Herausgegeben von Elisabeth Strowick • Ulrike Vedder 6 Wirklichkeit und Wahrnehmung 20 1 Neue Perspektiven auf 2 / • Bern, Berlin, Bruxelles, Frankfurt am Main, New York, Oxford, Wien, 2013. 236 S. Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik. Bd. 27 Herausgegeben von der Philosophischen Fakultät II / Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin XXVI

pb. ISBN 978-3-0343-1404-6 • CHF 75.– / €D 66.90 / €A 68.80 / € 62.50 / £ 50.– / US-$ 81.95 eBook ISBN 978-3-0351-0644-2 CHF 79.– / €D 74.38 / €A 75.– / € 62.50 / £ 50.– / US-$ 81.95

€D inkl. MWSt. – gültig für Deutschland und Kunden in der EU ohne USt-IdNr. · €A inkl.MWSt. – gültig für Österreich Zeitschrift für Neue Folge

as Verhältnis von Wahrnehmung und Wirklichkeit ist im 19. Jahrhundert einer Reihe • von Umbrüchen unterworfen, die sich im diskursiven Wechselspiel zwischen Ästhetik, D Medientechniken, Wahrnehmungsphysiologie und Literatur vollziehen. Wahrnehmung avanciert dabei zum Experimentierfeld vor allem der realistischen Literatur, die verschiedene Kon- zeptionen des Wirklichen erprobt und spezifische Formen der Beobachtung von Wahrnehmung GERMANISTIK anhand moderner literarischer Darstellungsweisen entwickelt.

Der vorliegende Band untersucht Theodor Storms «unheimlichen Realismus» im Kontext solcher Formationen der Moderne. Die für Storms Werk so signifikanten Inszenierungen von Visualität, Formen von Bildlichkeit sowie Figurationen von Nachträglichkeit und Gespenstischem gewinnen vor diesem Hintergrund Kontur und werden in poetologischer, kulturtheoretischer sowie episte- mologischer Hinsicht analysiert.

Inhalt: Elisabeth Strowick/Ulrike Vedder: Wirklichkeit und Wahrnehmung. Neue Perspektiven auf • Theodor Storm • Christian Begemann: Figuren der Wiederkehr. Erinnerung, Tradition, Vererbung Neue Folge XXVI Zeitschrift für Germanistik und andere Gespenster der Vergangenheit bei Theodor Storm • Ernst Osterkamp: Dämonisierender 2/2016 Realismus. Bemerkungen zu Theodor Storms Erzählkunst • Elisabeth Strowick: «Eine andere Zeit». Storms Rahmentechnik des Zeitsprungs • Ulrike Vedder: Dinge als Zeitkapseln Realismus und Unver- fügbarkeit der Dinge in Theodor Storms Novellen • Anne-Kathrin Reulecke: Dynamiken des Unaus- sprechlichen in Theodor Storms Novelle «Schweigen» • Ethel Matala de Mazza: Spuk als Gerücht Theodor Storms Volkskunde • Gerhard Neumann: Theodor Storms «Psyche». Ein Wahrnehmungs- modell des Realismus • Andrea Krauss: Linienführung Ästhetisches Kalkül in Storms «Schimmelrei- ter» • Liliane Weissberg: Bild und Tod in Theodor Storms «Aquis submersus» • : Vom Kasus zum Fall Heyses «Auf Tod und Leben» und Storms «Ein Bekenntnis» • Anette Schwarz: «Bis hierher; niemals weiter». Krankheit als Grenze literarischer Darstellung in Theodor Storms Novelle «Schweigen». Peter Lang

Peter Lang AG • Internationaler Verlag der Wissenschaften Internationaler Verlag der Wissenschaften Moosstrasse 1 • P. O. Box 350 • CH-2542 Pieterlen • Schweiz Tel : +41 (0) 32 376 17 17 • Fax : +41 (0) 32 376 17 27 [email protected] • www.peterlang.com G Herausgegeben von Elisabeth Strowick • Ulrike Vedder 6 Wirklichkeit und Wahrnehmung 20 1 Neue Perspektiven auf Theodor Storm 2 / • Bern, Berlin, Bruxelles, Frankfurt am Main, New York, Oxford, Wien, 2013. 236 S. Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik. Bd. 27 Herausgegeben von der Philosophischen Fakultät II / Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin XXVI

pb. ISBN 978-3-0343-1404-6 • CHF 75.– / €D 66.90 / €A 68.80 / € 62.50 / £ 50.– / US-$ 81.95 eBook ISBN 978-3-0351-0644-2 CHF 79.– / €D 74.38 / €A 75.– / € 62.50 / £ 50.– / US-$ 81.95

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as Verhältnis von Wahrnehmung und Wirklichkeit ist im 19. Jahrhundert einer Reihe • von Umbrüchen unterworfen, die sich im diskursiven Wechselspiel zwischen Ästhetik, D Medientechniken, Wahrnehmungsphysiologie und Literatur vollziehen. Wahrnehmung avanciert dabei zum Experimentierfeld vor allem der realistischen Literatur, die verschiedene Kon- zeptionen des Wirklichen erprobt und spezifische Formen der Beobachtung von Wahrnehmung GERMANISTIK anhand moderner literarischer Darstellungsweisen entwickelt.

Der vorliegende Band untersucht Theodor Storms «unheimlichen Realismus» im Kontext solcher Formationen der Moderne. Die für Storms Werk so signifikanten Inszenierungen von Visualität, Formen von Bildlichkeit sowie Figurationen von Nachträglichkeit und Gespenstischem gewinnen vor diesem Hintergrund Kontur und werden in poetologischer, kulturtheoretischer sowie episte- mologischer Hinsicht analysiert.

Inhalt: Elisabeth Strowick/Ulrike Vedder: Wirklichkeit und Wahrnehmung. Neue Perspektiven auf • Theodor Storm • Christian Begemann: Figuren der Wiederkehr. Erinnerung, Tradition, Vererbung Neue Folge XXVI Zeitschrift für Germanistik und andere Gespenster der Vergangenheit bei Theodor Storm • Ernst Osterkamp: Dämonisierender 2/2016 Realismus. Bemerkungen zu Theodor Storms Erzählkunst • Elisabeth Strowick: «Eine andere Zeit». Storms Rahmentechnik des Zeitsprungs • Ulrike Vedder: Dinge als Zeitkapseln Realismus und Unver- fügbarkeit der Dinge in Theodor Storms Novellen • Anne-Kathrin Reulecke: Dynamiken des Unaus- sprechlichen in Theodor Storms Novelle «Schweigen» • Ethel Matala de Mazza: Spuk als Gerücht Theodor Storms Volkskunde • Gerhard Neumann: Theodor Storms «Psyche». Ein Wahrnehmungs- modell des Realismus • Andrea Krauss: Linienführung Ästhetisches Kalkül in Storms «Schimmelrei- ter» • Liliane Weissberg: Bild und Tod in Theodor Storms «Aquis submersus» • Paul Fleming: Vom Kasus zum Fall Heyses «Auf Tod und Leben» und Storms «Ein Bekenntnis» • Anette Schwarz: «Bis hierher; niemals weiter». Krankheit als Grenze literarischer Darstellung in Theodor Storms Novelle «Schweigen». Peter Lang

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Zeitschrift für Germanistik

Neue Folge XXVI – 2/2016

Herausgeberkollegium

Ulrike Vedder (Geschäftsführende Herausgeberin, Berlin) Alexander Košenina (Hannover) Steffen Martus (Berlin) Erhard Schütz (Berlin)

PETER LANG Internationaler Verlag der Wissenschaften Bern · Berlin · Bruxelles · Frankfurt am Main · New York · Oxford · Wien Herausgegeben von der Philosophischen Manuskripte sind, mit zwei Ausdrucken ver sehen, Fakultät II / Institut für deutsche Literatur an die Redaktion zu schicken. der Humboldt-Universität zu Berlin

Redaktion: Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird kei- Prof. Dr. Ulrike Vedder ne Haftung übernommen. (Geschäftsführende Herausgeberin) Dr. Brigitte Peters [email protected] Die Autor(inn)en von Abhandlungen und Dis- Anschrift der Redaktion: kus sio nen erhalten ein Belegheft sowie die PDF- Zeitschrift für Germanistik Datei des Beitrages. Humboldt-Universität zu Berlin Universitätsgebäude am Hegelplatz, Haus 3 Dorotheenstr. 24 Jahresabonnement(s) zum Preis von D-10099 Berlin 150.– SFR, 130.– €, 139.– €*, 143.– €**,

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ISSN 2235-1272

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Schwerpunkt: Tagebuch und Diaristik seit 1900 Konferenzberichte (hrsg. von Sabine Kalff und Ulrike Vedder) Enzyklopädisches Erzählen und vormoderne Ro- SABINE KALFF, ULRIKE VEDDER – Tagebuch und manpoetik (1400–1700) (Internationales Arbeits- Diaristik seit 1900. Einleitung 235 gespräch in Wolfenbüttel v. 14.–16.10.2015) (Se- bastian Speth) 403 PETER UWE HOHENDAHL – Posthume Provoka- tion: Carl Schmitts „Glossarium. Aufzeichnun- Deutsche Pornographie in der Aufklärung (In- gen der Jahre 1947–1951“ 243 ternationale Tagung in Erfurt v. 21.–23.10.2015) (Katja Barthel) 405 SABINE KALFF – Auf der Nachtseite des Lebens. Die Ästhetik des Schreckens in Ursula von Kar- Kafka und die Musik (Symposium in Berlin v. dorffs Kriegstagebuch „Berliner Aufzeichnungen 29.–31.10.2015) (Michael Navratil) 409 1942 bis 1945“ 262 Humanum und Nihilismusgefahr. Funktionen SIGRID WEIGEL – Hannah Arendts „Denktage- des Humanismus-Konzepts 1930–1950 (Inter- buch“ (1950–1973): Vom persönlichen Tagebuch disziplinäre Tagung in Jena v. 24.–26.9.2015) zum Arbeitsjournal 283 (Sophie Picard) 411 ROLAND BERBIG – Das Leben in Ordnung brin- „Show don’t tell“. Konzepte und Strategien nar- gen – abstine et sustine. Franz Fühmanns Taschen- rativer Anschaulichkeit (Interdisziplinäre Tagung kalender 293 in Göttingen v. 2.–4.6.2015) (Lea Fricke, Lena Walter) 415 BIRGIT DAHLKE – Die DDR im Tagebuch: Am Beispiel von , , Erwin Szenarien der Ausnahme in der Populärkultur Strittmatter und Manfred Krug 316 (Tagung in Siegen v. 17.–19.9.2015) (Sonja Le- wandowski) 417 DANIEL WEIDNER – Spiegel, Werkstatt, Chronik: Der Tagebuchroman bei , Max Wiederkehr des Werks? Zur Gegenwart des lite- Frisch und 332 rarischen Werkbegriffs (Symposium in Hannover v. 21.10.–23.10.2015) (Elisabeth Weiß) 420 ELKE SIEGEL – „die mühsame Verschriftlichung meiner peinlichen Existenz“. Wolfgang Herrn- dorfs „Arbeit und Struktur“ zwischen Tagebuch, Blog und Buch 348 Besprechungen * TOBIAS KRAFT – Alexander von Humboldts Ame- ANNA GAJDIS: Baltische Sirenen. Repräsentanz, rikanische Reisetagebücher und sein Nachlass: Relevanz und Identitätsbildung der deutschen aktuelle Fragen aus Forschung und Edition 373 Autorinnen im östlichen Ostseeraum um 1800 (Carola Hilmes) 424 ALEXANDER KOŠENINA – „Kontinuierliche Bil- der geschichten“: Mit „Max und Moritz“ über- SILVY CHAKKALAKAL: Die Welt in Bildern. Erfah- windet Wilhelm Busch die Grenzen von Malerei rung und Evidenz in Friedrich J. Bertuchs „Bilder- und Poesie 386 buch für Kinder“ (1790–1830) (Anja Pompe) 426 234 Inhaltsverzeichnis

PETRA WERNER: Naturwahrheit und ästheti- STEPHANE PESBEL, ERIKA TUNNER, HEINZ LUN- sche Umsetzung. Alexander von Humboldt im ZER, VICTORIA LUNZER-TALOS (Hrsg.): Joseph Briefwechsel mit bildenden Künstlern; TOBIAS Roth – Städtebilder. Zur Poetik, Philologie und In- KRAFT: Figuren des Wissens bei Alexander von terpretation von Stadtdarstellungen aus den 1920er Humboldt. Essai, Tableau und Atlas im amerika- und 1930er Jahren (Hermann Haarmann) 449 nischen Reisewerk; DAGMAR HÜLSENBERG, INGO Eiji KOUNO: Die Performativität der Satire bei SCHWARZ (Hrsg.): Alexander von Humboldt. : Zu seiner „geschriebenen Schauspiel- Gutachten und Briefe zur Porzellanherstellung kunst“ (Rainer Rosenberg) 450 1792–1795 (Sarah Bärtschi) 428 WOLFGANG BENZ, PETER ECKEL, ANDREAS MARK-GEORG DEHRMANN: Studierte Dichter. NACHA MA (Hrsg.): Kunst im NS-Staat. Ideolo- Zum Spannungsverhältnis von Dichtung und gie, Ästhetik, Protagonisten; GREGOR STREIM: philologisch-historischen Wissenschaften im Deutschsprachige Literatur 1933–1945. Eine Ein- 19. Jahrhundert (Andrea Albrecht) 431 führung (Ralf Schnell) 452 JOHAN SCHIMANSKI, ULRIKE SPRING (Hrsg.): MATTHIAS AUMÜLLER: Minimalistische Poetik. Passagiere des Eises. Polarhelden und arktische Zur Ausdifferenzierung des Aufbausystems in Diskurse 1874 (Inge Stephan) 433 der Romanliteratur der frühen DDR (Bernadette UWE LINDEMANN: Das Warenhaus. Schauplatz Grubner) 455 der Moderne (Björn Weyand) 435 HANS DIETER Z IMMERMANN (Hrsg.): Künstler im GUDRUN KÜHNE-BERTRAM, HANS-ULRICH LES- Gespräch. Die West-Berliner Akademie der Künste. SING (Hrsg.): Wilhelm Dilthey: Briefwechsel, Fotografien von Karin Gaa (Roland Berbig) 458 Bd. II: 1882–1905 (Ralf Klausnitzer) 437 MICHAELA REINHARDT: TheaterTexte – Litera- rische Kunstwerke. Eine Untersuchung zu poe- RUDOLF HIRSCH, ELLEN RITTER † (Hrsg.): : Sämtliche Werke. Kritische tischer Sprache in zeitgenössischen deutschen Ausgabe. Aufzeichnungen, Bd. XXXVIII: Text, Theatertexten (Johannes Birgfeld) 459 Bd. XXXIX: Erläuterungen (Timo Günther) 439 CHRISTINE KUTSCHBACH, FALKO SCHMIEDER (Hrsg.): Von Kopf bis Fuß. Bausteine zu einer JÖRG SCHUSTER: „Kunstleben“. Zur Kulturpoe- Kulturgeschichte der Kleidung (Olaf Briese) 463 tik des Briefs um 1900 – Korrespondenzen Hugo von Hofmannsthals und Rainer Maria Rilkes CARSTEN JAKOBI, CHRISTINE WALDSCHMIDT (Urs Büttner) 442 (Hrsg.): Witz und Wirklichkeit. Komik als Form ästhetischer Weltaneignung (Stephan Braese) 465 ALEXANDER HONOLD: Einsatz der Dichtung. Li- teratur im Zeichen des Ersten Weltkriegs (Peter Sprengel) 443 UDO BERMBACH: Houston Stewart Chamberlain. Informationen Wagners Schwiegersohn − Hitlers Vordenker (Michael Weichenhan) 446 Eingegangene Literatur 468 10.3726/92153_348348

