Chronik Des Kirchspiels Zu Dassow 1898–2012 Ev.–Luth
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Stefan Pohlke Chronik des Kirchspiels zu Dassow 1898–2012 Kommentierte Ausgabe 21.04.2018 Evangelisch–Lutherische Kirchengemeinde Dassow Evangelisch–Lutherischer Kirchenkreis Mecklenburg Abb. 1: Innenansicht von St. Nikolai zu Dassow – nach 1904 Abb. 2: vermutl. Präpositus Sellin – um 1900 Zur Chronik der Dassower Pfarre1 s. auch Currendenbuch von 18342 an S. 351! nämlich: „Kurze Nachricht von dem, was seit dem Jahre 1828 bei der hiesigen Kirche und Pfarre ge- schehen, aufgezeichnet von Karl Friedrich Griewank, Pastor.“3 Über die drei Dassower Glocken siehe das Ende dieses Buches. Desgleichen über die Wirkung des furchtbaren Brandes am 13. Sept. 1632. (Notiz aus dem Großherz. Geheimen und Haupt–Archiv Schwerin, woselbst auch die Bittschrift der sämtli- chen Kirchspiel–Junker und Eingepfarrten liegt.) 1 Die Kommentierungen zu dieser Chronik sind zur besseren Unterscheidung in Kursivschrift abgefaßt – die übrigen Anmerkungen entstammen der Originalchronik. Die Abb. entstammen der Originalchronik, nicht jedoch die Bildunterschriften. Das Titelbild zeigt St. Nikolai zu Dassow (vermutl. um 1900) und entstammt ebenfalls der Originalchronik. Bei der Transkription wurde die Originalrechtschreibung inkl. Rechtschreibfehler und Wortdopplungen beibe- halten. 2 Das gen. Currendenbuch ist heute verschollen. 3 Pastor Carl Friedrich Griewank (1795–1872) – Pastor in Dassow (1829–1872) Seite 2 von 78 Chronik des Kirchspiels zu Dassow 1898–2012 Ev.–Luth. Kirchengemeinde Dassow 21.04.2018 Evangelisch–Lutherische Kirchengemeinde Dassow Evangelisch–Lutherischer Kirchenkreis Mecklenburg 1898 Nachdem im Laufe dieses Jahres von Se. Hoheit dem Herzog Regenten Johann Albrecht4 an- geordnet worden, daß in allen Kirchspielen des Großherzogtums eine fortlaufende Chronik über alles Wichtigem, was bei den Kirchen und Pfarren geschehen, geführt werde, ist am 18 Oktober 1898 dieses Chronikbuch für die Gemeinde Dassow begonnen worden. Da ich in meinem bei den Pfarracten befindlichen Manusscript zur Geschichte Dassows über die früheren Zeiten das Wichtigste zur Geschichte der Kirche und Pfarre aufgeführt habe, greife ich nicht in die Vergangenheit zurück, verweise außerdem auf die stets sorgfältig von mir gesammelten Pfarracten, auf Conferenz–Protokolle u. ähnl., aus welchen Schriften alles Interessierende unschwer zusammenzustellen ist. Einzelnes, was dadurch nicht aufgeklärt wird, soll gelegentlich in dieser Chronik besprochen werden, welche von mir und meinen Amtsnachfolgern treulich und gewissenhaft geführt werden möge. In Gottes Namen dann zur Sache! Was meine arme Person betrifft, verweise ich auf „Unsere Landesgeistlichen“ von Friedrich Walter, Pastor in Kastorf, 1889 S. 58.59 Dassow. Ich bin am 7. August dieses Jahres 1898 bereits 60 Jahre alt geworden und verwalte seit dem 12 Mai 1872 also 26 Jahre das hiesige Pfarramt. Am Sonnt. Exaudi 1872 bin ich hier mit dem damaligen Rector Viereck in Teterow (als Pastor in Gr. Brüz am 30 März 1874 verstorben)5 und mit dem Gymnasiallehrer Salfeld in Güstrow (jetzt Pastor in Satow)6 compräsentiert und mit 315 Stimmen zum Pastor in Dassow gewählt worden (auf