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Fuze_Titel_No.24.indd 2 10.09.10 21:28 The return of THE CROWN now feat. Jonas Stålhammar from Utumno/God Macabre on vocals. May the „Doomsday King“ descend upon us come September 2010! Available as standard CD, ltd. Digipak incl. bonus-disc (4 bonus tracks), 180gr vinyl + entire on CD and digital download THE CROWN live: 01.10. Lichtenfels Way Of Darkness Festival · 02.10. Oberhausen Death Feast Ultimate www.myspace.com/thecrownonlineswe

Keepers Of The Faith Erhältlich als SPECIAL LIMITED EDITION & STANDARD CD see them live on the HELL ON EARTH TOUR 2010 29.09. Frankfurt a.M. Batschkapp · 30.09. Klagenfurt (AT) Volxhaus 01.10. München Werk · 03.10. Solothurn (CH) Kofmehl 04.10. Hannover Faust · 06.10. Münster Sputnikhalle 07.10. Hamburg Markthalle · 08.10. Saarbrücken Garage 09.10. Schweinfurt Alter Stadtbahnhof · 11.10. Lindau Club Vaudeville 12.10. Stuttgart LKA · 13.10. Wien (AT) Arena 15.10. Leipzig Werk · 16.10. Berlin SO 36

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Fuze Magazine Thomas Renz, P.O.Box 11 04 20 42664 Solingen, Germany 07 COMEBACK KID 20 NEAERA (Pakete an: Fuze Magazine, Ein Album für die Straße. Die Cinderella von NEAERA. Hochstraße 15, 42697 Solingen) Fon 0212 383 18 29, Fax 0212 383 18 30 09 FINAL PRAYER 22 TO KILL fuze-magazine.de, myspace.com/fuzemag My scene – Berlin. Meer als eine Band.

Redaktion: 10 / WRETCHED / Thomas Renz, [email protected] THE AUTUMN OFFERING Anzeigen, Verlag: Quotes-Interview. Joachim Hiller, [email protected] 11 GREENALITY Marketing, Vertrieb, Anzeigen: Grün steht jedem. 24 CATARACT Kai Rostock, [email protected] Nicht schon wieder ein Interview. 11 RAFFLESIA Verlag & Herausgeber: My band name. 25 GREY Joachim Hiller, Hochstraße 15, Hamburger Schule. Nicht. 42697 Solingen, Germany 12 RAUNCHY My mixtape. 26 BAD RELIGION V.i.S.d.P.: Thomas Renz (Für den Inhalt von Der Papa wird’s schon richten. 13 namentlich gekennzeichneten Artikeln ist der/ My lyrics. 27 ESCAPADO die VerfasserIn verantwortlich. Sie geben nicht Zwischen Schreien und Schweigen. unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.) 14 BLACK FRIDAY ’29 Dear diary. 28 THE CROWN MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Triumphale Rückkehr. Florian Auer, Dorian Becker, Alexander Blach, Ge- 15 TRAEOS / ENDNOTE org Büchner, Lars Christensen, Joss Doebler, Frank Labelmates. 29 A TRAITOR LIKE JUDAS Engelhardt, Alex Erian, Benedikt Ernst, Björn Es- Al Gore des . 16 VALIENT THORR ser, Carl Jakob Haupt, Felix Heiduk, André Jahn, To- Tracklist-Interview. bias Kolb, Daniel Kubera, Arne Kupetz, Christian Ludwig, Hendrik Lukas, Dennis Meyer, Ingo Rieser, 17 BLOODATTACK Björn Schmidt, Martin Schmidt, René Schuh, Pia Pants down. Schwarzkopf, Mike Score, , Ales- sandro Weiroster, Birte Wiemann, Nils Wittrock, 17 ALL OUT WAR 30 SPERMBIRDS Daniel Zimmermann My artwork. Die Mutter der Band.

Layout: André Bohnensack 31 LES SAVY FAV Spaß an der Freude. Lektorat: Ute Borchardt Coverfoto: Tim Tronckoe 33 REVIEWS (myspace.com/tim.tronckoe) Coverdesign: Alex Gräbeldinger 43 RETROSPECT Vertrieb: Eigenvertrieb, Cargo, Green Hell, Core Tex, Imperial, Trashmark Abonnement: 6 Ausgaben 10 Euro inkl. P+V 44 LIVEDATES Druck: WAZ Druck, Duisburg 18 TERROR NEVER SAY DIE! TOUR Last of the diehards. DENOVALI SWINGFEST

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06Fuze24.indd 6 10.09.10 21:27 COMEBACK KID EIN ALBUM FÜR DIE STRASSE. Seit Jahren sind wir“, stellt Neufeld klar. So kam es, dass Eric Ratz und Kenny Luong ledig- COMEBACK KID auf Tour. Dass sie dabei die Zeit gefunden haben, ein lich einige Ideen für den Gesang und die Lead-Gitarre beisteuern durften. neues Album zu schreiben, zeigt in erster Linie eines: Sie wollen wei- terhin so viel wie möglich unterwegs sein. Neben den Australiern PARK- Doch nicht nur der zeitliche Ablauf der Aufnahmen wurde vom Diktat der WAY DRIVE sind COMEBACK KID aus Kanada die Megaseller der interna- Straße bestimmt, auch musikalisch war das ständige Unterwegssein nicht tionalen Hardcore-Branche. Dies ist insofern erstaunlich, als dass lange ganz unwichtig. „Nach so vielen Jahren auf Tour wollten wir endlich mal wie- Zeit US-amerikanische Bands die Szene dominierten. Doch das ist nicht der neue Songs spielen.“ Neufeld hatte deshalb nur eine Maxime im Kopf: die einzige Gemeinsamkeit: Beide Bands setzen mit ihren aktuellen Relea- „Das Album soll Spaß machen, wenn man es live spielt.“ Also beschloss der ses auf einen deutlich dreckigeren, roheren Sound, sie klingen „live“ – und ehemalige Gitarrist, der nur dank des Ausstiegs des ursprünglichen Sän- das ist die wesentlich interessantere Beobachtung. COMEBACK KID haben gers Scott Wade im Jahr 2006 ans Mikrofon wechselte, endlich auch auf ihr neues Album „Symptoms + Cures“ zwischen März und Mai dieses Jahres Platte so zu singen, wie er es live schon immer tat – und damit deutlich von Eric Ratz und Kenny Luong produzieren lassen, die bereits den CAN- rauer als auf dem vorangegangenen Album. „Um meine Stimme während CER BATS ordentlich Schmutz auf die Tonspuren geblasen haben. Beim der Aufnahmen zu schonen, haben wir die Tage aufgeteilt: einen halben Tag Snare-Sound orientierte sich die Band noch an ihrem Zweitwerk „Wake Gesang, dann die Gitarren.“ Nur so konnte sichergestellt werden, dass das The Dead“, die Gitarren hingegen klingen schon deutlich kratziger, als bis- Album rechtzeitig fertig wurde und COMEBACK KID unmittelbar nach Been- lang gewohnt, und der Bass sollte „möglichst schmutzig und schlagkräftig digung der Aufnahmen sofort wieder auf Tour gehen konnten. Denn dafür rüberkommen“, so Sänger Andrew Neufeld. „Unser Ziel war es, das Album wurden die Songs schließlich geschrieben. rau, ungekünstelt und kraftvoll zugleich klingen zu lassen.“ Bis Jahresende waren Ende August bereits 67 Shows angesetzt. Im Novem- Damit Ratz und Luong diese Vorgaben auch wirklich umsetzten, schrie- ber sind die Kanadier auch in Deutschland unterwegs – gemeinsam mit ben COMEBACK KID sämtliche Songs schon vor den Aufnahmen. Im Studio PARKWAY DRIVE. Dann werden sich die beiden Bands an ihren aktuellen sollte, obwohl es live klingen sollte, nichts dem Zufall überlassen werden. Alben messen lassen müssen. Doch das dürfte für beide ein Kinderspiel Weil die Kanadier aber ständig auf Tour waren, gestaltete sich das Song- werden, haben sie doch dem Wandel der Musikindustrie Rechnung getra- writing schwieriger als erwartet. „Wir hätten gern mehr Zeit für die Vor- gen und ihr Band-Konzept gänzlich auf das Spielen von Live-Shows ausge- produktion gehabt“, so Neufeld, „aber COMEBACK KID funktionieren unter richtet. Alben und Songs dienen in dieser neuen Realität in erster Linie der Druck nun einmal am besten.“ Also entstand die erste Hälfte des Rechtfertigung neuer Touren. Für Neufeld ist das mehr als in Ordnung, denn zu Hause in Winnipeg – und die restlichen Songs in Australien, unmittelbar „ich lebe und sterbe für das Reisen und die Touren – und ich werde das so vor einer Tour durch den fünften Kontinent. Trotzdem war natürlich alles lange wie nur irgendwie möglich machen.“ Bester Beweis für die Glaubwür- fertig, als es nach Toronto ins Studio ging. „Wir sind den Ideen der Produ- digkeit seiner Aussage ist „Symptoms + Cures“. zenten gegenüber immer sehr aufgeschlossen, aber am Ende entscheiden Carl Jakob Haupt

Foto: Burkhard Müller (facetheshow.com)

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07Fuze24.indd 7 12.09.10 20:33 light the fuze FUZE.24 DINGE FÜR GEWINNER „DER SOUND IST FETT“, schreibt Hendrik „GODZILLA KANN KEINEN HABEN“, antwortete kürzlich Mutter Katzenberger bei der RTL- Lukas in seiner Besprechung der ersten offi ziellen Sendung „101 Wege aus der härtesten Show der Welt“ auf die Frage, welche Figur einen Stern auf -DVD, „die Setlist hält neben dem Pfl icht- dem Walk of Fame habe, und fügte hinzu: „Der ist doch viel zu groß.“ Zur Strafe wurde sie von Mode- programm einige rare Überraschungen parat, und rator Daniel Hartwich in einen argentinischen Pool geschmissen. Soweit wollen wir es beim Fuze nicht Martin van Drunen führt grundsympathisch und in kommen lassen. Um bei uns etwas zu gewinnen, muss deshalb lediglich eine E-Mail mit dem jeweili- fl ießendem Deutsch durch das Konzert.“ Na toll, gen Betreff an offi [email protected] geschickt werden. Hendrik. Hättest du mir das nicht ein bisschen früher sagen können? Zum Beispiel bevor ich den holländi- Der Mann von der Spedition, der uns alle zwei Monate die frisch gedruckten Hefte schen Sänger darum bitte, etwas zu den Texten des liefert, hielt das Fuze anfangs für ein Tätowiermagazin – womit er irgendwie ja neuen Albums seiner anderen Band HAIL OF BUL- auch Recht hatte. Es macht also durchaus Sinn, dass wir für die WILDSTYLE LETS zu schreiben, und ich Blödmann meine diesbe- & TATTOO MESSE, die ab Oktober anlässlich ihres fünfzehnjährigen Jubiläums zügliche Anfrage komplett auf Englisch formuliere, durch Deutschland und Österreich tourt, jeweils zwei Mal zwei Tickets für die wodurch van Drunen natürlich dazu verleitet wird, Stopps in Stuttgart (06./07.11.), Bochum (13./14.11.), Wiesbaden (27./28.11.) und seine Antworten in derselben Sprache zu verfassen, München (04./05.12.) verlosen. Neben vielen namhaften Tätowierern und inter- und sich wahrscheinlich noch gewundert hat, was ein nationalen Ausstellern wird unter anderem auch Lucky Diamond Rich anwesend deutsches Musikmagazin wohl mit einem englischen sein, der Mann links im Bild, der zu hundert Prozent tätowiert ist und es damit ins Text will, und ich jetzt hier sitzen und die ganze Chose Guinness Buch der Rekorde geschafft hat. Als Teil der „Modern Primitives Freak- übersetzen muss, was selbstverständlich viel län- show“ wird er zum Beispiel mit Kettensägen jonglieren und Schwerter schlucken. ger dauert, als einfach nur einen deutschen Artikel Betreff: „So was sollte RTL mal seine ‚Promis‘ machen lassen!“ etwas in Form zu bringen – und das, wo ich dem Zeit- plan eh schon wieder meilenweit hinterherhinke und nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht? Vielen Dank, „Ich sage mal nichts zum Motiv, sonst werde ich nachher wieder zitiert – so wie damals bei Hendrik. Das hast du echt spitze gemacht, wirklich. SOIA. Alter, ich lass’ mich doch nicht von so Schreiberfuzzis wie euch bloßstellen, haha“, Aber weißt du, was ich jetzt mache? Ich kürze deine schrieb uns der Century-Media-Mitarbeiter, der uns dieses Mal drei T-Shirts von TERROR ASPHYX-Rezension einfach so lange zusammen, sowie Poster, Sticker und den aktuellen Sampler seines Labels klargemacht hat. Betreff: „Ja, bis von den betreffenden Sätzen nichts mehr übrig ich bin auch dafür, dass der Mann nicht mehr zitiert wird.“ ist. Auf diese Weise schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe. Du wirst für deine unentschuldbare Nachläs- sigkeit bestraft – und was noch viel wichtiger ist: Nie- Apropos TERROR: Die touren bekanntlich gerade mit der Hell On Earth Tour durch Europa, mand erfährt, was für ein Idiot ich bin. doch mit der PERSISTENCE TOUR steht im Dezember schon das nächste Highlight aus Thomas Renz (offi [email protected]) dem Hause M.A.D. Tourbooking an. Dieses Jahr mit dabei: , D.R.I., BLOOD FOR BLOOD, , , CRUEL HAND und CASEY JONES. Wir verlosen Shirts und CDs der Bands. Betreff: „Ich wette, die Shirts sind von Rage Wear.“ DAS FUZE IST EIN KOSTENLOSES MUSIKMA- GAZIN, das alle zwei Monate erscheint und sich auf Hard- core, Metal und spezialisiert hat. • Unter myspace.com/fuzemag gibt es eine Liste mit allen In Fuze.21 hat Nils Wittrock von THE HIRSCH EFFEKT „These Waves Will Carry Us Home“ von Locations, in denen das Fuze ausliegt. CALEYA besprochen. Das hat uns so gut gefallen, dass wir ihn inzwischen auch Alben von • Mailorder wie Green Hell, Imperial, Core Tex, Trashmark, Bands besprechen lassen, mit denen er nicht befreundet ist. Während Midsummer Records Merch Attack, Rage Wear oder Flight13 legen das Heft ihren wiederum CALEYA so gut fanden, dass sie die Platte noch einmal herausgebracht haben. Bestellungen bei. Betreff: „Und mir taugen die so gut, dass ich eine davon gewinnen will.“ • Bei vielen Touren, die von M.A.D., Avocado oder Kingstar organisiert werden, liegt das Magazin am Merch-Stand aus. • Man fi ndet das Heft in allen Carhartt Stores sowie in vielen „I’m not interested in CDs anymore“, hat Epitaph-Chef Brett Gurewitz kürzlich zum Chefre- Läden, in denen es die Klamotten von Atticus Clothing gibt. • Ein Abonnement über sechs Ausgaben kostet zehn Euro dakteur dieses Magazins gesagt. Woraufhin der das gleich allen möglichen Labels erzählt und kann unter ox-fanzine.de/fuze-abo bestellt werden. hat, damit die ihm ihre CDs zum Verlosen überlassen. Mit Erfolg, wie die aktuellen Alben von • Für 2,50 Euro kann man das Fuze auch im Bahnhofsbuch- AYS sowie FINAL PRAYER und TO KILL beweisen, die wir Core Tex und Let It Burn abluch- handel kaufen. sen konnten. Betreff: „Ich kauf’ auch keine CDs mehr – ich gewinne sie.“

Fuze-Abo. Das Fuze- Fuze-Prämien-Abo. FUZE-SHOP Abo über ein Jahr (sechs Das Fuze-Abo über ein www.ox-fanzine.de/fuze-shop Ausgaben) für 10 Euro – Jahr + Fuze-Shirt + CD auch ins Ausland. unserer Wahl für 25 Euro. Fuze-Shirt. Schwarzes T-Shirt mit einem Design von Tierrechtskünstler Roland Straller in fair gehan- Gilt nur für Deutschland. Das Das Abo verlängert sich um Abo verlängert sich um jeweils delter Bio-Qualität und limitierter Aufl age für 15 Euro jeweils ein Jahr, wenn es nicht ein Jahr, wenn es nicht bis (+5 Euro P&V) – auch als Girlie erhältlich. bis spätestens vier Wochen spätestens vier Wochen vor Auslandsporto auf Anfrage: [email protected]. Nur vor Erscheinen der letzten Erscheinen der letzten bezahl- solange der Vorrat der reicht. bezahlten Ausgabe schriftlich ten Ausgabe schriftlich gekün- gekündigt wird. digt wird.

Fuze-Spezial-Abo: Fuze-Backissues- 20 für 20. Das Fuze- Paket. Alle noch ver- Abo über ein Jahr (sechs fügbaren alten Hefte für Ausgaben) für insgesamt 10 Euro (+5 Euro P&V). 20 Euro, wobei von jedem Heft zwanzig Exemplare Auslandsporto auf Anfrage: [email protected]. Solange geliefert werden. der Vorrat reicht, ohne Anspruch darauf, dass wirklich jedes Heft dabei ist, weil even- Das Abo verlängert sich nicht tuell vergriffen. Es gibt min- automatisch! destens zwölf Hefte.

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noch eine weitere Band zusammen aufgetreten. So etwas würde heute gar nicht mehr gehen. Old-School-Hardcore spielt nur mit Old-School-Hardcore, Metal- core nur mit Metalcore, Crust-Punk nur mit Crust-Punk. Langweilig! Mit dem Ber- lin Hardcore Fest gibt es aber jedes Jahr den Versuch, die verschiedenen Szenen wieder miteinander in Berührung kommen zu lassen. Von den Berliner Bands und der Einstellung her haben uns sicherlich PUNISHABLE ACT am meisten beein- druckt. Von denen finde ich nicht alle Songs megageil oder so, aber die Jungs sind alle um die vierzig und „für immer“ dabei. Keine Rockstars, eine politische Attitüde, ohne klugzuscheißen – davor habe ich sehr viel Respekt. Außerdem fände ich es total cool, wenn meine Tochter mit fünfzehn Jahren zu einem mei- ner Konzerte kommen würde. Plattenkaufen geht in Berlin immer. Coretex Records hat viel Merch und viele Platten – leider wird es immer mehr Merch und immer weniger Vinyl, weil viele Kids nur noch downloaden. Bis aufs Messer hat viel Noise, Doom, Metal und einiges an Hardcore-Punk. Vopo Records hat viel Punk und auch anderes gutes Zeug. Was vegetarisches und veganes Essen betrifft: Yellow Sunshine macht gute Bur- ger, PowwoW ebenso. Thai-Curry mit „Ente“ gibt es neben dem SO36. Das Hans Wurst ist ein veganes Restaurant im Prenzlauer Berg und LaMano Verde bie- Foto: Martin E. Landsmann (martinlandsmann.de) tet gehobene Küche – ebenfalls komplett vegan. Auch an guten Auftrittsmög- lichkeiten mangelt es hier nicht. Es kommt halt darauf an, was man will. Das Cas- FINAL PRAYER siopeia hat den besten Biergarten. Das Tommyhaus hat eine coole Kneipe. Die MY SCENE – BERLIN. Berlin war schon immer etwas weiter weg von fairsten Bierpreise, aber auch die dreckigsten Toiletten haben Squats wie die Köpi all den Trends und hippen Bands, die im Westen Deutschlands, in Holland oder das Subversiv. Aftershow-Disko mit Studenten-Crowd gibt es im Magnet. oder Belgien gerade angesagt waren. Das liegt zum einen an der geografi- Die bisher beste Show in Berlin fand aber woanders statt: ATARI TEENAGE RIOT schen Lage – man muss mindestens fünf Stunden fahren, um beispielsweise in während der Mai-Demo im Tränengashagel der Bullen auf einem Anhänger. Mehr den Ruhrpott zu kommen. Zum anderen ziehen Berliner gern ihr eigenes Ding Hardcore-Punk-Vibe geht nicht, glaube ich, und so etwas gibt es auch nur in durch. Das kann dann dazu führen, dass bestimmte Bands in Holland oder im Berlin. Pott vor fünfhundert Leuten spielen und einen Tag später in Berlin vor dreißig. Als Am meisten liebe ich an Berlin jedoch die Direktheit: Hier wird alles härter gesagt, auswärtige Band muss man erst ein paar Mal hier auftreten und sich „beweisen“, als es gemeint ist, zum Beispiel zu „hippen“ Bands an der Bar, dass sie ja total bevor die Leute abgehen. Ami-Bonus oder so etwas gibt es selten. scheiße sind. Gleichzeitig hasse ich die Berliner Arroganz, die davon ausgeht, Wie überall sonst gibt es aber auch in Berlin schon lange nicht mehr nur die eine dass der Rest des Landes eh nur „Provinz“ sei und man daher gerne nur in seinem Szene. Durch das Aufmachen diverser Schubladen wie Emo, Metalcore, Death- eigenen Saft schmoren kann. Aber das hat sich in letzter Zeit eigentlich ziemlich core und so weiter wurde sie in sehr viele kleine Subszenen aufgespalten. Früher geändert. Berlin und seine Szene sind sehr viel offener als noch vor zehn Jahren. gab es hier Shows, da sind SENSE FIELD, LIFETIME, FOUR WALLS FALLING und Felix Heiduk, FINAL PRAYER

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WITHIN THE RUINS / WRETCHED / THE AUTUMN OFFERING QUOTES-INTERVIEW. Es gab mal eine Zeit, da konnte man sich jede Platte kaufen, die bei rauskam. Inzwischen kann man sich nicht einmal mehr die Namen der Bands des Chicagoer Labels merken – es sind einfach zu viele. Das muss anders werden. Wir haben deshalb WITHIN THE RUINS, WRETCHED und THE AUTUMN OFFERING [Wem? Anm. d. Red.] ein paar Fragen geschickt, die krampfhaft versuchen, einen Bezug zum Label her- zustellen, indem sie sich jeweils auf ein Zitat beziehen, in dem das Wort „victory“ vorkommt.

Welche Ziele wollt ihr mit eurer Band erreichen – abgesehen vom Schreiben von Songs und Spie- len von Shows? Jay WITHIN THE RUINS: Wir hoffen, dass unsere Musik den Hörer dazu bringt, sich selbst ein Instru- ment zu schnappen und Musik zu machen. Steven WRETCHED: Unsere Musik so vielen Men- schen wie möglich nahe bringen. Jesse THE AUTUMN OFFERING: Ich will mit der Band ins Ausland. Nicht nur nach Europa, sondern in jeden Winkel dieser Erde. Und zwar nicht nur, um neue Fans zu gewinnen, sondern weil das Reisen und die Stra- pazen, die damit verbunden sind, die Band und ihre Mitglieder weiterbringen. Umso mehr man als Band rumkommt, desto öfter bekommt man mit, wie die eigene Musik das Leben der Menschen beeinflusst. Als Amerikaner ist es schwer, sich vor Augen zu füh- ren, welche Wirkung Konzerte und Musik haben kön- nen. In Ländern, in denen man nicht so einfach jede Band, die man mag, für ein paar Kröten sehen kann, erlebt man noch aufrichtige Wertschätzung. Foto: Alex DiVincenzo (alexislegend.com) Der amerikanische Philosoph Ralph Waldo Foto: Taylor Lee Von Malcolm S. Forbes, dem ehemaligen Her- Emerson schrieb einst: „The god of victory is said oder dass ein Christ seine Gitarre nimmt und sagt: ausgeber des Forbes Magazine, stammt der to be one-handed, but peace gives victory to „Gott hat mich dieses Riff schreiben lassen.“ Wenn Satz: „Victory is sweetest when you’ve known both sides.“ Wie viele Hände Victory-Boss Tony du Katholik, Moslem, Buddhist, Atheist, Nihilist oder defeat.“ Was war eure bisher größte Niederlage Brummel hat, interessiert mich weniger, aber wie was auch immer bist: gut für dich. Aber ein zusätz- als Band? ist er denn so drauf? liches Wort vor den Namen deines Genres zu klat- Jay WITHIN THE RUINS: Um ehrlich zu sein, bin ich Jay WITHIN THE RUINS: Als ich Tony zum ersten schen, macht deine Band nicht besser oder schlech- erst seit Januar in der Band. Die bisher einzige Nie- Mal getroffen habe, war ich, gelinde gesagt, etwas ter als irgendeine andere. Wenn du gute Musik derlage hat deshalb unser Sänger Tim erlitten, als er eingeschüchtert. Wir hatten kürzlich ein Meeting mit machst, machst du gute Musik. So einfach ist das. im Studio so betrunken war, dass er umgefallen ist ihm, und das Erste, was er sagte, war: „Also, wer wird Jesse THE AUTUMN OFFERING: Das war mir gar und sich die Schulter ausgekugelt hat. euer neues Album kaufen?“ Was ich damit sagen will: nicht bewusst. Vielleicht habe ich diese Bands aber Jesse THE AUTUMN OFFERING: Ich bin neu in der Er kommt immer direkt zum Punkt. Er weiß, was er auch gehört und nur nicht geblickt, dass sie über Band, deswegen kann ich diese Frage nur aus der will, und ist der Erste, der dir sagt, dass du etwas ver- Jesus singen, haha. Wenn du auf die Bibel und Jesus Perspektive eines Fans beantworten. Viele Leute masselt hast. Außerhalb des Büros ist Tony jedoch stehst, schön für dich, aber ich denke, du solltest mal sehen in THE AUTUMN OFFERING zwei verschiedene ein echt cooler Typ. Sogar wenn er versucht, deinen den Film „Religulous“ anschauen oder dir anhören, Bands: Es gibt Anhänger der ersten beiden Platten Taxifahrer davon zu überzeugen, dass er aus Ghana was der Stand-up-Comedian George Carlin zu die- mit Dennis Miller am Mikro, der irgendwann ausge- komme. sem Thema zu sagen hatte. Metal zu benutzen, um stiegen ist, um ein normales Leben zu führen, und Steven WRETCHED: Er ist super, schließlich hat er die Ignoranz einer Gruppe (Christen, Baptisten und Polizist wurde, soweit ich weiß. Und dann gibt es die uns unter Vertrag genommen. so weiter ...) zu verbreiten, die Wort für Wort an ein folgenden drei Alben mit Matt McChesney, der früher „If you think you can win, you can win. Faith is Buch (die Bibel) glaubt, das nur im übertragenen bei HELL WITHIN gesungen hat. Ich persönlich mag necessary to victory“, so der englische Schrift- Sinne verstanden werden darf, ist Schwachsinn. Das das neue Zeug lieber. Aber wie bei jeder Band, bei steller William Hazlitt. Was hältst du davon, dass Christentum und die Kirchen sind der älteste Schwin- der es einen Besetzungswechsel gab, wird es immer Victory in letzter Zeit so viele christliche Bands del der Welt. Sie manipulieren die Menschen, um an Leute geben, die das entweder gut finden oder has- unter Vertrag genommen haben? ihr Geld zu kommen und sie klein zu halten. Aber sen. Jay WITHIN THE RUINS: Dieses ganze Christen- Moment mal ... Jesus ist gestorben und wieder auf- Der amerikanische Bildungspolitiker Horace Hardcore-Ding ist doch nur eine weitere bescheu- erstanden und deshalb so etwas wie ein Zombie. Das Mann lebte nach dem Motto: „Be ashamed to die erte Schublade. Ich denke nicht, dass deine religiö- ist verdammt Metal. Okay, ich nehme alles zurück. until you have won some victory for humanity.“ sen Ansichten Auswirkungen auf deine Musik haben Thomas Renz

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– und weil die Klamotten der anderen Marken neuesten, angesagten Metalcore-Stuff tragen. Die zu sehr nach „Birkenstock und Latschenkiefer“ sollten vielleicht mal in sich gehen und überlegen, aussahen – gründete der 28-jährige Baden- ob sie wirklich so viele Klamotten in ihrem Kleider- Württemberger vor eineinhalb Jahren das Öko- schrank brauchen oder nicht auch auf jedes zweite Fashion-Label Greenality. Shirt verzichten könnten. Klar, dreißig Tacken sind nicht wenig, aber man muss halt auch bedenken, Du unterstützt mit Greenality Bands wie DEAD- dass ich meine Shirts nicht für unter einem Euro ein- LOCK, oder THE OCEAN, kaufe, wie das zum Beispiel bei einem normalen Mer- außerdem ist Markus Ruf, Gitarrist der inzwi- chandising-Shirt der Fall wäre, sondern ein Vielfa- schen aufgelösten FEAR MY THOUGHTS, für die ches mehr bezahle. Dafür ist mein Zeug aber auch Designs verantwortlich. Woher kommt dieser nicht in irgendeinem Ausbeuterbetrieb hergestellt Bezug zur Hardcore/Metal-Szene? Ich denke, mir worden und hat durch den Chemikalieneinsatz beim ging es da wie vielen von uns. Über SLIME, WIZO und Anbau der Baumwolle die Lebensgrundlage vieler Co. bin ich irgendwann auf MINOR THREAT, MAD- Menschen vernichtet. BALL und gestoßen. HEA- Woran liegt es deiner Meinung nach, dass selbst VEN SHALL BURN ist zum Beispiel eine Band, die politisch engagierte Bands kaum Merchandise mich schon seit fast zehn Jahren begeistert und es aus Bio-Baumwolle und mit Fairtrade-Siegel einfach verdient hat, unterstützt zu werden. An der anbieten? Den Bands kann man nicht einmal einen Hardcore-Szene faszinieren mich die positive Atti- Vorwurf machen, da Shirts oft ihre einzige Einnah- tüde und der DIY-Gedanke. Ich bin aber weit davon mequelle sind, womit sie alles andere finanzieren. entfernt, mich irgendeiner Szene zuzuordnen. Das Ich denke, dass das Musik-Business schuld daran wäre nicht ich. Ich mache da lieber mein eigenes ist. Vielleicht sollten gerade die großen Bands ihren Ding. Merchandising-Vertrieb wieder selbst in die Hand Hast du den Eindruck, dass die Akzeptanz von nehmen. fair gehandelten Klamotten aus Bio-Baum- „Wir sind uns natürlich auch bewusst, dass sich wolle in der Hardcore/Metal-Szene größer ist nicht jeder Mensch faire Bio-Produkte leis- als im Rest der Gesellschaft? Die Akzeptanz ist ten kann“, steht auf eurer Homepage. Was also schon da, aber Akzeptanz alleine reicht nicht. Man kann der Einzelne tun, der sich für die von dir darf halt nicht nur darüber quatschen, sondern muss gewünschte „bessere und gerechtere Welt“ ein- GREENALITY das Ganze auch leben. Nur dann kann man die Miss- setzen will, aber kein Geld hat? Man kann sich zum GRÜN STEHT JEDEM. Markus Beck ist nicht stände in der Textilbranche beseitigen. Ich bekomme Beispiel in irgendeiner Umweltorganisation engagie- der Typ, der „nur über eine bessere Welt rum- oft zu hören, dass dreißig Euro für ein Shirt viel zu ren. Das kostet nichts und ist mindestens genauso philosophiert“, sondern einer, der aktiv etwas teuer seien. Manchmal ärgert mich das ein bisschen, sinnvoll, wie ein Greenality-Shirt zu kaufen, haha. verändern möchte, wie er selbst sagt. Deshalb weil das meistens von Leuten kommt, die immer den Thomas Renz

uns irgendetwas einfallen lassen. Ich erinnerte mich an den Namen eines Albums von GIGHANDI, das ich früher sehr oft gehört hatte, also entschieden wir uns für RAFFLESIA. Uns war damals jeder Name recht, zudem klang er irgendwie beson- ders. Wir haben keinen Gedanken daran verschwendet, was wir sagen würden, wenn uns die Leute nach seiner Bedeutung fragen sollten. Wir hatten ja keine Ahnung, dass aus der Band etwas Ernsthaftes werden würde. Rafflesia bildet keine Wurzeln aus. Ihr dagegen werdet welche haben, oder? Als wir 2005 anfingen, wollten wir wie HEAVEN SHALL BURN klingen. Im Laufe der Jahre kamen wir dann dahinter, dass Musik zu machen mehr ist, als nur seine Lieblingsband zu kopieren. Also fingen wir an, mit verschiedenen Sti- len zu experimentieren, was problemlos möglich ist, weil alle in dieser Band einen ganz unterschiedlichen Musikgeschmack haben. Beim Schreiben unseres neuen Albums „In The Face Of Suffering“ haben wir mit verschiedenen Metal-Richtun- gen herumgespielt, was einen Sound zur Folge hatte, den man mit „Metalcore vs. vs. Hardcore“ umschreiben könnte. Wir haben versucht, das Album abwechslungsreicher zu machen als das vorige. Ich denke, das ist uns gelungen. Die Blüten der Rafflesien sehen aus wie faulendes Fleisch – und riechen angeblich auch so. Die Pflanze wird deshalb auch „corpse flower“ oder „meat flower“ genannt – was auch Songtitel von euch sein könnten. Um was geht es eigentlich in euren Texten? Um verschiedene Sachen. Aber der rote Faden, der sich durch unsere Platten zieht, ist die Dummheit der Menschen: Krieg, Tod, die Zerstörung des Planeten. Man könnte natürlich sagen, dass dies ziemlich klischeehafte Themen sind, und uns ist auch bewusst, dass wir die Welt nicht ändern können, indem wir darüber singen, aber es ist einfach eine gute Foto: Tim Tronckoe Möglichkeit, unseren Frust rauszulassen. Rafflesia arnoldii, die bekannteste Art der Rafflesiengewächse, bildet die RAFFLESIA größten Blüten im Pflanzenreich. Wie groß wollt ihr als Band werden? Wir MY BAND NAME. Was wäre heutiger Musikjournalismus ohne Wikipe- wollten nie „groß“ werden. Wir haben die Band gegründet, weil wir es lieben, dia? Keine Ahnung. Sich Fragen auszudenken, die sich allesamt auf den Songs zu schreiben, Shows zu spielen und an den Wochenenden Spaß zu haben. Namen einer Band beziehen, und dabei mit unnützem Faktenwissen zu Diese Band gibt es jetzt seit sechs Jahren, und diese Zeit war die beste unseres kokettieren, wäre auf jeden Fall deutlich schwieriger. Das Opfer dieses Mal: Lebens. RAFFLESIA hat als einfaches Hobby angefangen. Ein Hobby, das es uns RAFFLESIA-Gitarrist Lazar Zec. ermöglicht hat, andere Länder zu bereisen, mit unseren Lieblingsbands zu spie- len und bei den coolsten Festivals aufzutreten. Rafflesien (lat. Rafflesia) sind zweihäusige Vollschmarotzer, die mit Aus- Der Name Rafflesia ehrt den Entdecker der Pflanze, Sir Thomas Stamford nahme der Blüten vollständig innerhalb ihrer Wirtspflanze leben. Warum Raffles, der außerdem die Stadt Singapur gegründet hat. Wofür wollt ihr habt ihr euch nach dieser Pflanze benannt?Als wir die Band gegründet haben, einmal bekannt sein? Als die Band, die immer versucht hat, Spaß zu haben und hatten wir noch keinen Namen. Nachdem wir ein paar Mal geprobt und ein paar alles zu geben. Aber noch ist es nicht vorbei. Wir können es schon jetzt kaum Songs geschrieben hatten, bekamen wir die Möglichkeit, unsere erste Show zu erwarten, das nächste Album zu schreiben. spielen. Weil der Veranstalter unseren Bandnamen wissen wollte, mussten wir Thomas Renz

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fehlen. Ich erinnere mich noch daran, dass ich die Platte damals in unser Haus schmuggeln musste, weil ich Angst davor hatte, sie meinen Eltern zu zeigen. Ich habe einen Monat lang gespart, um sie kaufen zu können. Das Artwork hat mich total umgehauen, weil es das Böseste war, was ich bis zu diesem Zeitpunkt gese- hen hatte. Als ich die Platte aufgelegt habe, hatte ich am ganzen Körper eine Gänsehaut. TERROR – Spit my rage. Wenn ich einen schlechten Tag hatte, höre ich mir die- sen Song wieder und wieder an. Er ist pures Adrenalin, ungezügelte Energie. Die Produktion ist knallhart. Ich kann einfach nicht stillsitzen, wenn er läuft. SUICIDAL TENDENCIES – Nobody hears. Dieses Lied erinnert mich an die Zeit, als ich nach der Schule in der Stadt Skaten war. Ich mag seinen Groove und wie es arrangiert ist. Auch die Produktion ist immer noch extrem cool. Um ehrlich zu sein, höre ich diese Band jede Woche und habe dabei jedes Mal ein fettes Grin- sen im Gesicht. BLOODBATH – Mock the cross. Der beste Death-Metal-Song der letzten zehn Jahre. Als ich ihn zum ersten Mal gehört habe, dachte ich, das wäre „Where the slime lives“ von . War es aber nicht. Foto: Lena Stahl (unheard-pictures.com) OCEAN MACHINE / Devin Townsend – Regulator. Dieses Lied hat eine coole Atmosphäre und ein paar ziemlich düstere Effekte. Der Refrain ist der Hammer, RAUNCHY genauso wie Devins Stimme. Das ganze Album könnte ein Soundtrack für die MY MIXTAPE. RAUNCHY-Gitarrist Lars Christensen hat doch vollkom- Gegend sein, in der ich geboren und aufgewachsen bin – in der Nähe des Mee- men Recht. Ein gutes Mixtape braucht nicht unbedingt einen möglichst res. Wenn ich die Platte höre, fühle ich mich, als würde ich auf eine lange Seereise abgefahrenen Titel. „The ten best songs“ tut es schließlich genauso gut. gehen und in eine neue Welt unter der Wasseroberfläche eintauchen. NINE – Time has come. Der perfekte Song, um schnell zu fahren. Noisiger High- CARPARK NORTH – Cancer. Ein Song von einer meiner Lieblingsbands. Die way-Rock’n’Roll mit sehr coolen Riffs und einer Killer-Stimme. Leider gibt es die meisten Leute dürften sie nicht kennen, aber ihr letztes Album „Grateful“ ist eine Band nicht mehr. der besten Platten der letzten zehn Jahre. Immer wenn ich diesen Song höre, RAMALLAH – Days of revenge. Mitsing-Hardcore, der mich irgendwie immer muss ich mitsingen. Er handelt von der Krebserkrankung der Mutter des Sängers. an den Anfang von „Miami Vice“ erinnert. Ich sehe Palmen, Flamingos, Krokodile, Man kommt also eher schlecht drauf. Drogen, Ray-Ban-Sonnenbrillen und Don Johnson, haha. Das ganze Album hat . Dieser Song ist ebenfalls ein bisschen traurig. frischen Wind in die Hardcore-Szene gebracht. Den höre ich mir immer an, wenn ich etwas down bin. Nach ein paar Durchläufen THE CARDIGANS – You’re the storm. Irgendwie hat mich Nina Persson immer geht es mir normalerweise besser, weshalb ich DREDG immer dann höre, wenn ich dazu gebracht, auf die Texte zu hören. Normalerweise kümmern mich die nicht neue Kraft tanken muss. so sehr, aber wenn es um THE CARDIGANS und vor allem um dieses Lied geht, bin KING DIAMOND – Halloween. Als großer KING DIAMOND-Fan kann ich das ich hin und weg. Es ist verdammt eingängig und hat eine wunderschöne Melodie. Album „Fatal Portrait“ und den Song „Halloween“ natürlich nur wärmstens emp- Lars Christensen, RAUNCHY