ELKE SIEGEL

„die mühsame Verschriftlichung meiner peinlichen Existenz“. Wolfgang Herrndorfs „Arbeit und Struktur“ zwischen Tagebuch, Blog und Buch

Was mich aufrecht hält, ist das Soziale. HERRNDORF (2010, 160; 24.11.2010 8:07)

Lese meine eigenen Dialoge und stelle fest, dass ich das Missverständnis für das We- sen der Kommunikation halte. HERRNDORF (2011, 254; 3.10.2011 13:33)

Im Herbst 2010 veröffentlichte Wolfgang Herrndorf mit dem Roman Tschick das dritte Buch seiner Schriftstellerlaufbahn.1 Herrndorf hatte Malerei studiert, seinen Lebensun- terhalt als freischaffender Illustrator und Zeichner z. B. für die Zeitschrift Titanic verdient, die Malerei allerdings aufgegeben und sich dann dem Schreiben zugewandt. Er zog nach Berlin und fand eine community von Schreibenden in den kollaborativen Online-Projek- ten Wir höflichen Paparazzi und Riesenmaschine. Mit den zentralen Figuren im deutschen Internetaktivismus Kathrin Passig, Holm Friebe und Sascha Lobo war er mehr oder weni- ger eng befreundet.2 Weder im öffentlichen Bild der sog. digitalen Bohème (Friebe, Lobo) noch im Feld des Literarischen war Herrndorf selbst ein bekannter Name. Der Erfolg von Tschick kam scheinbar aus dem Nichts. Nahezu gleichzeitig mit der Veröffentlichung des Romans machte Herrndorf einen Blog3 mit dem Titel Arbeit und Struktur, ein unregelmäßig geführtes Internet-Tagebuch unter der Adresse seines eigenen Namens , öffentlich zugänglich. Davon, dass der Rowohlt Verlag den Link zu dem Blog als „Werbemittel“ versandte, distanzierte er sich: „Wahnsinn. Und nein, das ist nicht mit mir abgesprochen.“4 Der Link hatte direkt zum „Psychiatrisierungseintrag“ (AS, 96), dem ersten datierten Eintrag vom 8.3.2010 13:00 geführt, der Herrndorfs (Selbst-)Einlieferung in die Psychiatrie beschreibt. Denn kurz nach der Feststellung einer „Raumforderung“ im Gehirn im Februar 2010, nach sofortiger Operation und darauffolgender Diagnose eines unheilbaren Hirntumors (Glioblastom), war er in eine manische Episode gerutscht. Zuerst nur seinem Freundeskreis zugänglich, stellte er das Blog im September 2010 online, sechs Monate nach seinem Beginn.

1 Nach dem Roman In Plüschgewittern (2002) und dem Kurzgeschichtenband Diesseits des Van-Allen-Gürtels (2007). 2 Zu Herrndorfs Biographie und seinen Freundschaften vgl. den Nachruf des langjährigen Freundes FRIEBE (2013). 3 Bei Herrndorf ist „Blog“ ein Neutrum; auch im vorliegenden Aufsatz wird der sächliche Artikel verwendet. Laud Duden kann das Substantiv auch maskulin verwendet werden. Zur Verschiebung von „das“ zu „der“ Blog vgl. STEFANOWITSCH (2011). 4 Arbeit und Struktur wird fortan im Text zitiert: AS, mit Angabe der Seitenzahl: 96. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Einträge nicht nur datiert, sondern auch mit einer genauen Uhrzeit versehen. Ich werde die Uhrzeit nur da zitieren, wo es notwendig ist oder wo mehrere Einträge an einem Datum verfasst wurden. Allerdings gehe ich davon aus, dass die Angabe der Uhrzeit grundlegender Bestandteil der Datierung des (digitalen) Tages- formats ist.

© Peter Lang AG Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXVI (2016), H. 2, S. 348–372 Wolfgang Herrndorfs „Arbeit und Struktur“ zwischen Tagebuch, Blog und Buch 349

Den Verdacht, das Blog sei bloß das Werbemittel eines Buchautors,5 dementierte Herrn- dorf zudem mit dem Hinweis auf die „diskret und offenbar für die meisten Journalisten zu diskret gezogene Grenze zwischen Blog und Marketing“ (AS, 277; 8.2.2011). Eher lako- nisch reagierte er auf die provokativen Äußerungen von zwei Schriftstellerkollegen, nicht nur das Blog, der Hirntumor selbst sei ein Marketingcoup,6 weil er mit seiner unheilbaren Krankheit die durchschnittliche Lebenserwartung von 17 Monaten weit übertraf. Am 26. August 2013 beging er den lange geplanten Suizid mit einer Schusswaffe. „Unter Leben verstehe ich ein schmerzfreies Leben mit der Möglichkeit zur Kommunikation“, so lautet ein Blogeintrag vom 12.6.2012, der Herrndorfs Patientenverfügung enthält und, halb ironisch, auf das komplette Blog als juridisches Beweismittel für seinen klaren geisti- gen Zustand verweist. Von MRT zu MRT hatte Herrndorf immer wieder neu seine zu erwartende Lebenszeit errechnet und diese sowohl mit der Arbeits- und Schreibzeit zu korrelieren versucht, die für das ‚Fertigwerden‘ mit einem seiner liegengebliebenen Projekte nötig wäre, als auch mit dem Karnofsky-Index, der auf einer Skala von 0–100 die alltägliche Funktionalität bzw. Lebensqualität von Krebspatient(inn)en ermisst.7 Gerechnet wird vor allem in Monaten; Tage sind, dies unterscheidet Herrndorfs Blog von anderen Tagebüchern, angesichts des Todes nicht die Grundeinheiten seines Lebens:

Gib mir ein Jahr, Herrgott, an den ich nicht glaube, und ich werde fertig mit allem. (geweint) (AS, 22; 13.3.2010 11:00)

Mit allen Arbeiten zum Ende zu kommen, heißt auch: mit allem, was an Schlimmem kommt, fertig zu werden. Und Herrndorf, der sonst mit seinen Texten nicht fertig werden wollte oder konnte, schrieb nun wortwörtlich aufs Ende hin. Er war erfolgreicher denn je und fühlte sich vielleicht zum ersten Mal als „irgendetwas“: als Schriftsteller (vgl. AS, 337; 14.6.2012 11:12). Welche Rolle spielt dabei das Blog Arbeit und Struktur, das noch 2013, kurz nach Herrndorfs Tod, als Buch erschien? Der vorliegende Beitrag wird zunächst zeigen, wie sich Herrndorfs Arbeit und Struk tur im (Nicht-)Verhältnis zu anderen (literarischen) Internetprojekten sowie zu Autopathogra- phien und Blogs situiert (I.), um dann die spezifische zeitliche Komplexität herauszu arbeiten, die durch die Ungleichzeitigkeit zwischen dem Beginn von Herrndorfs Erkran kung, dem Anfang des ‚privaten‘ Blogs und dessen späterem Öffentlich-Machen entsteht (II.) und im Blog die Nachträglichkeit der Öffentlichkeit betont. Die Rekonstruktion von Herrndorfs ‚allmählicher Verfertigung eines Blogs‘ (III., IV.) folgt den Spuren seiner Entstehung aus der Krise der tödlichen Krankheit, die auch zur Krise der (Selbst-)Kommunikation wird; die Entscheidung zur Veröffentlichung des Blogs auf das Drängen der Freunde hin steht unter dem Vorzeichen vorläufigen Weiter-Lebens, an dessen Motto ,Arbeit und Struktur‘ der Name des Blogs gemahnt. Gezeigt wird, wie – in einer Phase der Nicht-Arbeit an einem Buch – das Blog zum Schreibprojekt eines sich aufs Tägliche fokussierenden Ich

5 Vgl. SIMANOWSKI (2001). 6 „Nach Thor Kunkel entlarvt auch Joachim [ES] Lottmann die Hirnsache im taz-Blog als Marketingcoup.“ (AS, 321; 25.4.2012). 7 Vgl. AS, 33 (22.3.2010), 35 (24.3.2010 18:49), 248 (21.9.2011).

© Peter Lang AG Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXVI (2016), H. 2, S. 348–372 350 ELKE SIEGEL wird, das im Zeichen zunehmender Erfahrungen von Sprachverlust und Depersonalisie- rung seinen Status dokumentiert und problematisiert. Mittels Text, Bild und Video wird die Grenze zwischen dem Ich früherer, zerstörter Tagebücher und dem sich als posthum verfassenden Ich des Blogs markiert (V., VI.). Als (scheiterndes) Instrument der Bewälti- gung von Krisen der Kommunikation steht das Blog häufig zwischen seiner Einstellung und seiner Konvertierung in ein Buch (VII., VIII.), das immer schon der Horizont des Blogs gewesen sein wird (IX.), insofern es als ein dem Sprechen des Toten und dem Dis- kurs über Tod und Suizid angemessenes Medium erscheint. Abschließend wird Rainald Goetz’ Versuch skizziert, mit dem toten Herrndorf in ein Gespräch über den ‚falschen Gebrauch‘ des Internet und die daraus folgende verhinderte Begegnung mit dem Körper des Anderen einzutreten (X.).

I. Missing Links. Herrndorf las Goetz’ Internet-Tagebuch Abfall für alle voller Bewun- derung (vgl. AS, 200; 7.4.2011 2:11). Wie Stephan Porombka argumentiert, hat Goetz sicherlich vielen Autoren den Weg zu einem ‚entspannten‘ und auch experimentieren- den Umgang mit dem Internet geebnet, der zuvor – unter dem Druck von Begriffen wie ,Netzliteratur‘ – nicht möglich war.8 Was Herrndorf, der den Vergleich mit Goetz scheut, jedoch von diesem unterscheidet, ist der Gebrauch des Mediums: Goetz benutzte das Internet-Tagebuch als zeitlich begrenztes Experiment mit den Effekten täglicher Veröf- fentlichung, wobei die Frage der Diskretion, d. h. der Grenzziehung zwischen Öffentlich- keit und Privatem zunehmend zur zentralen Frage seines Schreibens im Internet wurde.9 Des Weiteren verweist Abfall für alle insofern auf Goetz’ Werkzusammenhang, als auch hier eine – verschiedene Formen und Medien einsetzende – Reflexion und Inszenierung medialer Bedingungen von Autorschaft, Schrift und Arbeit sowie der Möglichkeit des Ineinander von Schreiben und Leben erfolgt.10 Goetz setzte sich, obwohl er am Anfang sein Projekt nicht als Tagebuch-Projekt wahrnahm,11 mit den ,Großen‘ der Tagebuch- literatur – etwa Ernst Jünger – kritisch auseinander. Ein vergleichbarer Bezug fehlt bei Herrndorf. Herrndorf las das im November 2010 auf der Webseite des Guardian veröffentlichte „a memoir of living with a brain tumour“ von Tom Lubbock, Zeichner und Kunstkriti- ker, der ebenfalls an einem Gehirntumor, nahe am Sprachzentrum, erkrankt war und 2011 starb.12 Spürbar bewegt war Herrndorf von dieser hybriden Mischung aus Tage- bucheinträgen und Notizen sowie von Lubbocks Bemühen, sich noch über die schwin- dende Sprechfähigkeit zu äußern. Doch nie gewinnt man den Eindruck, Herrndorf habe dieses memoir – kein fortlaufendes Blog, sondern als Ganzes online gestellt – als Modell betrachtet. Es mag überraschen, dass weder Christoph Schlingensiefs So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein! Tagebuch einer Krebserkrankung (2009) noch die kontro- verse Diskussion in den Feuilletons 2009 angesichts einer großen Zahl literarischer Ver-

8 POROMBKA (2000, 61). 9 GOETZ (1999, 125, 357 f.). 10 Zum „Ichprojekt ‚Goetz‘“ vgl. SCHÄFER (2013, 546 ff.), zu Goetz’ „Selbstpoetik“ bzw. „Autofiktion“ KREKNIN (2014, 161 ff.). 11 HAGESTEDT (2000, 332). 12 , zuletzt 15.10.2015.

