ZEITSCHRIFT FÜR DIE VEREINTEN NATIONEN UND IHRE SONDERORGANISATIONEN BONN • OKTOBER 1970 • 18. JAHRG. • EINZELH. 2,50 DM VEREINTE NATIONEN

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HERAUSGEBER: DEUTSCHE GESELLSCHAFT FUR DIE VEREINTEN NATIONEN (DGVN

VERLAG: MÖNCH-VERLAG • KOBLENZ • POSTFACH 1560 DEUTSCHE GESELLSCHAFT FUR DIE VEREINTEN NATIONEN BONN

INHALTSVERZEICHNIS Präsidium : Frau Theanolte Bähnisch, Staatssekretärin a. D., Hannover Prof. Dr. Paul Barandon, Gesandter a. D., Hamburg Dr. Rainer Barzel, MdB, Vorsitzender der Zum 25jährigen Bestehen der Vereinten Nationen CDU-Fraktion, Bonn Fritz Berg, Präsident des Bundesverbandes Botschaft von Generalsekretär U Thant 133 der Deutschen Industrie, Köln Bundeskanzler Willy Brandt Georg von Broich-Oppert, Botschafter a. D., Kooperation und Konflikt in einer gefährdeten Welt 134 Thomasberg/Siebengebirge Dr. Werner Dankwort, Botschafter a. D., 25 Jahre Vereinte Nationen Harwich/USA Landesbischof D. Hermann Dietzfelbinger, von Dr. Hilmar Werner Schlüter München Felix von Eckardt, MdB, Staatssekretär a. D., Grußbotschaften des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers Bad Godesberg Bundesminister Dr. Erhard Eppler, Bonn zum 25jährigen Bestehen der Vereinten Nationen 137 Prof. Dr. Ludwig Erhard, MdB, Bundeskanzler a. D. Ministerpräsident a. D. Heinrich Hellwege, Von den tVier Weltpolizisten< zu den >Fünf Veto-Mächten< 141 Neuenkirchen/NE Dr. Lorenz Kardinal Jaeger, Erzbischof, Paderborn F. D. Roosevelt und das Problem der Friedenssicherung Prof. Dr. Erich Kaufmann, Heidelberg von Dr. Hans Jörg Ehler Dr. Kurt Georg Kiesinger, MdB, Parteivorsitzender der CDU Prof. Dr. Herbert Lewin, Die völkerrechtliche Anerkennung Heusenstamm-Basten wald Dr. Martin Löffler, Rechtsanwalt, Stuttgart und die Mitgliedschaft in der UNO 148 Prof. Dr. Hermann Mosler, Max-Planck-Institut, Heidelberg Zu einem Teilproblem der Pläne für die Aufnahme Ludwig Rosenberg, ehemaliger Vorsitzender des DGB beider deutscher Staaten in die UNO Bundesminister Helmut Schmidt, Bonn Vizekanzler Walter Scheel von Dr. Dietrich Frenzke Erwin Schoettle, MdB, Stuttgart Dr. Gerhard Schröder, MdB, Bundesminister a. D., Bonn Die Diskussion um die Reform der internationalen Währungsordnung 15Bundesministe4 r Käte Strobel, Bad Godesberg ökonomische und politische Gesichtspunkte Herbert Wehner, MdB, Vorsitzender der SPD-Fraktion, Bonn von Dr. Dieter Tiegel Dr. Hermann Weinkauff, Präsident des Bundesgerichtshofes a. D., Karlsruhe Prof. Dr. C. F. Frhr. v. Weizsäcker, Hamburg Aus dem Bereich der Vereinten Nationen 159 Hans-Jürgen Wischnewski, Bundesgeschäftsführer der SPD, Bonn Entschließungen des Sicherheitsrats: Apartheid und Namibia (Südwestafrika) 163 Vorstand : Frau Annemarie Renger-Loncarevic, MdB, Neuss (Vorsitzende) Dr. Walter Klein, Senatsdirektor a.D., Berlin (Stellv. Vorsitzender) Dr. Erhard Klotz, Bürgermeister, Neckarsulm (Stellv. Vorsitzender) Dr. Karl Schutz, Generalkonsul, Bonn Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Bonn. (Schatzmeister) Prof. Dr. Eduard Wahl, Heidelberg Chefredakteur: Kurt Seinsch, 53 Bonn, Simrockstraße 23, Fernruf 22 35 40 / 22 47 66. (Ehrenvorsitzender) Oskar Bartheis, Oberregierungsdirektor, Stuttgart Namentlich gezeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht ohne William Borm, MdB, Berlin weiteres die des Herausgebers oder der Redaktion wieder. Otto Dibelius, Oberkirchenrat, Bonn Dr. Klaus Hüfner, Dipl.-Volkswirt, Berlin Verlag: Mönch-Verlag, 54 Koblenz, Postfach 1560. Verlagssitz: 5401 Waldesch über Dr. Karlheinz Knauthe, Rechtsanwalt, Berlin Koblenz, Hübingerweg 33, Fernruf (0 26 28) 766 und 767 Jens Naumann, M. A., Berlin Postscheckkonto: Ludwigshafen 3949. Bankkonto: Dresdner Bank Koblenz 13266 — Manfred H. Obländer, Bonn Kreissparkasse Koblenz 6080. Dr. Gerd Poetschke, Privatdozent, München Heinz Putzrath, Bonn Alle Rechte, auch die der fotomechanischen Wiedergabe, sind vorbehalten. Für Waldemar Reuter, Mitglied des Bundesvorstandes fotomechanische Vervielfältigung zum innerbetrieblichen Gebrauch sind pro Foto• des DGB, Düsseldorf kopierblatt 10 Pf vom fotokopierenden Unternehmen in Wertmarken an die In• Rudolf Werner, MdB, Hannover kassostelle für Fotokopiergebühren beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels Frau Dr. Hildegard Wolle-Egenolf, in Frankfurt a. M. zu entrichten, gemäß dem zwischen dem BDI und dem Börsen• Rechtsanwältin, Wiesbaden verein abgeschlossenen Rahmenabkommen vom 14. 6. 1958. Otto Bach, Senator a. D., Vorsitzender Landesverband Berlin Anzeigenverwaltung : Mönch-Verlag, 54 Koblenz, Postfach 1560, Walter Gaßmann, Direktor, Fernruf (0 26 28) 766 und 767. Vorsitzender Landesverband Baden-Württemberg Druck : Peter Buchbender, 53 Bonn, Breite Straße 13—15, Fernruf 31721. Dr. Philip Frhr. von Brand, Vorsitzender Landesverband Bayern Erscheinungsweise: zweimonatlich. — Preis: Jahresabonnement (6 Hefte) 12,— DM; bei Zustellung durch den Verlag (Inland) 14,80 DM; für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen beträgt der Bezugspreis jährlich 9,— DM (zuzüglich Portospesen 2,80 DM); Einzelheft 2,50 DM. Die Bezugszeit gilt Generalsekretariat: ganzjährig mit weiterer Verlängerung, falls nicht einen Monat vor Ablauf des Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Kalenderjahres gekündigt wird. Bezug durch den Verlag und den Buchhandel. 53 Bonn, Simrockstraße 23, Telefon 22 47 66. Zum 25 jährigen Bestehen der Vereinten Nationen Botschaft von Generalsekretär U Thant

Ein Vierteljahrhundert ist vergangen, seit die Lenker einer erschöpften und ausgebluteten Welt ein aus den Leiden und Ängsten des Krieges erwachsenes Dokument unterzeichneten. Diese Charta der Vereinten Nationen, deren Annahme zu den denkwürdigsten Augenblicken der Geschichte zählt, stellt eine Welt in Aussicht, in der Frieden, Wohlstand und Frei• heit durch gleiche Rechte für Männer und Frauen und für alle Nationen — ob große oder kleine, alte oder junge — erlangt werden sollen. Die aus der Charta hervorgegangene Organisation der Vereinten Nationen hat gute Arbeit geleistet, aber sie hätte noch mehr leisten sollen. In einem gewissen Sinne ist die Organisation ein großes Parlament der Menschheit, das sich mit den Nöten, den Ungerechtigkeiten und mit den Sehnsüchten der Menschen befaßt. Die Vereinten Nationen haben mit• gewirkt zu verhindern, daß örtliche Konflikte weltweite Ausmaße annahmen. Sie haben einer Milliarde Menschen zur Unabhängigkeit verholfen, sie haben die unveräußerlichen Rechte der menschlichen Person verkündet; sie haben die großen wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede, die auf der Welt herrschen, aufgezeigt und zu mindern geholfen. Sie haben jede Form von Kolonialismus, Diskriminierung und unterschiedlicher Bewertung der Rassen verworfen und be• kämpft. Sie haben die Würde des Menschen und die Umwelt des Menschen geschützt, und sie haben vorausblickend die Nationen und Menschen vor weltumfassenden Gefahren gewarnt. Aber mit all dem ist noch nicht genug getan. Daß sich uns heute noch so viele Probleme der Vergangenheit stellen und daß durch sie umfangreiche Kräfte und Mittel in Anspruch genommen werden, die dringend für höhere Zwecke erforder• lich sind, ist unverzeihlich: Anstatt die Entwicklung auf der Welt zu fördern, findet ein erschreckender und sinnloser Rüstungswettlauf statt; statt Freiheit und Brüderlichkeit herrschen Reste von Kolonialismus, Rassendiskriminierung und Verletzungen der Menschenrechte; statt friedlicher Koexistenz leben Herrrschafts- und Machtträume fort; wo Universa• lismus sein sollte, sehen sich noch große menschliche Gemeinschaften von der weltweiten Zusammenarbeit ausge• schlossen; anstelle einer gegenseitigen Bereicherung in der Kunst, die Welt so zu regieren, daß die Menschen trotz aller Unterschiede in Frieden miteinander leben können, wird versucht, den Einflußbereich von Ideologien zu erweitern; statt freundschaftlicher Zusammenarbeit kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten. Während diese überholten Begriffe und Einstellungen fortleben, bringen rasche Veränderungen um uns neue Probleme mit sich, die die ganze Aufmerksamkeit und den vollen Einsatz der Weltgemeinschaft erfordern: Die ständig wachsende Kluft zwischen den reichen und den armen Nationen, der wissenschaftliche und technische Rückstand, die Bevölke• rungsexplosion, die Umweltzerstörung, die Übervölkerung der Städte, das Rauschgiftproblem, die Entfremdung der Jugend, der maßlose Verbrauch von Hilfsquellen durch unersättliche Gesellschaften und Institutionen. Das Oberleben einer zivilisierten Menschlichkeit scheint auf dem Spiel zu stehen. Die Welt ist eingezwängt in ihre engen politischen Fesseln. Das Verhalten vieler Länder ist offensichtlich den neuen An• forderungen, die unser kleiner, sich rasch verändernder Planet an sie stellt, nicht angemessen. Die internationale Zu• sammenarbeit läßt viel zu wünschen übrig. Die Vereinten Nationen — diese von den Staaten mit Zurückhaltung und fast widerstrebend hingenommene Institution für Weltfrieden und Einigkeit — können nur dann erfolgreich sein, wenn ihre Mitglieder sie unterstützen, an sie glauben, sich voll für sie einsetzen und ihren Erfolg ernsthaft wollen. Sie werden scheitern, wenn die Regierungen sie mißachten und weiterhin ihre eigenen, getrennten und selbstsüchtigen Wege gehen. Ist es nicht höchste Zeit, daß die führenden Männer dieser Welt radikal die Irrtümer der Vergangenheit abstoßen und erkennen, daß gegenseitiges Verstehen, Liebe und Toleranz die besten Mittel für unseren kleinen Planeten, auf dem alles ineinandergreift, sind? Daß jede Wunde, die unserer Erde zugefügt wird, die gesamte Menschheit trifft? Daß Kirch• turmpolitik zum Scheitern und zur Selbstzerstörung führt? Ist es das, was uns unsere Jugend so verzweifelt, wenn auch nicht immer überzeugend, klarzumachen sucht? Auf dieser Welt leben tiefste Armut und größter Überfluß Seite an Seite. Wir haben den Mond erreicht, aber wir haben noch nicht die Entfernung überbrückt, die uns von unseren Mitmenschen trennt. Viele Arten von Tieren, die mit uns auf dieser Erde lebten, sind für immer ausgestorben. Viele schöne Flüsse sind zu Kloaken geworden und bedrohen die Weltmeere. Wir dürfen diese warnenden Anzeichen nicht länger unbeachtet lassen. Es ist höchste Zeit, daß die Regierun• gen einen neuen Anfang machen und ein gleiches oder ein noch größeres Maß an Einsicht und Entschlossenheit auf• bringen als die Schöpfer der Charta. Wir müssen der Charta endlich eine wirkliche Chance geben. Wir müssen von Worten zu Taten übergehen. Wir müssen Rechte zu Verpflichtungen machen. Wir müssen von eigennützigen zu gemein• nützigen Interessen kommen. Wir müssen von teilweisem Frieden zu völligem Frieden gelangen.

Vereinte Nationen 5/70 133 Kooperation und Konflikt in einer gefährdeten Welt

25 Jahre Vereinte Nationen DR. HILMAR WERNER SCHLOTER

1. Basis einer Bilanz Die Wahrung des Weltfriedens durch die Vereinten Nationen wird in zwei Teilen - einer Rückbesinnung auf die Intentio• Vor 25 Jahren wurde die UN-Charta rechtskräftig. In Artikel nen der Charta-Gründer sowie in einer Diskussion der prak• 110 der Charta war bestimmt worden, daß die Charta in Kraft tischen Friedensbemühungen vor allem in der Gegenwart, tritt, sobald die fünf Großmächte sowie die Mehrheit der an• exemplarisch unter besonderer Berücksichtigung der Nahost- deren ursprünglichen Mitglieder ihre Ratifizierungsurkunden Situation behandelt. Da wir in einer sich ständig wandelnden hinterlegt haben. Diese Bedingung wurde am 24. Oktober 1945 Welt leben, kann die abschließende Bilanz notwendigerweise erfüllt. Dieser Tag wurde damit zum >Tag der Vereinten Na- nur ein zeitbedingter Versuch sein. tionen<. Aufgabe dieses Tages ist nach einer Definition der Generalversammlung, die Zielsetzungen und Leistungen der 2. Im Schatten des Nord-Süd-Konflikts Vereinten Nationen den Völkern der Welt bekannt zu machen Eines der beiden Hauptziele der UNO bestimmt, »eine inter• und ihre Unterstützung für die Arbeit der Weltorganisation nationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um internationale zu gewinnen. Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humani• Die 25jährige Geschichte der Vereinten Nationen erlaubt es, tärer Art zu lösen und die Achtung vor den Menschenrechten eine Bilanz zu ziehen. 25 Jahre sind in der internationalen und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Politik eine hinreichend lange Zeitspanne, um zumindest ein Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu vorläufiges Urteil zu versuchen. 25 Jahre nach seiner Grün• festigen«. dung war der Völkerbund bereits in Vergessenheit geraten. Er Die größere Aufmerksamkeit, die die Probleme der Friedens• hatte keinen Einfluß mehr auf das Geschehen in der Welt. In• wahrung in der Weltöffentlichkeit finden, darf nicht darüber zwischen hatten die Großmächte der Anti-Hitler-Koalition hinwegtäuschen, daß die Fragen des sozialen Fortschritts nicht begonnen, die Grundlagen für eine neue Weltorganisation - nur von zentraler politischer Bedeutung sind, sondern auch in die Vereinten Nationen - zu legen. einem engen Zusammenhang zu den Bemühungen um die Diese Bilanz soll die positiven Leistungen der UNO deutlich Kriegsverhütung stehen. Vor allem die Entkolonialisierung in machen, doch nicht einen Jubelbeitrag zum >silbernen< weiten Teilen der Welt brachte zwar die politische Freiheit, Gedenktag liefern. Die Tätigkeit der UNO ist zukunfts• doch ist die Kluft zwischen den Überflußgesellschaften der orientiert, und deshalb ist allein die Bemühung um eine kri• nördlichen Erdhälfte und den Entwicklungsländern zuneh• tische Beurteilung sinnvoll. Eine kritische Beurteilung, die mend größer geworden. Dieser Gegensatz wird als >Nord-Süd- sinnvoll sein soll, muß von bestimmten Kriterien ausgehen. konflikt< bezeichnet, und nicht wenige Autoren halten die• Diese Kriterien müssen offen angegeben werden, da still• sen Gegensatz für das entscheidende Problem der kommen• schweigend unterschobene Maßstäbe, die nicht überprüfbar den Jahrzehnte, für den großen Konflikt der Zukunft. sind, eine Darstellung tendenziös werden lassen. Als Maßstäbe Die Vereinten Nationen haben in ihren ökonomisch-sozialen der Beurteilung sind die privaten Wünsche und Vorurteile Bemühungen (vor allem über den Wirtschafts- und Sozialrat, dieses oder jenes Autors ebenso unzureichend wie die Mei• durch die Sonderorganisation sowie durch regionale Bestre• nungsäußerung dieser oder jener Regierung. Sie mögen inter• bungen in engem Zusammenwirken mit den Empfängerlän• essant sein, sie mögen auch über den Standpunkt einer Regie• dern) zahlreiche Hilfe- und Aufbauprogramme verwirklicht rung bedeutsame Aufschlüsse geben, aber als Urteil über eine oder geplant. Bedeutsam und grundlegend ist die enge Zu• im Prinzip universale Organisation sind sie eher irreführend. sammenarbeit mit den Empfängerländern, denn das Ziel ist Die Kriterien der Beurteilung müssen realistisch sein. nicht einfach die Gewährung von Hilfe. Vielmehr sollen die So gesehen gibt es nur drei realistische Beurteilungsmaßstäbe: Empfängerländer in die Lage versetzt werden, ihre eigenen > Die Charta der Vereinten Nationen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu lösen, d. h. es han• > das Verhalten der Staaten und delt sich um Hilfe zur Selbsthilfe. Die ökonomisch-soziale Ei• > die reale weltpolitische Situation. genständigkeit der Entwicklungsländer kann nur wirklich Präziser ausgedrückt bedeutet dies, daß der Versuch einer Bi• werden, wenn mehrere notwendige Bedingungen erfüllt sind. lanz der Tätigkeit der Vereinten Nationen von den folgenden Wesentlich ist zunächst die Schaffung einer Infrastruktur. grundlegenden Elementen ausgehen muß: Hierunter fallen: die Erforschung der ökonomischen Möglich• keiten, die Heranbildung administrativer und wirtschaftlicher > Die Mitglieder der Vereinten Nationen, die als souverän Fachleute, die Verminderung des Analphabetentums sowie der und gleich angesehen werden, haben sich zur Realisierung Bau von Straßen, Häfen, Flugplätzen, Eisenbahnen, Kran• bestimmter universaler Ziele, nämlich der Friedenswah• kenhäusern usw. Alle diese Projekte sind kommerziell zu• rung und der Hebung der allgemeinen Wohlfahrt in der nächst nicht sehr interessant, so daß private Geldgeber nicht Welt, zu einer Organisation mit vereinbarten Regeln zu• in erster Linie in Frage kommen. Hier liegt eine bedeutsame sammengeschlossen ; Aufgabe der Staatengesellschaft. Das Entwicklungsprogramm > obgleich alle Staaten »souverän und gleich« sind, hebt sich der Vereinten Nationen beteiligt sich an der Lösung dieser aus dem Kreise der Staaten eine kleine Gruppe, die Groß• Aufgabe. Es handelt sich hierbei um langfristige Zielsetzun• mächte, heraus; gen, und so umfassen die Perspektivpläne der UNO längere > für die Funktionsfähigkeit der UNO ist der Einfluß der Zeiträume. Mit dem 25. Jahrestag der UNO beginnt die Großmächte bestimmend; >Zweite Entwicklungsdekade< dieses Programms. > die Vereinten Nationen sind daher keine Weltregierung; Eine wirtschaftliche Entwicklung ist aber ohne ausreichende > die UNO ist lediglich ein Instrument der Staaten, das von Produktionsmittel nicht denkbar. Die UN-Organisation für die den Mitgliedern genutzt, aber auch nicht genutzt werden Industrielle Entwicklung (UNIDO), die 1967 ihre Arbeit be• kann. gann, soll die technologische und industrielle Entwicklung in Die folgende Darstellung erörtert zunächst die Bemühungen den Entwicklungsländern auf die verschiedenste Weise för• der UNO im Bereich der ökonomisch-sozialen Kooperation. dern.

134 Vereinte Nationen 5/70 Eines der wesentlichsten Probleme - kurzfristig aber die wich• Zwischenkriegszeit hatten gezeigt, daß eine wirksame Frie• tigste Aufgabe - ist die Überwindung des Hungers in vielen denssicherung ohne die Beteiligung aller Großmächte zum Ländern Asiens, des Nahen Osten, Lateinamerikas und Afri• Scheitern verurteilt ist. uaher wurden die fünf Großmächte kas. Wo die Ernährung mangelhaft ist, fehlt die Arbeitsener• - die USA, die Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und gie; die Staaten sind gezwungen, von ihren ohnehin knappen China - Ständige Mitglieder des Sicherheitsrates. Mitteln Lebensmittelkäufe zu tätigen, so daß andere, indu• Die Interessen der kleineren und mittleren Staaten wurden strielle Investitionen zu kurz kommen müssen. Seit 1960 hat dadurch gewahrt, daß aus ihrem Kreis zunächst sechs und die Nahrungsmittelproduktion in Asien nicht einmal mit der später zehn Staaten nichtständige Mitglieder des Rates wur• Bevölkerungszunahme Schritt gehalten. Die Welternährungs• den. Die Vorrangstellung der Großmächte kam aber noch in organisation (FAO) versucht, die ökonomische und soziale Ent• einer zweiten Besonderheit zum Ausdruck: sie mußten in al• wicklung durch eine Förderung der Nahrungsmittelproduk• len wesentlichen Fragen einstimmig beschließen, d. h. Nein- tion und durch direkte Nahrungsmittelhilfen zu fördern. Stimme eines Ständigen Mitglieds macht den Rat beschluß• Unerläßlich für die Verbesserung des Lebensstandards ist die unfähig (Veto). In der Praxis bedeutet dies, daß Zwangsmaß• Verbesserung der Erziehung und Ausbildung. Die Verminde• nahmen gegen eine Großmacht oder einen mit einer Groß• rung des Analphabetentums ist hier eine der Hauptaufgaben: macht verbündeten Staat nicht möglich sind. etwa 750 Millionen Erwachsene, vor allem in den Entwick• Das >Veto-Recht< ist immer wieder kritisiert worden. Aber lungsländern, können weder lesen noch schreiben. Die Orga• diese Einschränkung wurde von den Charta-Gründern in der nisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft realistischen Erkenntnis in Kauf genommen, daß Zwangs• und Kultur (UNESCO) hat eine weltweite Kampagne gegen maßnahmen gegen eine Großmacht kein Schritt zur Wahrung das Analphabetentum aufgenommen. Diese Aufgabe ist ihrer des Weltfriedens, sondern der erste Schritt zu einem neuen Natur nach nur in einem längeren Zeitraum zu bewältigen. Weltkrieg sein würden. »Wenn eine solche Situation entste• Dies gilt in erhöhtem Maße von den Bestrebungen zur kultu• hen würde«, heißt es in einem Kommentar der britischen De• rellen Zusammenarbeit, deren Ziel es ist, die Vorurteile, die legation in San Francisco, »dann sind die Vereinten Nationen in den verschiedenen Ländern über die Menschen in anderen in ihrer Zielsetzung gescheitert und alle Mitglieder müssen Staaten bestehen, allmählich abzubauen und zu überwinden. dann so handeln, wie sie es den Umständen gemäß für richtig Die Existenz dieser Vorurteile und >Feindbilder< ist nicht ein halten«. Das bedeutet, sie müssen ihre Politik auf das »an• besonderes Merkmal der Denkweise in den Entwicklungslän• gestammte Recht der individuellen und kollektiven Selbstver• dern: sie sind vielmehr besonders ausgeprägt in den Staaten, teidigung« stützen, das in Artikel 51 der Charta formuliert ist. die die Stufe des Analphabetentums bereits überschritten ha• Deutlich aber ist, daß nach dem System der Vereinten Na• ben, d. h. in den Industrieländern. Diese, meist negativen, Vor• tionen die Verhängung von Sanktionen nur eine Ausnahme, urteile über andere Staaten und Völker sind aber eines der aber nicht die Regel bildet. wichtigsten Hindernisse auf dem Wege zu einer internationa• Größere Bedeutung wurde den Methoden der friedlichen len Kooperation; sie sind eine bedeutsame Ursache für die Streitbeilegung beigemessen. Hier kann der Rat Empfehlun• friedensgefährdenden Konflikte in dieser Welt. gen aussprechen, Streitfragen diskutieren und eine Klärung Die Bemühungen um Abrüstung und Rüstungsbegrenzung des Meinungsbildungsprozesses herbeiführen, aber er kann sind nicht nur Elemente einer internationalen Friedenssiche• den Parteien keine bindenden Anweisungen erteilen, wie sie rung: sie haben gleichfalls bedeutsame ökonomische und so• einen Streit beilegen sollen. Die Parteien bleiben Herren ihres ziale Aspekte, denn es ist offenkundig, daß die enormen Rü• Streitfalles, vor allem darf ihnen keine Lösung auferlegt oder stungsausgaben überall in der Welt angesichts der Bestrebun• aufgezwungen werden. Dies schließt aber nicht aus, daß die gen zur Hebung des Lebensstandards eine ungeheure Ver• Staatengesellschaft in erster Linie durch den Rat (aber auch schwendung darstellen. Damit wird aber auch deutlich, daß durch die Generalversammlung, die jedoch nur sekundäre die Friedenssicherung selbst, die zweite große Aufgabe der Kompetenzen im Bereich der Friedenswahrung besitzt) einen Vereinten Nationen, für den materiellen Wohlstand in der nicht unbeträchtlichen Druck auf die streitenden Parteien im Welt wesentlich ist, denn eine Rüstungsbegrenzung, die zu Sinne einer Konfliktsbereinigung ausüben kann. echten Abrüstungsschritten führen soll, ist nur denkbar, wenn In den Bestimmungen für die Friedenswahrung wird beson• die Bestrebungen zur Kriegsverhütung gewisse Mindesterfolge ders deutlich, daß die Vereinten Nationen weit davon entfernt erzielen. Die Wahrung des Weltfriedens und der internationa• sind, eine Weltregierung zu sein. Das UN-System enthält Ele• len Sicherheit ist aber letzten Endes die Voraussetzung für die mente eines Systems der kollektiven Sicherheit, doch bilden internationale Kooperation, gleichviel auf welchem Gebiet: die Großmächte innerhalb dieses Systems eine > Oligarchie <, Militärische Konflikte begrenzen, behindern und schwächen ein >Konzert der Mächtex. Das Veto ist keine Schwäche der jede Zusammenarbeit; ein dritter Weltkrieg, ausgefochten mit Charta. Es bildete vielmehr die Voraussetzung für die Mit• dem existierenden Atomwaffenarsenal, wäre das Ende aller gliedschaft aller Großmächte und die Möglichkeit, auch Zusammenarbeit. Zwangsmaßnahmen gegen einen Aggressor zu beschließen. Jedenfalls ist die Anwendung des Veto-Rechts keine Ursache 3. Das Repertoire der Friedenswahrung für die internationalen Spannungen. Im Gegenteil, das Veto Wie es in der Präambel der Charta heißt, wollen die Vereinten ist lediglich Ausdruck der Großmächte-Uneinigkeit. Hervor• Nationen »künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zuheben ist zudem, daß alle Großmächte das Veto-Recht hart• bewahren«. Zu diesem Zweck haben die Charta-Gründer in näckig verteidigen. San Francisco ein Instrumentarium zur Kriegsverhütung ge• schaffen und Regeln für die Beendigung von Feindseligkeiten Wie hat nun das Sicherheitssystem der Vereinten Nationen und für die friedliche Streitbeilegung festgelegt. Die Elemente in der Nachkriegszeit funktioniert? der Charta, die die Friedenswahrung regeln, sind bis auf den Da die Großmächte-Einigkeit der Kriegszeit bald zerfiel, heutigen Tag ein Zeugnis für den Realismus, den die Staats• wurde vor allem der Sicherheitsrat rasch zu einem Kampf• männer 1945 an den Tag legten. platz des Kalten Krieges. Trotzdem konnte der Rat einen Bei• Im einzelnen wurde in San Francisco bestimmt, daß der Si• trag zur Friedenswahrung leisten: er war an dem großen Ent• cherheitsrat die »Hauptverantwortung für die Wahrung des kolonialisierungsprozeß beteiligt und wirkte bei der Beilegung Weltfriedens und der internationalen Sicherheit« innehat. Un• und Eindämmung kleinerer Konflikte mit. Vor allem ver• ter gewissen, allerdings eng umrissenen, Voraussetzungen hat deutlichten die Ratsdebatten der amerikanischen Öffentlich• der Rat die Möglichkeit, notfalls Zwangsmaßnahmen gegekeit ndi e Notwendigkeit des weltpolitischen Engagements der einen möglichen Aggressor anzuwenden. Die Erfahrungen der USA. Dennoch war die Ratstätigkeit zunächst für viele eine

