sie führen Dienstgruppen, Dienststellen, Kommissariate, das nicht, behaupte ich als Kind der ehemaligen „DDR“. Hundertschaften oder Behörden. Die „Erstbeurteiler“, fast alle sind Männer, sitzen polizei­ Polizei ist keine Hexerei: Frauen lösen die Heraus­ lich gemeinsam sozialisiert beieinander und stellen die forderungen nicht besser – aber anders! erste Hürde beruflicher Entwicklung auf, die dienstliche In jeder Gesellschaft gibt es Spannungen und Konflik­ Beurteilung. te. Erforderlich hierfür ist eine starke Polizei, um schwieri­ „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist en vogue. ge Situationen zu beruhigen und die staatliche Ordnung Klartext: Frau sollte genügsam sein, weil ihr die Möglich­ durchzusetzen. Da unsere Gesellschaft zur Hälfte weib­ keit dafür eingeräumt und sie als Beamtin gut bezahlt lich ist, muss die Innere Sicherheit nicht allein den Män­ wird. Dieser Sozialisationsprozess wird von vielen Kolle­ nern überlassen werden. ginnen übernommen und sie stellen daher die Karriere vor Der Polizeiberuf eröffnet den Frauen außergewöhnli­ lauter Verbundenheit zurück. Zufrieden damit, das Kind che Chancen: ihre Fähigkeiten einzusetzen und zu entfal­ von der Kita abholen und die Oma rechtzeitig vor der ten, Menschen zu helfen und zu überzeugen. Interessant, Nachtschicht versorgen zu können. Die Vorgesetzten vielfältig und anspruchsvoll, das ist Polizei in drei Worten. ­ändern diese Entwicklung nicht, warum auch. Sämtliche Leider wird allzu oft ein falsches Bild von Polizistinnen ge­ Aktivitäten, sei es ehrenamtliche oder politische Arbeiten zeichnet, das der zartbesaiteten, zu unterstützenden, kör­ werden weder unterstützt noch gefördert. „Frau“ muss perlich unterlegenen Uniformträgerin. Also die, die ihren sich schon festlegen, wo sie erfolgreich sein will. Bei Kollegen, den großen, starken Mann benötigt, um polizei­ ­Männern ist das anders. liche Maßnahmen durchzusetzen. Es sind Vorurteile, also Die Polizei braucht politische Druckmittel, um Mus­ falsch und daher sollten wir uns davon nicht leiten lassen. ter zu bezwingen, die Lebenswirklichkeit zu verändern Wie man zielgerichtet in der Polizei Karriere machen und um Frauen zu besseren Chancen für ihre berufliche kann, ist komplex. Männliche stereotype Vorstellungen Entwicklung zu verhelfen. von Polizistinnen sind auch nach Jahrzehnten immer noch Wir brauchen weibliche Konfliktlösungskompetenz gebräuchlich. Polizistinnen stoßen also gegen unsichtbare bei der Polizei, denn „da, wo Männer schwungvoll die Tü­ Wände, bestehend aus dem festgefügten Image der Behör­ ren auftreten, wissen wir Frauen, wo die Schlüssel liegen“. de, Vorurteilen und leider auch schlichter Unkenntnis über bestehende Rechtslage in Punkto Gleichberechtigung. „Frauenförderpläne“: Umfangreiche Schriften, sank­ Sabine Schumann ist Bundesfrauenbeauftragte und tionsfrei, unverbindlich. Obwohl die Kenntnis und Um­ Mitglied des Bundesvorstandes der Deutschen Polizei­ setzung des Gleichstellungsgesetzes zum elementaren gewerkschaft (DPolG), Polizeihauptkommissarin 10 frau im gespräch

Eine Pragmatikerin ist seit März Bildungs- und Forschungsministerin. Anja Karliczek erlebt Politik aus neuer Perspektive – und hat sich einiges vorgenommen. Foto: Bundesregierung/Guido Bergmann

