Pdf: 26,99 € (De), Isbn 978-3-8394-4394-1
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Aus: Christiane Feuerstein Turnaround Urbanism – Perspektivwechsel und Transformation in Downtown Los Angeles Juli 2019, 210 S., kart., Dispersionsbindung, 55 SW-Abbildungen, 20 Farbabbildungen 29,99 € (DE), 978-3-8376-4394-7 E-Book: PDF: 26,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4394-1 Los Angeles, November 2019 steht am Beginn des für seine dystopische Zukunftsvision bekannten Films Blade Runner, in dem überfüllte Straßen und verfallende Fassaden im Kontrast zu futuristischen Videoprojektionen stehen. Die im Jahr 1982 imaginierte Zu- kunft von L.A. ist heute real erfahrbare Gegenwart – Anlass sich mit der Stadtentwick- lung des Drehorts, der Downtown von Los Angeles, zu beschäftigen. In Blade Runner ist die Stadt der Zukunft eine Stadt mit Vergangenheit. Der Zyklus von Verdichtung, Verarmung und Wiederentdeckung hat auf die verschiedenen Bezirke der Downtown, wie South Park, Skid Row oder den in Art District umbenannten Industrial District, unterschiedliche Auswirkungen. Christiane Feuerstein untersucht den Turnaround Urbanism aus der historischen Perspektive der Stadtentwicklung. Christiane Feuerstein (Dr. techn.) ist Architektin und Stadtforscherin. Sie arbeitet und publiziert zu den Themen urbane Transformationsprozesse, Stadterneuerung, Quar- tierskonzepte und Wohnen. Sie lehrt unter anderem an der Universität für angewandte Kunst Wien und der FH Joanneum Graz. Weiteren Informationen und Bestellung unter: www.transcript-verlag.de/978-3-8376-4394-7 © 2019 transcript Verlag, Bielefeld Einleitung | 7 Die Stadt der langen Wege | 15 Missionswege & Stadtgründung | Ankunft der Eisenbahn Zitrusfrüchte & Palmen | Promoting a Paradise: Garten Eden | Der erste Film Siedlungsentwicklung entlang der innerstädtischen & regionalen Transportsysteme Das Einfamilienhaus als Stadtbaustein | Frühe Motorisierung Die Mainstreet als Trennlinie | Veränderung der Nutzungen in Downtown Suburbia – a bunch of suburbs in search for a city Downtown: Urban Blight | 65 Detektivgeschichten als (imaginäre) Reisen durch die Stadt Downtown als kranker Patient | Die Rezeption des Verfalls im Film Noir Das Community Redevelopmentprojekt Bunker Hill | Das Bild der Stadt Soziale Territorialität in der Planung | Vertikale Teilungen im Stadtraum Blade Runner. Ein Film als Wendepunkt? | 101 Dystopie als Gesellschaftskritik | Blade Runner: Mensch & Maschine Gebrauchsspuren der Zukunft | Downtown L.A. als imaginierter und realer Ort Die Stadt der kurzen Wege als Gegenentwurf zur Dystopie Augen: Sehen und Wahrnehmen | Perspektivwechsel Downtown: From a 8-hour-a-day office center to a 24-hour city | 153 Loft Living | Urbane Pioniere & Umnutzungen | Live-Work-Play Neue Konzepte im Umgang mit Wohnungslosigkeit | Umstrukturierung des Stadtraums Wohnen als Baustein im Muster einer komplexer werdenden Raumorganisation Transformationen Timeline: Stadtentwicklung Downtown Los Angeles | 192 Verzeichnisse & Quellen | 196 5 Einleitung Turnaround Urbanism steht für eine immer wiederkehrende Transformation städtischer Räume, der auf der Ebene der Wahrnehmung ein Perspektivwechsel vorausgeht. Da die Wahrnehmung sowohl von individuellen als auch historisch und medial geprägten Erfahrungsmustern beeinflusst ist, ist der Blick auf die Stadt nie voraussetzungslos. Die Rückbe- züglichkeit zwischen den auf die Wahrnehmung einwirken- den Vorstellungen und der Neubestimmung der Nutzung, Organisation und Gestalt städtischer Räume steht im Fokus des Essays. Räumliche Ordnung, sozio-ökonomische Struk- turen, Nutzungsanforderungen sowie die architektonisch- bauliche und städtebaulich-morphologische Gestalt bilden ein kontextuelles Gefüge wechselseitiger Beziehungen, das einem andauernden, dynamischen Veränderungsprozess un- terliegt. In Downtown Los Angeles – dem Drehort des für seine dys- topische Zukunftsvision bekannten Films Blade Runner – las- sen sich die unterschiedlichen Transformationsprozesse, die die Stadt im Lauf ihres Bestehens durchlaufen hat, noch heu- te im Stadtbild nachvollziehen. Nach der Eingliederung Kali- forniens in den Staatenbund der Vereinigten Staaten wurde aus der spanischen Kolonialstadt die verkehrstechnische und 7 From its first major urban boom in the late nineteenth century, Los Angeles seemed to have a morphological mind of its own. The classic urban forms were never entirely absent, and glimmerings of them are discoverable even today, but from the beginning the Los Angeles urban fabric took on a very different texture. Ed Soja, 1996:433 Die im Süden und Westen an den Pazifischen Ozean angrenzende Stadt Los Angeles liegt in der hügeligen Küstenregion des Los Angeles Basin und ist im Osten und Norden von den Gebirgsketten der San Gabriel Mountains umgeben. Im Spätherbst und Winter beeinflussen die