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krieg begann – und am Ende steht die Kapitulation des japanischen Kaiserreichs. Schon für „... Of Frost And War“ hatte ich eine unglaubliche Menge Bücher gelesen, und das war auch der Grund, warum ich in dieser Richtung wei- termachen wollte. Der Pazifikkrieg war einigermaßen neu für mich, weil ich nicht viel darüber wusste. Es war nicht leicht, sich einen genauen Überblick über das Thema zu verschaffen, weil es in den Niederlanden nicht viele Veröffentlichungen darüber gibt. In Japan ist es immer noch eine Art Tabu, und in den USA weiß man mehr über die Normandie als über Guadalca- nal. Darüber, was die Japaner in China oder Korea gemacht haben, oder über den Krieg, den sie gegen Russland geführt haben, findet man kaum etwas. Ich habe also mehr oder weniger bei Null angefangen. Letztendlich hatte ich dann aber so viel Material, dass es für mehrere Alben gereicht hätte. Zunächst habe ich also möglichst viel über das ganze Thema gelesen. Danach habe ich einzelne Begebenheiten herausgefiltert, die zu bestimm- ten Songs gepasst haben – einer der schwierigsten und heikelsten Schritte, der unmöglich wäre, wenn Foto: Tim Tronckoe meine Band-Kollegen nicht genau verstünden, wor- auf ich hinarbeite. Sie spüren sehr genau, welche HAIL OF BULLETS musikalischen Zutaten dafür nötig sind. Anschlie- MY LYRICS. Ich bin von Krieg fasziniert, seit ich Bands, die versuchen, über den Krieg zu schreiben, ßend recherchierte ich weiter zu den jeweiligen The- vor zwanzig Jahren zum ersten Mal etwas von lassen sich in der Regel weder ein Gesamtkonzept men der Songs. Dazu verwende ich Bücher, Dokus Stalingrad gehört habe. Ab da fing ich an, Bücher einfallen noch recherchieren sie ausreichend. Ent- und das Internet – vor allem aber Bücher. Wie viele über dieses genauso grauenvolle wie wichtige Ereig- weder ist ihnen das zu viel Arbeit oder sie verstehen Stunden ich damit verbracht habe, kann ich nicht nis zu verschlingen. Während meiner ersten Ehe einfach nicht, worum es geht. Wie man an den über- sagen. Mehrere hundert, vielleicht mehrere tausend, hatte ich als Niederländer dann die Möglichkeit, viel wältigenden Reaktionen auf unsere Debütalbum „... keine Ahnung. Das ist eben einfach eine Leiden- mit älteren Deutschen über ihre Kriegserlebnisse Of Frost And War“ gesehen hat, haben die Leute schaft von mir. Eine, die verdammt süchtig macht zu sprechen – in langen Nächten, bei gutem Essen aber auf genau so etwas gewartet. Ich bin manch- und bei der man außerdem viel lernen kann. und Trinken. Darüber hinaus hat auch meine eigene mal selbst überrascht, was unsere Fans alles tun: Sie Eine richtige Moral hat „On Divine Winds“ nicht. Es ist Familie Erfahrungen mit diesem Thema gemacht. bringen Devotionalien aus dem Krieg zu unseren eine fesselnde Reise in die Geschichte, die auf den Mein Onkel und mein Großvater waren im Wider- Shows mit oder diskutieren mit uns über die Rolle, Erinnerungen derjenigen basiert, die dabei waren. stand, ein anderer Onkel musste aus Russland flie- die ihr Land und ihre Vorfahren im Krieg gespielt Der Hörer kann selbst zu dem Schluss kommen, dass hen, wo er Zwangsarbeit für die Deutschen geleis- haben. Manche schicken mir sogar Bücher. Das ist Krieg die Hölle ist. Und dass die Menschheit noch tet hatte. Mein Vater war bei der Luftwaffe, weshalb natürlich der Hammer. immer nicht aus der Vergangenheit gelernt hat. Ich ich mit Flugzeugen aufgewachsen bin. Als Kind habe Im Gegensatz zu unserem Debüt, das von den Kämp- bin der Meinung, dass man in einem Song über alles ich einmal gesehen, wie vier Kampfjets gleichzei- fen an der Ostfront des Zweiten Weltkriegs handelte, schreiben können sollte, solange man Kriegsverbre- tig gestartet sind. Das Tosen der Triebwerke und das dreht sich bei unserem neuen Album namens „On chen oder aggressive Ideologien nicht glorifiziert. Zittern der Erde werde ich nie vergessen. Ich habe es Divine Winds“ alles um den Pazifikkrieg, vor allem um Und bitte, alles sollte auf Fakten basieren und unter- geliebt. Meine Band ist das Einzige, das der majes- den Konflikt zwischen Japan und den USA. Die Ereig- schiedliche Blickwinkel berücksichtigen: von Solda- tätischen Motorkraft der Kriegsmaschinerie nahe nisse werden weitgehend chronologisch erzählt. Am ten, Historikern, Zivilisten, Politikern und Generälen. kommt. HAIL OF BULLETS ist also so etwas wie die Anfang der Platte steht der Angriff der japanischen Nur so kann man zu einer objektiven Schlussfolge- Umsetzung einer unterbewussten Kindheitsvorstel- Flotte auf Pearl Harbor, danach gehen wir zeitlich rung kommen. lung. zurück und erklären, wie, wann und wo der Pazifik- Martin van Drunen, HAIL OF BULLETS

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endlose Gespräche und Abmachungen geben würde. Und so kam es dazu, dass auch die anderen die Sache erst einmal auf Eis legen wollen. Es kann sein, dass sich in einem Jahr wieder ein Gefühl entwickelt, das uns dazu veranlasst, doch mal wieder zu spielen, wahrscheinlich wird heute aber unsere allerletzte Show sein. In meinem letzten Interview mit dem Fuze wurde ja schon kurz erwähnt, dass ich regelmäßig Laufen gehe. Jetzt möchte ich endlich einmal einen Marathon absol- vieren, meine Triathlon-Ambitionen ausdehnen und im nächsten Jahr auf die Halb-Ironman-Distanz gehen (1,9 Kilometer schwimmen, 90 Kilometer radeln, 21 Kilometer laufen). In den kommenden Monaten wird es womöglich zur Grün- dung einer vegetarischen/veganen Lauf- und Triathlongruppe kommen. Mein Plan ist es, einige meiner Bekannten und Freunde mit einem Veggie-Label lau- fen zu lassen, um für Vegetarismus zu werben. Ich denke, die Teilnahme an Tri- athlons und Marathons ist das beste Argument gegenüber Leuten, die denken, Vegetarier seien unfitte Spinner. Es wäre sehr schön, ein gemeinsames Dach für vegetarische Athleten zu haben, unter dem man sich austauschen und mit dem man Vegetarismus positiv nach außen vertreten kann. Je mehr Leute sich daran beteiligen, umso stärker ist der Aha-Effekt beim Rest der Bevölkerung. Auch in meinem Beruf als Lehrer will ich mich noch stärker engagieren. Ich habe große Teile des sportlichen und sozialen Programms unserer Schule übernom- men. Letztes Jahr hatte ich zum Beispiel eine Fußball-AG, deren Höhepunkt ein Spenden-Dribbel-Lauf zugunsten von Hilfsorganisationen für Schulen in Afrika war. Außerdem leite ich den Obstspießverkauf zur Förderung gesunden Essens an der Schule und motiviere die Kinder, an diversen Lauf-, Triathlon-, und Fuß- ballveranstaltungen teilzunehmen, wofür oftmals auch Wochenendtage drauf- gehen. Dies alles war mit der Band und meinem Familienleben nicht immer leicht unter einen Hut zu bringen. Zum Glück ist meine Tochter ebenfalls halbwegs sportlich interessiert, so dass sich viele Aktivitäten immer gut miteinander kom- binieren lassen. Dazu kommt nun noch der Verein: Concrete Help. Wir haben es uns zum Ziel gemacht, Leuten zu helfen, die finanzielle Unterstützung brauchen. So habe ich einem Bekannten 150 Euro, Anziehsachen, Stifte und so weiter für eine Familie mit schwerkranken Kindern im Kosovo mitgegeben. Dort gibt es keine Kranken- versicherung, und Medikamente sind verhältnismäßig teuer. Der Verein besteht zur Zeit nur aus Hardcore-Kids, und das wird auch erst einmal so bleiben. Einige von uns sind in Bands (BLACK FRIDAY ’29, WORLD PEACE, SIRENS), haben ein Foto: Jens Quasten (allschools.de) Label, machen die Vegan Fastfood Crew oder organisieren Shows, also nutzen wir zum Spendensammeln in erster Linie das Netzwerk der Hardcore-Szene. Wir BLACK FRIDAY ’29 haben Spendendosen gekauft, diese werden bald mit einem Logo versehen und DEAR DIARY. Ja, BLACK FRIDAY ’29 lösen sich auf. Ich schreibe diese an Bands und Promoter weitergegeben. Die ersten Gelder haben wir mit mei- Kolumne auf dem Weg zu unserer letzten Show. Die Stimmung ist eigentlich ganz nem Ergometer gesammelt. Konzertbesucher durften für zwei Euro jeweils drei gut, aber das war sie nicht immer. Meine Entscheidung, BLACK FRIDAY ’29 zu Minuten darauf fahren und diejenigen, die die größte Distanz überwanden, konn- verlassen – was letztendlich die Auflösung nach sich zog –, hatte damit zu tun, ten sich Merch aussuchen. Bei einigen Shows haben wir bereits Kleiderspenden dass ich immer hundert Prozent für die Band gegebenen, meinen Job und teil- gesammelt, die jetzt zur Flüchtlingshilfe nach Essen gehen. Einige Sachen davon weise sogar die Familie hintenangestellt habe, weil ich die Band immer als Teil von stellen wir allerdings noch bei eBay rein, um zu schauen, ob wir auch Geld damit mir, als Teil meines Lebens betrachtete. Im Laufe der Jahre hatte ich allerdings machen können, das wir dann wiederum sinnvoll einsetzen. Außerdem suche ich manchmal das Gefühl, meine Zeit in etwas zu investieren, das den anderen in der gerade nach einer Waschmaschine für eine bedürftige Person aus meinem wei- Band nicht so viel bedeutete. Ich spürte einen Motivationsverlust – auch wenn teren Umfeld, die sich für sich und ihren Sohn momentan keine leisten kann. Der nicht alle das so sahen. Als es dann hieß, dass die Band eventuell auch ohne Verein stellt Geld zur Verfügung, und ich erledige den Transport dann mit meinem mich weitermachen würde, sollte ich aussteigen, wurde mir klar, dass dies für mich Van. Wer Ideen hat, wie wir unser Vereinsgeld einsetzen können, oder selbst hel- das endgültige Ende war. Außerdem musste ich für Dinge geradestehen, die ich fen will, sollte sich mit uns in Verbindung setzen, am besten über unseren Face- selbst nie vertreten habe, und das sah und sehe ich nicht ein. Ich habe immer book-Account oder myspace.com/concretehelp. versucht, ehrlich zu meinen Mitmenschen zu sein und den Leuten Respekt ent- Ach ja, eine neue Band habe ich auch. Sie hat bis jetzt ein Mal geprobt und wird gegenzubringen. Manche Dinge, die passiert sind, habe ich schon als Verrat an sicher sehr gut werden. Alle Leute haben schon vorher irgendwo gespielt, und wir mir selbst angesehen, und das war ein weiterer entscheidender Grund zu sagen: wissen genau, was wir wollen. Seid gespannt! So nicht mehr! Also fasste ich den Entschluss, auszusteigen – bevor es wieder Björn Esser, BLACK FRIDAY ’29

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08-17Fuze24.indd 14 12.09.10 21:56 LABELMATES. Man könnte fast meinen, ENDNOTE wären auf die Fuze-Journalistenschule gegan- gen: Hinter den Fragen, die sie sich für ihre Ampire-Records-Label-Kollegen TRAEOS ausgedacht haben, steckt ein klares Konzept – und das wird eisern durchgezogen.

Foto: Sinpoolz.de Foto: Christoph Neumann (christoph-neumann.com)

ENDNOTE interviewen TRAEOS TRAEOS interviewen ENDNOTE Eure neue Platte „Mnemosyne“ ist ein Konzep- Wenn man eure Platten miteinander vergleicht, talbum rund um die neun olympischen Musen kann man eine klare Veränderung wahrnehmen. und deren Mutter. Aber welche Rolle spielt Zeus, Wie seht ihr selbst eure Entwicklung von der EP deren Vater beziehungsweise Mann? Können wir zum Album? Generell kann man wohl festhalten, uns bei eurer nächsten Veröffentlichung sprich- dass die Songs ein Stück weit komplexer und länger, wörtlich auf seine Rache freuen? Zeus ist definitiv aber auch roher daherkommen. Den Rest überneh- ein zu hoch gestecktes Ziel. Dennoch werden wir den men die Werbetexter, aber am liebsten der Hörer, der Motiven der griechischen Mythologie treu bleiben. sich seine eigene Meinung bilden sollte. Mehr wird jetzt aber noch nicht verraten. Woher bezieht ihr eure Inspiration und was Die neun Musen sind die Schutzgöttinnen der bewegt euch dazu, eure Musik mit deutschen Künste. Werden sie es schaffen, euch vor Raub- Texten zu schmücken? Das, was jeder von uns vie- kopien zu schützen? Seht ihr eventuell sogar ren tagtäglich durchlebt, reicht vollkommen aus, um Chancen in den technologischen Entwicklungen inspiriert zu werden. Die Musik mit unserer Mutter- des 21. Jahrhunderts? Wir sind dankbar für jeden sprache zu unterlegen, ist da nur logisch, drückt dies Hörer, den wir mit unserer Musik erreichen. Heute doch auf die ehrlichste, aber auch verwundbarste Art stehen die Musen allerdings nicht für Datenschutz, das Gefühlte, Erlebte und die Enttäuschungen aus. sondern eher für die freie Verbreitung der Künste. Mit welcher Band würdet ihr gerne auf Tour Mnemosyne ist namensgebend für die Gedächt- gehen? Am liebsten mit ESCAPADO, da wir sie musi- niskunst und fungiert außerdem als Göttin der kalisch sehr schätzen – und um allen die Unter- Erinnerung. Warum wird man sich an euer Album schiede zwischen uns zu demonstrieren und nicht trotz der gegenwärtigen Flut an Veröffentlichun- immer wieder in die gleiche Schublade geworfen zu gen noch lange erinnern? Uns ist bewusst, dass wir werden. Schließlich klingt George Michael auch nicht das Rad nicht neu erfinden. Gerade in der heutigen wie Tom Waits, nur weil beide in derselben Sprache Zeit ist das nahezu unmöglich. Jedoch sind gewisse singen. Essenzen zu hören, die sich vom Rest der Branche Wieso habt ihr euch für Vinyl als Medium ent- unterscheiden. Aber letztendlich entscheiden das schieden? Wird „... und ich bin nur wer ich sein immer noch die Hörer. kann“ auch noch als CD erscheinen? Eine CD-Ver- Warum habt ihr den Song „Erato (Sheer lunacy)“ sion würde schon vom Format her nicht dem ent- für euer Video ausgesucht? Das ist definitiv sprechen, was uns sowohl in optischen als auch der Song auf „Mnemosyne“, der die musikalische akustischen Belangen vorschwebt. Eine perfekt Spannbreite und den gesamten Stil der Platte am editierte, das heißt: sterile Platte wurde schon von besten repräsentiert. Zudem hat er sich durch seine vornherein durch die Wahl des Studios ausgeschlos- Story und die kompakte Länge quasi aufgedrängt. sen. Außerdem lag es uns am Herzen, das Endresul- Das Artwork mit seinem Sternenkalender passt tat auf Granulat zu bannen, um die oben erwähnte zur mystischen Ausrichtung des Albums. Wie musikalische Entwicklung zu bekräftigen. Deshalb kam diese zustande, wo doch eure alten Songs wird es auch bei der LP bleiben. noch auf banalere Titel wie „Sunrise“ oder Welche Ziele strebt ihr für die nahe Zukunft von „Break your nose“ hörten? Ihr wisst doch: Wer sich ENDNOTE an? Und wo seht ihr euch in fünf Jah- nicht weiterentwickelt, bleibt auf der Stelle stehen ren? Kurzfristig gesehen, möchten wir mit der neuen und letztendlich womöglich sogar auf der Strecke. LP sicherlich unseren Hörerkreis erweitern. Durch Wir sind immer auf der Suche nach neuen Ideen und verschiedene Einschnitte im Privatleben steckt mitt- möglichen Verbesserungen und versuchen dabei lerweile aber auch ein gewisses Maß an Demut in natürlich auch, in Sachen Artwork so authentisch wie uns allen. Sicherlich ist es wichtig, sich Ziele zu set- möglich zu wirken. Da wir uns für ein Konzeptalbum zen, jedoch ist dem die Möglichkeit, überhaupt Musik entschieden haben, musste einfach jeder Aspekt der machen zu können, vorgelagert – nämlich ein kör- Platte passen. perlich und geistig gesundes Leben zu führen.

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spreche kein Französisch. Ich hatte mich verirrt, war pleite und wurde am Bahnhof fast ausgeraubt. Aber dann kam dieser französische Soldat und hat mich gerettet. 6) Wie willst du einmal sterben? („Sudden death is nothing“) Nitewolf: Bindet meinen halb- toten Körper an eine Rakete, die auf das nächste Schwarze Loch gerichtet ist, und setzt mir atom- betriebene Kopfhörer auf, über die ich VAN HALENs „1984“ hören kann. 7) Welches ist der ungewöhnlichste Ort, an dem du Sex hattest? („Woman in the woods“) Eidan: In einem Auto mit angeschaltetem Warnblinklicht, das auf dem Bürgersteig vor einem Hydranten stand. Die Cops haben das Auto gesehen und uns einen Straf- zettel verpasst. 8) Was willst du gesehen haben, bevor du stirbst? („Vision quest“) Valient Himself: Die Pyramiden, Südamerika und die Chinesische Mauer. Nitewolf: Zeitreisen, Antischwerkraft, Teleportation. Foto: Tim Tronckoe 9) Was bedeutet „habituary“? („Habituary“) Valient Himself: Das Wort setzt sich aus „habitual“ VALIENT THORR und „obituary“ zusammen und bedeutet „Tod durch TRACKLIST-INTERVIEW. Man hätte einer Eidan: Ich bin schon an vielen seltsamen Orten auf- schlechte Angewohnheiten“. Band, von der jeder erwartet, dass sie ständig gewacht. In einem verwilderten Garten in Brook- 10) Glaubt ihr, eure Band bekommt die Anerken- witzige Kommentare abgibt, auch ernste Fragen lyn, NY. In einem verlassenen Gebäude irgendwie nung, die sie verdient? („The recognition“) Vali- stellen können, anstatt solche, die sich alle mehr in New York City. Auf der Bank einer Bushaltestelle ent Himself: Haha, ich weiß nicht, was wir „verdie- oder weniger lustig auf die Songtitel ihrer neuen auf Hawaii. Unter einem Van in Queens. In New York nen“. Aber es wäre nett, die Band eines Tages auf Platte beziehen. Aber wie wusste schon Edward scheint das irgendwie öfter vorzukommen. den nächsten Level zu bringen. Ich glaube jedoch, Abbey? „Das Misstrauen gegenüber dem Witz ist 3) Angenommen, du hättest plötzlich die dass das alles nur eine Sache des Geldes ist. Im der Anfang der Tyrannei.“ Schnauze voll von allem, wohin würdest du dich Ernst. Sogar die Außenseiter, die „ohne die Hilfe des verdrücken? („Disappearer“) Valient Himself: Radios“ groß wurden wie und IRON MAI- 1) Wie viele Exemplare eures neuen Albums Wahrscheinlich in die Alpen, um zu malen. Eidan: DEN, sogar die sind irgendwann bei einem Major- „Stranger“ müsstet ihr verkaufen, um Gillionäre Wenn ich dir das sage, wüssten die Leute ja, wo sie Label gelandet. zu werden? („Gillionaire“) Valient Himself: Neh- mich fi nden. Trotzdem ... netter Versuch. Nitewolf: 11) Was ist deine größte Hoffnung? Und was men wir einmal an, die Platte kostet fünfzehn Dol- Tatooine. deine größte Angst? („Without hope, without lar. Das bedeutet, dass fünf an den Laden gehen, 4) Was ist der schlimmste Betrug, der auf deine fear“) Valient Himself: Ich hoffe, dass unsere Kunst um herauszufi nden, was damit zu tun ist. Nehmen Kappe geht? („Double crossed“) Valient Himself: das Leben der Leute weiterhin zum Positiven ver- wir weiter an, dass es 2,50 Dollar kostet, sie her- Ich habe höchstens mich selbst ein paar Mal übel ändert. Und was die Angst betrifft: Ich fürchte mich zustellen, und dass wir mit dem Label halbe/halbe betrogen. Jede Geschichte, die ich darüber erzählen nicht wirklich vor Mördern und so einem Scheiß. machen. Der Rest wird dann unter den fünf Band- könnte, hätte mit einer Frau zu tun. Ich halte mich Ich schätze, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, dann Mitgliedern aufgeteilt. Ich würde also ein paar Cent also lieber bedeckt, bevor ich zu viel erzähle. Nite- habe ich Angst vor dem Alleinsein. pro Platte verdienen. Was bedeutet, dass wir zwanzig wolf: In den Achtzigern habe ich den Speicherstand 12) Wie werden zukünftige Menschen aussehen? Exemplare verkaufen müssten, damit ich einen Dol- des „Zelda“-Games meines Bruders gelöscht. („Future humans“) Valient Himself: Ich schätze, lar kriege. 20 x 1 Gillion = 20 Gillionen. Wir müssten 5) Was war die furchtbarste Nacht, die du jemals es kann in beide Richtungen gehen. Die Leute könn- also zwanzig Gillionen Exemplare verkaufen, um Gil- erlebt hast? („Night terrors“) Eidan: Ich habe mal ten sich schrecklich verhalten oder wirklich friedlich lionäre zu werden. Nitewolf: Eine Million Gillionen. einen Flug verpasst und musste mein Gepäck und werden. „Mad Max“ oder „Logan’s Run“. Wir werden 2) Was ist der ungewöhnlichste Ort, an dem du zwei Gitarren durch halb Paris schleppen, um einen sehen. jemals aufgewacht bist? („Sleeper awakes“) Zug zu erwischen. Keiner sprach Englisch, und ich Thomas Renz

KOCHEN Punkrock. Hardcore. Rock’n’Roll. OHNE KNOCHEN Das Magazin für Menschen, DAS OX-ABO 6 Ausgaben für 28 Euro die kein Fleisch essen (Ausland: 33 Euro) Für 3,50 Euro im Bahnhofsbuchhandel, in Bio-Supermärkten und an www.ox-fanzine.de/abo ausgewählten Verkaufsstellen erhältlich. Oder ohne Versandkosten unter kochen-ohne-knochen.de oder ox-fanzine.de zu bestellen. Auch als Abo für 10,- Euro (Ausland 13 Euro) für drei Ausgaben.

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ALL OUT WAR MY ARTWORK. Das Artwork kann für eine Band sehr wichtig sein. Zumindest in unserem Genre soll- ten Bands immer eine Botschaft haben. Und um sie rüberzubringen, eignet sich Kunst genauso gut wie Foto: Fabio Schäfer die Texte. Das Artwork legt die Grundrichtung eines Albums fest, weil es dem Hörer noch vor der eigent- BLOODATTACK lichen Musik präsentiert wird – zumindest war das PANTS DOWN. „An alle Christen-Bands, denen dieser Artikel sauer aufstößt: Beschwerden neh- früher so, als es noch keine Downloads gab. Als ich men wir gerne unter unserer Hotline mit der Nummer 110 entgegen.“ Hach, wenn doch nur alle Musi- jung war, spielte das Cover eine wichtige Rolle bei der ker beim Kundtun ihrer Meinung zu ein paar Dauerbrennern der Hardcore-Szene so entgegenkom- Frage, ob ich ein Album kaufte oder nicht. Ich habe mend wären wie BLOODATTACK-Sänger Daniel Zimmermann. mir wahrscheinlich jede Platte mit einem Artwork von Pushead und Sean Taggart zugelegt, die ich mir leis- Straight Edge Lifestyle. Eigentlich kenne ich nur Straight Edger, die entweder sowieso keinen Alkohol ver- ten konnte. tragen und dann halt auch noch die anderen Gebote des Gelübdes einhalten, oder Leute, die Straight Edge Unsere Artworks passen immer zu den Texten der geworden sind, weil sie sich die letzten zehn Jahre die Birne mit Alk und Sportzigaretten total zermatscht jeweiligen Veröffentlichung. In der Regel lasse ich haben, und dies nun der letzte Ausweg sein soll, um nicht völlig aus der Bahn zu geraten. Allerdings kenne ich mir ein Konzept einfallen und lege es dem Rest der auch überwiegend seltsame Menschen, die meine Mutter wohl als „schlechten Umgang“ bezeichnen würde. Band vor. Dann wird es herumgereicht, zerredet Interessant finde ich Bands, die als Straight Edge gelten oder galten, aber in Wirklichkeit die schlimmsten Fin- und verfälscht – bis wir zum ursprünglichen Kon- ger von allen sind – oder dazu wurden. Vor einigen Monaten habe ich eine Show mit ARKANGEL gemacht. zept zurückkehren. Für das Cover von „Into The Kil- Diese durchaus sympathischen Herren haben unglaubliche Mengen an Gerstensaft getankt und mich im ling Fields“ hatte ich wie immer auch andere Ideen. Delirium zigmal um andere sinneserweiternde Stimulanzien gebeten, die leider nicht auf dem Catering-Rider Ein Vorschlag beinhaltete zum Beispiel ein Feld voller standen. Der Sänger von INFEST soll sein Taschengeld mit dem Verkauf diverser grüner Hanfknospen auf- Kreuze mit einer Art Schlachtszene zwischen Him- gebessert haben, brüstete sich live aber mit dem Song „Dirty dope dealer“. Und als INTEGRITY in den Neun- mel und Hölle. Aber die Kreuze erinnerten zu sehr an zigern hier auf Tour waren, hat eines unserer Band-Mitglieder vor der Show in Solingen mit Dwid eine Bier- METALLICAs „Master Of Puppets“ und die Schlacht dose zu einer Marihuanapfeife umgerüstet und diese dann auch intensiv getestet. Witzige kleine Anekdoten, zu sehr an das Cover unserer Platte „Condemned To die mich zum Fazit kommen lassen: Straight Edge und ein X auf der Hand scheinen in manchen Kreisen ein Suffer“. kreatives Mittel zu sein, um einer Hausdurchsuchung vorzubeugen. Alle anderen, die es ehrlich durchziehen, Wie bei unseren letzten drei Veröffentlichungen haben meine vollste Hochachtung. Ich bin leider nicht konsequent genug für diese Sache, die anderen Tage- haben wir wieder mit Dave Quiggle gearbeitet. Dave diebe aus meiner Band noch viel weniger. kommt eigentlich aus Erie, Pennsylvania, lebt aber Vegan Diet. Ehrlich gesagt, ist es doch so: Es ist total pervers, Fleisch zu essen, Massentierhaltung zu unter- inzwischen in Kalifornien. Er hat viel für NO INNO- stützen, sonstige ekelhafte Tierquälereien zu dulden oder diese durch Konsum zu fördern. In meinem nächs- CENT VICTIM und andere Bands auf Facedown und ten Leben sollte ich auch vegan und straight edge leben. Hoffentlich werde ich als Giraffe wiedergeboren. Victory Records gemacht. Es ist sehr unkompli- Violent Dancing. Im letzten Fuze berichteten HITMAN aus Belgrad, dass es bei ihnen kein Violent Dancing ziert, mit ihm zu arbeiten. Das muss auch so sein, gäbe. Das hörte sich für mich beinahe an wie ein Wunderland. Ich weiß noch genau, wie ich zum ersten Mal weil ich es mir ständig anders überlege und nicht auf einer Show war und jemand „dancte violent“. Bizarr. Ich fragte mich, was dem jungen Herrn denn über leicht zufrieden zu stellen bin. Dave schafft das die Leber gelaufen sei – ob er gerade von etwas Giftigem gestochen wurde oder dies seine originelle Reak- jedoch jedes Mal, und ich weiß, dass ein paar mei- tion auf die überteuerten Getränkepreise sein sollte. Bei unseren Shows gibt es manchmal auch Violent Dan- ner Änderungen nicht gerade das waren, was er sich cing. Auch wenn ich es letztendlich nicht nachvollziehen kann: Ich habe nichts dagegen, solange sich nie- ursprünglich vorgestellt hatte. mand verletzt und nur Leute involviert sind, die das auch wollen. Ernsthafte Gewalt sollte bei Konzerten ohne- Das Artwork der Platte fängt das Thema von „Into hin vermieden werden. Die Energie, die diese Leute verwenden, um ihresgleichen im Pit nach Strich und Faden The Killing Fields“ wirklich gut ein: die Manipulation zu vermöbeln, sollten sie gegebenenfalls sinnvoller verwenden, indem sie ihre aufwendig einstudierten Kno- der Massen durch religiöse Eiferer. Diese Manipula- chenbrecher-Moves mal beim nächsten NPD-Aufmarsch einsetzen. Dann kämen sie statt auf YouTube auch tion kann nur zu Zerstörung führen, doch die meisten mal in den „Tagesthemen“. Leute sind zu blind, das zu sehen. Die Mehrheit der Christian Hardcore. Das ist nach faschistischen Bands das Peinlichste, was Hardcore zu bieten hat. Obwohl säkularen Welt verkennt die Macht von Fanatikern es zwischen den zwei Abteilungen auch Parallelen gibt, da Homosexualität zum Beispiel von beiden nicht und die Gefahr, die von ihnen ausgeht, obwohl sie geduldet wird. Unglaublich. Ich bin mir ganz sicher, dass dies zu 99 Prozent eine Marketingmasche ist, letzt- bereits Zeuge mehrerer religiös motivierter Angriffe endlich ins Leben gerufen, um in der eigenen Szene zu provozieren und aufzufallen und damit mehr Platten wurde: der 11. September, der Mord an Abtreibungs- zu verkaufen. Aber vielleicht irre ich mich auch, und der Papst bezahlt die Studiokosten von AS I LAY DYING ärzten, der Bombenanschlag in Oklahoma City. In und WAR OF AGES. den Texten geht es aber nicht nur um religiöse, son- Do It Yourself Attitude. Ich wage zu behaupten, dass wir sehr fleißige DIYler sind. Wir veranstalten das Full dern auch um politische und gesellschaftliche Mani- Metal Fortress Festival, haben unsere erste Platte selbst veröffentlicht, veranstalten jedes Jahr massig Shows, pulation. Wir werden jeden Tag benutzt und miss- haben bei allen Designarbeiten unsere Finger im Spiel ... Wir machen das selbst, was wir gut können und zeit- braucht. Doch irgendwann erreichen wir den kriti- lich schaffen. Ab einem bestimmten Punkt benötigt man zwar Hilfe, aber dann geben wir das in die vertrau- schen Punkt, und die Massen werden es nicht mehr enswürdigen Hände von Freunden. DIY rules! länger hinnehmen. Daniel Zimmermann, BLOODATTACK Mike Score, ALL OUT WAR

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08-17Fuze24.indd 17 12.09.10 21:56 Foto: Burkhard Müller (facetheshow.com) LAST OF THE DIEHARDS. „Hardcore for life“ bedeutet oft: bis das Studium vorbei ist. Bis Geld da ist und man die ganze Nacht irgendeinen Elektro-Mist hört. Bei Scott Vogel ist mit so etwas nicht zu rechnen. Schon in den Neunzigern kam man um ihn und seine Bands (DESPAIR, SLUGFEST, BURIED ALIVE) im New-School-Hardcore kaum herum. Und heute ist TERROR eine der populärsten Bands im Geschäft.