Die Ernte einfahren

Wenn Anja Karliczek aus ihrem Berliner Bürofenster trieb und mit einem Ehemann, der als Pilot ständig auf schaut, hat sie einen tollen Blick über die Spree auf das Reisen ist, bedeutet. Damit nicht genug: als Bundestags­ Kanzleramt und das imposante Reichstagsgebäude. „Ja, kandidatin gewann Anja Karliczek 2013 und 2017 mit 47 der Perspektivwechsel ist das Erste, was man in so bzw. 44 Prozent Erststimmen souverän das Direktmandat einem Ministeramt lernen muss. Als Abgeordnete guckt im Tecklenburger Land im nördlichen Westfalen. Im Bun­ man stärker auf das Binnengeschäft im Parlament und destag wurde sie bereits in ihrer ersten Wahlperiode zur im Wahlkreis“, schildert die CDU-Politikerin, bisher Par­ Parlamentarischen Geschäftsführerin gewählt – ein Pos­ lamentarische Geschäftsführerin ihrer Fraktion. „Als ten, auf den andere Abgeordnete viele Jahre lang hinar­ Ministerin ist man hingegen Teil der Bundesregierung beiten. „Das hat mich sehr gefreut, da war ich schon stolz und damit eben auch mit in der Verantwortung für das drauf, weil mir mit dieser Wahl nicht nur großes Vertrau­ ganze Land.“ Seit einem guten halben Jahr sitzt Kar­ en geschenkt wurde, sondern meine politische Arbeit da­ liczek als Bildungs- und Forschungsministerin mit am mit anerkannt wurde“, erzählt die Ministerin. Es war ein Kabinettstisch, und die Erwartungen an die 47jährige Durchbruch auf ihrem politischen Lebensweg. sind hoch. Ursprünglich kam die Katholikin Karliczek, deren zwei Die ersten Monate wurden ihr nicht nur leicht ge­ Brüder jetzt das Familienhotel allein leiten, über die Junge macht: Neben viel Neugier auf die große Unbekannte im Union 1998 zur CDU: „Ich habe mich schon damals auf­ neuen Kabinett schlug ihr auch teilweise aus Forschungs­ grund der eigenen Situation für den Ausbau der Kinderbe­ instituten und Medien Skepsis entgegen. Eine gelernte treuung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stark Hotelfachfrau, Bankkauffrau und Betriebswirtin im Fern­ gemacht. Politik erschien mir der einzige Weg, dort wirk­ studium ohne Professoren- oder Doktortitel – kann das lich Verbesserung zu erreichen.“ Sie blieb im politischen überhaupt gut gehen? Seit sie sich entschied, eine lang­ Geschäft und setzte sich in kurzer Zeit in Führungspositi­ jährige Staatssekretärin auszutauschen, um eigene Ak­ onen durch. Männliche Statusspiele hat sie dabei nach ei­ zente zu setzen, ist auch im Ministerium die Erwartung an genem Bekunden kaum erlebt, aber durchaus manchmal die Neuausrichtung wichtiger Bildungs- und Forschungs­ „gönnerhaftes Gehabe“ durch ältere Kollegen. Karliczek fragen groß. ist klar Verfechterin der Frauenquote: „Es hat sich leider Man sollte Karliczek nicht unterschätzen, nur weil sie gezeigt, dass sich sonst nicht genug bewegt. Das Ziel wäre zunächst als Neuling ins Amt kam. Es reicht eigentlich, es, dass die Quote eines Tages einfach überflüssig ist, sich klarzumachen, was ein betriebswirtschaftliches Fern­ aber das ist noch ein langer, steiniger Weg.“ Es ist auch studium neben drei Kindern, einem laufenden Hotelbe­ ­eine Aufgabe im eigenen Ministerium. frau & info 11