Vereinte Nationen 5/70 135 Enttäuschung. Unter dem Eindruck des Korea-Krieges erhielt wahrung, einmal die »Unzulässigkeit, Gebiet durch Krieg zu die Generalversammlung 1950 zusätzliche Vollmachten auf erwerben« und die »Notwendigkeit, für einen dauerhaften dem Felde der Kriegsverhütung. Die bedeutendste Leistung und gerechten Frieden zu arbeiten, in dem jeder Staat des Ge• der Versammlung bildete ihre entscheidende Mitwirkung bei biets in Sicherheit leben kann«. Gestützt auf diese Grund• der Beendigung der Suez-Krise im Jahre 1956. Der Ungarn- sätze fordert der Rat im einzelnen: Rückzug der israelischen Aufstand des gleichen Jahres ließ aber die Grenzen der Mög• Streitkräfte aus Gebieten, die während des jüngsten Konflikts lichkeiten der Versammlung deutlich werden: gegen den Wi• besetzt wurden, Einstellung aller Behauptungen oder Formen derstand einer Supermacht konnte sie nicht wirksam tätig eines Kriegszustandes sowie die Beachtung und Anerkennung werden. Die machtpolitischen Gegebenheiten bringen es mit der Souveränität, der territorialen Unversehrtheit und der po• sich, daß die Großmächte auch in der Versammlung über ein litischen Unabhängigkeit eines jeden Staates in diesem Ge• sogenanntes eingebautes Veto verfügen. biet und seines Rechts, innerhalb sicherer und anerkannter Aber ganz allgemein erkannten die Großmächte, daß eine zu Grenzen frei von Drohungen und Akten der Gewalt in Frie• selbständige Generalversammlung ihre gemeinsame Vorrang• den zu leben. rolle im System der Vereinten Nationen zu schmälern drohte. Weiter bekräftigt der Rat die Notwendigkeit, die freie Schiff• Es zeigte sich auch, daß die Friedenswahrung durch die klei• fahrt auf den Wasserstraßen dieses Gebiets zu garantieren; neren und mittleren Staaten für diese mit nicht unbeträcht• eine gerechte Regelung des Flüchtlingsproblems zu verwirk• lichen Risiken verbunden war. Vor allem aber wurde es im• lichen; die territoriale Unversehrtheit und die politische Un• mer schwerer, in der Versammlung die erforderliche Zwei- abhängigkeit eines jeden Staates in dem Gebiet sicherzustel• Drittel-Mehrheit für Beschlüsse zu finden. len, wozu die Schaffung entmilitarisierter Zonen zählt. Alle diese Gründe führten Anfang der sechziger Jahre zu Schließlich wurde der Generalsekretär in der Resolution er• einer allmählichen Rückkehr zum System des Sicherheitsrates, sucht, einen Vermittler für den Nahen Osten zu ernennen. wie es einst in der Charta konzipiert worden war. Allerdings Bisher wurde allein die letztgenannte Bestimmung der Re• mit zwei Besonderheiten: Einmal sind die USA und die So• solution verwirklicht: der schwedische Diplomat Gunnar Jar• wjetunion, als Supermächte, aus dem Kreis der Großmächte ring wurde vom Generalsekretär zum Sonderbeauftragten für herausgewachsen, zum anderen wurde die Zahl der nichtstän• den Nahen Osten ernannt. Seine Bemühungen blieben zu• digen Mitglieder auf zehn erhöht, um den mittleren und klei• nächst erfolglos. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Reso• neren eine umfassendere und gerechtere Repräsentation zu lution vom 22. November enthält im wesentlichen eine Samm• geben. lung der Ziele aller am Nahost-Konflikt beteiligten Staaten, Diese Renaissance des Sicherheitsrates fällt zeitlich mit der ohne daß eine klare Reihenfolge für die Realisierung festge• allgemeinen internationalen Entspannung zusammen, die ih• legt wurde. Außerdem sind die Formulierungen vage gehal• ren Ausdruck am deutlichsten im Atomwaffensperrvertrag ten und gaben Anlaß zu unterschiedlichen und entgegengesetz• fand. Vietnam und die CSSR zeigen aber auch, daß eine Ent• ten Auslegungen. Vor allem aber fehlte es den Parteien zu• spannung keinesfalls die sofortige Beendigung aller Konflikte nächst an dem Willen, zu einer Einigung zu gelangen. bedeutet. Immerhin ist im Vietnam-Krieg eine De-Eskalation Die gefahrvolle Pattsituation im Krisengebiet führte aber der militärischen Operation eingetreten, während gleich• schließlich im Juni dieses Jahres zu einer amerikanischen zeitig Verhandlungen stattfinden, die aber bisher keine greif• Friedensinitiative (Rogers-Plan), deren bisherige Ergebnisse baren Ergebnisse brachten. In den SALT-Gesprächen haben ein befristeter Waffenstillstand und der Wiederbeginn der die beiden Supermächte Verhandlungen über eine Begren• Jarring-Mission sind. Um die Chancen dieser Friedensbemü• zung der Rüstung für bestimmte Raketentypen, offenbar mit hungen zu beurteilen, sollen die fünf Faktoren der Krise und gewissen Erfolgsaussichten, begonnen. ihre Wechselwirkung skizziert werden. Diese fünf Faktoren sind: Die streitenden Parteien; die Supermächte; die Verein• 4. Der Nahe Osten zwischen Krieg und Frieden ten Nationen; die allgemeine Entwicklung der internationalen Von zentraler Bedeutung für die Friedenswahrung ist die Situation sowie schließlich die Palästinenser und China. Herbeiführung einer friedlichen Regelung oder zumindest ei• nes Modus-vivendi im Nahen Osten. Seit dem Sechs-Tage- Man kann nun erkennen: Krieg hat sich eine zweifache Entwicklung ergeben: die strei• Die Mehrzahl der Beobachter ist der Ansicht, daß die Palästi• tenden Parteien, die alle dem Kreis der Nicht-Großmächte an• nenser und China - die den Rogers-Plan verurteilen - eine gehören, haben erkannt, daß sie ihre Ziele durch militärische Nahost-Regelung, die die Parteien bejahen und die von den Operationen nicht zu erlangen vermögen. Weder können die vier Großmächten unterstützt wird, nicht verhindern können. Israelis einen Frieden in sicheren und anerkannten Grenzen Dies gilt aber nur für die Gegenwart. Ein weiteres Andauern erzwingen, noch gelang es den Arabern, auch nur eines der der Krise kann das politische Gewicht dieser Gegner jeder im Kriege besetzten Gebiete zurückzuerobern. Auf der ande• ausgehandelten Regelung größer werden lassen. ren Seite wurde die indirekte Intervention der Sowjetunion Die Gespräche zur Raketenbegrenzung und auch der deutsch• auf ägyptischer und der USA auf israelischer Seite immer sowjetische Vertrag schaffen ganz allgemein ein gewisses intensiver. Damit rückte allmählich die Gefahr einer direkten günstiges Klima auch für die Nahost-Gespräche: Einmal wird Konfrontation der Supermächte in den Bereich des Möglichen. hier deutlich, daß selbst langjährige und tiefgreifende Gegen• Präsident Nixon bezeichnete daher die Nahost-Situation als sätze durch Verhandlungen überbrückt oder zumindest abge• noch gefährlicher als den Vietnam-Krieg. Auf dem Kriegs• baut werden können. Andererseits würde eine Nahost-Kon• schauplatz war also eine Pattsituation entstanden, die die Dro• frontation der Supermächte die SALT-Gespräche, an deren hung einer gefahrvollen Ausweitung des Konflikts enthielt. Erfolg beide Seiten lebhaft interessiert sind, gefährden. Diese Lage, in der niemand militärisch etwas erreichen kann Die eigentlichen Friedenshindernisse liegen bei den Parteien und in der alle gefährdet sind, erwies sich als günstig für eine selbst: abgesehen von den >Falken<, den notorischen Entspan• neue Bemühung, eine Friedensregelung anzustreben. nungsgegnern auf beiden Seiten, die einmal die Existenz des Denn im Unterschied zum Vietnam-Konflikt existiert für den Staates Israel nicht anerkennen wollen und die andererseits Nahen Osten tatsächlich eine zusätzliche Grundlage für eine die eroberten Gebiete für die einzig wirksame Sicherheits• friedliche Regelung, die nach allgemeiner Auffassung alle Ele• garantie halten, haben 22 Jahre Feindschaft mit drei Kriegen, mente für eine friedliche und gerechte Beilegung der Krise die nur durch stets gefährdete Waffenstillstände unterbrochen enthält: es handelt sich um die einstimmig am 22. November wurden, auf beiden Seiten ein großes Maß an Mißtrauen, Haß 1967 vom Sicherheitsrat verabschiedete Resolution 242. Ganz und Besorgnis entstehen lassen. Daher ist es schwierig, den allgemein betont die Resolution zwei Prinzipien der Friedens• wahren Einigungswillen der Parteien - von dem letzten Endes

136 Vereinte Nationen 5/70 alles abhängen wird - mit hinreichender Sicherheit abzuschät• zen. Denn ziemlich sicher ist, daß eine von den Supermächten den Parteien gegen ihren Willen auferlegte Lösung, ein Diktat, 25 Jahre Vereinte Nationen keine dauerhafte Regelung sein kann. Eine solche Großmächte• regelung würde nur so lange dauern, wie Einigkeit unter den Grußbotschaft des Bundespräsidenten Großmächten herrscht. Die Erfahrung zeigt aber, daß diese an den Präsidenten der Vollversammlung Einigkeit selten dauerhaft ist. Ein Zerfall der Großmächte• Der Bundespräsident sandte dem Präsidenten der UN- einigkeit würde aber wieder zu einem Waffengang der Par• Vollversammlung, Herrn Edvard Hambro, zum 25. Jah• teien führen. Dies bedeutet nicht, daß die Supermächte keinen restag der Vereinten Nationen am 24. Oktober 1970 fol• Einfluß ausüben. Im Gegenteil: nur ein erheblicher Druck der gendes Telegramm: Sowjetunion und der USA auf ihre jeweiligen Klienten kann Zum 25. Jahrestag der Gründung der Vereinten Natio• die friedenswilligen Kräfte in Israel sowie in Ägypten und nen übermittle ich Ihnen auch im Namen des deutschen Jordanien zum Zuge bringen und den Einfluß der Kalten Krie• Volkes herzliche Glückwünsche. ger, die es hier wie auch in allen anderen Konfliktszonen Die Bundesrepublik Deutschland nimmt an den Aufga• gibt, zurückdrängen. Zwischen einem solchen Druck, der die ben der Weltorganisation großen Anteil und unterstützt an sich bereits vorhandene Friedensbereitschaft stärkt, und ihre bedeutungsvolle Tätigkeit nach Kräften. Ich wün• einer auferlegten oder gar aufgezwungenen Lösung besteht sche der Organisation der Vereinten Nationen, daß sie ein fundamentaler Unterschied. in den kommenden Jahren ihre hohen Ziele mit wach• Und genau an diesem Punkt beginnen die Friedensbemühun• sender Kraft verfolgen kann, und daß ihren Bemühun• gen des Sicherheitsrats und Jarrings ihre eigentliche Bedeu• gen um die Erhaltung und Sicherung des Friedens in tung zu erlangen. Die streitenden Parteien können im allge• der Welt Erfolg beschieden sein möge. meinen, das zeigen die Erfahrungen, allein eine friedliche Re• Gustav W. Heinemann gelung nicht finden. Eine reine Großmächteregelung, die auf• Präsident der Bundesrepublik Deutschland erlegt wird, kann einmal keinen dauerhaften Frieden bringen, sie ist auch problematisch, weil die Großmächte nicht unab• Erklärung des Bundeskanzlers hängige Richter und neutrale Schiedsrichter sind, sondern ihre zum 25jährigen Gründungsjubiläum realen Interessen bei einer Regelung, die sie diktieren, nicht in der Vereinten Nationen Vergessenheit geraten lassen würden. Unter diesen Aspekten scheint es ermutigend zu sein, daß sowohl die Großmächte als Am 24. Oktober 1970 feiert die Organisation der Ver• einten Nationen ihr 25jähriges Bestehen. auch die Parteien die Jarring-Mission anerkennen und unter• Auch für die Bundesrepublik Deutschland hat dieses stützen, daß sie alle Mitglieder der UNO und im Sicherheits• Jubiläum eine große Bedeutung. Sie ist zwar bisher rat vertreten sind oder an den Ratsdiskussionen teilnehmen selbst nicht Vollmitglied der Weltorganisation, zählt aber können. In einer gewissen Weise kommt hierdurch der Ein• zur Familie der Vereinten Nationen. fluß der kleineren und mittleren Staaten zur Geltung; und Die Bundesregierung bekennt sich nicht nur ausdrück• diese Staaten können an zwei Dingen kein Interesse haben: lich zu den Prinzipen der Satzung der VN, vielmehr ar• an der Fortdauer des Konflikts und an einer von den Groß• beitet die Bundesrepublik seit fast 20 Jahren als Mit• mächten auferlegten Lösung. Die erste Möglichkeit gefährdet glied in den Sonderorganisationen der Vereinten Natio• nen maßgeblich mit und beteiligt sich an allen wichtigen indirekt auch sie; mit der zweiten würde ein Präzedenzfall Hilfswerken, Sonderaktionen und Entwicklungsprogram• geschaffen, der eines Tages auch auf ihre Streitfälle angewen• men der Vereinten Nationen. det werden könnte. Für das deutsche Volk sind infolge seiner schmerzlichen Zusammengefaßt läßt sich sagen: Die Hindernisse, die einer Erfahrungen der früheren Jahrzehnte die hohen Ziele Nahost-Regelung im Wege stehen, sind nach wie vor beträcht• der Vereinten Nationen, Verständigung und Zusammen• lich. Aber die Gefahren, die eine Fortdauer des Konflikts mit arbeit der Völker dieser Erde, besonders erstrebens• sich bringt, sind offensichtlich von den Parteien, den Groß• wert. Für die fortschreitende Verwirklichung der großen mächten und der Staatenmehrheit deutlich erkannt worden. Friedens- und Kooperationsaufgaben der Vereinten Na• Die Verhandlungen und Vermittlungsbemühungen werden tionen setzt sich die Bundesregierung mit allen Kräften nicht leicht sein; sie werden lange dauern, wobei krisenhafte ein. Verwicklungen und sogar neue Präventivschläge und militä• Wir sehen in den Vereinten Nationen nicht nur ein welt• weites Forum, sondern schätzen besonders hoch die rische Zusammenstöße nicht auszuschließen sind. Aber es exi• von den Vereinten Nationen gewährten Möglichkeiten stieren reale Möglichkeiten, eine dauerhafte und gerechte Re• der praktischen Zusammenarbeit auf den verschieden• gelung herbeizuführen. Erst die kommenden Monate werden sten Gebieten des Zusammenlebens der Völker. So be• die ersten Antworten auf die Frage bringen, ob diese Mög• grüßt und unterstützt die Bundesregierung die Bemü• lichkeiten genutzt werden. hungen um eine engere technologische Zusammen• arbeit und die Absprachen auf dem Abrüstungsgebiet 5. Perspektiven, Mythen und Realitäten sowie die mannigfachen Anstrengungen um eine Ver• ringerung des Nord-Süd-Gefälles. Zwei Aufgaben liegen außerhalb des Bereichs einer theoreti• Am Vorabend der Verkündung der Zweiten Entwick• schen Darstellung. Sie kann keine Entwürfe für eine »bessere lungsdekade bekräftigt die Bundesregierung auch ihren Welt« anbieten. Eine theoretische Abhandlung sollte aber auch Willen zur Mitarbeit an dieser großen Aufgabe. Sie wird nicht den Versuch unternehmen, alle Gegensätze und Probleme sich in ihrer Entwicklungspolitik von den Grundsätzen der Gegenwart in ein versöhnliches Sowohl-als-auch aufzu• der Vereinten Nationen für die Strategie der Zweiten lösen, um durch eine solche Schein-Objektivität Trost zu spen• Dekade leiten lassen. den. Aufgabe muß es vielmehr sein, die gegebenen politischen Die Bundesrepublik Deutschland gedenkt des Jubiläums Kräfte und Konstellationen zu beschreiben, um hierauf auf• der Vereinten Nationen in der festen Hoffnung, daß die bauend den Versuch zu machen, einige Schlußfolgerungen zu Weltorganisation ihre erklärten Ziele mit verstärkter ziehen. Sind diese Schlußfolgerungen hinreichend begründet, Kraft verwirklichen möge. dann bilden sie die Basis für kurz- und mittelfristige Voraus• Willy Brandt sagen. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland Heute, im Rückblick auf die 25jährigen Bemühungen der Ver• einten Nationen, ist es auch gelungen, die Leistungen des Völ-

Vereinte Nationen 5/70 137 kerbundes, des ersten großen Experiments der internationalen unter den Völkern mehr geben wird und in der alle Staaten, Kooperation, gerechter zu beurteilen. Die Geschichte des Völ• die großen und die kleinen, durch ein wirksames System der kerbundes stellt einen reichen Schatz der praktischen politi• kollektiven Sicherheit geschützt sein werden. schen Erfahrung dar. Die Hauptursachen des Scheiterns des Die Realität der internationalen Politik macht es aber erfor• Völkerbundes waren: Niemals gehörten alle Großmächte dem derlich, gewisse Vorstellungen als das zu erkennen, was sie in Bund an; wahrscheinlich zu Unrecht galt der Völkerbund als der Tat sind: Wunsch Vorstellungen und Mythen, die keine ein Instrument zur Konsolidierung der Ergebnisse der Pariser Grundlage in der Wirklichkeit haben. Wirklichkeitsfern ist es, Friedensverträge. Und schließlich zeigte sich der Bund dem von den nationalen Regierungen ein übernationales Handeln konzentrischen Angriff dreier >revisionistischer< Mächte nicht zu erwarten. »Eine nationale Regierung«, bemerkt Andrew gewachsen. Hieraus haben die Vereinten Nationen gewisse po• Boyd prägnant, »existiert, wie schon die Bezeichnung andeutet, sitiv zu bewertende Schlußfolgerungen gezogen: zur Förderung der nationalen Interessen. Viele Regierungen Der neuen Weltorganisation gehörten, zumindest in der An• sind gestürzt worden, wenn die innenpolitischen Gegner nach• fangsphase, alle Großmächte an. Die friedensvertraglichen weisen konnten, daß sie das nationale Interesse nicht nach• Regelungen wurden der Kompetenz der Vereinten Nationen haltig genug verteidigt haben, keine Regierung ist aber ge• entzogen und den Siegermächten überantwortet, eine Ent• stürzt worden, weil sie die nationalen Interessen zu kraftvoll scheidung, die die Arbeit der UNO günstig beeinflußt hat. Und verteidigt haben.« Die Resolutionen der UNO-Organe sind ein schließlich hat keine Großmacht nach dem Zweiten Weltkrieg Kompromiß der verschiedenartigsten Interessen, aus ihnen den Versuch unternommen, die internationale Ordnung in ih• spricht kein internationaler Geist<. Es ist schon viel erreicht, rer Gesamtheit durch Gewalt umzustürzen. Selbst der Be• wenn die Interessenkompromisse als gerecht angesehen und griff >Kalter Krieg< impliziert, daß die politischen Auseinan• allgemein gebilligt werden. Auch die Vorstellung, daß eine dersetzungen zumindest im Prinzip mit politischen Mitteln Großmacht eine >gute<, eine andere, eine >verwerfliche< Poli• ausgetragen werden sollten. Und diese Spielregel wird auch tik verfolgt, gehört in das Reich der Mythen, die besonders von der Großmacht, die der UNO nicht angehört, nämlich dem gefährlich sind. Diese Vorstellung ist das Fundament aller kommunistischen China, akzeptiert. Die Erfahrungen des Bun• Kreuzzugs-Ideologien. Nüchtern betrachtet, zeigt die Nach• des bildeten im wesentlichen eine latente Warnung für die kriegsgeschichte, daß alle Großmächte geneigt waren, bei der Mitglieder der UNO. Im allgemeinen wurde diese Warnung Verfolgung ihrer Interessen wichtige Bestimungen der Charta beachtet. gering zu achten. Und doch haben sie alle das UNO-System Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch die im Prinzip intakt gehalten. neue Weltorganisation hinter idealistischen Zielvorstellungen Ein europäisches Überlegenheitsgefühl ganz eigentümlicher zurückgeblieben ist. Die Geschichte der internationalen orga• Art kommt schließlich in der Klage zum Ausdruck, daß »un• nisierten Kooperation, insbesondere zur Wahrung des Welt• verantwortliche Mehrheiten«, vor allem aus den jüngst unab• friedens, umfaßt nur einen Zeitraum von insgesamt 50 Jah• hängig gewordenen Nationen, über das Schicksal anderer Län• ren. Dies ist eine kurze Zeitspanne im Vergleich zu der lan• der (gemeint sind gewöhnlich die hochzivilisierten) bestim• gen Geschichte der Menschheit, in der der Krieg ein erlaubtes men. Einmal ist das Vermögen, über das Schicksal anderer Mittel der Politik war, obwohl dieser Tatbestand bisweilen Länder in der UNO zu bestimmen, nicht sehr groß: eine Re• durch die Formel vom gerechten Krieg< verdeckt oder ratio• solution zum Beispiel, in der alle Entwicklungsländer die rei• nalisiert wurde. chen Nationen auffordern würden, einen bestimmten Prozent• Die Vereinten Nationen sind ein Versuch, die Konflikte dieser satz ihres Nationaleinkommens als Entwicklungshilfe abzu• Welt durch eine internationale Kooperation beizulegen oder führen, wäre ohne Bedeutung für die praktische Politik. Zum zumindest einzugrenzen. Es zeigte sich nach 1945 bald, daß die anderen fällt ein Vergleich zwischen der Geschichte der Alten Gestaltung einer Friedensordnung stets bedeutendere Pro• Welt mit ihren jahrhundertelangen Konflikten und dem in• bleme auf wirf t als die Erringung des militärischen Sieges selbst. ternationalen Verhalten der Neuen Nationen wahrscheinlich Auch unter den >Friedensmachern< von 1919 entstanden er• nicht zuungunsten der letzteren aus. hebliche Differenzen, die die Ursache für viele verhängnis• Ganz allgemein wird man mit Hans Morgenthau sagen kön• volle Konflikte in der Zwischenkriegszeit bildeten. Dabei be• nen, daß in der Beurteilung des Verhaltens anderer Staaten standen unter den Siegern des Ersten Weltkrieges nicht ideo• »kosmische Demut« am Platz ist. Politiker und Publizisten lei• logische Konflikte, die für die Zeit nach 1945 ein bedeutsames sten einen realen Beitrag zur internationalen Kooperation, in• Element der Weltpolitik wurden. Dieses ideologische Element dem sie in ihren jeweiligen Staaten für die Friedenswahrung darf aber die Tatsache nicht verbergen, daß die Probleme, de• und für die Hebung der Wohlfahrt in der Welt wirken. Beleh• nen die Mächte nach dem Zweiten Weltkrieg gegenüberstan• rungen anderer Regierungen und Völker sind bestenfalls nutz• den, realer Natur waren und sind. Daher hätten die Verein• los, gewöhnlich erzielen sie nur einen Effekt, der dem beab• ten Nationen immer, auch ohne die ideologische Komponente, sichtigten genau entgegengesetzt ist. Schwierigkeiten gehabt, alle politischen Streitfragen zu regeln oder einen Beitrag zu ihrer Regelung zu leisten. Im Grunde Diese »Belehrungen« verschütten aber vor allem die viel• hätten die Vereinten Nationen perfekt nur in einer Welt funk• leicht realste Möglichkeit, die UNO zu stärken, nämlich das tionieren können, die, wie William T. R. Fox bemerkt, »den Bestreben der kooperationswilligen Kräfte innerhalb der Staa• Frieden so stark ersehnte, daß man kaum die Organisation ten, für eine internationale Friedensordnung zu wirken. gebraucht hätte«. Diejenigen, die andere Staaten »belehren«, sind in der Regel Die fundamentale Tatsache der internationalen Politik ist in die Gegner jeder realistischen Politik des Ausgleichs. In allen der Gegenwart, und auch in der überschaubaren Zukunft, die Spannungsgebieten ertönt der Chor der notorischen Entspan• Existenz der Konflikte unter den Staaten. Demgegenüber nungsgegner. Diese Internationale der Entspannungsfeinde steht die Kooperation erst an den Anfängen. Angesichts die• ist bestrebt, alle an sich schon schwierigen Friedensbemühun• ser doppelten Realität müssen auch die Vereinten Nationen gen der UNO oder der Staaten der Krisengebiete in einen unter einem Doppelaspekt betrachtet werden. Sie sind, um Nebel der Verdächtigungen zu tauchen und die Geister zu den australischen Völkerrechtler zu zitieren, ein janusköpfiges verwirren. »Da Kriege im Geiste der Menschen entstehen, so Gebilde: das eine Gesicht blickt zurück in eine anarchistische müssen auch im Geiste des Menschen die Werke zur Ver• Vergangenheit, auf die Souveränität der Einzelstaaten, auf teidigung des Friedens errichtet werden«, heißt es in der die besondere Verantwortung der Großmächte, auf die klas• Präambel der UNESCO. Diese Aufgabe der Aufklärung im sischen Militärbündnisse; das andere blickt dagegen in die Dienste des Friedens muß aber in jedem einzelnen Staat ge• Zukunft und in eine Welt, in der es keine Gewaltanwendung leistet werden, denn die wohlbekannte Kritik an anderen

138 Vereinte Nationen 5/70 Staaten war niemals wirksam. Wirksam ist nur eins: Wir aber die wesentlichen Voraussetzungen für eine breitere Ver• müssen uns selbst sagen, wie wir uns verhalten sollen. wirklichung der menschlichen Freiheiten und für eine Durch• Worin bestehen nun die praktischen Resultate der 25jährigen setzung der Menschenrechte in immer mehr Staaten. Tätigkeit der Vereinten Nationen? Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die die Gene• Im Bereich der ökonomisch-sozialen Kooperation herrscht ralversammlung 1948 verabschiedete, ist eine Willenserklä• Einmütigkeit unter den Beobachtern, daß die Leistungen der rung, die die Mitglieder nicht in rechtlicher Hinsicht verpflich• Weltorganisation in diesem Bereich nicht zu leugnen sind, daß tet. Dies wird indirekt durch das Bestreben deutlich, nun auch sie aber nur ein Anfang sein können. Unzweifelhaft sind in den verpflichtende internationale Konventionen abzuschließen. letzten 25 Jahren beträchtliche materielle Güter, Ausrüstun• Diese Konventionen sind bisher noch nicht in Kraft getreten gen und technologisches Wissen durch die Bemühungen der und dies zeigt, wie den Menschenrechten unter den gegebenen UNO aus den reichen Ländern in die Entwicklungsstaaten Verhältnissen größere Achtung verschafft werden muß. Im transferiert worden. Ebenso wenig ist zu bezweifeln, daß be• Gegensatz zu anderen Prinzipien der Charta, die einen streng deutende humanitäre Impulse in den Industrieländern im internationalen Charakter tragen, wie z. B. das Verbot der Sinne einer materiellen Hilfe durch die Aufklärung der UNO- Anwendung oder Androhung von Gewalt, müssen und sollen Gremien freigesetzt worden sind. die Menschenrechte innerhalb der Grenze der souveränen Dem steht aber die Tatsache gegenüber, daß die Kluft des Staaten realisiert werden. Zum anderen sind die Menschen• Pro-Kopf-Einkommens in den Industrieländern und den Ent• rechte keine isolierte Zielsetzung; ihre Realisierung ist viel• wicklungsländern stetig größer geworden ist. So war z. B. der mehr an bestimmte gesellschaftliche Bedingungen geknüpft. Zuwachs des Bruttonationaleinkommens in den USA 1968 Das günstigste Verfahren scheint darin zu bestehen, die Welt• größer als das gesamte Bruttonationalprodukt in ganz Afrika, meinung für die Förderung der Menschenrechte zu gewinnen. das reiche Südafrika eingeschlossen. Gleichzeitig beginnt das Hierdurch in erster Linie besteht die Aussicht, daß in immer in den Industrieländern Ende der fünfziger und Anfang der mehr Ländern die Sache der Menschenrechte allmählich zu ei• sechziger Jahre festzustellende Interesse an den Problemen ner Forderung der nationalen öffentlichen Meinung wird. der Entwicklungsländer einer wachsenden Skepsis Platz zu An dieser Stelle erscheint es nützlich, eine bedeutsame machen. Schranke der internationalen Kooperation zusätzlich deutlich Auf lange Sicht gesehen dürfte der realistischste Kurs in der zu machen: die Souveränität der Einzelstaaten. Die Weltorga• Entwicklungspolitik in der Förderung der Erkenntnis be• nisation darf nicht in die Angelegenheiten eingreifen, die im stehen, daß den unverzichtbaren humanitären Impulsen der wesentlichen in die innere Zuständigkeit der Staaten fallen. Appell an das Eigeninteresse der Industriestaaten an die Seite Das bedeutet ganz allgemein, daß die Innenpolitik eines Staa• gestellt werden muß. Die Entwicklungshilfe ist nicht ein Al• tes kein Tagesordnungspunkt der UNO sein kann. Die Alter• mosen oder ein Lastenausgleich für kolonialistische Sünden. native wäre wahrscheinlich nicht einmal wünschenswert, weil, Eine aktive Hilfe, die es den Entwicklungsländern ermöglicht, wie gezeigt wurde, die Einmischung in die inneren Angele• eine eigenständige Produktion zu entfalten, macht diese Län• genheiten eines Staates zu einem problematischen Präzedenz• der vielmehr zu wertvollen Handelspartnern auch und ge• fall werden kann. Hieraus ergibt sich, daß das Denken und rade der Industriestaaten. Eine Hebung des Lebensstandards Handeln in der internationalen Arena in seinen Grundzügen überall in der Welt würde gleichzeitig die politischen Verhält• konservativ ist und sein muß. Das Feld der mehr oder weniger nisse stabilisieren und ein Beitrag zur Entspannung sein. In• kühnen Reformen und Experimente liegt auf dem Felde der nere Stabilität und äußere Sicherheit durch Entspannung sind Innenpolitik. Diese aber ist Sache der Einzelstaaten.

Zwischen der Bundesrepu• blik Deutschland und der UNO bestehen enge und vielseitige Beziehungen, auch ohne daß die Bundesrepu• blik bisher in ihr Vollmit• glied ist. Sinnbildlicher Aus• druck dieser Verbundenheit ist es unter anderem, daß jeder führende deutsche Politiker, ob von der je• weiligen Regierung oder der Opposition, dem General• sekretär der Weltorganisa• tion am Hauptsitz der Ver• einten Nationen in New York bei sich bietender Ge• legenheit einen Höflichkeits• besuch abstattet. — Hier sehen wir Bundesaußenmi• nister Walter Scheel im Ge• spräch mit Generalsekretär U Thant am 29. September 1970 in New York.