Die Veröffentlichung eines neuen Albums, der Es fällt schon auf, dass ihr ausgefallene Tour- in der Szene aktiv. Hängt dir Hardcore nicht Beginn einer neuen Tour können nach so vie- ziele bevorzugt – in Südamerika wart ihr gelegentlich zum Hals raus? len Jahren doch nur noch Routine sein, oder? schon mehrmals, und Russland, Australien Jetzt gerade bin ich auch nicht zu Hause, son- TERROR waren so oft unterwegs, da ist alles gut oder Korea stehen auch nicht auf jedermanns dern in LA, bei Freunden. Mittlerweile lebe ich eingespielt. Meine Taschen sind sowieso immer Tourplan. nicht mehr hier, sondern in Syracuse, New York. gepackt. Ab morgen spielen wir ein paar Shows Das ist so: Wir sehen andere Bands irgendwo Aufgewachsen bin ich in Buffalo. Ich meine, ich mit BLEEDING THROUGH in Kalifornien. Das touren und wollen da dann auch unbedingt hin. mag Los Angeles, aber auf Dauer ist es einfach bedeutet kurze Fahrzeiten, Cali hat eine groß- Wir hatten mit TERROR das Glück, schon viele zu hektisch und stressig. Man könnte sagen, artige Szene, das wird also sicher gut. Da ist interessante Gegenden besuchen zu können, da dass ich wegen der Normalität nach Syracuse selbstverständlich viel Routine dabei. Anderer- ist aber auch noch einiges offen. Auf den afrika- gezogen bin. Was die Szene angeht: Hardcore seits sind wir am Sonntag von einem Südame- nischen Kontinent wollen wir so bald wie mög- ist eine wundervolle Sache und wird mir hof- rikatrip mit H2O zurückgekommen. Ich sollte lich. Zentralamerika, Alaska ... In Irland waren wir fentlich nie langweilig. Höchstens das Ausmaß, das vielleicht nicht sagen, aber auf solche Tou- auch noch nie. Die Band ist für uns nicht zuletzt der Einfl uss, den Hardcore auf mein Leben hat, ren freue ich mich persönlich natürlich viel mehr eine Möglichkeit, die Welt zu bereisen. Selbst wird manchmal zu viel. Wenn ich von einer Tour als auf die kommende. Wobei ich über BLEEDING bezahlen könnten wir unsere Flugtickets näm- nach Hause komme, sitze ich ein, zwei Tage nur THROUGH nichts Schlechtes sagen kann. Aber lich nicht, reiche Eltern hat auch keiner von uns, vor dem Fernseher und entspanne, aber das hält H2O sind eine meiner absoluten Lieblingsbands, deshalb sind wir immer auf der Suche nach exo- nie lange an. Ich gehe gerne ins Kino. Filme sind und die Kids in Südamerika sind sehr engagiert tischen Tourangeboten. defi nitiv die Nummer eins außerhalb von Hard- und enthusiastisch. Die Energie ist überwälti- Eine Tour folgt der anderen, du bist selten core. Oder ich spiele mit Freunden Basketball, gend. zu Hause und seit einer gefühlten Ewigkeit fahre Rad oder so. Irgendetwas, bei dem ich das

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18-19Fuze24.indd 18 12.09.10 20:36 Telefon abschalten kann. Ich würde aber sagen, mal irgendwo gehört!“ Das ist seltsam, da läuft „HOT WATER MUSIC sind vermutlich MEINE ABSOLUTE LIEBLINGSBAND. Ich habe gerade gehört, sie würden dass ich ziemlich verrückt und nur selten nicht in etwas schief. Der Titel „Keepers Of The Faith“, ein neues Album aufnehmen, obwohl sie ja eigentlich nur irgendeiner Weise mit Hardcore beschäftigt bin. der Old-School-Vibe des Albums und die Texte noch selten auftreten. Ich bin ganz aufgeregt deswegen. Kennst du Reaper Records? Die Jungs sind wie sprechen vom Respekt vor einer Tradition, in der HOT WATER MUSIC sind einzigartig: immer dreckig und ich und haben auch nichts anderes als Hardcore wir als Hardcore-Band stehen. Wir leben defi ni- betrunken, aber mit fantastischen Melodien. Das ist eine im Kopf. Da fällt immer jede Menge Arbeit an. tiv in der Gegenwart und sind keine Nostalgiker, der relativ wenigen Bands, bei denen ich sicher bin, dass Wenn ich nicht auf Tour bin, gehe ich in Syracuse aber ich glaube, es wird immer wichtiger, daran ich auch noch mit fünfzig Fan sein werde. Ich höre viel außerdem ständig zu Shows. Das ist wichtig. Wie zu erinnern, dass es um mehr geht als Style und Emo-Zeug, wenn ich mit TERROR unterwegs bin. Krach kann ich erwarten, dass die Kids zu TERROR- verrückte Moshpits. Es ist so viel mehr als Musik. habe ich da schließlich genug um mich herum. Auf Tour Shows kommen, wenn ich nicht selbst rausgehe Und zwar? höre ich mehr COLDPLAY als irgendetwas anderes.“ Ob Chris Martin im Gegenzug Songs von TERROR-Sänger und andere Bands unterstütze? Zunächst einmal ist Hardcore für mich wie ein Scott Vogel hört, ist leider nicht bekannt. Du bist Jahrgang 1973. Wie lange kann man Lehrer. Hardcore lehrte mich mit offenem Ver- diesen Job machen? stand und ohne Vorurteile zu leben und zu den- Na ja, keinen herkömmlichen Beruf ausüben zu ken. Egal, ob es nun um religiöse Ansichten, den den wird aber gemeinsam. Jeder in dieser Band müssen, ist ein immenser Vorteil. Wenn ich das ethnischen Hintergrund, den Umgang mit Dro- gibt sein Privatleben für TERROR auf, da ist es hier nicht machen würde, dann sicher irgendet- gen, sexuelle Vorlieben oder sonst irgendetwas nur fair, wenn alle mitreden dürfen. Wenn es zum was, das ich von ganzem Herzen hassen würde. geht. Hardcore hat mir in vielen – auch politi- Beispiel darum geht, ob wir mit dieser oder jener Wie lange ich das noch machen will? Keine schen und gesellschaftlichen – Dingen die Augen Band touren, müssen sich alle einig sein. Ahnung. So lange ich damit glücklich bin und geöffnet. Und nicht zuletzt hat er mich aus der „Keepers Of The Faith“ wurde von Chad die Energie aufbringe, eine gute Show zu spie- kleinen Vorstadt herausgeholt, in der ich auf- Gilbert, dem Gitarristen von NEW FOUND len. So lange ich touren und damit etwas Geld gewachsen bin, und mir gezeigt, dass es mehr GLORY, produziert. machen kann, sehe ich keinen Grund, aufzuhö- gibt. Wenn jungen Kids in ihrem Umfeld eng- Über Chad kann ich gar nicht genug Gutes sagen. ren. Es ist mir allerdings klar, dass ich das irgend- stirnige Denkweisen aufgedrückt werden, wenn Er hat uns viel abverlangt und nichts durchgehen wann muss. Nach TERROR werde ich vielleicht ihnen beigebracht wird, nichts in Frage zu stel- lassen. Nicht nur beim Songwriting, auch außer- eine Band haben, in der ich nicht der Sänger bin. len, ist so ein Fluchtweg sehr wichtig. Hardcore halb des eigentlichen Aufnahmeprozesses hatte Vielleicht lerne ich, Bass zu spielen. Ich habe in war für mich von Anfang an eine große Fami- er hilfreiche Ideen. Der Blog auf unserer Web- meinen Bands immer gesungen. Es wäre cool, lie. Mit meiner tatsächlichen Familie habe ich site keepersofthefaithhc.com zum Beispiel war etwas anderes zu probieren und nicht so im Mit- nicht das beste Verhältnis. Durch Hardcore habe seine Idee. Er ist ein schlauer Kopf und ein guter telpunkt zu stehen. Ich trage seit Jahren den ich Freunde gefunden, die mir näher stehen als Freund. Wir sind ihm sehr dankbar. Ich will nicht Gedanken an eine Band in Richtung TURNING Blutsverwandte. Das sind die beiden wichtigs- sagen, dass „Keepers Of The Faith“ unser bes- POINT oder GORILLA BISCUITS mit mir herum, ten Dinge, die ich mit Hardcore verbinde. Selbst- tes Album ist, aber es ist sicher ein gutes Hard- wo der Fokus weniger auf Aggressivität liegt. verständlich hat jeder seine eigene Defi nition, core-Album. Es ist defi nitiv TERROR, nur schla- Schneller Hardcore, aber mit mehr Melodie. Ich aber Hardcore bedeutet zumindest, seinen eige- gen einige Songs neue Wege ein. Bisher ging die habe begonnen, Bands zu managen. Bei all dem nen Weg zu gehen, egal, wem das nicht passt. Entwicklung mit TERROR immer mehr in Rich- Quatsch, den ich mitgemacht habe, kann ich jun- Die Dinge in die Hand zu nehmen, statt sich alles tung , dieses Mal ist es eher ... Ich gen Bands helfen, die richtigen Entscheidungen bieten zu lassen. Es gibt keine Regeln für die Mit- will nicht „poppiger“ sagen. Es gibt mehr Melo- zu treffen. Ansonsten lege ich mir Geld für spä- gliedschaft. Es geht nicht darum, wie viel Geld dien als bisher ... Ja, doch, es ist mehr Pop. Das ter zur Seite. Ich war schließlich nicht auf dem du oder deine Eltern besitzen und auch nicht um passt ganz gut zu uns. Die ersten beiden TER- College und habe keine nennenswerte Berufser- deinen Haarschnitt. Ich kenne Hardcore-Kids ROR-Alben waren bedingungslose Prügeleien, fahrung. Ich werde sehen, was die Zukunft bringt. mit ganz normalen Jobs und welche, die buch- die letzten beiden haben mehr Abweichungen Bisher habe ich mich noch immer durchgeschla- stäblich obdachlos sind. In den letzten acht Jah- und Metal zugelassen. Mit den Jahren ist TER- gen. Große Sorgen mache ich mir nicht. Darum ren mit TERROR hatte ich keinen Chef außer mir ROR zu einer echten Band geworden. Musika- geht es auch in vielen TERROR-Texten: I gave my selbst. Ich habe mit der Band die Welt bereist lisch beschränken wir uns immer weniger. Aber life to hardcore! und war niemandem verantwortlich. Punkrock es gibt auf „Keepers Of The Faith“ natürlich auch Das neue Album heißt „Keepers Of The hat mich nie wirklich interessiert, aber die Punk- kurze, einfache Hardcore-Songs. Ich will nicht Faith“. Um welchen Glauben geht es? Was Ethik ist mir wichtig. Wenn man den ganzen Tag, sagen, dass wir heute mehr sind als eine Hard- bedeutet Hardcore eigentlich für dich? jeden Tag, Dinge tut, die man hasst, ist das doch core-Band – denn das werden wir immer sein. Da Besonders in den Staaten wird heute überall eine beschissene Art zu leben. kommen wir her. mit der Bezeichnung Hardcore um sich gewor- Bei TERROR bist also du der Chef? Ingo Rieser fen. Für viele der Bands, die so genannt werden, Unser Drummer Nick [Jett] und ich sind die ein- ist das nur ein Wort, eine musikalische Katego- zigen Gründungsmitglieder, also zählt unser TERROR rie. Für mich bedeutet es viel, viel mehr. Wenn Wort vielleicht etwas mehr als das der ande- Keepers Of The Faith man diesen Typen mit kommt, ren. Sowieso werde in der Regel immer zuerst (Century Media/EMI) sagen die nur: „Ja, ja, von denen habe ich schon ich kontaktiert, egal, worum es geht. Entschie- keepersofthefaithhc.com

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18-19Fuze24.indd 19 12.09.10 20:36 NEAERA Foto: Michael Gebhardt DIE CINDERELLA VON NEAERA. Als „der Maik Weichert von NEAERA“ hat sich Gitarrist Stefan Keller letztes Jahr in einem Interview mit dem Fuze etwas scherzhaft bezeichnet. Der Vergleich mit dem Gitarristen von HEAVEN SHALL BURN sollte dabei lediglich ver- deutlichen, dass ihm sein Studium immer mindestens genauso wichtig war wie seine Band, entwickelte sich jedoch zu einer Art Running Gag. „Du glaubst gar nicht, wie lange ihm das noch anhaftete. Wir fanden es jedenfalls sehr lustig“, amüsiert sich Sänger Benny Hilleke. Das Lachen dürfte ihm bald vergehen. Jetzt suchen wir nämlich einen Namen für ihn.

DAS GEGENTEIL VON MAIK WEICHERT VON Trotzdem: „Das Gegenteil von Maik Weichert als ‚undefinierbar‘ beschreiben. Ich glaube auf NEAERA. Der erste Vorschlag kommt von Benny von NEAERA“ ist als Name einfach nicht griffig jeden Fall an etwas Höheres, aber mit der Kir- Hilleke selbst. „Ich würde mich auf jeden Fall genug. Die Suche muss also weitergehen. che kann ich nichts anfangen. Ich bin auch nicht als das komplette Gegenteil von Maik Weichert mit der Bibel vertraut, geschweige denn, dass ich bezeichnen.“ Will heißen: Der 28-jährige Stu- DER ANTI-TOM-ARAYA VON NEAERA. Dass daraus zitieren könnte. Ich denke halt, dass es dent sieht sich nicht gerade als Intellektueller, Benny Hilleke die Texte, die er singt, nicht selbst einem als Mensch schon weiterhilft, an irgendet- sondern ist eher „stumpf“, wie er selbst sagt – verfasst, bedeutet jedoch nicht, dass er nicht was zu glauben, und habe auf jeden Fall irgend- und erzählt eine Anekdote, die das sehr schön weiß, wovon sie handeln – auch wenn er zugibt, einen Glauben an eine Art Gott, aber sicherlich illustriert: „Stefan Keller aka der Maik Weichert wahrscheinlich nicht jede einzelne Metapher nicht so, wie er in der Bibel oder von der Kirche von NEAERA hat mir mal einen Film empfohlen: erklären zu können: „Es ist nicht so, dass ich die beschrieben wird. Für mich sitzt da oben kein ‚Das weiße Band‘ von Michael Haneke. Irgend- Sachen vorgesetzt kriege und sie dann einfach Mann mit einem langen, weißen Bart und bal- wann stand ich dann in der Videothek und hatte nur stumpf runtersinge. Wir gehen das schon lert Blitze runter, wenn er sauer ist. Aber das war den tatsächlich in der Hand. In der anderen hielt immer erst zusammen durch.“ Dem Sänger ist Zeus, oder, haha? Egal ... Wenn ich irgendwie in ich ‚Hangover‘, den ich schon drei Mal gesehen es schließlich ausgesprochen wichtig, sich mit einer richtig schlimmen Situation wäre, würde hatte. Tja, jetzt rate doch mal, für welchen Film den Inhalten der Songs identifizieren zu können. ich wohl anfangen zu beten – so wie ich das auch ich mich entschieden habe. Das beschreibt es Weil er nur so die jeweilige Stimmung glaubhaft vielen anderen Leuten unterstelle, die sagen, ganz gut, glaube ich.“ vermitteln kann. „Auf dem neuen Album ist zum dass sie an nichts glauben.“ Beispiel ein Song namens ‚Heaven’s descent‘, Doch Benny Hilleke und Stefan Keller unter- bei dem es um Kindesmissbrauch geht. Man Halten wir deshalb fest: Benny Hilleke ist nicht scheiden sich nicht nur durch ihren Filmge- steht in der Gesangskabine, hat bestimmte Bil- wie SLAYER-Sänger Tom Araya, der als Christ schmack voneinander. Im Gegensatz zu seinem der im Kopf und schreit echt doppelt so heftig ins zwar an einen liebenden Gott glaubt, aber trotz- Band-Kollegen hat der Sänger von Songwri- Mikro.“ dem Sachen wie „God hates us all“ singt, wenn ting nämlich „überhaupt keine Ahnung“. Muss er Gitarrist Kerry King sie für ihn schreibt. Araya ist auch nicht, schließlich ist das bei NEAERA Auf- Darüber, welche Themen ein NEAERA-Song allein wichtig, dass ein Text gut ist – und das ist gabe der beiden Gitarristen sowie des Schlag- behandeln sollte, herrscht innerhalb der Band er für ihn, wenn er die Leute provoziert –, Hil- zeugers, Sebastian Heldt. Und auch mit den Tex- zumeist Einigkeit. Nur einmal hat der Sänger leke dagegen will sich mit dem, was er brüllt, ten hat er nichts (mehr) zu tun – dafür sind inzwi- mit Stefan Keller „teilweise um einzelne Wör- auch persönlich identifizieren können. Er ist der schen allein Stefan Keller und Bassist Benjamin ter verhandelt“: bei einem – laut des Verfas- Anti-Tom-Araya von NEAERA. Das Problem mit Donath zuständig: „Die beiden sprechen einfach sers – „ganz krassen Text gegen die Rückwärts- diesem Namen ist nur: Er klingt zu cool, um den wesentlich besser Englisch als ich. Außerdem gewandtheit des Vatikans“ auf dem zweiten Sänger damit aufzuziehen. fällt ihnen das Schreiben leichter.“ Hilleke küm- Album der Band. „Godforsaken soul“ kollidierte mert sich deshalb vor allem um Dinge, die abseits mit Hillekes „undefinierbarem Bezug zum christ- DIE CINDERELLA VON NEAERA. Wie wäre des Songwritings bei einer Band so anfallen: Er lichen Glauben“, wie das sein Gitarrist damals es deshalb mit „die Cinderella von NEAERA“? ist – zusammen mit Gitarrist Tobias Buck – so im Fuze-Interview nannte. Und Hilleke tut sich Schließlich bezeichnet Benny Hilleke die Karriere etwas wie das Bindeglied zu Booking-Agentur tatsächlich schwer, seine religiöse Einstellung seiner Band selbst als „Cinderella-Geschichte“. und Merchandise-Firma. genauer zu erläutern: „Ich würde das auch selbst Und das kam so: Im Februar 2004 spielten NEA-

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20-21Fuze24.indd 20 12.09.10 20:35 Ein anderer möglicher Name für Benny Hilleke wäre: DER DOUGLAS HEFFERNAN VON NEAERA. Schließ- ERA ihr erstes Demo ein, zwei Monate später hat- angeschrieben, alle – darunter auch Lifeforce – lich ist der Sänger ein großer Fan der Sitcom „The King of ten sie einen Vertrag mit Metal Blade. Für keinen sagten der Band ab. Nur Metal Blade nicht. Dabei Queens“: „Man erkennt sich da wirklich in vielen Dingen der Musiker war dieser Schritt größer als für Hil- war die Bewerbung bei einem der renommiertes- wieder. Das ist immer so schön beruhigend. Manchmal leke, schließlich ist NEAERA dessen erste Band ten Metal-Labels der Welt eigentlich nur als Witz zeige ich meiner Freundin nach einem Streit eine ‚King Of – sieht man einmal von der Abi-Kapelle ab, mit gedacht. Queens‘-Folge, um ihr zu beweisen, dass nicht nur ich der jeweiligen Ansicht bin, haha.“ der er „einige Hits runtergerissen“ hat. Sogar die Geschichte, wie er überhaupt Mitglied bei NEA- NEAERA hatten eben Glück – und profi tierten ERA wurde, hat etwas Märchenhaftes: Er stand auch vom damals überkochenden Metalcore- haben NEAERA auch noch. Von einer Tour durch auf der Tanzfl äche in der Sputnikhalle in Müns- Hype, da macht sich Benny Hilleke nichts vor: die USA zum Beispiel – so schwer diese aus ver- ter und brüllte die Lieder von BOYSETSFIRE oder „Ich unterstelle unserer eigenen Plattenfi rma schiedenen Gründen („schweineteuer ... das COMEBACK KID mit, die der DJ aufl egte. Irgend- jetzt einfach mal, dass die sich damals sicherlich Interesse nicht groß genug ... die haben da selbst wann wurde er von Tobias Buck gefragt, ob er dachten: ‚Schnell, schnell, was ist gerade noch genügend Bands ... Scheißakzent“) letztendlich nicht Bock hätte, in seiner neuen Band zu singen. so auf dem Markt? Warte mal, das hier hört sich auch zu realisieren sein mag. Zwischen dieser „Flirterei in der Disko“, wie Hil- doch einigermaßen nach Metalcore an ...‘“ Vor leke es nennt, und dem Vertrag bei Metal Blade allem zu Beginn mussten NEAERA deshalb viel Was also ist die Moral von der Geschicht’? Und lag gerade einmal ein Dreivierteljahr. Prügel einstecken – auch von anderen Bands: wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie „Es gab natürlich viel Gegenwind von Leu- noch heute? So ungefähr: „Wir haben schon klar Doch nicht nur, dass er – bandtechnisch gesehen ten, die sich schon ewig einen abgetourt hatten vor Augen, dass das Ganze irgendwann ein Ende – eine Jungfrau war, der Sänger konnte nicht ein- oder schon total lange zusammen Mucke mach- hat. Ich bin jetzt 28 und wenn da 14-Jährige in der mal wirklich einordnen, bei was für einem Label ten. Die haben derbe abgekotzt. Das kann ich ersten Reihe stehen – worüber ich mich natür- er da untergekommen war: „Ich war damals ihnen auch nicht verübeln. Ich wäre wahrschein- lich sehr freue –, ist das manchmal schon ein überhaupt nicht mit richtigen Metal-Bands ver- lich einer von denen gewesen, die am lautesten etwas komisches Gefühl. Wir machen das Ganze traut. Von den ganzen Metal-Blade-Bands, die geschrien hätten.“ Mittlerweile sind solche Vor- gerne noch, solange es geht, aber nur, solange von unseren Gitarristen so hochgelobt wurden, würfe längst passé, und NEAERA haben sich zwi- es noch authentisch ist.“ Im Moment verdrän- waren mir nur UNEARTH und AS I LAY DYING ein schen den ganz Großen ihres Genres etabliert. gen NEAERA den Gedanken an das eigene Ende Begriff. Von AMON AMARTH oder BOLT THRO- allerdings noch erfolgreich. Und das ist gut so. WER hatte ich nie eine Platte im Schrank. Zu Bleibt die Frage, wie es mit Cinderella weitergeht, Schließlich wollen wir Benny Hilleke noch lange der Zeit war Lifeforce das einzige Label, das ich sobald sich ihr Märchen erfüllt hat. Zunächst ein- „die Cinderella von NEAERA“ nennen können. kannte. HEAVEN SHALL BURN, CALIBAN, DES- mal ist Benny Hilleke immer noch glücklich dar- Thomas Renz TINY, das waren die Sachen, die ich gerne gehört über, wie alles gekommen ist: „Ich kriege auch habe. Ich dachte immer: ‚Wäre das geil, wenn heute noch ein dickes Grinsen ins Gesicht, wenn NEAERA wir mal bei Lifeforce landen würden.‘ Und dann wir irgendwo spielen und die Leute unsere Texte Forging The Eclipse wurde es Metal Blade, und ich so: ‚Ja, auch cool.‘“ mitsingen oder ich irgendjemanden sehe, der mit (Metal Blade/Sony) Ungefähr zehn Labels hatten NEAERA damals einem T-Shirt von uns rumläuft.“ Und Träume neaera.com

OUT NOW!

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20-21Fuze24.indd 21 12.09.10 20:35 davon war die Sea Shepherd Conservation Soci- ety. Anfangs habe ich nur T-Shirts von ihnen gekauft, aber irgendwann habe ich damit begon- nen, bei Shows von TO KILL oder Interviews über ihre Kampagnen zu sprechen. Schließlich haben wir beschlossen, ihnen alle Erlöse unserer letzten MCD „Maelström“ zu spenden. Ich wollte schon seit längerem ein Teil der Besatzung eines ihrer Schiffe werden, war aber aufgrund der Band immer zu beschäftigt. Als wir dann beschlossen, TO KILL aufzulösen, habe ich über mein Leben nach der Band nachgedacht und erkannt, dass es der richtige Moment war, mich zu bewerben. Ein paar Monate später war die „Steve Irwin“ in Europa, und ich beschloss, die Menschen, die ich schon so lange unterstützt hatte, persön- lich kennen zu lernen. Ich bekam die Chance, ein paar Tage auf dem Schiff zu arbeiten, und nach einer Weile wurde ich gefragt, ob ich nicht an Bord bleiben und zur Crew gehören wollte. Auf welcher Mission befindet sich die „Steve Irwin“ gegenwärtig? Wir haben gerade unsere erste Aktion beendet, um den Blauflossen-Thunfisch vor dem Ausster- ben zu retten. Seit er in den Sushi-Bars in Mode gekommen ist, wurde er überfischt. Die sinken- den Bestände und der steigende Preis haben dazu geführt, dass jeder versucht, so viel wie möglich davon zu fangen und an die japanische Lebensmittelindustrie zu verkaufen. Während der Operation „Blue Rage“ waren wir vor Italien, Malta, Tunesien und Libyen auf Patrouille und haben nach illegalen Fischereiaktivitäten Aus- schau gehalten. Am Ende gelang es uns, acht- hundert Thunfische aus einem Netz zu befreien. Das war definitiv ein großer Erfolg. Im Moment sind wir in Barcelona, um Wartungsarbeiten am Schiff vorzunehmen und für die Ziele unserer Organisation zu werben, indem wir jeden Nach- mittag Führungen veranstalten. Anfang Sep- tember geht es dann nach Australien, wo wir uns auf unsere nächste Aktion in der Antarktis vor- bereiten: Operation „No Compromise“. Ich weiß noch nicht, wie lange ich auf der „Steve Irwin“ sein werde. Sicher noch ein paar Monate, aber TO KILL ich hoffe, die Chance zu bekommen, noch län- Foto: Björn Lexius (facetheshow.com) ger zu bleiben. MEER ALS EINE BAND. „Our personal paths were going in other directions and we Wie sieht ein durchschnittlicher Tag auf dem all felt we wanted to pursue other aspects of our lives.“ Mit dieser Begründung gab die italie- Schiff aus? nische Hardcore-Band TO KILL im Mai dieses Jahres ihre Auflösung bekannt. Inzwischen weiß Ich bin Bootsmann und arbeite an Deck. Zu mei- man, welche jeweilige Richtung die Band-Mitglieder eingeschlagen haben: Gitarrist Ugo hat nen Pflichten gehört es, das Schiff in Schuss Anfang September geheiratet, Schlagzeuger Jai und Gitarristin Camilla haben sich bereits im zu halten. Ich mache alles Mögliche. So etwas Juni das Ja-Wort gegeben. Die drei haben außerdem eine neue Band gegründet. Auch Bassist wie einen durchschnittlichen Tag gibt es des- Fausto will demnächst wieder Musik machen. Und Sänger Josh? Der hat zwar nicht den Hafen halb nicht. Nur wenn wir im Hafen liegen, haben der Ehe angesteuert, lebt aber immerhin auf einem Schiff. Im Interview berichtet er von sei- wir in der Regel einen normalen Acht-Stunden- ner Arbeit für die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd Conservation Society – und dem Tag. Während der Operation „Blue Rage“ habe Ende seiner Band. ich auf dem Hubschrauberdeck gearbeitet und dabei geholfen, den Helikopter zu beladen, ihn Wie schwer fiel es dir, eine Band aufzulö- verloren, jede Person, die wir getroffen, und jede zu säubern und instand zu halten. Bei einer Kam- sen, die du einmal als deine Familie bezeich- winzige Veränderung, die wir möglicherweise pagne gibt es keinen wirklichen Zeitplan, weil net hast? bewirkt haben. man immer in Bereitschaft ist, falls etwas pas- Es war verrückt. Ich bin fast dreißig, und bis- Inzwischen arbeitest du als Freiwilliger auf sieren sollte. her war alles, was ich getan habe, ein Hard- der „Steve Irwin“, einem Schiff der Sea She- Ein deutscher Journalist hat die Menschen an core-Kid zu sein. Ich hatte echt Angst davor, pherd Conservation Society. Wie hat sich das Bord eines Schiffes der Sea Shepherd Con- was als Nächstes kommen würde. Wir haben so Ganze entwickelt? servation Society einmal als „sympathisch- viel Energie in diese Band gesteckt – mehr, als Schon als ich sehr jung war, habe ich mich für groteske -Kommune auf hoher See“ wir dachten, dass wir in uns hätten. Wir haben Tierrechte und Umweltschutz interessiert. In den beschrieben. Hältst du diese Beschreibung die schönsten Augenblicke zusammen erlebt letzten fünfzehn Jahren habe ich mich mit den für zutreffend? und sind durch die schlimmste Scheiße gegan- verschiedensten Möglichkeiten, diesen Plane- Um zu vermeiden, dass die Leute an Bord unnö- gen. Die Band aufzulösen, hätte mir fast das Herz ten zu schützen, vertraut gemacht – von mehr tige oder gefährliche Dinge tun, gibt es wie auf gebrochen, aber wir haben das Richtige getan. oder weniger legalen Aktionen Einzelner bis hin jedem Schiff eine Kommandokette. Es herrscht Die Erfahrungen, die ich mit TO KILL gemacht zur Arbeit großer Organisationen, die Öffent- aber definitiv kein militärischer Ton. Wer habe, werden immer ein Teil von mir sein: jede lichkeitsarbeit betreiben oder versuchen, mit bestimmte Fähigkeiten oder Erfahrungen hat, Show, jeder Kilometer im Van, jede schäbige direkten Aktionen die Ungerechtigkeit zu been- hilft den anderen dabei, die anstehende Auf- Ecke, in der wir geschlafen, jeder Euro, den wir den, die dem Ökosystem angetan werden. Eine gabe zu bewältigen. „Hippie-Kommune“ ist ganz

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22-23Fuze24.indd 22 12.09.10 20:37 „Die Antarktis ist ein sehr vielschichtiger und gleichzeitig ein sehr schlichter Ort. So perfekt und wild ... Wahrschein- nahe sein werden – von Momenten des Glück bis lich ist es die Wildnis, die ihn so perfekt macht. Unsere hin zu großen Enttäuschungen und stressigen neue Platte ist genauso: komplex, aber dennoch trifft sie dich genau ins Herz.“ Sänger Josh über „ANTARCTICA“, Situationen ist alles dabei. das letzte Album seiner Band TO KILL. Greenpeace behauptet, dass die Sea She- pherd Conservation Society eine gewalttä- tige Organisation sei, die durch das Rammen staltungen organisiert. Sie wussten, dass ich und Versenken anderer Schiffe Menschenle- früher oder später versuchen würde, auf eines ben gefährde. Wie siehst du die Sache? der Schiffe zu kommen. Das Einzige, was uns Der ganzen Debatte liegt eine Fehlinterpreta- im Moment alle bedrückt, ist der Umstand, dass tion des Konzepts von Gewalt zugrunde. Was durch meine Entscheidung, auf dem Schiff zu Sea Shepherd tut, ist der Versuch, gewalttä- bleiben, unsere Abschiedstour abgesagt werden tige Aktionen zu stoppen. In über dreißig Jah- musste. Ich hoffe, meine Band-Kollegen verste- ren wurde niemand durch unsere Methoden und hen meine Entscheidung. Sie ist mir nicht leicht Taktiken verletzt. Demgegenüber steht das mas- gefallen. sive Schlachten, das Fischer, Wal- oder Robben- Wo siehst du dich in zehn Jahren? fänger jeden Tag veranstalten. Viele Tierarten Die Erfahrung mit Sea Shepherd hat mir gezeigt, werden aufgrund der Gier von ein paar weni- dass dies der Weg ist, den ich gehen möchte. Ich gen aussterben. Und wenn die Ozeane sterben, hoffe, dass ich in zehn Jahren immer noch Teil sterben auch wir. Es gibt ein wirklich empfi ndli- dieser Organisation bin und versuche, etwas für ches Gleichgewicht, das uns mit unserer Umwelt die Ozeane zu tun. Andererseits bin ich nicht der verbindet – auch wenn wir dazu neigen, uns für Typ, der langfristige Pläne schmiedet. Wer weiß, Foto: Barbara Veiga unverwundbar zu halten. Doch selbst wenn die was das Leben noch alles für mich bereithält? In sicher keine angemessene Defi nition, aber seit- Leute unser Vorgehen für zu drastisch halten, für Anbetracht der Tatsache, wie schnell wir alles um dem ich an Bord bin, habe ich alle möglichen mich ist es das Mindeste, was wir tun können: zu uns herum zerstören, wird in zehn Jahren ohne- Leute kennen gelernt, die durch dieselbe Lei- versuchen, die Dinge tatsächlich zu ändern. Wir hin vieles ganz anders sein. Ich werde aller- denschaft und dieselben Ideale verbunden sind. gehen nicht raus und protestieren gegen irgend- dings auf jeden Fall noch immer dieselben alten Inwiefern kann man das Leben auf einem etwas, wie andere Organisationen das machen. TRIAL-, BANE-, - und CATHARSIS- Schiff mit dem in einem Van vergleichen? Wir sind da draußen, um die Gewalt gegen die Songs hören und eine Gänsehaut kriegen, haha. Da gibt es schon ein paar Gemeinsamkeiten, Umwelt und damit gegen uns selbst zu beenden. Thomas Renz und das dürfte auch der Grund sein, warum ich Was halten die anderen in der Band von dei- so gut damit zurechtkomme, mit denselben Leu- nem Engagement für Sea Shepherd? TO KILL ten so lange auf engstem Raum zusammenzule- Als Band haben wir Sea Shepherd immer unter- Antarctica ben. Man reist herum und teilt Gefühle mit ande- stützt. Camilla gehört zum Beispiel zu einer (Let It Burn/Soulfood) ren Menschen, die sich deshalb irgendwann sehr Gruppe Freiwilliger, die in Rom Benefi zveran- myspace.com/tokill

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22-23Fuze24.indd 23 12.09.10 20:37 CATARACT Foto: Christian Bendel (chbendelphotography.com) NICHT SCHON WIEDER EIN INTERVIEW. Die Zeit bis zur Veröffentlichung ihrer neuen Platte „Killing The Eternal“ lassen die Jungs von CATARACT eher ruhig verstreichen. Wären da nicht immer diese nervigen Journalisten, die lästige Fragen zum kommenden Album stellen. Dennoch nahm sich Schlagzeuger Ricky Dürst die Zeit, unseren Wissensdurst zu stillen.

Und? Was tut sich so bei euch? Wir wollten diesmal nicht wie bisher einfach los- ble Bands am Start – auch wenn sie internatio- Wir haben gerade zwei Open Airs gespielt, die legen und schauen, wo uns die Muse hinträgt, nal nicht so bekannt sind. Ich denke da zum Bei- wir „ausnahmsweise“ dazwischen geschoben sondern haben uns darüber ausgetauscht, wo spiel an MUMAKIL, KNUT und KRUGER, die welt- haben, liegen jetzt aber etwas auf der faulen jeder Einzelne den Sound der Band hingehen weit keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Haut, bis es am 22. Oktober mit der Release- sieht und was jeder ändern würde. Unterm Strich Bands haben ja oft den Wunsch, die Welt Show in Zürich wieder in die Live-Saison geht. Im wollten wir wieder kompaktere, intensivere und besser zu machen. Angenommen, ihr wärt Moment ist also alles schön ruhig. vor allem livetauglichere Stücke schreiben. in der Schweiz an der Macht, was würdet ihr Ihr wart ja gerade im Studio und habt ein Wie wichtig ist es für euch, live zu spielen? dort ändern? neues Album aufgenommen. Wie zufrieden Es ist der größte gemeinsame Nenner, wenn es Ich würde eine Monarchie ausrufen und mir seid ihr mit dem Ergebnis? um unsere Motivation geht, eine Band zu haben. überlegen, was ich mit den ganzen arbeitslosen Sehr zufrieden. Die Songs sind genauso rausge- Das macht uns allen am meisten Spaß. Die Beamten mache, die ich dann hätte. Dann den kommen, wie wir es uns vorgenommen hatten. Songs sollten sich deshalb danach anhören. Sie öffentlichen Verkehr weiter ausbauen, Steuern Dadurch, dass der Studiotermin relativ kurzfris- sollten energiegeladen und nicht künstlich auf- abschaffen und verursacherorientierte Gebüh- tig um zwei Monate verschoben werden musste, geblasen sein. ren einführen. Dann ... Äh, ja, erstmal das. konnten wir uns entsprechend viel Zeit für das Was hat sich aus eurer Sicht im Vergleich zu Das ist doch schon mal einiges. Euch gibt es Songwriting nehmen. den letzten beiden Platten verändert? bereits seit mehr als zehn Jahren. Was hättet Das Album wurde abermals von Tue Madsen Ich denke, wir sind bei „Killing The Eternal“ viel ihr im Nachhinein anders gemacht? produziert. abgeklärter ans Werk gegangen, alleine schon Da fällt mir, ehrlich gesagt, nichts ein. Die Beset- Wir haben uns ganz bewusst wieder für ihn ent- aufgrund der Vorproduktion. Die Platte ist die zungswechsel waren immer ärgerlich und schieden. Er wird zwar nicht gerade billiger, aber perfekte Mischung aus unseren Trademarks der kraftraubend, aber irgendwie gehört das ja dazu. wir wissen genau, dass wir bei ihm den Sound bisherigen Alben: die Intensität von „Golem“ Es ist halt nur aufreibend, da man sich ja meis- bekommen, den wir wollen, und dass er umset- und „With Triumph Comes Loss“ in einem rohen, tens auch abseits der Band sehr gut versteht und zen kann, was wir uns an Neuerungen vorstellen. ungeschliffenen Live-Sound. dann die Freundschaft in die Brüche gehen kann. Er war von unserem Wunsch, möglichst natürli- Habt ihr auch neue Einfl üsse zugelassen? Aber sonst? Vielleicht hätten wir uns schon frü- che Sounds zu verwenden, auch sehr angetan. Nein, nicht wirklich. Außer vielleicht den David- her ein Navigationssystem gekauft. Außerdem verstehen wir uns auch abseits der Guetta-Effekt, den wir reingeschmuggelt haben, Und welche Entscheidungen haben für euch – Band sehr gut mit ihm, was dem Klima natürlich um endlich in Diskos gespielt zu werden. neben dem Navi-Kauf – am meisten Verän- sehr zuträglich war. Uns kommt das Album insgesamt weniger derungen gebracht? In eurem MySpace-Blog schreibt ihr über die melodisch vor. Ich denke, das mache ich auch an den Beset- neue Platte: „It will contain the most brutal Ich glaube, das seht ihr ganz richtig. Das war zungswechseln fest. Einige haben der Band music that has ever erupted from the Cata- auch unser Ziel: Back to the roots. Ein paar gutgetan, andere nicht. Besonders als Fedi ract bunkers!“ Was hat euch dazu bewogen, Nasen haben zwar schon gejubelt, dass wir „end- [Federico Carminitana, Gesang] und dann später erneut härter zu werden? lich nur noch Metal“ machen – wir sind aber der Tom [Kusmic, Gitarre] und Nico [Schläpfer, Bass] Wir haben uns die alten Scheiben angehört, Meinung, dass „Killing The Eternal“ unsere hard- in die Band kamen, hat sich viel für uns geändert. bevor wir uns ins Songwriting gestürzt haben. corelastigste Scheibe seit langem ist. Aber wenn Von der Originalbesetzung sind ja eigentlich nur es schmeckt, ist es ja egal, wer es gekocht hat. noch Greg [Mäder, Gitarre] und ich übrig, aber Lästig, wie wir sind, wollten wir natürlich auch wissen, was Lass uns noch etwas über eure Wurzeln das aktuelle Team funktioniert wirklich gut und Schlagzeuger Ricky Dürst von der Meinung von Journalis- reden. Die Schweiz ist ja nicht gerade für ihre passt auch sehr gut zusammen. ten hält: „Wir machen Musik, weil wir Spaß daran haben, Musikszene bekannt. Alexander Blach / Daniel Kubera und wir machen die Musik, die uns gefällt. Wenn es den Das ist eigentlich jammerschade, denn wir GESCHMACK DES KRITIKERS nicht trifft, haben wir halt haben hier eine aktive, kreative und vor allem CATARACT Pech gehabt. Natürlich interessiert es mich, was jemand gute Szene. Mal abgesehen von den etablier- Killing The Eternal anders von der Mucke hält, und es ist ärgerlich, wenn jemand aufgrund eines Reviews eine Platte links liegen ten Namen wie GURD, TRIPTYKON und ELU- (Metal Blade/Sony) lässt. Aber damit muss man als Band einfach leben. Man VEITIE, sind in jeder Sparte durchaus respekta- cataract-collective.com kann es nie allen recht machen.“

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24Fuze24.indd 24 12.09.10 20:33 „Das ist in der Tat etwas problematisch. GREY ist wohl nicht gerade der einfallsreichste Name, und es gibt entsprechend viele Suchergebnisse, die nichts mit uns zu tun haben“, gesteht Schlag- zeuger Pablo. Dass sich die Band dennoch für diesen eher unscheinbaren Namen entschieden hat, liegt nicht nur daran, dass er kurz und präg- nant ist, sondern GREY damit jeglichen Vorurtei- len aus dem Weg gehen wollten. „Der Name lässt viel Interpretationsspielraum. Man erkennt nicht sofort, mit welcher Musik man es zu tun hat.“