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öffentlichungen zum Thema Tod13 in Herrndorfs Blog ein Echo finden,14 obwohl er sich, wenn auch auf verrätselte Weise, bemühte, das Feld von autobiographischen Texten über Krebserkrankungen zu überblicken (vgl. Kap. IX). Auch wenn für Herrndorfs Arbeit und Struktur Begriffe wie ,Autothanatographie‘ und ,Autopathographie‘ zutreffen,15 bildeten Veröffentlichungen aus diesem Bereich keinen Bezugspunkt für ihn: Auf der Liste von Büchern, die er in der ihm bleibenden Zeit lesen wollte, standen Lieblingsbücher,16 die er wieder lesen wollte: „Ich lerne nichts Neues mehr. Weil ich nicht will. Es ist, wie mir Bü- cher zu schenken: Erinnert mich an den Tod. Neues braucht man für später, Bücher liest man in der Zukunft.“ (AS, 386; 18.2.2013 12:33) Herrndorfs Blog ,verlinkt‘ sich überraschend wenig. Weder führen eindeutige Wege zu einer bloggenden ‚community‘ noch etwa zu Wikipedia-Einträgen oder anderen Web- seiten. Und es fehlen nicht nur ,Blogroll‘ (Sammlung von Links zu anderen Blogs) und ,Schlagwortwolke‘; darüber hinaus sind die zwei prägnantesten Merkmale von Blogs – umgekehrte chronologische Reihenfolge, Möglichkeit zur Interaktion etwa durch die Kommentarfunktion – in Herrndorfs Blog nicht umgesetzt.17 Er machte seinen Blog zwar öffentlich lesbar, lud aber nicht zum Gespräch ein. Dass die Ablehnung dieser Form des Dialogs per Blog nicht unbedingt akzeptiert wurde, zeigt sich in zwei Einträgen im Oktober 2011, ein Jahr nach der Veröffentlichung des Blogs. Am 26.10.2011 um 16:59 schreibt Herrndorf:

Aus juristischen Gründen steht im Impressum meines Blogs meine Postadresse mit dem Zusatz „Keine Anfragen“. Keine Anfragen, für alle, die Schwierigkeiten haben, das zu verstehen, bedeu- tet: Keine Anfragen. (AS, 270)

An seine Postadresse erhielt er neben Briefen, die er durchaus gern las,18 auch Ratschläge für vermeintlich erfolgversprechende Behandlungsmethoden – zusätzliches Wissen, das er ablehnte.19 Wo Autor(inn)en als ‚Privatpersonen‘ durch die Vertretung des Verlags ge- schützt sind, ergibt sich durch die Impressumspflicht beim Blog der paradoxe Fall, dass der

13 Vgl. RADISCH (2009), KÄMMERLINGS (2009), ANGELE (2009), MACHO (2009). 14 Von Schlingensiefs offensivem Umgang mit seiner Erkrankung, seiner offen gezeigten Angst und Verzweiflung unterscheidet sich Herrndorfs Umgang mit der Erkrankung dadurch, dass er keine anderen ‚Bühnen‘ als seinen Blog sucht. Schlingensief sprach als öffentliche Person auch für die Belange von anderen Patient(inn)en und rang zumindest am Anfang immer wieder mit der verständlichen Frage: „Warum ich?“: „Warum denn nicht ich? Willkommen in der biochemischen Lotterie.“ (AS, 181; 11.1.2011) Herrndorfs Blog war auch nicht im Kontext einer Auseinandersetzung in verschiedenen Medien, Genres und Kunstformen mit dem bevorstehen- den Tod situiert (vgl. KNAPP 2012). Vgl. zu Schlingensiefs Tagebuch SCHMIDT (2015), POPP-BAIER (2013), NEUFELD (2015, 517 ff.). 15 Vgl. das Schwerpunkheft An der Grenze. Sterben und Tod in der Gegenwartsliteratur der ZfGerm (3/2015). Vgl. auch EGAN (2001, 1999), FRANK (1994, 2009), MILLER (1994), MILLER, TOUGAW (2002), SMITH, WATSON (2010), TEMBECK (2008), WAPLES (2014), WATSON (2012). 16 Zur Liste der Lieblingsbücher vgl. AS, 44 (19.4.2010). 17 Das Archiv des Blogs ist umgekehrt chronologisch aufgebaut. Zur Definition und Geschichte von Blogs vgl. AINETTER (2006), ERNST (2010), NOWAK (2008), NÜNNING, RUPP (2012), PUSCHMANN (2010), HERRING u.a. (2004), RODZVILLA (2002). 18 Vgl. AS, 156 (3.11.2010), 212 f. (18.6.2011). 19 Vgl. AS, 170 (17.12.2010), 170 (17.12.2010).

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Autor zurückkonvertiert, relokalisiert wird, entgegen aller Behauptungen von Virtualität oder Globalisierung. Dies zeitigt in dem Moment Konsequenzen, wo eine interessierte Öffentlichkeit die Verweigerung von Reziprozität in der Kommunikation nicht akzep- tiert. Dies mag besonders der Fall sein, wenn es um Tod und selbstbestimmtes Sterben, um Suizid als „Exitstrategie“20 geht, ohne – wie dies in Talkshowformaten und anderen Formen üblich ist – darüber diskutieren zu wollen.21 Arbeit und Struktur, ein Blog mit zuerst privater, dann öffentlicher Leserschaft, die aber zugleich ausgeschlossen erscheint, erfordert eine hybride Mischung von Buch- und Online-Lesegewohnheiten als Reaktion auf die Veröffentlichung von ‚Privatem‘. Für die neu zu ziehenden Grenzverläufe zwischen Öffentlichem und Privatem in Zeiten des Inter- net,22 wie auch für das Verhältnis ‚alter‘ und ‚neuer‘ Medien, bietet gerade das komplexe Verhältnis von Tagebuch und Blog einen Fokus der Forschung.23 Wie ist es möglich, dass die Schreibpraxis, die wir bisher mit größter Privatheit verbanden, den Bezugsrahmen für ein massenhaft öffentliches Schreiben des Selbst bildet? Wie muss unser Verständnis der Gattung ,Tagebuch‘ verändert werden, wenn ein solcher Transport möglich ist?24 Welche Kommunikation erlaubt das Blog als Tagebuch, das sich öffnet und gleichzeitig abzu- schließen scheint?

20 Vgl. AS, 50 (30.4.2010), 79 (10.8.2010 16:05). 21 Zur Grenzziehung zwischen Leben und Tod in der Moderne und zur Frage der ‚neuen Sichtbarkeit des Todes‘ (Macho) vgl. VEDDER (2010, 2013, 2015). 22 Vgl. GUMBRECHT (2004), MILLER, SHEPHERD (2004), NARDI, SCHIANO, GUMBRECHT (2004). 23 In der ‚Blogosphäre‘ gab es mit dem explosionsartigen Anwachsen von Blogs (dank standardisierter Software) und der Verbreitung der Beschreibung des Bloggens als Form datierten, regelmäßigen Schreibens mit den Begriffen ,journal‘ oder ,diary‘ eine Diskussion über die Herkunft von Blogs; zur Geschichte von ,Blogs‘ vgl. ERNST (2010), NOWAK (2008). Gerade die frühen Blogger wiesen zumeist das Bloggen auf das analo- ge Tagebuch zurück: Blogs seien themen- nicht subjektorientiert, wobei Letzteres „weiblich“ codiert wird (MCNEILL [2009]). Diese genderspezifische Unterscheidung setzt sich auch in der Hierarchie von „A list“ (große Öffentlichkeit) und „Long Tail“ (geringere Reichweite, „persönliche Öffentlichkeit“) fort (SCHMIDT [2008]; vgl. PUSCHMANNs Unterscheidung von „Ego blogging“ mit der Metapher „Diary“ vs. „Topic bloggin“ mit der Metapher „Megaphone“ [2010, 41 ff.]). In der Forschung wurde zwischenzeitlich zumeist das Tage- buch als zumindest ein Vorgänger der meisten Blogs begriffen (HERRING u. a. [2004], MCNEILL [2009]), selbst wenn Blog-Aspekte wie Öffentlichkeit und Interaktivität den Praktiken des ‚persönlichen‘ oder ‚priva- ten‘ Tagebuchs zu widersprechen scheinen. Für eine Diskussion der möglichen Ansätze, das Verhältnis von digitalem und analogem Tagebuch zu beschreiben (z. B. als „remediation“, „material complexification“ oder historisch veränderte soziale Praxis), vgl. VAN DIJCK [2004] (für die „lifelogs“ dem traditionellen Tagebuch am meisten ähneln), KITZMANN [2003]) und NÜNNING, RUPP (2012). In der Blog-Forschung wird deshalb eine erneute Historisierung des Tagebuchs unternommen, die aufzeigt, dass Tagebücher nicht immer nur von einer Person verfasst wurden und dass auf verschiedene Weisen ‚Öffentlichkeit‘ dem Tagebuch-Schreiben immer schon eingeschrieben war (vgl. DUSINI [2005, 70 f.], KUHN-OSIUS [1981]). Für BUTZER ist das Tage- buch sogar ein „Weblog avant la lettre“ (2008, 94); für LEJEUNE erweist sich nach anfänglichem Widerstand das Internet als Raum, in dem das Tagebuch sich produktiv von der Beengung durch das Buch befreien kann (2014b, 287). 24 Für eine Diskussion der möglichen Ansätze, das Verhältnis von digitalem und analogem Tagebuch zu beschrei- ben (z. B. als „remediation“ oder historisch veränderte soziale Praxis etc.), vgl. VAN DIJCK (2004), KITZMANN (2003).

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II. Anfänge, nachträglich. Navigiert man zum Blog Arbeit und Struktur, trifft man auf fol- gende, beinahe trotzig klingende Anweisung:

Dieses Blog war ursprünglich nicht öffentlich. Zur Veröffentlichung wurden Namen anonymi- siert, Passagen gekürzt oder gestrichen. Unklarheiten waren teilweise nicht zu vermeiden. Um das Blog in Gänze zu lesen, beginne man bei dem Eintrag Dämmerung.25

Das Blog, das im März 2010 – kurz nach Herrndorfs erster Operation (19.2.2010), der in jeder Hinsicht endgültigen Diagnose Glioblastom (25.2.) und einen Tag nach der Einlie- ferung in die Psychiatrie (8.3.) – einsetzt, markiert da, wo ,Enter‘ stehen sollte, sogleich eine Nachträglichkeit und fordert, nicht in die (vermeintliche) Aktualität des neuesten Eintrags einzutreten, wie dies bei Blogs üblich ist. Stattdessen werden Lesende, als Nach- Lesende, an einen Anfang verwiesen. Da Herrndorf aber schon seit etwa sechs Monaten dieses Tagebuch für seine Freunde geführt hatte, fehlt am Anfang der Anfang, es fehlen Vorgeschichte und Kontext. Damit ist das Blog insofern weiterhin ‚privat‘, als dieses Feh- len von Information deutlich aufzeigt, dass Schreiben im Blog, wie im Tagebuch, ein Echo von Erleben notiert, das in und zwischen diesen Spuren gleichsam unlesbar vibriert. Zudem wirkt der ‚Anfang‘ des Blogs, zu dem die Lesenden geschickt werden, über die komplexe Zeitlichkeit hinaus desorientierend, da dieser Anfang sich als Autobiographie einerseits, als Groteske andererseits inszeniert. Der kurze, undatierte Eingangstext Dämmerung – der im Titel unentscheidbar zwischen Zunahme oder Abnahme von Licht, Tagesanfang oder Tagesende oszilliert – führt weit zu- rück, zum Anfänglichen überhaupt: nicht zum Beginn der Erkrankung, sondern zur aller- ersten (Bewusstseins-)Dämmerung. Wie in den berühmten autobiographischen Modellen wird die früheste Erinnerung des Ich – nennen wir es Herrndorf – erzählt; inszeniert wird ein morgendliches und kindliches Zum-Bewusstsein-Kommen des Zweijährigen. Der an- schließende Kommentar betont, dieses Ich habe immer schon rückwärtsgeblickt:

[I]mmer wollte ich Stillstand, und fast jeden Morgen hoffte ich, die schöne Dämmerung würde sich noch einmal wiederholen. (AS, 7)

Eine deutlichere Absage an die Zeitlichkeit des Tagebuchs ist kaum denkbar: Denn dieses ist in dem verzweifelten oder hoffnungsvollen Bewusstsein von ‚Gegenwart plus 1 Tag mehr‘ verankert.26 Der Blick zurück ist der Blick des Autobiographen,27 aber auch als An- fang einer Autobiographie ist dieser Anfang in einen Widerspruch verstrickt: Dieses Ich will keine Entwicklung, die rückblickend erzählt werden könnte, sondern: „Stillstand“. Umso härter ist dann die Fügung, die zwischen diesem kleinen Text und dem ersten Eintrag ent- steht, der in medias res springt, in einen Moment, der alles andere als Stillstand verspricht:

Gestern haben sie mich eingeliefert. Ich trug ein Pinguinkostüm. […] Gestern noch lag ich auf der Psychiatrie, ich kann mich aber nicht mehr an viel erinnern […]. (AS, 9)

25 , zuletzt: 15.10.2015. 26 DUSINI (2005, 83 ff.), SHERINGHAM (2006, 360 ff.). 27 LEJEUNE (2014c, 402).

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Dem Eintrag ist eine Photographie der Szene beigefügt: Herrndorf und ein Freund in der Aufnahme der Psychiatrie in der Charité. Dies also ist der Anfang der datierten Einträge, unter der Überschrift EINS. Mehr oder weniger regelmäßig führt Herrndorf nun dieses digitale Tagebuch. Die Teile EINS bis ZWEIUNDVIERZIG umfassen je unterschiedlich lange Zeiträume und unterschiedlich viele Einträge. Zum Großteil besteht das Blog aus Text, versetzt mit Photographien, häufig Selbstporträts, mit der Computerkamera aufge- nommen, oder Gruppenbilder mit Freunden. Unterbrochen werden die chronologischen Einträge am Ende von ACHT durch eine „Rückblende“: eine Analepse oder auflösende Rückwendung in 12 Teilen, die, in atemlosem Präsens und fast szenisch, die Vorgeschich- te von Februar 2010 bis zum 7.10.2010 erzählt. Herrndorf füllte hiermit die „Lücke“ in seinem Blog28 – doch sei an die zitierte Anweisung erinnert, eben nicht hier zu beginnen, obwohl es den Einstieg erleichtern würde. Herrndorf insistiert auf der Chronologie des Schreibens, nicht der Ereignisse. So wird man, nach ACHT, durch die Rückblende wieder an den Anfang, den 8. März 2010, geführt – und meint, mit diesem neuen Wissen nun eigentlich erst von vorn lesen zu können. Dieser loop erweckt den Eindruck, nie an die Gegenwart des Schreibenden heranzukommen oder dem Ich des Blogs erst durch das an den beschriebenen Wahn er- innernde Kreisen auf die Spur zu kommen. Eine solche Verrätselung und Umwegigkeit ist sicherlich ein Kunstgriff, mit dem Herrndorfs Blog jedem Spekulieren auf Aktualität des Leidens oder Sterbens eine Absage erteilt und damit Erwartungen, die wir an die Form des Blogs herantragen, enttäuschen mag. Es verwundert daher nicht, dass Sascha Lobo – der zusammen mit Meike Lobo den Blog für Herrndorf ‚gebastelt‘ hatte – in einem Post in seinem eigenen Blog auf Herrndorfs Seite aufmerksam macht, aber für das Lesen eine andere Reihenfolge vorschlägt:

Während das Buch „Tschick“ entstanden ist, den Tumor im Nacken und gleichzeitig ein wenig darüber, hat Wolfgang Herrndorf Tagebuch geführt. Inzwischen ist das Tagebuch in Blogform öffentlich […] – ich empfehle eine andere Reihenfolge als die chronologische, nämlich zuerst „Dämmerung“ zu lesen, dann die Rückblenden eins und zwei und dann hier beginnend29 den Rest dieses ärgerlich großartigen Blogs.30

III. Worte und Verzweiflung: Vom Moleskine zum (privaten) Blog. Die Rückblenden erzäh- len vom Anfang der ärztlichen Behandlung, vom zermürbenden Warten auf Gewissheit und von einem seit seiner Operation anhaltenden Hochgefühl, das zu Manie und Wahn führen wird. Berichtet wird von Versuchen einer Zeit-Konstruktion – zwischen Nichts, Sekunde, Gegenwart, Monaten –, derer es bedurfte, um einen zeitlichen Horizont des Weiterlebens zu bilden; von Angst und auch von Dankbarkeit Freunden gegenüber.31 Zu den Freundschaftsgaben (AS 113) zählt die Erfahrung der Zuverlässigkeit, wenn die Freunde ihm etwa bei der Suche nach Statistiken helfen, um eine realistische verbleibende

28 „Die letzten Tage krampfhaft versucht, die Lücke in meinem Blog zu schließen. Die Beschreibung des Irrsinns macht mich wieder irre.“ (AS, 154; 24.10.2010 9:56). 29 Hier setzt Lobo einen Link zu dem Post EINS von Arbeit und Struktur. 30 Vgl. , zuletzt: 15.10.2015. 31 Vgl. AS, 55 (11.5.2010 00:55), 100, 106, 129.