Vereinte Nationen 5/70 139 Konservativ sind auch die Prinzipien der internationalen Frie• nomen, daß auch Regelungen, die als gerecht gelten und von denswahrung: Die Vereinten Nationen sind kein Instrument der überwiegenden Mehrheit der Staatengesellschaft bejaht zur Durchsetzung dieses oder jenes nationalen Ziels. Ausgangs• und gefördert werden, die Keimzelle neuer Probleme und punkt der Tätigkeit der Weltorganisation ist der Status quo. weiterer Konflikte werden können. Insbesondere ist der territoriale Status quo die Grundlage der Die Haupthindernisse für eine erfolgreichere Friedenswah• friedenswahrenden Bemühungen der Vereinten Nationen. rung liegen nicht in dieser oder jener vermeintlichen Schwäche Hiervon ausgehend, kann der eigentliche Beitrag der UNO zur der Charta. Sie sind allein in dem Verhalten der Staaten zu Friedenswahrung so zusammengefaßt werden: suchen. Wie Lord Gladwyn einmal bemerkte: »Die Vereinten 1. Mit den Gremien der Weltorganisation, vor allem dem Si• Nationen sind ein Spiegel, und wenn der Spiegel ein häß• cherheitsrat, aber auch der Versammlung, steht ein Instru• liches Bild zeigt, dann ist nicht der Spiegel schuld.« Die Er• mentarium zur Regelung von Streitfällen zur Verfügung. fahrungen der 25jährigen Geschichte der Vereinten Nationen und auch die Völkerbundszeit zeigen: wenn die Bestimmun• 2. Die Vereinten Nationen sind ein Forum, das den Parteien gen der Verfassung der internationalen Kooperation bona fide die Möglichkeit gibt, ihren Standpunkt der internationalen angewendet werden, kann die Friedenswahrung funktionie• Öffentlichkeit vorzutragen. Andererseits kann die Staatenge• ren. Die Tätigkeit der UNO kann nur die Resultante der Gege• sellschaft durch die Meinungsäußerung der nicht am Streit benheiten der Weltpolitik sein. Und diese Gegebenheiten wer• beteiligten Staaten einen Einfluß auf die Streitbeilegung aus• den von den souveränen Staaten bestimmt. üben. Die UNO leistet damit einen Beitrag zu einem politi• Bei der Unterzeichnung sagte Präsident Truman 1945: »Es ist schen Klima, das die Spannungen mildert. ein Wunder, daß wir die Charta haben.« Die Charta war ein 3. Konflikte zwischen kleineren Staaten konnten beigelegt Kompromiß zwischen Großmächten und kleinen und mittleren werden, solange nicht die Interessen der Großmächte auf dem Staaten, zwischen reichen und armen, demokratischen und Spiel standen. weniger demokratischen Ländern. Dieses Werk von San Fran• Dem stehen offenkundige Schwächen gegenüber: cisco erwies sich als beständig, gerade weil es ein Kompro• 1. Konflikte, an denen die Großmächte oder Nichtmitglieder miß war. Denn der Kompromißcharakter der Charta erlaubte beteiligt sind, wie der Vietnam-Konflikt, sind im Rahmen der es den Vereinten Nationen, sich einer wandelnden Welt anzu• UNO schwer lösbar. passen. Die Mitgliedschaft wuchs innerhalb von 25 Jahren von 2. Zwischen der Funktionsfähigkeit der Weltorganisation und 50 auf 126 Staaten. Die Generalversammlung wurde stärker in den Beziehungen der Großmächte untereinander besteht eine den Prozeß der Friedenswahrung eingeschaltet. Diese Schwer• enge Relation mit einer doppelten Gefahr: Sind die Groß• gewichtsverlagerung erfüllte nicht alle Erwartungen und er• mächte uneinig, dann ist eine internationale Kooperation zur wies sich sogar als problematisch. Dennoch steht mit der Ver• Friedenswahrung nur unter Schwierigkeiten möglich; sind sie sammlung nun ein zusätzliches Instrument für die Bewälti• aber einig, dann drohen Friedensregelungen, die die Interes• gung von Krisensituationen zur Verfügung. Angesichts der sen der kleineren Staaten nur unzureichend berücksichtigen. Komplexität der internationalen Situation ist es wertvoll, 3. Den Vereinten Nationen ist es vielfach nur gelungen, Waf• wenn das Repertoire der Kriegsverhütung variabel und viel• fenstillstände in den Konflikten der kleineren Staaten herbei• gestaltig ist. zuführen, die zwar die Feindseligkeiten beendeten oder unter• Und damit sind bereits die Zukunftsperspektiven vorgezeich• brachen, die tieferen Ursachen des Streits häufig nicht zu be• net. Ubereinstimmung herrscht, daß die Vereinten Nationen seitigen vermochten. nützlich sind, daß sie gestärkt werden sollten. Unter den ob• waltenden Umständen ist die Bildung einer Weltregierung Dieser Uberblick macht einige Anmerkungen notwendig: Die nicht möglich, vor allem weil kein Staat bereit ist, die notwen• Herbeiführung von Waffenstillständen scheint nicht eine be• digen Souveränitätsverzichte zu leisten. Das langfristige Ziel deutende Leistung zu sein. Doch in einer Welt, in der kleine ist nach wie vor die Herbeiführung einer internationalen Frie• Konflikte allzu leicht zu einer weltweiten militärischen Aus• densordnung in einer Welt der Konflikte und der Existenz ge• einandersetzung führen können, ist die Beendigung oder Be• waltigster Zerstörungsmittel. John Stoessinger hat diesen Ge• grenzung selbst lokaler Feindseligkeiten ein echter Friedens• danken so umrissen: »Unsere Aufgabe ist ohne Beispiel: wir beitrag. Viele Resolutionen der Weltorganisation sind im müssen einen modernen Friedensschluß von Münster und Rechtssinne nicht verbindlich, aber diese Empfehlungen, vor Osnabrück ohne die Schrecken eines Dreißigjährigen Krieges allem wenn hinter ihnen eine Staatenmehrheit steht, der die herbeiführen.« Dies ist aber eine langfristige Zielsetzung, die Großmächte angehören, haben eine psychologisch-moralische vielleicht erst in Generationen erreicht werden kann. Kraft, die nicht gering einzuschätzen ist. Daß dies mehr als Unter den gegebenen Bedingungen muß die Friedenssicherung eine Vermutung ist, zeigt die Mühe, die die Staaten aufwen• von den machtpolitischen Realitäten ausgehen. Daher werden den, um eine Verurteilung ihrer Politik durch ein Organ der die Großmächte und damit auch der Sicherheitsrat auch in der Vereinten Nationen abzuwenden. unmittelbaren Zukunft, gemäß den Intentionen der Charta- Die Schwierigkeit, dauerhafte Konfliktsregelungen herbeizu• Gründer, »die Hauptverantwortung für die Wahrung des führen, ist oft beschrieben worden. Sie wurde im vorigen Ab• Weltfriedens und der internationalen Sicherheit« tragen. Und schnitt am Beispiel der Nahost-Situation skizziert. Doch ha• wenn der Rat (und die Versammlung) auch künftig in erster ben schon die Charta-Gründer die Möglichkeit in Kauf ge• Linie Konflikte begrenzen und Waffenstillstände in Krisen• nommen, daß es Konflikte geben kann, die zumindest zunächst gebieten herbeiführen, so wird es dadurch künftigen Genera• nicht gelöst werden können. Unrealistisch ist auch die Auf• tionen vielleicht einmal möglich sein, die dauerhaften, gerech• fassung, als wäre die Regelung eines Konflikts mit der Lösung ten und ausgehandelten Regelungen zu finden, die der Gegen• einer mathematischen Aufgabe vergleichbar. Es gibt keine Ge• wart versagt geblieben sind. Die Friedensbemühungen der währ dafür, daß eine Regelung nicht die Ursache neuer Kon• UNO gleichen der Arbeit des Sisyphus: nach jeder internatio- flikte wird. An der Entstehung des Staates Israel wirkten die len Krise müssen neue Kooperationsbestrebungen der Staa• beiden Supermächte, die USA und die Sowjetunion, mit; und tengesellschaft einsetzen, um »den Felsen des Friedens wieder doch ist der Nahost-Konflikt bis heute nicht dauerhaft ge• den Berg hinaufzurollen« (Stanley Hoffmann). Die Vereinten regelt. Die Herbeiführung der Unabhängigkeit Indonesiens Nationen können ihre Struktur und Funktionsfähigkeit am gilt zu Recht als ein Ruhmesblatt in der Geschichte der UNO, besten stärken, wenn sie von den bestehenden Realitäten aus• dies schloß aber die spätere jahrelange gefährliche Konfron• gehend ganz pragmatisch voranschreiten, wo dies möglich ist, tation zwischen Indonesien und Malaysia nicht aus. Die Ent• wenn sie utopische Zielsetzungen meiden, aber doch mit grö• kolonialisierung schließlich ist ein Musterbeispiel für das Phä• ßeren Zukunftsaufgaben rechnen und sich darauf vorbereiten.

140 Vereinte Nationen 5/70 Von den »Vier Weltpolizisten« zu den »Fünf Veto-Mächten«

Franklin D. Roosevelt und das Problem der Friedenssicherung DR. HANS JORG EHLER

Immer wieder findet sich in den Darstellungen der Vorge• bereit erklärte, dem französischen Sicherheitsbedürfnis durch schichte des bestehenden kollektiven Sicherheitssystems der eine Verpflichtung der USA zu Konsultationen bei kriege• Vereinten Nationen der Hinweis auf die >Vier Weltpolizisten<. rischer Bedrohung entgegenzukommen2. Auch in der zweiten Es handelt sich dabei um das politische Konzept des ameri• Hälfte der 30er Jahre, als am politischen Horizont sich bereits kanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt für die von die Anzeichen des kommenden Weltkonflikts bemerkbar ihm ursprünglich angestrebte Lösung des Problems einer machten, hielt Roosevelt trotz > Quarantäne-Rede< und ande• Friedenssicherung in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. rer Pläne für ein kollektives Handeln der westlichen Demo• Von diesem Konzept des amerikanischen Präsidenten, welches kraten gegenüber den diktatorialen Staaten eine allgemeine ganz allgemein die Übertragung der Verantwortung für den Abrüstung weiterhin für das wirksamste Mittel, um einen Weltfrieden auf die Großmächte China, Großbritannien, die kriegerischen Konflikt auf Weltbasis zu verhindern3. Selbst Sowjetunion und die USA beinhaltete, führt ein direkter Weg als bereits in Europa der Krieg ausgebrochen war, sah Roose• hin zu den mit einem absoluten Vetorecht im Sicherheitsrat velt nach wie vor das Abrüstungsproblem als den Schlüssel der UN ausgestatteten Großmächten. Roosevelts Zugang zur zur internationalen Sicherheit an4. Als im Juni 1941 einer Lösung des Problems einer Friedenssicherung nach dem Zwei• seiner engsten Mitarbeiter ihn bat, sich einmal am Entwurf ten Weltkrieg baute dabei auf Uberzeugungen und Erfahrun• des politischen Rahmens einer Nachkriegsweltordnung ver• gen auf, die er in über 30 Jahren politischer Tätigkeit erwor• suchen zu dürfen, erinnerte Roosevelt ihn daran, daß das ben hatte. Problem einer Nachkriegssicherheit von der Abrüstung her gelöst werden müsse5. Roosevelt und das Problem einer allgemeinen Abrüstung Der Rückblick zeigt, daß Roosevelt seit dem Ende des Ersten Roosevelt hatte seine politische Karriere vor dem Ersten Weltkrieges unablässig für eine Abrüstung eingetreten ist. Weltkrieg als Imperialist begonnen. Insbesondere die geo- Angesichts der immer stärker sich bemerkbar machenden politischen Lehren des amerikanischen Admirals Alfred Schwäche des Völkerbundes sah er in einer weltweiten Ab• Thayer Mahan haben seine politischen Anschauungen zu Be• rüstung den einzigen damals gangbaren Weg zur Erhaltung ginn entscheidend geprägt. Wie Mahan war der junge Roose• der internationalen Sicherheit. Diese Überzeugung stand ganz velt im Gegensatz zu Woodrow Wilson der Überzeugung, daß unabhängig von der von ihm erkannten und durchaus be• die internationalen Beziehungen auf lange Zeit noch von den jahten Notwendigkeit, angesichts des Aufstiegs der diktato• nationalen Interessen der einzelnen Staaten statt von den rialen Mächte Italien, Deutschland und Japan frühzeitig die altruistischen Idealen Wilsonscher Prägung bestimmt sein Rüstungen der USA zu verstärken. und die Entscheidung politischer Streitigkeiten in erster Linie Die Idee der Vier Weltpolizisten durch Krieg anstatt in Form friedlicher Streitbeilegung er• als modifiziertes Abrüstungskonzept folgen würden. In einer Welt aber, in der politische Macht alles, politische Moral dagegen nichts bedeutete, mußte ein Und doch hatte sich Ende des Jahres 1942, als die amerika• Staat zur Verteidigung seiner nationalen Interessen immer nische Außenpolitik auf breiter Basis in die Planung einer gerüstet sein. Nachkriegsweltordnung einzutreten sich anschickte, das Ver• Das Ende des Ersten Weltkrieges brachte jedoch die große hältnis Roosevelts zum Problem der Abrüstung in einer Weise Wende in Roosevelts diesbezüglichen Auffassungen. Zwar gewandelt, die von nun an entscheidenden Einfluß auf sein bedeutete sie keineswegs eine sofortige Preisgabe aller seiner Konzept der Nachkriegssicherheit nehmen sollte. Obwohl in bisherigen Überzeugungen. Bestimmte Lehren seines geisti• ihrer Entwicklung und in ihren Zusammenhängen schwer gen Lehrmeisters Mahan begleiteten ihn vielmehr sein ganzes nachzuzeichnen, muß man vermuten, daß der Ausgangspunkt Leben lang. Tatsache bleibt jedoch, daß mit dem Ende des dieses Wandels seiner Einstellung zum Problem der Ab• Ersten Weltkrieges Roosevelts lebhafter politischer Verstand rüstung im Scheitern der Genfer Abrüstungskonferenz zu sich sofort der Planung des Friedens zuwandte. Es war offen• suchen ist. Denn obwohl der amerikanische Präsident in der sichtlich, daß die Friedensverhandlungen in Versailles, die Folgezeit nach wie vor eine allgemeine Abrüstung als die Vision eines Völkerbundes sowie die damals allgemein spür• Hauptvoraussetzung für die Erhaltung des Friedens ansah, bare internationale Friedensatmosphäre ihn in Richtung auf bewirkte das Scheitern der Genfer Abrüstungskonferenz wie eine kritische Überprüfung seiner bisherigen politischen Über• auch die weltpolitische Entwicklung der folgenden Jahre bei zeugungen beeinflußten. Hatte er sich in seinen öffentlichen ihm eine gewisse Resignation, was den Problemkreis der Ab• Reden bisher stets für eine umfassende Aufrüstung der USA rüstung betraf. Roosevelt war enttäuscht darüber, daß seine eingesetzt, so begann er zu Beginn der 20er Jahre nun zu• Abrüstungsappelle, abgesehen von den diktatorialen Staaten, nehmend, für eine Beendigung des weiterhin andauernden auch bei den demokratischen Großmächten Frankreich und Rüstungswettlaufs zwischen den Großmächten und für eine Großbritannien keinen Widerhall fanden. Spätestens nach Begrenzung der Rüstungen einzutreten. der Sudetenkrise, so darf man annehmen, reifte im ameri• Roosevelts Amtsantritt als Präsident der USA im Jahre 1933 kanischen Präsidenten die Erkenntnis, daß eine Abrüstung fiel zeitlich zusammen mit der in Genf tagenden allgemeinen zumindest der Großmächte keine realen Erfolgsaussichten Weltabrüstungskonferenz des Völkerbundes. Da er als ame• mehr hatte und ein neuer Krieg in Europa in den Bereich rikanischer Präsident nun eine allgemeine Abrüstung als das des Wahrscheinlichen gerückt war". Hauptziel seiner Außenpolitik ansah1, versuchte er im Rah• Begann der amerikanische Präsident im Hinblik auf einen men der ihm durch die isolationistische Einstellung des Erfolg seiner Abrüstungsappelle bei den Großmächten zu amerikanischen Kongresses gesteckten Grenzen auf jede er• resignieren, so zeigte er sich in diesen Jahren um so unduld• denkliche Weise, der Konferenz zum Erfolg zu verhelfen. samer gegenüber der Aufrechterhaltung von Rüstungen durch Dabei ging er bis an die Grenze der damaligen Möglichkeiten die kleinen Staaten. In seinen Gesprächen mit Sumner Welles einer amerikanischen Außenpolitik, als er für den Fall einer vertrat Roosevelt hartnäckig den Standpunkt, daß die kleinen Herabsetzung der bestehenden Rüstung Frankreichs sich Staaten abrüsten müßten, da sie einerseits angesichts des

Vereinte Nationen 5/70 141 hohen Standes der Waffentechnik nicht länger wirkungsvoll neller Feinde und territorialer Interessen sowie das politische sich gegen einen überlegenen Gegner verteidigen konnten, und wirtschaftliche Gewicht in der Weltpolitik die USA zum andererseits aber eine moderne Rüstung die wirtschaftlichen Schiedsrichter und Vermittler in der Welt und damit zur Füh• Möglichkeiten dieser Staaten bei weitem überstieg. In diesem rungsmacht prädestinierten. Obwohl nach dem Scheitern des Zusammenhang verwies Roosevelt gerne auf die Tatsache, amerikanischen Beitritts zum Völkerbund und insbesondere in daß die Haushaltsdefizite der meisten dieser Staaten weit• den vom amerikanischen Isolationismus geprägten 30er Jahren gehend der Höhe ihrer Ausgaben für militärische Zwecke ent• sein Ruf nach der Notwendigkeit amerikanischer Führung sprachen7. Seiner Ansicht nach sollten die kleinen Staaten in der Weltpolitik zeitweilig verstummte, hatten ihre Grund• diese Ausgaben besser zur Erhöhung des Lebensstandards lagen weiterhin für ihn Gültigkeit. Der Zusammenbruch der sowie in andere staatliche Einrichtungen investieren. Dem europäischen Ordnung angesichts des Aufstiegs diktatorialer Gegenargument, daß vermutlich kein Staat freiwillig seinen Staaten war es, der ihn von neuem der Notwendigkeit einer militärischen Apparat aufgeben würde, maß Roosevelt dabei Führerrolle der USA bewußt werden ließ. keine große Bedeutung bei, obwohl er sich auch nicht näher Unabdingbare Voraussetzung für eine Rettung der Welt mußte darüber äußerte, auf welchem Wege eine Abrüstung der es daher sein, daß den USA jedenfalls für eine Zeitlang die kleinen Staaten unter diesen Umständen überhaupt erreicht Gelegenheit gegeben wurde, in der Funktion eines Weltpolizi• werden konnte. Was die künftige Sicherheit der kleinen Staa• sten eine durch Krieg durcheinander geratene Weltordnung ten betraf, so erwähnte Roosevelt damals bereits gegenüber nach eigenen Vorstellungen neu zu ordnen und die Grund• Sumner Welles gelegentlich die Idee, daß Großbritannien lagen für eine friedliche Nachkriegswelt zu schaffen. und USA Polizistenfunktionen in der Welt ausüben und für Gro ßbritannien die Sicherheit der kleinen Staaten sorgen sollten, eine Idee, die er als politisch realistisch bezeichnete8. Roosevelt war sich aber bewußt, daß eine solche Aufgabe die Der Ausbruch des Krieges muß die Entwicklung seines dies• Kräfte der USA bei weitem übersteigen mußte. Als ein für bezüglichen politischen Denkens weiter vorangetrieben haben. die Mitbewältigung dieser großen Aufgabe geeigneter und Denn spätestens zum Zeitpunkt der Atlantik-Konferenz im würdiger Partner kam in seinen Augen zu diesem Zeitpunkt August 1941 war der Gedanke, daß Großbritannien und die nur Großbritannien in Frage. Zwar hatte die Außenpolitik USA eine Zeitlang Polizeifunktionen in einer abgerüsteten Großbritanniens in den 30er Jahren Roosevelts politischen Er• Nachkriegswelt ausüben sollten, fester Bestandteil des Roose- wartungen häufig nicht entsprochen. Diesem - inzwischen ver• veltschen Nachkriegskonzepts geworden. Allerdings hatte sich ziehenen - Mangel stand jedoch unübersehbar Roosevelts von sein Konzept inzwischen dergestalt geändert, daß er ange• seinem Mentor Mahan ererbte Überzeugung von der besonde• sichts des Kriegsausbruchs nun zwischen Aggressornationen ren politischen Befähigung der angelsächsischen Völker ge• (aggressor nations) und Nicht-Aggresssornationen (non-ag- genüber, die sie zwangsläufig für eine Führerrolle in der Welt• gressor nations) unterschied, wobei er zu den ersteren politik prädestinierte11. Als weiteres besonders wichtiges ge• Deutschland, Italien und Japan rechnete9. Vordringlichstes meinsames Merkmal betrachtete Roosevelt die innerhalb die• Ziel für die Erhaltung des Weltfriedens in der Nachkriegszeit ser Länder seit langem gefestigte demokratische Struktur, die mußte nun seiner Ansicht nach sein, die Nationen, die für den es ihnen in besonderer Weise ermöglichen mußte, die demo• Bruch des Weltfriedens verantwortlich waren, gewaltsam ab• kratischen Regeln menschlichen Zusammenlebens im Wege zurüsten. Die Abrüstung der Nicht-Aggressornationen sollte der Mission der übrigen Menschheit mitzuteilen12. Schließlich als nächster logischer Schritt folgen. Da nach Roosevelts muß in diesem Zusammenhang auf die weitere von Mahan Meinung eine solche allgemeine Abrüstung viele Jahre dauern aufgestellte und von Roosevelt akzeptierte These hingewiesen konnte, mußten einige Nicht-Aggressornationen während die• werden, wonach zwischen den beiden Seemächten USA und ser Zeit in der Lage sein, den Frieden und die internationale Großbritannien durch die Notwendigkeit einer Beherrschung Sicherheit zu gewährleisten, insbesondere eine Wiederauf• der Meere als den Straßen zwischen den Kontinenten eine rüstung und aggressive Akte der Aggressornationen des vorgegebene Gemeinsamkeit strategischer Interessen bestand, Zweiten Weltkrieges zu verhindern. Die einzigen Staaten, die deren Bedeutung für das Konzept des amerikanischen Präsi• nach Roosevelts Überzeugung für derartige Polizeifunktionen denten nicht zu unterschätzen war. in Betracht kamen, waren Großbritannien und die USA. Was Roosevelts Entschluß, China und die Sowjetunion in den Kreis die Sowjetunion betraf, so eliminierte in Roosevelts Vorstel• der künftigen Weltpolizisten aufzunehmen, scheint in der Zeit lungen zu diesem Zeitpunkt bereits die Ungewißheit über zwischen dem Kriegseintritt der USA und dem Frühjahr 1942 den Ausgang des Krieges im Osten ihre Einreihung in den gefaßt worden zu sein. Denn Ende Mai 1942, als der sowje• Kreis der Polizeimächte. China rückte in seinen Vorstellun• tische Außenminister Molotow nach Washington kam, sah gen erst in den Vordergrund, nachdem die USA Ende 1941 Roosevelts Konzept für eine Nachkriegsweltordnung nun aus• in den Krieg gegen Japan eingetreten waren10. Unternimmt drücklich vier Großmächte vor, welche die Verantwortung für man einmal den Versuch, die Gründe zu untersuchen, die in die Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Präsident Roosevelts Vorstellungen die USA und Großbri• Sicherheit in der Nachkriegswelt für eine unbestimmte Zeit tannien für die Rolle von >Weltpolizisten< im Rahmen einer übernehmen sollten: China, Großbritannien, die Sowjetunion Nachkriegsweltordnung befähigt haben mögen, so liefen seine und die USA. Alle anderen Nationen aber, handelte es sich Gedanken dabei in den folgenden Bahnen. nun um sog. Aggressornationen oder auch um Nicht-Aggres- sornationen hatten in dieser Nachkriegswelt abzurüsten. Wäh• Vereinigte Staaten rend dieser Abrüstungsphase sollten die vier Großmächte wie Polizisten im Wege von Inspektionen darüber wachen, daß Roosevelt glaubte zeit seines Lebens an die Führerrolle der kein Staat wie z. B. Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg USA in der Weltpolitik. Als Imperialist Mahanscher Prägung heimlich wieder aufrüstete. In einem solchen Falle sollte zu• suchte er seinem Lande diese Führerolle zunächst durch seine nächst eine Art politische und wirtschaftliche Quarantäne über immer wieder erhobene Forderung nach einer starken ameri• diese Nation verhängt werden. Sollte sich eine solche Maß• kanischen Seerüstung (»a navy second to none«) und später nahme als ungenügend oder unwirksam erweisen, so sollten nach Abkehr von seinen imperialistischen Überzeugungen die Großmächte militärische Sanktionen gegen die unbotmä• durch seine unermüdlich vorgetragene Forderung nach einem 18 Beitritt der USA zum Völkerbund zu verschaffen. Roosevelt ßige Nation ergreifen . war dabei der Uberzeugung, daß die Reinheit der überliefer• China ten amerikanischen Ideale, das allseits anerkannte Wirken Was Präsident Roosevelts Verhältnis zu China in diesem Zu• der amerikanischen Friedensbewegung, das Fehlen traditio• sammenhang betraf, so spielten gefühlsmäßige wie politische

142 Vereinte Nationen 5/70 Gründe gleichermaßen eine Rolle. Zunächst einmal besaß tragungsort politischer und wirtschaftlicher Rivalitäten zu Roosevelt zweifellos eine persönliche Sympathie für China. machen. Sichtbares Zeichen hierfür wie auch für die vorbe• Bereits im Jahre 1933 hatte er die Stimson-Doktrin gegen• haltlose Bejahung einer zukünftigen Zusammenarbeit des über einem Mitarbeiter einmal mit dem Hinweis verteidigt, Ostens und des Westens konnte nach Roosevelts Ansicht nur daß bereits seine Vorfahren im China-Handel tätig gewesen sein, China in den Kreis der in der Nachkriegszeit für den seien und niemand von ihm erwarten könne, daß er China im Frieden verantwortlichen Großmächte einzubeziehen1'. Roose• Konflikt mit Japan nicht unterstütze14. Daß diese Sympathien velts Entschluß war so gesehen derjenige des in die Zukunft sich über die inzwischen verflossenen Jahre hinweg erhalten schauenden Staatsmannes. Daß er ihn als solchen vor allem hatten, geht auch aus Roosevelts Gespräch mit dem amerika• gewertet wissen wollte, geht auch aus einem späteren Brief nischen Frontbefehlshaber in China, General Stilwell, im No• an Lord Louis Mountbatten hervor, in dem er die Einbezie• vember 1943 in Kairo hervor15. Neben derartigen gefühlsmäßi• hung Chinas in die Moskauer Viermächteerklärung vom 30.10. gen Gründen, die vielleicht nur unbewußt in Roosevelts Den• 1943 als einen großen Triumph bezeichnete. Dies werde in 25 ken eine Rolle gespielt haben mögen, trugen ganz andere oder 50 Jahren sich einmal als sehr nützlich erweisen, auch Gründe unzweifelhaft zu einer Einbeziehung Chinas in den wenn China gegenwärtig keinen großen militärischen Beitrag Kreis der Weltpolizisten bei. leisten könne, beurteilte Roosevelt diesen Vorgang17. Ganz ähn• Trotz der evidenten militärischen Schwäche und trotz der vie• lich äußerte er sich wenig später Stalin gegenüber, der eben• len anderen Mißstände, von denen China immer wieder heim• so wie Churchill dem politischen Gewicht Chinas keine beson• gesucht worden war und die Reformen in der Zukunft un• dere Bedeutung beimaß18. umgänglich machten, glaubte Roosevelt fest an die zukünftige Basierte somit Roosevelts Entschluß einer Einbeziehung Chi• Rolle Chinas in der Weltpolitik. Und dieser Glaube ließ den nas in sein Nachkriegskonzept der Vier Weltpolizisten in er• amerikanischen Präsidenten sich der Warnungen seines poli• ster Linie auf einer Zukunftsvision, so bestanden angesichts tischen Mentors Mahan bewußt werden, der immer wieder des Kriegseintritts Japans auch weit konkretere Gründe dafür. darauf hingewiesen hatte, daß die gelbe Rasse allein schon Der amerikanische Präsident vertrat die Auffassung, daß es durch das Gewicht ihrer Bevölkerungszahl imstande sei, die in Asien einer stabilisierenden Kraft bedurfte, um in der Zu• westliche Kulturgesellschaft zu vernichten. Nach Mahans An• kunft Japan gegenüber ein Gegengewicht zu bilden. Die So• sicht konnten die Völker des Westens dieser Gefahr am besten wjetunion kam dafür nur teilweise in Frage, da einerseits sie begegnen, indem sie die Völker der gelben Rasse in ihrer Ent• in großem Maße nach Europa orientiert war, andererseits ihre wicklung anleiteten und rechtzeitig mit den christlich-libera• Interessen im Osten mit denjenigen Chinas kollidierten. Die len Ideen des westlichen Denkens vertraut machten. Einge• USA wiederum, obwohl traditionell im Fernen Osten politisch denk dieser Warnungen Mahans sah Präsident Roosevelt es und wirtschaftlich stark engagiert, waren keine asiatische nun für ein wichtiges Ziel der amerikanischen Außenpolitik Macht. Darüber hinaus mußten es ihre außenpolitischen Enga• an, das im Zeichen des Krieges gegen einen gemeinsamen Geg• gements in anderen Weltteilen letztlich unmöglich machen, ner gefestigte Bündnis zwischen den angelsächsischen Mäch• auf die Dauer gegenüber den nach Ende des Krieges in Asien ten des Westens und China als Repräsentanten des Ostens auch aufsteigenden neuen Mächten eine Ordnungsfunktion auszu• für die Zeit nach dem Krieg zu erhalten. Jedes Auseinander• üben. Die einzige Macht, die hierzu in die Lage versetzt wer• streben dieser Mächte in der Zukunft mußte mit nicht abzu• den konnte, war China. Dabei war Roosevelt sich darüber voll• sehenden Gefahren für den Weltfrieden verbunden sein. Um kommen im klaren, daß die Voraussetzungen für eine solche eine Kluft zwischen Westen und Osten in der Zukunft zu ver• Rolle Chinas erst noch geschaffen werden mußten. Es konnte meiden, mußte der Westen ein für allemal bestehende ras• seiner Ansicht nach sogar zwei oder drei Generationen inne• sische Vorurteile begraben sowie aufhören, China zum Aus• rer Reformen bedürfen, um aus China einen entscheidenden

Das Bild zeigt den jetzigen Präsidenten der General• versammlung, den Norwe• ger Edvard Hambro (rechts), wie er vom österreichischen Außenminister Rudolf Kirch- schleger am 22. Oktober 1970, zwei Tage vor der Jubilä• umsveranstaltung der Ver• einten Nationen anläßlich ihres 25jährigen Bestehens, eine Schallplatte erhält mit Werken von Mozart, Beet• hoven und Wagner, darge• boten vom Wiener Philhar• monischen Orchester unter Karl Böhm. Die Plattenhülle zeigt eine von Oskar Ko• koschka gemalte Ansicht der Wiener Staatsoper. Alle Künstler verzichteten auf das Honorar. Der gesamte Erlös aus dem Verkauf der Platte wird der Welthunger• hilfe der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufließen.