Überhaupt merkt man Pablo und seinen Kolle- gen an, dass sie nicht gerne in Schubladen den- ken. Vielleicht, weil sie alle aus unterschiedlichen Richtungen kommen. Pablo spielte zuvor bei der Death/Black-Metal-Band CITIES OF SLEEP, Gitarrist Jörg bei der Metalcore-Combo UNDER SIEGE, Sänger Jakub bei der polnischen Hard- core-Band PIGNATION, während Marco seinen Bass auch bei BETTYOETKER zupft. Dem Sound der neuen Band merkt man diese Vorgeschichte sofort an. Grau oder langweilig klingt es nämlich keineswegs. Die acht Songs auf dem Debütal- bum „Whoneedsyou“ sind zu vertrackt, um wirk- lich Metalcore zu sein, und zu wenig verpeilt, um unter das -Banner gestellt zu wer- den. Bei GREY kämen eben viele Gegensätze zusammen, sagt Pablo. „Wir haben bei der Grün- dung der Band natürlich darüber gesprochen, in welche grobe Richtung es gehen soll. Aber was dann dabei herausgekommen ist, ist ganz natürlich entstanden. So klingen wir eben, wenn wir zusammen Musik machen – wie die Summe unserer Einfl üsse.“

Dass das Ergebnis nicht wie „gegessen und wieder ausgespuckt“ klingt, spricht für GREY. „Nichts gegen die alteingesessenen Bands. Die sind zu Recht noch immer sehr erfolgreich. Aber sobald eine Band groß wird, schießen immer gleich zig Epigonen aus dem Boden. Das war bei GREY Hair Metal genauso wie bei oder HAMBURGER SCHULE. NICHT. Gibt man bei Google „myspace GREY“ ein, Grunge. Die Liste ließe sich beliebig fortführen.“ fi ndet man so einige Bands. Sowohl die Metaller von DIR EN GREY als auch die bezaubern- Doch Pablo sieht auch einen Fortschritt: „Aktu- den, aber schon längst aufgelösten THE GREY. Ja, man stößt sogar auf die unbekannten, ell fi nde ich den deutschen Metalcore sehr erfri- aber höchst empfehlenswerten ... WE FADE TO GREY. Wen man aber vergeblich sucht, sind schend. Vielleicht ist gerade wieder ein Umbruch GREY: die Hamburger Metalcore-Band, die gerade ein Album namens „Whoneedsyou“ her- im Gange. Wenn daraus etwas Neues und Inter- ausgebracht hat. essantes entsteht, kann ich das nur begrüßen.“ Mit neu und interessant meint Pablo nicht nur Foto: Björn Lexius (facetheshow.com) seine eigene Band, sondern auch die befreun- nicht so hinhaute, nahmen sich die vier einfach die Szene ist, bin ich gern ein Teil davon. Wenn es deten CALEYA und LEFT ME BREATHLESS. Bands, eine Auszeit. „Sicher, der Aufnahmeprozess hat aber um Modetrends geht, bin ich raus.“ die versuchen, mit Elementen aus Hardcore und sich über einen relativ langen Zeitraum hingezo- Metal etwas Eigenständiges zu machen. gen. Das lag aber nicht an unserer Faulheit, son- Bedenkt man, dass GREY schon seit vielen Jah- dern daran, dass wir ein Album machen wollten, ren in der Szene unterwegs sind, ist es natürlich Doch wie genau entstehen diese eigenständi- zu dem wir auch in einigen Jahren noch stehen interessant zu erfahren, was sich in Bezug auf gen Songs? Pablo gewährt einen Einblick in das können.“ die Berichterstattung bezüglich neuer deutscher Songwriting seiner Band: „Es ist meist so, dass Bands verändert hat: „Das Internet hat sicher- unser Gitarrist Jörg eine Idee hat und wir daran Wie emsig GREY sind, zeigt die Tatsache, dass lich viel bewegt. Es wird auch kleineren Bands eine Weile rumbasteln. Wenn wir mit dem Ergeb- sie mit ihren Gedanken schon bei der nächsten eine Plattform geboten, um sich zu präsentieren. nis zufrieden sind, stoßen Marco und Jakub Platte sind. „Die Ideen hören ja nicht auf zu fl ie- Viele Musiker verteufeln das Internet, und natür- dazu. Und so entwickelt sich ein GREY-Song.“ ßen, nur weil die Platte draußen ist“, so Pablo. lich sind die negativen Auswirkungen nicht zu Die Hamburger nahmen sich die nötige Zeit, Auch wenn die Band aktuell versucht, so viele übersehen. Ich denke aber, dass ich viele Bands um „Whoneedsyou“ zusammenzubasteln. Die- Konzerte wie möglich zu spielen, bleibt genügend ohne das WWW erst gar nicht entdeckt hätte.“ sen Luxus hatten sie vor allem der Tatsache zu Zeit für das Schreiben neuer Stücke – obwohl die WWW? Da war doch noch was? Genau, „mys- verdanken, dass sie den größten Teil der Platte meisten Band-Mitglieder bereits im Berufsleben pace GREY“. Einfach bei der Suche zusätzlich im Lynn Aloysound Studio einspielten, das von stehen. Man merkt: GREY versuchen, ihr eige- den Plattentitel eingeben, dann fi ndet man die Drummer Pablo betrieben wird. Wenn es mal nes Ding durchzuziehen. Nichts mit Hamburger Seite. So gesehen, ist es doppelt schön, dass die Schule. Auf die Frage, was er von der heutigen Band endlich ein Album draußen hat. Das schicke Albumcover von „Whoneedsyou“ stammt Szene halte, winkt Pablo ab: „Ich muss gestehen, Alessandro Weiroster übrigens von einem ÖLGEMÄLDE des polnischen Künst- dass ich mit der Szene nicht viel am Hut habe. lers Jakub Kujawa. Sein Namensvetter, GREY-Sänger Dieses Szenedenken ist mir zu blöd. Wenn wir GREY Jakub, hatte die Idee, das Bild für das Artwork zu verwen- unterwegs sind, werden wir meist warmherzig Whoneedsyou den. „Das Cover hat keinen direkten Bezug zur Platte. empfangen, bekommen immer gutes Essen, eine (Bastardized/Alive) Aber ich fi nde, dass es sehr gut zu unserer Musik passt“, Dusche und einen Platz zum Pennen. Wenn das myspace.com/whoneedsyou so Schlagzeuger Pablo.

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25Fuze24.indd 25 12.09.10 20:34 Ich bin wahrscheinlich nicht mehr so leicht zu beeindrucken. Wenn ich heute Lieder höre, die ich als Teenager geliebt habe, dann trifft mich das auf eine Weise, wie es neue Songs niemals könnten. Sie sind wie eine Zeitmaschine: Sie lösen genau die Gefühle in mir aus, die ich beim ersten Hören hatte. Die Songs von damals haben für mich deshalb mehr Kraft als neue Lieder. Aber ich verliebe mich noch immer in Musik und kann nicht ohne sie leben. Du bist also nicht nur in deiner Funktion als Chef von Epitaph an neuen Bands interes- siert, sondern auch aus ganz persönlichen Gründen? Ich weiß nicht. Wahrscheinlich habe ich mir ein- fach angewöhnt, immer ohne Vorurteile an neue Entwicklungen ranzugehen, weil es nicht anders geht, wenn man professionell mit Musik zu tun hat. Alle meine Freunde sind der Meinung, dass nur alte Musik gut ist. Doch das kann ich mir nicht leisten. Die Wahrheit ist also, dass ich mich für Neues interessiere, um besser in meinem Beruf zu sein. Nicht nur als Chef einer Platten- fi rma, sondern auch als Songwriter und Produ- zent. Abgesehen davon: Als wir Ende der Acht- ziger größer wurden, haben die Leute der ersten Punk-Welle auch Mist über uns erzählt: „Scheiß auf die Typen. Das ist kein Punkrock. Punk ist tot. Was zum Teufel treiben die da?“ Würde ich jetzt damit anfangen, voreingenommen gegenüber neuer Musik zu sein, wäre ich keinen Deut besser. Fragst du manchmal deine Kinder um Rat, bevor du eine neue Band unter Vertrag nimmst? Nein, sie haben einen schrecklichen Musikge- schmack. Mein Sohn hört nur DRAGONFORCE. Die singen wahnsinnig hoch – und nur über BAD RELIGION Zwerge und Drachen und so einen Scheiß. Aber Foto: Carly Hoskins das ist meine Schuld, weil ich ihn auf die Band DER PAPA WIRD’S SCHON RICHTEN. Brett Gurewitz ist nicht nur Grün- gebracht habe. Und meine Tochter hört Sachen der von BAD RELIGION und , sondern auch ein waschechter Nerd. „Ich war vor wie THE JONAS BROTHERS oder . allen anderen, die ich kenne, bei Twitter“, lacht der 48-Jährige, „und mit Computern kenne ich Sie frage ich höchstens nach ihrer Meinung, mich besser aus als meine eigenen Kinder.“ Wie man Lieder auf einen MP3-Player bekommt, wenn ich eine Emo-Band signen will. lassen sich Max, 19, und Frida, 16, die beiden Sprösslinge aus Gurewitz’ erster Ehe, deshalb Wissen sie, dass du eine kleine Berühmtheit gerne von ihrem Vater erklären. Welche Songs das sein sollen, entscheiden sie dagegen selbst in der Punk-Szene bist? – dabei kennt sich ihr alter Herr mit den Bands heutiger Teenager bestens aus. Ich denke schon, aber es ist ihnen egal. Sie hal- ten das für nicht besonders cool. Ich glaube, es BAD RELIGION wurde vor 31 Jahren gegrün- Wie lautet dein Ratschlag an eine junge geht ihnen auf die Nerven. det, damals warst du siebzehn Jahre alt. Band, die es schaffen will? Es nicht schaffen Dein Vater hat dir damals tausend Dollar Denkst du, die Band hätte in der heutigen zu wollen? geliehen, um das erste BAD RELIGION-Album Musikwelt eine Chance gehabt? Nein, nein. Es ist nichts falsch daran, ehrgeizig zu fi nanzieren. Würdest du dasselbe für deine Nicht wirklich. Wir waren eine Garagen-Band – zu sein. Doch normalerweise stellt sich der Erfolg Kinder tun oder ihnen davon abraten, Musi- im wörtlichen und im übertragenen Sinne. Wir erst dann ein, wenn man sich auf etwas anderes ker zu werden? haben in der Garage von Gregs [Graffi n, Gesang] konzentriert. Arbeite also an deinem Songwri- Ich würde dasselbe für sie tun. Es ist wichtig zu Mom geprobt und auch so geklungen. Es war ein- ting, an deinen spielerischen Fähigkeiten, daran, versuchen, das zu machen, was man liebt. Aber fach ein bisschen zu rau und unreif, um heutzu- eine gute Band zu sein, eine gute Beziehung zu ich würde ihnen auch raten, sich alle Optionen tage angesagt zu sein. Heute ist alles viel glatt- deinen Band-Kollegen und Fans zu haben. Oder offen zu halten, weil ich das auch getan habe. gebügelter – auch wir. arbeite daran, gut in der Schule zu sein oder Dro- Thomas Renz Wie unterscheiden sich die BAD RELIGION gen zu beschaffen. Mir scheißegal, was es ist. aus dem Jahr 1979 sonst noch von den Bands Renne nur nicht dem Erfolg hinterher. BAD RELIGION heutiger Siebzehnjähriger? In welche anderen Fallen tappen heutige The Dissent Of Man Unsere Motive waren sehr, sehr rein. Wir dachten Bands immer wieder? (Epitaph/Indigo) nicht einmal daran, erfolgreich sein zu können. Sie machen Musik am Computer, anstatt ihr badreligion.com Wir haben es nur aus Liebe getan. Die Kids heute Zusammenspiel als Band zu verbessern. Sie werden von Ruhm angetrieben, von fi nanziellem benutzen einen Computer, um Songs zu schrei- Ungefähr 20.000 SONGS hat Brett Gurewitz auf seinem sowie sozialem Erfolg. Ich kann nicht leugnen, ben, zu spielen und aufzunehmen. Sie benutzen iPod. Zuletzt hat sich der Gitarrist Platten von ARCADE dass auch wir zum Teil auf einen gewissen Sta- einen Computer, um Texte zu schreiben, etwas FIRE, Big Boi, Eminem, THE GASLIGHT ANTHEM, John tus aus waren, aber für uns hieß das lediglich zu in einem Reimwörterbuch nachzuschlagen und Lennon, LCD SOUNDSYSTEM, THE NATIONAL, SCISSOR versuchen, Sex zu haben oder in der Schule nicht ihre Rechtschreibung zu überprüfen. Wenn man SISTERS und Tom Petty gekauft. Sein Musikgeschmack so oft verprügelt zu werden, haha. Heute kann ihnen eine Gitarre sowie Stift und Papier in die ist damit fast so facettenreich wie der mancher Jugendli- cher, über die er sich im Interview amüsiert: „Es gibt Kids, jeder Teenager, der Zugang zu einem Computer Hand drücken und sie auf einer einsamen Insel die hören Lady Gaga, GRIZZLY BEAR, THE KNIFE, STIFF hat, sich einem weltweiten Publikum präsentie- aussetzen würde, käme dabei niemals ein Song LITTLE FINGERS und Britney Spears. Je ironischer sie ren. Wir dagegen wollten einfach in der lokalen heraus. Das ist das größte Problem. durch ihre Vielseitigkeit sein können, desto cooler sind Szene bekannt werden, die vielleicht aus hundert Bedeutet dir Musik noch genauso viel wie als sie. Sie hören dann zum Beispiel nur BURZUM und Tupac, oder zweihundert Leuten bestand. Teenager? haha.“

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26Fuze24.indd 26 12.09.10 20:33 Der erste Auftritt nach dem Besetzungswech- sel vor heimischem Publikum in Kiel gleicht einer Feuertaufe. „Ich hatte ja keine Ahnung, was da auf mich zukommt. Für mich war das ja auch ein Abenteuer“, erklärt Felix Schönfuss, der als neuer Sänger in nicht zu unterschätzende Fuß- stapfen tritt, schließlich prägte die Stimme sei- nes Vorgängers Helge Jensen die gefeierten Vor- gängeralben „Hinter den Spiegeln“ und „Initiale“ maßgeblich. Trotz eines starken Konzerts mit durchweg positiven Reaktionen ist es also ver- ständlich, dass in den Ansagen noch ein Hauch von Schüchternheit zu vernehmen ist. „In dem Moment, in dem du die Songs spielst, bist du absolut frei. In der Ruhephase zwischen den Lie- dern war ich dann ehrlich überrascht, zumal wir ja in erster Linie neue Songs gespielt haben. Da dachte ich, dass ich mich artig bedanken muss. Aber beim zweiten Konzert war das schon alles anders, und ich fühlte mich sicherer.“ – „Das ist ja auch immer abhängig von der Tagesform“, wirft Bassist Sebastian Henkelmann ein. Zwei- fel an der Qualität der neuen Songs wären auch nicht angebracht.

Sie sind merklich stolz auf ihr neues Album. Der typische, komplexe ESCAPADO-Vibe ist immer noch da, nur wurde bei aller Härte der Popme- lodie ein wenig mehr Platz eingeräumt. Auch die Texte haben stellenweise an Deutlichkeit gewon- nen, sind weniger kryptisch. „Manchmal kommt schon ein anderer Stil durch. Ich rede gerne mal Klartext und lasse keine Fragen offen, habe aber auch gemerkt, dass mir beides Spaß macht“, erläutert Schönfuss. Es ein Konzeptalbum zu nennen, würde wohl zu weit gehen, dennoch prangt „mundtot“ als Schlüsselwort über allen Songs. „Kaum zu glauben, dass hinter all dem Menschen sind / Die wissen und nichts sagen / Nur stillschweigend ertragen“, heißt es im Ref- rain des überragenden Titeltracks. Felix Schön- ESCAPADO fuss und Sebastian Henkelmann schreiben die ZWISCHEN SCHREIEN UND SCHWEIGEN. Nach dem überraschen- Texte in der Regel gemeinsam. Und wenn man den Ausstieg zweier Band-Mitglieder mussten ESCAPADO die Dinge neu ordnen und ein ihnen zuhört, wie sie über das große Thema des paar wichtige Entscheidungen treffen. Am Ende wurden einfach die vakanten Posten an Albums reden, sich gegenseitig die Bälle zuspie- Mikrofon und Bass neu besetzt, neue Songs geschrieben und ein mit Spannung erwartetes len, könnte man sich fast wundern, dass „Mont- Album aufgenommen. Es trägt den Namen „Montgomery Mundtot“ und ist eine intensive gomery Mundtot“ kein Doppelalbum geworden Bestandsaufnahme zutiefst menschlicher Grundtendenzen. Ein Album, das vom Schweigen ist. erzählt – mit Hilfe brutaler Lautstärke.

Henkelmann: „Mundtot“ steht zum einen für Foto: Jürgen Kremer Dinge, die unterdrückt werden, und zum ande- Konzernen, den Medien oder der Regierung aus- sich an irgendetwas zu klammern, das einem in ren für Dinge, die schlicht nicht ausgesprochen geht. Wobei die auch dafür sorgen, dass Dinge irgendeiner Form Orientierung oder Halt gibt. werden. Neben dem Offensichtlichen, das auch unausgesprochen bleiben. Viele Leute behaup- Wir wollen das ja wirklich nicht anprangern. Ich gesagt wird, gibt es eine riesige Welt, die ganz für ten, das alles erkannt zu haben, verhalten sich fi nde nur, dass es wert ist, darüber eine Platte zu sich allein funktioniert, ganz ohne Worte, Beteu- aber trotzdem nicht anders. Dagegen kann man machen. erungen und Argumente. Denn so sind Men- letztendlich nichts tun, außer vielleicht ein biss- schen nun einmal: Sie tragen bestimmte Sachen chen ehrlicher zu sein. In der Tat. ESCAPADO untermauern mit „Mont- mit sich herum, damit nach außen hin alles gut „Solange Sicherheit die Sorgen lähmt / Und gomery Mundtot“ ihren Ausnahmestatus unter scheint. Aber ich glaube, dass viele nicht so keine weiteren Fragen stellt / Bist du nicht deutschen Hardcore-Bands, sowohl durch die glücklich sind, wie sie vorgeben. allein / Sie werden wortlos mit dir teilen“ – hohe Klasse der Songs als auch durch die Kon- Schönfuss: Dieses Phänomen zieht sich durch Ist es ein Ausdruck von Hilfl osigkeit, sich an troverse, die durch ihre Stilmittel bei manchen alle Lebenslagen, durch die komplette Bevölke- bestimmte Modelle zu klammern? Oberfl äch- Leuten aufkommen wird. Über die Zukunft der rung bis in den letzten Winkel des Gehirns. Es ist lichkeit als reiner Selbstschutz? Band will sich nach den Ereignissen der letz- überall anzutreffen, was ein Beleg dafür ist, dass Henkelmann: Ich glaube nicht, dass die Men- ten drei Jahre niemand ein Urteil bilden. „Ich bin es in uns Menschen drin ist. Und eben nicht von schen an sich oberfl ächlich sind. Im Gegenteil. auch ein Freund davon, sich als Band im richtigen Hinter den meisten steckt doch viel mehr als das, Moment aufzulösen. Aber der war bei uns ein- Anregungen zum Schreiben der Texte bezieht Sebastian was man auf den ersten Blick sieht. Ich glaube, fach noch nicht gekommen“, so Sebastian Hen- Henkelmann aus den verschiedensten Quellen – auch wenn man wirklich an die Wurzeln geht und hin- kelmann. Hoffen wir, dass das fürs Erste so bleibt. AUS DER KLATSCHPRESSE: „Mir haben auch wieder ein ter diese ganzen Etiketten schaut, dann würde Geschwiegen wird schließlich schon genug. paar Dinge aus den Medien Anstöße gegeben. Keine kon- man doch merken, dass das alles Blödsinn ist. Benedikt Ernst kreten Themen, aber Hinweise darauf, dass uns unaus- Und in dem Moment sind sich die Menschen dann gesprochene Dinge auch immer wieder in der Öffentlich- wieder näher und auch ähnlicher, egal, welche ESCAPADO keit begegnen. Der Tod von Robert Enke zum Beispiel. Nach außen ein Mustertorwart, Vorbild, Millionär, nach Klamotten sie tragen oder welchen Job sie aus- Montgomery Mundtot innen ganz anders. Aber auch die Geschichten um Nadja üben. (Grand Hotel van Cleef/Indigo) Benaissa oder Jörg Kachelmann und die Reaktionen dar- Schönfuss: Ich denke, man versucht immer, myspace.com/escapado auf deuten auf die Tragweite dieser Probleme hin.“

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27Fuze24.indd 27 12.09.10 20:34 schlagskraft zu schaffen. Deshalb geht es auf dem Album um Leidenschaft und unverfälschte Brutalität.“ Dabei hatten die Musiker das Kapitel THE CROWN eigentlich schon geschlossen und wer- kelten am Debüt der Nachfolge-Band. Doch dann kam alles anders: „Ursprünglich war eine Platte als DOBERMANN geplant. Diesen Namen hatten wir uns für unsere neue Band gege- ben. Doch als zehn Songs für ein erstes Album fertig waren, stellten wir fest, dass das Mate- rial so nach THE CROWN klang, dass es kei- nen Sinn machen würde, es unter einem ande- rem Namen zu veröffentlichen. Es führte kein THE CROWN Weg daran vorbei, THE CROWN wieder zu bele- ben.“ Ein paar Veränderungen hat es beim Neu- Foto: Patrik Skoglöw (skoglowphoto.se) start allerdings dennoch gegeben: „Wir sind in TRIUMPHALE RÜCKKEHR. Welchen Stel- heit, uns voll und ganz auf THE CROWN zu kon- der komfortablen Situation, weder einen Plan lenwert eine Band für ihr Genre besitzt, fällt zentrieren, wenn uns danach ist, und das nutzen zur Weltherrschaft zu verfolgen noch von der häufig erst dann auf, wenn sie nicht mehr wir aus. Im Proberaum arbeiten wir sehr konzen- Band leben zu müssen. In der Pause haben wir da ist. Als THE CROWN im Dezember 2009 ihre triert. Unnötiges Beiwerk gibt es bei uns längst uns Familien und Existenzen jenseits der Musik Reunion bekannt gaben, ging ein Raunen durch nicht mehr – nur noch puren Death Metal. In aufgebaut, sind inzwischen alle Eltern und tra- die Death-Metal-Welt. Während der fünfjähri- den Jahren, als es die Band nicht gab, haben wir gen neue Verantwortung. THE CROWN ist nicht gen Abwesenheit der Band konnte niemand die festgestellt, wie viel uns diese Musik bedeutet. dazu da, das Essen auf den Tisch zu bringen. Wir Lücke schließen, die ihre Auflösung gerissen Natürlich könnte man Death Metal mit anderen geben hundert Prozent für die Band, doch Musik hatte. Stilen kombinieren und rhythmisch anreichern, und Familie müssen miteinander in Einklang ste- Bei ihrem Comeback treten die Schweden nun um ihn vermeintlich interessanter zu gestalten, hen. Wir werden nicht mehr zweihundert Shows nahezu in Originalbesetzung an und haben mit so wie wir es bei anderen Projekten und Grup- im Jahr spielen, sondern uns vor allem auf Festi- Jonas Stålhammar (ex-GOD MACABRE) lediglich pen tun. Im Kontext von THE CROWN ist für uns vals konzentrieren. Das macht es für unser neues einen neuen Shouter in ihren Reihen, der einen aber nur der direkte Weg von Interesse. Mei- Label Century Media zwar schwieriger, aber wir souveränen Einstand verbucht. Ihr neues Album ner Meinung nach müssen sich Songs auf einer sind nicht mehr bereit, der Musik alles unterzu- „Doomsday King“ ist Gitarrist Marko Tervonen klassischen Death-Metal-Platte nicht unbedingt ordnen – auch wenn sie ein wichtiger Teil unse- zufolge das Ergebnis einer neuen Lockerheit stark voneinander unterscheiden. Es reicht, ein res Lebens ist.“ innerhalb der Band: „Wir haben heute die Frei- verbindendes Gefühl und vehemente Durch- Arne Kupetz

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28Fuze24.indd 28 12.09.10 20:37 AL GORE DES METALCORE. Vom Präsidentschaftsanwärter zum Ökoak- tivisten – so könnte man wohl auch die Ent- wicklung von A TRAITOR LIKE JUDAS über- schreiben. Waren die Braunschweiger doch schon vor knapp fünf Jahren aufgrund kon- tinuierlich guter Shows und der Veröffent- lichung ihres zweiten Albums „Nightmare Inc.“ ein heiß gehandeltes Eisen im immer stärker lodernden Metalcore-Feuer. Bedingt durch einige Besetzungswechsel wurde es dann jedoch etwas ruhiger um die Band. Jetzt melden sich A TRAITOR LIKE JUDAS mit dem Konzeptalbum „Endtimes“ zurück – und sind sozialkritischer denn je, wie Sänger Jasper Elter im Interview deutlich macht.

Die von euch auf der neuen Platte beschrie- benen Aussichten für die Menschheit sind eher nicht so rosig. Wie schlecht steht es um uns? Sehr schlecht. Viele Menschen sind nur auf ihr eigenes Wohl bedacht und würden jeden ande- ren fallen lassen, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Die Menschheit geht mit den natür- lichen Ressourcen und der Erde im Allgemei- nen so schäbig um, dass nicht einmal deutliche Warnungen wie Hochwasser oder Hurrikans, die Tausende von Leben kosten, sie zum Umdenken bewegen. Außerdem erlebt man tagtäglich, wie respektlos sich Menschen verhalten, wie wenig soziales Engagement sie zeigen. Das sind aber nur zwei Punkte von vielen, die wir kritisieren. Ein anderer ist zum Beispiel die rechtsextreme Szene, die immer wieder versucht, ihren Müll zu verbreiten – auch in unserer Subkultur. Wir sind keine Moralapostel und wollen niemandem unsere Meinung aufzwingen, aber zusammen- A TRAITOR fassend kann man sagen, dass es an allen Ecken und Enden brennt. Wir versuchen, die Leute zu erreichen und ihnen Möglichkeiten aufzuzei- gen, wie man es eventuell etwas besser machen LIKE JUDAS könnte. Nur wenn jeder einen Beitrag leistet – Foto: Frank Tobian egal, wie klein dieser auch sein mag –, können Lebt ihr dieses Engagement auch abseits der mit kritischen Inhalten mittlerweile zu kurz wir diese Welt für jeden lebenswerter machen. Bühne? kommt? Ist es als Band heutzutage nicht zu idealis- Zwischenzeitlich war es so, dass jeder in der Es geht heute in der Musik ganz allgemein lei- tisch gedacht, mit Musik etwas verändern zu Band Vegetarier, Veganer oder straight egde der viel zu häufi g eher um die Hülsen als um den wollen? war. Das hat sich jetzt durch einige Besetzungs- Kern. Natürlich sollte Musik auch einfach mal nur Ja, ich denke schon. Aber heute geht es bei Musik wechsel zwar etwas geändert, aber der Großteil Spaß machen, aber wenn wir es schaffen, darü- in der Regel nur noch um Plattenverkäufe, Plays von uns lebt weiterhin so. Außerdem versuchen ber hinaus etwas Positives zu bewirken und die bei MySpace oder iLike-Klicks bei Facebook. wir, wo es geht, Organisationen wie PETA oder Leute zum Handeln zu animieren, ist dies das Der Inhalt ist austauschbar und nebensäch- Kampagnen wie „Kein Bock auf Nazis“, die sich Größte für uns. lich. Hauptsache, das Shirt ist schön bunt und für ähnliche Ziele wie wir einsetzen, zu unter- Wie groß ist deiner Meinung nach die musi- die Moshparts sind hart. Wir haben auch bunte stützen. Wir predigen nicht nur Wasser und trin- kalische Entwicklung im Vergleich zum letz- Shirts und harte Moshparts, jedoch ist es uns ken Wein, wir leben das, was wir sagen. ten Album? wichtig, dass dahinter mehr als schillernde Sei- Wir haben von Trends gesprochen. Kann es Die Veränderung ist schon ziemlich groß. Die fenblasen stehen. Unsere Band gibt es schon so sein, dass Themen, wie ihr sie als roten Faden letzte Platte wurde vor sechs Jahren mit zum Teil lange, wir haben viele Trends erlebt. Doch Trends für „Endtimes“ gewählt habt, eben auch nur anderen Leuten geschrieben. Außerdem entwi- kommen und gehen, darum ist wichtig, was hin- ein Trend sind? ckelt man sich ja auch selbst weiter. Man nimmt ter dem Ganzen steckt. Wir denken, dass es vor Wir erleben ja gerade überall, wie solche Themen neue Impulse und andere Einfl üsse auf, was den allem Ehrlichkeit und Engagement braucht. Wir zum Trend werden. Große Kaffeehausketten Sound der neuen Platte entscheidend geprägt stehen zu hundert Prozent hinter unseren Ansa- oder Fastfood-Läden werben damit, dass ihre hat. Der erste Song entstand vor fast drei Jahren. gen, und wenn wir ein paar Leute dazu brin- Produkte „fair trade“ oder „bio“ sind, weil grün in Andere wurden immer wieder überarbeitet oder gen können, ein bisschen Engagement in sozia- ist und sich damit der Umsatz steigern lässt. Wie weiterentwickelt. Ich denke, der größte Unter- len oder ökologischen Dingen zu zeigen, sind wir viel ökologisches Bewusstsein dahinter wirklich schied zu „Nightmare Inc.“ ist, dass wir jetzt eher mehr als froh und haben etwas erreicht. steckt, vermag ich aber nicht zu beurteilen. Es ist Hardcore mit Melodien machen als Metal mit natürlich auch eine Chance, um Leute zu errei- Moshparts. Das musste aber auch so kommen, Wie man Sänger seiner aktuellen Lieblingsband wird? chen, die sich normalerweise nicht damit ausein- da wir im Grunde Hardcore-Kids sind, die Metal- Jasper Elter kennt die Antwort: „Ich weiß noch, wie ich andersetzen. Fraglich ist nur, was passiert, wenn Riffs abfeiern, haha. vor sechs oder sieben Jahren bei A TRAITOR LIKE JUDAS der Trend wieder vorbei ist. Auf uns bezogen: Wir André Jahn als Fan vor der Bühne stand, alle den Song ‚New sons of versuchen ja nicht, mit diesem Thema mehr CDs Babylon‘ mitgeschrien haben und ich TOTAL GEFLASHT zu verkaufen. Viel wichtiger ist es, dass die Leute A TRAITOR LIKE JUDAS war. Ich dachte: ‚Wow, so eine geile Band kommt aus mei- unsere Botschaften hören. Endtimes ner Gegend!‘ Bei einem Nebenprojekt habe ich dann den Glaubst du, dass innerhalb der Szene, in der (Swell Creek/Soulfood) Job des Aushilfssängers bei einer Osteuropatour über- nommen. Anscheinend habe ich das ganz gut gemacht, ihr euch bewegt, die Auseinandersetzung myspace.com/atraitorlikejudas haha.“

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29Fuze24.indd 29 12.09.10 20:32 Was macht diesen speziellen SPERMBIRDS- Spirit aus? Wir haben die SPERMBIRDS schon immer als Familie gesehen. Wir sind einfach fünf Spacken, die auf die Bühne gehen, sich die Instrumente umhängen und dann geht es los. Wir machen jede Menge Flachs untereinander, nehmen uns selbst nicht zu ernst. Und wir sagen den Leuten: Entweder ihr habt Spaß mit uns oder ihr lasst es bleiben. Das ist unsere Magie, unser eigener Kosmos, den wir da aufgebaut haben. Eben ein bisschen old school. Ist es auch old school, wenn ein neues Album sechs Jahre auf sich warten lässt? Das lag daran, dass wir über ganz Deutschland verstreut sind und viele von uns Familie und Kin- der haben. Da kann man nicht jedes Wochen- ende Rock’n’Roll machen. Immer wenn wir uns getroffen haben, waren alle euphorisch und woll- ten eine neue Platte aufnehmen. Aber sobald wir auseinander gingen, war Funkstille. Irgendwann hatte ich dann die Schnauze voll. Ich sah es nicht ein, für eine Band noch Songs zu schreiben, die nur jedes halbe Jahr ein Konzert spielt und keine Platte macht. Dann haben wir Tacheles geredet. Ich habe einen Plan erstellt, der festgelegt hat, wann wir proben und wann wir ins Studio gehen. Wenn es nach mir geht, nehmen wir nächstes Jahr eine neue Platte auf. Es gibt keinen ersicht- lichen Grund, warum wieder sechs Jahre verge- hen sollten. Das ist nicht tragbar. Wir haben jede Menge guter Ideen. Woher kommen diese denn noch, nach 27 Jahren Band-Geschichte? Die kommen einfach aus mir raus! Ich singe jeden Tag in das Diktiergerät meines Handys. Ich habe ständig neue Ideen. Ich habe bestimmt dreihun- dert Songfragmente, die noch nicht aufgear- beitet sind. Sollte ich in ein kreatives Loch fal- SPERMBIRDS len, kann ich das dann alles nachholen. Aber ich Foto: Felix Buchholz glaube nicht, dass das passieren wird. Ich kann DIE MUTTER DER BAND. Die SPERMBIRDS. Die deutsche Hardcore-Institution. auch Leute nicht verstehen, die sagen, dass sie Die Legende. Gegründet 1983, aufgelöst 1997, wiedervereinigt 1999. Man könnte jetzt auf- früher auch Musik gemacht haben. Dann denke zählen, was diese Band alles überstanden, alles mitangesehen hat: Helmut Kohl, die deutsche ich mir immer: Ja, früher – aber was ist bitte- Wiedervereinigung, der Siegeszug des Internets, der Untergang der Plattenindustrie ... Die schön jetzt? Ich kann mir ein Leben ohne Musik SPERMBIRDS waren fast immer da. Ein Interview mit Gitarrist Roger Ingenthron über Punk- nicht vorstellen. rock und das Älterwerden. Womit wir auch schon wieder beim Alter wären: Wie passen Punkrock und das Älter- Nervt es nicht langsam, dass in jedem Inter- SPERMBIRDS, ich kümmere mich um das Mer- werden zusammen? Ist man nicht irgend- view darauf eingegangen wird, dass die Mit- chandising, auch ein bisschen um die wirtschaft- wann zu alt für die Energie dieser Musik? glieder der SPERMBIRDS mittlerweile alle liche Seite – wenn man bei den SPERMBIRDS Nee, wohl kaum. Ich weiß nicht, wie es aussieht, Mitte vierzig sind und die Band fast schon überhaupt davon reden kann. Ich bin so ein biss- wenn ich sechzig bin. Aber jetzt bin ich 45 und einen musealen Charakter hat? chen die Mutter der Band. halte „New noise“ von REFUSED für den besten Einen musealen Charakter? Klar haben wir den, Wie kommt es, dass du so viel Zeit in die Band Song aller Zeiten. AGNOSTIC FRONT, ein paar da müssen wir uns doch gar nichts vormachen. investierst? Ihr seid schließlich zu fünft. Hast Songs von RAGE AGAINST THE MACHINE, die Der kommt von ganz alleine, wenn man seit 27 du am meisten Zeit, am meisten Enthusias- kicken mich immer noch. Ich kann mir nicht vor- Jahren zusammen Musik macht. Ich habe neu- mus, am meisten Herz? stellen, dass dies in zehn Jahren nicht mehr der lich schon einmal darüber nachgedacht, ob man Ja, von allem wohl ein bisschen. Im Laufe der Fall sein wird. Ich sage jetzt mal so: Solange ich nicht eine Art Dia-Abend, eine Spoken-Word- Jahre haben wir immer versucht, die Arbeit auf- noch bei einem SPERMBIRDS-Auftritt bei jedem Performance machen sollte. So unter dem Motto zuteilen, aber das hat nicht funktioniert. Gerade Song drei, vier Mal in die Luft springen kann und „Drei Jahrzehnte SPERMBIRDS“. Da haben sich durch die Betreuung der SPERMBIRDS-Home- mir dabei nicht das Gebiss rausfl iegt, solange über die Jahre jede Mengen Geschichten und Bil- page habe ich festgestellt, wie wichtig die Band mache ich weiter. Es gibt Leute, die kommen seit der angesammelt. vielen Leuten ist. Da habe ich mir gedacht: Hey, fast drei Jahrzehnten zu unseren Konzerten, und Das klingt spannend. Wann ist es denn die SPERMBIRDS haben nicht nur eine musika- solange die nicht sagen, dass wir wie Schatten soweit? lische Daseinsberechtigung, sondern stehen unserer selbst aussehen, solange kann man auch Ja, wenn ich nur mehr Zeit hätte ... Ich arbeite, ich noch für viel, viel mehr. Ein gewisses Gefühl, eine ohne Probleme weitermachen. Es gibt kein schö- habe zwei Bands, ich betreue die Homepage der gewisse Philosophie. Ich will jetzt nicht sagen, neres Kompliment als Leute, die nach einer Show dass wir eine Institution sind, aber ein bisschen sagen: „Von eurer Energie können sich jüngere „Da waren zum einen gesundheitliche Probleme, zum ist es dann schon so. Es ist eben selten, dass es Bands immer noch eine Scheibe abschneiden.“ anderen Stress in der Familie. Aber der Hauptgrund war heute noch eine Band wie die unsere gibt. Die Tobias Kolb ganz einfach der, dass er schon lange keine Songs mehr so viel Herzblut in die Sache steckt, sei es beim für die SPERMBIRDS geschrieben hatte. Er hat gesagt, Songwriting, bei den Auftritten oder auch beim SPERMBIRDS dass er keine Ideen mehr habe. Und musikalisch hatte er Booking. Die überall den Finger drauf hat. Das A Columbus Feeling auch ganz andere Interessen. Da war der Ausstieg eine spüren die Leute, und es scheint ihnen wichtig (Rookie/Cargo) ganz normale Konsequenz.“ Roger Ingenthron über den WEGGANG VON GITARRIST FRANK RAHM im Jahr zu sein. spermbirds.com 2007.