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Lebenszeit zu berechnen (AS, 107); das von einer Freundin geschenkte Bild des jungen Hamsun, das ihn an sein früheres Selbst erinnert, das einst trotzig in die Welt blickte (AS, 109); der ihm durch seinen Freundeskreis vermittelte Kontakt zu einem älteren Mann, der, 32 bei gleicher Diagnose, nach 13 Jahren noch lebt (AS, 114 f.). Dieses Gespräch bestärkt Herrndorf in dem Entschluss, den er nach der Diagnose gefasst hatte: nicht Weltreise und Ausnahmesituation, sondern Normalität – Arbeit und Struktur. Das Programm, das mit diesem Telefonat assoziiert bleibt, wird zum Titel des Blogs: Dieser allerdings zählt nicht zu den ‚Arbeitsvorhaben‘ und dient auch nicht explizit der zeitlichen Strukturierung; nirgends findet sich etwa ein Vorhaben formuliert, täglich einen Eintrag zu schreiben. Das Blog hat eine soziale Funktion, die der strukturierenden Arbeit gegensteuert, da, so Herrndorf, Arbeit bei ihm immer zu Fixierung und „Asozialität“ geführt habe.33 Arbeit und Struktur ist das Motto des Überlebens, während er im Blog die Arbeit ins Soziale zu öffnen versucht. Das für Herrndorf Bedrohliche der Kommunikation, das wohl seinen Teil an dem Sturz in den Wahn hatte, zeigt sich in der sog. Jana-Krise, ausgelöst durch einen Telefonanruf. Es ist, jenseits aller Wörter, die „belegte Stimme“ (AS, 120) der Freundin, die ihn, der mit aller Macht versucht, störende Todesgedanken zu kontrollieren, an die Realität seiner Lage erinnert. Empathie konfrontiert ihn mit seinem bevorstehenden Tod und stellt seine Versuche, „Herr im eigenen Haus“ zu sein, in Frage.34 Im Zustand der Manie kreisen sei- ne Gedanken u. a. um den Satz: „Ich bin besorgt, dass die Freunde besorgt sein könnten“ (AS, 129), und er wundert sich, dass Todesangst und die Angst, nicht geliebt zu werden, in eins fallen (AS, 131). Es scheint, dass diese Krise zu der Entscheidung führte, ein für Freunde zugängliches Tagebuch zu führen: In gewisser Weise enthält es immer wieder die Antwort auf die Frage, wie es ihm geht – die so schwer zu stellen ist ohne belegte Stimme. Ein weiteres Element der Erzählung in der Rückblende ist hervorzuheben: ein Notiz- buch der Marke Moleskine.35 Ein Notizbuch habe er nie besessen, betont Herrndorf. Als „Behelfsschriftsteller“ (AS, 115) habe er Einfälle auf Zetteln notiert. Erst nach der Opera- tion drängt es ihn, ein Moleskine anzuschaffen, jenes „analoge[ ] Speichermedium“, das Holm Friebe und Sascha Lobo in Wir nennen es Arbeit als „Bohème-Gegenstand schlecht- hin“ bezeichnen, der früheren Künstler(inne)n mobiles Arbeiten erlaubte.36 Zu diesem Zeitpunkt versucht er, zu Hause am Computer sein Vorhaben – Arbeit und Struktur, Fortsetzung fragmentarischer Romanprojekte – umzusetzen und notiert oder verbildlicht im Moleskine die kreisenden, chaotischen, wahnhaft-abgründigen Gedanken. In diesem Buch wird Herrndorf von Textschleifen umgarnt, die er nicht kontrollieren kann. Einige Seiten des Notizbuchs werden in seinen Selfies vor dem Computer wie Beweisstücke des Wahns die Kamera gehalten.37 Erst das Blog supplementiert das Notizbuch auf eine Wei- se, die aus dem Kreisen und den Krisen der Schrift zu etwas anderem oder zu anderen führt. Die Zeit für (einsame) Notizen scheint vorbei: Die Schrift wird zu gefährlich, die Angst vor dem Verlust zu groß. 32 Etwa ein Jahr später telefoniert er nochmals mit „Herrn T“ (AS, 195; 18.3.2011). 33 Vgl. AS, 156 (1.11.2010), 91 (13.9.2010); auch 125 und, besonders hinsichtlich des Verhältnisses von Arbeit und Sozialem, 283 (19.11.2011 23:51). 34 Vgl. AS, 106, 50 (30.4.2010). 35 „Rückblende, Teil 4“ trägt den Titel: „Das Moleskine“ (AS, 115 ff.). 36 FRIEBE, LOBO (2008, 22). 37 AS, 119, 127, 128, 136.

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Das Blog, das Herrndorf beginnt, als er durch die stationäre Behandlung in der Neuro- psychiatrie etwas Ruhe findet, wäre somit auch ein Mittel, die Wörter im Analogen zu kontrollieren, die ihn zur Verzweiflung treiben. Treibt die Selbstbeobachtung in den Wahnsinn – so bereits Immanuel Kants Sorge in Bezug auf Tagebücher38 –, so wird diese Beobachtung ergänzt durch die Kontrolle derer, die diese beobachten können.

IV. Der öffentliche Blog: Die Gabe – ein ‚Gift‘? Mit der Veröffentlichung von Tschick hatte Herrndorf im September 2010 sein Ziel erreicht: eines seiner Romanprojekte zu beenden. Etwa zur selben Zeit wartete er auf das Resultat eines weiteren MRT, das über die Wirk- samkeit der Operation und der anschließenden Behandlung Auskunft geben sollte. Vor dem Termin bei „Dr. Vier“ notiert er am 21. September 2010 um 12:35:

Für anschließend zwei Pläne: Wenn kein Tumorwachstum, setz ich mich an den Wüstenroman und hau ihn bis zum nächsten MRT zusammen. Im andern Fall: Werf ich ihn weg und verleg mich aufs Blog. Was schade wäre. Korrekturleser meinten, es wäre das Beste, was ich bisher ge- schrieben habe. (AS, 93)

Kaum 45 Minuten später heißt es lapidar: „Es folgt: Der Wüstenroman.“ (AS, 94; 21.9.2010 13:11) Herrndorf hatte nochmals Zeit gewonnen. Auch wenn das Arbeiten selbst im Vordergrund steht, scheint sich aus den einzelnen Büchern langsam ein Gesamt- Werk zu kristallisieren, das nicht zuletzt auf eine konsequente Neu-Bearbeitung von Gen- res zielt – nach dem „Jugendroman“ nun der „Wüstenroman“ (AS, 251 f.), der Thriller und Krimi kreuzt und in keine Kategorie gänzlich passt. Das Schreiben in der Auseinandersetzung mit Genres, wie Herrndorf es für seine Ro- mane praktiziert, bildet für das Blog bzw. das Tagebuch keine explizite Grundlage. Jen- seits von Lubbock und Goetz bezieht sich Herrndorf, erst im Juni 2012, nur auf das bis dahin ungelesene Tagebuch der Anne Frank.39 Was ihn an diesem Tagebuch beschäftigt, ist nicht dessen Form oder sein Einfluss auf Tagebuchpraktiken und -literatur, sondern der überraschende Zufall, dass Anne Frank und er am selben Tag geboren wurden und dass sie ihr Tagebuch, ein Geburtstagsgeschenk, nur 23 Jahre vor seiner Geburt begann: „eine Ge- neration, mehr nicht, ein Wimpernschlag“ (AS, 333). Sein Augenmerk gilt der Tatsache, dass in Tagebüchern nicht nur Einzelne versuchen, Zeit zu formen und sich anzueignen, sondern dass sie auf diese Weise auch später Lesenden ermöglichen, Geschichte entlang anderer Daten als der ‚großen‘ Geschichte zu konstruieren. Doch auch diese Einsicht führt zu keinem programmatischen Arbeiten am Tagebuch/ Blog. Wie gerät also dieses Blog, das zu keinem Zeitpunkt explizit als Teil der literarischen Arbeit und des entstehenden Werks erscheint, in die Öffentlichkeit? Am 22. September 2010, einen Tag nach dem Zeit gewährenden MRT-Befund, schreibt Herrndorf:

Nach einem Tag Gleichgültigkeit kommt der Gefühlsausbruch doch noch. Wir sitzen gerade im Prater, und ich muss mit Kathrin vor die Tür. Anlass diesmal: das Blog, das Sascha und Meike für mich gebastelt haben.

38 Vgl. KANTs (1917, 132 f.) Warnung vor der Selbstbeobachtung im Tagebuch in § 4 der „Anthropologie in pragmatischer Hinsicht“. 39 Vgl. AS, 332 (2.6.2012).

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Immer die gleichen Dinge, die mir den Stecker ziehen: die Freundlichkeit der Welt, die Schönheit der Natur, kleine Kinder. (AS, 94; 22.9.2010 23:55)

Das öffentliche Blog ist demnach ein Geschenk, das Herrndorf nur „auf Drängen von Freunden“ (AS, 443) annahm. Herrndorf hätte wohl nicht nachgegeben, wäre ihm durch das Ergebnis des MRT nicht abermals einiges an Lebens- und Schreibzeit in Aussicht gestellt worden. Die Betonung des Drängens40 impliziert, dass Herrndorf von der Ver- öffentlichung überzeugt werden musste: Was hier anklingt, ist die Nähe von Gabe und Gift, von dem Gut, das gegeben wird, aber im Geben anderes mitgibt, Teil des schier unvermeidlichen Tauschens wird, das die Gabe durchstreicht.41 Herrndorf hat die Grenze zur Öffentlichkeit nicht ganz freiwillig überschritten, den „Austausch“ mit Öffentlichkeit verweigert und dem Blog gegenüber nie eine klare Haltung angenommen; die spätere Konvertierung zum Buch mag schon immer der Bezugsrahmen gewesen sein, den er sich im Blog, als ‚Gegengift‘, erschrieben hat.

V. Der heutige Tag: „Speech Arrest“ (AS, 377; 24.12.2012). Als Herrndorf das Manuskript für den Roman Sand im Juli 2011 vorerst beendete, stellte sich ein Gefühl der Leere ein.42 Vor einer weiteren entscheidenden Untersuchung im November rechnete er mit drei oder vier verbleibenden Monaten. Doch am 25. November berichtet er vom Gespräch mit einem seiner Ärzte, der ihm noch zehn bis zwölf Monate gibt, und fragt:

Bis zum Tod oder bis zum Rezidiv? Bis zum Rezidiv. […]. Da könnte ich ja noch zwei Bücher schreiben, wenn ich wollte. Komischerweise will ich gar nicht mehr. Ich habe fast zwanzig Monate durchgearbeitet, weil ich musste. Jetzt muss ich nicht mehr. Also schreibe ich nicht mehr. Schon praktisch seit dem vierten November nicht mehr. (AS, 287)

Und doch beginnt er im November, an einem Science-Fiction-Roman weiterzuarbeiten, un- terbrochen durch die Folgen eines Fahrradunfalls; aus „Kompliziertheitsgründen“ (AS, 316; 31.3.2012 15:36) gibt er dieses Projekt auf und schreibt ab dem Frühjahr 2012 an einer Fortsetzung zu Tschick aus der Perspektive der Isa-Figur.43 Auch wenn Herrndorf es nicht plant, wird es tatsächlich gelingen, in den 20 Monaten bis zu seinem Tod noch zwei Bücher zu schreiben: die zwei ungeplanten Bücher Bilder deiner großen Liebe. Ein unvollendeter Roman (2014) und Arbeit und Struktur. Zur Entscheidung, das Blog auch als Buch zu veröffentlichen, findet sich in Arbeit und Struktur keine weitere Erklärung. Zu beobachten ist, dass ab dem Zeitpunkt, als für Herrndorf Sand so gut wie fertig ist, von Juli 2011 bis in den November 2011 – also bis zur erneuten Verlängerung seiner errechneten Lebenszeit –, Herrndorf am regelmäßigsten am

40 LOBO (2013) erwähnt in einer Empfehlung von Arbeit und Struktur, Kathrin Passig und er hätten „Wolfgang dieses Blog aufgeschwatzt“. 41 Vgl. DERRIDA (1993). 42 Am 23.7.2011 18:43 wird das Abschließen einer vorläufigen Version des Romans angezeigt: „Danach sofort Gefühl der Leere. Was als Nächstes? Ich weiß es nicht.“ (AS, 219) Diesem Eintrag folgt dann, um 18:51, nur ein Name: „Amy Winehouse“ (AS, 219). 43 Am 19.6.2011 hatte er noch abgelehnt, eine Fortsetzung zu Tschick zu schreiben (AS, 213).

