Freitag, 11.04.2014 SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs: vorgestellt von Jürgen Kesting

„Exzellente, diskographisch wichtige und maßstäbliche Editionen“

RICHARD STRAUSS Complete Orchestral Works Staatskapelle Leitung: Warner Classics 431 78025 (9 CDs)

RICHARD STRAUSS The Great Operas Warner Classics 431 7992 (22 CDs)

RICHARD STRAUSS Complete Operas DG 479 2274 (33 CDs)

Den Treffpunkt Klassik – Neue CDs mit einer Quiz-Frage einzuleiten, mag nicht üblich sein. Aber vielleicht ist es doch eine reizvolle Herausforderung, die Musiksprache eines jungen Komponisten herauszufinden, der in seinem Violinkonzert op. 8 eine Gratwanderung zwischen Mozart und Beethoven auf der einen Seite und dem romantischen Virtuosenkonzert auf der anderen vollzieht.

Richard Strauss: Violinkonzert op. 8 (Ausschnitt) 2‘40 Ulf Hoelscher (Violine) , Leitung: Rudolf Kempe Warner

Das war der Beginn des Rondos aus dem Violinkonzert von Richard Strauss. Er hat diese Jugendarbeit – entstanden 1881-82 noch in der Gymnasialzeit – seinem Lehrer gewidmet: Benno Walter, dem Konzertmeister des Bayerischen Hoforchesters, in dem Franz Strauss, der Vater, als Hornist spielte. Der Solist der Aufnahme war der deutsche Geiger Ulf Hoelscher. Er wurde begleitet von der Staatskapelle Dresden unter Rudolf Kempe. Mit dem Traditions-Orchester hat Kempe zwischen 1970 und 1976 das gesamte Orchesterwerk von Richard Strauss aufgenommen: mitsamt der Konzerte.

Anlass für die Wiederveröffentlichung auf neun CDs ist der Geburtstag von Richard Strauss, der sich am 11. Juni zum 150. Mal jährt. Es war zu erwarten, dass sich vor diesem Gedenktag auf dem Plattenmarkt das wiederholt, was schon im vergangenen Verdi-Wagner- Jahr geschah: eine editorische Offensive. Die , Sony und Warner als der neue Besitzer des EMI-Konzerns werten ihre Kataloge für umfängliche Editionen aus. Näher vorstellen möchte ich Ihnen die Warner-Box mit den Orchesterwerken auf neun CDs, gespielt von der Staatskapelle Dresden unter Rudolf Kempe, sowie eine Sammlung mit zehn Opern unter dem Titel „The Great Operas“ auf 22 CDs, ebenfalls bei Warner erschienen, und die Kassette mit 33 CDs der DG – sie enthält sämtliche 15 Strauss-Opern. Darunter findet sich auch eine Aufnahme des Straussschen Opern-Erstlings „Guntram“ aus dem Jahre 1895. Strauss, damals ganz im Banne Wagners, hat den Text dieses im deutschen Mittelalter spielenden Erlösungs-Dramas selber verfasst. – Hier der Verklärungsabschied des „ehr- und tugendsamen Jünglings Guntram“ – eine sehr anspruchsvolle Partie – mit dem Tenor Reiner Goldberg.

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Richard Strauss: „Guntram“ (Ausschnitt) 2‘30 Reiner Goldberg (Tenor) Ungarisches Staatsorchester, Leitung: Eve Queler DG

Der Abschied des „Guntram“ mit Rainer Goldberg. Die Aufnahme von Strauss‘ Opern- Erstling ist 1985 in Budapest entstanden mit dem Ungarischen Staatsorchester unter Leitung von Eve Queler. Des Komponisten Hoffnung auf die Uraufführung seines Opernerstlings in seiner Vaterstadt München erfüllte sich nicht. Sie fand am 10. Mai 1894 am Großherzog- lichen Hoftheater in Weimar statt. In München kam das von Strauss selber später als Gesellenstück bezeichnete Werk am 16. November 1895 heraus. Von der Kritik wurde ihm ein Platz im Orkus zugewiesen. Dies hat das anerkennungsbegehrliche Herz des Komponisten tief gekränkt. So tief, dass er seinen Widersachern in seiner Tondichtung „Ein Heldenleben“ einige Jahre später ähnlich entgegentrat, wie es Wagner bei einem seiner größten Feinde, dem Kritiker Eduard Hanslick, getan hatte. Im zweiten Abschnitt der Tondichtung – „Des Helden Widersacher“ – werden die Kritiker durch ein atonales Quietschen der Holzbläser und ein Knurren des tiefen Blechs karikiert.