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30Fuze24.indd 30 12.09.10 20:36 LES SAVY FAV SPASS AN DER FREUDE. LES SAVY FAV feiern mit ihrem neuen Album die Bands, die sie geprägt haben – und ihre Hörer. Mit „Root For Ruin“, so der Titel der Platte, beweisen die New Yorker, dass Kunst alles andere als verkopft daherkommen muss. Die Band will mit ihrem kleinen Rundumschlag aus Avantgarde, Punk und Indie vor allem eines: dass die Leute daran denken, „wie toll sie sind und wie großartig es ist, am Leben zu sein“. Und sie will die Menschen in Bewegung bringen. „Es ist wunderbare Workout-Musik“, so Bassist und Frenchkiss-Records-Gründer Syd But- ler. „Hör’ sie, wenn du in deinem Auto herumfährst. Oder wenn du mit dem Fahrrad quer durch Berlin strampelst. Vor einer Party, auf der Party, auf dem Heimweg. Unser Album sollte laufen, wenn du dich gerade mit deiner Partybekanntschaft vergnügst. Draußen vor dem Club, nachdem du LES SAVY FAV gesehen hast. Oder wenn du vom Club mit dem Fahrrad heim- wärts fährst. Man sollte die Platte eigentlich bei allem hören, bei dem man Energie verbraucht.“ Schließlich hatten LES SAVY FAV auch genügend Energie übrig, die sie in das Album stecken konnten, liegt ihr letztes doch schon wieder drei Jahre zurück. In der Zwischenzeit haben die Musiker an anderen künstlerischen Baustellen gewerkelt und das ruhige Familienleben genossen. Die Idee, eine neue Platte zu machen, wurde dann durch Alkohol ausgelöst: „Wir Foto: Melissa Dex Guzman (melissadexguzman.ca) waren zusammen etwas trinken und fingen an, uns über ein neues Album zu zugedeckt mit ein paar Soundschichten und sehr düster rumpelt das Stück unterhalten. Dabei merkten wir, wie viel Spaß uns das ganze Songwriting vor sich hin. „Clear“ klingt das jedenfalls nicht. Und vielleicht ist genau das und Aufnehmen macht. Wir fingen schon kurz darauf an, die ersten Texte zu ja das Geheimnis der Platte: dieses Zweideutige hinter den polierten Tanz- schreiben.“ Diese Geschichte glaubt man Butler sofort, denn der Spaß, den schuhen und bunten Cocktail-Schirmchen. Keine Party ohne schmierige die Band bei den Aufnahmen hatte, ist deutlich spürbar. Die Füße wackeln Tanzfläche, verklebte Likörflaschen und den ekeligen Geschmack im Mund, und der Oberkörper neigt zu abgehakten Bewegungsmustern. Doch das wenn man am nächsten Morgen aufwacht. macht die ganze Sache nicht einfacher. Der Kater nach der Party ist schnell Natürlich darf Kunst unterhalten. Das muss sie wahrscheinlich auch, weil vergessen, diese Platte aber nicht. Hier ist erst einmal nichts im Unklaren, sich sonst kaum jemand für sie interessieren würde. Aber genauso ist es die Karten werden offen auf den Tisch gelegt – und trotzdem ist „Root To Aufgabe der Kunstschaffenden, auf Fehler im Gesellschaftssystem auf- Ruin“ so diffus und unfassbar wie Diskonebel im Scheinwerferlicht. „Clear merksam zu machen. „Root To Ruin“ schafft locker beides. spirits“, der letze Song, beschreibt laut Butler das Album am besten. Dick Pia Schwarzkopf

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BRING ME THE HORIZON There is a Hell Believe Me I’ve Seen It, There Is A Heaven Let’s Keep It A Secret. 08.10.10

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32Fuze24.indd 32 10.09.10 21:38 reviews ENVY Recitation „Wie der Rost das Eisen, so verzehrt der Neid die Seele, die mit ihm behaftet ist“, soll Basilius von Cae- sarea irgendwann im vierten Jahrhundert gesagt haben. Er hatte Unrecht. ENVY fressen die Seelen, die sie befallen haben, nicht auf. Im Gegenteil. ENVY füttern sie. Was hat mir diese Band schon Kraft gegeben. Oft, wenn ich kurz vor Druckschluss vom vielen Musikhö- ren total ausgelaugt war und Plattenbesprechungen nur noch mit Zitaten einleiten konnte, weil meine eigenen Worte alle aufgebraucht waren, hat sie mich daran erinnert, warum ich das alles überhaupt mache: weil ich kaum etwas so sehr liebe wie Musik. Das Besondere an ENVY ist, dass man sich an ihren Platten nicht satthören kann, weil man sie auch als Journalist nie so ganz versteht. Sie enthalten eine geheime Zutat, deren Wirkung auf den menschlichen Geist noch kaum dokumentiert ist. Etwas über „Recitation“ zu schreiben, fällt deshalb unglaublich schwer. Die Japaner sind noch etwas ruhiger geworden, ihre Lieder noch ein Stück melodischer. Das gesamte Album wirkt anfangs unge- wohnt heterogen, besitzt eine viel ausgeprägtere Dramaturgie als frühere Platten, für deren Ent- schlüsselung man selbst als jahrelanger Fan erstaunlich lange braucht. Manche Songs nimmt man auch nach wiederholtem Hören kaum war, andere gehören zu den eindrucksvollsten Liedern, die jemals geschrieben wurden. Nicht nur von ENVY selbst – von allen Bands, die es gibt. „Rainclouds running in a holy night“, „Light and solitude“, „A hint and the incapacity“: Größer kann Musik nicht sein. Doch letztendlich ist diese Beschreibung nur hilfloses Gestammel. ENVY füttern mich mit so vielen auf- regenden Sinneseindrücken, so vielen tiefen Gefühlen, aus denen so viele neue Worte entstehen, dass mir wiederum nichts anderes übrig bleibt, als auf die Sätze anderer zurückzugreifen. „Les envieux mourront, mais non jamais l’envie“, hat der französische Dichter und Schauspieler Molière einst geschrieben: Die Neider ster- ben, nimmer stirbt der Neid. Es stimmt. ENVY sind unsterblich. Allerspätestens seit diesem Album. (Rock Action/PIAS/Rough Trade) Thomas Renz

BRING ME KYLESA THE HORIZON Spiral Shadow There Is A Hell, Believe Me I’ve Seit Tagen schon kann ich durch Seen It. There Is A Heaven, Let’s meine Zähne hindurchsehen. Meine Keep It A Secret Haut ist aus Papier. Ich reiße sie in „This is an anthem, so fucking sing“, Streifen von meinem Körper. Ich bin brüllen Oli Sykes und seine Band zu die Wüste, der Überlebenskampf Beginn des zweiten Songs – dabei und die Veränderung. Mir ist kalt und haben sie zu diesem Zeitpunkt die warm zugleich, und ich möchte geliebt wahre Hymne ihres dritten Albums werden. Diese braunwarmen Gitar- schon gesungen: Der Opener der ren umarmen mich, schenken mir Platte ist wirklich eine kleine Sensa- Schmerz und Erlösung. Es geht immer tion. In den fast sechseinhalb Minu- weiter. Mein Gesichtsfeld besteht aus ten, die das Lied dauert, passiert mehr Schemen, aus gebogenen Figuren, als bei vielen anderen Bands in einer ganzen Stunde. Dabei ist „Crucify me“ in die auf den Erdmittelpunkt zurasen. Blut läuft mir in Schlieren aus der Nase, die keiner Sekunde Stückwerk oder überfrachtet, sondern ein hervorragend funk- Brust herunter über die Beine in die Schuhe. Ich bin tot und lebendig zugleich. tionierender Song. Hervorstechendstes Merkmal ist sicherlich der Gesang der Ich bin Patrick Bateman und der Dalai Lama in einer traurigen Person. Ich bin kanadischen Singer/Songwriterin Lights Poxleitner – im Refrain zum Teil bis zur die Ewigkeit und der Bruchteil eines qualvollen Lebens. Ich bin die Schönheit Unkenntlichkeit elektronisch verfremdet, im Outro nur von einem dezenten Chor eines Geräuschs und was das mit einem macht. Ich weiß, dass ich es niemals und einer Akustikgitarre begleitet. So überraschend geht es zwar nicht weiter, allen recht machen werde. Es ist mir egal. Ich bin die totale Enthemmung, Hin- trotzdem bleiben BRING ME THE HORIZON bis zum Schluss des Albums experi- gabe und Euphorie einer perfekten Stimmung. Ich bin die Ruhe nach dem nächs- mentierfreudig und festigen so ihre Stellung als Trendsetter im Bereich zwischen ten, sich ständig wiederholenden Sturm. Ich bin das Perpetuum Mobile meiner Hardcore und Metal. So wie die Engländer werden in nächster Zeit viele Bands eigenen Vorstellung von schönem Klang. Ich bin beinahe vollkommen und doch klingen wollen. An sie herankommen dürften allerdings nur die wenigsten. Es ist, zerbrechlich wie Glasknochen. Ich bin so normal, so doppelbödig, so überdurch- wie Oli Sykes bei „Crucify me“ singt: „There is nothing above, there’s nothing schnittlich wie ihr alle. Ich bin der freie Fall, das blanke Entsetzen und das Auf- below.“ BRING ME THE HORIZON spielen inzwischen in ihrer ganz eigenen Liga. wachen. Ich bin Jean Baudrillards Vorstellung der Wüste. Ich bin tausend Effekte (Visible Noise/Soulfood) Thomas Renz und doch pure menschliche Wärme. (/Soulfood) René Schuh

ESCAPADO TERROR Montgomery Mundtot Keepers Of The Faith Sie waren schon kurz davor, ausein- TERROR sind mittlerweile bei Face- ander zu brechen, am Ende kam dann book. Die Hauptmeldung Nummer doch mal wieder alles anders. Und eins: TERROR gefällt Thrash Metal. so machten sich ESCAPADO in neuer Scott Vogel nennt „Keepers Of The Besetzung auf den Weg nach Koblenz, Faith“ das Album, für das TERROR um in Kurt Ebelhäusers Studio ein geschaffen worden seien, und da ist neues Album einzuspielen. Dort kom- was dran. Hört man ihn etwa bei „The binierten sie alle ihre unverwechsel- struggle“ zu jaulender Kerry-King- baren Trademarks, ohne sich in alten Gedächtnis-Gitarre bellen, weiß man Mustern zu verlieren. Große Melo- beim besten Willen nicht, wohin die dien, umgeben von brachialen, doch Hochzeit von Hardcore und Thrash niemals platten Hardcore-Riffs. Ein noch führen soll. Das hat man sich meisterhaftes Wechselspiel von Leise und Laut, von einem verträumt-melan- allerdings in diesem Jahr schon viele Male gefragt. Am Ende bleibt stehen: Auf cholischen Klangteppich zu einem aus tiefster Seele gebrüllten „Lass sie doch TERROR ist Verlass wie auf , also uneingeschränkt. „Keepers Of The alle verrecken“ – ein Zitat aus dem Song „Viola del poteus maximus“, der text- Faith“ kickt rückhaltlos, bei rasenden Thrash-Songs („Your enemies are mine“) lich eine Deutlichkeit aufweist, wie sie im bisherigen Schaffen der Band nur sel- und NYHC-Stompern („You’re caught“), bei übertriebener Eingängigkeit („Kee- ten vorkam. „Vertrieben“ ist ein anderes bemerkenswertes Stück: Lässiger Pop- pers of the faith“) und sogar immer wieder aufblitzenden Melodien („Shattered“) Rock mitsamt Gitarrensolo und klassischer Songstruktur, der den Fluss der – ein Hit nach dem anderen. Frontmann Vogel ist in Bestform und spuckt vor Wut Platte angenehm entspannt. Zu jedem Zeitpunkt ehrlich und unprätentiös, voll- permanent ins Mikro beim Brüllen. Selbstverständlich ist „Stick tight“ der milli- kommen losgelöst von der Diktatur der Szenecodes. ESCAPADO werden keine onste Song über Freundschaft und Loyalität, aber eben ein echt guter. Und es Band mehr werden, zu der die Partymeute das Tanzbein schwingt. Dafür schaf- geht um mehr als Musik, wie es im Titelsong, wie es eigentlich in jedem TERROR- fen sie es einmal mehr, in einer Weise zu berühren, wie man es im Hardcore viel Song heißt: „Only true believers remain.“ Facebook-Meldung Nummer zwei: zu selten erlebt. (Grand Hotel van Cleef/Indigo) Benedikt Ernst TERROR gefällt Old-School-Hardcore. (Century Media/EMI) Ingo Rieser

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33Fuze24.indd 33 12.09.10 20:41 REVIEWS

47 MILLION DOLLARS ten Teil der fast vier Stunden Spielzeit nimmt der Stellen, die mir gefallen. Allerdings möchte dieser leere urbane Verdruss. Aber worüber soll Unkaputtbar jedoch die Live-Sektion und hier das zweistün- ich nicht ausschließen, dass dieses Gefühl durch eine Großstadt-Band auch sonst schreiben, Eines vorweg: 47 MILLION DOLLARS sind bes- dige Konzert 2009 in Essen ein. Und da zeigen Erinnerungen an ein paar wundervolle Alben in wenn sie nicht zwingend politisch sein möchte? ser, als ihre Texte mitunter suggerieren. Befreit, ASPHYX, was für eine geile Live-Band sie sind. meinem CD-Regal ausgelöst wird, die THE ANTI- Der Ort, an dem man lebt, ist doch meistens der frisch und ziemlich unbeeindruckt von momen- Dabei ist die altmodisch-stumpfe Brutalität der KAROSHI bei mir wecken. Aber auch das ist ja denkbar schlechteste. Im Kaff ist es die aus jeg- tan grassierenden Trends bollert hier eine Musik gerade heutzutage so erfrischend wie ein Verdienst. Nur warum muss man alles so oft lichen Poren triefende Piefigkeit, der Butter- Mischung aus melodischem (Deutsch-)Punk, geil. Für Fans von CARNIFEX, JOB FOR A COW- und lange wiederholen? Dazu noch spieleri- klotz mit Fliegen im Kühlschrank. In der Stadt hymnischem Hardcore und ein wenig Metal BOY und . (Century Media/EMI) sche Unzulänglichkeiten am Schlagzeug und an eben das milchschaumgetränkte Fastfood- aus den Boxen. Auch die raffinierte Idee, David Hendrik Lukas der Gitarre, die sich durch das ganze Album zie- Leben, der Informationsmarathon respektive Nathan, Synchronsprecher von unter anderem hen und im letzten Song ihren Höhepunkt errei- das Einstehen für die falschen Ideen. „We share Christian Bale und Johnny Depp, für das kurze ALARMA MAN chen. Prädikat: Unfertig. Schade ist das, denn nothing but urban soil treated with our feet.“ AT Intro zu verpflichten, macht „Unkaputtbar“ welt- Love Forever der Übergang von „Ruhleder“ zu „Achilles“ zeugt DAGGERS DRAWN machen zumindest musika- läufiger, als es viele platte Parolen vermuten las- Musik ist Geschmacks- davon, dass ein Gefühl für den großen Moment lisch das Beste aus dieser schnöden Wieder- sen. Aber es soll ja schließlich auch Menschen sache. Dass ALARMA sehr wohl vorhanden ist – auch wenn dieser kehr des großstädtischen Immergleichen. Ein geben, denen die Texte einer Hardcore-Band MAN meinen mit ihrem letztendlich durch das völlig abrupte Einsetzen wenig an die Kratzbürstigkeit mittlerer ANO- egal sind. (Millionaires Club) René Schuh neuen Album recht gut einer verstimmten Gitarre zerstört wird. (Exile On THER BREATH erinnernd, mit zahlreichen klaus- treffen, sei ganz unver- Mainstream/Soulfood) Nils Wittrock trophobischen und wirklich frustriert klingen- A TRAITOR LIKE JUDAS hohlen vorangestellt den Momenten. Polternd, ausbrechend, mäan- Endtimes und dünkte mir bei- ANTITAINMENT dernd, ein latent vorhandener, physisch spürba- Dass Metalcore nach nahe schon, als ich im Ich kannte die, da waren die noch real! rer Schmerz. Das Schlagzeug als unsteter Puls dem ganzen Hype der Info das Genre Math-Punk angeboten bekam. „Heute beim Rasie- auf Endlosbahnfahrten durch den Menschen- letzen Jahre mit sei- Twang-Gitarren werden einem da zu Beginn im ren geschnitten. Der zoo. Mediziner sagen subkutan dazu. Dinge, die nen durchgestylten Breitbandpanorama um die Ohren gehauen. Sack blutet ziemlich im Wortsinne unter die Haut gehen. (Shark Men) Fashion-Show-Kids Geklatscht wird auch, und – wenn mich nicht doll! Haha! Das hat nie- René Schuh noch als Träger ernst- alles täuscht – getriangelt. Spätestens bei dem mand erwartet!“ Zeilen, hafter und kritischer sich aufsummierenden Männerchor hat es mich die beweisen: Zwischen ATTACK! ATTACK! Botschaften taugt und gepackt. Es ist aber auch alles treffsicher arran- ANTITAINMENT und WE The Latest Fashion sogar musikalisch noch Überraschungen zu bie- giert und knackig in Szene gesetzt. Na gut, viel- BUTTER THE BREAD Wenn man Brite ist und ten hat, hätten die meisten wohl nicht mehr für leicht nicht ganz neu, und der Achtziger-Jahre- WITH BUTTER gibt es letztendlich keinen inhalt- in einer gewissen Art möglich gehalten – und das ausgerechnet von Sound des Gesangs mag einem vielleicht sogar lichen Unterschied. Die beiden Bands werden von von Band spielt, scheint einer Band, die viele gar nicht mehr wirklich auf etwas antiquiert vorkommen, aber egal – mir der Szene lediglich anders wahrgenommen. Was es momentan die neu- dem Zettel hatten. A TRAITOR LIKE JUDAS beglü- egal! Es gibt sowieso fast mehr Ahs und Ohs als bei der Deathcore-Band aus Ostdeutschland este Mode (engl. the cken die Szene nach fast fünfjähriger Platten- richtigen Text. Das funktioniert in diesem Zusam- als dämlich gilt, soll bei ANTITAINMENT plötz- latest fashion) zu sein, abstinenz mit einem weit abseits des Einheits- menhang aber ganz wunderbar, und das Album lich unglaublich geistreich sein. Und warum? Frei mit Romesh Dodan- breis angesiedelten Konzeptalbum zum Thema strotzt nicht zuletzt deshalb so vor Energie, weil nach „Ich kannte die, da waren die noch real!“, goda in den Long Wave menschenverursachtes Weltende. Dabei kom- es blitzsauber eingespielt wurde. „Uninterrup- dem neuen Album der Hessen, könnte man Studios im walisischen Cardiff aufzunehmen. men die Braunschweiger aber ganz ohne erho- ted light“ bildet den einzigen Ruhepol, ansonsten natürlich sagen: Das ist Punk, das raffst du nie! Aber es liegt wohl auch an der geografischen benen Zeigefinger aus und verpacken ihre Bot- steht man permanent vor der Frage, ob man jetzt Aber damit würde man es sich zu leicht machen. Nähe, dass FUNERAL FOR A FRIEND, LOSTPRO- schaft in elf abwechslungsreiche Songs, die von den teils wundervoll disharmonischen Akkor- Dabei ist die Antwort gar nicht so schwer zu fin- PHETS, THE BLACKOUT, KIDS IN GLASS HOU- Uptempo-Parts über epische Melodien und Mosh den, die zum Großteil in guten alten Achteln den: Es geht – wie so oft bei Hardcore – mal wie- SES und gefühlt jede andere walisische Band frü- bis zu Gitarren-Tappings und Hardcore-Antei- geschrubbt werden, lauschen oder doch zu ihnen der nur um Musik: Die einen klauen eben bei SUI- her oder später mit Dodangoda das eine oder len mit tiefgreifenden Texten alles auffahren, um tanzen soll. Ich bin jedenfalls glücklich. (Sinnbus/ CIDE SILENCE, die anderen zitieren TOCOTRO- andere Album machen. Das ist auch nicht ver- keinen Moment Langeweile aufkommen zu las- Rough Trade) Nils Wittrock NIC. Die einen geben zu, CRYSTAL CASTLES zu kehrt, sorgt der Mann doch dafür, dass es immer sen. Musikalisch gesehen, weht der Wind im Ver- mögen, die anderen kennen THE MURDER CITY gut nach vorn geht und die Refrains sich im gleich zum Vorgänger „Nightmare Inc.“ nun also ALL OUT WAR DEVILS. Und am Ende haben alle dasselbe Pro- Radio nicht schämen müssen. So ist das auch aus einer anderen Richtung: Hardcore mit Melo- Into The Killing Fields blem, wie folgender Dialog aus „Eigentlich wollte bei ATTACK! ATTACK! und ihrem zweiten Album, dien statt Metal mit Moshparts heißt die Devise. Alle paar Jahre sam- ich ja nicht mehr über Musik reden, sondern ver- das laut Bassist Will Davies als reine Rock-Platte „Endtimes“ ist ein gelungenes Gesamtkonzept melt Mike Score ein kaufen“ zeigt: „Auf die Konzerte kommen nur ein für alle Mal Schluss mit den Pop-Punk-Ver- aus Musik und Inhalt, eine Platte, von der man paar Musiker um sich noch Idioten!“ – „Na ja, du gehst und andere gleichen machen soll. Beim Titeltrack funktio- wirklich behaupten kann, dass sie dem überlau- und haut das gleiche kommen und erfüllen die Quote!“ (Zeitstrafe/ niert das gar nicht mal schlecht, aber der Rest fenen Metalcore-Genre einen gehörigen Arsch- Album raus. Zum fünf- Cargo) Thomas Renz macht es schwer, ATTACK! ATTACK! von KIDS IN tritt in die richtige Richtung geben wird. (Swell ten Mal jetzt schon. Und GLASS HOUSES oder YOU ME AT SIX zu unter- Creek/Soulfood) André Jahn wieder kann es begeis- ASTPAI scheiden. Ob man das tatsächlich dem Produ- tern. Der neue Drum- Heart To Grow zenten in die Schuhe schieben kann, wird sich THE ABSENCE mer Lou Medina kennt das Spiel von seiner alten „Meiner Meinung nach irgendwann gegen Ende des Jahres zeigen, wenn Enemy Unbound Band BREAKDOWN: massig Doublebass, viel kann es gar nicht genug das neue, von Dodangoda produzierte MOTÖR- Die Florida-Metal- Thrash Metal, vier Teile SLAYER, zwei Teile CRO- Bands geben, die wie HEAD-Album erscheint. Sollte uns Lemmy dann ler THE ABSENCE sind MAGS. Dazu Scores fiese Aliensabber-Stimme. KID DYNAMITE klin- mit glockenhellem Pop-Punk aus dem Radio längst darüber hinaus, ALL OUT WAR bleiben unverwechselbar und wei- gen“, hat ASTPAI-Sän- beschallen, werde ich ATTACK! ATTACK! betref- allein an Gruppen wie chen schon wieder keinen Millimeter von ihrem ger Zock einmal sinnge- fend noch einmal in mich gehen. Versprochen. AT THE GATES und TES- Sound ab. Vielleicht ist es ganz gut, dass man mäß in einem Interview (Hassle/Soulfood) Birte Wiemann TAMENT gemessen zu nicht jedes Jahr so einen sturen, kompromisslo- mit dem Ox gesagt. Ich werden. Die Zeiten der sen Brocken hingeworfen bekommt. Ganz unwei- sehe das ganz ähnlich. Sich über zu viele Bands, AVENGED SEVENFOLD spröden und hinläng- gerlich wird bei vielen Parts aus dem wohligen die diese Art des melodischen Hardcore spie- Nightmare lich bekannten Mixtur aus Death und Thrash Gefühl der Vertrautheit nämlich der Verdacht, len, aufzuregen, wäre in etwa dasselbe, wie sich Als AVENGED SEVEN- Metal gehören der Vergangenheit an. Schon das dasselbe schon mal genauso vorgesetzt bekom- über zu viel Käse auf einer Pizza zu beschweren. FOLD vor ein paar Jah- Zweitwerk „Riders Of The Plague“ deutete an men zu haben. Es dürfte selbst für Fans schwie- Es wäre – um es mit Doug Heffernan aus „The ren bei der vielen Stellen das in der Band existente Poten- rig sein, die einzelnen ALL OUT WAR-Songs dem King of Queens“ zu sagen – geisteskrank. Abge- – wohlgemerkt nicht zial an, doch erst auf „Enemy Unbound“ kommt jeweiligen Album zuzuordnen. Die Entwicklung sehen davon, hören sich ASTPAI ja gar nicht ganz gerade das Epizent- es nun offenkundig zur Geltung. Das mit der Zeit des ursprünglichen Crossover von Metal und genauso an wie KID DYNAMITE: Die Songs der rum linker Gegenkultur erworbene Selbstvertrauen äußert sich auf dem Hardcore hin zu mehr Melodie und Mainstream- Österreicher sind etwas weniger bissig und fres- in den USA – gespielt dritten Longplayer in gleichsam fordernden wie Anbiederei einerseits und zu technischem Over- sen sich nicht so schnell beim Hörer fest. Dafür haben, war Sänger natürlich groovenden Heavy-Metal-Nummern kill andererseits interessiert ALL OUT WAR haben sie bisweilen einen angenehm altmodi- Matthew Sanders ganz schockiert: Da spielten mit satter Rock-Attitüde. Das versierte Gitarren- nicht. Score geht es immer noch um Namen wie schen Emo-Touch oder auch mal eine spröde ja lauter Bands, die nicht nur gegen den Krieg duo Peter Joseph und Patrick Pintavalle trumpft CRUMBSUCKERS, NUCLEAR ASSAULT oder CAR- Rock-Kante. Halten wir deshalb fest: ASTPAI sind waren, sondern „gegen alles, wofür unser Land in den technischen Passagen von „Enemy NIVORE, wenn er von Metalcore spricht. Victory vielleicht nicht die beste KID DYNAMITE-Kopie, steht“. AVENGED SEVENFOLD taten deshalb das Unbound“ groß auf und beweist Spielwitz und Records, die die Band zwischenzeitlich schon mal die es gibt, „Heart To Grow“ ist trotzdem ein ver- einzig Richtige: Sie druckten die Farben der ame- sympathische Dreistigkeit. Fast noch mitreißen- abgesägt hatten, ließen sich zu Recht noch ein- dammt sympathisches Album. Man könnte nach rikanischen Flagge auf ein T-Shirt und schrieben der sind THE ABSENCE aber in den schroff-ein- mal von deren schierer Brutalität und Beharrlich- dem Lesen einer ihrer Texte aber auch zu einem „Love it or die“ dazu. Wie hätte die Band denn gängigen Passagen. Die Mischung aus hartnä- keit überzeugen. (Victory/Soulfood) Ingo Rieser anderen Schluss kommen und sagen, dass AST- sonst vor ihren vielen Freunden in der US-Armee ckiger Vehemenz und lockerem Augenzwinkern PAI besser sind als die gesamte Welt: „We all dagestanden? So gesehen, verfolgt Sanders trifft den Nerv der Zeit, wobei die rockige Note THE ANTIKAROSHI know this world only needs one day to spin, 24 eine ähnlich perfide Strategie wie Sarah Palin: des Sounds für Wiedererkennungswert sorgt. Die per/son/alien hours to spin 360. I just need a second or two and immer schön die konservativen Wertvorstellun- Band aus Tampa liefert ein mitreißendes Werk Reden wir über Anfänge. so do you.“ (Ass-Card/Cargo) Thomas Renz gen des vermeintlichen Durchschnittsamerika- zwischen Death, Thrash und Rock ab, mit dem Anfänge sind wichtig. ners vertreten, sich aber trotzdem als mutiger sie auf breiter Front punkten kann. (Metal Blade/ Mir verrät ein Anfang, AT DAGGERS DRAWN Außenseiter gerieren. Musikalisch sind AVEN- Sony) Arne Kupetz ob ich Lust habe, ein Serving Sorrow GED SEVENFOLD dagegen längst in der Mitte der Album durchzuhören. Ein wenig bedeutungs- Gesellschaft angekommen: Ihr aktuelles Album ASPHYX THE ANTIKAROSHI stol- schwer ist das ja schon schaffte es von Null auf Eins der Billboard-Charts Live Death Doom pern in ihr neues Album alles hier: graue, im – dabei klingt die Band, streng genommen, gar Da ASPHYX unzweifelhaft einiges zur Entwick- mit einem aus drei Gleichschritt marschie- nicht so viel anders als vor ein paar Jahren, als ihr lung des Death Metal beigetragen haben, bietet Tönen bestehenden, synkopisch angehauchten rende Schemen, iden- Sound noch nicht Hard Rock, sondern Metalcore es sich an, einmal zurückzuschauen. Das besorgt Riff, das sich zwei Minuten lang wiederholt. Wer titätslose Schlipsträ- genannt wurde. Auch alte Fans dürfen „Night- auf dieser super ausgestatteten DVD eine ein- möchte denn da weiterhören? Und wozu? Das ger, die sich ihr eige- mare“ deshalb gut finden – zumindest musika- stündige Doku, die von den äußerst sympa- heißt aber nicht, dass sich auf „per/son/alien“ nes Grab schaufeln im lisch. Denn wie AVENGED SEVENFOLD in den Tex- thischen Musikern moderiert wird. Den größ- nur doofe Musik befindet. Es gibt immer wie- städtischen Straßenpflaster. Und überhaupt ten mit dem Tod ihres Schlagzeugers umgehen,

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34-41Fuze24.indd 34 12.09.10 20:42 ist zum Teil fast so plump wie eine Rede von Miss Sicherheit recht gering, was aber durch Vielsei- CEPHALIC CARNAGE Palin. (Roadrunner/Warner) Thomas Renz tigkeit und coole Refrains wieder ausgeglichen Misled By Certainty wird. THE BLACK PACIFIC liefern also ein solides Seit es Deathcore gibt, THE AUTUMN OFFERING Debüt ab. Den kleinen Mann im Ohr, der besof- wird die Luft für viele The Autumn Offering fen auf seinem Skateboard sitzt und permanent alteingesessene Prü- Die Amerikaner THE „PENNYWISE!“ schreit, wird man bei all den Ohs gel- und Frickelkom- AUTUMN OFFERING und Ahs aber trotzdem nicht los. Na, wer kann mandos dünner, denn mühen sich mittlerweile noch einen Kickflip? (SideOneDummy/Cargo) nicht nur, dass die neue zum fünften Mal ab, Benedikt Ernst Schublade vordergrün- endlich ein Album auf- dig mindestens ebenso zunehmen, das hierzu- BLACK KITES / SWALLOWED UP brutal ist, sie wird auch noch von handwerk- lande wenigstens einen Split lich ausgezeichneten Musikern bevölkert, deren Hauch Aufmerksamkeit BLACK KITES sind im Moment die heißeste Hard- Image zu allem Elend klar verkaufsträchtiger ist erhaschen kann. Zwischenzeitlich hat man jeden core-Band aus Amerika. Mit nur einer Gitarre, als das der alten Säcke der Neunziger. Um nicht halbwegs erfolgversprechenden Stil verwen- einem Schlagzeug und einer Stimme bewaff- in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, suchen det, die Schnittmenge aus net, zermalmen sie in bester DISEMBODIED-, viele Vertreter der „Elterngeneration“ ihr Heil in und AS I LAY DYING konnte bisher jedoch nicht UNBROKEN- und BOTCH-Manier alles, was sich einer Modifikation ihres Stils. Manche springen so recht zünden. Damit man sich nicht nachsa- ihnen in den Weg stellt. Auf der anderen Seite auf den Zug auf wie , andere straf- gen lassen kann, man habe nicht alles versucht, dieser Split-LP gehen SWALLOWED UP grob in fen ihre Songs wie MISERY INDEX, wieder andere wendet man sich nun noch mehr vom moder- eine ähnliche Richtung wie ihre Kollegen, legen nehmen radikal die Geschwindigkeit raus wie nen Metal ab und zelebriert – oh Wunder – einen aber viel mehr Wert auf epische Melodiebögen SOILENT GREEN. Oder wie CEPHALIC CARNAGE. klassischeren Sound. Das KSE-Banner im Probe- und einen atmosphärischen Aufbau – auch wenn Was sich auf dem letzten Album bereits ankün- raum wird nun also durch eines von SLAYER sie im Kern eine Hardcore-Band bleiben, deren digte, wird hier zu Ende gebracht: Die hekti- ersetzt, für den Hörer bleibt aber alles weitge- Songs nie über die Zwei-Minuten-Marke hinaus schen Blastbeats werden radikal zurückgefah- hend beim Alten. Die Band könnte einem fast leid kommen. Erinnert auch etwas an BOTCH. Aber ren, und auch allzu durchgeknalltes Gewichse tun, merkt man doch, dass die Jungs aus Florida auch an TOUCHÉ AMORÉ. Schon jetzt das Split- auf der Jazz-Tonleiter muss man mit der Lupe ständig auf der Suche nach etwas Besonderem Album des Jahres! (Hydrogen Man) suchen. CEPHALIC CARNAGE hatten schon sind, dieses aber zu keiner Zeit abliefern kön- Alessandro Weiroster immer ein Händchen für einprägsame Riffs, die nen. So wechseln sich die guten mit den weniger für die nötigen Widerhaken im Phonorkan sorgen guten Momenten ab, und unter dem Strich kann BLOODATTACK – das gedrosselte Tempo führt einfach zu einer man der Band nicht einmal vorwerfen, ein wirk- Rotten Leaders anderen, aber nicht minder spannenden Art von lich schlechtes Album gemacht zu haben. (Vic- Endzeit ist die schönste Songs, die immer klar erkennen lassen, von wem tory/Soulfood) Frank Engelhardt Zeit! BLOODATTACK der Krach kommt. Hier können die Veteranen beschwören mit „Rotten von einst mal probehören, wie eine erfolgreiche BAD RELIGION Leaders“ die beliebte Runderneuerung funktioniert. (Relapse/Rough The Dissent Of Man Untotenapokalypse, Trade) Hendrik Lukas BAD RELIGION haben und wie Will Smith in „I schon seit den Neun- Am Legend“ können sie THE CROWN zigern einen Status am Ende nur scheitern Doomsday King erreicht, mit dem sie – laut, spektakulär und in Märtyrerpose aller- Dass es sieben Jahre nichts mehr beweisen dings. Bei mir rennen sie damit offene Türen ein nach „Possessed 13“ müssen. Warum machen – obwohl: Waren die nicht gerade noch verbarri- ein weiteres, regulä- sie trotzdem immer wei- kadiert? Über ihr neues Album sagen die Koblen- res Studioalbum von ter? Vielleicht, weil sie zer, sie wollten die schnellen Parts schneller, die THE CROWN gibt, ist nicht anders können. Immerhin gelang ihnen Breakdowns heavier, die Sing-Alongs mitreißen- keine Selbstverständ- mit der Rückkehr von Brett Gurewitz ein famo- der machen. Das klingt ambitioniert, aber weni- lichkeit, schließlich hat- ser Doppelschlag („The Process Of Belief“ und ger spannend, als es dann ist. „Rotten Leaders“ ten sie sich 2004 auf- „The Empire Strikes First“). Das 2007 erschie- benutzt Versatzstücke von Grind, Death, Thrash, gelöst. Doch Ende 2009 läuteten die Schweden nene „New Maps Of Hell“ konnte nicht ganz die- sogar Power Metal und bleibt dabei doch immer ihr Comeback ein und schicken nun via Century sen Level halten, hatte aber seine Momente. Und Hardcore. Von DYING FETUS über SLAYER zu Media „Doomsday King“ ins Rennen. Das Line- nun, nun feiert die Band dreißigjähriges Jubi- SICK OF IT ALL, ohne dass ein ungelenk zusam- up ist nahezu unverändert – genauso wie die sti- läum. Da muss selbstverständlich ein neues mengesetztes Frankenstein-Monster daraus listische Ausrichtung der Gruppe. In Person von Album rauskommen. Als Fan hatte man natür- wird. Schafft man das, entsteht scheinbar auto- Jonas Stålhammar ist heute der frühere GOD lich die Hoffnung, dass die alten Herren noch ein- matisch eine atmosphärische Dichte, die sich MACABRE-Shouter mit von der Partie und berei- mal sämtliches Pulver zusammenkratzen und ein nicht auf herzschlaglose technische Angeberei chert die straighten, knackigen Songs mit seinem letztes Feuerwerk zünden. Aber wenn der beste oder hirnfreie Brutalität zurückziehen muss, um derben Organ, das wie geschaffen ist für Old- Moment des neuen Albums das erste Einsetzen auf sich aufmerksam zu machen. Am Ende bleibt School-Death-Metal, der auf Kraft und Technik von Greg Graffins Stimme ist, weiß man, dass das trotzdem Metalcore: ein überranntes Genre, setzt. Die beteiligten Musiker haben ihre Spiel- „The Dissent Of Man“ völlig irrelevant ist. Es läuft das auch durch Kopfschuss nicht totzukrie- art im Blut und wollen nichts anderes, als geradli- an einem ungefähr so vorbei, wie es „The New gen ist. BLOODATTACK machen es möglich, sich nig und kompakt auf Tempo und anspruchsvolles America“ oder „No Substance“ taten. Außerdem dafür mal wieder so richtig zu begeistern. (Bas- Handwerk zu setzen. Songtitel wie „Age of iron“, fehlt der neuen Produktion einfach der Punch. tardized/Alive) Ingo Rieser „Soul slasher“ und „From the ashes I shall return“ Es gibt zwar ein paar Ausnahmen, aber grund- belegen die traditionelle Orientierung der Band. sätzlich funktionieren BAD RELIGION am bes- CATARACT In seinen so gesteckten Grenzen ist „Doomsday ten als Punk-Band. „The Dissent Of Man“ beruft Killing The Eternal King“ sowohl auf das Wesentliche verdichtet als sich weder darauf noch probiert es irgendetwas Schon lange, bevor auch vernichtend effektiv. Willkommen zurück! Neues. Dass man dies den Herren nicht eimal ihr neues Album „Kil- (Century Media/EMI) Arne Kupetz übel nimmt, zeigt, wie sehr sie einem die letz- ling The Eternal“ in den ten dreißig Jahre durchs Leben geholfen haben. Regalen stand, ver- DAWN OF ASHES (Epitaph/Indigo) Alessandro Weiroster sprachen die Jungs Genocide Chapters von CATARACT eines in Bis zur Veröffentlichung THE BLACK PACIFIC ihrem MySpace-Blog: ihres dritten Albums The Black Pacific „It will contain the most „Genocide Chapters“ Einerseits könnten brutal music that has ever erupted from the war es für die Kalifor- einem THE BLACK PACI- Cataract bunkers!“ Stellt sich deshalb die Frage, nier DAWN OF ASHES, FIC fast leid tun. Über- ob sie ihre Ankündigung auch in die Tat umset- die sich imagebewusst all werden sie als die zen konnten. Doch bereits nach einigen Minuten hinter Maskeraden und neue Band des ehema- ist klar: Die Schweizer stehen zu ihrem Wort. Die Pseudonymen ver- ligen PENNYWISE-Sän- Platte ist definitiv hardcorelastiger als die Vor- stecken, ein weiter Weg. Zunächst arbeiteten gers vorgestellt. Ande- gänger „Cataract“ und „Kingdom“. Melodiöse die Musiker rein elektronisch zwischen Aggro- rerseits haben sie sich Parts wurden spärlicher eingesetzt, der dezente tech und Industrial – Horrorattitüde und selbst- auch nicht gerade viel Mühe gegeben, diese Metalcore-Einfluss ist dahin. „Back to the roots“ bewusste Eigeninszenierung bereits inklu- Tatsache mit ihrer Musik zu vertuschen. Warum lautete das Motto des Albums, wie Schlagzeu- sive. Heute tritt die Band mit schwarzgefärb- auch? Jim Lindbergs Stimme sticht nun einmal ger Ricky Dürst im Interview erklärte. Ob das der ter Ästhetik sowie richtigen Gitarren und Drums heraus, was prinzipiell ja gar nicht so übel ist. Platte gut getan hat, ist eine andere Frage, die im als Death-Metal-Outfit an. Die wahren Identi- Vor allem, weil tatsächlich mehr abgeliefert wird Großen und Ganzen leider mit einem Nein beant- täten der Musiker sind aber nach wie vor hinter als ein bloßer Abklatsch seiner früheren Band. wortet werden muss. Die Songs wirken etwas ein- Künstlernamen verschleiert. Show gehört in Los Ein Hauch Schweinerock zum Beispiel („Almost fallslos, und dem Album gelingt es nicht wirklich, Angeles eben dazu. Kristof Bathory, Volkar Kael, rising“). Oder ein breitärschiges Crossover-Riff sich von anderen Hardcore-Scheiben abzuhe- Bahemoth und Othuum bieten mit „Genocide („Kill your idols“), bei dem einem klar wird, dass ben. Vielen Riffs fehlt einfach das gewisse Etwas, Chapters“ ruppige Metal-Tracks mit Keyboard, man vermutlich noch heute auf DOG EAT DOG was dazu führt, dass „Killing The Eternal“ schnell die an , die frühen AVENGED stehen würde, hätten sie nur das Rappen blei- langweilig wird. CATARACT haben zwar ein soli- SEVENFOLD, WINDS OF PLAQUE oder BLEEDING ben lassen. Das Album wird getragen von einem des Hardcore-Werk mit Thrash-Einflüssen aus THROUGH erinnern. DAWN OF ASHES kommen abgefahrenen, dumpfen Gitarrensound, der den ihren Bunkern geschossen, aber eben leider auch allerdings ohne Core-Elemente aus und klingen Kratzer im Lack der immer wieder aufkeimenden nicht arg viel mehr. (Metal Blade/Sony) in etwa so, wie es Songtitel der Marke „Transfor- Pop-Melodien bildet. Die Halbwertszeit ist mit Daniel Kubera mation within fictional mutation“ oder „’s