frau & info

familienportal.de

Eine größere Herausforderung dürften aber die aktuellen Vorhaben ihres Bildungs- und For­ schungsministeriums (BMBF) darstellen: Die Wei­ terentwicklung der Hightech-Strategie, die Ein­ richtung eines Nationalen Bildungsrates zwischen Bund und Ländern, eine Bafög-Novelle, die Nach­ folge des Hochschulpakts, ein Berufsbildungspakt und nicht zuletzt der Digitalpakt Schule, an dem Bund und Länder gemeinsam arbeiten – um nur einige Aufgaben zu nennen. Allein sieben Bund- Länder-Vereinbarungen stehen an. Anja Karliczek: „Wir haben im Hintergrund sehr hart gearbeitet. Mit etwas Glück können wir bald die erste Ernte einfahren.“ Seit Ende Juni 2018 ist es unter www.familienportal.de erreich­ Auch Bildungs- und Wissenschaftspolitik bar. Familien finden hier zuverlässig und gut erklärt alle wich­ macht nicht immer nur Spaß, obwohl Karliczek tigen Informationen zu staatlichen Leistungen, die sie in ihrem von der Vielfalt der Themen begeistert ist. Aber es Alltag unterstützen. Das sind finanzielle Leistungen wie Eltern­ geht auch um viel Geld, für das sich nicht nur die geld oder Kindergeld, aber auch Regelungen wie Elternzeit Länder, sondern ganz verschiedene Projektträger oder Mutterschutz. Neu ist, dass sich das Familienportal an den interessieren. Karliczek sieht das gelassen, sie unterschiedlichen Lebenslagen von Familien, wie zum Beispiel baut auf ihre Kommunikationsfähigkeit und setzt „Kinder und Jugendliche“ oder „Familie und Beruf“ orientiert gerne Signale nach dem Motto „Was du nicht und so aufgebaut ist, dass Nutzerinnen und Nutzer die ge­ willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem an­ wünschte Information mit nur wenigen Klicks finden. Die be­ deren zu.“ liebten Online-Services des BMFSFJ wie der Kinderzuschlag­ Dennoch: Sie wird bei den großen Vorhaben scheck oder der Elterngeldrechner sind ab sofort über das bald ein paar Erfolge vorweisen müssen. Karliczek ­Familienportal abrufbar. gilt als pragmatisch und ungeduldig – beides Ei­ genschaften, die ihr dabei helfen könnten. Immer­ hin sind die anfänglichen Kritiker bereits spürbar leiser geworden. Daneben schaut die Unionspoli­ Impressum tikerin aber auch auf Grundprobleme der Bil­ Herausgeber: Bundesgeschäftsstelle der Frauen Union der CDU dungspolitik und scheut sich nicht – Föderalismus Deutsch­­­­lands · Klingelhöferstraße 8 · 10785 Berlin · Telefon 030 22070- hin oder her – die Länder mit grundsätzlichen Im­ 452 · Telefax 030 22070-439 · [email protected] · www.frauenunion.de · Bun­ pulsen anzustoßen, die viele Eltern und Ausbilder des­ge­­schäfts­­­führerin: Claudia Hassenbach · Redaktions­­ leitung:­ Silke umtreiben: „Wir müssen wieder mehr auf Recht­ Adam · Verlag: Union Betriebs-Gesellschaft mbH · Egermannstraße 2 · schreibung achten! 7,5 Millionen funktionale An­ 53359 Rheinbach · Telefon 02226 802-0 · Telefax 02226 802-111 · Telefon alphabeten sind ein Armutszeugnis für unser Vertrieb 02226 802-213 · Geschäftsführer: Rudolf Ley · Erscheinungs- Land. Richtig schreiben können, Zeichensetzung, weise: 6-mal im Jahr · Be­zugs­­preis: Einzelpreis 2,50 Euro · Jahresabon­ mathematische Grundfertigkeiten, digitale Bil­ nement: 15,– Euro · Bankverbindungen: Sparkasse KölnBonn (IBAN dung – all das sind Grundvoraussetzungen für un­ DE20370501980007510183, BIC COLSDE33XXX) · Postbank Köln (IBAN seren Wohlstand.“ Manchmal beginnen die gro­ DE67370100500193795504, BIC PBNKDEFFXXX) · Anzeigenverwaltung: ßen Dinge im Kleinen. Union Betriebs-GmbH · Egermannstraße 2 · 53359 Rhein­­bach · Layout, Satz & Druck: Union Betriebs-GmbH · Egermannstraße 2 · 53359 Rhein­ Vera Schalck bach · Dieses Produkt wurde auf chlorfreiem Papier gedruckt. 12 textilbündnis