Richard Strauss: „ Ein Heldenleben“ (Ausschnitt) 3‘25 Staatskapelle Dresden, Leitung: Rudolf Kempe Warner

Das war zweite Abschnitt aus „Ein Heldenleben“ – die beißende Karikatur der Widersacher, die sich dem Helden entgegenstellen – gespielt von der Staatskapelle Dresden unter Rudolf Kempe. In seinen jungen Jahren galt der Komponist der Tondichtungen – von „Till Eulenspiegels lustige Streiche“, „Also sprach Zarathustra“, „Don Quixote“ und „Ein Heldenleben“ – als „Führer der Fortschrittspartei“: als Modernist. Das Getöse, das er im Abschnitt „Die Walstatt des Helden“ veranstaltete, wurde anno 1899 als beinahe unerträgliche Zuspitzung der Dissonanz angesehen.

„Ein Heldenleben“ war, auch wenn Strauss dies einzugestehen geflissentlich vermied, eine apotheotische Selbstdarstellung. Der Komponist verstand sich als Repräsentant, der seinen wachsenden Erfolg genoss und diesen dergestalt feierte, dass er sich im Abschnitt „Des Helden Friedenswerke“ selber zitierte: mit melodischen Wendungen aus seinen Tondichtungen ebenso wie aus „Guntram“, der Oper also, die nach seiner Ansicht von den Kritikern verkannt worden war.

Richard Strauss: „ Ein Heldenleben“ (Ausschnitt) 4‘55 Staatskapelle Dresden, Leitung: Rudolf Kempe Warner

„Des Helden Friedenswerke“ – der siebte Abschnitt aus einer Tondichtung, mit der das 19. Jahrhundert musikalisch ebenso aufreizend wie erfolgssicher zu Ende ging.

Sie hörten die Staatskapelle Dresden unter Rudolf Kempe, der 1949, wenn auch nur für drei Jahre, die Leitung der Dresdner Staatsoper und damit auch ihres Orchesters übernahm. Noch heute gilt die Staatskapelle als das Strauss-Orchester schlechthin – dank ihres deutschen Orchesterklangs, auf den auch der derzeitige Chefdirigent Christian Thielemann eingeschworen ist. Charakteristische Merkmale für diesen Klang sind die lange Bogenführung der Streicher, die warm und weich klingenden Holzbläser und die klangliche Rundung der Blechbläser.

Als Dirigent folgte Rudolf Kempe dem Weg, den Strauss in einem kleinen Regelwerk über das Dirigieren selber vorgegeben hatte. Eine dieser Regeln lautet, ein Dirigent dürfe niemals aufmunternd das Blech anschauen; hingegen müsse er, so eine weitere Regel, die Hörner 2 und Holzbläser nie aus dem Blick lassen; denn wenn er sie überhaupt höre, seien sie schon zu laut. Das Ergebnis: ein anmutig-elegantes, nie auftrumpfendes, sondern charmantes und ironisch distanziertes Musizieren.

Ein sublimes Beispiel ist die Wiedergabe der Orchester-Suite zu Hugo von Hofmannsthals „Le Bourgeois gentilhomme“ – eine Folge von neun knappen, sarkastisch witzigen Miniaturen. Sie hören das fünfte und sechste Stück: den Auftritt und den Tanz der Schneider und ein Menuett nach der Manier Lullys. Zu erleben ist Musik des 17. Jahrhunderts mit den Techniken des 20. Jahrhunderts.

Richard Strauss: „Le Bourgeois gentilhomme“ (Ausschnitt) 7‘20 Staatskapelle Dresden, Leitung: Rudolf Kempe Warner

„Auftritt und Tanz der Schneider“ und „Das Menuett des Lully“ aus der Suite „Le Borgeois Gentilhomme“ in einer Aufnahme mit der Staatskapelle Dresden unter Leitung von Rudolf Kempe.