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anthem for the pleasure of mutilation“ erwarten Dadurch ist die Platte nicht bloß ein für den Kon- bösen Überraschungen. Allerdings ist direkt mit „Fireworks & Lullabies“ locker fünf Jahre zu lassen. (Metal Blade/Sony) Arne Kupetz sum bestimmtes Produkt, das man sich als Hörer daneben der Text eines Songs namens „Thanx“ spät auf einen Zug aufgesprungen, der mittler- passiv zu Gemüte führen kann. Sie erfordert Auf- abgedruckt, bei dem sich Sänger und Bassist weile ins Nirgendwo fährt. Zur Hochzeit des Gen- DIRTY TACTICS merksamkeit und ein Verständnis, das man sich Alex Goldfarb an seine Eltern wendet, und darin res hätte das gute Stück ohne weiteres in obe- It Is What It Is teilweise erarbeiten muss. Ist das getan, ent- kommt das böse G-Wort vor – allerdings etwas ren Ligen mithalten können. Dieser Tage wird das „Their music gets played / And they all get paid deckt man viel mehr als bloß Geschrei und Rück- anders, als es von den meisten Christen-Bands satt produzierte Album, das mitunter an PARA- / But I guess that’s / What they deserve“, sin- kopplungen. (Ampire/New Music) Joss Doebler verwendet wird: „And I’m thankful for, for my MORE und die späten NEW FOUND GLORY erin- gen DIRTY TACTICS aus Philadelphia über andere lack of faith / How you never told lies right to my nert, vermutlich in kurzer Zeit in Vergessen- Punk-Bands, die erfolgreicher sind. Andere FINISTERRE face / So grateful that I grew up godless.“ Auch heit geraten. Dabei steckt in „Fireworks & Lul- Punk-Bands nehmen sich aber auch nicht beim Bitter Songs musikalisch fühle ich mich sofort wie zu Hause: labies“ hörbar Herzblut und Leidenschaft: zehn Rumblödeln im Studio auf oder machen sich „Bitter Songs“, nach einer Split-LP mit ALPI- GATORFACE klingen wie eine Mischung aus KID Tracks, keiner davon ein Lückenfüller, für deut- einen Spaß daraus, ihrem Album immer wie- NIST das erste Album von FINISTERRE, ist eine DYNAMITE und NOFX – nur nicht ganz so gut. sche Verhältnisse absolut vertretbare Texte der selbst ein Bein zu stellen. „It Is What It Is“ hat der Platten, die beweisen, dass diejenigen, die Trotzdem kann man sich bei der Band für „Was- und eine wirklich herausragende Gesamtpro- großartige Momente, in denen man ahnt, wie behaupten, Hardcore wäre heute einfach nicht ted Monuments“ nur bedanken. (No Idea) duktion bestätigen zumindest, dass eine deut- gefährlich poppiger Punkrock einmal gewesen mehr dasselbe wie früher, nur nicht genau genug Thomas Renz sche Band amerikanisch geprägten Pop-Punk sein muss, ist manchmal aber auch einfach nur hinschauen. Denn so gut ihr düsterer Hardcore machen kann, ohne dass es peinlich ist. Das Pro- doof. DIRTY TACTICS scheinen sich damit abge- mit Crust-Kante auch sein mag, der Kölner Band GREY blem bleibt: Die Platte klingt hoffnungslos veral- funden zu haben: „So we’ll stay / On the side of geht es tatsächlich noch vor allem um Inhalte. Whoneedsyou tet. Bleibt zu hoffen, dass sie trotzdem jemand the road / Stealing what we need / To survive.“ Zwar sind ihre Texte nicht besonders innova- Aktuell sieht es so aus, kauft, alles andere wäre ungerecht. (Antstreet/ (Say-10/Flix) Thomas Renz tiv, das wissen FINISTERRE selbst, in ihrer glaub- als ob im Metalcore- New Music) Dorian Becker würdigen Ernsthaftigkeit jedoch gleichzeitig Bereich ein Umdenken DISPOSED TO MIRTH alles andere als anachronistisch. Trotzdem: ein stattfände. Bands wie The Value Of Diamonds Album, so gut, als wäre es zehn Jahre alt. (Con- HEAVEN SHALL BURN classic review Auf ihrem Debütalbum „Menschenhai“ gefi e- traszt/Makinas/Detesta/Halo Of Flies/Rinder- oder CALIBAN schei- len die Münsteraner mit frischen Ansätzen und herz) Thomas Renz nen nicht mehr vorzu- einem hohen Maß an Spielfreude. Der Grund- geben, wie man klin- HOT WATER MUSIC stein für einen erfolgreichen Nachfolger war also FROM THIS DAY ON gen muss. Es sind Bands wie GREY, die versu- A Flight And A Crash gelegt. Leider passiert auf „The Value Of Dia- Wounds chen, die Grenzen des Genres auszuloten. Dass Das erste Hören ist monds“ nicht viel Neues. Durch die dezenten fol- Berlin, du alte dreckige, pulsierende Rolltrep- die Hamburger dabei an Bands wie COALESCE, 7 immer etwas Besonde- kloristischen Einfl üsse haben sich DISPOSED TO penstadt, aus dir kommen in letzter Zeit immer ANGELS 7 PLAGUES oder deren Nachfolge-Band res. Auf der Rückbank MIRTH zwar so etwas wie ein eigenes Trademark mehr gute moderne Hardcore-Bands. Das Motto MISERY SIGNALS erinnern, ist alles andere als eines Kleinwagens ohne erarbeitet, trotzdem wird man das Gefühl nicht von FROM THIS DAY ON: Zeigt her eure Wun- eine schlechte Referenz. Einfach ist „Whoneed- Kat und TÜV. Alle Fens- los, dass die Band etwas verkrampfter zu Werke den. Die Band zerreibt sich jedoch nicht am syou“ keineswegs. Wer seine Mahlzeit am liebs- ter offen, die Sonne im gegangen ist als beim Vorgänger. Letztendlich Seelenschmerz wie zahlreiche Kollegen, son- ten in Form von ausgelutschten Breakdowns Gesicht, Wind in den liefert sie ein qualitativ hochwertiges Produkt dern prescht auch mal bedingt lebensfroh nach oder dramatischen Refrains genießt, der dürfte Ohren. Und dann diese ab, lässt aber eine hörbare Entwicklung vermis- vorne. Gutes Überlebenspathos, die eine oder von diesem „Graubrot“ nicht satt werden. GREY Platte. Hier gab es keine Missverständnisse, nur sen, wodurch die EP wie eine B-Seite des Debüts andere LIFETIME-Platte gehört, eine singspre- reihen einen neuen Part an den anderen und klin- Zustimmung. Ich verstand, HOT WATER MUSIC wirkt. (Noizegate) Frank Engelhardt chende Melodiestimme, fl irrende Gitarren und gen dabei erst einmal sehr chaotisch. Die Songs verstanden. Szenenwechsel: Münster 2008 im komisch aufgenommenes Rumpelschlagzeug brauchen Zeit. Nicht immer gelingt es der Band Mai. Die Sonne knallt, der angegessene Apfel in THE EMPIRE SHALL FALL sowie die richtige Haltung (sagt MySpace) sor- jedoch, sie rund klingen zu lassen. Oft leben die der Hand verfärbt sich schon braun. Ich werde Awaken gen für Kurzweil. Und die Tatsache, dass der Sän- Stücke dann nur von einzelnen richtig guten heute Abend viele Freunde treffen. Als später in Jesse Leach hat als ger wohl weiß, dass er nicht der junge Nathan Stellen. Wenn GREY aber alles richtig machen, der Halle das Licht ausgeht, ist die Anspannung Sänger bei den ers- Gray ist, macht die Sache noch sympathischer. dann entstehen starke Lieder wie „Through the kaum noch zu übertreffen. Beim Opener „A fl ight ten beiden KILLSWITCH (Heads Down) René Schuh roof, underground“. Was etwas stört, ist also, and a crash“ entlädt sich dann alles. Wie Jahre ENGAGE-Alben dass sich das Album eher wie eine Aneinan- zuvor im Auto. Alben, die man auf Anhieb mag, Geschichte geschrie- FRONTIER(S) derreihung von Songs denn ein großes Gan- verlieren erfahrungsgemäß schnell ihren Reiz, ben. Zumindest die There Will Be No Miracles Here zes anfühlt. Man merkt, dass „Whoneedsyou“ werden im schlimmsten Fall belanglos. Dieses Geschichte des Metal- „Das Wunder, wenn das Debüt der Band ist. Die werden noch besser! niemals. Die Energie des Sommers auf der Rück- core. Den hat er damit man es erlebt, ist nie (Bastardized/Alive) Alessandro Weiroster sitzbank ist immer noch spürbar. Wollards Gitar- nämlich miterfunden. Weil er dann aber mehr vollkommen. Erst die rengefl irre ist ebenso fest im Kopf verankert wie Lust hatte, mit seiner Verlobten die Bibel zu Erinnerung macht es HAIL OF BULLETS die ruhigen Momente der vielleicht besten Zeit studieren, stieg er im Jahr 2002 aus – und dazu“, hat Erich Maria On Divine Winds von HOT WATER MUSIC. Nach „No Division“, die- KILLSWITCH ENGAGE mit neuem Sänger bis Remarque in seinem Martin van Drunen sem Meilenstein, der mahnend über ihrem gan- zur Grammy-Nominierung auf. Leach gründete Roman „Die Nacht von ist einer der wenigen zen Schaffen zu liegen scheint, platzt Wollard der irgendwann SEEMLESS, eine eher belanglose, Lissabon“ von 1962 Death-Metal-Sänger, Kragen, und er geht aufs Ganze. Wut und Angst von Southern Rock inspirierte Metal-Band, die geschrieben. Musik ist ein solches Wunder. Zum die man innerhalb der und Stolz. Erzählt wird aus den eigenen Notizen, sich im vergangenen Jahr still und heimlich auf- Beispiel die von ELLIOTT, der von 1995 bis 2003 ersten Sekunde erkennt, aber da ist immer noch genügend Platz für dei- löste. Mit seiner neuen Band versucht Leach nun, aktiven Band um Sänger Chris Higdon. Mit jedem wobei das Segen und nen eigenen Kram: „Still hungry for more.“ (Epi- an seine Heldentaten vom Anfang des Jahrtau- Jahr, in dem man die Stimme dieses Mannes Fluch zugleich ist. taph) Pia Schwarzkopf sends anzuknüpfen. Er spielt Metalcore. Leider nicht hörte, erschien einem ein Album wie „False Sein heiseres, heu- ist dieser Sound mittlerweile so konservativ und Cathedrals“ vollkommener, wurde es wunderba- lendes Gegrunze ist ein klarer Fall von „love it innovationsfeindlich, dass nicht einmal die jaz- rer. Jetzt ist Chris Higdon zurück. Mit einer Band or leave it“. Für meine Ohren klingt er einfach HER NAME IS CALLA zig angehauchten Instrumental-Einwürfe oder namens FRONTIER(S) und einem Album, das er herrlich abgefuckt. Das schreit nach einer Paa- The Quiet Lamb Leachs immer noch sehr intensive Stimme etwas tiefstapelnd „There Will Be No Miracles Here“ rung mit ebensolcher Musik, und da war der Gute HER NAME IS CALLA retten können. THE EMPIRE SHALL FALL spielen genannt hat. Dabei knüpfen Songs wie „Von bei ASPHYX, PESTILENCE und COMECON schon lassen sich Zeit. Eine auf ihrem Debütalbum einen Sound, der veraltet, Veneer“ direkt an die Erinnerungen an, die man mehrmals an genau der richtigen Adresse. HAIL mutige Minute ver- langweilig und rückwärtsgewandt ist. Angesichts an ELLIOTT hatte. Higdon, so scheint es jeden- OF BULLETS kommen insgesamt melodiöser und geht, bevor das erste von Jesse Leachs Ausnahmestimme ist das fast falls, weiß genau um die nostalgische Wirkung, auch polierter rüber, was den Kaputtnik-Fak- Geräusch auf „The Quiet schon tragisch. (Angel Side Side/Code7) die seine unverwechselbare Stimme entfaltet. tor leider deutlich schmälert. Von dieser persön- Lamb“ zu hören ist. Carl Jakob Haupt „It’s a way back sound / It’s a way I’ve found“, lichen Präferenz abgesehen, fügt er sich aber Und selbst nach dieser singt er. Auch wenn die Songs dazu zum Teil fast auch bei HAIL OF BULLETS gut ein. Dass die Band zähen Minute des War- ENDNOTE etwas zu rockig sind: Man kann „There Will Be No ein Allstar-Ding ist, dürfte sich mittlerweile her- tens wollen sie sich nicht hetzen lassen. Ein sich ... und ich bin nur wer ich sein kann Miracles Here“ auch einfach als weiteres Album umgesprochen haben. Lässt man den Bonus der langsam aufbäumendes Becken, mal schwe- Die Grenzen zum kom- von ELLIOTT betrachten. Und zwar als eines, das großen Namen beiseite, bietet auch das zweite bende, dann wieder hart angeschlagene perkus- merziellen Musik- nicht erst in der Erinnerung vollkommen wird, Album wieder soliden, teils melodischen Death sive Zweiklänge auf dem Klavier, eine entfernte business verschwim- sondern schon während man es hört. (Arctic Metal quer durch alle Geschwindigkeiten, der Klangfl äche, vielleicht eine Geige, die dafür aber men auch im Hardcore Rodeo/Alive) Thomas Renz immer dann besonders begeistert, wenn er im dann doch zu lange klingt, chorale Gesänge, die immer mehr. Das zeigt typischen Holland-Doom-Tempo alles nieder- an die wunderbarsten Momente der dänischen sich nicht zuletzt bei GATORFACE walzt. Nicht alle Songs sind Hits, und der Wie- Meister EFTERKLANG erinnern, alles zutiefst Bands wie GALLOWS. Wasted Monuments dererkennungswert ist vor allem dem Gesang traurig und immer absolut intim. Dann: Ruhe. Eine der letzten Bas- Die Dankesliste im zu verdanken. Ergibt unter dem Strich ein über- „Moss giant“, das erste Stück auf dem Album, tionen des Undergrounds scheint zu Booklet zu lesen, ist durchschnittliches Death-Metal-Album. Nicht ist vorbei. Es folgt: Stille. Eine zarte Gitarre, ent- sein, das Genre, dem ENDNOTE zuzuordnen sind. meist das Erste, was ich mehr und nicht weniger. (Metal Blade/Sony) rückter Gesang, eine anklagende Trompete, Szenemoden und Rumgepose lassen die Band tue, wenn ich eine CD Hendrik Lukas diese dramatische Geige, Steigerung bis zum aus Attendorn kalt, und das spiegelt sich auch bespreche. Taucht darin Herzstillstand. Und wieder: Stille, aber diesmal in ihrer Musik wider. Was für die meisten zuerst ein gewisser „Gott“ HAZELS mit fremden Geräuschen. Der zweite Song ist nach chaotischem Krach klingen mag, ist für alle, auf, stehen die Chan- Fireworks & Lullabies zu Ende. Mehr als zehn Minuten sind vergangen. die sich genauer mit der Musik an sich ausein- cen ziemlich gut, dass Toll: Anno 2010 kommt Wahnsinn. HER NAME IS CALLAs Stärke ist ganz andersetzen, eine wahre Goldgrube. Auf „... und ich die Texte des Albums nicht besonders mag. eine überraschend sicher die Ruhe, aus der die Soundlandschaften ich bin nur wer ich sein kann“ schaffen ENDNOTE Bei GATORFACE aus Orlando habe ich mir dies- brauchbare, weil aus- erwachsen, langsam, ganz langsam, fast schon gekonnt den Spagat zwischen Chaos und Ord- bezüglich allerdings keine allzu großen Sorgen nahmsweise mal nicht bedächtig. Hier geht es sicher nicht um dynami- nung, so dass sich gewissermaßen ein „geordne- gemacht, schließlich besteht die Band zur Hälfte schlecht zusammen- sche Effekthascherei. Das hier ist Avantgarde. tes Chaos“ in den scheinbar krummen Melodien aus Mitgliedern der im Jahr 2008 aufgelösten geklaute und von deut- Dieser Band kann man für dieses, ihr erstes, entdecken lässt. Jeder einzelne Part platzt gera- NEW MEXICAN DISASTER SQUAD, deren letz- schem Grundschuleng- Album nur in einer Form danken: mit absoluter dezu unter dem Druck der fein ausgearbeiteten tes Album bekanntlich den Titel „Don’t Believe“ lisch durchsetzte Emo- Ruhe – und einem leisen Klicken auf die Repeat- Details – für die man aber genau hinhören muss. trug. Und tatsächlich: Die Liste enthält keine Punk-Platte auf den Markt. Bitter: HAZELS sind Taste. (Denovali/Cargo) Carl Jakob Haupt

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HEIRS Momenten und Überraschungen. Über die häu- Schicht technischer Finesse kaum wahrzuneh- recht schnell durchschaut. JVLITH KRISHVN Fowl fig zu standardisiert und schematisch wirken- men. Auf „Cursed“ setzen nun gelingt es dennoch, ein hörenswert anstren- Wir machen epische, den Arrangements täuscht dann auch der weib- verstärkt auf Groove und Abwechslung im Son- gendes Album mit Substanz vorzulegen. Dabei instrumentale Musik liche Gesangspart in „Swarm of fear“ nicht mehr gaufbau. Eine grandiose Entscheidung, da so die verlieren sie sich allerdings – und wohl mit vol- und müssen trotz- hinweg. Ein gelungenes Debütalbum ist „Drow- Stimmung des Albums besser transportiert und ler Absicht – immer wieder in der eigenen Schaf- dem auffallen – so oder ning Of A Culture“ aber allemal, zeigt es doch, es nicht langweilig wird. „Cursed“ ist ein ehrli- fenswut und lassen ihre Energie etwas ins Leere so ähnlich lautet wohl dass hier noch ordentlich Potenzial vergraben ches, handwerklich perfektes und längerfris- laufen. Anders ausgedrückt, darf weder die das Motto der zweiten liegt. (Got You On My List/Anstreet/New Music) tig relevantes Album, das vor allem durch den schiere Wut noch die gitarrenbeklimperte Atem- Platte der australischen André Jahn iTunes-Bonustrack „Pallor“ (mit gesungenen pause lange andauern, ohne von (relativem) HEIRS. Dabei hat es Vocals) erahnen lässt, dass ION DISSONANCE Chaos gebrochen zu werden. Zum Schluss ist der „Fowl“ gar nicht nötig, sich hinter einem avant- I AM ABOMINATION noch längst nicht ihr ganzes Potenzial abgerufen Hörer irgendwie überfordert. Ganz wie geplant. gardistischen Artwork zu verstecken. Die sieben To Our Forefathers haben. (Basick/Indigo) Martin Schmidt (Shark Men) Ingo Rieser Tracks funktionieren nämlich auch so. HEIRS zei- Bei uns im Büro steht gen sich in kreativer Hinsicht hochmotiviert, und eine dieser Kompakt- LES SAVY FAV so entpuppt sich ihr Album als Überraschungsei anlagen, die in pseu- Invented Root For Ruin des kommenden Herbsts. Die einstige Querver- dofuturistischer Form Was haben sich viele Schrammelig. Uptempo. bindung zu Doom und Post-Metal will nicht mehr eigentlich nur dar- schon gefreut, als Beats. Handclaps. so recht greifen, dafür hat man in Melbourne auf wartet, dass Mutti bekannt wurde, dass Repetition. „Show us offenbar zu viele Fortschritte gemacht. Genre- sich die mehlige Hand die your tits.“ Indie-Disko. übliche Struktur und schleichender Songauf- an der Rüschenschürze neue Platte von JIMMY Neonfarbene Shirts. bau sind zwar geblieben, doch die Mittel wurden abwischt und die neueste Musical-CD einlegt. EAT WORLD produzie- Gegen alles. Sprechge- erweitert. Die Stimmung liegt nicht selten näher Zumindest stelle ich mir so die Zielgruppe die- ren würde. Schließ- sang. Bling-Bling. Zap- an einem progressiven Soundtrack als an Ambi- ser Geräte vor. Worauf es mir aber eigentlich lich hatte das Quar- pelig. Lebendig. Ein- ent von der Stange. Der elektronische Teppich, ankommt, ist die Tatsache, dass diese Anlage ein tett mit Trombino unter anderem ihr mittler- prägsam. Eigen. Intensiv. Markant. Diskokugel. den man nicht Industrial nennen möchte, legt Toplader ist und man die CDs oben einlegt, nach- weile zehn Jahre altes Meisterwerk „Clarity“ auf- Schweißränder. Radau. Drogen. Laser. Bass im sich fast unauffällig und doch effektiv unter die dem sich auf leichten Druck mit dem Zeigefinger genommen, und an dem kam bisher kein ande- Bauch. Augen voll Nebel. Tollkühn. Ungestüm. Kompositionen und nimmt ihnen teilweise die die passende Klappe geöffnet hat. So schimpf- res Release der Band vorbei – auch wenn der Mittelklasse, nein danke. Hormonhaushalt auf Schwere. So charmant hat gesanglose Gitarren- ten wir erst kürzlich, dass die neuesten Releases Nachfolger „“ größere Aufmerk- Abwegen. Kratzer. Unheimlich. Achtziger. Rast- musik seit Jahren nicht geklungen. Dass daran eines gewissen Labels allesamt gleich klangen, samkeit bekam. Jetzt also zurück zu den Anfän- los. Lasterhaft. Impulsiv. Wissend. „And you know ein bisschen schwarzes Kunstblut klebt, schadet bis wir bemerkten, dass die Klappe des Topladers gen, die ein ganzes Genre mitbegründeten? Lei- that I know it’s you who’s all alone.“ Schwebend. letzten Endes ja nicht. (Denovali/Cargo) auch dann schloss, wenn zwei CDs übereinander der nein. Bereits „“, der Song, der Flirrend. Berauschend. Tanzbar. Shouts! Ener- Christian Ludwig eingelegt wurden. Das Gerät spielte jedes Mal vorab im Internet zu hören war, bot ein ernüch- getisch. Volltrunken. Prollig. Abgehackt. Klug. fröhlich die untere CD ab, während wir ahnungs- ternd unspektakuläres Erlebnis. Trotzdem hoffte Überlegen. Überlegt. Bittend. Exzessiv. Wippend. HERO DESTROYED los die obere tauschten. Ähnlich verwirrt checkte man, dass der Rest der Platte besser sein würde. Vertrackt. Jungs mit Schnäuzern. Bunte Jeans. Throes ich den „frontladenden“ heimischen CD-Player, Doch auch über die komplette Albumlänge stellt Altklug. Hall. Über allem. Für sich. Schunkeln. HERO DESTROYED aus als ich „To Our Forefathers“ von I AM ABOMINA- sich nicht ein einziges Mal dieses besondere Hand in Hand mit egal wem. Reißbrett. Verkopft. Pittsburgh schreien TION einlegte, klang es doch verdächtig so, als Gefühl ein, das „Clarity“ über sechzig Minuten Treibend. Schnell. Beobachtend. Schuhe, die auf nicht lautstark nach steckte noch eine CD von im vermitteln konnte. Natürlich ist es nicht fair, eine klebrigem Tanzboden haften. Pop. Schlachten- Innovation oder Neu- Player. Tatsächlich erinnert die Platte mit nerdi- Band immer wieder an einem Album zu messen, bummler. Schwer. Zerzaust. Echo. Echo. Plastik. anfang – sie fühlen sich gem Gitarrengefrickel, hohem Gesang, Geschrei das über eine Dekade zurückliegt. Und eigentlich Knisternd. Bunt. Wahr. Konsum. Szenig. Rausch- laut Nachfrage auch gar und angejazztem Schlagzeug an PROTEST THE ist jedem klar, dass man ein solches Meisterwerk haft. Munter. Gesellig. Beschwingt. Hellwach. nicht dazu berufen. Sie HEROs „Kezia“, geht aber auch mindestens kaum ein zweites Mal aufnehmen kann. Aber man Sonnenaufgang. Nachthimmel. Fordernd. Wodka spielen einfach Musik, genauso gut nach vorn und bleibt im Ohr. Selbst fragt sich schon, wo dieses besondere Gespür + Energy-Drink. Weit weg. Spacig. Fiebrig. Wip- haben Tätowierungen und lassen sich Haare aus wenn mein CD-Player nicht doppelt beladbar für Melodien geblieben ist. „Can you still feel the pende Fußspitzen. „And the list never ends.“ dem Gesicht wachsen. Dass daraus eine nicht ist – „To Our Forefathers“ läge im Büro-Player butterflies“ war damals auf die CD von „Clarity“ (Wichita/Cooperative Music/Universal) selten gehörte Mischung aus Metal und Hardcore immer ganz unten, in allen anderen weit vorn. gedruckt. „Invented“ vermittelt den Eindruck, als Pia Schwarzkopf resultiert, passt ins Bild. Dabei ist der angeblich (Good Fight) Birte Wiemann würden JIMMY EAT WORLD diesen Schmetterlin- so niedrige Anspruch, den HERO DESTROYED an gen hinterherjagen, sie aber immer um Haares- LUCERTULAS sich selbst stellen, nicht einmal die ganze Zeit ION DISSONANCE breite verpassen. (Interscope/Universal) The Brawl hörbar. Musikalisch ist die Band im Jahr 2010 den Cursed Dennis Meyer Das, was die Italiener hier eine halbe Stunde rein mathematischen Formeln entwachsen und Lange war nichts von lang abbrennen, könnte tatsächlich der perfekte zieht auf „Throes“ dem ungezügelten Chaos eine ION DISSONANCE zu JVLITH KRISHVN Soundtrack für eine Massenschlägerei sein. Es ist gut dosierte Ladung Schwermetall vor. CON- hören. Nach ihrem letz- VV laut, es ist hektisch, es ist chaotisch. Der Gitar- VERGE? Die lassen wir an dieser Stelle besser ten Album „Minus The Die Anspielung auf rist ist ständige auf Achse und stresst einen mit unerwähnt, HERO DESTROYED backen kleinere Herd“ haben sich die Adornos „Minima Mora- sägenden Riffs, verspielten Arrangements und Brötchen. Die mehr als akzeptable Produktion Kanadier drei Jahre Aus- lia: Reflections From Noise-Eskapaden. Der Shouter sorgt mit sei- lässt dann über die Dichte an Standardmate- zeit gegönnt und diese Damaged Life“ – bei ner zynischen Art für die nötige Bedrohlichkeit. rial hinweghören, schließlich genügen 35 erwar- für die normalen Dinge den Dresdnern: JVLITH Zusammengehalten wird alles von einer über- tungsgemäß knallende Minuten manchmal für des Lebens genutzt: Wohnungen beziehen, Jobs KRISHVN „Reflec- ragenden Rhythmusabteilung, die die Stücke den kleinen Hunger zwischendurch. Übel aufsto- haben, Familien gründen. Sonderlich ausglei- tions Of The Damaged immer dann wieder in die Bahn lenkt, wenn man ßen wird einem „Throes“ nicht. Ein heldenhafter chend scheint sich das aber nicht auf die Band Life“ – ist nicht das Ein- das Gefühl hat, alles würde aus dem Ruder lau- Nachgeschmack fühlt sich jedoch auch anders ausgewirkt zu haben, denn so abgründig, bösar- zige, was hier nach studentischem Background fen. Wer SHELLAC oder TOMAHAWK vermisst, an. (Relapse/Rough Trade) Christian Ludwig tig und angepisst wie auf „Cursed“ hatte ich ION klingt. Electro-Ausflüge wie „Raging robots“ kann bei LUCERTULAS seine gewünschte Tracht DISSONANCE gar nicht in Erinnerung. Wütend sind in einem Umfeld aus Metal, Jazz, Rock und Prügel beziehen. (Robotradio/Macinadischi) INDICATOR und brutal waren sie zwar schon immer, aber auf New-School-Hardcore keine große Überra- Alessandro Weiroster Drowning Of A Culture diesem Album wohnt der Musik ein bedrohlicher schung mehr, taugen aber sicher noch, um weib- Massiv, dunkel, brutal und vor allem aggressiv ist Unterton inne, der ihr zu einer ungekannten Ein- liche Erstsemester zu interessieren. Verfügt man MOGWAI das Debütalbum der fünf Saarbrücker geworden dringlichkeit verhilft. Im verworrenen Mathcore- über eine musikalische Sozialisation featuring Special Moves / Burning und zwar vom ersten bis zum letzten Song. Leider Labyrinth der letzten Alben waren Emotionen BREACH, CONVERGE, REFUSED, ORCHID, THE MOGWAI haben an drei aufeinanderfolgenden wird dadurch auch das wohl größte Manko der wie bei „No care ever“, die den Hörer fast schon DILLINGER ESCAPE PLAN (die Liste ließe sich Tagen im April vergangenen Jahres in Brooklyn Platte augenscheinlich: Es mangelt an originellen physisch in die Ecke treiben, unter einer dicken mittlerweile seitenlang weiterführen), ist „VV“ gespielt. Dabei entstand ein elf Songs umfas-