Gemeinsam geht es voran – national wie international. 2019 kommt der „Grüne Knopf“. Foto: Inga Kjer/photothek.net

Transparenz im Textilsektor

Als 2013 die Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch ein­ verpflichtend. Und die durch die Fortschrittsberichte stürzte und mehr als 1.100 Menschen unter sich begrub, ­hohe Transparenz sorgt dafür, dass die Ziele ambitioniert wurde auch hierzulande einer breiten Öffentlichkeit vor sind und auch entsprechend große Anstrengungen unter­ Augen geführt, dass unsere Kleidung oft unter menschen­ nommen werden, um sie zu erreichen. unwürdigen Bedingungen hergestellt wird. Deutschland Neben den individuellen Anforderungen arbeiten die trägt als einer der weltweit größten Märkte für Textilien Bündnismitglieder auch gemeinsam an der Umsetzung von eine besondere Verantwortung gegenüber den Arbeitern Bündnisinitiativen in Produktionsländern. Eine Initiative im in den Produktionsländern. Es sind zum Großteil junge Süden Indiens zielt auf die Verbesserung der Arbeitsbedin­ Frauen, die als Näherinnen in oft maroden Gebäuden gungen junger Arbeiterinnen in über 300 Baumwollspinne­ ­ohne Sicherheitsvorkehrungen, Brandschutzmaßnahmen reien. Hier gehen unterschiedliche Akteure spezifische und Fluchtwegen, und für einen Lohn, der kaum zum ­Herausforderungen strukturell an und sorgen für Verän­ ­Leben reicht, unsere Kleidung produzieren. derung direkt vor Ort. Ich bin davon überzeugt, dass Bundesminister Müller rief 2014 das Bündnis für nach­ ­gemeinsame Lösungen am wirksamsten sind, auch wenn haltige Textilien ins Leben, an dem sich eine Vielzahl von die Aushandlungsprozesse im Textilbündnis zum Teil her­ Akteuren (Unternehmen, Verbände, NROs, Gewerkschaf­ ausfordernd und langwierig sein können. ten, Bundesregierung u.a.) beteiligt. Das Textilbündnis hat Globale Herausforderungen entlang der Textil-Liefer­ derzeit ca. 130 Mitglieder, die ca. die Hälfte des deutschen kette können nur unter Einbindung nationaler Akteure er­ Textileinzelhandelsmarkts abdecken. Seine Mitglieder set­ folgreich angegangen werden, um so gemeinsam Verbes­ zen sich individuell und gemeinsam für eine Verbesserung serungen in den Produktionsländern zu bewirken. Strategi­ der sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen sche Kooperationen auf internationaler Ebene, wie mit der vom Rohstoff bis zum Kleiderschrank ein. niederländischen Textil-Initiative (AGT) und der Fair Wear Das Textilbündnis setzt auf Transparenz im Textilsek­ Foundation, stärken die Schlagkraft des Bündnisses. tor. Fortschritte von Unternehmen bei der Verbesserung Einen wichtigen Hebel sehe ich auch bei den Verbrau­ der sozialen und ökologischen Bedingungen in ihren Lie­ chern selbst: deshalb wird das BMZ 2019 den „Grünen ferketten sollen für Verbraucher nachvollziehbar sein. Knopf“ als Dachsiegel einführen. Dann kann jeder in Das ist europaweit einmalig: Jedes Mitglied verpflichtet Deutschland beim Einkauf auf einen Blick erkennen, ob bei sich, jährlich einen Maßnahmenplan zu erstellen, in dem der Produktion soziale und ökologische Mindeststandards konkrete Aktivitäten festgelegt sind, mit denen das Un­ beachtet wurden. Denn nur wenn Nachhaltigkeit nach­ ternehmen die Produktion seiner Textilien nachhaltiger gefragt wird, wird auch auf Dauer nachhaltig produziert. und fairer gestalten will. Für 2018 haben sich die Mitglie­ der ca.1.300 Maßnahmen vorgenommen. Alle Maßnah­ menpläne werden dieses Jahr erstmals veröffentlicht, ab Dr. MdB 2019 gilt das auch für jährliche Fortschrittsberichte. Und ist Parlamentarische Staatssekretärin auch das ist einmalig: Der Beitritt zum Textilbündnis ist Bundesministerium für wirtschaftliche freiwillig, aber das Erreichen der selbst gesetzten Ziele ist Zusammenarbeit und Entwicklung frau vor ort 13