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Blog schreibt und über lange Strecken täglich mindestens einen Eintrag verfasst.44 Nahe am Ende von SIEBZEHN notiert er am 16.7.2011:

Die Zukunft ist abgeschafft, ich plane nichts, ich hoffe nichts, ich freue mich auf nichts außer den heutigen Tag. Den größeren Teil der Zeit habe ich das Gefühl tot zu sein. (AS, 218)

Es ergibt sich somit genau jene Situation, in der sich Herrndorf – ohne dies explizit zu markieren – „aufs Blog“ (AS, 93) verlegt, weil für einen Moment kein weiterer Roman anvisiert wird und unter diesen Umständen ‚der heutige Tag‘ den Zeitrahmen seiner Exis- tenz bildet. Hier kann am ehesten von einem Tagebuch gesprochen werden, in dem von Dusini ausgearbeiteten Sinne, dass das Tagebuchschreiben jenes „menschliche[ ] Tun im Verhältnis zur Zeit“45 ist, das sich an der Zeiteinheit „TAG“ orientiert.46 Auch wenn dies keine grundsätzliche Änderung in Stil oder Form der Einträge mit sich bringt und die Be- schäftigung mit der verbleibenden Lebenszeit, wie in den benutzten Statistiken, sich in der Zeiteinheit „Monat“ bewegt, sollte diese temporäre Änderung des Schreibintervalls nicht unterschätzt werden – gerade weil die Täglichkeit hier nicht mit Präsenz oder Lebensnähe, sondern mit Todesnähe verbunden wird. Der andere ‚Gebrauch‘ des Blogs fällt mit dem seltenen Moment einer Adressierung der Lesenden aus der ‚zweiten‘ Öffentlichkeit zusammen: die bereits erwähnte Ermahnung, dass Herrndorf keine Anfragen oder Ratschläge wünsche. In diesen Zeitraum fällt auch das erste Auftreten von epileptischen oder epilepsieähnlichen Anfällen, die ihm – noch – temporär die Fähigkeit zu sprechen nehmen. Er beginnt, ‚Testverfahren‘ zu entwickeln, um sein Sprechen zu beobachten, die im Blog dokumentiert werden. All dies ist im Zusam menhang mit der Unsicherheit zu sehen, wann ‚es‘, das Sterben, losgeht,47 wann der Zeitpunkt gekom- men ist, von der „Exitstrategie“ Gebrauch zu machen. Ist die Fähigkeit zur Kommunikation grundlegend für Herrndorfs Begriff von Leben, so wird diese Fähigkeit nun zunehmend beeinträchtigt. Als Reaktion auf den ersten Anfall schreibt Herrndorf am 7.8.2011:

Dieser Scherbenhaufen im Innern bei gleichzeitiger Unfähigkeit zu sprechen, das ist nicht meine Welt. […] Menschliches Leben endet, wo die Kommunikation endet, und das darf nie passieren. Das darf nie ein Zustand sein. Das ist meine größte Angst. (AS, 224)

Paradoxerweise wird in dem Blog, im Zuge einer neuen Regelmäßigkeit der Einträge, eine neue Form von Präsenz in dem Moment erzeugt, als das „Ich“ immer deutlicher „De- personalisation“, Derealisierung, seine eigene Zerschlagung erfährt.48 Mehr noch: Beim Wiederlesen des Blogs habe er das Gefühl des Ich-Verlusts schon im Mai 2010 gefunden.49 Wird das Tagebuch häufig mit der Funktion der Ich-Stabilisierung oder Ich-Konstruktion – gerade in der Ausrichtung auf das eigene Wieder-Lesen – in Verbindung gebracht, so

44 Teile ACHTZEHN bis EINUNDZWANZIG. 45 DUSINI (2008, 97). 46 Doch scheint dies, nach DUSINIs (2005, 94 ff.) Unterscheidung, noch immer nicht in Erzählen in Tagen zu handeln, sondern ein Erzählen von Tagen (2008, 93). Vgl. DUSINIs Begriff des ,TAGES‘ als Figur des Tages im Tagebuch. 47 Vgl. AS, 54 (11.5.2010 00:55), 231 (23.8.2011 11:08). 48 Vgl. AS, 272 (29.10.2011 16:00), 60 (25.4.2010), 435 (Fragment 7). 49 AS, 273 (29.10.2011 16:22).

© Peter Lang AG Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXVI (2016), H. 2, S. 348–372 Wolfgang Herrndorfs „Arbeit und Struktur“ zwischen Tagebuch, Blog und Buch 359 beobachtet Herrndorfs Tagebuch das Verschwinden des Ich, im Zuge des Weiterschreibens und solange weiterschreibend, wie Herrndorf das Leben als seines zu erkennen vermag. Denn wie als Antwort auf die Feststellung, dass „dieser Scherbenhaufen im Innern bei gleichzeitiger Unfähigkeit zu sprechen“ nicht seine Welt sei, finden sich im Blog nun einige Male, am Ende von Einträgen, nur zwei Wörter: „Mein Leben“; als würde damit ein notier- ter Tag mit einer resignativen oder auch trotzigen Markierung versehen. So am 22.8.2011:

Spanische Jugendliche am Plötzensee werfen sich einen Ball zu, immer die gleichen Rufe und Antworten. Plötzlich höre ich sie, bevor sie rufen, plötzlich sind sie in meinem Kopf, plötzlich kann ich Spanisch. Ich wage nicht zu testen, ob ich noch reden kann. An der Weser, Unter - weser. Ich komme nicht mal bis Weser. Ich sehe auf die Uhr. Ich drehe mich vom Rücken auf den Bauch. Nach ein paar Minuten ist der Spuk vorbei. Dann baden, scheiß auf den Anfall. Mein Leben. (AS, 231)50

Was Herrndorf hier zur Prüfung seiner Sprech- und Artikulationsfähigkeit aufsagt, sind die ersten Zeilen des Gedichts In der Heimat von Georg von der Vring: „An der Weser,

Unterweser, / wirst du wieder sein wie einst. / Durch Geschilf und Ufergräser / Dringt die

Flut herein, wie einst.“ (AS, 223 f.) Seit er nach dem ersten Anfall seiner Mutter diese Zei- len vorgesagt hatte, ist das Gedicht ein Testfall für sein Sprechen. Herrndorf, der im Zuge seiner Krankheit nicht nur seine Liebe zur Literatur im Allgemeinen (vgl. AS, 104 f.), sondern zu Gedichten im Speziellen wiederentdeckt (vgl. AS, 48), versucht neue Gedichte auswendig zu lernen, um Gedächtnis und Sprechfähigkeit zu prüfen.51 In Vrings Gedicht ist es immer wieder das Personalpronomen „du“, das Subjekt, das sich sträubt: „besonders problematisch ist das Subjekt, was macht es da? Es wird sein. An der Unterweser wird es sein. Was ist so verdammt schwierig daran?“ (AS, 241 6.9.2011 17:13) Noch beim diskur- siven Versuch, das Problem des Subjekts in der Zeile zu fassen, rückt hier also das „Es“ an die Stelle des sich selbst ansprechenden „Du“.

VI. Posthumes Ich. Wenn Freud schreibt: „Wo Es war, soll Ich werden“,52 so ist doch das Ich nie „Herr […] in seinem eigenen Haus“53. Hingegen ist es Herrndorfs Überzeugung – die seinen Wunsch nach Kontrolle antreibt und möglichweise auch mit seinem Namen verbun- den ist –, dass ein Ich nur ein solches ist, wenn es, wie imaginär auch immer, Herr im eigenen Haus ist. Konsequenterweise versucht er ungefähr eine Stunde nach seinem Scheitern am Gedicht nochmals, es aufzusagen: „Ravioli gekocht, ‚Unterweser‘ aufgesagt, konzentriert auf die Mechanik des Sprechens“ (AS, 241; 6.9.2011 18:25). Diese Übung hat er mit der Computerkamera aufgenommen und als kurzes Video hochgeladen.54 Noch heute ist dieser Film zugänglich. Auf unheimliche, im Buch nicht reproduzierbare Weise spricht Herrndorf das Gedicht immer wieder: alle vier Strophen, mit dem acht Mal wieder kehrenden häm- mernden Zeilenabschluss „wie einst“, unterbrochen von zwei Löffeln Ravioli.

50 Vgl. AS, 330, 338. 51 AS, 245 (14.9.2011), 247 (17.9.2011 10:53), 393 (24.2.2013). 52 FREUD (1932, 516). 53 FREUD (1917, 11). 54 , zuletzt: 15.10.2015.

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Es ist wohl kein Zufall, dass Herrndorf gerade in der Phase intensiverer Konzentration auf das Blog von etwas Gebrauch macht, das das digitale Tagebuch erlaubt, nicht aber das Buch: Ton und Film. Fast vertraut erscheint der Blick auf ihn und in sein Zimmer durch die regelmäßig eingefügten Selbstporträts, aufgenommen aus der Perspektive ‚unse- res‘ Blicks durch das ‚Computerauge‘. Aus dem Schrift- und Textuniversum erklingt eine Stimme, die die eines anderen rezitiert, während der Körper des Sprechenden durch das gleichzeitige Essen ins Spiel kommt. Dem Video, das eine vermeintliche Nähe zu Herrn- dorf als Person herstellt, gehen jedoch ein Eintrag und ein Bild voraus, die eine Grenze zwischen Privatem und Öffentlichem ziehen. Hat Herrndorf immer wieder seit seiner Diagnose das Zerstören von Festplatten, Zeichnungen und Texten erwähnt,55 so beginnt NEUNZEHN mit einer Eintragung vom 23.8.2011, die eine fast provokativ gründliche Zerstörung der autobiographischen Spuren seines früheren Selbst beschreibt:

Bücher, in die ich mir Notizen gemacht hab, in der Badewanne eingeweicht und zerrissen. Nietz- sche, Schopenhauer, Adorno. 31 Jahre Briefe, 28 Jahre Tagebücher. An zwei Stellen reingeguckt: ein Unbekannter. Erster Eintrag: „20. Mai 1983, Freitag. Letzter Schultag vor Pfingsten. Wunderschönes Wetter. Meine einzige Produktivität in der Schule war in Englisch (s.o.).“ (AS, 232)

Am 24.8.2011 folgt die Bemerkung: „Inhalt der Badewanne nach unten geschafft.“ (AS, 233) Beigefügt ist eine Photographie der mit Ringbüchern, Mappen, Briefen, Zetteln an- gefüllten Wanne. Der Anfang von NEUNZEHN und das Video, aufgenommen etwa zwei Wochen später, formen in diesem Post eine Spannung zwischen Tagebüchern und Blog, eine doppelte Konstellation des „Ich“. Durch die Blog-Dokumentation der Zerstörung wird eine Spur festgehalten, die bis zum ersten Eintrag des fast 18-jährigen Herrndorf in den nicht mehr existenten Tagebüchern zurückreicht. Die Verbindung zu früher, zu einem „Unbekannte[n]“, wird gleichzeitig bewahrt und gekappt. Wenn Herrndorf sich auf „28 Jahre Tagebücher“ bezieht, auf einen Zeitraum also von 1983 bis ca. 2011, dann überschneiden sich Blog und Tagebuch. Doch die Tagebücher erscheinen im Blog nur, um eine deutliche Schranke aufzuzeigen: zwischen der einstigen Praxis der Tagebuchaufzeich- nungen, d. h. der ‚privaten‘ Verschriftlichung eines Ich, und der Figur des Ich im Blog. Die Geschichte dieses Ich wird in ein ‚nasses Grab‘ versenkt. Nur das Bild im Blog erinnert daran und gibt einen letzten Blick auf die jeder Wiederherstellung oder Archivierung entzogenen ‚privaten‘ Dokumente frei. Es besitzt eine Wucht von Intimität, die ein ande- res Licht auf das Video und dessen Effekt von Präsenz und Lebensnähe wirft. Vielmehr erscheint das Video nun als Performance, in der ein (Blog-)Autor als öffentliche Person entworfen wird: ein posthumes Ich im Prozess seiner Konstruktion. Das Blog changiert zwischen der Vorstellung eines folgenlosen Verschwindens des Ein- zelnen in einer Welt ohne Gott und Jenseits, ohne Spekulation auf eine Nachwelt, und dem als irrational empfundenen Wunsch, Spuren zu hinterlassen, nicht nur als Buch- Autor, sondern auch als materiell gewordenes Ich. So heißt es in einem Fragment vom März 2013, das sich nur im Buch Arbeit und Struktur findet:

55 Vgl. AS, 54 (11.5.2010 00:55), 187 (29.1.2011), 258 (8.10.2011 15:07).

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Woher der Drang, das Leben, das dann Vergangenheit ist und mit dem Heute nicht [sic!] zu tun hat, zu ordnen? Wozu Tagebücher vernichten, damit nie jemand erfährt, was für ein komplex- beladenes, erbärmliches Würstchen man vierzig Jahre lang gewesen war? Es hilft einem nichts, was in Zukunft ist, wenn man selbst nicht ist. […] Aber es hilft jetzt. Der Mensch lebt in sei- ner Vorstellung, und nur dort. Unmöglich, ohne den durch die Evolution im Hirn verankerten

Ir rationalismus leben zu wollen […]. (AS, 430 ff. )

Herrndorf wird sich so des Paradoxons bewusst: Obwohl er behaupten möchte, wir und die Welt existierten nicht,56 obwohl er nicht auf Nachruhm spekulieren mag, obwohl er behauptet: „Ich arbeite nur, um zu arbeiten“ (AS, 85; 21.8.2010 23:56), arbeitet er mit Blick auf eine Zukunft. Das Verwischen der Spuren des beschämend-schamvollen ehemaligen Tagebuch-Ich arbeitet einer Konstruktion des posthumen Ich zu, und auch der Blog schreibt an dieser Konstruktion eines Autors mit, eines Autors mit Werk, aber ohne Varianten, ohne Manuskripte, ohne private Geschichte. Doch etwas bleibt von dem „irrationalen Ich“. Als Herrndorf am 5.7.2011 wieder einmal auf den Befund eines MRT wartet, reflektiert er über die „paar Ideen“, die mit uns zu sterben scheinen:

Irgendwo ein Buchhalter, der die Inventarliste schreibt, die immer wieder angefangene und nie vollendete Sicherungskopie des ganzen Unternehmens, flüchtigen Medien, Tagebüchern, Freun- den, Floppy Discs und Papierstößen anvertraut in der Hoffnung, sie könne eines Tages auf einem ähnlich fragwürdigen Betriebssystem wie dem eigenen unter Rauschen und Knistern noch ein- mal abgespielt werden. Der Versuch, sich selbst zu verwalten, sich fortzuschreiben, der Kampf gegen die Zeit, der Kampf gegen den Tod, der sinnlose Kampf gegen die Sinnlosigkeit eines idiotischen, bewusstlosen Kosmos […]. (AS, 214; 5.7.2011 20:26)57

Herrndorf erzählt eine Geschichte von der Bewahrung des einzelnen Bewusstseins, das sich weniger selbst schreibt als vielmehr inventarisiert wird von diesem Buchhalter,58 einem eher chaotischen Listenschreiber. Zettel, Tagebücher, Freunde, alte Floppy Discs – sie alle werden als Aufnahme- oder Speichermedien unterschiedslos aufgereiht, dank derer das Bewusstsein möglicherweise später nochmals abgespielt werden kann: knisternd wie eine alte Schallplatte, das Rauschen eines einstigen Bewusstseins in Tagebüchern, Nachlässen, Erzählungen. Selbst wenn Herrndorf, angesichts der Sinnlosigkeit des Unterfangens, die flüchtigen Medien, wo es möglich ist, zerstört, rauscht und knistert in Arbeit und Struktur weiter auch das buchhalterische (Tagebuch-)Ich.