Seinen Ruf als Führer der Fortschrittlichen hat Richard Strauss zu Beginn des vorigen Jahrhunderts weltweit insbesondere mit den Opern „Salomé“ und „Elektra“ gefestigt. Seine Komponisten-Kollegen Gustav Mahler, Arnold Schönberg und Ferruccio Busoni haben die damals als schockierend empfundene Modernität der „Salome“ gepriesen. Doch erhob sich auch eine Gegenstimme – zu einer Zeit, als Strauss, der Fortschrittliche, aufgehört hatte, fortzuschreiten und sich mit einem Schutzwall der Klassizität umgab. Ein deutscher Tonsetzer rief belustigt: „Was für ein begabter Kegelbruder! Der Revolutionär als Sonntagskind, keck und konziliant. Nie waren Avantgardismus und Erfolgssicherheit vertrauter beisammen. Affronts und Dissonanzen genug – und dann das gutmütige Einlenken, den Spießer versöhnend und ihm bedeutend, dass es so schlimm nicht gemeint war. Aber ein Wurf, ein Wurf.“

Das waren die Worte eines fiktiven Komponisten: des Adrian Leverkühn, des Protagonisten von Thomas Manns Künstler-Roman „Doktor Faustus“. „Der Dissonanzen genug – und dann das gutmütige Einlenken“: Das trifft ins Schwarze. Aber genau darin liegt eben der morbide Zauber des köstlich Verruchten, den Giuseppe Sinopoli in seiner brillanten Aufnahme der „Salome“ mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin ausreizt. Die Sopranistin Cheryl Studer hat die Partie der Salome zwar nie auf der Bühne gesungen – aber auf der Klangbühne glauben wir ein junges Mädchen mit einer Isoldenstimme zu hören und zu sehen.

Richard Strauss: „Salome“ (Ausschnitt) 11‘15 Cheryl Studer (Sopran) Orchester der Deutschen Oper Berlin, Leitung: Giuseppe Sinopoli DG

SWR2, Treffpunkt Klassik – Neue CDs, heute mit einem Richard Strauss-Schwerpunkt. Zuletzt hörten Sie einen Ausschnitt aus dem Final-Monolog der Salome. Cheryl Studer wurde begleitet vom Orchester der Deutschen Oper Berlin unter Giuseppe Sinopoli. Die Aufnahme ist 1991 entstanden – dreieihalb Jahrzehnte nach der Einspielung des „Rosenkavalier“ unter mit einem legendären Ensemble. Es versammelte Stars wie Elisabeth Schwarzkopf als Marschallin, als Octavian, Teresa Stich- Randall als Sophie, Otto Edelmann als Ochs und dazu exzellente Sänger in den kleineren Partien.

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„Tempora mutantur, nos et mutamur in illis“ – die Zeiten ändern sich, und wir uns mit und in den Zeiten. Das gilt auch für das Hören, für ästhetische Wertungen. Gerade jüngere Hörer werden womöglich überrascht sein, wie genüsslich der Dirigent und seine illustren Interpreten den sinnlichen Schmelz dieser Musik ausspielen und aussingen. Das offenbart sich gerade in den Detail-Affektationen bei der Gestaltung des Zeit-Monologs durch Elisabeth Schwarzkopf:

Richard Strauss: „“ (Ausschnitt) 10‘35 Elisabeth Schwarzkopf (Sopran) Philharmonia Orchestra, Leitung: Herbert von Karajan Warner Warner

In der „Rosenkavalier“-Aufnahme unter Herbert von Karajan trägt Elisabeth Schwarzkopf gleichsam das hoheitsvolle Lächeln einer First Lady auf dem Gesicht. Ganz anders die Marschallin der Aufnahme unter Sir Georg Solti: Die französische Sopranistin Régine Crespin, die ihre deklamatorischen Fähigkeiten in Bayreuth geschult hatte, kommt ohne solche Posen preziöser Künstlichkeit aus. Sie lässt die unmittelbare Sinnlichkeit einer vernachlässigten Frau spürbar werden – das, was Chateaubriand in seinen Betrachtungen über die Liebe als „vague inéquitude“ – als das heimliche Pochen der Leidenschaft – bezeichnet hat.