Viereck fielen 118, auf Salfeld 7 Stimmen). Vom verstorbenen Consistorialrat Sup. D. Karsten zu Schwerin7 bin ich introduciert. Küster und Organist ist der Kantor Paul Timm, zugleich 2. Lehrer an der Ortsschule seit dem 4. Oktober 1891. Er ist geboren am 7. September 1862.8 Kirchenjuraten sind 1, für Dassow Conditor Heinr. Wigger9 2, für Vorwerk c:sr. Schmied (jetzt Rentner) Ploog in Neuvorwerk.10 – Nachdem unsere alte liebe Kirche im Jahre 1884 gründlich restauriert und im Laufe der nach- folgenden Jahre mannigfach verschönert worden, befindet sich dieselbe jetzt in einem würdi- gen Zustande. Dasselbe gilt vom Pfarrhause und der Küsterwohnung. Im Sommer dieses Jah- res ist das Fenstergemälde an der Südseite, den Heiland darstellend, der das in Dornen ver- strickte Schäflein entwirrt, der Kirche gestiftet worden.11 Gelegentliche zu diesem Zweck von mir gesammelte milde Gaben aus der Gemeinde wurden durch einer auf dem Sterbebette vom sel. Fräulein Bertha von Mecklenburg – Wieschen- dorf12 legitimierte namhaftere Summe verstärkt und nach etlichen Jahren durch die Opferwil- ligkeit des Fräulein Elisabeth von Paepke – Lütgenhof13, ihrer Geschwister und Verwandten so weit vermehrt, daß die 1200 Mark betragenden Gesamtkosten gedeckt werden konnten. Das nun zu Ende gehende Jahr 1898 hat durch die in ihm vorgenommene Reichstagswahl auch dem inneren Leben der Gemeinde manchen Nachteil und viele Unruhe gebracht. Die 4 Herzog Johann Albrecht (1857–1920) übernimmt v. 1897–1901 die Regierungsgeschäfte für seinen minder- jährigen Neffen Friedrich Franz IV. (1882–1945) 5 Johann Joachim Viereck (1840–1874) 6 Ernst Hermann Arthur Salfeld (1839–1912) 7 Konsistorialrat Superintendent Dr. Herrmann Rudolf Adolf Jacob Karsten (1820–1882) 8 gestorben 1922, 4. Januar – beerdigt 7. Januar von der Kirche aus Paul Albert Wilhelm Waldemar Timm (1862–1922) 9 Johann Heinrich Christian Wigger (1832–1907) 10 Joachim Karl Ferdinand Ploog (1831–1913) 11 Glasfenster „Der gute Hirte 1898“ 12 Bertha Wilhelmine Sarah Jane Elisabeth Julie Luise von Mecklenburg (1872–1893) 13 Viktoria Berta Luise Elisabeth Edle von Paepke (1873–1953) Seite 3 von 78 Chronik des Kirchspiels zu Dassow 1898–2012 Ev.–Luth. Kirchengemeinde Dassow 21.04.2018 Evangelisch–Lutherische Kirchengemeinde Dassow Evangelisch–Lutherischer Kirchenkreis Mecklenburg von Lübeck aus betriebene socialdemocratische Agitation, welche auch ihre Sendboten in Fülle in die Gemeinde Dassow sandte, arbeitet zielbewußt auch gegen christlichen Glauben und christliches Leben. Wie überall in Mecklenburg, ja im ganzen deutschen Vaterlande ist die Zahl der socialdemocratischen Stimmen in Dassow und auf dem Lande, namentlich in Neuvorwerk erheblich gewachsen. Wenn auch durch keine Abnahme in Besuch der Gottes- dienste und im Empfang des heil. Abendmahls zu constatieren, so ist eine Lockerung des christlichen Lebens unverkennbar gewesen. Im übrigen danke ich Gott, daß er mir gegeben hat, im ganzen Jahre regelmäßig meines Amtes warten zu können in Predigt und Seelsorge, daß er mein Haus und die lieben Meinigen in Seinen Gnadenschutz genommen und die Ge- meinde mannigfach gesegnet hat. 1899 Das Jahr 1899 neigt sich dem Ende zu. Es ist dasselbe ein für die Dassower Gemeinde