Vereinte Nationen 5/70 143 Machtfaktor in der Weltpolitik zu machen. Zu diesem Zweck Rahmen seines Nachkriegskonzepts betraf, so glaubte der ame• war unter anderem auch die Restitution aller von fremden rikanische Präsident, Folgendes zu ihren Gunsten anführen zu Mächten in China gemachten territorialen Eroberungen sowie können. Zwar handelte es sich bei der Sowjetunion um eine eine Einigung zwischen den in einem bürgerkriegsähnlichen Diktatur, die in ihrem Ausmaß der nationalsozialistischen Dik• Zustand befindlichen kommunistischen Kräften und der Kuo• tatur in nichts nachstand. Jedoch konnte man seiner Ansicht mintang-Regierung notwendig18. nach die Sowjetunion nicht als Aggressor bezeichnen, der den Ehrgeiz besaß, die Weltherrschaft zu erringen. Denn die So• Sowjetunion wjetunion, so begründete er seine Meinung, setzte als einzige Muß man die Einbeziehung Chinas in das Nachkriegskonzept Waffe außerhalb ihrer Grenzen nur die kommunistische Pro• einer Großmächteverantwortung unter gewissen Einschrän• paganda ein. Obgleich die kommunistische Propaganda, wie kungen in erster Linie als Ausdruck einer Zukunftsvision des auch Roosevelt zugab, in der Vergangenheit dazu diente, an• amerikanischen Präsidenten ansehen, so spiegelt die Einrei• dersartige Regierungsformen in anderen Ländern anzugreifen hung der Sowjetunion in den Kreis der Weltpolizisten die und die innere Sicherheit dieser Länder zu untergraben, be• ganze Skala politischer Einsichten, Hoffnungen und Täuschun• stand doch seinem Dafürhalten nach die Möglichkeit, durch gen wider, durch die Roosevelts Verhältnis zu dieser Nation eine stärkere Mobilisierung der öffentlichen Weltmeinung ge• sich auszeichnete. gen eine derartige Aktivtät vorzugehen und mit einiger Er• Spätestens im Frühjahr 1942, nachdem der vielerorts befürch• folgsaussicht die Sowjetunion zur Aufgabe derartiger Einmi• tete Zusammenbruch der Roten Armee nicht stattgefunden schungsversuche in die inneren Angelegenheiten anderer Län• hatte, sondern sie eine eher zunehmende Widerstandskraft der zu veranlassen. Die Ansicht, daß die Sowjetunion keiner• im Kriege gegen Deutschland zu zeigen begann, muß sich der lei vom Standpunkt der Demokratie zu mißbilligende Er• Präsident darüber klar geworden sein, daß mit der Sowjet• oberungsabsichten mehr hatte, festigte sich zur Überzeugung union als einer Großmacht nach dem Kriege zu rechnen sein Roosevelts, nachdem er auf der Konferenz von Teheran Stalin würde. Folgerichtig erkannte Roosevelt, daß eine Einbezie• kennengelernt hatte23. hung der Sowjetunion in seine Nachkriegsplanung notwendig, Roosevelts diesbezügliche Überzeugung stand dabei in einem ja sogar unabdingbar sein mußte, da nach seiner Ansicht die engen Zusammenhang mit einer von ihm gehegten Vision, Abrüstung einer sowjetischen Großmacht in der Nachkriegs- wonach, da die verschiedenen Gesellschaftsformen in der Ge• welt sich kaum realisieren lassen würde, schon weil ihre Füh• schichte niemals statisch waren, sondern sich immer im Flusse rer den Schutz ihrer Sicherheit niemals in die Hände einer befanden, das kapitalistische System der USA und das sozia• anderen Großmacht zu legen bereit sein würden. Dabei war listische System der Sowjetunion sich aufeinanderzubewegten, sich der amerikanische Präsident durchaus bewußt, daß eine was schließlich zu einer allmählichen Überdeckung der ideolo• Einbeziehung der Sowjetunion in den Kreis der Weltpolizisten gischen Kluft zwischen beiden Ländern und damit zwangs• ein gewisses Risiko in sich barg, jedoch glaubte er, dieses Ri• läufig zu einer besseren Zusammenarbeit führen mußte. siko auf sich nehmen zu können und mit der Sowjetunion zu Obwohl Roosevelt der Meinung war, daß die Gesellschafts• normalen Beziehungen zu gelangen20. systeme der USA und der Sowjetunion niemals identisch sein Auf welche Weise Präsident Roosevelt dabei Stalin für eine würden, glaubte er darauf hinweisen zu können, daß die So• vertrauensvolle Zusammenarbeit nach dem Kriege zu gewin• wjetunion seit der Oktoberrevolution 1917 sich ein ganzes Stück nen hoffte, geht vielleicht am deutlichsten aus einer Äußerung in Richtung auf einen gemäßigten Staatssozialismus, die USA gegenüber dem ersten Botschafter der USA in der Sowjet• im Zeichen des New Deal in Richtung auf ein sozialeres Ge• union, William C. Bullitt, einem in den amerikanisch-sowjeti• sellschaftssystem sich bewegt hatten. Dieser Trend beider schen Beziehungen erfahrenen, aber desillusionierten Diplo• Systeme mußte seiner Ansicht nach einen Konflikt zwischen maten, hervor, als dieser Roosevelt vor der Illusion einer ech• beiden Staaten in der Zukunft immer unwahrscheinlicher ten Zusammenarbeit mit der Sowjetunion warnen wollte. Ob• machen, vorausgesetzt, daß die Sowjetunion das Ziel einer gleich Roosevelt Bullitts Argumente im Lichte der damals Weltrevolution aufgegeben hatte, wovon Roosevelt im Ver• 10 Jahre alten Beziehungen zwischen den USA und der So• laufe des Krieges jedoch immer überzeugter wurde. wjetunion als folgerichtig anerkannte, äußerte er sich Bullitt Gelang es in der Übergangszeit bis zur Errichtung eines inter• gegenüber, daß er das Gefühl habe, daß Stalin es aufrichtig nationalen Sicherheitssystems, einen aus den beiden verschie• mit ihm meine und nichts als Sicherheit für sein Land wolle. denen Gesellschaftssystemen heraus sich ergebenden politi• Wenn er Stalin alles gebe, was er geben könne, und seinerseits schen Interessengegensatz zu vermeiden, dann mußte nach keine Gegenansprüche erhebe, dann werde, noblesse oblige, Roosevelts Meinung die weitere Annäherung beider Systeme Stalin zu einer Zusammenarbeit in einer Welt der Demokratie in der Sowjetunion zu einer Erhöhung des Lebensstandards, und des Friedens bereit sein21. Wohl kaum eine Äußerung ist einer Ausweitung des Handels und ihrer kulturellen Bezie• geeigneter, ein besseres Licht auf die Persönlichkeit des ame• hungen mit den demokratischen Staaten führen. Dieser Pro• rikanischen Präsidenten und seine politischen Vorstellungen zeß mußte nach Roosevelts Ansicht langfristig auch zu einer zu werfen, zeigt sie doch in erschreckendem Maße jene poli• Ausbreitung demokratischer Ideale in der Sowjetunion füh• tische Naivität, die gleich neben einem weitblickenden Realis• ren, der Grundlage, auf der sich Osten und Westen schließlich mus im außenpolitischen Denken Franklin D. Roosevelts ihren zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nach dem Kriege Platz hatte. Der gleiche Politiker Roosevelt, der immer wieder zusammenfinden würden24. auf den Realismus seines aus den Erfahrungen eines über 30- Ein weiterer Grund, der nach Roosevelts Auffassung die Ein• jährigen Politikerlebens erwachsenen Nachkriegskonzepts hin• beziehung der Sowjetunion in sein Nachkriegskonzept sowohl zuweisen pflegte, scheute sich nicht, die Sicherheit des Frie• moralisch rechtfertigte als auch für eine künftige Zusammen• dens und das amerikanisch-sowjetische Verhältnis auf die arbeit verheißungsvoll erscheinen ließ, war die Tatsache, daß Grundlage eines »noblesse oblige« zu stellen. Dabei glaubte die Sowjetunion von ihrem Eintritt in den Völkerbund im er, der, wie er selbst einem langjährigen Kabinettsmitglied Jahre 1934 bis zu ihrer Ausstoßung im Herbst 1939 in diesem gegenüber zugegeben hatte22, keinen Zugang zur russischen Gremium eine konstruktive Mitarbeit, insbesondere auf dem Mentalität finden konnte, unter weitgehender Negierung der Abrüstungssektor, gezeigt hatte. Vor allem hatte sie in dieser bisherigen Entwicklung der amerikanisch-sowjetischen Bezie• Zeit bewiesen, daß eine Zusammenarbeit zwischen Staaten mit hungen allein seinem politischen Empfinden vertrauen zu verschiedenartigen Regierungs- und Gesellschaftssystemen können. durchaus von Erfolg gekrönt sein konnte. Roosevelt war über• Was nun sein politisches Empfinden für die Wahrscheinlich• zeugt, daß auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges das keit einer vertrauensvollen Mitarbeit der Sowjetunion im von Stalin immer wieder betonte Sicherheitsbedürfnis der So-

144 Vereinte Nationen 5/70 wjetunion am besten durch eine enge Zusammenarbeit mit Präsident Roosevelt hat innerlich an seiner Uberzeugung von den USA im Rahmen eines internationalen Sicherheitssystems der Notwendigkeit seines Konzepts einer Großmächteverant• gewährleistet werden könnte25. wortung für den Weltfrieden in der Nachkriegszeit für den Frankreich und Brasilien als weitere Weltpolizisten? Rest seines Lebens festgehalten. Für ihn, der niemals ver• Trotz des steten Drängens Churchills konnte Roosevelt sich sucht hat, die Bedeutung der Macht in den internationalen nicht mit dem Gedanken befreunden, auch Frankreich in sein Beziehungen zu leugnen, konnte nur ein solches Konzept rea• Konzept einer Großmächteverantwortung für den Weltfrieden listisch sein, welches der militärischen und damit auch der einzubeziehen. Seine Haltung basierte dabei ganz allgemein politischen Macht großer Nationen wie China, Großbritannien, auf einem Mangel an Vertrauen in die Politik Frankreichs der Sowjetunion und der USA zum Unterschied von derjeni• und seiner politischen Führer, der auf die französische appea- gen kleiner und mittlerer Nationen in jeder Hinsicht Rech• sement-Politik der 30er Jahre zurückging. Auch nachdem die nung trug. Jedoch bedeutete sein Konzept einer Großmächte• USA im weiteren Verlaufe des Krieges allmählich ihre poli• verantwortung nicht die Unterwerfung der kleinen und mitt• tischen Verbindungen zur frei-französischen Bewegung des leren Nationen unter die Herrschaft der Vier Weltpolizisten. General de Gaulle enger knüpften, änderte sich an Roosevelts Vielmehr war es die Pflicht der Großmächte, die Rechte dieser Standpunkt zunächst nichts. Im Gegenteil muß man davon Staaten zu respektieren und notfalls gegenüber Übergriffen ausgehen, daß gerade die Persönlichkeit de Gaulles, gegen• von anderer Seite zu schützen. Insgesamt kann man vielleicht über welchem Roosevelt nicht nur Mißtrauen, sondern sogar die Stellung der Großmächte in Roosevelts Nachkriegskonzept eine persönliche Abneigung empfand, einer Einbeziehung gegenüber allen anderen Nationen mit >paternalistisch< um• Frankreichs in sein Großmächtekonzept im Wege stand. Nach schreiben, ein Begriff, der dieses Verhältnis besser kennzeich• Roosevelts Auffassung bot dieser Repräsentant Frankreichs net als die von Roosevelt betonte Stellung der Großmächte als absolut keine Gewähr für die Errichtung eines demokratischen >Treuhänder< der kleinen und mittleren Staaten. Denn eine französischen Staatswesens nach dem Kriege26. Treuhandschaft bedeutete lediglich die Überlassung gewisser Was schließlich den amerikanischen Präsidenten später veran- Rechte zu ihrer zeitweiligen Ausübung durch einen anderen. laßte, Frankreich einen Platz unter den Vetomächten der Ver• Nach Roosevelts Vorstellungen aber sollten die kleinen und einten Nationen anzubieten, läßt sich nur vermuten. Es scheint mittleren Staaten für alle Zeiten abgerüstet bleiben und den so, daß die 1944/45 beginnenden politischen Schwierigkeiten Schutz des Friedens und ihrer Sicherheit von nun an den mit der Sowjetunion den amerikanischen Präsidenten ah• Großmächten anvertrauen. nungsvoll veranlaßt haben, gegenüber der Sowjetmacht mit Und doch lag gerade an dieser Stelle der Ansatzpunkt für Frankreich an der Seite Großbritanniens für ein besseres Zweifel und Kritik und letzten Endes auch für die Entwick• Gleichgewicht auf dem europäischen Kontinent zu sorgen27. lung, auf Grund welcher Präsident Roosevelts Nachkriegskon• Präsident Roosevelt scheint sich auch zeitweise mit der Ab• zept der Vier Weltpolizisten schließlich noch während des sicht getragen zu haben, Brasilien in den Kreis der Weltpoli• Zweiten Weltkrieges jene Modifizierung erfahren sollte, deren zisten miteinzubeziehen. Dieser Wunsch Roosevelts entsprang Ergebnis endlich in Form der Charta der Vereinten Nationen jedoch nicht so sehr seiner Überzeugung von Brasiliens Groß• in die Geschichte eingehen sollte. machtstatus, als vielmehr dem Druck, den die von einem be• Von den Vier Weltpolizisten sonders starken Repräsentationsverlangen geleiteten amerika• nischen Staaten auf die USA ausübten. Die Sowjetunion und zu den Vetomächten der Vereinten Nationen Großbritannien sprachen sich jedoch gegen eine derartige Ein• Präsident Roosevelts Konzept einer Großmächteverantwor• beziehung Brasiliens in den Kreis der Großmächte aus, so daß tung für den Frieden in der Nachkriegszeit unter gleichzeiti• die Angelegenheit fallengelassen wurde28. ger Abrüstung aller anderen Staaten war das Konzept eines politischen Pragmatikers. Für ihn waren nicht die Details

Erstmals In der Geschichte des Sicherheitsrats kam es am 21. Oktober 1970 zu einer sogenannten regelmäßigen Sitzung< gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Charta. Die Sitzung war vertraulich und diente dazu, den anwesen• den Außenministern Gele• genheit zu geben, in frei• mütiger Aussprache ohne Protokollierung die wichtig• sten Weltprobleme zu er• örtern. (Vgl. Gerwin, Wie• derbelebung des Sicherheits• rats, VN 4/70 S. 107 ff.) — Das Bild zeigt v. 1. n. r. die Außenminister Andrei Gro- myko (Sowjetunion), Sir Alec Douglas-Home (Groß• britannien) und William P. Rogers (USA) vor Beginn der Sitzung des Sicherheits• rats.

Vereinte Nationen 5/70 145 wichtig, sondern allein das angestrebte Ziel. Das angestrebte essen der Staaten der Westlichen Hemisphäre vor allem die Ziel aber war die Schaffung einer Nachkriegsweltordnung, die Tatsache, daß die Großmacht USA ihr Verhältnis zu den Staa• es erlaubte, den Frieden und die internationale Sicherheit in ten Lateinamerikas von vornherein auf die Basis einer Part• dieser Nachkriegswelt zu sichern. nerschaft in der politischen Verantwortung gestellt hatte. Es wäre nun verfehlt, wollte man aus der Tatsache der Ent• Den wohl größten Einfluß auf Präsident Roosevelts wieder• wicklung seines Großmächtekonzepts den Schluß ziehen, der erwachendes Interesse am Projekt einer neuen internationalen amerikanische Präsident sei ein Gegner jeglicher internatio• Organisation wird man jedoch den unter Leitung von Au• naler Organisation als eines zweckmäßigen Instruments zur ßenminister Hull und Staatssekretär Welles im amerikani• Sicherung des Weltfriedens gewesen. In Wirklichkeit hat sich schen State Department mit der Nachkriegsplanung befaßten vielleicht kein anderer amerikanischer Staatsmann seit Wood- Sonderausschüssen und den von ihnen erarbeiteten Entwür• row Wilson stärker zum Prinzip der kollektiven Sicherheit in fen für eine Nachkriegsweltordnung zubilligen müssen32. Diese Form einer Weltsicherheitsorganisation bekannt als Franklin Ausschüsse, die teilweise bereits vor dem Kriegseintritt der D. Roosevelt, wie seine politischen Arbeiten und Äußerungen USA mit der Aufgabe errichtet worden waren, Untersuchun• seit den Jahren 1919/20 beweisen. Die Erinnerung Roosevelts gen über die Grundlagen einer Weltfriedensordnung nach dem an das Versagen des Völkerbunds gegenüber dem Aufstieg Kriege anzustellen, konzentrierten ihre Arbeiten unter dem der diktatorialen Mächte war in den ersten Kriegs jähren des Einfluß von Hull und Welles sehr bald auf die Errichtung ei• Zweiten Weltkriegs jedoch noch zu frisch, als daß er von vorn• ner neuen Weltfriedensorganisation als Konzept einer Nach• herein bereit gewesen wäre, den Frieden in der Nachkriegs• kriegssicherheit33. welt in die Hände einer neuen Weltsicherheitsorganisation zu Obgleich Roosevelt das von ihm als realistisch eingeschätzte legen. Er glaubte fest daran, daß das von ihm in dieser Zeit Prinzip einer Großmächteverantwortung für den Frieden in entwickelte Konzept einer Großmächteverantwortung weit der Nachkriegszeit in seinen Grundsätzen niemals aufgegeben eher zur Erhaltung des Friedens beitragen konnte. hat, darf man annehmen, daß die ständige Konfrontierung mit Obwohl weiterhin an seinem Konzept einer Großmächtever• den Arbeiten des State Departments, die alle auf die Errich• antwortung für den Frieden in der Nachkriegswelt festhal• tung einer internationalen Organisation als Lösung des Pro• tend, muß sich der amerikanische Präsident in den auf die blems der Nachkriegssicherheit hinausliefen, ihn schließlich zu Atlantik-Konferenz folgenden Monaten jedoch wieder mit einer Modifizierung seines Konzepts einer Großmächtever• dem Problem einer neuen internationalen Organisation be• antwortung veranlaßten. Denn hatte er im Mai 1942 anläßlich schäftigt haben, so sehr diese Vorstellung auch seinen zu die• des Besuchs des sowjetischen Außenministers Molotow noch ser Zeit vertretenen Überzeugungen widersprach. Man muß die alleinige Verantwortung für den Weltfrieden in der Nach• sich jedoch für das Verständnis dieser Zusammenhänge zwei kriegszeit den vier Großmächten China, Großbritannien, der Tatsachen jeweils vor Augen halten. Einmal sah sich der Sowjetunion und den USA aufbürden wollen, so muß er be• amerikanische Präsident in der Frage der Nachkriegsplanung reits Anfang des Jahres 1943 anderen Sinnes gewesen sein. ständig den verschiedensten politischen Einflüssen ausgesetzt, Am 7.1.1943 nämlich wies der amerikanische Präsident in sei• die ihn immer wieder zu einer Betrachtung des Problems aus ner alljährlichen >State-of-the-Union<-Rede nun zum ersten einem jeweils anderen Blickwinkel zwangen und manchmal Mal darauf hin, daß die in der Kriegsallianz gegen die wohl auch verleiteten. Zum anderen besaß der politische Prag• Achsenmächte vereinigten Nationen zur Aufrechterhaltung matiker Roosevelt zu keinem Friedenskonzept eine so feste des Friedens gegenüber jedem Versuch einer Wiederaufrü• Bindung, um es nicht unter steter Voranstellung des anzu• stung Deutschlands, Japans, Italiens oder einer sonstigen Macht strebenden Zieles und Hintansetzung aller Details zugunsten vereinigt bleiben müßten34. Damit gab Roosevelt öffentlich zu eines in seinen Augen noch besseren Konzepts fallenzu• erkennen, daß er die Kriegsallianz der > < in lassen. der Nachkriegszeit als eine Friedensallianz fortzusetzen plante. Ein Ereignis, das Roosevelts politisches Interesse wieder stärker dem Gedanken an die Errichtung eines Sicherheits• Die Rolle der Großmächte in den amerikanischen systems auf einer breiteren Basis zuwenden ließ, war zweifel• Planentwürfen für eine internationale Organisation los der japanische Angriff auf Pearl Harbor. Sumner Welles Der Übergang von den Vier Weltpolizisten Roosevelts zu den bezeichnet Pearl Harbor sogar als das auslösende Moment für Vetomächten der Vereinten Nationen spiegelte sich am deut• Präsident Roosevelts Hinwendung zur Idee einer neuen inter• lichsten in den amerikanischen Planentwürfen für eine Frie• nationalen Organisation20. Auf jeden Fall muß Pearl Harbor densorganisation wider. dem Präsidenten eine Tatsache vor Augen geführt haben, die Der erste im Rahmen der amerikanischen Nachkriegsplanung in seinen Überlegungen zum Konzept einer Großmächtever• fertiggestellte Satzungsentwurf für eine internationale Orga• antwortung für den Frieden offensichtlich nicht aufgetaucht nisation35, auf welchen sich Roosevelt in seinen Gesprächen war, daß nämlich auch eine Großmacht mit ihrem militäri• mit dem britischen Außenminister Eden im März 1943 und mit schen Potential einen zu allem entschlossenen Angreifer nicht Stalin auf der Konferenz von Teheran im November 1943 be• abzuschrecken in der Lage war"1. zog, stellte noch einen Kompromiß zwischen Roosevelts Kon• Einen weiteren für die Entwicklung von Roosevelts politi• zept einer Großmächteverantwortung und den Vorstellungen schem Denken in diese Richtung wichtigen Faktor, der auch des State Departments zu einer auf demokratischer Grundlage von Welles unterstrichen wird31, bildete die immer erfolgrei• aufbauenden internationalen Körperschaft dar. Der Satzungs• chere Entwicklung des interamerikanischen Systems als eines entwurf sah insgesamt drei Organe vor. Das wichtigste dieser regionalen Zusammenschlusses zur Sicherung des Friedens Organe sollte ein Exekutivausschuß (executive committee) innerhalb der Westlichen Hemisphäre. Der auf den Konferen• sein, in welchem nur die vier Großmächte China, Großbritan• zen von Montevideo (1933), Buenos Aires (1936) und Lima nien, die Sowjetunion und die USA vertreten sein sollten. (1938) erzielte Durchbruch zur hemisphärischen Einheit aller Alle Fragen des Weltfriedens und der internationalen Sicher• amerikanischen Staaten hatte sich trotz aller bestehenden heit sollten der alleinigen Verantwortung dieses Organs un• Schwierigkeiten auf den Konferenzen von Panama (1939), Ha• terliegen. Der Rat (council) als das zweite Organ sollte alle vanna (1940) und zuletzt Rio de Janeiro (1942) glänzend be• Mitglieder der Organisation repräsentieren und sich aus 11 währt, obwohl diese Blockbildung seinerzeit weder auf einer Mitgliedern einschließlich aller vier Großmächte zusammen• politischen Satzung basierte noch sich besonderer Instrumen• setzen. Seine Befugnisse sollten in erster Linie eine Art ver• tarien zur Friedenserhaltung und Friedenswiederherstellung waltungsmäßiger Koordinierung aller Arbeiten im Rahmen bedienen konnte. Ursache dieser erfolgreichen Entwicklung der Organisation umfassen. Die Vollversammlung (general war neben den vorgegebenen gemeinsamen politischen Inter• Conference) schließlich sollte als drittes Organ eine Art Dis-

146 Vereinte Nationen 5/70 kussionsforum der Organisation mit Empfehlungsbefugnissen kleiner und mittlerer Staaten in dieser Richtung dahingehend sein. entschieden, daß eine derartige Mitwirkung der Vollversamm• Enthielt dieser erste amerikanische Planentwurf immerhin lung ausgeschlossen blieb. Zum anderen ging es um die Frage, noch wesentliche Elemente des Rooseveltschen Konzepts, als in welcher Weise die Großmächte als die eigentlichen frieden• in ihm in Form des Exekutivausschusses das Prinzip der allei• tragenden Mächte im Sicherheitsrat ihre darin liegende beson• nigen Verantwortung der Großmächte für den Weltfrieden in dere Verantwortung dokumentieren können. Neben der Per• der Nachkriegszeit im Kern gewahrt war, so entfernte sich manenz ihrer Zugehörigkeit zum Sicherheitsrat wurde die der nächste noch während des Sommers 1943 im State De• Antwort in einem besonderen auf diese Mächte zugeschnitte• partment erarbeitete Entwurf38 bereits in evidenter Weise von nen Abstimmungsverfahren gefunden, was als Art. 27 Ein• den ursprünglichen Vorstellungen Roosevelts. Ausgangspunkt gang in die Satzung der Vereinten Nationen gefunden hat. des neuen Entwurfs waren die schweren Bedenken des ame• rikanischen Außenministers Hull gegen die krasse Heraushe• Anmerkungen: i The Public Papers and Addresses of Franklin D. Roosevelt 1932, bung der Stellung der vier Großmächte, wie sie im Exekutiv• S. 167. ausschuß des alten Entwurfs ihren Ausdruck gefunden hatte. • Cordeil Hull, The Memoirs of Cordell Hull (1948), S. 227 ff. Obwohl auch Hull in seinen Überlegungen die Hauptverant• 3 H. J. Ehler, Die amerikanische Außenpolitik und die Errichtung des kollektiven Sicherheitssystems der Vereinten Nationen wäh• wortung der Großmächte für den Weltfrieden mit allen sich rend des Zweiten Weltkrieges (Diss. 1968), S. 140 f. daraus ergebenden Konsequenzen wie z. B. dem Recht auf ein 4 Sumner Welles, The Time for Decision (1944), S. 86 f., 99, 104, 117 f., 123 f., 141. absolutes Veto nicht eliminieren wollte, drängte er nicht zu• 5 Vgl. das Memorandum Roosevelts an Berle jr. vom 26. Juni 1941 letzt angesichts besorgter Anfragen einer Reihe kleiner Na• in F.D.R. His Personal Letters 1928—45, S. 1175. tionen im State Departement auf einen möglichst demokrati• • Elliott Roosevelt, As he saw it (1946), S. 4; John Morton Blum, From the Morgentau Diaries: Years of Urgency (1965), S. 43. schen Aufbau einer internationalen Friedensorganisation. Aus 7 Sumner Welles, aaO, siehe Anm. 4, S. 50. der ihm eigenen legalistischen Denkweise heraus fehlte ihm 8 Sumner Welles, Seven Decisions that shaped History (1950), S. 178; dergl., Where are we heading? (1946), S. 4. weitgehend das Verständnis für Roosevelts pragmatischen • Vgl. Memorandum Roosevelts an Sonderbotschafter Myron C. Zugang zur Politik, insbesondere zur Bedeutung der Macht in Taylor vom 1. September 1941, auszugsweise abgedruckt in Langer/ Gleason, The Undeclared War 1940—1941 (1953), S. 794 ff.; Ruth B. den internationalen Beziehungen. In dem weitgehend von Au• Russell, A History of the United Nations Charter (1958), S. 42 ff. ßenminister Hull inspirierten zweiten amerikanischen Plan• 10 Vgl. zusammenfassend H. J. Ehler, aaO, siehe Anm. 3, S. 146, 149. entwurf sollte eine in der Reihenfolge nicht ganz ohne Ab• 11 Zur engen geistigen Beziehung Roosevelts zu Admiral Mahan vgl. Frank Freidel, Franklin D. Roosevelt (1952—56), Bd. I S. 46 f., 234 f. sicht an die Spitze der einzelnen Organe gestellte Vollver• 12 Vgl. dazu Ross T. Mclntire, Twelve Years with Roosevelt (1948), sammlung (general conference) in allen die Völkergemein• S. 115. is Zu den Gesprächen Roosevelts mit Molotow vgl. Foreign Relations schaft betreffenden Fragen die Grundzüge der Politik der of the States, 1942, III, S. 456, 466. Sicherheitsorganisation bestimmen und in allen denjenigen 14 Raymond Moley, After Seven Years (1939), S. 95. Fällen Handlungsfreiheit besitzen, die nicht ausdrücklich dem is Joseph StillweU (ed.), The Stillwell Papers (1948), S. 251. 1« Sumner Welles, Seven Decisions . . ., siehe Anm. 8, S. 151 ff. Rat vorbehalten waren. Der Rat (council) sollte aus den vier 17 Roosevelt an Lord Louis Mountbatten vom 8. November 1943 in bekannten Großmächten als ständigen Mitgliedern sowie drei F.D.R. His Personal Letters 1928—45, S. 1468. 18 vgl. Foreign Relations of the , Conferences at Cairo jeweils für ein Jahr von der Vollversammlung zu wählenden and Teheran, 1943, S. 532. Mitgliedern bestehen. Ihm sollte die Hauptverantwortung für 1» Sumner Welles, Seven Decisions ..., siehe Anm. 8, S. 151 ff., 181; die Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Robert E. Sherwood, Roosevelt and Hopkins (1948), S. 716; Foreign Relations of the United States, The Conferences at Malta and Sicherheit obliegen. Yalta, 1945, S. 544. In diesem zweiten amerikanischen Planentwurf war damit 20 Sumner Welles, Seven Decisions .. ., siehe Anm. 8, S. 36 f.; Cordell Hull, aaO, siehe Anm. 2, S. 1467. bereits der gedankliche Übergang von den Vier Weltpolizisten 21 William C. Bullitt, »How we won the war and lost the Peace« In zu den Vetomächten der Vereinten Nationen vollzogen. Die Life vom 30. August 1948; vgl. in diesem Zusammenhang auch Robert Murphy, Diplomacy among Warriors (1964), S. 210, 227. Vereinigung Chinas, Großbritanniens, der Sowjetunion und 22 vgl. Frances Perkins, The Roosevelt I knew (1946), S. 82 ff. der USA in einem besonderen Superorgan der Großmächte, 23 vgl. dazu Memorandum Roosevelts an Myron C. Taylor vom welches allein für den Weltfrieden verantwortlich zeichnete, 1. September 1941 in Langer/Gleason, aaO, siehe Anm. 9, S. 795; Roosevelt an Papst Pius XII. in Wartime Correspondence between war nicht länger vorgesehen. Stattdessen wurde eine zuneh• President Roosevelt and Pope Pius XII (1947), S. 61 ff.; Roosevelt mende Demokratisierung in der Struktur der geplanten in• an William D. Leahy vom 26. Juni 1941 in F.D.R. His Personal Letters 1928—45, S. 1177; vgl. auch William D. Leahy, I was there ternationalen Organisation und gleichzeitig eine Polarisierung (1950), S. 51, 533 f.; Cordell Hull, aaO, siehe Anm. 2, S. 1467 f.; der Aufgaben der Friedenssicherung in den Organen der Voll• Sumner Welles, Where are we heading?, siehe Anm. 8, S. 38. versammlung und des Rates sichtbar, wobei die Hauptverant• *4 Sumner Welles, Where are we heading?, siehe Anm. 8, S. 37 f., 377 f.; Eleanor Roosevelt, The Autobiography of Eleanor Roosevelt wortung (nicht mehr die alleinige Verantwortung) für den (1961), S. 236. Weltfrieden beim Rat liegen sollte. 25 Cordell Hull, aaO, siehe Anm. 2, S. 1468. 2« Vgl. insgesamt dazu Eleanor Roosevelt, aaO, siehe Anm. 24, S. 248; Wie die weiteren amerikanischen Planentwürfe einschließlich Elliott Roosevelt, aaO, siehe Anm. 6, S. 73; Cordell Hull, aaO, siehe des zur Konferenz von Dumbarton Oaks (Aug./Okt. 1944) Anm. 2, S. 962, 1159. ausgearbeiteten offiziellen Vorschlags der USA für die Errich• 2' Willard Range, Roosevelts World Order (1953), S. 177; vgl. auch Milton Viorst, Hostile Allies (1965), S. 175, 233. tung einer allgemeinen internationalen Organisation zeigen37, 28 Willard Range, aaO, siehe Anm. 27, S. 177; William D. Hassett, Off sollte es von nun an bei dem zuletzt erwähnten Grundschema the Record with F.D.R. 1942—45 (1958), S. 166; Cordell Hull, aaO, siehe Anm. 2, S. 1678. der Aufteilung der Organe und ihrer Aufgaben im Rahmen 20 Sumner Welles, Seven Decisions .. ., siehe Anm. 8, S. 181. der geplanten Organisation bleiben. Dieses Schema wurde 30 Vgl. dazu auch Ruth B. Russell, aaO, siehe Anm. 9, S. 97 f. auch in die in Dumbarton Oaks veröffentlichten Großmächte• si Sumner Welles, Seven Decisions ..., siehe Anm. 8, S. 180. 32 So auch Herbert Feis, Churchill-Roosevelt-Stalin (1957), S. 121 und vorschläge für eine internationale Sicherheitsorganisation wohl auch Ruth B. Russell, aaO, siehe Anm. 9, S. 98. übernommen und fand schließlich seinen Eingang in die Sat• 33 vgl. Postwar Foreign Policy Preparation 1939—1945 (1950), S. 69 ff.; Cordell Hull, aaO, siehe Anm. 2, S. 1643; Sumner Welles, Where zung der Vereinten Nationen. Bis zur Fertigstellung der Sat• are we heading?, siehe Anm. 8, S. 5. zung der Vereinten Nationen auf der Konferenz von San 34 The Public Papers and Addresses of Franklin D. Roosevelt, 1943, S. 9. Francisco (April/Juni 1945) verlagerten sich die Diskussionen 35 »Draft Constitution of International Organization« vom 14. Juli 1943 in Postwar Foreign Policy Preparation 1939—45 (1950), S. 472 ff. von nun an auf zwei zentrale Probleme. Einmal ging es um 30 »The Charter of the United Nations* vom 14. August 1943 in die Frage, in welchem Maße die Vollversammlung der inter• Postwar Foreign Policy Preparation 1935—45 (1950), S. 526 ff. 37 Vgl. dazu noch »Plan for the Establishment of an International Or• nationalen Organisation an der Ausübung der Verantwortung ganization for the Maintenance of International Peace and Secu- des Rates für den Frieden und die internationale Sicherheit rity« vom 29. Dezember 1943 und insbesondere »United States Ten• tative Proposals for a General International Organization« vom echte Mitwirkungsbefugnisse besitzen sollte. Diese Frage 18. Juli 1944 in Postwar Foreign Policy Preparation 1939—45 (1950), wurde trotz erheblicher politischer Pressionen einer Reihe S. 577 ff., 595 ff.