Richard Strauss: „Der Rosenkavalier“ (Ausschnitt) 5‘45 Régine Crespin (Sopran) Wiener Philharmoniker, Leitung: Sir Georg Solti DG

Régine Crespin mit einem kurzen Ausschnitt aus dem Zeitmonolog der Marschallin aus der Aufnahme des „Rosenkavalier“ unter Leitung von Sir Georg Solti.

In der Edition der Deutschen Grammophon ist der ungarische Dirigent, als „Maestro Dynamo“ berühmt, weiter mit Aufnahmen von „Elektra“ und „Die Frau ohne Schatten“ vertreten. Solti gehörte zu den Dirigenten, welche die erwähnten goldenen Regeln von Richard Strauss keineswegs als die zehn Gebote ihres Handwerks ansahen. Er ließ die rabiaten dissonanten Klangballungen der „Elektra“ geradezu explodieren – unterstützt von der Stereo-Technik, die der legendäre englische Produzent John Culshaw ersonnen hatte. Er sprach von einer „sonic stage“, einer Klangbühne – mit dem Ergebnis, dass ein intimes Solo der Holzbläser so durchdringend klingen kann wie die Stimme von Birgit Nilsson.

Dass die Solti-„Elektra“ Referenzcharakter hat, verdankt sie zwei individuellen Portraits: das der Titelpartie durch die Schwedin Birgit Nilsson und das der Klytämnestra durch Regina Resnik. Als die schwedische Sopranistin ihre großen Wagner- und Strauss-Partien an der sang, schrieb ein staunender Kritiker: „One hundred musicians bowing and blowing could not drown her“. „Bowing and blowing“ ist nicht adäquat alliterierend zu übersetzen. Gemeint ist: 100 Musiker, die ihre Bogen führten und die Blasinstrumente spielten, konnten Nilsson mit ihren Klangwogen nicht ertränken.

Dies wäre ein fragwürdiges Kompliment, wäre damit nur die pure Stimmkraft gemeint. Denn in der Wiedererkennungsszene zwischen Elektra und ihrem Bruder Orest überzeugt, ja: überwältigt die Nilsson gerade durch ihr sanftes und ergreifendes Singen. Ihr Partner ist der finnische Bariton Tom Krause – ein vortrefflicher Sänger, wenn auch kein so charismatischer wie Paul Schöffler, der diese Szene mit Inge Borkh als Partnerin unter Leitung von Fritz Reiner aufgenommen hat.

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Richard Strauss: „Elektra“ (Ausschnitt) 10‘10 Birgit Nilsson (Sopran), Tom Krause (Bariton) Wiener Philharmoniker, Leitung: Sir Georg Solti DG

Die Wiedererkennungsszene zwischen Elektra und ihrem Bruder Orest aus der Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern unter Georg Solti.

Schon zwei Jahre nach der „Elektra“, mit dem „Rosenkavalier“ von 1911, begann der Rückzug von Strauss in die Sphären des Gefälligen. Mit diesem Rückzugsgefecht und einer Kunstfertigkeit, die Thomas Mann als „Erfolgswindbeutelei“ bezeichnete, wurde Strauss endgültig zum Sonntagskind und zum Repräsentanten. Er wurde es auch – wie nicht verschwiegen werden kann – im politischen Sinne. 1933 ließ er sich Joseph Goebbels in Gegenwart von Hitler zum Präsidenten der Reichsmusikkammer bestallen.

„Es fällt schwer“, wie der Philosoph Ernst Bloch bemerkte, „über ihn (über Strauss) ins Reine zu kommen. Er ist gewöhnlich, und man sieht in ihm einen betriebsamen Mann, der zu genießen und das Leben zu nehmen weiß. Aber dafür und trotzdem ist Strauss im höchsten Grade gute Gesellschaft. Er ist es auch dort, wo er nichts als schlau ist und Modeerfolge komponiert, mitten im entsetzlichsten Kitsch, durchaus Oberschicht mit freien, spielenden, souveränen, weltläufigen Manieren ... Er ist weiterhin gesinnungslos und nimmt sei Material, wo er es findet, aber zu Zeiten findet er auch etwas Gutes, in dem Vertrauen auf seine mühelose, unbedenkliche und an sich völlig naive Freude am Musizieren.“