VII. Enden: Blog und Krise. Arbeit und Struktur folgt keiner klaren, teleologischen Ent- wicklung zum ‚literarischen‘ Tagebuch oder zum Blog, sind doch für das Schreiben hier eher die Doppelbödigkeit verschiedener „Öffentlichkeiten“ und das Oszillieren zwischen Schriftlichkeit und Werkförmigkeit konstitutiv. Nutzen und Nachteil des Blogs wiegen sich nicht immer auf. So findet sich am 23.2.2013 die Notiz:

56 Vgl. AS, 84 (20.8.2010). 57 Herrndorf hat sein Gedächtnis bzw. sein Gehirn als Festplatte bezeichnet (vgl. AS, 12; 11.3.2010 0:30; 128). 58 Vgl. PLENER (1998, 102 ff.) zur „diaristischen ‚Buchhaltung der Erinnerung“ und zu Geschäftsbüchern als Vorbild für erste persönliche Tagebücher in der Neuzeit LEJEUNE (2014a).

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Würde die Arbeit am Blog am liebsten einstellen. Das Blog nur noch der fortgesetzte, mich immer mehr deprimierende Versuch, mir eine Krise nach der anderen vom Hals zu schaffen, es hängt mir am Hals wie mein Leben [sic!] wie ein Mühlstein. Ich weiß aber nicht, was ich sonst machen soll. Die Arbeit an Isa tritt auf der Stelle. (AS, 392)

Das Blog wird als ein Instrument der Krisenbewältigung beschrieben, das Herrndorf eigent- lich aufgeben möchte. Da die ‚eigentliche‘ Arbeit nicht vorwärtsgeht und es nicht in Frage kommt, nichts zu machen, ist das Blog die Ersatzhandlung, die auch auf die Krise des Schreibens antwortet, die aus dem nun abzusehenden Ende der Lebenszeit und zunehmend wahrnehmbaren Krankheitssymptomen folgt. „Krise“ bezieht sich aber auch auf eine Grenz- überschreitung in seinem privaten Umfeld, die am 22.2.2013 beschrieben wird und die Herrndorf an den Rand des psychotischen Abgrunds führt.59 Vor dem Hintergrund solcher Kontrollverluste über seine Privatsphäre ist der Eintrag vom 19.4.2013 17:26 zu verstehen:

Den ganzen Tag lang über nichts anderes als darüber nachgedacht, das Blog einzustellen, nicht zum ersten Mal, die mühsame Verschriftlichung meiner peinlichen Existenz. Wenn ich noch eine Chance sähe, Isa fertigzustellen, wäre hier Schluss, Beschränkung auf das Notwendigste, Rückkehr zur ursprünglichen Mitteilungsveranstaltung für Freunde und Be- kannte in Echtzeit. Dafür war das gedacht. Aber funktioniert hat es nie. Statt alle Fragen zu beantworten und Zeit zu sparen, kostet es mir welche. (AS, 405)

Dies ist die klarste Aussage, die sich im Blog über dessen ursprüngliche Funktion fin- det. Auch wenn es hier als scheiterndes Instrument freundschaftlicher Kommunikation erscheint, so wird es doch als ein autobiographisches Projekt jenseits der bloßen ‚direk- ten‘ Mitteilung ausgestellt60: autobiographisch im Sinne einer Mühe und Peinlichkeit, die auch jene Pein enthält, die dieses Schreiben zu einem autothanatographischen61 werden lässt. Herrndorf stellte das Blog nicht ein, doch die Mühe wuchs. Am 21.5.2013 heißt es:

Dramatischer Sprachverfall. […] Jeder Satz im Blog mit größter Mühe zusammengeschraubt. Freunde korrigieren. Mein häufigster Satz in Unterhaltungen: Was ist, was ich sagen will, nicht das, das andere Wort, das ohne mit dem, so was Ähnliches, das, ja, nein, lateinische Wurzel,

ja – (AS, 410 f.)

Mit Passig und Gärtner arbeitet Herrndorf fast bis zum Ende an Isa, auch das Blog wird gemeinsam für die Buchveröffentlichung vorbereitet: „Marcus, Passig, letzte Fragen zum Blog bei Rowohlt.“ (AS, 423; 27.7.2013) Der kollaborative Aspekt des Blogs, selbst wenn dieser sich Kommentaren verweigert, wird unverkennbar. Der letzte Eintrag vom

59 Eine Bekannte versuchte, obwohl er dies nicht wünschte, ihn zu Hause zu besuchen (AS, 389 f.; 22.2.2013). Es kommt kurz darauf zu einer weiteren Krise aufgrund einer von Herrndorf so wahrgenommenen Grenzüber- schreitung (AS 396; 12.3.2013 13:26). Zumindest auffällig ist, dass die von Herrndorf beschriebenen Grenz- verletzungen meist von Frauen ausgehen; die Frage von Geschlecht und Freundschaft in Arbeit und Struktur bedürfte weiterer Betrachtungen. 60 Ausgehend von einem Vergleich zwischen Rousseau und Karl Philipp Moritz schreibt er über den Status des Autobiographischen in seiner Arbeit am 20.12.2011: „Ich erfinde nichts, ist alles, was ich sagen kann. Ich sammle, ich ordne, ich lasse aus. […] Das Gefasel von der Unzuverlässigkeit des Gedächtnisses und der Un- zulänglichkeit der Sprache spare ich mir“ (AS, 292). 61 Vgl. zu diesem Begriff MILLER (1994, 12).

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20.8.2013 14:00, sechs Tage vor dem Suizid, ist ein Name – „Almut“ (AS, 425). Ein sprachlicher ,Link‘ ins Reale, Memorial für eine Tote: Die Musikerin Almut Klotz war am 15.8.2013 an ihrer Krebserkrankung gestorben.

VIII. Totenmaske: Nachworte. Das Ich kann, heißt es, seinen eigenen Tod nicht schreiben, jede Autobiographie findet ihre Grenze im Tod. So auch das Tagebuch, das sich jedoch – da sein Blick nicht rückwärtsgewandt ist – in größere Nähe zum Tod zu schreiben vermag; und nicht wenige Tagebücher werden angesichts des Todes, ob aufgrund von Krankheit oder eines geplanten Suizids, geführt.62 Herrndorf bereitete vor, was im Blog und vor allem im Buch über seinen Tod zu lesen sein sollte. Was Blog und Buch unterscheidet, ist die Zeitlich- keit: Das Buch wird immer bereits ein Ende gehabt haben, wenn die Lesenden es in Händen halten, während man beim Lesen des Blogs, wenn das Schreiben aussetzte, nicht wissen konnte, ob das Ausbleiben von Einträgen eine Pause oder aber das Ende markierte. Der Tod bzw. die Auseinandersetzung mit dem Suizid ist es auch, was in inhaltlicher Hinsicht Buch und Blog deutlich unterscheidet. Denn im Nachwort zum Buch werden die genauen Informationen über Herrndorfs Suizid so mitgeteilt, wie er es wünschte; und im Buch finden sich zusätzliche Einträge, die im Blog zurückgehalten wurden und noch heute dort nicht eingefügt sind. Die Mehrzahl dieser Stellen behandelt detailliert Herrndorfs Beschäftigung mit dem geplanten Suizid und die Bedeutung der 2011 beschafften „Waffe“, die seitdem als Hilfsmittel zur „Psychohygiene“63 fungiert, im Kampf gegen Todesangst und Unruhe. Das Wissen um den Ausweg ist die Bedingung der Möglichkeit, im Leben, das bleibt, Ruhe für die Arbeit zu finden. In den ergänzten Buchpassagen liest man, konkreter als im Blog, über Todesgedanken und Planungsdetails sowie über Herrndorfs Ärger hinsichtlich der „eines zivilisierten mitteleuropäischen Staates“ (AS, 75) unwürdigen Verhältnisse, die ihn zwingen, die Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Sterben zu googeln und eine Waffe illegal zu beschaffen (vgl. AS 80). Welchen elementaren Teil der Schreibszene die Waffe bildet, zeigt sich in aller Härte in einem zusätzlichen Eintrag vom 29.11.2012:

Lange war alles ruhig, jetzt brauche ich zum Arbeiten wieder die Magnum neben mir auf dem Schreibtisch. (AS, 372)

Bestimmte Stellen mögen im Blog aus Diskretion zurückgehalten worden sein.64 Weiterer Diskussion bedürfte es, dass der explizite Umgang mit dem Suizid im Internet in Echtzeit auf andere Weise beunruhigend sein mag als in einem Buch, etwa, weil das Risiko besteht, dass ein Suizid nachgeahmt wird. Die Grenze zwischen Blog und Buch zieht Herrndorf selbst: Wo im Blog unter „Schluss“ nur Ort, Zeit und Todesart mitgeteilt werden, scheint für ihn das geplante Nachwort zum Buch als der adäquate Aufbewahrungsort für das Zitat seiner Anweisung und die Sterbe-Information selbst: ein öffentlicher Raum, der der eigentliche Ort des ‚Privaten‘ ist, wo das gesagt werden kann, wogegen sich die Zeitlichkeit,

62 Vgl. LEJEUNE über das Tagebuch als „Schauplatz des Kampfes gegen den Tod“ (2014c, 409 ff.). 63 AS, 50 (30.4.2010), 75 (2.8.2010 11:15). 64 Vgl. den Eintrag, der den Abschied von den Eltern beschreibt und somit auch auf den nahenden Zeitpunkt des Suizids hinweist (AS, 425; 9.8.2013). Von dem Begriff ,Pietät‘ in Sachen ,Tod‘ allerdings distanziert sich Herrndorf explizit (AS, 255; 5.10.2011 22:19).

© Peter Lang AG Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXVI (2016), H. 2, S. 348–372 364 ELKE SIEGEL die Nähe oder Distanz, die Gebrauchsweisen des Blogs sperren. Das Buch wird der Raum, in dem der Tote, auf andere Weise als im Online-Video, weiterspricht – über seinen Tod. „Das Werk ist“, wie Benjamin schrieb, „die Totenmaske der Konzeption“.65 Die Maske, griechisch persona, durch die das Persönliche spricht. Für das Nachwort habe sich Herrn- dorf, so Passig und Gärtner, eine

medizinisch-fachliche Beschreibung seines Todes gewünscht: „Wie es gemacht wurde; wie es zu machen sei. Kaliber, Schusswinkel, Stammhirn etc., für Leute in vergleichbarer Situation. Das hat mich so viele Wochen so ungeheuer beunruhigt, keine exakten Informationen zu haben.“ Wolfgang Herrndorf hat es gemacht, wie es zu machen ist. Am Montag, den 26. August gegen 23.25 […]. Herrndorfs Persönlichkeit hatte sich durch die Krankheit nicht verändert, aber seine Koordina- tion und räumliche Orientierung waren gegen Ende beeinträchtigt. Es dürfte einer der letzten Tage gewesen sein, an denen er noch zu der Tat imstande war. (AS, 445)

IX. „Man sollte keine Bücher schreiben ohne Listen drin.“ (AS, 212) Durch dieses Nachwort wendet sich das Buch mehr als das Blog an eine Gruppe von Menschen „in vergleichbarer Situation“. Zwar nutzte Herrndorf Mailinglisten und Internetforen, um mit anderen an Krebs Erkrankten zu kommunizieren (vgl. AS 38, 43, 54), und machte an verschiedenen Stellen des Blogs seine Kritik an der Diskussion über das Thema „Sterbehilfe“ in Deutsch- land deutlich.66 Andererseits vermittelte er, dass er sich als „Patient“ in der Institution „Medizin“ (AS, 334; 7.6.2012 14:21) aufgehoben, nicht entmündigt fühlte – teils, weil er mindestens einen Arzt hatte, der sprach, wie es ihm gefiel, nämlich nüchtern,67 teils, weil er auf ein „Netz“ von Freunden zugreifen konnte, das u. a. die Recherche und Interpreta- tion von Informationen online unterstützte und in die Beschäftigung mit dem selbstbe- stimmten Sterben einbezogen war.68 Dass Herrndorf das Blog früh als Buchtitel imaginierte und sich fragte, wo in der Buch- welt seine Aufzeichnungen wohl hingehörten, zeigt sich an vier Listen, notiert ungefähr im Jahresabstand, die auf den ersten Blick wie ein seltsames Gedicht wirken. Die erste Liste, am 23.4.2010 13:15, lautet:

Wir treffen uns wieder in meinem Paradies Und Engel gibt es doch In unseren Herzen lebst du weiter Einen Sommer noch Noch eine Runde auf dem Karussell Ich komm’ als Blümchen wieder Ich will nicht, dass ihr weint Im Himmel kann ich Schlitten fahren Arbeit und Struktur (AS, 47)69

65 BENJAMIN (1928, 107). 66 Vgl. AS, 63 (1.6.2010), 75 (2.8.2010 11:15). 67 AS, 23 f. (14.3.2010). Das Buch Arbeit und Struktur widmete Herrndorf übrigens seinen 22 (!) Ärzten (AS, 427). 68 Vgl. etwa AS, 50 (30.4.2010), 63 (8.6.2010), 80 (10.8.2010 16:05), 107, 225 (12.8.2011). Vgl. aber auch PAS- SIGs nachträgliche kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Sterbehilfe und mit Herrndorfs Behauptung, es gebe eine „Position der Vernunft“ (AS, 347; 27.7.2012), in dieser Debatte (2013). 69 AS, 47. Listen 3 und 4: 314 f. (23.3.2012), 408 (30.4.2013 21:18).

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Da die zweite Liste als ihren ersten Eintrag den Titel von Schlingensiefs Tagebuch führt – „So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein“ (AS, 199 (5.4.2011 18:36) –, er- kennt man spätestens hier, dass es sich bei den Listen um Titel von Büchern handelt, die vom Überleben oder Sterben an Krebs oder von der Trauer der Hinterbliebenen berichten. Herrndorf, der Genre-Bearbeiter, arbeitet sich in seinem Blog also weder an der Gattung ,Tagebuch‘ noch an der Form des Blogs ab, sondern an den autobiographischen Veröf- fentlichungen über Krebs auf dem Buchmarkt. Arbeit und Struktur erscheint am Ende der Listen wie ein Appendix, ironischer Kommentar, Fremdkörper, aber eben auch: als Teil der Liste.