Vereinte Nationen 5/70 147 Die völkerrechtliche Anerkennung und die Mitgliedschaft in der UNO Zu einem Teilproblem der Pläne für die Aufnahme beider deutscher Staaten in die UNO

DR. DIETRICH FRENZKE

Papiers »ihre Bereitschaft, im Zuge der Entspannung in Eu• I. Die Problemstellung ropa und im Interesse der Verbesserung der Beziehungen zwi• Das völkerrechtliche Institut der Anerkennung als Staat und schen den europäischen Ländern, insbesondere der Bundes• die Mitgliedschaft in den internationalen Organisationen, ins• republik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Re• besondere in den Vereinten Nationen, werden in der Völker• publik, Schritte zu unternehmen, die sich aus ihrer entspre• rechtslehre in mehrfacher Hinsicht miteinander verknüpft. So chenden Stellung ergeben, um den Beitritt der Bundesrepu• sind etwa die Fragen diskutiert worden, ob nur ein anerkann• blik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Repu• ter Staat zur Mitgliedschaft in internationalen Organisatio• blik zur Organisation der Vereinten Nationen und zu deren nen befähigt ist, ob der anerkannte Staat einen Rechtsan•Sonderorganisationen zu fördern«. spruch auf Mitgliedschaft besitzt, ob der anerkennende Staat Die DDR hatte ihrem Wunsch nach Aufnahme in die Verein• die Mitgliedschaft des anerkannten Staates in einer universa• ten Nationen bereits mehrfach Ausdruck gegeben, unter ande• len Organisation wie den Vereinten Nationen befürworten rem auch in Artikel VIII ihres Entwurfs eines Vertrages muß und dergleichen mehr. zwischen den beiden deutschen Staaten vom 17. Dezember Am häufigsten wird in diesem Zusammenhang um die Frage 1969: »Die Deutsche Demokratische Republik und die Bundes• gestritten, ob die Aufnahme eines nichtanerkannten Staates in republik Deutschland beantragen ohne Verzögerung in Uber• eine internationale Organisation wie die Vereinten Nationen einstimmung mit dem Prinzip der Universalität der Organisa• oder die gemeinsame Mitgliedschaft mit einem nichtanerkann• tion der Vereinten Nationen ihre Aufnahme als vollberechtigte ten Staat in einer solchen Organisation dessen Anerkennung Mitglieder in die Organisation der Vereinten Nationen. Sie durch die bisher nicht anerkennenden Staaten bedeutet. werden dafür eintreten, daß andere Staaten die Aufnahme Die Anerkennung eines Staates kann bekanntlich auf unter• der beiden deutschen Staaten in die Organisation der Ver• schiedliche Art und Weise zum Ausdruck gebracht werden. einten Nationen unterstützen.« Man unterscheidet hier etwa die individuelle Anerkennung, Damit besteht zwischen beiden Staaten im Kern der Sache den Akt eines Einzelstaates, von der kollektiven Anerken• Einigkeit darüber, daß beide früher oder später die Mitglied• nung, dem Akt einer Mehrheit von Staaten. In einer anderen schaft der Vereinten Nationen erwerben sollten. Differenzen Hinsicht unterscheidet man der Anerkennungsform nach die ergeben sich aus den zitierten Willensäußerungen nur hin• ausdrückliche von der stillschweigenden Anerkennung. Im er- sichtlich der Methode. Während die DDR-Regierung auf die steren Falle erklärt der anerkennende dem anerkannten Staat unverzügliche Aufnahme dringt (die Aufnahmeanträge sollen ausdrücklich, direkt, daß er ihn anerkenne, etwa in Gestalt »ohne Verzögerung« gestellt werden), erklärte sich die Bun• einer Note oder im Rahmen eines Vertrages. Im letzteren desregierung zu entsprechenden Schritten »im Zuge der Ent• Falle dagegen bringt der anerkennende Staat die Anerken• spannung in Europa« bereit. nung stillschweigend, indirekt (konkludent, impliziert) zum Bei einem konsequenten Fortgang der Entwicklung ist also Ausdruck. Als klarer und eindeutiger Fall einer solchen still• damit zu rechnen, daß zu einem heute allerdings noch nicht schweigenden Anerkennung wird allgemein und unbestritten abzuschätzenden Zeitpunkt beide deutsche Staaten Mitglieder die Aufnahme diplomatischer Beziehungen angesehen. In den der Vereinten Nationen sein werden. Es erhebt sich daher die Verhandlungen zwischen dem Altstaat und dem Neustaat, die Frage, ob die Bundesregierung nicht ihrer eigenen Absicht, zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen führen, braucht die DDR völkerrechtlich nicht anzuerkennen, zuwiderhandelt, niemals das Wort > Anerkennung < gefallen zu sein. Gleichwohl wenn sie die Aufnahme beider deutscher Staaten in die UNO gilt allgemein die Ansicht, daß der ältere Staat den bisher anstrebt, wird doch die gemeinsame Mitgliedschaft in einer von ihm nicht anerkannten jüngeren Staat mit der Aufnahme internationalen Organisation wie den Vereinten Nationen in der diplomatischen Beziehungen bzw. bereits mit der Erklä• Fachkreisen verbreitet als völkerrechtliche Anerkennung ge• rung seiner Bereitschaft zur Aufnahme diplomatischer Bezie• wertet. hungen indirekt, stillschweigend anerkannt habe. Solcher Verfahren der stillschweigenden Anerkennung gibt es II. Die im Westen vertretenen Auffassungen nach Auffassung der Völkerrechtler mehrere, beispielsweise neben der Aufnahme diplomatischer Beziehungen die Auf• Die Vielfalt und den großenteils kontroversen Charakter der nahme konsularischer Beziehungen, den Abschluß zwischen• in den westlichen Staaten zu dieser Frage vertretenen Auf• staatlicher Verträge und die gemeinsame Teilnahme an inter• fassungen veranschaulicht bereits ein Blick in die in der Bun• nationalen Konferenzen. Eine der in diesem Zusammenhang desrepublik erschienenen Völkerrechtslehrbücher und völker• am häufigsten behandelten Fragen ist, ob auch die Aufnahme rechtlichen Gesamtdarstellungen. des nichtanerkannten Staates in eine internationale Organisa• Einen extremen Standpunkt nimmt beispielsweise Dahm ein. tion bzw. die gemeinsame Mitgliedschaft mit einem nichtaner• Seiner Meinung nach hat die Aufnahme eines Staates in eine kannten Staat in einer internationalen Organisation eine still• internationale zwischenstaatliche Organisation die gegensei• schweigende, indirekte Anerkennung darstellt. tige Anerkennung der Mitgliedstaaten zur Folge. Das gelte je• Aktualisiert wurde diese Problematik durch die jüngste denfalls für Organisationen wie die UNO, deren Mitgliedschaft Deutschlandpolitik der Bundesregierung. Diese legte sich ei• eine dauernde und engere Zusammenarbeit zwischen den Re• nerseits auf die Nichtanerkennung der DDR fest, beispiels• gierungen der Mitgliedstaaten erfordere. Die Staaten, die sich weise in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969, in zu einer engeren politischen Gemeinschaft verbinden, würden der es hieß: »Es bleibt dabei: Bundesrepublik und DDR sind sich zu sich selbst in Widerspruch setzen und gegen Treu und füreinander nicht Ausland. Es bleibt auch dabei: Eine völker• Glauben handeln, wenn sie es später ablehnen wollten, ein• rechtliche Anerkennung der DDR kommt für uns nicht in Be• ander außerhalb der Organisation als Staaten gelten zu las• tracht«. Andererseits steht sie dem Gedanken einer Aufnahme sen. Dies gelte nicht nur für die Staaten, die für die Aufnahme beider deutscher Staaten in die Vereinten Nationen nicht ab• gestimmt hätten, sondern auch für diejenigen, die dagegen lehnend gegenüber. So bekundete sie in Ziffer 7 des Bahr- gestimmt oder sich der Stimme enthalten hätten. 148 Vereinte Nationen 5/70 Von weit hergeholt und unrealistisch wirkt die Begründung, griffen zu sein und leicht zu überwiegen«. Auch eine Mittel• die Dahm für diese seine Ansicht vorbringt: »Durch ihren meinung, nach der in der Zulassung zwar eine Anerkennung Eintritt in eine Organisation, die eine Aufnahme neuer Mit• liege, diese ihre Wirkungen aber nur innerhalb der Organisa• glieder auf Grund von Mehrheitsbeschlüssen oder gar ihren tion entfalte, während die Beziehungen außerhalb der Orga• Beitritt durch einseitige Willenserklärung gestattet, haben die nisation davon unberührt blieben, werden ebenfalls häufiger Mitgliedstaaten von vornherein einen allgemeinen Anerken- als früher vertreten*. In der speziellen Frage, ob die Stimm• nungswillen zum Ausdruck gebracht, nämlich von vornherein abgabe für die Aufnahme eines nichtanerkannten Staates des• ihren Willen bekundet, jeden Staat als einen solchen gelten sen Anerkennung bedeute, entscheidet sich die Mehrheit der zu lassen, der die Mitgliedschaft nach den Regeln der Satzung Völkerrechtler positiv7. erwirbt.«1 Dem läßt sich entgegenhalten, daß die der Organi• sation beitretenden Staaten allenfalls den Willen haben dürf• III. Die in den Staaten des Warschauer Pakts ten, mit später eintretenden nichtanerkannten Staaten im vertretenen Meinungen Rahmen und nach den Satzungsregeln der Organisation zu• Die in den Staaten des Warschauer Pakts vertretenen Auf• sammenzuarbeiten, von dem sich ein allgemeiner Anerken• fassungen sind zwar insgesamt gesehen nicht so kontrovers nungswille jedoch erheblich unterscheiden dürfte. wie die westlichen, sie weisen jedoch gleichfalls verschiedene Die seiner Auffassung entgegenstehenden Fälle der Staaten• Differenzen auf. Eine bemerkenswerte Besonderheit besteht praxis - Dahm verweist unter anderem auf das Verhältnis zwi• darin, daß sich mitunter die Völkerrechtler einer Nationalität schen den arabischen Staaten einerseits und Israel anderer• geschlossen (oder fast geschlossen) für die eine oder andere seits, die gleichwohl der UNO angehören - bezeichnet der Au• Ansicht entscheiden. tor als »Unregelmäßigkeiten«, die keinen Schluß auf das Be• stehen einer allgemeinen Rechtsüberzeugung gestatten wür• 1. In der DDR beispielsweise wird die Annahme eines Aner• den. Auch wenn die Mitgliedschaft eines Staates später su• kennungseffekts allgemein abgelehnt. So schrieb Peck, »daß spendiert oder durch den Austritt oder Ausschluß des Staates der Beitritt... zu einer auf der Grundlage eines multilatera• erlöschen würde, bliebe die aus der Mitgliedschaft folgende len Vertrages arbeitenden internationalen Organisation keine Anerkennung bestehen. Dahm betrachtet die durch die ge• Anerkennung dieses Staates oder seiner Regierung« bedeute8. meinsame Mitgliedschaft erfolgte Anerkennung als eine De- Schirmer verweist darauf, daß sich in der UNO und ihren Son• jure-Anerkennung. Abstriche macht er nicht an der Anerken• derorganisationen ständig Mitglieder befunden hätten und be• nung, sondern nur in Abhängigkeit von der Art der inter• fänden, die von anderen Mitgliedern nicht anerkannt seien, nationalen Organisation. So sieht er etwa in der gemeinsamen wobei er neben anderen Staaten auch Jemen und Burma Mitgliedschaft im Weltpostverein, in der Weltorganisation für nennt, die im Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die UNO nur von Meteorologie oder in der Weltgesundheitsorganisation keine einer Minderheit von Mitgliedstaaten anerkannt gewesen wä• Anerkennung. Nur die gemeinsame Zugehörigkeit zu einer ren*. Auch der gegenwärtige Staatssekretär beim Ministerrat engeren, auch das politische Leben umfassenden Gemeinschaft der DDR Kohl meint, daß »die Mitarbeit einer Regierung in erlaube solche Schlüsse.2 den Vereinten Nationen nicht notwendig die Anerkennung Wie Dahm sieht auch der Münchener Völkerrechtler Berber in dieser Regierung durch andere Mitgliedstaaten der Organisa• der Aufnahme eines neuen Staates in eine internationale Or• tion« einschlösse. Er fügt jedoch den unter dem Gesichtspunkt ganisation generell eine stillschweigende Anerkennung. Auch der erklärten Nichtanerkennungspolitik der Bundesregierung er nimmt allerdings rein technische Organisationen wie den gegenüber der DDR interessanten und richtigen Satz hinzu: Weltpostverein von dieser Regel aus'. »Gewiß wird infolge der in den Vereinten Nationen unerläß• Eine mittlere Position nimmt im Wörterbuch des Völkerrechts lichen engen Zusammenarbeit die Aufrechterhaltung einer Schaumann ein. Eine stärkere Vermutung spricht in seinen Anerkennungsverweigerung gegenüber einer Regierung eines Augen für die Annahme einer Anerkennung, besonders bei Mitgliedstaates weitgehend zu einer bloßen Formalität«10. vorwiegend politischen Organisationen. Schaumann räumt je• Was Kohl hier hinsichtlich der Anerkennung von Regierun• doch ein, daß das Streben nach Universalität selbst bei einer gen sagt, dürfte in gleicher Weise nämlich auch für die An• politischen Organisation wie den Vereinten Nationen Vorbe• erkennung von Staaten gelten. halte hinsichtlich der Anerkennung anderer Mitgliedstaaten 2. Auch in der Sowjetunion wird der Anerkennungseffekt ei• zulasse4. ner Aufnahme als UN-Mitglied geschlossen abgelehnt. Mehr• Die entgegengesetzte Meinung vertritt Seidl-Hohenveldem. fach und entschieden hat sich in diesem Sinne Fel'dman, der Seiner Ansicht nach wirkt die Entscheidung über die Auf• sich unter den sowjetischen Völkerrechtlern am häufigsten nahme eines Staates nur im Verhältnis zwischen der Organi• zur Anerkennungsproblematik geäußert hat, ausgesprochen. sation und dem aufgenommenen Staat. Selbst ein Staat, der Er schreibt, daß die UN-Satzung die Aufnahme als Mitglied für die Aufnahme eines anderen Staates gestimmt habe, habe der UNO nicht als Anerkennung qualifiziere. Der Umstand, damit den aufgenommenen Staat nicht stillschweigend aner• daß UN-Mitgliedstaaten zuweilen eine besondere Erklärung kannt. Seidl-Hohenveldern bezeichnet dies sowie die Tatsache darüber abgeben, daß ihre Stimmabgabe für die Aufnahme der gemeinsamen Mitgliedschaft einander nicht anerkennen• als Anerkennung aufzufassen sei, bestätige den allgemeinen der Staaten in der UNO als unlogisch und begründet diese Grundsatz, daß die Stimmabgabe an und für sich keine An• Unlogik wie Schaumann mit der von allen Staaten angestreb• erkennungswirkung habe. Durch die Aufnahme in die UNO ten Universalität dieser Organisation*. werde zwar in gewissem Maße die Entstehung eines Neustaa• Zu den hier angeführten Meinungstypen kommen noch wei• tes konstatiert und seine internationale Stellung gefestigt, tere Varianten hinzu, die sich hauptsächlich an den Kriterien doch habe die Aufnahme in die UNO »keine juristische Bedeu• orientieren, ob sich die Anerkennung ganz generell auf das tung für die zweiseitigen Beziehungen«11. Dagegen meint Verhältnis zwischen den betreffenden Staaten erstreckt oder Fel'dman, die »Teilnahme von Nichtmitgliedern der UNO an aber nur auf deren Beziehungen im Rahmen der Organisation der Tätigkeit der UN-Organe (könne) unter bestimmten Um• beschränkt. ständen die Anerkennung dieser Staaten durch die Organisa• In einer vor wenigen Jahren erschienenen gründlichen Unter• tion der Vereinten Nationen bedeuten«. Diese Anerkennung suchung zu diesem Thema wurden die Proportionen wie folgt sei allerdings auf den Rahmen der Organisation beschränkt angegeben: »Die Auffassung, die Zulassung habe Anerken• und erstrecke sich auf eine andere Ebene als die von Staaten nungswirkung, wurde zur Zeit des Völkerbunds ziemlich gewährte Anerkennung. In gewissem Grade erinnere sie an überwiegend vertreten. In neuerer Zeit - für den Bereich der die De-facto-Anerkennung; sie trage nur provisorischen Cha• UN praktisch - scheint die Gegenmeinung im Vordringen be• rakter und schaffe keine feste juristische Grundlage für die

Vereinte Nationen 5/70 149 Beziehungen zwischen der UNO und dem betreffenden Staat. UNO als Anerkennung. Für diejenigen Staaten jedoch, die da• Diese Anerkennung könne man (in Anlehnung an die Termi• gegen gestimmt oder sich der Stimme enthalten hätten, könne nologie des Leningrader Völkerrechtlers Bobrov - D. F.) als eine Anerkennung nur dann angenommen werden, wenn man »spezialisierte Anerkennung« bezeichnen. In der UN-Praxis in der UNO eine überstaatliche Organisation zu sehen hätte. beschränke sie sich häufig auf die Anerkennung des betref• Diese Ansicht scheide aber unter anderem deshalb aus, weil fenden Staates in seiner Eigenschaft als streitende Partei12. Art. 2 Ziffer 7 der UN-Satzung die Einmischung in diejenigen An anderer Stelle hebt Fel'dman die Bedeutung der Souverä• Angelegenheiten ausschlösse, die ihrem Wesen nach in die in• nität für die Beurteilung dieses Problems hervor. Die Aner• nere Zuständigkeit der Staaten falle. Eine bindende Wirkung kennung eines Neustaats, meint er, sei ein »souveräner Akt auch für die gegen die Aufnahme stimmenden oder sich der des anerkennenden Staates«. Ohne Einverständnis des aner• Stimme enthaltenden Staaten sieht Herczeg insofern, als diese kennenden Staates könne die Anerkennung nicht gewährt Staaten nach erfolgter Aufnahme in die UNO diese dem um werden13. So richtig diese Feststellung Fel'dmans auch ist, so die Anerkennung ersuchenden Staat nicht verweigern dürf• erklärt sie doch nicht, weshalb dieser sowjetische Völkerrecht• ten20. Buza sieht in der Aufnahme sogar eine durch alle Mit• ler nicht wenigstens die Stimmabgabe für die Aufnahme in gliedstaaten erfolgte Anerkennung. Infolge der Aufnahme die UNO als Anerkennung gelten läßt, die ja wohl eine souve• trete der Staat mit den übrigen Mitgliedstaaten in internatio• räne Entscheidung darstellt. nale Beziehungen, jedoch nur im Rahmen derjenigen Bezie• Mehrfach von Fel'dman positiv zitiert ist eine Äußerung des hungen, welche aus der UN-Satzung und den auf dieser be• zur Zeit prominentesten sowjetischen Völkerrechtlers Tunkin: ruhenden Prinzipien und Regeln zwischen den Mitgliedstaa• »Vor allem sind die Teilnahme in einer internationalen Orga• ten erwachsen. Da diese Beziehungen auch im Verhältnis zu nisation und die Anerkennung verschiedene Dinge. Obwohl den nicht anerkennenden Staaten entstünden, erfolge die An• es, streng theoretisch genommen, nicht ausgeschlossen ist, daß erkennung auch von Seiten der gegen die Aufnahme stimmen• die Aufnahme eines Staates in die UNO oder überhaupt die den Staaten21. gemeinsame Teilnahme mit dem einen oder anderen Staat in Ähnlich sieht in Ungarn auch K. Nagy das Problem. Seiner der Organisation der Vereinten Nationen auch als faktische Meinung nach erkennen die Mitgliedstaaten den Bewerber mit Anerkennung dieses Staates durch alle anderen Staaten der der Aufnahme als ein UN-Organ und für die UNO an, doch internationalen Organisation angesehen werden könnte, be• berühre der Aufnahmeakt die Beziehungen der einzelnen Mit• trachtet doch das geltende Völkerrecht die Aufnahme eines gliedstaaten außerhalb der UNO nicht. Die Aufnahme in die Staates oder die gemeinsame Teilnahme mit ihm in einer UNO bedeute gleichzeitig eine Anerkennung, welche einer• internationalen Organisation nicht als Anerkennung eines sol• seits von der internationalen Organisation gewährt sei und chen Staates durch die Mitglieder der betreffenden internatio• andererseits eine von den Mitgliedstaaten gegebene spezielle nalen Organisation«14. Zur richtigen Deutung dieser Äußerung Anerkennung als Staat sei, welche sich nur auf die Beziehun• muß man allerdings wissen, daß die »faktische Anerkennung« gen innerhalb der UNO erstrecke. Diese Anerkennung sei we• der sowjetischen Völkerrechtslehre nicht mit unserer De-facto- der mit der De-jure- noch mit der De-facto-Anerkennung Anerkennung gleichzusetzen ist, sondern lediglich die fak• identisch, sie sei weder eine volle noch eine vorläufige An• tische Kontaktnahme zu einem nichtanerkannten Staat bedeu• erkennung22. tet15. 4. Ausgesprochen anerkennungsfreundlich ist die polnische Kategorischer lehnt die bekannte Moskauer Völkerrechtlerin Doktrin. L. Ehrlich, der Altmeister unter den polnischen Völ• Modzorjan den Anerkennungseffekt ab: »Die Mitgliedschaft kerrechtlern, bezeichnete die Aufnahme in die Vereinten Na• in der UNO steht in keinerlei Zusammenhang mit der offiziel• tionen rundweg als kollektive Anerkennung23. Nach Auffas• len Anerkennung oder der Aufnahme diplomatischer Bezie• sung von Klafkowski (in Übereinstimmung mit Makowski24) hungen«16. Auch die Mitgliedschaft im Völkerbund war seiner• kann die Frage, ob der anerkennende Staat seine Stimme für zeit von Korovin, der jahrzehntelang zu den führenden sowje• oder gegen die Aufnahme abgegeben hat, keine Rolle spielen. tischen Völkerrechtlern zählte, nicht als Anerkennung qualifi• Entweder hätten alle bisher nicht anerkennenden Staaten der ziert worden, mit der Begründung, daß einerseits auch Domi• UNO mit der Aufnahme die Anerkennung ausgesprochen oder nien und Kolonien mit voller Selbstverwaltung in den Völ• gar keiner. Die Aufnahme in die UNO bedeutet nach Klaf• kerbund aufgenommen werden könnten und andererseits für kowski daher die Anerkennung durch alle Staaten25. die Aufnahme nur eine Zweidrittelmehrheit erforderlich sei, Andere Autoren verweisen wieder auf das Kriterium der ein Drittel der Mitgliedstaaten also auch weiterhin die An• Stimmabgabe für oder gegen die Aufnahme. Skubiszewski erkennung verweigern könne17. verweist auf Art. 4 der UN-Satzung. Mit der Stimmabgabe Erst jüngstens haben sich dagegen zwei sowjetische Autoren für die Aufnahme hätten die Staaten erklärt, daß der Neu• in der speziellen Frage, ob die Stimmabgabe für die Auf• staat alle Voraussetzungen dieser UN-Satzungsnorm aufweise. nahme in die UNO eine Anerkennung bedeute, positiv geäu• Die Stimmabgabe sei allerdings noch keine Anerkennung, son• ßert. Der Leningrader Völkerrechtler Bobrov weist darauf hin, dern sie bringe nur die Anorkennungsbereitschaft zum Aus• daß die UN-Mitglieder mit ihrer Stimmabgabe für die Auf• druck28. Der angesehene Warschauer Völkerrechtler Berezow- nahme erstens anerkannt hätten, daß der Bewerber die Merk• ski stellt offenbar ebenfalls auf die Stimmabgabe für oder male des Art. 4 Abs. 1 der UN-Satzung erfülle, und zweitens gegen die Aufnahme ab, denn er schreibt: »Waren an dem ihre Zustimmung zu dauerhaften Rechtsbeziehungen mit die• Aufnahmebeschluß Staaten beteiligt, die den Neustaat bis da• sem im Rahmen einer politisch so wichtigen Organisation zum hin nicht anerkannt hatten, so gewähren sie damit die mittel• Ausdruck gebracht hätten. Bobrov stellt die Frage, ob dies ein bare Anerkennung. Mit anderen Worten: Im Zweifel spricht geringerer Beweis einer Anerkennung sei als die Unterzeich• die Vermutung immer für die Anerkennung«27. Nach Wie- nung eines Vertrages. Allerdings könne hier lediglich von ei• wiora schließlich ist die Aufnahme gleichbedeutend mit der ner De-facto-Anerkennung die Rede sein, doch stelle diese Anerkennung durch alle die Staaten, die keinen Nichtaner• wesentlich mehr dar als nur eine Ad-hoc-Anerkennung18. In kennungvorbehalt erklärt haben28. Allerdings gibt es in Polen einer soeben erschienenen Arbeit über die Völkerrechtssubjek• auch Autoren, die sich gegen die Annahme des Anerkennungs• tivität der DDR betrachtet auch Arcibasov die Stimmabgabe effekts aussprechen20. für die Aufnahme in die UNO als Anerkennung, sogar ohne 5. In der tschechoslowakischen Völkerrechtswissenschaft kon• sie auf die De-facto-Anerkennung zu beschränken19. zentriert sich die Aufmerksamkeit auf die Stimmabgabe für 3. Wesentlich anerkennungsfreundlicher ist dagegen beispiels• oder gegen die Aufnahme in die UNO. Der Leiter des Lehr• weise die ungarische Völkerrechtslehre. Hier bezeichnet Herc- stuhls für Völkerrecht an der Karls-Universität in Prag, Out- zeg die Stimmabgabe für die Aufnahme eines Staates in die rata, sieht in der gemeinsamen Mitgliedschaft mit einem bis

150 Vereinte Nationen 5/70 dahin nicht anerkannten Staat auch in internationalen Orga• die Aufnahme und der völkerrechtlichen Anerkennung be• nisationen wie den UN oder ihren Sonderorganisationen ge• zieht. So meint Glaser, daß die gemeinsame Teilnahme mit nerell keine stillschweigende Anerkennung. Ein im Sicher• einem nichtanerkannten Staat in einer internationalen Orga• heitsrat oder in der Vollversammlung für die Aufnahme stim• nisation keine Anerkennung darstelle, wobei er auf das viel• mender Staat gebe damit aber zu erkennen, daß er den Neu• zitierte Beispiel der Beziehungen zwischen Israel einerseits staat nicht nur als einen Staat schlechthin ansehe, sondern als und den arabischen Staaten andererseits verweist34. Dasco- einen Staat, der in der Lage und bereit sei, die Verpflichtun• vici/Bolintineanu schreiben hinsichtlich der Organisation der gen aus der UN-Satzung zu erfüllen. Gleichwohl könne man UNO, daß »die Aufnahme nicht den Charakter einer allgemei• die Abstimmung selbst nicht als einen Akt der konkludenten nen Anerkennung« habe. Auch erwachse den älteren Mitglied• Anerkennung betrachten, doch könne ein solcher Staat die staaten mit der Aufnahme keine Pflicht zur Anerkennung des Anerkennung später kaum verweigern. Für Staaten, welche neuen UN-Mitglieds35. Der Leiter des Völkerrechtslehrstuhls gegen die Aufnahme stimmten oder sich der Stimme enthiel• der Universität Bukarest, Geamanu, bezeichnet die Auffas• ten, habe die Aufnahme jedoch keinerlei Wirkung30. Ebenso sung, wonach die Aufnahme als UN-Mitglied mit der Aner• argumentiert auch der Prager Völkerrechtler Paul, nach des• kennung gleichbedeutend sei, sogar als »Echo der Versuche sen Auffassung die Gegenmeinung auf eine Begrenzung der aggressiver Kreise, die Zulassung einiger sozialistischer Staa• staatlichen Souveränität zugunsten der internationalen Orga• ten zu den Vereinten Nationen zu verhindern36. nisation hinauslaufe'1. Aber auch die Gegenmeinung wird in Rumänien vertreten. Auch der Preßburger Völkerrechtler Cuth sieht in der UNO- Niciu, Völkerrechtsdozent an der Juristischen Fakultät der Aufnahme »in keinem Fall die Erteilung einer kollektiven An• Universität Klausenburg (Cluj), verweist zunächst auf die Tat• erkennung«. Die Mitgliedschaft in der UNO schließe jedoch die sache, daß die Anerkennung gewöhnlich individuell von den Anerkennung durch diejenigen Staaten ein, die für seine Auf• einzelnen Staaten ausgesprochen wird: »Als Ausnahme von nahme in die Organisation gestimmt hätten. Ein Nichtaner• dieser Regel gibt es die kollektive Anerkennung, bei der die kennungsvorbehalt eines solchen Staates sei eine Verletzung Anerkennung des Neustaats formell nicht von einem einzel• des Art. 1 Abs. 2 der UN-Satzung, in dem von der Entwick• nen Staat ausgeht, sondern von einem internationalen Organ lung freundschaftlicher Beziehungen der Staaten untereinan• oder einer internationalen Organisation. Das ist der Fall bei der die Rede sei32. Auch Mrazek sieht in der positiven Stimm• der Aufnahme eines Neustaats als Mitglied einer internatio• abgabe eine völkerrechtliche Anerkennung. Die Aufnahme als nalen Organisation, was gewöhnlich seine Anerkennung von Mitglied könne keinen geringeren Grad der politischen und Seiten der Mitgliedstaaten dieser Organisation (Völkerbund Rechtsfähigkeiten des Staates voraussetzen, als dies die Staa• oder Vereinte Nationen) zur Folge hat«37. Im Bukarester diplo• ten für die Anerkennung untereinander verlangten. In Anbe• matischen Wörterbuch wird sogar die gemeinsame Konferenz• tracht der Grundsätze und Ziele der UNO, zu denen gemäß teilnahme als stillschweigende Anerkennung bezeichnet (so• Art. 1 Abs. 2 die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen weit nach Treu und Glauben keine andere Auslegung möglich zwischen den Völkern gehöre, handle es sich hinsichtlich der sei38). Nach dem Schlüsse a minore ad maius müßte nach die• Wirkungen um eine Art der De-jure-Anerkennung33. ser Auffassung die gemeinsame Mitgliedschaft in der UNO 6. In der rumänischen Völkerrechtslehre überwiegt anscheiau•f jeden Fall einen Anerkennungseffekt haben. nend die negative Meinung, die sich allerdings immer nur auf die Frage des Verhältnisses zwischen gemeinsamer Mitglied• IV. Ergebnis schaft und Anerkennung, nicht aber auf das spezielle Problem 1. Die Analyse der in den Staaten des Warschauer Pakts zur des Verhältnisses zwischen der Abstimmung für oder gegen Frage des Zusammenhanges zwischen der Aufnahme in die

Anläßlich des 25jährigen Be• stehens der Vereinten Na• tionen fanden unter Feder• führung der Deutschen Ge• sellschaft für die Vereinten Nationen in der Bundes• republik Deutschland eine Reihe repräsentativer Ver• anstaltungen statt, u. a. in Bonn, Berlin, München, Stuttgart und Hannover. Auf einem Jubiläumsemp• fang am 26. Oktober 1970 in der Bundeshauptstadt hielt namens der Regierung der Bundesminister für beson• dere Aufgaben, Professor Dr. Horst Ehmke, eine An• sprache. (Wir werden auf die Veranstaltungen noch mit Berichten, Referaten und Bildern zurückkom• men.) — Das Bild zeigt v. 1. n. r. Herrn und Frau Ehmke, Frau Annemarie Renger, MdB, die Vorsit• zende der Deutschen Ge• sellschaft für die Vereinten Nationen, und Gräfin Wal- dersee, die Präsidentin des Deutschen Komitees für UNICEF.