Der Strauss-Verächter Theodor W. Adorno hat 1969 im Magazin „Der Spiegel“ die These formuliert, der Mummenschanz der Oper sei unerträglich geworden; es wäre am besten, die Oper als Gattung auf der Schallplatte überwintern lassen. Durchaus in diesem Sinne, wenn auch nicht intentional, hat Strauss Werke geschrieben, die wie für die Klangbühne geschaffen sind. Dazu gehören etwa „Ariadne auf Naxos“ und ganz besonders sein Schwanengesang: „“, uraufgeführt 1942 in München unter Clemens Krauss, der auch das Libretto verfasst hat. Es ist ein Konversationsstück der selbstreferentiellen Art – eine Oper, in der die Oper zu ihrem eigenen Thema wird. Umkreist wird die alte Frage: „prima la musica poi le parole“ – also die Frage nach dem Primat der Musik oder des Textes. Beide Oprtn-Editionen bieten erstklassige Aufnahmen: Karl Böhm bei der Deutschen Grammophon, Wolfgang Sawallisch bei Warner.

Zu einer zentralen Szene von „Capriccio“. Sie spielt in einem Schloss nahe Paris, wo Vorbereitungen für ein Fest zum Geburtstag der Gräfin Madeleine getroffen werden. Der Bruder der Gräfin, ein Anhänger des Sprechtheaters, hat den Theaterdirektor La Roche, den Dichter Olivier und den Komponisten Flamand eingeladen. Zwischen beiden entbrennt ein Streit über die Frage, ob die Musik die Magd des Textes ist oder der Text, wie Mozart forderte, der Diener der Musik zu sein haben. Es geht hoch-geistig vor bei diesem Disput und manchmal auch geistreichelnd, bis der Theaterdirektor La Roche die hochfliegenden und esoterischen Gedankenflüge der „Streiter in Apoll“ pragmatisch beendet:

Ich diene den ewigen Gesetzen des Theaters. Ich bewahre das Gute, das wir besitzen, die Kunst unsrer Väter halte ich hoch. Voll Pietät hüte ich das Alte, harre geduldig des fruchtbaren Neuen, erwarte die genialischen Werke unserer Zeit! ... Nur blasse Ästheten blicken mich an: sie verspotten das Alte und schaffen nichts Neues! Ich will meine Bühne mit Menschen bevölkern! Mit Menschen, die uns gleichen, die unsere Sprache sprechen! Schärft euren Witz, gebt dem Theater neue Gesetze – neuen Inhalt! Wo nicht – so lasst mich mit eurer Kritik in Frieden.

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Mit diesen Worten hat Strauss dem Theaterdirektor wohl auch seine eigenen Vorstellungen und Überzeugungen in den Mund gelegt. In seiner Aufnahme mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks hatte Karl Böhm in Karl Ridderbusch einen prachtvollen La Roche, der in idealer Weise die Balance von Wort und Ton herstellte: klar und deutlich artikulierend, sonor und klangschön singend.

Richard Strauss: Capriccio“ (Ausschnitt) 10‘20 Karl Ridderbusch () Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Leitung: Karl Böhm DG

Karl Ridderbusch mit dem Credo des Theaterdirektors aus „Capriccio“, der letzten Oper von Richard Strauss, in einer Aufnahme unter Karl Böhm, dem Dirigenten, in dem Richard Strauss seinen Sachwalter sah.

Zum Abschluss eine kurze Einschätzung der beiden Opern-Editionen – der von Warner und der der Deutschen Grammophon, die den Vorzug der Vollständigkeit hat: In beiden finden sich aber exzellente oder diskographisch wichtige Aufnahmen. Leidenschaftliche Straussianer müssen sich wohl für beide entscheiden – die Referenzaufnahmen sind eben auf beide verteilt. Tröstlich, dass die umfänglichen Editionen zu Preisen erhältlich sind, die geringer sind als die einer Tribünen-Karte im Fußball-Stadion; und die maßstäbliche Edition der Orchesterwerke von Warner mit neun CDs kostet weniger als früher eine Langspielplatte.

Wenn Sie mögen, meine Damen und Herren, können Sie diese Sendung im Internet wieder- oder nachhören unter www.swr2.de. – noch eine Woche steht sie dort; und im Internet finden Sie auch das Manuskript. Danke fürs Zuhören sagt Jürgen Kesting. Jetzt geht es hier in SWR2 weiter mit dem Kulturservice und danach folgt Aktuell mit Nachrichten.

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