Wo drückt frau der Schuh? MITREDEN

Auch außerhalb von Wahlkampfzeiten sucht die Frauen Union Baden-Württemberg das Gespräch mit den Bürgerinnen. Hier ihr Bericht aus dem Ländle: Foto: FU Gaggenau

Das herauszufinden, um gute Politik von Frauen für Letzteres erwies sich – trotz mancher Diskussion – als Frauen machen zu können, ist ein Grundanliegen der wichtige Entscheidung. Die farblichen Akzente in Form Frauen Union. Gleichzeitig bewegt viele FU-Verbände von pinken Luftballons, T-Shirts, Sonnenbrillen, Schirmen derzeit die Frage, wie sie Frauen für die Politik begeistern u. v. m. waren echte Hingucker in den Fußgängerzonen und Kandidatinnen für die Kommunalwahlen im nächsten und auf den Marktplätzen. Außerdem stachen die Fotos Jahr gewinnen können. so in der anschließenden Presseberichterstattung heraus. In Baden-Württemberg entstand vor diesem Hinter­ Für die konkrete Ausgestaltung ihrer Stände bekamen die grund die „Aktion MITREDEN.“ Eine kleine Gruppe aus FU-Verbände zwar Tipps von den Initiatorinnen, auf ge­ dem Bezirksvorstand Nordbaden erarbeitete dazu unter naue Vorgaben wurde jedoch verzichtet. der Federführung der Mitgliederbeauftragten Angelika Dank der Unterstützung von Katrin Schütz (FU-Be­ Holzäpfel ein Konzept und erstellte Vorlagen für Presse­ zirksvorsitzende in Nordbaden) und Inge Gräßle (Landes­ meldungen, Plakate, Umfragekarten etc., auf die alle FU vorsitzende in Baden-Württemberg) gelang es in 23 Städ­ Orts-und Kreisverbände, die sich beteiligen wollten, zu­ ten und Gemeinden, Mitglieder der Frauen Union und rückgreifen konnten. Kommunalpolitikerinnen zum Mitmachen zu motivieren. Das Konzept verfolgte insbesondere folgende Ziele: Da sich neben größeren Städten wie Stuttgart, Rottweil Zum einen sollte die Aktion nach Möglichkeit zusammen oder Heidelberg auch mehrere kleine Gemeinden betei­ mit CDU-nahen Kommunalpolitikerinnen durchgeführt ligten, konnten so Frauen unterschiedlichster Milieus er­ werden, um so die Vernetzung in die politischen Gremien reicht werden. Besonders freute das Team um Angelika vor Ort hinein zu stärken. Gleichzeitig war die Hoffnung, Holzäpfel, dass auch die FU-Bundesvorsitzende Annette dass die Begegnung mit aktiven Politikerinnen Frauen­ Widmann-Mauz mit ihrem Kreisverband Tübingen an der zu eigenem politischen Engagement motiviert. Daneben Aktion teilnahm. sollte insbesondere Frauen außerhalb von Wahlkampfzei­ Die Resonanz war von allen Seiten positiv. Viele Besu­ ten die Möglichkeit gegeben werden, einmal ihre Sorgen cherinnen schätzten es, einmal außerhalb von Wahlkampf­ und Ängste, aber auch Anregungen direkt an die Frau zeiten bei einer Tasse Kaffee oder einem Glas Sekt nach der bringen zu können. Damit eng zusammen hängt der eigenen Meinung gefragt zu werden. Erwartungsgemäß Wunsch, durch die „Aktion MITREDEN.“ die Themen für gab es insbesondere auf der lokalen Ebene viele unter­ den kommenden Wahlkampf herauszufinden, welche die schiedliche Themen, die die Frauen bewegten. Bei den Menschen bewegen und mit denen sich punkten lässt. überregionalen Themen zeichneten sich u.a. Bildung, Kin­ Nicht zuletzt sollte durch die konzertierte Aktion – sie derbetreuung sowie die Pflege als Schwerpunkte ab. wurde an allen Orten zeitgleich am 23. Juni von 10.00 bis Auf vielfachen Wunsch ist geplant, „MITREDEN.“ zu 12.00 Uhr durchgeführt – die öffentliche Aufmerksamkeit einer eigenen FU-Marke auszubauen, und die Aktion am erhöht werden. Um diesen Effekt noch zu verstärken war 27. Oktober und am 11. Mai zu wiederholen – diesmal dann die Grundfarbe der Aktion pink. vielleicht bundesweit?! 14 cdu-grundsatzprogramm Foto: manu/adobe.Stock.com