warmen und trocke- nen, sich auf die Pazifikküste zubewegendenSanta Ana Winde das Wetter in Südkalifornien. Sie können hohe Geschwindigkeiten erreichen. Diese Kombination aus Wind, Hitze und Trockenheit führt häufig zu Waldbränden. Die Region ist – mit der am Ostrand verlaufenden San-Andreas-Verwerfung und der innerhalb des Stadtgebiets verlaufenden Puente-Hills-Verwerfung – stark Erdbeben gefährdet. Innerhalb des Stadtgebiets trennen die Santa Monica Mountains das Basin, in dem Downtown liegt, vom San Fernando Valley. Die Stadt Los Angeles ist das Zentrum und der Verwaltungssitz der ausge- dehnten Metropolregion Los Angeles County, die mit mehr als 18 Millionen Einwohnern zu den größten der Welt gehört. Die Stadtregion ist in 15 Distrikte untergliedert. Sie besteht aus einem Patchwork von verschiedenen Bezir- ken, Unterbezirken und eigenständigen Städten, zu denen u.a. Santa Monica, Beverly Hills, West Hollywood, Pasadena, Inglewood oder Culver City gehören, die teilweise oder ganz vom Stadtgebiet der Stadt Los Angeles umschlossen sind. Sie sind eigenständige administrative Einheiten mit einer eigenen Stadtverwaltung. 8 Kern County San Bernadino County San Bernadino Ventura County Glendale Pasadena Malibu Santa Monica Sante Monica Bay Orange County Pazifischer Ozean San Pedro Abb. 01 Los Angeles County 9 wirtschaftliche Drehscheibe einer sich rasch entwickelnden Region, deren Wachstum durch klimatische Standortvor- teile – das milde Wetter mit vielen Sonnentagen – und der Verfügbarkeit von Land gefördert wurde. Die verschiedenen Verkehrsinfrastrukturen – vom Fahrrad über die Eisenbahn bis zum Auto – unterstützten in der zeitlichen Abfolge ihrer Einführung die Entstehung einer horizontal organisierten Siedlungsstruktur, deren geographische Grenzen sich mit je- der Veränderung der Transportsysteme – vor allem mit der im Vergleich zur übrigen USA frühen Verbreitung des Autos – erweiterten. In der in Folge der Industrialisierung immer rascher wachsen- den Stadt ließen die Pendler Downtown als ein am Abend und Wochenende verlassenes Zentrum zurück. Der Bedeu- tungsverlust im alltäglichen Leben korrelierte mit einem in Literatur und Film verbreiteten Image Downtowns als einem verlassenen und gefährlichen Ort. Die Versuche, dem Ver- lust an Steueraufkommen und dem baulichen Verfall durch von der Bundespolitik unterstützte Stadtsanierungsprogram- me entgegenzutreten, änderten jedoch wenig an der zeitlich unausgeglichenen Nutzung von Downtown, dem Leerstand der Gebäude im historischen Zentrum und der in den 1980er Jahren zunehmenden Wohnungslosigkeit. Der 1982 in Downtown Los Angeles gedrehte Film Blade Runner schien das Schreckensbild der Großstadt als einem chaotischen, krankmachenden und völlig ungeordnetem Ort in die Zukunft fortzuschreiben. Da in dem Film auch lokal be- stehende Probleme, wie der Leerstand historischer Gebäude oder Wohnungslosigkeit, thematisiert wurden, wurde von das dystopische Szenario von einigen Akteuren als Warnung vor einer als real empfundenen Gefahr aufgefasst. So bezieht sich der Historiker Kevin Starr in seinem Epilog zu dem 1988 verfassten Stadtentwicklungskonzept L.A. 2000: A city for the future direkt auf den Film. Er warnt darin eindrücklich vor dem im Film beschriebenen, bedrohlichen Szenario und verweist auf, die Bedeutung des vorgelegten Plans, der des- 10 sen Eintritt verhindern könnte. In einer 1992 veröffentlichten Kurzfassung des Downtown Strategic Plan befindet sich eine Visualisierung des revitalisierten Broadways, die das Los Angeles Theatre mit einer Ankündigung des Films Blade Runner zeigt. Der sich an dem Ideal der »Stadt der kurzen Wege« orientierende Plan steht für einen Perspektivwechsel in den Konzepten der Stadterneuerung. Wie bei Kevin Lynch, der in seinem 1960 erschienen Buch Das Bild der Stadt das Geschäftszentrum rund um den Pershing Square analysierte, wird die Stadt aus der Perspektive des Fußgängers und nicht mehr aus der des Autofahrers betrachtet. Die im Jahr 1982 für Los Angeles im November 2019 ima- ginierte dystopische Zukunft, in der überfüllte Straßen und verfallende Fassaden im Kontrast zu futuristischen Videopro- jektionen stehen, ist heute real erfahrbare Gegenwart: Histo- rische Bürogebäude werden saniert, Büros in Appartements verwandelt und in die flüchtig renovierten Fabrikgebäude des in Art District umbenannten Industrial District ziehen Studios, Cafès, Restaurants und Galerien. Ein kulturelles Zentrum mit neuen Museen und Auditorien entwickelt sich an der Grand Avenue. In dem im Südwesten von Downtown entstehen- den neuen Stadtteil South Park sind in unmittelbarer Nähe des großen Entertainment- und Einkaufskomplexes L.A. Live Wohnhochhäuser im Bau, und in Skid Row bemüht man sich, dauerhaften Wohnraum für Wohnungslose zu schaffen. Der folgende Essay betrachtet die unterschiedlichen Trans- formationsprozesse