X. Epi-Log: Don’t cry – work? Rainald Goetz schrieb 2014 in dem Essay Spekulativer Rea- lismus über zwei Tote, mit denen er das Gespräch über ihr Bild vom Menschen weiterhin suche: Luhmann und Herrndorf.70 Auf Letzteren bezieht er sich nach der Buchveröffent- lichung von Arbeit und Struktur. Wie mit Luhmann, der ihm nicht mehr antworten kann, debattiere er

immer noch und immer wieder mit Wolfgang Herrndorf über die finale Falschheit seiner Selbst- tötung durch Selbsterschießung und sammle Argumente gegen das von ihm in seinem jetzt als Buch veröffentlichten Blog „Arbeit und Struktur“ zur Erklärung seiner Tat Vorgebrachte – Ideen und Haltungen, die, obwohl unter Leuten, die cool sein möchten, weit verbreitet, einfach nur falsch und scheußlich und schrecklicher Unsinn sind.71

Goetz’ animiertem Einspruch liegt eine grundlegende Kritik an „wahnhafte[n] Exzesse[n] von Ich-Ideenübersteigerung“ als (Spät-)Folge des Abschieds vom Menschen in den 1960er Jahren zugrunde, sei sie doch einerseits bei den 68ern zu beobachten, andererseits bei der sich als „Avantgardeformation im Internet“ verstehenden Gruppe etwa der „Höflichen Paparazzi“ (Herrndorf und vor allem sein Freundeskreis aus Schreibenden). Diese Gruppe betone das Ich in einer Weise, die das Absehen vom „KÖRPER des anderen Menschen“ wie auch die Überzeugung von der Herrschaft des Ich über den eigenen Körper befördere:

Beobachtung tut gar nicht weh, meinen sie, weil die Realitätsferne, die aus einem falschen Ge- brauch des Internets entstanden ist, das Gefühl dafür zerstört hat, welche Beobachtungsein- schränkungen und -verbote von der Realanwesenheit des wirklichen Körpers auf den Beobachter nicht sehr imperativisch, aber doch unabweisbar ausgehen. (G 143)

Der ‚falsche Gebrauch des Internet‘ habe ein Gefühl für die Formen der Diskretion zer- stört, die dem Umgang zwischen Menschen zugrundeliegen. Beobachtet werden kann jetzt alles und jeder. Ohne „Realanwesenheit des wirklichen Körpers“ verschwindet die Sensibilität für das, was an Beobachtung weh tut.72 Das wirke auch auf das Verhältnis zum eigenen Körper, wie Goetz an Herrndorfs Arbeit und Struktur zu sehen meint. Herrn- dorf erscheint weniger als Ziel der Kritik denn als ein warnendes Beispiel für die Folgen

70 Ich danke Jette Gindner für den Hinweis auf diesen Text. 71 GOETZ (2014, 136); fortan im Text zitiert: G und Seitenzahl. 72 Hier ließen sich weitere Überlegungen im Anschluss an SIMMELs (1906) Diskussion der grundsätzlichen Be- deutung von Diskretion entwickeln.

© Peter Lang AG Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXVI (2016), H. 2, S. 348–372 366 ELKE SIEGEL des Wunsches, von den falschen Leuten – der digitalen Bohème73 – als ‚cool‘ befunden und geliebt zu werden:

Cool will er leider sein. Die schwere Krankheit bringt aber hervor, wie falsch dieses Konzept ist. Falsch ist die Hybris der Intellektualität gegenüber dem Körper. Nur im Sport lässt das Ich den Körper vorkommen. Beim Fußball soll er melden alles wie früher. Je schwächer die Krankheit den Körper macht, umso härter wird das Ich von Herrndorf, kann sich so den Selbstrevisionen früherer Überzeugungen, die die Schwäche ihm ermöglichen könnte, nicht öffnen. Die „Waffe“ und der zu ihr gehörige Kitsch blockieren das Hinsinken, ein Lernen, das möglich wäre bis zum Schluss.74

Die „Waffe“ als Herrndorfs Bedingung der Möglichkeit fortgesetzter Arbeit stellt Goetz’ Betrachtung hier einem Erleben von Schwäche als etwas Neuem entgegen, das frühere „Überzeugungen“ radikal in Frage stellen könnte. Dass Goetz’ Formulierung einer männ- lichen Ideologie der Härte, die dem Körper sozusagen mit vorgehaltener Waffe das Funk- tionieren abzwingt, eine üblicherweise als „weiblich“ konnotierte Schwäche gegenüber- stellt („Hinsinken“), wirft ein Licht auf die in dem Buch Arbeit und Struktur auffallenden Momente einer solchen Stilisierung des Mannes mit dem Revolver in der Hand. Wenn Goetz allerdings dem Hinsinken ein „Lernen“ anhängt, das nicht dem ‚lifelong learning‘ zuspielen möchte, stellt sich die Frage, ob das angestrebte „Lernen“ nicht die Gefahr in sich trägt, als „Selbst“-Beobachtung und Beobachtung des Körpers in eine andere Konstel- lation der „Ich-Ideenübersteigerung“ zu führen. Goetz nimmt besonders Anstoß an einem Eintrag, der sich nicht im Blog fand:

Ein Jahr vor seinem Tod erklärt er, dass er sich, auch wenn er jetzt „wie durch ein Wunder geheilt würde, dennoch erschießen würde“. Aha. Punkt. Warum? Nächster Satz. ‚Ich kann nicht zurück. Ich stehe schon zu lange hier.‘ Warum denn? Falsch! Geh doch weg von da und schmeiß die blöde Waffe weg. Aber wer sich eine „Waffe“ besorgt, wird auch die Tat finden, die zu ihr gehört. (G 141)75

Der Glaube daran, „Herr im eigenen Haus“ sein zu können, mache das Ich, das sich in der Entscheidung zum Suizid seiner Freiheit gewiss sein will, zum Gefangenen der Tat: „Keine Freiheit, keine Selbstbestimmung realisiert sie, keinen Triumph über die Krankheit, wie er meint, sondern ein öffentlich vorgeführtes, zu offen dokumentiertes Versagen des Kran- ken in der Krankheit: FALSCH.“ (G 141) Während hier Goetz’ Intervention hinsichtlich einer nicht mehr aufhaltbaren Dynamik des Dezisionismus überzeugend ist, stellt sich erneut die Frage, welchen Maßstab Goetz anlegt, wenn er dem „Versagen des Kranken“ implizit ein ‚Gelingen des Kranken‘ entgegensetzt: Wofür, für wen soll ein Kranker an der Schwäche was lernen – sterben lernen? Für ‚uns‘? Und kann Goetz’ Bild vom „Hinsinken“

73 Ironischerweise haben HOLM und LOBO Goetz, neben etwa , als „weiteren genrestiftenden Vorläufer deutscher Blogs“ (2008, 195) bezeichnet und ihn zum „ersten Chronisten der Bohème im Digitalen“ (289) erkoren, deren Slogan auf der Rückseite des Romans Irre steht: „Don’t cry – work.“ (289) Vgl. SCHÄFER (2013, 537 ff.). 74 Zu Erwähnungen der Waffe, die zwischen Ästhetisierung und erschreckenden Momenten des Gebrauchs der ungeladenen Waffe changieren, vgl. AS, 303 (12.2.2012), 247 (17.9.2011, 18:29). 75 Vgl. AS, 355 (10.9.2012): „Schlechter Tag, keine Arbeit. Müde, schlapp, ich bestehe nur noch aus einem ein- zigen Gedanken. Ich erzähle C. davon, weil wir das Abkommen haben, alles zu erzählen, und dass ich mich, wenn ich wie durch ein Wunder geheilt würde, dennoch erschießen würde. Ich kann nicht zurück. Ich stehe schon zu lange hier.“

© Peter Lang AG Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXVI (2016), H. 2, S. 348–372 Wolfgang Herrndorfs „Arbeit und Struktur“ zwischen Tagebuch, Blog und Buch 367 in der Schwäche eine Antwort bieten auf die härtere Realität des nicht nur schwachen, sondern versagenden, schmerzenden, der sprachlichen Kommunikation verlustiggehen- den Körpers? Andererseits erscheint Goetz’ Einspruch angemessen, wo Herrndorf die Entschlossenheit zum Suizid als den „letzte[n] Triumph des Geistes über das Gemüse“ (AS, 224; 7.8.2011 10:39), den von ihm befürchteten apallischen Zustand des Dahin- vegetierens ohne Kommunikationsmöglichkeit, beschwört.76 „Zu offen“ findet er Herrndorfs „Versagen“ dokumentiert. Letztlich verdankt sich Goetz’ hartes Urteil über die Härte seinem Nachdenken über die Literatur im Verhältnis zum Sozialen und den Formen von Öffentlichkeit und Kommunikation. Ein ‚spekulativer‘ Realismus, der das nicht Realisierte (in) der Realität erschreibt, würde sich, so Goetz, „be- sonders von der Realität der Körper des anderen Menschen irritieren und beflügeln lassen“ und „Schärfe der Beobachtung und Freude an Diskretion“ (G 184) zusammenbringen, um Signale zu deuten: „Aus der Realität der Körper etwas Neues in die Literatur zu brin- gen und so dieses Wissen zu vermehren, darin hätte so ein Projekt ein schönes Erkennt- nisideal.“ (G 143) Gemessen an diesem Programm trägt Herrndorf allerdings nichts zum Wissen der Literatur über den Körper bei, sondern würde, so Goetz, dem weiteren Entzug des Körpers zuarbeiten. Interessanterweise ist es das vermeintliche körperliche Auswei- chen, Herrndorfs Ausweichen vor einer Begegnung mit Goetz, das diesen zu einer Szene des spekulativen Realismus antreibt:

Etwa wenn ich denke, […] ob Wolfgang Herrndorf, der mir aus der Schlegelstraße heraus an der Ecke Chausseestraße gesenkten Kopfs und schnellen Schritts entgegenkommt, mich nicht sieht oder Angst hat, mir zu begegnen, weil so viel in ihm vorgefallen ist in letzter Zeit an Geist und Krankheit, Elend und Hoffnung, Todessehnsucht und immer noch Lebenmüssen, und er deshalb, weil vieles davon auch in seinem Blog zu lesen war, es deshalb nicht nur in ihm, sondern auch zwischen uns ist, so tut, als sehe er mich nicht, um nicht mit mir reden und dabei so zu tun zu müssen, als wäre das, was uns da trennt, nicht da, wo es doch eindeutig da ist usw. Spekulati- on: Bild, Traum, Gedanke. (G 137)

Goetz’ Spekulation darüber, warum das, was sich in dieser Begegnung auf der Straße hätte abspielen können oder müssen, sich nicht ereignet hat, deutet das allzu Offene des Blogs als Störfaktor: Es gibt ein Zuviel des Wissens, das die Komplexität der Situation derart erhöht, dass der Umgang zwischen Bekannten – jenen, die sich nicht nah, aber auch nicht ‚fremd‘ sind – unmöglich geworden ist. Das Blog steht zwischen den Zweien mit den ‚wirklichen Körpern‘, weil das Wissen nicht in einer kurzen gegenseitigen ‚Anerkennung‘ durch Blickkontakt eingeholt werden kann. Soll das Blog Kommunikation mit der Welt ermöglichen, so zeigt sich in diesem Moment, folgt man Goetz, was in anderen Szenen des Sozialen verlorengeht. Zu fragen bleibt, ob der Körper in Herrndorfs Blog tatsächlich so beherrscht wird, wie Goetz es behauptet, und ob das Soziale – hier in Form von Bekannten – ohne das Blog fähig gewesen wäre, auf das Wissen um die schwere Erkrankung eines Menschen zu reagieren: Es ist erschreckend, wenn Herrndorf genau zweimal Situationen erwähnt, in denen es Menschen gelang zu fragen, wie es ihm gehe, ohne dass dies in eine für ihn unerträgliche

76 Vgl. AS, 198 (29.3.2011).

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Gesprächssituation führte.77 Festzuhalten ist auch, dass der Freundeskreis um Herrndorf, der ihn zum Veröffentlichen des Blogs drängte, zu jedem Zeitpunkt, in jeder Krise ein ,Netz‘ anzubieten fähig war, das auch den ‚wirklichen‘ Körper anerkannte – zumindest empfand Herrndorf dies so. Insofern bestätigte sich in diesem Fall, dass, so Friebe und Lobo, die „oberflächlich als ‚In den Tag hinein leben‘ erscheinende Unbekümmertheit der digitalen Bohème in Zukunftsfragen“ Ausdruck einer Haltung sei: „Wir wissen einfach zu wenig über die Zukunft. Was wir jedoch wissen, vielleicht auch nur spüren oder ahnen, ist, dass uns diese informellen Freundschafts- und Respektnetzwerke einmal retten oder zumindest vor dem Gröbsten bewahren werden.“78

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77 „Patrick fragt unbefangen und ausführlich nach, der Erste.“ (AS, 61; 28.5.2010), und: „Janko, den ich kaum kenne, der beide Eltern durch Krebs verloren hat, kommt jedes Mal beim Fußball auf mich zu und fragt, wie’s mir geht. Und dann sage ich, gut geht es mir, weiter nichts, und das ist eine solche soziale Wohltat, einfach die Meldung, dass er weiß, was da ist, dass da was ist, und dass ich weiß, dass er es weiß, mehr braucht es gar nicht.“ (AS, 282; 17.11.2011) 78 HOLM, LOBO (2008, 80).

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Abstract

Der Beitrag zeichnet die komplexe Entstehungsgeschichte von Wolfgang Herrndorfs Blog (später als Buch publiziert) Arbeit und Struktur nach, dem digitalen Tagebuch, das der an einem tödlichen Hirn- tumor erkrankte Autor bis kurz vor seinem Suizid führte. An dem zuerst für die Kommunikation mit Freundeskreis und Familie bestimmten Blog, der dann öffentlich gemacht wird, lässt sich eine Arbeit im Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit nachvollziehen, die das Tagebuch immer schon prägte. Zudem wirft das Tagebuch, das parallel zu der Anstrengung des Weiterlebens und der Planung eines selbstbestimmten Sterbens veröffentlicht wird, Fragen nach den (De-)Konstitutionsprozessen eines Ich zwischen Leben und Tod, zwischen Privatheit und Öffentlichkeit auf. Arbeit und Struktur liest sich als Auseinandersetzung mit und Arbeit an den paradoxen (Un-)Möglichkeiten der Kommunikation mit Freund(inn)en und Unbekannten im Zeichen der prekären Grenze zwischen Krise und Alltäglichkeit.