Vereinte Nationen 5/70 151 UNO und der völkerrechtlichen Anerkennung vertretenen anzuerkennen, nicht einmal für die Zwecke der einzelnen Or• Auffassungen brachte in etwa dasselbe Ergebnis wie das am gane . . . Die Anerkennung eines Staates bezieht sich auf die Schluß des Abschnitts I hinsichtlich der westlichen Staaten• Regelung der Beziehungen zwischen den beteiligten Staaten welt angegebene. und nicht auf die Regelung des Verhältnisses dieses Staates Die allerdings eindeutige Mehrheit der osteuropäischen Fach• zu einer internationalen Organisation. Das ist eine Frage der leute sieht in der gemeinsamen Mitgliedschaft in der UNO Mitgliedschaft und nicht der Anerkennung. Die bürgerliche keine Anerkennung. Dieser Meinung sind in der DDR Peck, Wissenschaft verfolgt mit diesen Versuchen das Ziel, die UNO Schirmer und Kohl (siehe oben Abschnitt III 1), in der So• in einen Uberstaat zu verwandeln und auch den Begriff der wjetunion Fel'dman, Tunkin, Modzorjan und Korovin (III 2), Anerkennung als Institut des Völkerrechts umzuformen. Eine in Polen Lachs und Gelberg (III 4) und in Rumänien Glaser, solche Auslegung des Begriffs der Anerkennung verletzt das Dascovici/Bolintineanu und Geamanu (III 6). Völkerrecht, das in den Bestimmungen der UN-Charta enthal• Nur wenige Völkerrechtler messen der Aufnahme in die Ver• ten ist«38. einten Nationen Anerkennungswirkung bei. Uneingeschränkt wird diese Meinung nur in Polen (Ehrlich und Klafkowski 4. Der hier von Cuth angesprochene »Begriff der Anerkennung III 4) und in Rumänien (anscheinend von Niciu und dem in als Institut des Völkerrechts« hat jedoch in der Meinung der Bukarest erschienenen diplomatischen Wörterbuch) vertreten Völkerrechtslehren in Ost und West bereits so viele Formen (III 6). Soweit weitere Autoren dieser Auffassung folgen, ma• und Gestalten, daß es kaum noch möglich sein dürfte, ihn noch chen sie erhebliche Einschränkungen. So begrenzen die Un• weiter »umzuformen«. An den unterschiedlichsten Interpreta• garn Buza und Nagy die Anerkennung auf den Bereich der tionen des Anerkennungsbegriffs mangelt es auch in den Dok• zwischen den betreffenden Staaten als UN-Mitgliedern und trinen der kommunistischen Staaten nicht. auf der Grundlage der UN-Satzung zu entwickelnden Bezie• Die große Vielfalt der oben ausgebreiteten Meinungen zur hungen (III 3), während nach Ansicht des Polen Wiewiora die Frage des Verhältnisses zwischen der Aufnahme in die UNO Anerkennungswirkung durch einen Nichtanerkennungsvorbe• und der Anerkennung des neuen Mitglieds durch die bis da• halt ausgeschlossen werden kann (III 4). hin nicht anerkennenden UN-Staaten beruht gerade zu einem 2. Vielfältig abgestuft sind die Meinungen in der Detailfrage, großen Teil auf der unterschiedlichen Interpretation des Be• ob die Stimmabgabe für die Aufnahme eines Staates in die griffs > Anerkennung <. Sieht man beispielsweise und richtiger• Vereinten Nationen eine völkerrechtliche Anerkennung dar• weise in der Anerkennung lediglich eine amtliche Äußerung stelle oder nicht. der Feststellung, daß ein bestimmtes Gemeinwesen ein Staat Schlicht bejaht wird die Frage in der Sowjetunion von Arci- und damit Subjekt des Völkerrechts sei, so wird man man• basov (III 2) und in Ungarn von Herczeg (III 3). Der Preßbur• chen zwischenstaatlichen Vorgang anders werten, als wenn ger Völkerrechtler Cuth hebt sogar hervor, daß ein Nichtan• man etwa davon ausgeht, daß die Anerkennung die Feststel• erkennungsvorbehalt eines für die Aufnahme stimmenden lung der Staatlichkeit und die Äußerung des Wunsches nach Staates einen Verstoß gegen Art. 1 Abs. 2 der UN-Satzung Aufnahme von (diplomatischen) Beziehungen zu dem aner• darstelle (III 5). Dagegen meint sein Warschauer Kollege Be- kannten Staat umfaßt. Je nach der Vorstellung von dem, was rezowski, nur im Zweifel läge hier eine Anerkennung vor. Ein völkerrechtliche Anerkennung ist, wird auch die Wertung der Nichtanerkennungsvorbehalt wäre seiner Auffassung nach Aufnahme eines neuen Mitglieds in die UNO unterschiedlich daher möglich (III 4). ausfallen. Auch in dem Punkt, ob die Stimmabgabe für die Aufnahme Begreift man unter der Anerkennung als Staat allein die amt• als De-jure- oder aber als De-facto-Anerkennung aufzufas• liche Bestätigung der Staatsqualität des Anerkennungsadres• sen sei, wurden unterschiedliche Meinungen geäußert. Der Le• saten, so wird man die Aufnahme in die UNO nicht als Aner• ningrader Völkerrechtler betrachtet sie als De-facto-Anerken• kennung durch alle Mitgliedstaaten schlechthin werten kön• nung (III 2), der Tschechoslowake Mrazek dagegen als De- nen; denn nicht alle Mitgliedstaaten müssen bei einer Neuauf• jure-Anerkennung (III 5). Soweit sich die unter dieser Ziffer nahme diese Erklärung abgegeben haben - hierüber wird ge• genannten Autoren zu dieser Frage nicht geäußert haben, mäß Art. 4 Abs. 2 der UN-Satzung von der Vollversammlung dürfte anzunehmen sein, daß sie in der Zustimmung zur Auf• auf Empfehlung des Sicherheitsrates beschlossen. nahme in die UNO eine De-jure-Anerkennung sehen. Es kommt vielmehr auf das Verhalten der Staaten bei dieser Einige weitere Autoren schließlich sehen hierin nicht unmit• Abstimmung an. Da gemäß Art. 4 Abs. 1 nur Staaten in die telbar eine Anerkennung, sondern nur die Erklärung der Be• UNO aufgenommen werden können, gibt der für die Auf• reitschaft zur Anerkennung, und zwar der Posener Völker• nahme stimmende Staat mit der Stimmabgabe für die Auf• rechtler Skubiszewski (III 4) und die Prager Völkerrechtler nahme gleichzeitig auch eine Erklärung darüber ab, daß er das Outrata und Paul (III 5). in die UNO aufzunehmende Gemeinwesen für einen Staat im Kontroverse Auffassungen werden auch in der Frage vertre• Sinne des Art. 4 SVN hält. Die Stimmabgabe für die Auf• ten, welche Bedeutung die Aufnahme in die UNO für diejeni• nahme ist gleichzeitig eine Bestätigung der Staatsqualität des gen Staaten habe, die dagegen gestimmt haben. Der Ungar sich um die Mitgliedschaft bewerbenden politischen Gemein• Herczeg meint, diese Staaten dürften dem neuen Mitglied die wesens und daher als Anerkennung zu verstehen. Anerkennung nun nicht mehr verweigern (III 3), während Einwendungen könnten sich höchstens aus der Überlegung er• nach Outratas Ansicht die Aufnahme für diesen Kreis der geben, daß es sich bei der Anerkennung um ein empfangsbe- UN-Mitglieder keinerlei Wirkung habe (III 5). dürftiges Rechtsgeschäft handele, das also nicht bereits mit 3. Unterschiedliche Ansichten wurden auch zu der hier nicht der Abgabe der Erklärung, sondern erst mit ihrem Zugang weiter zu vertiefenden Frage geäußert, ob die Aufnahme in bei dem Adressaten, d. h. mit dem Zugang bei dem anzuer• die UNO als Anerkennung durch diese Organisation selbst zu kennenden Staat wirksam werde. Die Stimmabgabe in der werten sei. Der sowjetische Fachmann für Anerkennungsfra• Vollversammlung oder vorher im Sicherheitsrat ist ja keine gen Fel'dman beispielsweise vertritt die Auffassung, daß Erklärung gegenüber dem die Aufnahme begehrenden Bewer• schon die Mitarbeit von Nichtmitgliedern in einzelnen UN- ber, sondern gegenüber den übrigen Mitgliedstaaten. Verlangt Organen unter Umständen als Anerkennung durch die Orga• man also zur Wirksamkeit der Anerkennung, daß sie gegen• nisation gedeutet werden könne (III 2); um so mehr muß dies über dem Anerkennungsadressaten abgegeben und bei ihm für die Aufnahme als Mitglied dieser Organisation gelten. Der zugegangen sein muß, so dürfte man die Stimmabgabe für die Preßburger Völkerrechtler Cuth hingegen schrieb zu diesem Aufnahme in die UNO nicht als Anerkennung ansehen. Problem unzweideutig: »Weder die UNO als Ganzes noch ihre Aber auch die Entscheidung in dieser Frage richtet sich wie• Organe haben nach der Charta irgendein Recht, einen Staat derum danach, was man unter der Anerkennung überhaupt

152 Vereinte Nationen 5/70 versteht. Je mehr man annimmt, daß die Anerkennung kon• Der damalige amerikanische Unterstaatssekretär des Auswär• stitutive, die Rechtslage des anzuerkennenden Staates än• tigen, Elliot L. Richardson, verwies bereits im April 1970 in dernde Elemente enthalte, desto mehr wird man auch auf der diesem Zusammenhang auf das Beispiel der Sowjetunion, die Richtungs- und Empfangsbedürftigkeit der Anerkennung be• mit drei Delegationen in der UNO vertreten ist, sowie auf den stehen. Denn wenn man annimmt, daß die Anerkennung die »Präzedenzfall Syriens, das nach dem Zusammenschluß mit Rechtslage des anzuerkennenden Staates beeinflußt, dann muß Ägypten zur Vereinigten Arabischen Republik UNO-Mitglied man diesem auch, wie es im Zivilrecht etwa bei der Kündi• blieb«41. gung, der Vollmachterteilung oder dem Widerruf der Fall ist40, Materiell würden solche Erklärungen jedoch nichts daran än• die Möglichkeit der Kenntnisnahme verschaffen. Da jedoch in dern, daß die DDR mit ihrer Aufnahme in die UNO auf inter• der modernen Auffassung die rechtliche Bedeutung der An• nationaler Ebene endlich den großen Durchbruch geschafft erkennimg immer mehr zugunsten ihrer Politisierung abge• hätte. Die Anerkennung durch die BRD und durch die mit nommen hat, wird man davon ausgehen können, daß eine An• dieser verbündeten Westmächte dürfte für die DDR, sobald erkennung nicht unmittelbar an den anzuerkennenden Staat diese im Besitz der UN-Mitgliedschaft wäre, nur noch einen gerichtet und bei diesem zugegangen sein muß. Bruchteil ihres heutigen Wertes haben. In der Stimmabgabe für die Aufnahme in die UNO ist daher die Anerkennung des Bewerbers als Staat zu sehen. Anmerkungen: 1 G. Dahm, Völkerrecht, Bd. 1, Stuttgart 1958, S. 144. 5. Wendet man dieses Ergebnis auf das Verhältnis zwischen 2 Dahm, aaO, siehe Anm. 1, S. 145. 3 F. Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. 1, München—Berlin der Bundesrepublik und der DDR an, so hat es zunächst den 1960, S. 231. Anschein, als ob die Bundesregierung ihre Politik der Nicht• 4 W. Schaumann, in: Strupp-Schlochauer, Wörterbuch des Völker• rechts, Bd. 1, Berlin (West) 1960, S. 51. anerkennung der DDR bei gleichzeitigem Anstreben der Mit• 5 I. Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, Köln 1965, S. 119, Ziffer 480 f. gliedschaft beider deutscher Staaten in der UNO ohne Kompli• 6 H. Alexy, Die Beteiligung an multilateralen Konferenzen, Verträ• gen und internationalen Organisafionen als Frage der indirekten kationen würde verwirklichen können. Denn die Bundesrepu• Anerkennung von Staaten, in: Zeitschrift für ausländisches öffent• blik braucht nicht über die Mitgliedschaft der DDR in der liches Recht und Völkerrecht, Bd. 26, 1966, S. 532 ff. UNO abzustimmen, kann also nicht in die Verlegenheit kom• 7 Alexy, aaO, siehe Anm. 6, S. 544 f. 8 J. Peck, Die Völkerrechtssubjektivität der Deutschen Demokrati• men, die DDR auf diese Weise stillschweigend anerkennen zu schen Republik, Berlin (Ost) 1960, S. 176. müssen. Die spätere gemeinsame Mitgliedschaft beider deut• » G. Schirmer, Universalität völkerrechtlicher Verträge und inter• nationaler Organisationen, Berlin (Ost) 1966, S. 213. scher Staaten würde nach herrschender und richtiger Meinung to M. Kohl, Die Vertretung Chinas im internationalen Verkehr, Ber• dann ja keine Anerkennung mehr darstellen. lin (Ost) 1957, S. 83. Rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich für die Bundesrepu• 11 D. I. Fel'dman, Die Anerkennung von Staaten im gegenwärtigen Völkerrecht (russ.), Kasan 1965, S. 153 f. blik jedoch bereits im Vorfeld der Aufnahme beider deutscher 12 Fel'dman, aaO, siehe Anm. 11, S. 155. Staaten in die UNO. Wenn die Bundesrepublik sich etwa offi• is D. I. Fel'dman, Die Anerkennung von Staaten und die Mitglied• schaft in internationalen Organisationen (russ.), in: Sowjetisches ziell an die UNO mit dem Vorschlag der Aufnahme beider Jahrbuch des internationalen Rechts 1961, Moskau 1962, S. 56. deutscher Staaten wenden würde, dann könnte man hierin a G. I. Tunkin, Es ist an der Zeit, die Vertretung Chinas in der UNO bereits eine stillschweigende Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik sehen: Da in die UNO nur Staaten aufgenom• Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Dr. Erhard men werden können, hätte die Bundesrepublik hiermit also Eppler, sprach zum 25. Jahrestag der Vereinten Nationen auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Landesregierung Baden-Württem• offiziell konstatiert, daß es sich bei der DDR um einen Staat berg, der Stadt Stuttgart und des Landesverbandes der Deutschen im Sinne des Art. 4 der Satzung der UNO, also um einen Staat Gesellschaft für die Vereinten Nationen über >Die Vereinten Nationen im Sinne des Völkerrechts, handele. an der Schwelle der Zweiten Entwicklungsdekade<. Wollte die Bundesrepublik hier rechtlich das Gesicht wahren, so blieben nur die beiden Möglichkeiten, entweder nicht selber in einer Weise in der Öffentlichkeit hervorzutreten, die als stillschweigende Anerkennung ausgelegt werden könnte, oder aber bei Gelegenheit eines solchen Aktes mit einem Nichtaner• kennungsvorbehalt den eigenen Standpunkt klarzumachen. Man könnte etwa darauf hinweisen, daß auch die Ukraine und Weißrußland Mitglieder der UNO sind und doch gleichzei• tig Teile des Gesamtstaates UdSSR darstellen (so brüchig solche Vergleiche auch immer sein mögen). Aber es ginge ja auch nur darum, im formellen und recht• lichen Bereich das Gesicht zu wahren. Materiell und politisch gesehen entbehrte die Fortsetzung der Nichtanerkennungspo• litik bei gleichzeitiger Mitgliedschaft beider deutscher Staaten in der UNO ohnehin der sinnvollen Grundlage. Denn mit ihrer Aufnahme in die UNO wäre die DDR ohnehin in der Staaten• gemeinschaft vollends etabliert, und die Nichtanerkennung der DDR hätte ihre Eigenschaft als praktikables Instrument der Deutschlandpolitik der Bundesregierung weitestgehend verloren. Die DDR bedürfte dann kaum noch der Anerken• nung durch die Bundesrepublik, für die sie lange Jahre so hartnäckig und verbissen gestritten hat. 6. Noch delikater als für die Bundesrepublik ist die Situation für die drei Westmächte. Sie müssen, soll die DDR überhaupt in die UNO aufgenommen werden können, ihre Stimme für die Aufnahme der DDR abgeben, auf jeden Fall im Sicher• heitsrat, und damit stillschweigend eine Anerkennung aus• sprechen. Auch für sie bliebe nur der Versuch, durch die Ab• gabe von entsprechenden Erklärungen ihren Rechtsstand• punkt zu wahren. • Vereinte Nationen 5/70 wiederherzustellen (russ.), In: Internationales Leben, Moskau 1956, S8 B. Wiewiora, Die Deutsche Demokratische Republik als Völker• Nr. 10, S. 30. rechtssubjekt (poln.), Posen 1961, S. 72 f. n D. Frenzke, Die Anerkennung der DDR. Völkerrechtliche Möglich• J» L. Gelberg, Grundriß des Völkerrechts (poln.), Warschau 1967, S. 89; keiten und Folgen, Köln 1970, S. 49 f., und: De-Jure-, De-facto- und M. Lachs, Recognition and Modern Methods of International Co• faktische Anerkennung in der Völkerrechtslehre der DDR und der operation, in: The British Year Book of International Law, Jg. 35, UdSSR, In: Recht In Ost und West, Jg. 14, 1970, Heft 5. 1959, S. 255. I« Ii. A. Modzorjan, Die Grundrechte und -pflichten der Staaten so v. Outrata, Internationales öffentliches Recht (tschech.), Prag 1960, (russ.), Moskau 1965, S. 86. S. 102. 17 E. Korovln, Die internationale Anerkennung der UdSSR und Ihre »1 V. Paul, Die Anerkennung von Staaten und Regierungen Im Völ• Juristischen Folgen (russ.), in: Sowjetisches Recht, Moskau 1924, kerrecht (tschech.), In: Studien zum internationalen Recht, Bd. 7, Nr. 3, S. 79. Prag 1963, S. 135 f. 18 R. L. Bobrov in einer Buchbesprechung In: Sowjetstaat und Recht 82 J. Cuth, Einige Probleme der Anerkennung der Staaten im gegen• (russ.), Moskau 1970, Nr. 1, S. 149. wärtigen Völkerrecht, in: Rechtswissenschaftlicher Informations• l» I. N. Arclbasov, Die DDR — ein Subjekt des Völkerrechts (russ.), dienst, Jg. 5, 1956, Sp. 421. Moskau 1969, S. 125. lo i. Herczeg, Die Anerkennung von Staaten und Regierungen (russ.), s» I. Mräzek, Die Aufnahme neuer Mitglieder in die Organisation der In: Probleme des Völkerrechts, Moskau 1961, S. 336. Vereinten Nationen (tschech.), in: Der Jurist, Prag 1955, S. 21 f. " L. Buza, Die völkerrechtlichen Grundfragen Im Völkerrecht neuen ** E. Glaser, Die De-Jure- und die De-facto-Anerkennung im Völker• Charakters (ung.), Budapest 1967, S. 41. recht (rumän.), In: Lumea, Bukarest, Nr. 3/1970, S. 13. M K. Nagy, Die Anerkennung des Staates im gegenwärtigen Völker• M N. Dascovici/A. Bolintineanu, Die UNO. Organisation und Funktion recht (ung.), Szeged 1967, S. 65. (rumän.), Bukarest 1962, S. 36 f. " L. Ehrlich, Völkerrecht (poln.), 4. Auflage, Warschau 1958, S. 144. >» G. Geamanu, Das gegenwärtige Völkerrecht (rumän.), Bukarest « J. Makowskl in einer Buchbesprechung in: Staat und Recht (poln.), 1965, S. 198 f. Warschau 1957, Nr. 2, S. 358. »7 M. Niciu, Internationales öffentliches Recht (rumän.), Bd. 1, CluJ it A. Klafkowski, Internationales öffentliches Recht (poln.), 3. Auf• 1956, S. 172. lage, Warschau 1969, S. 76. S8 Kleines rumänisches diplomatisches Wörterbuch (rumän.), Bukarest i« K. Skublszewski, Die völkerrechtliche Anerkennung (poln.), in: 1967, S. 265. Grundriß des internationalen öffentlichen Rechts, Bd. 2, Warschau 39 Cuth, aaO, siehe Anm. 32, Sp. 422. 1956, S. 9. to H. Lehmann, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, «7 c. Berezowski, Internationales öffentliches Recht (poln.), Tell 1, 10. Auflage, Berlin (West) 1957, S. 138. Warschau 1966, S. 94. 41 Die Welt, Nr. 90 vom 18. April 1970, S. 8.

Die Diskussion um die Reform der internationalen Währungsordnung

ökonomische und politische Gesichtspunkte DR. DIETER TIEGEL

Mit dem Ende der 50er Jahre geriet das Währungssystem von Bretton Woods eine Art angelsächsische Verschwörung«. von Bretton Woods in die Diskussion. Zwar sind die Erörte• Zu dieser Auffassung hat die Art und Weise der Vorberei• rungen über die Notwendigkeit einer Reform der bestehenden tung der Konferenz von Bretton Woods im Jahre 1944 maß• Weltwährungsordnung fast so alt wie diese Ordnung selbst, geblich beigetragen: Die offizielle Einladung an die 44 Teil• es handelte sich zunächst jedoch mehr um eine akademische nehmerstaaten war damals erst ausgesprochen worden, Debatte, die vorwiegend im engen Kreis der Fachleute ge• »nachdem man im begrenzten Kreis amerikanischer, engli• führt wurde. Erst mit Beginn der 60er Jahre hat sich diese scher und zeitweilig auch kanadischer Währungsexperten Diskussion stark ausgeweitet und ist weltweit und auf allen eine Kompromißlösung gefunden hatte«*. Ebenen geführt worden. Geht man den Gründen nach, die eine solche Reformdiskus• Dollar-Problem und Dollar-Privileg sion in Gang gesetzt und vorangetrieben haben, dann sind es In den Mittelpunkt der Reformdiskussion gerät zunächst das vornehmlich das >Dollar-Problem< und die anhaltende Schwä• sogenannte Dollar-Problem. Hiermit ist die Tatsache gemeint, che des britischen Pfundes. Gerade mit der wirtschaftlichen daß die Zahlungsbilanz der Vereinigten Staaten seit dem Schwäche der beiden Leitwährungsländer, der USA und Ende des Zweiten Weltkrieges, unterbrochen nur im Jahre Großbritanniens, ist ein wesentlicher Anstoß zur Diskussion 1957, ständig defizitär gewesen ist. Seit 1958 erreichten ihre von Mängeln und Reformwegen gegeben worden. Hiermit Defizite durchschnittlich pro Jahr die außerordentliche Höhe hängt es auch zusammen, daß die Diskussion schon bald unter von nahezu 3 Mrd. Dollar3. politischen Vorzeichen geführt wurde. Im Jahre 1965 gerät Die prekäre Situation des für die Funktionsfähigkeit des die Debatte zwischen die politischen Frontstellungen, die in• internationalen Währungssystems so wichtigen US-Dollars nerhalb der westlichen Welt bestehen: die Diskussion um die lenkte den Blick darauf, daß die Defizite der amerikanischen Neuordnung des internationalen Währungssystems erreichte Zahlungsbilanz in diesem Jahr ihren dramatischen Höhepunkt; zeitweilig > die seit dem Ende des letzten Weltkrieges feststellbare wurde sie vollendes vom amerikanisch-französischen Gegen• weltweite Inflationstendenz in den westlichen Ländern satz beherrscht1 und trat damit weitgehend in den Schatten begünstigten, der Machtpolitik. > die Labilität des Weltwährungssystems in einer Weise Eine solche Entwicklung war nicht zu vermeiden, weil das förderten, die in einer politisch ungünstigen Konstellation internationale Währungssystem keineswegs nur eine ökono• zu einer ernsten Bedrohung für dessen Bestand werden mische, sondern ebenso eine eminent politische Seite hat. Die konnte und damit auch die internationalen Handels- und Errichtung dieses Systems selbst ist ein hochpolitischer Vor• Kapitalströme gefährdeten. gang gewesen, und die in diesen Jahren auftretenden Mängel Hiermit zusammenhängend kam ein grundlegender Nachteil der Weltwährungsordnung hatten ihre tiefere Ursache in den des Bretton Woods Systems erneut ins Bewußtsein. Es war jeweiligen Situationen der Leitwährungsländer, für die von Anfang an nicht als Idealzustand betrachtet worden, daß wiederum entscheidende politische Gründe maßgebend wa• die Währungsordnung der westlichen Welt praktisch auf den ren. US-Dollar zugeschnitten ist und damit die Funktionsweise Eine Politisierung der Diskussion wurde allerdings begünstigt des gesamten Systems weitgehend von der jeweiligen wirt• durch ein seit den Anfängen dieses Währungssystems verbrei• schaftlichen und politischen Situation des Leitwährungslandes tetes Mißtrauen gegenüber den Leitwährungsländern. Von USA abhängt. Ausdruck der engen Verknüpfung von Dollar Anfang an sahen nicht wenige Staaten in dem Abkommen und Weltwährungsordnung ist es u. a., daß allein der Dollar