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sendes Live-Album, das in einem Package mit für diese „real shows“ scheint auch „Empire“ auch wenn diese mit gerade mal neun Songs zende Dorfpublikum der DVD „Burning“ erscheint. Der Ton ist glasklar, geschrieben worden zu sein. Das Album groovt, gefüllt werden. Songs von sieben Minuten sind in Scharen glücklich dabei aber nie auch nur annähernd steril, und wie man das von New Yorker Hardcore kennt, ist also eher die Regel als die Ausnahme, selbst die machen. Leider han- Post-Rock-Hits wie „Hunted by a freak“ wer- mal schnell, mal mit freiem Oberkörper tanzbar – epische Länge von fast einer Viertelstunde wird delt es sich jedoch um den in gänsehauterzeugender Perfektion darge- und immer stinkwütend. Keine Band spielt diesen erreicht. Und da „Länge“ ja auch in „Langeweile“ Belgier, die lieber auf boten. Die Filmaufnahmen von acht Songs sind Sound besser. Im Anschluss an „R.A.H.C.“ folgt steckt, muss in dieser Zeit schon einiges passie- dem Ieper Fest spie- allesamt in Schwarzweiß gehalten, die Statik der ein geschimpfter Monolog und mit „Hurt you“ ren, damit diese nicht eintritt. Noch dazu ist die len. Gut, das macht sich Musiker wird durch mittelschnelle Schnitte, Nah- der mit vierzehn Sekunden kürzeste Song des Stimme von FEAR BEFORE-Sänger Adam Fis- im Lebenslauf sicherlich aufnahmen, ein blitzartig zuckendes Lichtkon- Albums, der textlich nicht viel mehr als den Titel her ja nicht gerade unanstrengend. Dennoch auch besser als ein Auftritt im Bierzelt. Der fade zept und immer wieder eingespielte Sequenzen, zu bieten hat. Für intellektuelle Quantensprünge schafft es die Band irgendwie, ein sehr sphäri- Beigeschmack, dass hier Geld mit dem Liedgut die beim Einlass der Show gedreht wurden, kon- waren MADBALL noch nie bekannt, und so blei- sches und rundes Album auf die Beine zustel- anderer verdient wird, bleibt trotzdem. Um „In terkariert. Sehr kunstvoll. Sehr schön. Roman- ben sie sich auch in ihrem zweiundzwanzigsten len. Allerdings ist ORBS jetzt auch nichts völlig The Face Of Suffering“ zu beschreiben, genü- tischer Kram für Musikliebhaber halt. (Rock Jahr als Band selbst treu. Ganz genau so, wie es anderes als FEAR BEFORE, wobei diese irgend- gen nur wenige Schlagworte: HEAVEN SHALL Action) Carl Jakob Haupt Cricien schon immer in seinen Texten gepredigt wie komprimierter und dadurch eingängiger wir- BURN, MAROON, AS I LAY DYING, UNEARTH. hat. (/Warner) Carl Jakob Haupt ken. Wer also vor allem das letzte Album von Damit wäre eigentlich auch schon alles gesagt, FEAR BEFORE mochte, wird durchaus Gefallen an was für den Hörer wichtig ist. Qualitativ gibt es triple review MENFOLK ORBS fi nden. Wenigstens bis es ein neues Album nichts zu meckern, man versteht sein Hand- Beast One / Man Nil von FEAR BEFORE gibt. (Equal Vision/Cargo) werk, hat die Vorbilder gut studiert und kann das MENFOLK aus Däne- Dennis Meyer Gelernte technisch umsetzen. Das Problem ist Drei wunderbar aufgemachte und musika- mark ziehen dem Hörer nur, dass man so gut wie jeden Ton bereits in der lisch herrlich vielseitige LPs des Berliner Labels die Haut vom ewig zap- OUTSMARTED einen oder anderen Form gehört hat, was durch Behind The Scenes. Anhören, gut fi nden und pelnden Leib, indem sie The Amoral Ranger die typische Produktion nur noch mehr unter- kaufen, bitte. Danke. äußerst entschlack- OUTSMARTED machen seit 2003 Musik und strichen wird. Es steht schlecht für Neulinge im ten, nervenzerrenden bezeichnen ihren Stil selbst als melodischen Bereich Metalcore. Oder um es mit dem bayeri- GUN MOB / PYRAMIDO Noise-Rock durch den Hardcore, was es ganz gut trifft. Dass die Band schen Original Karl Valentin auszudrücken: „Es Split Teilchenbeschleuniger in ihren Anfangstagen im Skatepunk-Revier wil- ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.“ GUN MOB aus Süddeutschland machen ihrem jagen, der sich immer wieder für QUICKSAND- derte, ist aber sicherlich auch nicht irrelevant in (Genet) Frank Engelhardt Namen alle Ehre und wüten wie ein Haufen wild Melodien öffnet. Die kalte Reduziertheit von Bezug auf „The Amoral Ranger“. Die jungen Lin- um sich ballernder Psychopathen durch ihre UNSANE trifft hier auf allerlei Touch&Go-Manie- zer sind weder offenkundig wütend auf irgend- RAUNCHY neun Crust/Powerviolence-Songs dieser Split- rismen, und die Tatsache, dass Bob Weston hier etwas noch wollen sie mit ausgestrecktem Mit- A Discord Electric LP. Klasse Texte, abwechslungsreiche Songs an den, nun ja, Reglern saß, verwundert dann telfi nger rebellieren. Sie haben vielmehr die Geschmacklosigkeit hat und eine passende Produktion sorgen dafür, auch nicht wirklich, hat der Gute doch bereits mit Lust am Spiel, die Suche nach rockigen Riffs und im Heavy Metal eine dass GUN MOB allen Fans von HIS HERO IS GONE SHELLAC Nervensägengeschichte geschrieben. melodische Mitsing-Parts auf die Fahnen ihrer mindestens genauso eine Notiz wert sein sollten. Nach so viel Tempo Das Schlagzeug darf poltern, der Bass stoisch Bewegung geschrieben. Dass die Stücke trotz lange Tradition wie enge wird es Zeit, mit PYRAMIDO vier Gänge zurück- prügeln und grummeln, die Gitarren heftig aus- der eingängigen Refrains kaum im Gedächt- Lederhosen und fet- zuschalten. Die Schweden nutzen ihre Seite der fransen, der Takt gerne mal besoffen um seine nis bleiben, liegt möglicherweise einfach daran, tige Haare. RAUNCHY Platte für zwei aggressive Doom-Songs im Stil eigene Achse kreisen. Unterproduktion ist das dass sie durchgehend sehr ähnlich klingen. sehen zwar erschre- der frühen UNEARTHLY TRANCE. Zum Glück neue Pro Tools, wenigstens in Kopenhagen. Am (Lockjaw/7Hart) Florian Auer ckend normal aus, fi n- sind beide Stücke trotz ihrer Länge keines- Ende steht meistens ein klirrend warmer Song, den auf ihrem fünften Album „A Discord Elec- wegs monoton, sondern immer in Bewegung und der droht, aus allen Nähten zu platzen. MEN- PACK OF WOLVES tric“ aber immer noch genügend Möglichkeiten, machen damit richtig Spaß. FOLK erinnern geschulte Ohren überdies daran, A Nice Black Suit um Geschmacklosigkeiten zu verbreiten. Allein wo Kurt Ballou seine Affi nität für dieses beißende Warum heißt es bei hie- schon das Cover ist eine ästhetische Kriegser- FAMILY MAN Feedback her hat, das in einem stets die Befürch- sigen Bands so oft: „Die klärung. Musikalisch bieten RAUNCHY eine ult- Family Man tung weckt, ein Song könnte unter seinem eige- klingen amerikanisch“? ramoderne Version von Heavy Metal, die eigent- FAMILY MAN spielen nach eigener Aussage nen Fiepen zerbersten. Das Pseudo-Kunststu- Warum unterschät- lich nur noch in den Strophen wirklich heavy „archaic hardcore“. Lange nicht mehr eine so denten-Artwork ist hier jedenfalls gänzlich fehl zen wir „unsere“ Bands ist. Die perfekt arrangierten Refrains hinge- treffende Beschreibung gelesen. Denn das, was am Platze. Ein aseptisches Blutbad wäre pas- immer noch? Vielleicht gen werden – getragen von schmierigen Syn- die vier Berliner auf ihrem zweiten Album vom sender gewesen. Hell ahoy. Wen so was nervt: Ihr der Gewohnheit wegen. thesizern und mehrstimmigen Chören – vol- Stapel lassen, weckt Erinnerungen an die Früh- könnt gerne die neue Platte von HELMET hören. Vielleicht, weil es sel- ler Pathos und gespielter Leidenschaft gesun- werke von AGNOSTIC FRONT oder KILLING TIME. (Play/Rec/Cargo) René Schuh ten eine Gruppe gibt, die aus dem grauen Durch- gen. Würden die sechs Dänen diesen Quatsch Und dies ist bitte unbedingt als Kompliment schnitt herausragt. Wenn dann eine Band wie mit dem Heavy Metal endlich mal lassen, käme zu verstehen, denn die Platte ist genau so, wie NEAERA PACK OF WOLVES – aus dem unbedeutenden sicherlich ein wirklich ansehnliches Radio-Pop- Hardcore sein sollte: simpel, echt und wütend. Forging The Eclipse Österreich – um die Ecke kommt, ist man glatt Album dabei heraus. In seiner jetzt veröffentlich- Und in Zeiten, in denen das Genre von überpro- NEAERA sind das überrascht. Der Vierer macht nämlich all das ten Form klingt „A Discord Electric“ jedoch nach duzierter, zu Tode komprimierter Musik bestimmt Schweizer Taschen- richtig, was lokale Bands oft falsch machen. Sie einer von Popmusik vergewaltigten Version von wird, die immer öfter ohne echte Emotionen aus- messer des melodischen beherrschen ihre Instrumente. Sie haben einen Heavy Metal. Dass da nicht einmal enge Leder- kommt, wird eine Band wie FAMILY MAN umso Death Metal. Praktisch amtlichen Sound. Sie schreiben clevere Texte. hosen und fettige Haare helfen würden, schei- dringender benötigt. veranlagt, solide ver- Und das Wichtigste: Sie besitzen ihren eigenen nen RAUNCHY geahnt zu haben. Zumindest das arbeitet und seit Jah- Stil, der es einem unmöglich macht, die Jungs in haben sie uns erspart. (Lifeforce/Soulfood) FAKE EMPIRE ren unverändert. Diese eine Schublade zu zwängen. Grob gesagt, ver- Carl Jakob Haupt Fake Empire Beständigkeit ist ein binden PACK OF WOLVES melodischen Punkrock FAKE EMPIRE aus Hannover und ihre selbstbeti- Grund für den Erfolg der Band. Genau wie bei den mit emotionalem Post-Hardcore und packen THE RED SHORE telte Debüt-LP sind wirklich etwas Besonderes. Kollegen HEAVEN SHALL BURN wird ihnen dies eine Portion Indie-Sensibilität sowie eine Brise The Avarice Of Man Im Grunde spielt die Band den allseits bekann- jedoch mittlerweile immer mehr zum Verhängnis, Wahnsinn oben drauf. Was dabei herauskommt, Im internationalen ten Sound der NEUROSIS/ISIS-Schule, tut dies da man seit den ersten beiden Veröffentlichun- sind elf Songs, die einem den Hintern wegrocken, Tech-Death/Death- aber aus dem Blickwinkel der linken Gegenkultur gen eigentlich bereits alles gehört hat, was NEA- aber niemals auf Melodien oder Hooks verzich- core-Zirkus haben die und interpretiert die bekannten Muster des Gen- ERA ausmacht. „The Rising Tide Of Oblivion“ und ten. Mal erinnert das an JR EWING, dann wieder aus Melbourne stam- res so unbefangen, kreativ und mitreißend, dass „Let The Tempest Come“ waren Meisterwerke, an die BEATSTEAKS oder AT THE DRIVE-IN. Die menden THE RED man der Band bereitwillig durch jedes stille Tal die Münster zum besseren Göteborg gemacht Grazer machen, was sie wollen, klingen dabei SHORE bereits mit ihrem folgt und mit ihr Spannungsbögen besteigt, um haben. Die beiden folgenden Alben waren dann aber stets homogen. Zwischen Leidenschaft, Debütalbum „Uncon- sich dann gemeinsam ins kathartische Lärmge- eher Aufgüsse alter Glanztaten. Ja, auch „For- Spielfreude und einer Portion Zynismus macht secrated“ für Aufse- witter fallen zu lassen. Wunderbar. (Behind The ging The Eclipse“ untermauert, dass die Band „A Nice Black Suit“ nicht nur Spaß, sondern reißt hen gesorgt. Es handelte sich um eine beinharte, Scenes) Martin Schmidt privat gerne mit Corpsepaint herumläuft, sind die einen emotional so richtig mit. (Lockjaw/7Hart) hochgradig verbreakte Platte, auf der die Aust- Black-Metal-Anteile doch noch einmal gestie- Alessandro Weiroster ralier ohne Rücksicht auf Verluste unerbittlich gen. Und ja, der Kontrast zwischen tiefen Death- austeilten. In seiner Gesamtheit war das Ergebnis MADBALL und hohen Wick-Vaporub-Growls ist noch stär- POPULATION REDUCTION zwar nur mit großem Wohlwollen hörbar, doch als Empire ker als jemals zuvor. NEAERA schreiben auch Each Birth A New Disaster krasse und ausgewiesen technische Band hatten Freddy Cricien war sich immer noch Gitarrenmelodien, die jeden Skandi- Ein Zwei-Mann-Projekt ohne Bass hackt vier- sich THE RED SHORE im für sie relevanten Hörer- nie zu fein dafür, allen, navier vor Neid erblassen lassen. Hymnen für die zehn -Songs in weniger als einer hal- kreis positioniert. Auf seinem Zweitwerk „The die es hören wollten, Ewigkeit, im Stile von „Walls instead of bridges“, ben Stunde runter – als Paten kommen ASSÜCK Avarice Of Man“ zeigt das Quintett nun größere zu erklären, was in der schreiben sie jedoch nicht mehr. Dafür sind die oder PIG DESTROYER in den Sinn. Wie zu erwar- Reife im Songwriting und ein gewachsenes Ver- Hardcore-Szene so los neuen Songs einfach etwas zu austauschbar. ten, nicht perfekt gespielt, können die Amis aber ständnis für die Wirkungsmechanismen der eige- ist. Das ist auch abso- (Metal Blade/Sony) Frank Engelhardt mit guten Songs, einem fetten Sound und schi- nen Musik. Komplex, frickelig und anstrengend lut in Ordnung, denn ckem Cover sowie einigen endgeilen Songtiteln sind auch die dreizehn neuen Tracks, doch die wer könnte mehr dar- ORBS punkten. Dabei wird in „Yuppie assault vehicle“, Musiker kanalisieren ihre wilden Ideen schlüssi- über wissen, als jemand, der im Alter von sie- Asleep Next To Science „Amish meth dealer“ oder „Sausage factory ger und setzen auch wiedererkennbare und sich ben Jahren zum ersten Mal mit AGNOSTIC FRONT Hinter ORBS verbirgt showdown“ nicht nur herumgeblödelt, vielmehr wiederholende Passagen ein, die der Hörbarkeit auf der Bühne stand? Auf „Empire“, dem ach- sich eine recht selt- werden nach dem Vorbild von THE ACCÜSED die nur zuträglich sind. Das neuerlich herausragende ten Album seiner eigenen Band MADBALL, geht same Zusammenstel- Obsessionen unserer hedonistischen Gesell- Handwerk ist heute Mittel zum Zweck und steht es demnach größtenteils um das immergleiche lung von Musikern, die schaft durch den Kakao gezogen. Und das sehr nicht länger im Zentrum des Schaffens von THE Thema: Was ist hot und was not auf der Straße. unter anderen bei FEAR unterhaltsam. (Tankcrimes) Hendrik Lukas RED SHORE. Die Australier setzen vermehrt auf So echauffi ert sich Cricien bei „R.A.H.C.“ darüber, BEFORE, BETWEEN THE Brutalo-Death-Strukturen, verzichten auf Hard- dass es Leute gibt, die Hardcore als tot bezeich- BURIED AND ME und RAFFLESIA core-Zitate, zimmern dadurch einen insgesamt nen – und das, obwohl Cricien doch so viel Zeit CRADLE OF FILTH spie- In The Face Of Suffering metallischeren Sound und untermauern damit mit Touren verschwendet. „You missed the real len. Klingt im ersten Moment sehr seltsam, funk- Würden RAFFLESIA aus Bayern kommen, könn- ihre Stellung in der internationalen Szene. (Lis- show, you fucking assholes“, brüllt er. Und genau tioniert auf 66 Minuten Albumlänge aber gut, ten sie als Cover-Band das nach Live-Gigs lech- tenable/Soulfood) Arne Kupetz

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der Interpretation des Songs „I shot the sheriff“ SHANG-A-LANG schem Reich hin und her gesprungen wird. Man diy review abgesehen, machen RAWSIDE formal alles rich- Collection möchte den Amerikanern aus Santa Cruz kei- tig. Aufregend geht 2010 aber anders. Der VKJ- Normalerweise würde ich eine Platte mit einem nesfalls mangelnde Geschichtskenntnisse vor- Song „Killer“ fügt sich inhaltlich nahtlos ein, so bescheuerten Bandnamen auf dem Cover aus werfen – aber eine klare Linie hätte dem sonst in obwohl er uralt ist – etwas aktuellere Kommen- Prinzip erst gar nicht in die Hand nehmen. Die sich sehr stimmigen Konzept schon gut getan. So Anarchogram tare über den Zustand der Gesellschaft hätte Ironie dabei ist, dass eine zentrale Punk-Lek- aber wird der Bogen von Hannibals Alpenüber- Wow, das nenne ich eine Steigerung! War das man schon erwarten können. Punk-Veteranen tion ja darin besteht, einen Scheiß auf solche querung und den Spielen im Kolosseum bis hin Debütalbum noch öder, zerfahrener Death Metal nostalgische Momente zu bescheren, dafür kann Oberfl ächlichkeiten zu geben. Und siehe da, ich zur Büchse der Pandora und dem griechischen mit Punk- und Crust-Elementen, so bieten die der ganze Aufwand nicht gewesen sein – obwohl schäme mich für meine Ignoranz, denn hier ver- Göttervater gespannt. Rein musikalisch liefern beiden neuen Songs dieser EP brutal schweine- das Ganze streckenweise funktioniert. (Aggres- birgt sich ein kleiner ungeschliffener Diamant. SON OF AURELIUS jedoch ein ordentliches Debüt geilen Death Metal mit Punk und Crust-Elemen- sive Punk Produktionen/Edel) Ingo Rieser Die CD ist eine Zusammenstellung von raren ab, das mit dem Wechselspiel aus Gekeife und ten. Hier hat ein Besetzungswechsel offenbar ein Seven Inches. Insgesamt 22 Mal bekommt man tiefen Growls sowie einigen epischen Elementen paar talentierte Leute in die Band gespült, die REACHING AWAY hier LoFi-Pop-Punk, der so klingt, als hätten nichts Unerwartetes bringt. Ein paar Lorbeeren die Brutalität der metallischen und die Explosi- Push Away The Moon MARKED MEN oder THE ERGS! ein paar Songs mit hat sich die junge Band damit durchaus verdient. vität der punkigen Seite perfekt verzahnen. Und Trends kommen und nur einem Mikro in der Garage aufgenommen. Außerdem kann es ja nicht schaden, neben Jupi- das mit einer guten Gewichtung: Das Handwerk gehen. Stile werden Und irgendwo glaubt man sogar, die ganz frühen ter auch Zeus als göttlichen Beistand auf seiner ist Metal, der Sound Punk. Die vier zusätzlichen geboren und sterben. DILLINGER FOUR herauszuhören. (Face Palm/ Seite zu haben. Denn selbst wenn nur ein Bruch- Cover-Versionen machen Laune, doch gerade Ein perfektes Beispiel Silver Sprocket) Björn Schmidt teil der Verse von Sänger Josh Miller autobiogra- die beiden Eigenkompositionen schüren große dafür ist Neunziger- fi sch zu verstehen ist – Metaphern über den Auf- Erwartungen an das nächste Album. (therotted. Emo. Innerhalb weniger SOMMERREGEN stieg einer Band fi nden sich darin genug. (Good com) Hendrik Lukas Jahre brachten Bands Metaphorik Fight) Florian Auer wie JIMMY EAT WORLD, Zu fröhlichem, aber nicht immer simplem Pop- ELLIOTT oder MINERAL eine umwerfende Platte Punk singen die Wiener SOMMERREGEN auf SPERMBIRDS RAWSIDE nach der anderen heraus. So rasant wie er auf- „Metaphorik“ meist über mehr als das typi- A Columbus Feeling Widerstand kam, ging er dann aber auch wieder von dan- sche Thema „Liebe und Beziehung“ – und zwar Wie machen die RAWSIDE melden sich nen, dieser Trend, und vieles entwickelte sich in auf Deutsch. Dabei überzeugen sie gerade auf- SPERMBIRDS das nur? sechs Jahre nach „Out- die falsche Richtung. REACHING AWAY, die zu grund der sprachlichen Verständlichkeit ihrer „A Columbus Fee- law“ wohl nicht zurück, drei Vierteln aus ehemaligen THE PINE-Musi- Texte, und trotz der relativ glatten musikalischen ling“ klingt unver- um uns etwas Neues kern bestehen, fangen das Gefühl der damaligen Kulisse versteckt sich hinter ihren Liedern eine kennbar nach SPERM- mitzuteilen. Dass sich Zeit perfekt ein. Im Vergleich zu THE PINE geht beinahe aggressive, gesellschaftskritische Ein- BIRDS, gleichzeitig ins- „Widerstand, Wider- das neue Projekt in eine simplere, aufgeräumtere stellung. „Ihr habt keine Meinung. Alles irgendwo piriert und frisch. Wie stand, Widerstand“ Richtung. Die Stücke sind wohlstrukturiert und kopiert.“ Solche Zeilen sind jedenfalls kein Vor- kann diese Band auch immer noch am bes- immer nachvollziehbar. Dazu trägt auch die Tat- wurf, bei dem sich die Band an die eigene Nase noch nach 27 Jahren eine solche musikalische ten gegen „Deutschland“ reimt, war klar. RAW- sache bei, dass REACHING AWAY halbakustisch fassen müsste. (Laserlife) Joss Doebler Explosion auf Platte bannen? Die Durststrecke SIDE waren nie modern, mit ihrem VORKRIEGS- zu Werke gehen und somit jeglicher Pomp schon von sechs Jahren zwischen zwei Alben könnte JUGEND-Fimmel immer schon leicht retro, im Ansatz erstickt wird. „Push Away The Moon“ SON OF AURELIUS eine Erklärung dafür sein. Eine weitere, dass sich und so ist „Widerstand“ grundsätzlich zweck- ist hochemotional, es wird aber niemals zu dick The Farthest Reaches die Band stilistisch breiter aufgestellt hat, mehr los. Braucht man noch mehr Hardcore-Punk, in aufgetragen. Im Mittelpunkt steht Sänger Roger Würde es eine Death- Groove und mehr Harmonie zulässt – Hardcore- dem sich „fi ght“ auf „tonight“ und „Nacht“ auf King, der neben einer einzigartigen Stimme auch Metal-Version der Film- Brecher („Matter of fact“) wechseln sich mit ein- „umgebracht“ reimt? Wenn man nicht immer nur das magische Talent hat, einen Song ganz alleine musik zu „Gladiator“ gängigen Punk-Songs („Black in a rainbow“) ab. Dennis Lyxzén fragt, muss Punk sich gar nicht voranzutreiben. Wobei aber auch die Band geben, wären SON OF „Es war mir wichtig, dass das neue Album nach permanent neu erfi nden, zeitlos ist „Wider- immer wieder für einen treibenden Gitarren- AURELIUS prädestiniert vorne geht“, betont Gitarrist Roger Ingenthron. stand“ aber vor allem, weil es die letzten zehn teppich oder den perfekten Schunkelrhythmus dafür, sie zu schrei- „Die Platte sollte nicht klingen wie ‚Fünfzigjäh- Jahre in wirklich jeder Hinsicht ignoriert. Musi- sorgt. Von einer typischen „Lagerfeuer“-Platte ben. Nicht nur der Name rige Männer nehmen ihr achtes Studioalbum kalisch wie textlich weist nichts darauf hin, dass ist „Push Away The Moon“ deshalb ein ordentli- der Band, auch sämtli- auf‘. Wir hatten jede Menge gute Songs, die wir es sich um ein aktuelles Release handelt. Dabei ches Stück weit entfernt. (McMurtrey) che Texte handeln von der Antike. Wobei mun- live und im Studio getestet haben. Und die Per- brettert alles ordentlich, und von Unglücken wie Alessandro Weiroster ter zwischen griechischer Mythologie und römi- len haben es dann nach einem demokratischen

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Auswahlprinzip auf die Platte geschafft.“ Und eine Frau mit an Bord –, nichtsdestotrotz kein musikalisch mag der Vergleich zwar ein wenig unterbringen könnte. Diese Spielereien wären das soll schon das ganze Geheimnis sein, warum Stück zurückhaltend. „Antarctica“ als Titel ihres hinken, aber angesichts des traurigen Dahin- allerdings nur schnödes Beiwerk, wenn das die Band immer noch so frisch und unverbraucht Schwanengesangs ist da natürlich irreführend. siechens der HELLACOPTERS und eben TUR- eigentliche Genre nicht beherrscht würde. Doch klingt? Nun gut, glauben wir es ihm. Aber eines ist Nix mit klirrender Kälte oder kühler Pit-Effizienz BONEGROs setzen die vier Waldschrate Maß- auch da gibt es keine Abstriche zu machen. Man sicher: Bis die nächste Platte der SPERMBIRDS hier. Bisschen Brusttrommeln, ordentlich Mosh stäbe in Sachen Rock’n’Roll. „Stranger“, ihr mitt- hat unweigerlich THE BLACK DAHLIA MURDER erscheint – und das kann bekanntlich durchaus auf die Backe, wohl dosiertes hochmelodisches lerweile fünftes Album, reiht sich hervorragend im Hinterkopf, mit Anflügen technischen Gefri- dauern – muss „A Columbus Feeling“ erneut als Thrash-Metal-Gegniedel und viel Tempo. Dazu in das bisherige Schaffen der Band ein. Mit der ckels und abwechslungsreichen Soli. „Beyond Referenz herhalten, wie Punk und Hardcore mit ein Schlagzeuger, der sich permanent über- Partyattitüde von MUNICIPAL WASTE wüten sie The Gate“ könnte zum Türöffner werden für eine einer gewissen Old-School-Kante heute zu klin- schlägt, fiese Spannungsbögen und manchmal sich durch zwölf wahnsinnige Ausbrüche zwi- Band, die sich erfreulich abhebt, indem sie alles gen hat. (Rookie/Cargo) Tobias Kolb gar ein wenig lieblicher Gesang. Ein guter Mosh- schen Punk, Grunge, Hardrock und Stoner, die die ein wenig besser kann als die breite Masse. (Vic- part ist ein guter Moshpart ist ein guter Mosh- Haare der Zuhörer wie von Zauberhand lang und tory/Soulfood) Florian Auer SOTAJUMALA part. Wir bauen uns eine neue, eine bessere Welt fettig werden lassen. Man muss VALIENT THORR Kuolemanpalvelus mittels High-Energy-Hardcore. Was soll man hoch anrechnen, nach neun Jahren High-Speed- WHALES’ ISLAND Wer AJATTARA oder RIISTETYT kennt, weiß, wie sagen? They moshed to kill. War schön mit euch. Rock-Dasein noch genauso unverbraucht und Not A Dream, But Never The End hervorragend sich Finnisch für harte Musik eig- (Let It Burn/Soulfood) René Schuh frisch wie am ersten Tag zu klingen. Mehr noch: WHALES’ ISLAND spielen von STRIKE ANY- net. Die Sprache klingt bei entsprechendem Sie sind vielseitiger, gefährlicher, schlicht ein- WHERE und SET YOUR GOALS inspirierten Punk- Geschrei unglaublich aggressiv. Leider geht bei TAKING BACK SUNDAY fach besser geworden. Und nicht zuletzt haben rock, der zwar nicht immer ganz so routiniert wie SOTAJUMALA die Aggression etwas im gesichts- Live From Orensanz sie beeindruckende Bärte. Eine durch und durch bei den Vorbildern rüberkommt, im Großen und losen Grunzen unter, womit die Band einen ech- Da TAKING BACK SUNDAY schon eine Live-Platte sympathische Band. (Volcom/Warner) Ganzen aber in Ordnung geht, auch wenn man ten Elfer versemmelt. Ansonsten bestimmt Death in der Hinterhand haben, lag die Idee zu einer Benedikt Ernst der Band aus Palermo nur bedingt internationale Metal quer durch die Genrehistorie das Spiel, Unplugged-Session natürlich nahe. Und eins Konkurrenzfähigkeit bescheinigen kann. Dazu ohne allzu große Parallelen zu anderen Bands, muss man den Jungs lassen: Ihre Songs funkti- THE WAY OF PURITY hapert es dann doch zu sehr an den Kleinigkei- aber auch ohne allzu viel Identität aufzuweisen. onieren akustisch wirklich gut. Dass nur wenige Crosscore ten. Bleibt trotzdem zu hoffen, dass es sich wirk- Das Spiel „Kaufen gegen Nichtkaufen“ endet von ihrem letzten Album „New Again“ vertre- THE WAY OF PURITY lich um „never the end“ handelt, denn wenn die deshalb mit einem grundsoliden Unentschieden. ten sind, ist kaum überraschend: Sänger Adam finden sich selbst ext- Italiener noch ein wenig an ihrem Sound feilen, (Cobra/Soulfood) Hendrik Lukas Lazzara findet die Platte bekanntlich nicht mehr rem wichtig. Ihre Web- könnte das durchaus etwas werden. (Indelirium) gut. Mittlerweile sind TAKING BACK SUNDAY site strotzt vor schwur- Dennis Meyer STRAIGHT OPPOSITION aber wieder in der Besetzung von „Tell All Your beligen Erklärungen, Fury Stands Unbeaten Friends“ unterwegs und nehmen ein neues Album es geht ihnen irgend- YOUNG GUNS STRAIGHT OPPOSITION spielen eher schnör- auf. Bis dieses erscheint, ist „Live From Ore- wie um die Reinheit der All Our Kings Are Dead kellosen, mächtig aufgebrachten Old-School- nsanz“ eine gute Erinnerung daran, wie gut diese Natur und die Läuterung Im Film „Young Guns Hardcore, der vereinzelt schön melodisch aus- Band eigentlich ist. (Warner) Dennis Meyer der Menschheit durch die Perfektion der Tiere. II“ erzählt Billy the Kid, bricht und die Welt als das enttarnt, was sie ist. Was genau die für ein Problem mit Prostituierten, dass er schon immer Schlecht nämlich. Kurze Songs, Parolen, die nie- TRAEOS Junkies und Schwächlingen haben, will man lieber breite Handgelenke mandem weh tun, zähnefletschende Wölfe und Mnemosyne gar nicht wissen. Sehr beeindruckend auch die und schmale Hände der Bandname in typischer Hardcore-Block- Es ist wirklich unfass- Bilder der maskierten Akteure nebst Leiche. Hat hatte. Diese anato- schrift auf dem Cover, temporäre Gänse- bar, wie groß der Ein- man sich dann durch das nicht sehr schlüssige mische Besonderheit haut und das beständige Gefühl, dass ein kur- fluss von UNDEROATHs Statement gequält, warum THE WAY OF PURITY hilft ihm, aus den Fän- zes Gespräch über die angesprochenen The- „Define The Great Line“ ihre Identitäten und Herkunft verbergen, gilt das gen des Sheriffs zu entkommen, weil er die ihm men der Welt mehr geholfen hätte als ein weite- auf die Hardcore-Szene auch schon nicht mehr. Neben dem Bulletin zu angelegten Handschellen einfach abstreifen rer vermeintlicher Hassbatzen: Die Italiener blei- ist. „Mnemosyne“ von diesem Meinungswandel findet sich die Vorstel- kann. YOUNG GUNS, die Band, kommen aus High ben damit eine Band unter vielen. (Indelirium) TRAEOS aus Saarbrü- lung einer norwegischen Musikerin, die endgültig Wycombe, nordwestlich von London, und haben René Schuh cken ist ohne das dis- in pseudoreligiöse Comedy abdriftet. Lesen mag so gar nichts mit staubigem Wüstensand und harmonisch drückende Post-Hardcore-Opus man nun eigentlich nichts mehr, schon gar nicht abgerissenen Outlaws zu tun. Die Gang-Shouts SYSTEM DIVIDE der Amerikaner nicht denkbar. Allein schon die die Texte von „Crosscore“, die sich zwischen aus- im Refrain von „Sons of apathy“, dem Opener des The Conscious Sedation Aufmachung der CD: Die grafischen Elemente sagefreiem Gewäsch und ausgeprägter Einfalt Debüts „All Our Kings Are Dead“, sind trotzdem Die Newcomer SYS- und die Zeichnungen wären früher wohl einer bewegen. Jetzt muss aber doch wenigstens die erste Sahne. So kann moderne, harte Rockmu- TEM DIVIDE als Allstar- Ansammlung immer gleicher Bandfotos gewi- Musik großartig sein, um die THE WAY OF PURITY sik klingen, zu der man gern die Faust gen Him- Kapelle einzuordnen, chen. Der Sound von TRAEOS weist dann kon- so ein albernes Tamtam machen? Nö. Ein über die mel reckt und mit einem „Yeeha!“ in den Son- würde wohl über das sequenterweise in dieselbe Richtung: kraftvol- Maßen langweiliger und nur für Sekunden einmal nenuntergang galoppiert. Doch die Formel nutzt Ziel hinausschießen. les, abwechslungsreiches Schlagzeug, krachige, gelungener FEAR-FACTORY-Abklatsch, etwas sich nach ein paar Songs bereits ab, und die Quo- Das Line-up ist jedoch immer mal wieder Disharmonien erzeugende , Deathcore, ein gelegentlicher Aus- tenballaden „After the war“ und „At the gates“ mit erfahrenen Musikern Gitarren, viel Uptempo, diverse Stopps, von flug auf den Mittelaltermarkt, das war’s. Was man brechen dem galoppierenden Pferd – trotz der aus einschlägig bekann- verzweifelt bis stinksauer gebrüllte Vocals, hin in der halben Stunde, die „Crosscore“ dauert, guten Produktion des Albums – mindestens ein ten Metal-Gruppen gespickt. , ABIGAIL und wieder atmosphärische Instrumentalparts alles hätte machen oder hören können ... Schade Bein. Die Handgelenke von Billy the Kid sind eben WILLIAMS und DISTORTED sind nur einige der mit treibendem Drumbeat, jeder Ton bis aufs drum. (Wormholedeath) Ingo Rieser noch nicht breit genug, um die inneren Hand- Bands, denen die Mitglieder des Metal-Blade- Äußerste druckvoll produziert. All das kennen schellen abzustreifen. Aber die Chancen ste- Neuzugangs angehör(t)en. SYSTEM DIVIDE ste- wir von anno 2006. TRAEOS betrei- WE WILL FLY hen gut, dass YOUNG GUNS auf Tour mit DANKO hen für modern inszenierten Death Metal im bes- ben den Raub geistigen Eigentums aber immer- Bangarang! JONES von Billy the Kid zu Billy the Man werden. ten Sinne. Ihr melodischer Anstrich steht den hin so gut, dass sie nie wirklich langweilen. Einen Der Plattentitel ist der Kampfschrei der Kids aus Demnächst in Ihrem Kino. (Live Forever/PIAS/ Stücken ebenso gut zu Gesicht wie der Gothic- neuen Ansatz bieten sie jedoch nicht, der Status dem Film „Hook“, die sich gegen das Erwachsen- Rough Trade) Birte Wiemann Touch, der dem Gesang von Frontfrau Miri quo wird gehalten. Die genreprägenden Impulse werden wehren. Passt ganz gut zum Weltverbes- Milman zu verdanken ist. Gerade im Kontrast werden also weiterhin aus den USA erwartet wer- serungs-Punkrock von WE WILL FLY aus Ber- YOUR DEMISE zu den harschen Brutalo-Salven dieses Debüt- den müssen. (Ampire) Carl Jakob Haupt lin, der nicht selten zur schwärmerischen Uto- The Kids We Used To Be ... albums und den derben männlichen Screams pie neigt. Das riecht nach Schweiß, nach Näch- Beim Titel des neuen ihres Konterparts wirken ihre eindringlichen, V/A ten auf verwanzten Sofas autonomer Jugend- Albums von YOUR berührenden Einsätze fantastisch. Vom Song- Berlin Hardcore Vol. 3 zentren, nach veganem Chili. Gegenüber ihrem DEMISE hat man natür- writing her zeigt sich das Quintett auf „The Con- Wenn mich meine Oma irgendwann fragen sollte, ersten Album haben sie eine gute Schippe an lich sofort den ers- scious Sedation“ varianten- und einfallsreich, was Hardcore ist, dann sage ich ihr, sie soll Mohn- Härte draufgelegt, knüppeln sich manchmal in ten Song des letzten wobei das eingängige Moment des Sounds nicht kuchen backen und sich eine Stunde Zeit neh- einen regelrechten Rausch. Der dreistimmige Albums von ALEXISON- erzwungen wird. Im Ergebnis ist es gerade die men. Ich würde „Berlin Hardcore Vol. 3“ mitbrin- Wechselgesang sorgt dafür, dass man nie wirk- FIRE im Kopf. „We are natürlich-herbe Anlage, die SYSTEM DIVIDE und gen, und wir würden einen wunderbaren Nach- lich zur Ruhe kommt, und starkes Songwriting not the kids we used to ihren modernen Death Metal so empfehlenswert mittag zusammen verbringen. Bei ANTICOPS, bringt die nötige Würze in die Hardcore-Punk- be“, hieß es da, und tatsächlich sind auch YOUR macht. (Metal Blade/Sony) Arne Kupetz PUNISHABLE ACT oder FINAL PRAYER würde ich Suppe, die sonst oft so fade schmeckt. Banga- DEMISE nach dem Ausstieg von Sänger George mit der Kuchengabel in der Hand auf den Tisch rang! (Fatsound) Benedikt Ernst Noble im letzten Jahr nicht mehr die, die sie ein- TO KILL hauen und rufen: „Oh, wie wunderbar. Hör’s dir mal waren. Der Neue in der Band hört auf den Antarctica nur gut an Oma!“ Einige Neuentdeckungen sind WRETCHED Namen Ed McRae und muss auch manchmal an TO KILL, die fröhli- für den einen oder anderen mit Sicherheit auch Beyond The Gate ALEXISONFIRE denken. Jedenfalls versucht er, chen Schiffeversenker dabei. Alles in allem ein prima Querschnitt durch Wer einen Sänger auf „The Kids We Used To Be ...“ bisweilen (zum aus Italien, sind nicht die Berliner Hardcore-Landschaft. Die bei Core namens Billy Powers Beispiel bei „Life of luxury“) so zu singen wie Dal- mehr. Zeit also für einen Tex wissen schon, was gut ist. (Mad Mob/Core hat, tut gut daran, diese las Green – oder zumindest so ähnlich. Das bringt Nachruf. Die Biografie Tex) Georg Büchner Steilvorlage anzuneh- zwar Abwechslung in den metallischen Hard- einer guten Hardcore- men. WRETCHED legen core der Band, dürfte aber all jene irritierten, die Band sieht idealtypisch VALIENT THORR sich entsprechend ins McRae im ersten Song noch so markig mit „YOUR folgendermaßen aus: Stranger Zeug. Dennoch: Mit DEMISE 2010, bitch!“ angesprochen hat. Oder Originale kopieren, touren wie Sau, dann besser Einmal sprach ich mit technischer Versiertheit anders formuliert: Hätte TERROR-Sänger Scott und eigenständiger werden. Routine und Spiel- einem Betrunkenen alleine lockt man im Bereich Metal schon lange Vogel das Gefühl, Emo-Refrains wären bei die- freude sollten sich dabei stets publikumswirksam über das letzte TUR- keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Die ser Art von Musik vom Publikum erwünscht, dann entwickeln, um schließlich auf dem Höhepunkt BONEGRO-Album. Wir Gruppe aus North Carolina hat sich das zu Her- würde er wohl welche singen – schließlich heißt des Schaffens das Handtuch werfen zu können. fanden es beide wirk- zen genommen und arbeitet vielleicht gerade der Mann mit Nachnamen wie das Tier, das auf So geschehen auch bei TO KILL. Die standen ja lich schlecht. Beson- deshalb mit Kontrastmomenten, die das Gehör dem letzten ALEXISONFIRE-Album abgebildet seit jeher für agitationsfreudigen, obrigkeits- ders nahe ging ihm der vorübergehend ablenken, um dann die nächste ist. YOUR DEMISE sind solche Überlegungen aber kritischen, rundum energetischen, sehr mosh- Untergang seiner ehe- Krawallattacke mit unverminderter Wucht hin- wohl egal: „With all our hearts we write this for lastigen Hardcore, der nie um pathetische (aber maligen Lieblingsband jedoch nicht: „VALIENT terher zu schleudern. „On the horizon“ etwa ist ourselves / To everyone who cares and anyone auch wichtige) Parolen verlegen war. Kein viril- THORR sind eh geiler“, sagte er und kratzte ein ein rein instrumentales Orchesterstück, dass who listens.“ Na dann. (Visible Noise/Soulfood) dröhnender Tough-Guy-Sound – ist ja auch Stückchen Dreck von seiner Lederjacke. Rein man ohne weiteres in einem Klassikprogramm Thomas Renz