The essay traces the complex origins of Wolfgang Herrndorf’s blog (and book) Arbeit und Struktur, the digital diary that the author – who was diagnosed with a malignant brain tumor – kept until briefly before his suicide. This blog, which first addressed friends and family before it was made accessible for a wider public, allows for the observation of the efforts to negotiate the relationship between public and private that form the core of the modern diary. The diary which is published (seemingly) contem- poraneously with the effort to keep living and the planning of a self-determined death poses questions regarding the (de-)constitution of a self between life and death, between private and public. Arbeit und Struktur can be read as confrontation with and work on the paradoxical (im-)possibilites of communi- cation with friends and strangers at the precarious limit of crisis and the everyday.

Keywords: Blog, Rainald Goetz, Wolfgang Herrndorf, Kommunikation, Öffentlichkeit, Tagebuch DOI: 10.3726/92153_348

Anschrift der Verfasserin: Prof. Dr. Elke Siegel, Cornell University, College of Arts and Sciences, Department of German Studies, 182 Goldwin Smith Hall, New York 14853, Ithaca – USA,

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Beiträge zum Ehrenkolloquium für Mireille SCHUSTER, Britt-Marie, Dana Janetta DOGARU Tabah, Aisthesis Verlag, Bielefeld 2015, 244 S. (Hrsg.): Wirksame Rede im Frühneuhoch- POHLMEIER, Inga: Deutsch-türkische Erzähltexte deutschen: Syntaktische und textstilistische

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ler Verlag der Wissenschaften, Frankfurt a. M. le Tergit, Richard Huelsenbeck, Frank Arnau, 2015, 201 S. Manfred Hausmann, Erich Ebermayer, Edlef RAUTENBERG, Ursula, Ute SCHNEIDER (Hrsg.): Köppen, Kurt Heuser: Die verschlossene Tür.

Lesen. Ein interdisziplinäres Handbuch, Ver- Kriminalrat Koppens seltsamster Fall, m. e.

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gen 2015, 532 S. ten, Frankfurt a. M. u. a. 2015, 238 S. REISER, SIMON: Totengedächtnis in den Krisen SEIFERT, Wolf Christoph (Hrsg.): Christian Wil- um Stefan George. Formen und Funktionen helm Dohm. Über die bürgerliche Verbesse- eines ästhetischen Rituals, Ergon Verlag, rung der Juden. Kritische und kommentierte Würzbug 2015, 418 S. Studienausgabe, Bd. 1.1: Text, Bd.: 1.2: Kom- ROEDDER, Andreas: 21.0. Eine kurze Geschichte mentar, Wallstein Verlag, Göttingen 2015,

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nia turen, Custos Verlag e. K., Solingen 2015, Berlin, S. 723–863. 210 S. SPRENGEL, Peter: Rudolf Borchardt. Der Herr

SAUERMANN, Eberhard, in Zusammenarbeit m. der Worte, C. H. Beck Verlag, München 2015, Hermann ZWERSCHINA (Hrsg.): : 504 S. Sämtliche Werke und Briefwechsel. Inns- STREIM, Gregor: Deutschsprachige Literatur brucker Ausgabe. Historisch-kritische Ausga- 1933–1945. Eine Einführung, Erich Schmidt be mit Faksimiles der handschriftlichen Texte Verlag, Berlin 2015, 267 S. Trakls, 6 Bände, 2 Supplementbände, Frank- THURN, Nike: „Falsche Juden“. Performative

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719 S. sel 1892–1933, C. H. Beck Verlag, München SCHNEIDER, Ingo, Martin SEXL (Hrsg.): Das 2015, 879 S. Unbehagen an der Kultur, Argument Verlag WAGNER, Sabrina: Aufklärer der Gegenwart. Hamburg 2015, 270 S. Politische Autorschaft zu Beginn des 21. Jahr- SCHULZ, Christoph Benjamin: Poetiken des Blät- hunderts – , , Uwe

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WALSER, Robert: Kritische Ausgabe sämtlicher WIELAND, Magnus: Vexierzüge. Jean Pauls Di- Drucke und Manuskripte, Bd. II 3: Drucke gressionspoetik, Wehrhahn Verlag, Hannover in der Schaubühne/Weltbühne, Stroemfeld 2013, 365 S.

Verlag, Schwabe Verlag, Frankfurt a. M, Basel WOLF, Konrad: Aber ich sah ja selbst, das war der 2015, 367 S. Krieg. Kriegstagebuch und Briefe 1942–1945, WEBER, Ronald: Peter Hacks, Heiner Müller und Edition „Die Möwe“, Berlin 2015, 356 S., das antagonistische Drama des Sozialismus. DVD: „Ich war Neunzehn“. Ein Streit im literarischen Feld der DDR, Ver- Zeitschrift für Deutsche Philologie (ZfDPh), lag Walter de Gruyter, Berlin, Boston 2015, Heft 3/2015 (Bd. 134), Erich Schmidt Verlag, 686 S. Berlin, S. 321–479.

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Heft 3/2016 bringt u. a. folgende Beiträge

Schwerpunkt: Literarische Schreibprozesse am Beispiel der Geschichte des Instituts für Literatur „Johannes R. Becher“ / Deutsches Literaturinstitut Leipzig ISABELLE LEHN, SASCHA MACHT, KATJA STOPKA Das Institut für Literatur „Johannes R. Becher“. Eine Institution im Wandel von vier Dekaden DDR-Literaturgeschichte. Vorwort KATJA STOPKA Rechenschaftsberichte und Seminarprotokolle, biographische Erzählungen und Zeitzeugen- berichte. Eine Kritik zur Quellenlage des Instituts für Literatur HANS-ULRICH TREICHEL Ein Wort, geflissentlich gemieden. Dekadenz und Formalismus am Becher-Institut ISABELLE LEHN „Von der Lehrbarkeit der literarischen Meisterschaft“. Literarische Nachwuchsförderung und Begabtenpolitik am Institut für Literatur MAJA-MARIA BECKER „Was hat das nun mit sozialistischer Lyrik zu tun?“. Die Bedeutung der Lyrik am Becher-Institut und ihre wichtigsten Portagonisten JULIANE ZÖLLNER Zur Schriftkultur am Institut für Literatur „Johannes R. Becher“. Eine Lektüre der Absolventen- arbeiten aus dem Direktstudienjahrgang 1976–1979 SASCHA MACHT Die Einflussnahme des DDR-Staatssicherheitsdienstes auf den Studienalltag am Institut für Literatur „Johannes R. Becher“ KATJA STOPKA „Insel der Toleranz“? Studieren und Schreiben in den 1980er Jahren

Neue Materialien ISABELLE LEHN „Wo das Glück sicher wohnt“. Politische Kontrolle und Zensur am Institut für Literatur

Dossiers NIKOLA KAMINSKI (1616–1664). Zum 400. Geburtstag PHILIPP BÖTTCHER (1816–1895). Zum 200. Geburtstag STEPHAN BRAESE (1916–1991). Zum 100. Geburtstag

Konferenzberichte, Besprechungen und Informationen In der Reihe Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik sind bereits erschienen:

Band 1 WALTER DELABAR, HORST DENKLER, ERHARD SCHÜTZ (Hrsg.): Banalität mit Stil. Zur Widersprüchlichkeit der Literaturproduktion im National - sozialismus, Bern 1999, 289 S., ISBN 3-906762-18-1, br. Band 2 ALEXANDER HONOLD, KLAUS R. SCHERPE (Hrsg.): Das Fremde. Reiseerfahrungen, Schreibformen und kulturelles Wissen, unter Mitarbeit von Stephan Besser, Markus Joch, Oliver Simons, Bern 1999, 341 S., zahlr. Abb., ISBN 3-906765-28-8, br., 2. überarb. Aufl. 2002. Band 3 WERNER RÖCKE (Hrsg.): . Doktor Faustus. 1947–1997, Bern 2001, 378 S., zahlr. Abb., ISBN 3-906766-29-2, br., 2. Aufl. 2004. Band 4 KAI KAUFFMANN (Hrsg.): Dichterische Politik. Studien zu Rudolf Borchardt, Bern 2001, 214 S., ISBN 3-906768-85-6, br. Band 5 ERNST OSTERKAMP (Hrsg.): Wechselwirkungen. Kunst und Wissenschaft in Berlin und Weimar im Zeichen Goethes, Bern 2002, 341 S., zahlr. Abb., ISBN 3-906770-13-3, br. Band 6 ERHARD SCHÜTZ, GREGOR STREIM (Hrsg.): Reflexe und Reflexionen von Modernisierung. 1933–1945, Bern 2002, 364 S., zahlr. Abb., ISBN 3-906770-14-1, br. Band 7 INGE STEPHAN, HANS-GERD WINTER (Hrsg.):

„Die Wunde Lenz“. J. M. R. Lenz. Leben, Werk und Rezeption, Bern 2003, 507 S., zahlr. Abb., ISBN 3-03910-050-5, br. Band 8 CHRISTINA LECHTERMANN, CARSTEN MORSCH (Hrsg.): Kunst der Bewegung. Kinästhetische Wahrnehmung und Probehandeln in virtuellen Welten, Bern 2004, 364 S., zahlr. Abb., ISBN 3-03910-418-7, br. Band 9 INSTITUT FÜR DEUTSCHE LITERATUR DER HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN (Hrsg.): „lasst uns, da es uns vergönnt ist, vernünftig seyn! –“. (1773–1853), Bern 2004, 407 S., 5 Abb, 1 Tab., 2 Notenbeispiele, ISBN 3-03910-419-5, br. Band 10 INGE STEPHAN, BARBARA BECKER-CANTARINO (Hrsg.): „Von der Unzerstörbarkeit des Menschen“. Ingeborg Drewitz im literarischen und poli tischen Feld der 50er bis 80er Jahre, Bern 2004, 441 S., zahlr. Abb., ISBN 3-03910-429-2, br. Band 11 STEFFEN MARTUS, STEFAN SCHERER, CLAUDIA STOCKINGER (Hrsg.): Lyrik im 19. Jahrhundert. Gattungspoetik als Reflexionsmedium der Kultur, Bern 2005, 486 S., ISBN 3-03910-608-2, br. Band 12 THOMAS WEGMANN (Hrsg.): MARKT. Literarisch, Bern 2005, 258 S., zahlr. Abb., ISBN 3-03910-693-7, br. Band 13 STEFFEN MARTUS, ANDREA POLASCHEGG (Hrsg.): Das Buch der Bücher – gelesen. Lesarten der Bibel in den Wissenschaften und Künsten, Bern 2006, 488 S., zahlr. Abb., ISBN 3-03910-839-5, br. Band 14 INGE STEPHAN, HANS-GERD WINTER (Hrsg.): Jakob Michael Reinhold Lenz. Zwischen Kunst und Wissenschaft, Bern 2006, 307 S., zahlr. Abb., ISBN 3-03910-885-9, br. Band 15 MANUEL KÖPPEN, ERHARD SCHÜTZ (Hrsg.): Kunst der Propaganda. Der Film im Dritten Reich, Bern 2007, 300 S., zahlr. Abb., ISBN 978-03911-179-4, br., 2. überarb. Aufl. 2008. Band 16 JOACHIM RICKES, VOLKER LADENTHIN, MICHAEL BAUM (Hrsg.): 1955–2005: Emil Staiger und Die Kunst der Interpretation heute, Bern 2007, 288 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-03911-171-8, br. Band 17 CARSTEN WÜRMANN, ANSGAR WARNER (Hrsg.): Im Pausenraum des Dritten Reiches. Zur Populärkultur im nationalsozialistischen Deutsch- land, Bern 2008, 273 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-03911-443-6, br. Band 18 CHRISTINA LECHTERMANN, HAIKO WANDHOFF (Hrsg.): unter Mitarbeit von Christof L. Diedrichs, Kathrin Kiesele, Carsten Morsch, Jörn Münkner, Julia Plappert, Moritz Wedell: Licht, Glanz, Blendung: Beiträge zu einer Kulturgeschichte des Scheinens, Bern 2007, 253 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-03911-309-5, br. Band 19 RALF KLAUSNITZER, CARLOS SPOERHASE (Hrsg.):

Kontroversen in der Literaturtheorie / Literaturtheorie in der Kontroverse, Bern 2007, 516 S., ISBN 978-3-03911-247-0, br. Band 20 KATJA GVOZDEVA, WERNER RÖCKE (Hrsg.): „risus sacer – sacrum risibile“. Interaktionsfelder von Sakralität und Gelächter im kulturellen und historischen Wandel, Bern 2009, 339 S., ISBN 978-3-03911-520-4, br. Band 21 MARINA MÜNKLER (Hrsg.): Aspekte einer Sprache der Liebe. Formen des Dialogischen im , Bern 2010, 342 S., ISBN 978-3-03911-783-3, br. Band 22 MARK-GEORG DEHRMANN, ALEXANDER NEBRIG (Hrsg.): Poeta philologus. Eine Schwellenfigur im 19. Jahrhundert, Bern 2010, 288 S., ISBN 978-3-0343-0009-4, br. Band 23 BRIGITTE PETERS, ERHARD SCHÜTZ (Hrsg.): 200 Jahre Berliner Universität. 200 Jahre Berliner Germanistik. 1810–2010 (Teil III), Bern 2011, 388 S., zahlr. Abb. und Tab., ISBN 978-3-0343-0622-5, br. Band 24 NORDVERBUND GERMANISTIK (Hrsg.): Frühe Neuzeit – Späte Neuzeit. Phänomene der Wiederkehr in Literaturen und Künsten ab 1970, Bern 2011, 239 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-0343-0469-6, br. Band 25 ALEXANDER NEBRIG, CARLOS SPOERHASE (Hrsg.): Die Poesie der Zeichensetzung. Studien zur Stilistik der Interpunktion, Bern 2012, 455 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-0343-1000-0, br. Band 26 PETER UWE HOHENDAHL, ERHARD SCHÜTZ (Hrsg.): Perspektiven konservativen Denkens. Deutschland und die Vereinigten Staaten nach 1945, Bern 2012, 362 S., ISBN 978-3-0343-1139-7, br. Band 27 ELISABETH STROWICK, ULRIKE VEDDER (Hrsg.): Wirklichkeit und Wahrnehmung. Neue Perspektiven auf Theodor Storm, Bern 2013, 236 S., ISBN 978-3-0343-1404-6, br. Band 28 TANJA VAN HOORN, ALEXANDER KOŠENINA (Hrsg.): Naturkunde im Wochentakt. Zeitschriftenwissen der Aufklärung, Bern 2014, 278 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-0343-1513-5 pb., eBook 978-3-0351-0753-1. Band 29 HANS JÜRGEN SCHEUER, ULRIKE VEDDER (Hrsg.): Tier im Text. Exemplarität und Allegorizität literarischer Lebewesen, Bern 2015, 338 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-0343-1652-1 pb., eBook 978-3-0351-0875-0.