154 Vereinte Nationen 5/70 direkt an das Gold gekoppelt ist und nur die USA verpflichtet etablieren. Als Folge dieses Dranges auf die Auslandsmärkte sind, den Dollar jederzeit zu einem festen Satz in Gold umzu• ergab sich eine Kapitalausfuhr, die die Zahlungsbilanz der tauschen. Gerade auf dieser Umtauschverpflichtung beruht USA entscheidend belastete. die überragende Führungsposition des Dollars im westlichen Ein berechtigter Kritikpunkt bestand aber auch darin, daß Währungssystem, zugleich aber bildet eben diese Konstruk• die Amerikaner nur zögernd wirtschaftspolitische Anstren• tion den Kern für die Labilität des Systems. Um ihrer Ver• gungen unternahmen, um diesen Defiziten entgegenzuwirken. pflichtung nachkommen zu können, müssen die USA jederzeit Auch als die Fehlbeträge der Zahlungsbilanz stärker anstie• in der Lage sein, die von ausländischen Regierungen und gen, die Goldbestände der USA abnahmen und die kurz• Notenbanken gehaltenen Dollarnoten in Gold zu konvertieren. fristigen Guthaben des Auslandes erheblich anwuchsen, ver• Sie müssen also liquide sein, was voraussetzt, daß sie stets säumte es die amerikanische Regierung noch immer, die über einen hinreichenden Goldvorrat verfügen. Die über Kredit- und Haushaltspolitik ernstlich zu ändern. Hierüber Jahre anhaltenden Defizite in der amerikanischen Zahlungs• bestand in den europäischen Ländern eine deutliche Ver• bilanz haben jedoch dazu geführt, daß die Goldbestände der ärgerung. USA laufend abnahmen. In der Zeit von 1958 bis 1968 sind die Goldbestände der Vereinigten Staaten von 22,5 auf 10,9 Mehrmalige Währungskrisen Mrd. Dollar gefallen4, während die ausländischen Dollargut• Zur Verschärfung der Reformdiskussion haben aber auch die haben in dieser Zeit ständig zugenommen haben und den seit Anfang der 60er Jahre mehrfach aufgetretenen und vorhandenen Goldvorrat überstiegen. Folglich sind die USA keineswegs ungefährlichen Währungskrisen beigetragen. seit langem schon nicht mehr in der Lage, ihre nach dem Mehrmals haben spekulative Attacken einzelne Währungen Bretton Woods Abkommen bestehende Verpflichtung zur in starke krisenhafte Situationen gebracht. Hierbei handelte Goldeinlösung der Dollarnoten wahrzunehmen. Eine solche es sich in erster Linie um Krisen des britischen Pfundes. Das Situation ist geeignet, das Vertrauen in die Stabilität der Leitwährungsland Großbritannien litt an einer grundlegen• wichtigsten Leitwährung zu beeinträchtigen. Es kann hier• den Schwäche seiner Volkswirtschaft, die zu anhaltenden durch jederzeit ein Run auf den Dollar ausgelöst werden, Zahlungsbilanzdefiziten führte. der sich in größeren Umtauschaktionen von Dollar in Gold Zunächst geriet das britische Pfund im Frühjahr 1961 in eine niederschlägt. Hiermit ist eine ständige ernste Bedrohung ernste Krise; sie ergab sich im Zusammenhang mit der Auf• für die Stabilität des Weltwährungssystems gegeben. wertung der DM und des holländischen Guldens. Infolge der Eine politische Richtung bekam die Reformdiskussion aber mit diesen beiden Aufwertungen eintretenden Spekulationen auch durch das Dollar-Privileg. Das politische Element ist wurden die britischen Währungsreserven stark gefährdet, besonders deshalb in die Währungsdiskussion hineingetragen weil England hohe kurzfristige Kapitalabflüsse zu verzeich• worden, weil die USA als Leitwährungsland in mehrererlei nen hatte. In diesem Jahr mußte das Pfund erstmals durch Hinsicht eine privilegierte Stellung einnehmen. Der Haupt• eine gemeinsame Aktion mehrerer Notenbanken gestützt vorteil, den die USA wahrnehmen können, besteht eben darin, werden. Im Jahre 1964 geriet das Pfund erneut in eine schwere daß sie einen langen Zeitraum mit einem Zahlungsbilanz• Krise, sein Zusammenbruch schien vor der Tür zu stehen. defizit leben können. Die amerikanische Zahlungsbilanz hätte Durch eine massive monetäre Stützungsaktion, die größte, nicht auf Dauer solche Defizite aufweisen können, wenn die die jemals in der Währungsgeschichte vorgenommen wurde, USA nicht Leitwährungsland gewesen wären. In diesem Fall konnte sie noch einmal abgewendet werden*. wäre der Goldbestand der USA schon vor Jahren so stark Weitere Krisen des britischen Pfundes folgten in den Jahren reduziert worden, daß ein Zahlungsbilanzausgleich hätte 1965 und 1966 und machten ebenfalls umfassende Stützungs• herbeigeführt werden müssen5. Die USA sind jedoch dadurch aktionen notwendig. Das britische Pfund, die nach dem Dollar im Vorteil, daß ihnen der Weg >schmerzloser Defizite< offen• wichtigste Währung der westlichen Welt, konnte über längere steht, weil sie als einziges Land in der Lage sind, einen großen Zeit nur noch durch eine umfassende internationale Koope• Teil ihres jeweiligen Defizits mit ihren eigenen Währungs• ration über Wasser gehalten werden. Trotz dieser Hilfestel• einheiten zu >finanzieren < . lungen war England schließlich doch gezwungen, den Pfund• kurs den veränderten ökonomischen Gegebenheiten anzu• Diesen Vorteil können die USA deshalb für sich in Anspruch passen. Im November 1967 wurde das Pfund um 14,3 vH nehmen, weil die wichtigsten westlichen Länder bereit sind, abgewertet. auf die volle Konvertierung der ihnen zufließenden Dollar• Neben dem Pfund gerieten noch andere Währungen in krisen• beträge in Gold zu verzichten und somit das Defizit mitfinan• hafte Situationen. So der kanadische Dollar im Jahre 1962, zieren. Die Notenbanken einiger wichtiger Länder hielten als die kanadische Notenbank in kurzer Zeit nahezu die zeitweise Dollarnoten im Werte mehrerer Milliarden, ohne Hälfte ihrer Währungsreserven verlor. 1963 folgte die Krise sie in Washington zum Umtausch gegen Gold vorzulegen. des italienischen Lire, die sich aus einer passiven Zahlungs• Für diese Verhaltensweise sind vorwiegend politische Gründe bilanz und innenpolitischen Schwierigkeiten ergab. Als Folge maßgebend; die Länder tragen damit der Tatsache Rechnung, der Mai-Unruhen geriet schließlich 1968 auch der französische daß die USA die Führungsmacht der westlichen Welt sind und Franc in schwere Bedrängnis. nehmen deshalb gewisse Rücksichten auf deren Belange. Trotz dieser Währungskrisen und der anhaltenden Schwäche Die Einführung des politischen Elementes in die Währungs• des britischen Pfundes in diesen Jahren stellt dennoch die diskussion ist jedoch auch dadurch begünstigt worden, daß Situation des Dollars das Zentralproblem dar. Die häufigen das Entstehen der erheblichen Defizite in der Zahlungsbilanz Pfundkrisen hätten überhaupt nicht in einem solchen Ausmaß maßgeblich auf politischen Ursachen beruht. Die außerordent• auftreten und das internationale Währungssystem nicht we• lich hohen Defizite erklärten sich in erster Linie daraus, daß sentlich erschüttern können, wenn sich der Dollar in einer die USA als Schutz- und Führungsmacht der westlichen Welt stabilen Situation befunden hätte. gezwungen sind, Milliardenbeträge in Form von Auslands-, Militär- und Entwicklungshilfe in andere Länderfließen z u Reformvorschläge lassen. Seit 1964 kommt der Vietnam-Krieg hinzu; er belastet Gaben diese Vorgänge und Probleme schon hinreichend Anlaß die amerikanische Zahlungsbilanz seitdem erheblich. Nicht für die Diskussion von Maßnahmen zur Reform des Welt• weniger bedeutsam war aber auch die umfangreiche Kapital• währungssystems, so kamen außerdem die langjährigen Mei• ausfuhr Amerikas. Die amerikanischen Unternehmungen nungsverschiedenheiten über die Frage hinzu, wie sich die waren gerade in den 60er Jahren bemüht, sich auf dem west• internationale Liquidität in Zukunft entwickeln würde. Die europäischen Markt, vornehmlich in den EWG-Ländern, zu angelsächsischen Länder, voran die Vereinigten Staaten,

Vereinte Nationen 5/70 155 waren der Meinung, daß eine bedrohliche Verknappung der befanden, wurde 1965 erheblich verschärft durch den nun• Menge an Währungsreserven in Zukunft zu erwarten sei; vor mehr offen ausgetragenen Gegensatz zwischen Frankreich allem auch deshalb, weil die Leitwährungsländer sich in und den USA. Die Reformdebatte wurde damit einem drama• Zukunft um einen Ausgleich ihrer Zahlungsbilanzen bemühen tischen Höhepunkt zugetrieben und das Weltwährungssystem müßten. Nach ihrer Ansicht sollte daher schon bald Vorsorge kam zeitweilig der Gefahr eines Zusammenbruches bedenk• getroffen werden, daß es nicht zu einer Hemmung des welt• lich nahe. Die politische Konfrontation dieser beiden Länder wirtschaftlichen Handelsaustausches kommen könne. spielte auch und vor allem in die Währungsfrage hinein, weil Dieser Standpunkt wurde von der Mehrzahl der westlichen Frankreich die Währungspolitik ganz bewußt seinen außen• Staaten nicht geteilt. Frankreich widersprach der amerikani• politischen Absichten zunutze zu machen versuchte und sie schen Argumentation von Anfang an am schärfsten und malte als Instrument zur Schwächung der Position der Vereinigten die Gefahr einer weltweiten Inflation an die Wand, wenn es Staaten verwendete. zu weiteren Möglichkeiten der Vermehrung internationaler In seiner Pressekonferenz, die General de Gaulle am 4. Fe• Liquidität kommen würde. bruar 1965 abhielt, gab er seine Vorschläge zur Reform des Im Verlaufe dieser Debatte über die Beschaffenheit des Welt• Währungssystems bekannt. Er sprach sich für eine Rückkehr währungssystems sowie über die zukünftige Versorgung der zum reinen Goldstandard aus, einem Währungssystem also, Welt mit Währungsreserven ist in den letzten 10 Jahren eine in dem nur noch Gold als Währungsreserve verwendet wird10. unübersehbare Anzahl von Reformplänen an die Öffentlich• Im übrigen galten seine Ausführungen der Kritik an der keit gelangt. Als wichtigste, immer wiederkehrende Reform• Stellung des Dollars11. Mit dieser aufsehenerregenden Rede vorschläge wurden hatte de Gaulle klar gemacht, daß er eine Änderung des der• > die Erhöhung des Goldpreises zeitigen Systems in einer Weise wünschte, welche die privi• > die Rückkehr zum Goldstandard legierte Stellung des Dollars beseitigen würde. > der Ausbau des Internationalen Währungsfonds zu einer In der damals herrschenden Situation war aber auch der Art Weltzentralbank bereits kurz zuvor angekündigte Schritt Frankreichs ent• > der Übergang zu einem System flexibler Wechselkurse scheidend, einen Teil seiner Dollarbestände, entsprechend den > die Schaffung von Sonderziehungsrechten Vereinbarungen von Bretton Woods, nunmehr in Gold um• empfohlen, wobei nicht selten auch Kombinationen dieser wandeln zu lassen. Dieser Schritt stellte einen direkten An• einzelnen Reformschritte gefordert wurden7. griff auf die USA dar, weil hierdurch ein zusätzlicher Gold• Die angelsächsischen Leitwährungsländer drängten die Re• abfluß bewirkt wurde, der die ohnehin schon prekäre Situa• formdiskussion in Richtung auf die Schaffung von Sonder• tion der USA noch schwieriger machte. Von nun an stand ziehungsrechten, während sich der französische Reformplan fest, daß Frankreich die offene Flanke der USA an der Wäh• darauf erstreckte, zum reinen Goldstandard zurückzukehren rungsfront zur Schwächung ihrer Position auszunutzen trach• und gleichzeitig damit eine drastische Erhöhung des Gold• tete. preises vorzunehmen. Die USA und England auf der einen Trotz aller Proteste und Warnungen aus Washington und und Frankreich auf der anderen Seite wurden damit mehr London machten die Franzosen ihre Ankündigung wahr und und mehr zu Gegenspielern in der Währungsfrage. tauschten größere Dollarbeträge in Gold ein, »obwohl der Für die verschiedenen Reformkonzepte waren in höchstem Anteil des Goldes an den französischen Währungsreserven Maße politische Interessenlagen ausschlaggebend. Frankreich weit größer war als in den meisten anderen Staaten und war daran interessiert, die dominierende Rolle der Leitwäh• Frankreich bis in die letzten Jahre aus dem militärischen rungsländer im internationalen Währungssystem zu beseiti• Titel hohe Zahlungen von den USA erhalten hatte.. .«12. Bis gen, deshalb wollte es vom Gold-Devisenstandard abgehen. Mitte März 1965 hatte Frankreich insgesamt 482,5 Mio Dollar Die Vereinigten Staaten hingegen befürworteten Reform• beim amerikanischen Schatzamt zur Umwandlung in Gold schritte, die nicht zu einer Gefährdung ihrer Vorteile führten, vorgelegt. Die US-Goldreserven sanken auf weniger als 15 die sie aus ihrer Stellung als Leitwährungsland ziehen konn• Mrd. Dollar und erreichten ihren tiefsten Stand seit 1939. Die ten. Sie plädierten daher, unterstützt durch Großbritannien, Situation des Dollars wurde in gefährlicher Weise ver• für die Einführung der Sonderziehungsrechte als vornehm• schärft. sten Reformschritt. Mitte der 60er Jahre erreichte die Aus• Die Rede de Gaulles ließ keinen Zweifel daran, daß er sich einandersetzung zwischen Frankreich und den USA ihren bei seinem Vorgehen von politischen Absichten leiten ließ. Höhepunkt. Der massive Schritt gegen den Dollar erklärte sich vor allem Diese Polarisierung der Reformdebatte wurde dadurch be• aus dem zunehmendem politischen Gegensatz, in den diese günstigt, daß der Verwirklichung der meisten Reformvor• beiden Länder geraten waren. Dabei spielte die Tatsache eine schläge irgendwie geartete Hemmnisse entgegenstanden. Eine ausschlaggebende Rolle, daß das Dollar-Problem entscheidend Erhöhung des Goldpreises z. B. scheiterte am Widerstand der auf politische Tatbestände zurückzuführen war. So hatte das USA. Sie nahmen hinsichtlich der Dollarparität eine Tabu- Defizit der amerikanischen Zahlungsbilanz seinen Grund vor Stellung für sich in Anspruch8. Denn Goldpreiserhöhungen, allem auch in dem von den USA in Ostasien geführten Krieg. die ja Abwertungen des Dollars bedeuten, würden die Posi• Frankreich mißbilligte diese amerikanische Intervention. Es tion des Dollars als Leitwährung beeinträchtigen. Sie führten handelte daher nur konsequent, wenn es die USA durch Um• dagegen aber auch politische Gründe ins Feld: Nutznießer wandlung der Dollarbeträge in Gold unter Druck setzte, einer Goldpreiserhöhung wäre vor allem die Sowjetunion denn durch ein Stillhalten würde es indirekt zur Finanzierung als größter Goldproduzent der Welt. des militärischen Engagements beitragen. Ebensowenig waren die Amerikaner gewillt, die Einführung Zur Verhärtung der Fronten in der Währungsfrage trug aber flexibler Wechselkurse zuzulassen; nicht zu Unrecht sahen ganz besonders die Flutwelle der Direktinvestitionen der sie damit die privilegierte Stellung des Dollars bedroht. In amerikanischen Industrie in Westeuropa bei. Für de Gaulle diesem Punkte bestanden jedoch auch Widerstände von seiten bot sich hier ein besonderer Anlaß zur Verärgerung, denn der EWG. Deren derzeitige Agrarmarktordnung läßt sich zwei der bedeutendsten französischen Unternehmen waren schlecht mit frei beweglichen Wechselkursen vereinbaren". gerade in amerikanischen Besitz übergegangen. Die Auto• mobilfirma Simca wurde von Chrysler übernommen und am Der französisch-amerikanische Gegensatz führenden französischen Elektronik-Unternehmen Machines Die ohnehin bestehende krisenhafte Situation, in der sich Bull beteiligte sich General Electric maßgeblich. Leitwährungen und Weltwährungssystem in diesen Jahren Hinsichtlich der amerikanischen Kapitalausfuhr bestand ein

156 Vereinte Nationen 5/70 berechtigter Kritikpunkt. Denn die Amerikaner nutzen ihre währungssystems begonnen werden müsse. Deshalb wurde Position als Leitwährungsland keineswegs maßvoll, sondern auch die Initiative de Gaulles nicht ungern gesehen, war sie ohne Rücksicht auf ihre Zahlungsbilanzsituation. Gegen den doch geeignet, einen entscheidenden Anstoß zur Reform zu Aufkauf europäischer Unternehmen wäre nichts einzu• geben. Auch die Freimütigkeit, mit der de Gaulle die Schwä• wenden, wenn die Amerikaner diese Transaktionen mit chen der Leitwährungen bloßlegte, fand allgemeine Billigung. konvertiblen Dollars vorgenommen hätten. Praktisch waren Die meisten Länder teilten das Unbehagen Frankreichs an diese Dollars jedoch nicht konvertibel, weil die USA nicht der Tatsache, daß die Sicherheit aller Währungen und damit in der Lage waren, sie jederzeit in Gold umzuwandeln. Mit des gesamten Handels- und Kapitalverkehrs praktisch allein dem Aufkauf ausländischer Unternehmungen bei gleich• auf einer Währung, dem Dollar, beruhte. Und über die Art zeitigem Unvermögen, die Dollarbeträge in Gold eintauschen und Weise, in der die USA über ihre Zahlungsbilanzprobleme zu können, befanden sich die USA in der Lage eines Mannes, hinweggingen, war man namentlich in europäischen Ländern der sich laufend Kredit gewähren läßt, um damit das Ver• nicht gerade glücklich. Auch was den Zufluß amerikanischen mögen des Kreditgebers aufzukaufen. Kapitals nach Westeuropa anging, herrschte keineswegs all• gemeine Begeisterung. Insoweit hatte Frankreich eine statt• Die Stellung der Bundesrepublik im Währungsstreit liche Gefolgschaft. Die meisten Länder waren an einer Ände• Das französische Vorgehen wäre für den Dollar dann existenz• rung der Gegebenheiten interessiert, allerdings nicht auf dem gefährdend gewesen, wenn sich andere Länder diesem Ver• von de Gaulle vorgeschlagenen Weg. Es herrschte die Ein• halten angeschlossen hätten; eine Bankrotterklärung der sicht vor, daß eine Änderung der unerfreulichen Zustände USA wäre dann unvermeidlich gewesen. Frankreich konnte nicht durch eine schlagartige Gefährdung der Position des zwar mit seinem Vorgehen den Dollar unter Druck setzen, Dollars erreicht werden konnte, denn dadurch würde vorerst jedoch die von ihm beabsichtigte Entthronung des Dollars nur eine neue Periode chaotischer Währungsverhältnisse allein nicht erreichen. Aus diesem Grunde hat Frankreich eingeleitet werden. Daran aber konnte kein Land interessiert eine erhebliche politische Aktivität entfaltet, um eine >entente sein. monetaire< der EWG-Länder herbeizuführen. Trotz seiner berechtigten Kritik am Weltwährungssystem Wäre diese tatsächlich gelungen, dann hätte sich der Zusam• fand Frankreich aber auch keine Gefolgschaft, weil es kein menbruch des Weltwährungssystems nicht aufhalten lassen. annehmbares Reformkonzept anzubieten hatte: Die Rückkehr Denn die EWG-Länder verfügten zum damaligen Zeitpunkt zum Goldstandard, und das war einhellige Meinung, galt über nahezu 6 Mrd. Dollar Guthaben. Wäre dieser Betrag unter den herrschenden Bedingungen als nicht praktikabel. dem amerikanischen Schatzamt vorgelegt worden, dann hätten die USA mehr als ein Drittel ihres damaligen Gold• Das weltbekannte schwedische Ehepaar Gunnar und Alva Myrdal erhielt in der Paulskirche Frankfurts in Anwesenheit des Bundes• vorrates verloren. präsidenten am 27. September 1970 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Beide Preisträger sind mit den Vereinten Nationen auf Um einen Zusammenbruch des Dollars herbeizuführen, wäre das engste verbunden. Professor Gunnar Myrdal war u. a. 10 Jahre aber schon eine Achse Paris—Bonn ausreichend gewesen. Die lang Generalsekretär der Wirtschaftskommission der Vereinten Natio• Bundesrepublik war mit Abstand der größte kurzfristige nen für Europa (ECE) und Alva Myrdal vertritt ihr Land als Mini• sterin auf der Abrüstungskonferenz der Vereinten Nationen. (Vgl. Gläuber der USA. VN 1/1970 S. 19). Aus zwei Gründen sah man in politischen Kreisen der USA die Gefahr, daß die BRD sich möglicherweise in der Wäh• rungsfrage mit Frankreich solidarisieren könnte, obgleich sich gerade die Bundesrepublik durch eine loyale Haltung den USA gegenüber auszeichnete: Zum einen bemühten sich in dieser Zeit amerikanische Unternehmungen intensiv um wachsende Geschäfte mit der DDR und lieferten wichtige Ausrüstungsgegenstände dorthin. Trotz mehrmaliger Inter• ventionen der Bundesregierung schritt die amerikanische Regierung dagegen nicht ein, zum anderen setzten sich in der BRD einflußreiche Persönlichkeiten für eine gewisse Gefolg• schaft de Gaulies ein13. Tatsächlich aber folgte die Bundesrepublik Frankreich nicht, sondern nahm eine Mittelstellung ein14. Der damalige Bundes• kanzler machte unmißverständlich klar, daß man sich an einem Kesseltreiben gegen den Dollar nicht beteiligen werde. Für diese Entscheidung war zunächst einmal ausschlaggebend, daß die amerikanische Zahlungsbilanz auch deshalb passiv war, weil die USA als Schutzmacht Europas fungierten. An der Präsenz amerikanischer Truppen in Europa hatte aber gerade die Bundesrepublik großes Interesse. Ein gewichtiger Grund lag aber auch darin, daß die BRD ihren raschen wirt• schaftlichen Aufstieg in einem nicht unerheblichen Maße der großzügig gewährten Marshallplan-Hilfe verdankte. Man wollte daher nicht gegen diejenige Währung vorgehen, mit der seinerzeit eine so entscheidende Hilfe geleistet wor• den war. Nicht zuletzt war aber ausschlaggebend, daß ein Welthandels• land vom Gewicht der Bundesrepublik an einem Zusammen• bruch des Weltwährungssystems nicht interessiert sein konnte. Unrealistische Reformvorstellungen Frankreichs Nahezu alle Länder waren der Meinung, daß baldmöglichst mit der Einleitung geeigneter Schritte zur Reform des Welt•

Vereinte Nationen 5/70 157 Zudem wäre gar nicht genügend Gold vorhanden, um das lungsbilanzdefizite aus dem Wege zu gehen. Gleichzeitig wird heutige Umsatzvolumen des Welthandels bewerkstelligen zu ihnen mit den SZR die Möglichkeit verschafft, »ihre Auslands• können. Auch die von de Gaulle geforderte Verdoppelung des verbindlichkeiten aus der bisherigen Rolle als Reservewäh• Goldpreises könnte hier keine Abhilfe bringen. rungen ... abzubauen, ohne dafür den harten Weg zu eigenen Wären die anderen Gründe nicht schon schwerwiegend ge• Zahlungsbilanzüberschüssen beschreiten zu müssen«15. nug gewesen, schon allein an diesem Reformvorschlag Frank• Es konnte nicht ausbleiben, daß der amerikanisch-franzö• reichs mußte eine breite währungspolitische Koalition gegen sische Gegensatz bis in die Konstruktion der SZR hinein• die USA scheitern. Damit verlor auch das Reformkonzept wirkte, und wegen Frankreichs Opposition gegen das Konzept Frankreichs jede Chance. der SZR mußten starke Abstriche am ursprünglichen, von den Angelsachsen konzipierten System der SZR gemacht wer• Ausweg: Sondererziehungsrechte den. Die Franzosen opponierten mit der Begründung, daß den Unter den bestehenden Umständen kam es fast zwangsläufig USA durch die Inanspruchnahme der SZR die Möglichkeit zur Weiterentwicklung des Weltwährungssystems durch die gegeben werde, ihre laxe Zahlungsbilanzpolitik durch stei• Schaffung der sogenannten Sonderziehungsrechte (SZR). Sie gende internationale Verschuldung fortzusetzen. Schließlich stellten einen relativ leicht gangbaren Weg aus der verfahre• kam das Abkommen über die SZR doch noch durch einen nen und politisch stark belasteten Reformdebatte dar. Die Kompromiß aus den Verhandlungen der USA und Großbri• Einführung der SZR kann als ein angelsächsischer Sieg ange• tanniens einerseits und Frankreichs andererseits zustande, sehen werden: Nicht nur, daß sich mit ihrer Schaffung die ein Ausdruck der nach wie vor starken Position der USA und Meinung der USA und Großbritanniens über die zukünftige der schwachen internationalen Stellung Frankreichs. Entwicklung der Währungsreserven durchgesetzt hat, überdies Der Beschluß zur Schaffung der SZR wurde im September stellt der Weg der Reform über die SZR vor allem für die 1967 von 107 Mitgliedern des Internationalen Währungsfonds USA einen schmerzlosen Reformschritt dar; denn er bietet in Rio de Janeiro gefaßt. Auf der Konferenz der 10 wichtig• die Möglichkeit, das Währungssystem in einer Weise fort• sten Weltwährungsländer im März 1968 in einigten zuentwickeln, die für die USA unangenehme Reformmaß• sich die Teilnehmerstaaten über die Satzungsänderung des nahmen vermeidet und gleichzeitig die mit der Leitwährung Internationalen Währungsfonds und über die Ausgabe von US-Dollar verbundenen Vorteile aufrechterhält. SZR. Diese erste künstliche Währungsreserve soll das Gold Kritiker behaupten nicht ganz zu Unrecht, daß die SZR für und den Dollar, als die traditionellen Währungsreserven, er• die beiden tief verschuldeten Leitwährungsländer einen be• gänzen und in den nächsten 3 Jahren im Gesamtbetrag von quemen Ausweg aus ihren wirtschaftlichen Schwierigkeiten 9,5 Mrd. Dollar allen Mitgliedern des Internationalen Wäh• darstellen würden. Dieser Weg gibt ihnen in der Tat die rungsfonds entsprechend ihren Quoten überlassen werden. Möglichkeit, sowohl der gefürchteten Goldpreiserhöhung als Der wesentlichste Vorteil der SZR besteht darin, daß nunmehr auch energischen Anstrengungen zur Beseitigung ihrer Zah- das Weltwährungssystem nicht mehr nur auf einer Währung beruht und damit weitgehend von der inneren und äußeren Mr. William Henson, Großbritannien. Er ist Direktor des Informa• Politik eben eines Leitwährungslandes unabhängiger wird. tionszentrums am Europäischen Sitz der Vereinten Nationen in Genf. Die Versorgung der Welt mit Währungsreserven wurde mit Seit 1946 steht er in den Diensten der Weltorganisation, vorwiegend im Informationsbereich. Ihm und seinen Mitarbeitern verdankt die den SZR auf breitere Schultern verteilt, gleichzeitig damit Zeitschrift VEREINTE NATIONEN stetige hilfsbereite und tatkräftige wurde die Abhängigkeit des Systems von der dominierenden Förderung. Leitwährung, dem US-Dollar, eingeschränkt. Deshalb werden mit Hilfe der SZR zukünftig auftretende Währungskrisen leichter isoliert werden können, wodurch das Weltwährungs• system überhaupt krisenfester wird.

Anmerkungen: 1 Aschinger, F.: Der amerikanisch-französische Gegensatz in der Währungsfrage, in: Außenwirtschaft, 20. Jg. (1965), S. 33. 2 Jarchow, H.-J.: Die gegenwärtige währungspolitische Diskussion im Lichte der Diskussion von Bretton Woods, in: Kredit und Ka• pital, 1. Jg. (1968), S. 170. 3 Das Defizit der amerikanischen Zahlungsbilanz erreichte in den letzten Jahren Jeweils folgende Höhe (in Mrd. Dollar): 1960 : 3,9; 1961 : 2,4; 1962 : 2,2; 1963 : 2,7; 1964 : 2,8; 1965 : 1,3 ; 1966 : 1,4; 1967 : 3,6. 4 Hudeczek. C: Das internationale Währungssystem. Mängel und Reformen. Frankfurt/M. 1969, S. 32. 5 Der Währungsexperte Friedrich A. Lutz spricht in diesem Zusam• menhang von einer Asymetrie der Golddevisenwährung in bezug auf die Stellung der angeschlossenen Länder. (Vgl Lutz, F. A.: Die Diskussion über die internationale Währungsordnung. Ordo, Bd. 15/16 (1965), S. 77). 6 Hudeczek, siehe Anm. 4, aaO, S. 88. 7 Vgl. hierzu Machlup, F.: Die Pläne zur Reform des internationalen Geldwesens, in: Kieler Vorträge N. F. 23, Kiel 1962, S. 14—64. 8 Emminger, O.: Artikel internationales Währungssystems in: Enzy• klopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen. Frankfurt 1967/68, 3. Auflage, S. 843. 9 Gleske, L.: Zukunftsperspektiven der Weltwährungsordnung, In: Europa-Archiv, Folge 8/1969, S. 292. 10 Emminger, siehe Anm. 8, aaO, S. 848. 11 Pressekonferenz des französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle, am 4. Februar 1965, in: Europa-Archiv, FoJge 4/1965, D 91. 12 Hudeczek, siehe Anm. 4, aaO, S. 86. 13 So empfahl z. B. der damalige Sprecher des Vorstandes der Deut• schen Bank, Hermann J. Abs, die BRD möge einen Teil ihrer Dollarguthaben in Gold umtauschen, um dadurch die Amerikaner zum Nachdenken zu bewegen. 14 Aschinger, siehe Anm. 1, aaO, S. 34. — Ein nicht unerheblicher Teil der in dieser Zeit zwischen Frankreich und dem Kabinett Erhard eingetretenen Verstimmung läßt sich hieraus erklären. 15 Meyer, F. W.: Die perfektionierte Inflationsmaschine. Sonderzie• hungsrechte — eine bedenkliche Reform des derzeitigen Welt• währungssystems, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 224 vom 27. September 1969, S. 17.