Brauchen wir eine allgemeine Dienstpflicht?

Viele Jahre war es Ziel der Politik, die Aus­ die ihnen bis dahin viel Positives geboten bildungs- und Studienzeiten zu verkürzen. hat: von Kitas bis zu Schulen und Universi­ Die Verschulung des Studiums über den täten, einer guten Infrastruktur, Gesund­ Pro ­Bologna-Prozess, zum Teil verkürzte Schul­ heitsversorgung u. v. m. zeiten bis zum Abitur und die Aussetzung­ Kurze Dienstzeiten, z. B. nur 6 Monate, der Wehrpflicht führen heute zu deutlich sehe ich kritisch. Positives eigenes Handeln ­jüngeren Berufsanfängern als noch vor 10 braucht Anlernzeit. Außerdem müssen die Jahren. Interessen derer gewahrt werden, die ent­ Gleichzeitig hören wir Klagen über feh­ sprechende „Dienststellen“ anbieten. Damit Foto: Tobias Koch lende Reife junger Mitarbeiterinnen und auch sie profitieren, sollte das Dienstjahr ­Mitarbeiter – egal ob mit dualer Ausbildung, grundsätzlich ein Jahr dauern. Fachschulausbildung oder Studium. Ich bin von den positiven Wirkungen Auf der anderen Seite empfinden auch ­eines sozialen Pflichtdienstes für alle Betei­ viele junge Menschen das Bedürfnis, sich ei­ ligten überzeugt und hoffe, dass sich verfas­ ne Auszeit aus dem „Lernstress“ zu nehmen sungskonforme Wege hierfür finden lassen. und z. B. über Work & Travel oder als Au-Pair Soweit ein Pflichtdienst nicht möglich ist, andere Länder und Menschen und sinnvolles muss das freiwillige soziale Jahr ausgebaut Tun erleben zu können. und durch stärkere finanzielle und sonstige Hedi Thelen MdL, stellv. Vorsitzende Ein soziales Dienstjahr bietet jungen Anreize (z. B. in der Rente) attraktiver wer­ der Frauen Union der CDU Menschen die große Chance, die eigene den. ­Persönlichkeit positiv zu bilden. Sie können Erfahrungen in Lebens- und Aufgabenberei­ chen sammeln, die ihnen einen viel breiteren und tieferen Einblick in viele Facetten unse­ rer Gesellschaft ermöglichen. Sie können ­erleben, dass sie selbst anderen Menschen helfen können, dass sie positiv in ihren Auf­ gaben wirken können und ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft sind. Nicht zuletzt leben sie mit ihrem Dienst Solidarität. Solidarität mit einer Gesellschaft, cdu-grundsatzprogramm 15

Die Frage nach einer Stärkung des Gemeinsinns durch einen Dienst an der Gemeinschaft – ob freiwillig oder verpflichtend – bewegt viele Menschen an der Basis der CDU. Bei der

Zuhör-Tour im Rahmen des Prozesses um ein Foto: Halfpoint/adobe.Stock.com neues CDU-Grundsatzprogramm kam das Thema oft zur Sprache.