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wir uns immer wieder an der Security vorbeischlei- chen und Essen klauen. Abends spielen wir einen der besten Auftritte der Tour. Das Zelt ist gerammelt voll. Ich wurde gewarnt, dass ich ins Gefängnis geworfen werde, falls ich eine Wall of Death anzettle, weil vor gar nicht allzu langer Zeit bei einem ähnlichen Fes- tival offenbar Leute gestorben sind, also lassen wir das lieber. Nach einem fehlerlosen Set, vermasseln wir buchstäblich das letzte Riff des letzten Songs und hören acht Takte zu früh auf. So eine Scheiße ist uns noch nie passiert. Ziemlich peinlich, aber wir haben trotzdem noch viel Spaß. 16.08.2010 Bochum, Matrix. Definitiv der Teil der Tour, auf den ich mich am meisten gefreut habe: die Summer Seek And Destroy Tour. Wir teilen uns die Bühne mit unseren Lieblings-Death-Metal-Bands: SUFFOCATION und DYING FETUS. Wahre Legenden und zwei unserer Haupteinflüsse. ORIGIN und THE BLACK DAHLIA MURDER sind auch dabei. In der Mat- rix waren wir seit unserer ersten Europatour im Jahr 2007 nicht mehr. Das war damals unsere erste Show, die wir vor den deutschen Century-Media-Leuten gespielt haben. Wir waren an diesem Abend unfass- bar scheiße, haha. Ich glaube, die von Century Media Foto: Marco Merten (scissabob.de) waren auch nicht gerade begeistert. Dieses Mal sind wir zum Glück besser drauf. Und das Publikum auch. DESPISED ICON Irgendwer rennt sogar in Erics Verstärker, weshalb OUR LAST EUROPEAN TOUR. Ein guter Freund von mir war kürzlich mit KATAKLYSM auf Europa- sein ganzes Zeug umfällt und wir kurz ohne ihn spie- tour. Dort sind ihm bestimmte Sachen über uns zu Ohren gekommen, also hat er mir über Facebook len müssen. Heute hängen wir außerdem zum letz- eine Nachricht geschickt, in der stand: „Offenbar bist du jetzt ein Rockstar und lehnst Interviewan- ten Mal mit Max ab, unserem europäischen A&R. Er fragen ab.“ Ja, ich glaube, damit hatte er Recht, haha. Seien wir ehrlich: So dankbar Bands Magazinen hat so viel für uns getan. Es ist traurig, sich verab- sind, dass sie ihnen etwas Aufmerksamkeit verschaffen, manche Interviews kommen einem vor, als ob schieden zu müssen. man einen Aufsatz für die Schule schreiben müsste, und das hasst jeder, haha. Außerdem redet kei- 17.08.2010 Saarbrücken, Garage. Immer wenn ner gerne die ganze Zeit über sich selbst. Zumindest ich nicht, weshalb ich beschlossen habe, keine wir in Saarbrücken spielen, machen die Fans keinen Interviews mehr zu geben und keine Tourtagebücher, Blogs oder Twitter-Updates mehr zu schreiben. Mucks und bewegen sich so gut wie überhaupt nicht. Ich wollte die wenige Zeit, die uns als Band noch blieb, einfach genießen, anstatt vor einer Kamera Nicht nur bei uns, auch bei allen anderen Bands. oder meinem Computer zu sitzen und immer wieder darüber zu reden, was los ist und warum wir uns Zieht endlich eure Betonschuhe aus und habt ein auflösen. Trotzdem kam ich mir egoistisch vor, als ich die Nachricht meines Freundes las, deshalb bisschen Spaß! habe ich meine Entscheidung überdacht und für das Fuze eine Ausnahme gemacht. 20.08.2010 Dinkelsbühl, Summer Breeze. Die- sen Tag habe ich genauso sehr herbeigesehnt, wie 06.08.2010 Leisnig, Sucks’n’Summer. Nach- gehen, bevor ich einen kompletten Idioten aus mir ich mich vor ihm gefürchtet habe. Eines der größten dem wir einen ganzen Tag unterwegs waren, treffen mache. deutschen Metal-Festivals, aber auch unsere aller- wir die Jungs von THE BLACK DAHLIA MURDER am 07.08.2010 Wacken, Open Air. Der Moment, auf letzte Show in Europa. Es ist eine Ehre, hier zu sein – Flughafen. Das ist unsere dritte gemeinsame Tour. den ich die ganze Zeit gewartet habe: Wacken. Seit und das Ende eines Kapitels für uns. Ich freue mich, Super Typen, super Band, und wir teilen uns einen Jahren träume ich davon, auf diesem Festival zu noch einmal die Chance zu haben, die Leute von Bus. Besser wird’s nicht. Wir kommen etwas zu spät spielen und mit eigenen Augen zu sehen, wie groß Avocado, Century Media und Imperial zu sehen. Sie beim Festival an und natürlich muss es auch noch es ist. Am Nachmittag laufen wir über das Festival- haben an uns geglaubt und uns eine Chance gege- regnen. WAR FROM A HARLOTS MOUTH spielen ein gelände. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wer an ben, als das niemand anders getan hat, und dafür Killer-Set, wir kurz danach. Wir lassen den Tag mit diesem Tag alles spielt, aber ich schaue CANNI- bin ich dankbar. Wir spielen eine Killer-Show und das einer Party ausklingen, hören schlechte Musik und BAL CORPSE dabei zu, wie sie tausende Menschen Publikum ist toll. Manche müssen sogar von drau- trinken Freibier. Ich werde ein bisschen zu betrun- vernichten. Weil sich die vom Wacken geweigert ßen zuschauen, so voll ist es im Zelt. Verrückte Cir- ken und fange an, darüber nachzudenken, dass dies haben, uns „All Access“-Pässe zu geben, dürfen wir cle Pits, heftiges Mitschreien und eine wahnsinnige unsere letzte Europatour ist. Ich werde stinksauer nur in den Bereich für Mitarbeiter. Ich schätze, wir Wall of Death – darum geht es bei uns. Eine der bes- und wechsle in das, was meine Freunde und ich den sind nicht cool genug, um mit den Rockstars abzu- ten Shows meines gesamten Lebens. Vielen Dank „Black-Metal-Modus“ nennen. Ich werfe ein paar hängen, haha. Außerdem haben sie uns nur eine euch allen. Stühle durch die Gegend und beschließe ins Bett zu Essensmarke für den ganzen Tag gegeben, weshalb Alex Erian, DESPISED ICON

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TOURMATES. Wie viele Menschen es wohl geben mag, die sowohl zur Alle in unserer Band lieben COMEBACK KID. Im Sommer vor zwei Jahren waren wir NEVER SAY DIE! TOUR als auch zum DENOVALI SWINGFEST gehen, unseren mit ihnen auf Tour. Mit einer Band zu spielen, die so großen Einfluss auf uns hatte, beiden Konzert-Highlights der kommenden Wochen? Keine Ahnung, aber war der Hammer. Es jetzt sogar noch einmal zu tun, ist etwas, das wir nie geglaubt auf jeden Fall haben sie einen ausgezeichneten Musikgeschmack. Die- hätten. (Stu YOUR DEMISE) ser Meinung sind übrigens auch die dort spielenden Bands, die wir darum Totale Poser. (Andrew COMEBACK KID) gebeten haben, etwas übereinander zu sagen. BLEEDING THROUGH. Ich habe es schon ein paar Mal gesagt, und ich sage es wieder: BLEEDING THROUGH sind einfach eine unglaublich gute Live-Band. Von ihren CDs war ich nie überdurchschnittlich begeistert, aber seit wir mit ihnen bei der Thrash And Burn Tour 2009 gespielt haben, bin ich Fan. Dazu kommt, dass die ganze Band wirklich nett ist und die Hardcore-Attitüde nicht aufgesetzt, son- dern einfach authentisch wirkt. (Simon WFAHM) Brandan hat mir nach der Tour im letzten Jahr seine Hanteln geschenkt, die ich natürlich seitdem täglich zum Pumpen verwende, haha. (Nico WFAHM) Die kennen wir jetzt auch schon eine ganze Weile. Wir waren mit ihnen in den USA und Kanada auf Tour, als ich bei COMEBACK KID noch Gitarre gespielt habe. Mein Lieblingsalbum von ihnen ist mit Abstand „Declaration“. Die Produktion von Devin Townsend passt perfekt zu ihnen. Brandan hat übrigens ein Mädchen aus unserer Heimatstadt Winnipeg geheiratet. (Andrew COMEBACK KID) Brandan hat eine Mordsausstrahlung auf der Bühne. Marta wird als Frau eh immer hofiert und auch sonst abgefeiert, ich habe sie allerdings als sehr umgänglich kennen lernen dürfen. So viel zum Thema Vorurteile ... (Filip WFAHM) Wir hatten sehr viel Spaß mit ihnen, als wir zusammen in Australien waren. Wir waren in diversen Bars und haben ein seltsame Art von Rasen-Bowling gespielt. BLEEDING THROUGH haben das Spiel gewonnen und planen nun, die Trophäe mit nach Europa zu bringen. Darüber bin ich nicht begeistert. (Jesse ) EMMURE. Das ist so eine Band, mit der ich nichts anfangen kann. Dieser New Metal mit Breakdowns geht mir einfach nicht rein. Und wenn ich doch mal Lust auf so etwas in der Art hätte, würde ich wohl eher zu „The Dead Walk“ von THE Foto: Martin Landsmann (martinlandsmann.de) ACACIA STRAIN greifen. Ich finde es auf jeden Fall heftig, wie sehr die Kids auf EMMURE abfahren, und bin ganz froh, dass wir nicht nach ihnen spielen, weil wir NEVER SAY DIE! TOUR nicht halb so tanzbar sind. (Simon WFAHM) PARKWAY DRIVE. Ich habe im Fuze definitiv schon mal was über PARKWAY Das sind unsere Jungs. Ich kann es kaum erwarten, mich mit ihnen jeden Tag über DRIVE und die Never Say Die! Tour geschrieben, haha. Hier deshalb ein paar Fak- Transformers und beschissenen Nu Metal zu unterhalten. (Stu YOUR DEMISE) ten zur Beziehung zwischen unseren beiden Bands: 1) Kevin, unser alter Bas- Damals, als wir die Band gegründet haben, haben wir im Proberaum immer Songs sist, ist seit ein paar Jahren mit der Schwester des Schlagzeugers von PARKWAY ihrer ersten CD gespielt. Inzwischen höre ich keine harte Musik mehr, deshalb bin DRIVE zusammen und kürzlich zu ihr nach Australien gezogen. 2) Ich habe meine ich gespannt, wie sie jetzt klingen. (Joshua WE CAME AS ROMANS) Ex-Freundin, mit der ich sehr lange zusammen war, vor mehr als fünf Jahren in Die habe ich diesen Sommer bei der Warped Tour in Toronto getroffen. Wir haben Winstons Haus kennen gelernt. 3) Dies wird unsere dritte Tour mit PARKWAY ein bisschen zusammen abgehangen, und sie haben mich mitrauchen lassen. Ich DRIVE. 4) Ihr langjähriger Roadie, Jed Gordon, war unser Fahrer während einer liebe es, wie böse ihr Sänger aussieht und wie viele Bass Drops in ihr Set passen. Australientour. 5) Unsere allererste Show in Australien fand im Haus von PARK- Mike, ihren Schlagzeuger, kenne ich schon eine ganze Weile, weil er früher bei WAY DRIVE statt. Wir wollten eigentlich nur dort abhängen, aber dann haben uns ENDWELL gespielt hat. (Andrew COMEBACK KID) ein paar Kids aus Byron Bay gefragt, ob wir nicht spielen könnten. 6) Nun, da WAR FROM A HARLOTS MOUTH. Mit denen haben wir ein paar Shows in Russ- PARKWAY DRIVE die größte Metalcore-Band der Welt sind, kann ich es kaum land gespielt. Zu den Highlights zählten: WFAHM zerlegen die Bühne in Sankt erwarten, ihnen ihre Fans zu stehlen, haha. (Andrew COMEBACK KID) Petersburg, eine nächtliche Zugfahrt, bei der wir in der Gepäckablage geschla- Wir haben ihre DVD unzählige Male angeschaut. Sie ist für eine Nachwuchsband fen haben, ein Affe, der Geldbörsen klaut, sowie ein brennender Mann in der Mitte ungemein inspirierend. Bei Null anzufangen, sich nicht zu beschweren, einfach zu des Pits. Schöne Erinnerungen. Ich bin gespannt, was dieses Mal alles passiert. machen, überall zu spielen – das ist der Weg, den jede Band gehen sollte. PARK- (Winston PARKWAY DRIVE) WAY DRIVE könnten sich Rockstars nennen, aber das tun sie nicht. Das sind ein- Seitdem die bei Lifeforce sind und einen neuen Sänger haben, finde ich sie lang- fach nur fünf Typen, die den Spaß ihres Lebens haben. (Stu YOUR DEMISE) weilig. Beim ersten Demo waren sie noch experimentierfreudiger. (Nico WFAHM) Ich dachte ja schon vor langer Zeit, dass Metalcore tot wäre ... Aber dann kamen YOUR DEMISE. Wir sind uns hin und wieder über den Weg gelaufen, doch ken- PARKWAY DRIVE. Keine Ahnung, was genau diese Band richtig macht, aber sie nen lernen werden wir uns wohl erst jetzt richtig. Wobei das nicht immer gut sein macht es offensichtlich verdammt richtig. Vor einer Weile habe ich mir auch muss, haha. (Filip WFAHM) mal deren DVD angesehen, und wenn man bedenkt, wie viel Arbeit die Typen am Die waren mit uns vor ein paar Jahren in Europa unterwegs. Seitdem haben wir Anfang investiert haben, muss man wohl neidlos anerkennen, dass sie sich einen uns nicht mehr gesehen. Kürzlich haben wir allerdings ein Festival in England Großteil ihres Erfolges wirklich hart erkämpft haben. (Simon WFAHM) gespielt, bei dem ihr früherer Sänger George aushilfsweise bei einer anderen Ich habe sie nie live gesehen, aber die Videos, die es von ihnen im Internet gibt, Band gesungen hat. Wir waren im Backstage-Bereich und haben seine Stimme versprechen einiges. (Joshua WE CAME AS ROMANS) sofort erkannt. (Andrew COMEBACK KID) Mit PARKWAY DRIVE haben wir das erste Mal vor zwei Jahren in Russland gespielt. Ich freue mich, sie wiederzusehen, aber ich hoffe, die lassen das englische Mist- Sie haben sich als nette, umgängliche Typen erwiesen, auf die besonders die wetter zu Hause. (Winston PARKWAY DRIVE) Mädels abfahren. Wir sollten wohl auch mal pumpen gehen, um mit diesen sport- Als wir mit ihnen in Nottingham gespielt haben, hat ihr Merch-Verkäufer einen lichen, sonnengebräunten Pissern mithalten zu können, haha. (Filip WFAHM) betrunkenen Typen die Straße vor dem Venue runtergejagt und ihn niederge- Bei unseren ersten gemeinsamen Shows haben wir hinterher immer „Halo 3“ schlagen. Es ging voll ab. (Jesse EMMURE) gespielt. Ey, ich bin mittlerweile ein bekennender Zocker-Nerd, aber diese Typen WE CAME AS ROMANS. Ein paar ganz Fromme, auch wenn es mal wieder etwas sind unglaublich. Keine Ahnung, warum immer alle sagen, das seien Surfer ... schleierhaft ist, wie „spirituell“ die Band denn nun ist. Abgesehen davon, ist mir Nichts da, es sind echte Zock-Wahnsinnige! Die haben sogar einen eigenen Clan die Musik weder asozial noch böse genug, um sie irgendwie gut zu finden. Das und sind in der Weltrangliste ... Bescheuerte Band, haha. (Nico WFAHM) wäre wohl aber auch nicht ganz authentisch, haha. (Simon WFAHM) COMEBACK KID. Spätestens, als ich zum ersten Mal den Song „Wake the dead“ Wie kommt man denn als Römer? Oder wird hier auf einen triumphalen Durch- gehört habe, hatten mich COMEBACK KID in der Tasche. Das Album lege ich noch marsch angespielt? Ich bin gespannt. (Filip WFAHM) heute gern im Sommer auf, und ich kann es kaum erwarten zu sehen, wie eine riesige Menge Kids den Song jeden Abend voller Inbrunst mitsingt – ich einge- Fuze präsentiert IMPERIAL NEVER SAY DIE! TOUR mit PARKWAY DRIVE, COMEBACK KID, BLEE- schlossen. (Simon WFAHM) DING THROUGH, EMMURE, WAR FROM A HARLOTS MOUTH, YOUR DEMISE, WE COMEBACK KID habe ich nie gehört – bis unser Sänger damit angefangen hat, CAME AS ROMANS. ihre Platten in unserem Van laufen zu lassen. (Joshua WE CAME AS ROMANS) 29.10. Oberhausen, Turbinenhalle | 08.11. Hamburg, Große Freiheit | 11.11. Berlin, Hux- Wenn du diese Band noch nie live gesehen hast, musst du die letzten fünf Jahre leys | 12.11. Karlsruhe, Substage | 15.11. A-Wien, Gasometer | 17.11. CH-Pratteln, Z7 | unter einem Stein gelebt haben. (Winston PARKWAY DRIVE) 18.11. München, Backstage Werk | 19.11. Leipzig, Werk 2 | 20.11. Würzburg, Posthalle

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kann. Vielleicht das beste Konzert, auf dem ich jemals war. Sieben Jahre spä- ter spielen wir zusammen auf dem Swingfest, und das bedeutet mir wirklich viel. (Michael OMEGA MASSIF) CONTEMPORARY NOISE SEXTET. Die habe ich während unserer letzten Euro- patour oft beim Fahren gehört. Es hat gut getan, neben all der Scheiße, die immer in unserem Van läuft, etwas Jazz zu hören. (Johan CELESTE) THE PIRATE SHIP QUINTET. Mit denen haben wir zum ersten Mal in einem klei- nen Club in Bournemouth gespielt. Wir haben sie von Anfang an geliebt, wenn auch nur in einem musikalischen Sinn. Sie sind ein Haufen Vollidioten. Es war sau- mäßig nervig, sich mit ihnen bei den Shows, die wir danach zusammen gespielt haben, anzufreunden. Ich kann euch uneingeschränkt empfehlen, sie euch anzu- schauen und in ihre Musik einzutauchen. Redet nur nicht mit ihnen. Es sind Dep- pen, haha. (Duncan BLUENECK) THE EYE OF TIME. Zu Hause höre ich am liebsten Post-Rock. Live mag ich Punk am liebsten. Die Chancen stehen also gut, dass ich mich bei diesem Festival langweile, haha. Vielleicht entdecke ich aber auch eine neue Lieblingsband für daheim. Ich erwarte nichts von diesem Festival, weil mich niemand kennt. Und Foto: Burkhard Müller (facetheshow.com) deshalb erwartet auch niemand etwas von mir. (Marc THE EYE OF TIME) CELESTE. Die Gewinner der Auszeichnung „Die gefürchtetsten Säufer der Welt“. DENOVALI SWINGFEST (Seppo KODIAK) THE KILIMANJARO DARK JAZZ ENSEMBLE & THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ HEIRS. Letztes Jahr waren wir mit ihnen zehn Tage auf Tour, danach haben sie CORPORATION. Sie sind die Besten. Bekomme ich einen Sessel in der ersten vier Tage bei mir gewohnt. Ich weiß nicht, was großartiger war: sie jeden Abend Reihe, während sie spielen? Etwas Rotwein wäre ebenfalls super. (Seppo KODIAK) live zu sehen oder mit ihnen rumzuhängen, Zeichentrickserien anzuschauen und Wir hängen irgendwie in unserem eigenen Universum fest und spielen zum ersten sich zu betrinken. (Seppo KODIAK) Mal bei einer solchen Veranstaltung. Es wird wirklich interessant zu sehen sein, HEIRS haben wir zum ersten Mal letztes Jahr in Deutschland gesehen. Wir wuss- was für ein Publikum da ist und wie die Leute auf unsere Musik reagieren. Wir wer- ten so gut wie nichts über sie, außer dass sie auf dem gleichen Label sind wie den zum ersten Mal als THE KILIMANJARO DARK JAZZ ENSEMBLE & THE MOUNT wir. Wir haben zusammen ein paar Shows gespielt, meist in sehr kleinen Läden FUJI DOOMJAZZ CORPORATION auftreten und freuen uns schon auf das Chaos, vor nur wenigen Leuten. Sie haben einen Sound, der brillant strukturiert ist und das sich daraus ergibt. (Jason THE KILIMANJARO DARK JAZZ ENSEMBLE) sich sehr organisch und erdig anfühlt. Außerdem waren sie mörderisch laut. Ein- OMEGA MASSIF. Obwohl ich sie ein paar Mal getroffen habe und wir in Kontakt mal haben wir in einem der Clubs übernachtet, ich weiß nicht mehr, wo. Wir haben stehen, sind wir noch nie zusammen aufgetreten. Soweit ich weiß, sollen sie live höllisch viel Bier getrunken, Scheiße gelabert und alle in einem Raum auf ekligen ziemlich hart sein. Was gut ist, weil ich die heftigeren Songs auf „Geisterstadt“ Matratzen und Sofas geschlafen, die furchtbar gestunken haben. Ihr Gitarrist hat wirklich mag – vor allem „In der Mine“. Der hat so einen schönen BURIED AT SEA- uns erzählt, wie groß die Spinnen in seiner Heimat Australien sind. Und er hat Touch. (Tim SWITCHBLADE) uns detailliert von dem einen Mal berichtet, als sich eine Spinne in seinen Haa- Einmal dachte ich, unser Schlagzeuger hätte schon wieder OMEGA MASSIF in ren verfangen hatte und ihn wieder und wieder in den Kopf biss. Ich habe ziemli- den CD-Player in unserem Van getan. Ich sagte: „Ich habe die Schnauze voll, wir che Panik vor Spinnen, weshalb mir diese Geschichte eine Scheißangst gemacht haben diese CD schon tausend Mal gehört.“ Dann habe ich sie aus dem Fenster hat. Ich habe nicht viel geschlafen in dieser Nacht. (Tom HER NAME IS CALLA) auf die Autobahn geworfen. Sekunden später wurde mir klar, dass ich einen Fehler BLUENECK. Ihre Debüt-LP „Scars Of The Midwest“ ist genial. Die Songs erschaf- gemacht und das neue DIRGE-Album weggeschmissen hatte. (Johan CELESTE) fen eine bis dahin ungehörte intensive und zerbrechliche Atmosphäre. Ich kann HER NAME IS CALLA. Ich mag ihre Traurigkeit. Wäre ich ein guter Sänger, würde es kaum erwarten, mir das live zu geben. (Seppo KODIAK) ich „Long grass“ bei einer französischen Castingshow singen. (Johan CELESTE) KODIAK + N. Mit KODIAK haben wir letztes Jahr ein paar Mal gespielt. Abseits der SWITCHBLADE. Heftiger als ein Ikea-Lastwagen, der in deine Vorderzähne Bühne sehr nette und ruhige Typen, auf der Bühne sehr laut und mächtig. Sie rast. Ihre LP aus dem Jahr 2006 war ein Meilenstein und mein Lieblings-Doom/ scheinen eine Band zu sein, die sich oft weiterentwickelt – ein bisschen wie wir. Drone-Album – bis 2009 ihre neue Platte rauskam. Ich bin gespannt, wie sie sich Schade, dass wir nicht am selben Tag spielen und ich sehen kann, in welche Rich- als Duo schlagen. (Seppo KODIAK) tung es diesmal geht. (Tim SWITCHBLADE) Seit diesem Jahr sind wir nur noch zu zweit – mit gelegentlichen Gastmusikern für Der Schlagzeuger ist sehr hässlich. Aber ganz nett, deswegen werfe ich ihm das Gesang und Keyboard. Das Set auf dem Swingfest wird aber wahrscheinlich rein nicht vor. (Johan CELESTE) instrumental. Also nur Schlagzeug und Gitarre, wobei wir drei Verstärker benut- zen – zwei Gitarren- und einen Bassverstärker. Ich kann versprechen, dass es Fuze präsentiert DENOVALI SWINGFEST mit THE KILIMANJARO DARK JAZZ ENSEMBLE & THE immer noch heftig ist, wenn nicht sogar heftiger als früher. (Tim SWITCHBLADE) MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION, OMEGA MASSIF, HER NAME IS CALLA, 2003, ein kleiner Club in Würzburg. Eine schwedische Band namens SWITCH- SWITCHBLADE, CONTEMPORARY NOISE SEXTET, THE PIRATE SHIP QUINTET, BLADE spielt vor zwanzig Leuten. Die drei entfesseln die Hölle auf Erden mit ihren THE EYE OF TIME, THE SAMUEL JACKSON FIVE, CELESTE, MOUSE ON THE KEYS, rauen, misanthropischen, aber auch wunderschönen Klängen. Mäandernde Riffs HEIRS, DATURAH, BLUENECK, KODIAK + N, IROHA, KOM. wiederholen sich wieder und wieder – eine Spirale, der man sich nicht entziehen 09./10.10. Essen, Jugendzentrum

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65DAYSOFSTATIC. 08.11. Hamburg, Hafen- nikhalle | 07.10. Hamburg, Markthalle | 08.10. klang | 09.11. Berlin, Lido | 11.11. Leipzig, Conne Saarbrücken, Garage | 09.10. Schweinfurt, Alter Island Stattbahnhof | 11.10. Lindau, Vaudeville | 12.10. Stuttgart, LKA | 13.10. A-Wien, Arena | 15.10. A TRAITOR LIKE JUDAS. 24.09. Braunschweig, Leipzig, Conne Island | 16.10. Berlin, SO36 B58 | 25.09. Eisenach, Alter Schlachthof | 16.10. Wolfsburg, Ostfest | 23.10. A-Lustenau, Culture INITIATION OF THE MISLED TOUR mit FactorY CEPHALIC CARNAGE, , ION DISSONANCE, HOUR OF PENANCE, DYS- AT HALF-MAST, WORMS FEED. 15.10. Leisnig, CARNATE. 24.09. CH-Sursee, Kulturwerk 118 AJZ | 16.10. Berlin, Scherer 8 | 17.10. Hamburg, | 27.09. A-Wien, Arena | 28.09. Leipzig, Thea- Rote Flora | 22.10. Essen, Cafe Nova ter-Fabrik-Sachsen | 30.09. Berlin, K17 | 02.10. Oberhausen, Death Feast Ultimate AT THE FAREWELL PARTY. 12.10. Frankfurt, Nachtleben | 16.10. Mörfelden, KuBa MISCONDUCT. 19.10. CH-Solothurn, Kofmehl | 21.10. München, Backstage | 22.10. CH-Zizers, AWAKEN DEMONS. 16.10. CH-Bern, Graffitti | Event Stage | 23.10. Bamberg, Sound-n-Arts | 20.10. Berlin, K17 | 22.10. Gotha, Juwel | 23.10. 24.10. Herten, JZ Nord | 25.10. Bremen, Nord- Lichtenstein, JZ Riot | 27.10. Essen, Sounds | fest 28.10. Münster, Café MAROON, AFTER THE BURIAL, THE EYES OF BANE, TRAPPED UNDER ICE, ALPHA & A TRAITOR, . 15.10. Schwein- OMEGA. 22.10. Karlsruhe, Stadtmitte | 28.10. furt, Alter Stattbahnhof | 16.10. Bochum, Matrix Hamburg, Hafenklang | 01.11. Berlin, Cassiopeia | 22.10. Hannover, Musikzentrum | 23.10. Ham- | 04.11. Schweinfurt, Alter Stattbahnhof | 05.11. burg, Markthalle | 25.10. Koblenz, Dreams | Rosswein, JuHa | 08.11. A-Wien, Arena | 11.11. 26.10. L-Esch-sur-Alzette, Kulturfabrik | 27.10. CH-Zürich, Werk 21 | 12.11. München, Feierwerk | CH-Zürich, Abart | 29.10. CH-Cham, L.A. | 31.10. 13.11. Bochum, Zwischenfall | 14.11. Trier, Exhaus A-Graz, PPC | 01.11. A-Wien, Szene | 03.11. Stuttgart, JuHa West | 04.11. Aachen, Musikbun- BLACK HAVEN, DAGGERS. 10.11. Berlin, Jäger- ker | 05.11. Leipzig, Conne Island | 06.11. Lingen, klause | 13.11. Wunstorf, Wohnwelt | 14.11. Köln, Alter Schlachthof | 07.11. Berlin, Lido Underground MISERY INDEX, GRAVE, ARSIS, THE LAST CATARACT. 22.10. CH-Zürich, Dynamo | 30.10. FELONY, THE ROTTED. 29.10. Essen, Turock | Weinheim, Café Central | 20.11. CH-Pfäffikon, 02.11. Bochum, Matrix | 03.11. Hamburg, Markt- Rocktown | 26.11. Wuppertal, Pavillon | 27.11. halle | 04.11. Kassel, Kulturfabrik Salzmann | Limburg/Dietz, Kalkwerk 05.11. Berlin, K17 | 07.11. München, Feierwerk | 10.11. A-Wien, Viper Room | 15.11. CH-Luzern, CEREMONY, SABERTOOTH ZOMBIE. 01.10. Schüür | 27.11. Leipzig, Theaterfabrik Berlin, Cassiopeia | 02.10. Rosswein, JuHa | 05.10. A-Wien, Shelter | 06.10. Wangen, Tonne MUTINY ON THE BOUNTY. 17.10. Berlin, Fest- | 08.10. Karlsruhe, Die Stadtmitte | 10.10. Mül- saal Kreuzberg | 18.10. Dresden, Beatpol | 19.10. heim, AZ | 12.10. Hamburg, Hafenklang Würzburg, Cairo | 13.11. L-Steinfort, Mess For Masses COLISEUM, BISON BC, KVELERTAK. 08.11. München, Hansa 39 | 09.11. Berlin, Cassiopeia . 02.10. Lichtenfels, Way Of | 14.11. Hamburg, Hafenklang | 15.11. Giessen, Darkness | 03.10. Oberhausen, Death Feast MuK | 25.11. Karlsruhe, Jubez | 28.11. Saarbrük- Ultimate | 06.11. Berlin, SO36 | 08.11. Hanno- ken, Garage | 29.11. CH-Zürich, Dynamo ver, Béi Chéz Heinz | 09.11. Köln, Underground | 19.11. CH-Genf, Usine | 22.11. Stuttgart, Univer- CONSTANTS, IREPRESS. 08.11. Köln, Under- sum | 23.11. A-Klagenfurt, Stereo Club | 25.11. ground | 09.11. Hamburg, Astra Stube | 10.11. München, Backstage | 26.11. A-Kufstein, Kul- Karlsruhe, Jubez | 11.11. Oberhausen, Druckluft- turfabrik haus | 20.11. CH-Bulle, Ebullition | 21.11. A-Dorn- birn, Schlachthaus | 26.11. München, Sunny Red NARZISS. 24.09. Leipzig, Werk 2 | 25.09. Greifswald, Klex | 14.10. Siegen, Vortex | 15.10. DEVIL SOLD HIS SOUL. 11.10. Köln, Under- Essen, Cafe Nova | 19.11. Ingolstadt, Paradox | ground | 13.10. Hamburg, Molotow | 14.10. Ber- 20.11. Osnabrück, Bastard Club lin, Magnet | 22.10. Stuttgart, JuHa West | 24.10. München, 59to1 PERSISTENCE TOUR mit SICK OF IT ALL, D.R.I., BLOOD FOR BLOOD, UNEARTH, EVER- THE DILLINGER ESCAPE PLAN. 04.10. Frank- GREEN TERRACE, CRUEL HAND, CASEY furt, Batschkapp | 05.10. Leipzig, Conne Island JONES. 04.12. Dresden, Messe | 05.12. A-Wien, | 06.10. Hamburg, Markthalle | 07.10. Bochum, Gasometer | 06.12. Berlin, Astra | 07.12. Stutt- Matrix | 08.10. Berlin, C-Club gart, Filharmonie Filderstadt | 09.12. Saarbrük- ken, Garage | 10.12. Würzburg, Posthalle | 11.12. ESCAPADO. 22.10. Flensburg, Volxbad | 23.10. Mülheim, RWE Sporthalle Münster, Gleis 22 | 31.10. Dortmund, FZW | 05.11. Oberhausen, Druckluft | 06.11. Wiesba- RISE AND FALL, NAILS, HARMS WAY. 19.11. den, Schlachthof | 08.11. Berlin, Magnet | 10.11. Essen, Cafe Nova | 27.11. Leipzig, Conne Island Chemnitz, AJZ Talschock | 11.11. Jena, Kassab- | 29.11. A-Wien, Arena | 30.11. München, Feier- lanca | 12.11. Siegen, Vortex | 13.11. Köln, Under- werk ground | 15.11. München, Feierwerk | 16.11. Stutt- gart, JuHa West | 17.11. Schweinfurt, Stattbahn- SAMIAM, THE CASTING OUT, A DEATH IN hof | 19.11. Bielefeld, Kamp | 20.11. Bremen, THE FAMILY. 19.10. Hamburg, Grünspan | 20.10. Tower | 21.11. Hamburg, Hafenklang Berlin, Lido | 21.10. Leipzig, Conne Island | 22.10. A-Wien, Arena Club | 25.10. Regensburg, Alte FALLBRAWL, NASTY. 08.10. Suhl, End Of Days Mälzerei | 26.10. München, 59to1 | 31.10. Dort- | 09.10. Zürich, Werk21 | 11.10. A-Graz, Explosiv | mund, FZW | 02.11. Köln, Underground | 03.11. 12.10. A-Braunau, Club 2 | 15.10. Berlin, Tommy- Wiesbaden, Schlachthof | 04.11. Stuttgart, Uni- Weisbecker-Haus | 22.10. Hof, Rockwerk versum | 05.11. Saarbrücken, JuZ Försterstrasse | 06.11. Bielefeld, JZ Kamp FOUR YEAR STRONG. 12.11. Münster, Sputnik- halle | 13.11. Hamburg, Grünspan | 14.11. Berlin, THE SORROW. 28.10. A-Dornbirn, Spielbo- Magnet | 17.11. München, 59to1 den | 29.10. Sonthofen, Barfly | 30.10. Augs- burg, Kantine | 31.10. Ingolstadt, Paradox | THE GASLIGHT ANTHEM, CHUCK RAGAN. 02.11. Karlsruhe, Stadtmitte | 03.11. Oberhau- 26.10. Köln, E-Werk | 27.10. Hamburg, Große sen, Schacht 1 | 04.11. Siegen, Vortex | 05.11. Freiheit 36 | 05.11. Berlin, Astra | 06.11. München, Berlin, Knaack | 06.11. Osnabrück, Bastard Club | Tonhalle | 10.11. CH-Zürich , Dynamo | 11.11. Neu 07.11. Hamburg, Logo Isenburg, Hugenottenhalle TONFEST mit PARACHUTES, ANGELS AND THE GHOST INSIDE, FOR THE FALLEN ENEMIES, EXPOSED TO NOISE ... 16.10. Unna, DREAMS, SUFFOKATE, LOWER THAN Lindenbrauerei ATLANTIS. 26.11. Köln, Essigfabrik | 27.11. Rosswein, JuHa | 28.11. Braunschweig, B58 TRASH TALK. 09.11. Wiesbaden, Schlachthof | 29.11. Hamburg, Hafenklang | 30.11. Berlin, | 10.11. Köln, MTC | 11.11. Saarbrücken, Garage Magnet Club | 12.11. Bielefeld, Falkendom

HELL ON EARTH TOUR mit TERROR, EVERY YUPPICIDE. 08.10. Immenhausen, Akku | 09.10. TIME I DIE, ALL SHALL PERISH, THE ACA- Chemnitz, AJZ | 11.10. Berlin, Lido | 12.10. Flens- CIA STRAIN, DOWN TO NOTHING, THICK AS burg, Volxbad | 13.10. Bochum, Zwischenfall | BLOOD, VERA CRUZ. 29.09. Frankfurt, Batsch- 14.10. Schweinfurt, Alter Stattbahnhof | 16.10. kapp | 30.09. A-Klagenfurt, Volxhaus | 01.10. Quedlinburg, Reichenstrasse | 18.10. Saarbrük- München, Werk | 03.10. CH-Solothurn, Kofmehl ken, Garage | 20.10. Wien, Arena | 23.10. Esslin- | 04.10. Hannover, Faust | 06.10. Münster, Sput- gen, Komma |

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44-46Fuze24.indd 46 12.09.10 20:41 THE REUNION OF THE ORIGINAL - TOUR 2010

ALLES WAS EIN WILDES HERZ BEGEHRT! Tattoos  Piercing  Extravagante Mode  Bikerwear  Clubwear  Schuhe  Schmuck Accessoires  Dessous  Headshops  Indian Style  Airbrush  Rockabilly Skate & Funsport  Custombikes & Zubehör  u.v.m... NON-STOP SHOWPROGRAMM! The Modern Primitives - Freakshow  Circus of Rock - The Show Lack/Leder/Latex Performance  Virtual Museum of Body Cults  Wildstyle Cinema  u.v.m... TOURDATEN: 9. & 10.10.2010 A-Linz Designcenter 13. & 14.11.2010 D-Bochum Ruhrcongress

16. & 17.10.2010 A-Graz Helmut List Halle 20. & 21.11.2010 A-Hohenems Eventcenter

23. & 24.10.2010 A-Salzburg Messehalle 1 27. & 28. 11.2010 D-Wiesbaden Rhein-Main Halle

30. & 31.10.2010 A-Innsbruck Messehalle 3 4. & 5.12.2010 D-München Event-Arena/Olympiapark

6. & 7.11.2010 D-Stuttgart Carl Benz Arena 9. & 10.04.2011 A-Wien Planet.tt im Gasometer www.wildstyle-messe.com

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