stilles, gleichmäßig verlaufendes, aber nicht ungesegnetes gewesen. Von besonderer Bedeutung war das im Juni14 hier gefeierte Missionsfest, das 4. in meiner Amtszeit. Nachmittags 2 Uhr fand der Gottesdienst in der Kirche statt, bei welchem Pastor Claussen von St. Michaelis in Hamburg15 die warme, einfache und ansprechende Predigt über Hebr 11 v. 30 hielt. Der Gesang wurde außer von der Orgel auch vom Posaunenchor des Schweriner Jünglingsvereins begleitet. Die Nachfeier fand wieder im schönen Lütgenhöfer Park – an der unvergleichlich geeigneten alten Stelle statt, eine große Menschenmenge lauschte den Vorträ- gen des Missionar Gaebler aus Leipzig16 und des P. Krüger – Schönberg17. Der Gesamt– Ertrag für die Leipziger Mission betrug 333 Mark, von welcher Summe 22 Mark an Unkosten abgingen. Das kirchliche Leben ist dem der Vorjahre ähnlich geblieben. Die Gottesdienste waren durchweg gut besucht, die Zahl der Communicanten (… der Confirmanden) betrug 1200 (fast 2/3 der Beichtkinder, die ca 1900 sind. Eine von der Pfarrbauconferenz bewilligte Umgestal- tung der Küche des Pfarrhauses durch Einrichtung eines nach innen gebauten Windfangs ließ ich unausgeführt, da der Bau kostspielig und nicht sehr nötig erschien, wenn nur der Fußbo- den mit Klinkern statt der Mauersteine aus gelegt würde, was in diesem Sommer geschehen. Unser Ort und seine Bürgerschaft wurden in diesem Spätherbst vielfach bewegt durch die näher gerückte Wahrscheinlichkeit, daß Dassow endlich der Annehmlichkeit einer Eisenbahn- Verbindung mit Schönberg teilhaftig werde. Die Regierung hat die Bahnstrecke über Bünstorf und Prieschendorf vermessen lassen, welche dann auch das Pfarracker–Reservat durchschnei- den soll, da im und am Pfarracker der Bahnhof liegen soll. Leider ist es den gegenteiligen Bemühungen der Städte Wismar und Grevesmühlen gelungen, die betr. Vorlagen auf dem Landtage in Sternberg zu verhindern, und zunächst die Sache noch für ein Jahr hinauszu- schieben. Wichtiger für die gesamte Geistlichkeit des Landes ist die endlich auf diesem Landtage ver- einbarte Emeritierungs–Ordnung. Freilich wird sie allen Geistlichen, auch meinen Nachfol- gern im Pfarramte Dassows ganz neue Lasten und Schmälerungen ihrer Einkünfte durch fest- stehende jährliche Abgaben an die neue Emeritierungs–Casse, durch die nun für den Nachfol- ger auf eine Reihe von Jahren zu leistende Pfründen–Abgabe und durch die von mir so erfolg- reich bis dahin geweigerte Heranziehung zu den Communal–Abgaben des Fleckens Dassow 14 18.06.1899 15 Pastor Carl Johannes August Claussen (1848–1925) 16 Gustav Hermann Gäbler (1867–1918) 17 Pastor Georg Ludwig Ernst Krüger(-Haye) (1864–1941) Seite 4 von 78 Chronik des Kirchspiels zu Dassow 1898–2012 Ev.–Luth. Kirchengemeinde Dassow 21.04.2018 Evangelisch–Lutherische Kirchengemeinde Dassow Evangelisch–Lutherischer Kirchenkreis Mecklenburg auferlegen, – allein sie hat doch große Vorteile für diejenigen, welche nach treuer Arbeit zur Emeritierung gelangen. – Glücklicherweise ist die Aufhebung der Communalsteuerfreiheit ausdrücklich auf die Städte des Landes beschränkt geblieben, wie durch Mitteilung des Oberkirchenrates vom 25 Jan 1900 ausdrücklich zu den Acten über Communal–Abgaben entschieden wurde; es bleibt