Der Vorschlag für eine allgemeine Dienst­ rufen der erwerbsförmigen Sorgearbeit sind pflicht ist seit der Aussetzung der Wehr­ mehrheitlich Frauen tätig. Beispielsweise pflicht schon ein paar Mal diskutiert worden. sind 87 Prozent der in Pflegediensten und 85 Unabhängig vor der schwierigen Rechtslage Prozent der in Pflegeheimen Beschäftigten Contra – es müsste der von den Müttern und Vätern Frauen. Ähnlich sieht es in der Kindererzie­ verfasste Wortlaut des Grundgesetzes geän­ hung und -betreuung aus. Wenn nach der dert werden – stellt sich die Frage, was mu­ Kinder-Familienphase dann den Frauen eine ten wir den Frauen hier noch zu? Spätestens kontinuierliche Erwerbsarbeit möglich ist, seit der Diskussion um eine Gleichstellungs­ kommt oft die Pflege von Verwandten hinzu. politik in der Lebensverlaufsperspektive Die Frauen Union setzt sich schon seit Foto: Tobias Koch ­wissen wir, dass die unterschiedlichen Bio­ langem für die bessere Bezahlung von Be­ grafieverläufe von Frauen und Männern ku­ rufen in der Kinderbetreuung, Häuslichen mulative Effekte haben. Diese sind häufig für Pflege oder Altenpflege ein. Das ist eine geringe Rentenansprüche verantwortlich. zwingende Notwendigkeit, um armutsver­ Junge Frauen haben überdurchschnittlich gu­ meidende Rentenansprüche durch eigenes te Schulzeugnisse, entscheiden sich dann für Erwerbseinkommen zu erzielen. Ein ver­ eine Ausbildung oder ein Studium. Danach pflichtendes Dienstjahr konterkariert dies! wollen sich die meisten im Beruf etablieren, Eine Zeiterhebungsstudie des Statisti­ Ingrid Petzold, stellv. Vorsitzende ehe eine Familiengründung erfolgt und die schen Bundesamtes hat ergeben, dass die der Frauen Union der CDU Entscheidung für Kinder fällt. Schon jetzt ist unbezahlte Arbeitszeit jene der bezahlten das durchschnittliche Geburtenalter, vor Sorgearbeit um das 1,7 fache übersteigt. Was allem bei höher qualifizierten Frauen, fast bei wir brauchen, ist eine stärkere Anerkennung 30 Jahren angekommen. Eine Entwicklung, der jetzt schon freiwillig geleisteten Arbeit, die auch aus medizinischer Sicht nicht gut ist. z. B. auch bei der Berufsausbildung etwa in Im weiteren Lebensverlauf sind es gerade die den Gesundheits- und Sozialberufen. All das Frauen, die einen Großteil der sogenannten verdeutlicht – Frauen brauchen keine Dienst­ „Sorgearbeit“ übernehmen. Für private Sor­ verpflichtung, sie leisten freiwillig ihren gearbeit wenden Frauen um die Hälfte mehr ­großen Anteil für das Gemeinwohl. Ziel der Zeit als Männer auf. Der „Gender Care Gap“ Diskussion muss es sein, den Fokus auf das zwischen Männern und Frauen für unbezahl­ Mögliche und Richtige zu richten – für mehr te Sorgearbeit beträgt 52 Prozent! In den Be­ Gleichstellung im Lebensverlauf. Union Betriebs GmbH · Egermannstraße 2 · 53359 Rheinbach Postvertriebsstück · Deutsche Post AG · Entgelt bezahlt · G 2977 E Fotos: CDU/Christiane Lang

Zuhören – Diskutieren – Entscheiden Zuhör-Tour macht Station Zuhör-Tour mit Annegret Kramp-Karrenbauerbei der Frauen Union