158 Vereinte Nationen 5/70 Aus dem Bereich der Vereinten Nationen Tätigkeiten der Weltorganisation im Juli/August 1970

Allgemeines Die ungehinderte militärische Aufrüstung müßten die Urteile des Gerichtshofs für und den Rassismus in vielen Ländern alle Staaten verbindlich sein. Stärkung der Vereinten Nationen brandmarkte Generalsekretär U Thant in 4. Es müsse dafür gesorgt werden, daß Einer großen Vertrauenskrise sehen sich einer Rede in Genf am 6. Juli 1970 als das Prinzip der Universalität in den Ver• nach Ansicht von Generalsekretär U Thant hervorragende Merkmale unserer Zeit. einten Nationen erfüllt werde, da der bis• die Vereinten Nationen gegenüber. Aus Hoffnungsvolle Zeichen für die Zukunft herige Zustand erhebliche Mängel in der Anlaß der Feierlichkeiten zum 25jährigen sah er dagegen darin, daß das weltweite Wirksamkeit der Weltorganisation zur Fol• Bestehen der Weltorganisation appellierte Bewußtsein für die Gefahren eines unkon• ge habe. der Generalsekretär in San Francisco, wo trollierten Anwachsens der Bevölkerung, 5. Global ausgerichtete Institutionen müß• am 26. Juni 1945 die Charta der Vereinten der Verseuchung der Umwelt, der Ver• ten zur Lösung wesentlicher weltumfas• Nationen von 51 Staaten unterzeichnet städterung, eines irrationalen Konsum• sender Probleme gegründet werden, dabei worden war, an alle Nationen, nicht den wachstums, des »geplanten« Verschleißens solle die erste derartige Institution sich einfachen, aber selbstmörderischen Weg in »der Überflußgesellschaft« und der un• der Rettung der menschlichen Umwelt an• der Zerstörung der Organisation zu gehen, kontrollierten Ausbeutung der Meere ge• nehmen. Diese Institution müsse zum sondern sie zu einem Instrument für die wachsen sei. Um dieses Bewußtsein in Wohl der Weltgemeinschaft die Befolgung Erhaltung der Menschheit zu entwickeln. Taten umzusetzen, seien neue Willensan• ihrer Entscheidungen erzwingen können. Um die Vereinten Nationen für diese zu• strengungen, neue Verhaltensmuster und 6. Die Vereinten Nationen benötigten künftigen Aufgaben zu befähigen, schlägt neue Formen der Zusammenarbeit zwi• dringend eine eigene, ständige, für ihre U Thant sechs Schritte vor: schen den Staaten notwendig. Radikal Zwecke speziell ausgebildete Streitmacht, neue Denkansätze seien im Bereich der in• die jederzeit zur Erhaltung des Weltfrie• 1. Auf Seiten der Regierungen müsse eine ternationalen Beziehungen dringend er• dens und der internationalen Sicherheit radikale Wandlung von der gegenwärti• forderlich. »Wir müssen die Einheit der eingesetzt werden könnte. gen Machtpolitik zu einer »Politik der kol• Welt, die Priorität des Menschen, die Soli• lektiven Verantwortung gegenüber der darität der Nationen, die kumulativen Wir• Politik und Sicherheit Menschheit« stattfinden. Weltprobleme kungen individueller Handlungen auf natio• sind nicht länger außenpolitische, sondern naler Ebene und die Notwendigkeit für Nahost innenpolitische Angelegenheiten aller uns erkennen, Toleranz zu üben und in Staaten. Noch am 7. Juli erklärte Generalsekretär einer sich ständig verkleinernden Welt als U Thant auf einer Pressekonferenz in 2. Unter Erwähnung der Volksrepublik Chi• gute Nachbarn in Frieden miteinander aus• Genf, daß er keine Basis für die Wieder• na unterstrich U Thant das Prinzip der Uni• zukommen. Kurzum, wir müssen erkennen, aufnahme der Vermittlertätigkeit des versalität der Vereinten Nationen. Die Nicht- daß die menschliche Souveränität die na• schwedischen Botschafters in Moskau, mitgliedschaft dieses Landes sowie der ge• tionale Souveränität ersetzen muß«. Gunnar Jarring, im Nahostkonflikt sehe. teilten Länder habe den Vereinten Natio• Auf gezielte Fragen räumte er ein, daß nen ein erhebliches Maß an Künstlichkeit In einer vielbeachteten Rede vor dem verliehen. Die Frage der Universalität Kongreß der Weltföderalisten in Ottawa die neuen sowjetischen Vorschläge, die müsse Vorrang bei der diesjährigen Be• hat sich der Generalsekretär am 23. Au• bei den Viermächtegesprächen in New handlung der Weltprobleme haben. gust 1970 noch einmal ausführlich mit York am 24. Juni vorgelegt worden waren, der Zukunft der Vereinten Nationen aus• »gewisse neue und konkrete Elemente« 3. Die gefährlich verschlechterte Lage im enthielten. Die Frage der angeblichen so• Nahen Osten müsse gelöst werden. Dabei einandergesetzt. Ausgehend von der Ober- wjetischen Raketenstellungen in der Ver• hätten die Vereinten Nationen eine maß• legung, daß die Schwäche der Vereinten einigten Arabischen Republik sei bei sei• gebliche Rolle zu spielen. Nationen durch eine Krise ihrer Autorität hervorgerufen werde, da trotz weltweiter nem letzten Moskau-Besuch nicht zur 4. Eine kritische Überprüfung des »Hin• Probleme, die zu ihrer Lösung die Autori• Sprache gekommen. Er habe aber bei dernisses der Ideologien« solle erfolgen. tät von Weltinstitutionen erforderten, viele verschiedenen Gelegenheiten zu dem Der nach innen gerichtete Nationalismus Staaten in engstirnigem nationalen Souve• Problem Stellung genommen. Auf eine mancher Staaten werde durch die Über• ränitätsdenken beharrten, schlug U Thant weitere Frage betonte der Generalsekre• stülpung von Ideologien und politischen zur Stärkung der Autorität der Vereinten tär die große Verantwortung der Vereinten Systemen, die den Anspruch erheben, der Nationen folgende konkrete Maßnahmen Nationen, insbesondere des Sicherheits• einzig richtige Weg für die Menschheit vor: rates, gegenüber der Lage im Nahen zu sein, weiter verschärft. U Thant wies Osten, und daß dieser für eine dauernde auf die negativen Folgen in der Mensch• 1. Als wichtigsten Schritt, daß die Ent• Regelung in dieser Region Sorge tragen heitsgeschichte hin, die der Anspruch auf scheidungen der Vereinten Nationen, ins• müsse. Dem müsse aber nach Ansicht Ausschließlichkeit hervorgerufen habe. Er besondere des Sicherheitsrates, erzwing• U Thants zuerst eine Einigung unter den stellte die Frage, ob es so schwer sei zu bar werden. vier Großmächten vorausgehen. Sollte erkennen, daß politische Ideensysteme 2. In Vergessenheit geratene Bestim• diese Einigung erfolgen, dann könnte der und Ideologien nur in der Theorie voll• mungen der Charta im Interesse des Welt• Sicherheitsrat die Aufstellung einer Frie• kommen seien. friedens wiederzubeleben. Als Beispiel denstruppe erwägen, die durch ein ein• 5. Neue Initiativen zur Lösung weltweiter seien die auf Initiative Finnlands zurück• deutiges Mandat gegen eine Forderung Probleme, mit denen sich die Vereinten gehenden Entscheidungen des Sicherheits• nach unmittelbarem Abzug geschützt sein Nationen schon lange mit unzureichendem rates anzusehen, zum einen periodische müßte. Erfolg befaßt hätten, müßten ergriffen wer• Sitzungen des Rates auf höchster politi• Auf Einladung des amerikanischen Präsi• den. An erster Stelle seien es Fragen der scher Ebene abzuhalten und zum anderen denten führte der Generalsekretär am 10. wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, den Internationalen Gerichtshof um ein Juli ausgedehnte Gespräche mit hohen sodann die weitere Durchsetzung der Rechtsgutachten zur Frage der Verantwort• amerikanischen Regierungsbeamten sowie Menschenrechte. lichkeit der Regierungen über die fort• mit Präsident Nixon über die neuesten 6. Verstärkte internationale Beachtung währende Anwesenheit Südafrikas in Na• amerikanischen Nahostvorschläge. Nach müßte den neuen kollektiven Herausforde• mibia (Südwestafrika) zu ersuchen. Verkündigung der amerikanischen Frie• rungen und Gefahren gewidmet werden, 3. Der Internationale Gerichtshof müsse densinitiative für den Nahen Osten traf die im Gefolge der rapiden wissenschaft• die Vollmacht erhalten, die Charta der U Thant am 3. August zu einer Aussprache lichen und technischen Entwicklung der Vereinten Nationen auslegen zu können. mit dem amerikanischen Außenminister gesamten Menschheit drohten. Bei internationalen Rechtsstreitigkeiten William P. Rogers am UNO-Hauptsitz in

Vereinte Nationen 5/70 159 New York zusammen. Dabei wurde der eine Anerkennung der südafrikanischen den. In Zukunft müsse auch die Zusam• Generalsekretär davon unterrichtet, daß Autorität über Namibia beinhalten. Die menarbeit der Seemächte verstärkt wer• Israel, Jordanien und die Vereinigte Ara• Staaten werden weiterhin ersucht, in einer den. Dazu sollte die Zwischenstaatliche bische Republik den amerikanischen Vor• förmlichen Note der südafrikanischen Beratende Schiffahrtsorganisation (IMCO), schlag angenommen hätten. Die beiden Regierung mitzuteilen, daß sie die süd• eine Sonderorganisation der Vereinten Na• arabischen Staaten wurden bei ihrem afrikanische Autorität über Namibia nicht tionen, eingeschaltet werden. Schritt durch die Regierung des Sudans, anerkennen und die fortgesetzte Anwesen• Marokkos und Tunesiens unterstützt, wäh• heit Südafrikas in diesem Territorium als Entkolonialisierung rend der Rogers-Plan von Syrien und dem illegal betrachten. Die Mitgliedstaaten Irak sowie vom Zentralkomitee der Be• sollen ferner keinerlei Unterstützung für Portugal ist vom 24er Sonderausschuß für freiungsorganisation Palästinas, dem alle den Ausbau wirtschaftlicher Beziehungen die Entkolonialisierung in einer Entschlie• palästinensischen Widerstandsorganisatio• mit Namibia gewähren. Studien über die ßung am 18. August 1970 aufgefordert nen angehören, scharf abgelehnt wurde. Auswirkungen bilateraler und multilatera• worden, unverzüglich für die von ihm be• In inhaltlich gleichlautenden Schreiben an ler Verträge auf das ehemalige Mandats• herrschten Territorien die Prinzipien der die Außenminister Israels, Jordaniens und gebiet sollen angefertigt werden. Ein Selbstbestimmung und Unabhängigkeit gelten zu lassen. Außerdem wird das Land der Vereinigten Arabischen Republik hatte Fonds der Vereinten Nationen für die aufgefordert, alle Unterdrückungsmaßnah• US-Außenminister Rogers vorgeschlagen, Ausbildung, Erziehung und Unterstützung men, wie die Verweigerung der Menschen• daß Israel und die Vereinigte Arabische verfolgter Namibier wird vorgeschlagen. rechte und der Grundfreiheiten, sofort auf• Republik für eine begrenzte Zeit die Wie• Das Mandat des Ad-hoc-Unterausschusses zugeben und alle militärischen Operatio• derherstellung der früheren Feuereinstel• für Namibia, der weitere geeignete Maß• nen gegen die Völker von Angola, Mozam• lung akzeptieren und daß alle drei Staaten nahmen erarbeiten soll, wurde verlängert. bique und Guinea (Bissau) einzustellen. ihre grundsätzliche Annahme der Ent• — Diese Entschließung wurde mit 13 Ferner sollen eine bedingungslose Amne• schließung 242 des Sicherheitsrates vom Stimmen, ohne Gegenstimmen, bei zwei stie durchgeführt, demokratische Rechte 22. November 1967 (VN 2/70 S. 45) be• Enthaltungen (Frankreich, Großbritannien) gewährt und die Macht an frei gewählte kunden und eine erneute Vermittlertätig• angenommen (siehe S. 164 dieser Aus• Institutionen in Übereinstimmung mit der keit Gunnar Jarrings unterstützen sollten. gabe). Der Entschließungsantrag war von Erklärung über die Gewährung der Un• Der schwedische Vermittler Jarring war Burundi, Finnland, Nepal, Sambia und abhängigkeit an koloniale Länder und bereits am 2. August in New York einge• Sierra Leone eingebracht worden. Völker übertragen werden. troffen, um für eventuelle Friedensgesprä• In der zweiten Entschließung wird der In• Portugal wird wegen seiner ständigen che zur Verfügung zu stehen. Er war spä• ternationale Gerichtshof ersucht, die recht• Weigerung verurteilt, die Erklärung über ter zu intensiven Vorgesprächen mit den lichen Folgen für die Staaten zu unter• die Entkolonialisierung und andere Ent• Vertretern Israels, Jordaniens und der Ver• suchen, die sich aus der fortgesetzten An• schließungen der Generalversammlung einigten Arabischen Republik zusammen• wesenheit Südafrikas in Namibia ergeben. und des Sicherheitsrates durchzuführen, getroffen. Dabei war ihm versichert wor• Diese Resolution wurde mit zwölf Stim• und zugleich aufgefordert, in seinen Kolo• den, daß die beteiligten Staaten zur Er• men, ohne Gegenstimme, bei drei Ent• nien die Genfer Konvention von 1949 über leichterung der Gespräche die vereinbarte haltungen (Großbritannien, Polen, Sowjet• die Behandlung von Kriegsgefangenen an• 90tägige Waffenruhe, die am 7. August union) angenommen (siehe S. 164 dieser zuwenden. in Kraft getreten war, strikt einhalten wür• Ausgabe). den. Der Präsident des Internationalen Ge• Alle Staaten werden ersucht, in Zusam• In einem Bericht hatte der Generalsekretär richtshofes in Den Haag hat inzwischen menarbeit mit der Organisation für Afrika• am 7. August den Sicherheitsrat über die den 23. September 1970 als den Termin nische Einheit (OAU), die nationalen Be• freiungsbewegungen in Afrika aktiver zu Wiederaufnahme der Vermittlertätigkeit gesetzt, bis zu dem die Mitgliedstaaten unterstützen. Insbesondere die NATO- Jarrings unterrichtet und ihn über die der Vereinten Nationen zu der vom Sicher• Staaten werden aufgefordert, jede mili• Nachricht der US-Regierung informiert, heitsrat gestellten Frage Stellung nehmen tärische Hilfe sowie den Verkauf von Waf• daß Israel, Jordanien und die Vereinigte können. fen und anderen militärischen Gütern an Arabische Republik den amerikanischen Portugal einzustellen. Bedauert wird das Friedensvorschlag akzeptiert hätten. Südrhodesien Versagen vieler Staaten, die Beteiligung Jarring kündigte am 24. August den Be• Die vom Sicherheitsrat beschlossenen von Firmen ihrer Nationalität am Cabora- ginn der Sachgespräche zwischen ihm und Sanktionen haben nicht zu den erwarte• Bassa-Staudamm, an einem Elektro-Pro- den einzelnen UN-Vertretern der drei Nah• ten Ergebnissen geführt und daher die ge• jekt in Mozambique und am Cunene-Pro- oststaaten über die »Herbeiführung eines wünschten Wirkungen verfehlt. Zu diesem jekt in Angola zu verhindern. gerechteren und dauernden Friedens« für Schluß kommt der Sanktionen-Ausschuß Der Entschließungsantrag war von einer den nächsten Tag an. Er drückte die Hoff• des Sicherheitsrates für Südrhodesien in Gruppe afro-asiatischer Staaten einge• nung aus, daß die Gespräche nach einiger seinem dritten Bericht vom 13. Juli 1970. bracht worden. Die namentliche Schlußab• Zeit auf Außenministerebene fortgesetzt Die landwirtschaftlichen Exporte des Terri• stimmung über die Resolution ergab 14 werden könnten. Am Tag darauf führte toriums seien zurückgegangen, aber die Stimmen bei 2 Ablehnungen (Großbritan• Jarring Einzelgespräche mit dem israeli• Rohstoffexporte seien weiter im Anwach• nien, Vereinigte Staaten) und 2 Enthal• schen UN-Vertreter Yosef Tekoah, mit dem sen begriffen. Der Ausschuß hat gesicherte tungen (Italien, Norwegen). jordanischen Botschafter in den USA als Anhaltspunkte dafür, daß Südafrika und Vertreter des UN-Repräsentanten Abdel Portugal trotz aller Appelle des Sicher• Friedenserhaltende Operationen Hamid Sharaf und mit dem Vertreter der heitsrates und im Widerspruch zu den Vereinigten Arabischen Republik bei den Entschließungen des Rates ihren Handel Überlegungen zu verschiedenen Aspekten Vereinten Nationen, Mohammed Hassan mit Südrhodesien fortsetzen und damit die der friedenserhaltenden Operationen der el-Sajad. Einzelheiten der Gespräche wur• Wirksamkeit der Sanktionen untergraben. Vereinten Nationen stellte Generalsekretär den nicht bekanntgegeben. Der Ausschuß wünscht, daß noch einmal U Thant in einer Grußbotschaft an die In• die Aufmerksamkeit von Südafrika und ternationale Friedensakademie in Wien am Namibia (Südwestafrika) Portugal auf ihre Verpflichtungen gemäß 20. Juli 1970 an. Ohne auf die verfassungs• Der Sicherheitsrat, der aufgrund der Emp• Artikel 25, 48 und 49 der Charta gelenkt rechtlichen Konsequenzen näher einzu• fehlungen des Berichts des Ad-hoc-Unter- wird. Danach verpflichten sich die Mit• gehen, hält der Generalsekretär bei einem ausschusses für Namibia zusammengetre• gliedsstaaten, Entscheidungen des Sicher• internationalen Konflikt daran fest, daß ten war, verabschiedete am 29. Juli 1970 heitsrates auszuführen. Der Ausschuß stellt er bei einer entsprechenden Aufforderung zwei Entschließungen bezüglich Namibia. fest, daß die Anzahl der gemeldeten Sank• durch die betroffenen Staaten die Freiheit In der ersten werden alle Staaten aufge• tionsverstöße seit dem letzten Bericht im hat, seine Guten Dienste anzubieten, ohne fordert, keine Autorität Südafrikas über Juni 1969 zugenommen hat. Der Ausschuß dazu erst durch eine ausdrückliche Ge• Namibia anzuerkennen und alle Bezie• hält es für wünschenswert, wenn die Mit• nehmigung der Generalversammlung oder hungen, diplomatische, konsularische und gliedsstaaten über verläßliche Beweise des Sicherheitsrates ermächtigt zu sein. andere, mit Südafrika zu unterlassen, die von Sanktionsbrüchen mehr berichten wür• Die bisher geübte Praxis wünscht er auch

160 Vereinte Nationen 5/70 in Zukunft fortzusetzen. Als völlig unbe• Wirtschaft und Entwicklung Generalversammlung weitergeleitet, die friedigend betrachtet es U Thant, daß der sie für den 1.1. 1971 in Kraft setzen soll. Sicherheitsrat eine Aktion beschließt und Zweite Entwicklungsdekade Festgelegt wurde weiterhin, auf der näch• es dann dem Generalsekretär überläßt, sten Tagung die Frage der Verwendung durch freiwillige Spenden für die Finan• Ein umfangreicher Fragenkatalog im Zu• von Mitgliedern des zu gründenden Frei• zierung der Aktion zu sorgen. In diesem sammenhang mit der Zweiten Entwick• willigenkorps in UNDP-Projekten zu prüfen. Zusammenhang betonte U Thant die be• lungsdekade nahm den größten Raum in Der Wirtschafts- und Sozialrat hat die An• sondere Verpflichtung der Großmächte, den Debatten der 49. Tagung des Wirt• regung des Verwaltungsrates des Entwick• angemessene Beiträge zur Begleichung schafts- und Sozialrates der Vereinten lungsprogramms an die anderen Organi• derartiger Unkosten zu leisten. Deutlich Nationen vom 6. bis 31. Juli 1970 in Genf sationen innerhalb des UN-Systems unter• unterstrich U Thant, daß jede Aktion ver• ein. Die noch beträchtlichen Unterschiede stützt, ihre Organisationsstruktur den neu• schieden sei und Besonderheiten auf• in den Auffassungen der Mitgliedsstaaten en Vorschlägen anzupassen, damit eine weise. Aufgrund seiner Erfahrungen führten dazu, daß hauptsächlich nichtöf• effektive multilaterale Entwicklungshilfe wünscht er, daß auch in Zukunft die ver• fentliche Sitzungen und informelle Arbeits• für die Zukunft gewährleistet werden kann. waltungsmäßige Leitung einer friedenser• besprechungen abgehalten wurden. Eine abschließende Resolution wurde mit 24 haltenden Operation durch den General• UN-Freiwilligenkorps sekretär ausgeübt wird. Er stellte aber das Stimmen bei keiner Gegenstimme und Recht des Sicherheitsrates heraus, von zwei Enthaltungen (Bulgarien, Sowjet• Unter der Bezeichnung >UN-Freiwillige< Zeit zu Zeit mit Direktiven in die Aktion union) angenommen. Darin wird kritisiert, hat der Wirtschafts- und Sozialrat der Ver• einzugreifen. Den Generalstabsausschuß daß der geplante Entwurf einer Strategie einten Nationen auf Anregung von Gene• betrachtet er nicht als ein geeignetes Gre• für die Zweite Entwicklungsdekade noch ralsekretär U Thant vorgeschlagen, zum mium zur Leitung einer solchen Opera• nicht fertiggestellt und daß es noch nicht 1. Januar 1971 ein internationales Ent• tion. Der Generalstabsausschuß, der ge• möglich sei, alle Mitgliedsstaaten in ange• wicklungskorps zu gründen. Organisation, mäß Artikel 47 der Charta gebildet worden messener Form an der Vorbereitung der Rekrutierung, Ausbildung usw. sollen dem ist, setzt sich aus den Generalstabschefs Strategie teilnehmen zu lassen (womit auf Leiter des Entwicklungsprogramms der der Ständigen Mitglieder des Sicherheits• die Femhaltung der DDR gezielt wird). Vereinten Nationen, Paul G. Hoffman, über• rates oder ihren Vertretern zusammen. Ob• Weiterhin wird beanstandet, daß bisher tragen werden. wohl der Ausschuß noch regelmäßig zu• noch keine Übereinstimmung über wesent• Die Grundidee ist, daß »die aktive Teil• sammentritt, hat er seit längerem keinerlei liche politische Maßnahmen, die vor allem nahme der jungen Generation in allen Be• Bedeutung. den Welthandel und die internationale reichen des sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungshilfe betreffen, erreicht wor• Lebens einen wesentlichen Faktor bei der Definierung des Begriffs Aggression den seien. Verwirklichung stärkerer kollektiver Be• Lösungsvorschläge werden gefordert für mühungen für eine bessere Gesellschaft Die Aufgabe, sich auf eine allgemein ge• die Frage der Übertragung von Hilfsmitteln darstellt«. billigte Definition des Begriffes >Aggres- der Industriestaaten in die Entwicklungs• Der Rat sieht als eine notwendige Erfolgs• sion< zu einigen, konnte der Sonderaus• länder, für das Problem der Nutzung der voraussetzung eine gute Planung, eine schuß für die Definierung der Aggression Sonderziehungsrechte für die Entwick• möglichst weit gestreute geographische auch auf seiner dritten Tagung in Genf lungsländer, für Fragen des Welthandels, Verteilung der Teilnehmer, ausreichende vom 13. Juli bis 14. August wegen der der Hilfeleistungen der Industrieländer auf Geldmittel, geeignete Qualifikationen der Schwierigkeit der Materie noch nicht be• dem Gebiet der Wissenschaft und Techno• Freiwilligen, die den Bedürfnissen der enden. In einer Entschließung wird daher logie sowie für das Problem des Beitrags Entwicklungsländer entsprechen müssen, die Generalversammlung aufgefordert, das der Zentralverwaltungswirtschaften Osteu• und strengste Beachtung der Wünsche Mandat für den Sonderausschuß bis 1971 ropas zur Zweiten Entwicklungsdekade. der Aufnahmeländer beim Einsatz der Frei• zu verlängern. Dem Ausschuß lagen drei Der Wirtschafts- und Finanzausschuß der willigen an. Die entsprechende Entschlie• Entwürfe vor, die von der Sowjetunion, von Generalversammlung (Zweiter Ausschuß) ßung für die Generalversammlung wurde einer Sechs-Staaten-Gruppe und von einer wird aufgefordert, der Strategie für die mit 21 Stimmen ohne Ablehnung und bei Dreizehn-Staaten-Gruppe eingebracht wor• Zweite Entwicklungsdekade bei seinen Be• drei Enthalten (Bulgarien, Volksrepublik den waren. Eine Zusammenfassung der ratungen während der kommenden 25. Ge• Kongo, Sowjetunion) angenommen. Der drei Entwürfe zu einem Antrag ist einer neralversammlung Vorrang einzuräumen. Vorschlag für die Gründung eines UN- eigens zu diesem Zweck eingesetzten Ar• Alle Mitgliedsstaaten werden dringen er• Freiwilligenkorps geht auf eine Anregung beitsgruppe nicht gelungen. sucht, dafür zu sorgen, daß die vollständig des Wirtschafts- und Sozialrates aus dem Dieser 35 Mitglieder zählende Sonderaus• ausgearbeitete Strategie am 24. Oktober, Jahre 1961 zurück. 1968 wurde diese Idee vom Iran wieder aufgegriffen und von der schuß ist das vierte Unterorgan, das seit dem 25. Jahrestag der Vereinten Nationen, Generalversammlung zur erneuten Prüfung Bestehen der Vereinten Nationen gebildet verkündet und mit diesem Datum die an den Wirtschafts- und Sozialrat über• worden ist, um den Begriff >Aggression< Zweite Entwicklungsdekade begonnen wiesen. Dieser wiederum hatte von Gene• zu definieren. Das Mandat des jetzigen werden kann. Ausschusses geht auf eine Entschließung ralsekretär U Thant einen vorbereitenden Bericht erbeten. U Thant hat vorgeschla• der Generalversammlung vom 18. Dezem• UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) ber 1967 zurück. gen, daß bis Mitte 1971 rund 1300 Frei• Die Diskussion wurde 1950 von der So• Beendet hat der Verwaltungsrat des Ent• willige ausgebildet sein sollten. Sein Be• wjetunion durch die Vorlage eines Ent• wicklungsprogramms der Vereinten Natio• richt enthält eine Reihe konkreter Vor• schließungsantrages in Gang gesetzt. In nen auf seiner 10. Tagung am 30. Juni schläge über die Qualifikation der Bewer• den folgenden Jahren wurden verschiedene 1970 in Genf die Arbeit an den Richtlinien ber, ihre Ausbildung und Betreuung und Gremien mit dem Thema befaßt und alle für die Reorganisation des Entwicklungs• über die Finanzierung des Programms. Durch den Vorschlag, durch freiwillige Mitgliedsstaaten um eine Meinungsäuße• hilfe-Systems innerhalb der Weltorganisa• Spenden das Projekt zu finanzieren, soll rung gebeten, ohne daß im Ergebnis eine tion. In einem vom Rat verabschiedeten sichergestellt werden, daß auch junge Einigung zustande gekommen wäre. Dieser Dokument werden ausführlich alle rele• Leute aus den Entwicklungsländern als bisher letzte Anlauf ging wiederum auf vanten Fragen behandelt. Die Pläne sehen Freiwillige mitwirken können. die Initiative der Sowjetunion zurück und eine stärkere Zusammenarbeit der einzel• hatte zur Bildung des Sonderausschusses nen Organe innerhalb der Vereinten Natio• geführt, der den Auftrag erhielt, die Frage nen vor, streben eine bessere Abstimmung Wirtschaftskommission für Europa (ECE) der Definierung des Begriffs Aggression der Tätigkeit der Vereinten Nationen mit in allen ihren Aspekten zu prüfen. Die den Plänen der einzelnen Entwicklungs• Der Antrag auf Aufnahme der DDR als ersten beiden Tagungen 1968 und 1969 länder an und übertragen den ständigen Vollmitglied in die Wirtschaftskommission hatten keine grundlegenden Fortschritte UNDP-Vertretern in den einzelnen Ländern der Vereinten Nationen für Europa (ECE) erbracht, so daß die Generalversammlung größere Verantwortlichkeiten. wurde vom Wirtschafts- und Sozialrat auf das Mandat jeweils um ein weiteres Jahr Die Änderungsvorschläge wurden an den seiner 49. Tagung vom 6. bis 31. Juli 1970 verlängert hatte. Wirtschafts- und Sozialrat zuhanden der in Genf abgelehnt. Die Abstimmung er-

Vereinte Nationen 5/70 161 brachte sechs positive und dreizehn nega• Entschließung 2340 (XXII) der General• Apartheid tive Stimmen bei sieben Enthaltungen. versammlung sowie des Artikels 25 der Eine Verschärfung des Waffenembargos Der Antrag war von Bulgarien, der Volks• Genfer Konvention über die Hohe See gegen Südafrika sowie die Verurteilung republik Kongo, der Sowjetunion und dem von 1958. aller Verletzungen des Embargos hat der Sudan eingebracht und von Ceylon und In der Genfer Konvention haben sich die Sicherheitsrat in seiner Sitzung am 23. Jugoslawien unterstützt worden. Unterzeichnerstaaten vorpflichtet, eine Juli beschlossen. Die Entschließung wurde Die Antragsteller stellten fest, daß die Teil• Verschmutzung der See durch radioaktive mit zwölf Stimmen ohne Gegenstimme nahme aller europäischen Staaten ohne oder andere Stoffe zu unterlassen. U Thant und bei Enthaltungen Frankreichs, Groß• Diskriminierung für eine erfolgreiche Ar• betonte im besonderen, daß die Sicher• britanniens und der Vereinigten Staaten beit der Wirtschaftskommission nötig sei heitsprobleme und die Wirkungen auf die angenommen (siehe S. 163 dieser Ausga• und daß die DDR mit ihrem großen wirt• Umwelt bei Versenkung von Nervengas be). Der Antrag war von Burundi, Nepal, schaftlichen, wissenschaftlichen und tech• im Atlantik weit von einer Klärung ent• Sambia, Sierra Leone und Syrien einge• nischen Potential zur Erreichung der ECE- fernt seien. Er schlug deshalb eine Prü• bracht und in fünf Sitzungen behandelt Ziele wirkungsvoll beitragen könne. Wei• fung dieser Fragen durch ein Gremium worden. Gefordert wird von allen Staaten terhin wurde vorgebracht, daß die Bundes• internationaler Wissenschaftler verschie• die uneingeschränkte Beachtung des Waf• republik bereits seit 1955 Mitglied der dener Wissensdisziplinen vor. fenembargos durch Lieferungsstop für alle Kommission und die bisherige Ausschlie• militärischen Güter, vor allem Fahrzeuge ßung der DDR politisch motiviert sei und Sozialfragen und Menschenrechte und Ersatzteile. Lizenzen und Patente für der europäischen Zusammenarbeit schade. militärische Ausrüstungsgegenstände sol• Von den westlichen Antragsgegnern wurde Rassendiskriminierung len gekündigt, Neuinvestitionen verboten dagegen eingewandt, daß dieser Gegen• und keine Ausbildungshilfen an Angehö• stand einen politischen Fragenkomplex Eine umfassende Studie in weltweitem rige der südafrikanischen Streitkräfte oder betreffe, der derzeit in Diskussionen zwi• Rahmen über die rassische Diskriminie• paramilitärischer Organisationen gewährt schen der Bundesrepublik und der DDR rung auf politischem, wirtschaftlichem, so• werden. behandelt werde und daß der Wirtschafts• zialem und kulturellem Gebiet lag dem Während der Debatte war von den afro• und Sozialrat nicht das geeignete Forum Unterausschuß zur Verhinderung von Dis• asiatischen Vertretern scharf kritisiert wor• zur Lösung dieses Problems sei. Außer• kriminierung und für Minderheitenschutz den, daß Frankreich ständig die Entschlie• dem sei es unpassend für den Rat, diese auf seiner 23. Tagung vom 10. bis 28. ßungen des Sicherheitsrates verletze und Frage zu entscheiden, nachdem schon im August zur Diskussion vor. Die Studie zunehmend Waffen an Südafrika verkaufe. April 1970 die Wirtschaftskommission gibt einen historischen Abriß und stellt Kritisiert wurde ebenfalls die Absicht der selbst den Antrag auf offizielle Teilnahme die Rolle von Sklaverei und Kolonisierung britischen Regierung, die Waffenlieferun• der DDR abgelehnt habe. für die Entwicklung rassischer Vorurteile gen an Südafrika wieder aufzunehmen. und Diskriminierung dar. Es werden die Den USA wurden ihre Ersatzteillieferungen Friedliche Nutzung des Seebettes Auswirkungen in den verschiedenen Be• an das Land vorgehalten. Eventuelle zu• reichen des staatlichen und gesellschaft• künftige Waffenlieferungen rechtfertigte Rechtsfragen betreffend die Probleme ei• lichen Lebens untersucht. Ausführlich der britische Vertreter damit, daß Südafri• nes internationalen Verfahrens zur Er• wird die Rassenpolitik der weißen Staaten ka den Seeweg um das Kap der Guten forschung und Ausbeutung der Schätze des südlichen Afrikas behandelt. Trotz be• Hoffnung schützen müsse und daß diese des Seebettes waren die Themen, die im achtlicher Fortschritte stellt der Bericht Frage für Großbritannien lebenswichtig August in Genf auf der zweiten diesjähri• fest, daß rassische Diskriminierung de iure sei. Großbritannien strebe daher keine gen Tagung des Ausschusses für die fried• und de facto noch weitverbreitet ist. Alle Verletzung des Embargos an, sondern liche Nutzung des Seebettes und des Staaten werden daher aufgefordert, bis wünsche nur, einige Ausnahmen zu ma• Meeresbodens jenseits der nationalen Ho• spätestens 1971 das Obereinkommen zur chen. Der amerikanische Vertreter verur• heitsgrenzen behandelt wurden. Dem Aus• Beseitigung jeder Form von Rassendiskri• teilte die südafrikanische Apartheidpolitik, schuß lag ein Bericht des Generalsekre• minierung zu ratifizieren. rechtfertigte aber die Ersatzteillieferungen tärs über die möglichen Funktionen und Ein weiterer Fortschrittsbericht lag dem mit Vertragsverpflichtungen aus der Zeit Befugnisse eines internationalen Verfah• Ausschuß über die Sklaverei in allen ihren vor Verhängung des Embargos 1963. Die rens vor sowie eine Erklärung des ameri• Ausprägungen, einschließlich der sklave• Stimmenthaltung seine Landes begründe• kanischen Präsidenten Nixon, in der er reiähnlichen Praktiken der Apartheidpo• te er damit, daß eine Verurteilung Süd• die Bildung einer internationalen Behörde litik und des Kolonialismus vor. Nach afrikas nicht der geeignete Weg sei, um zur Ausbeutung der Reichtümer des See• einem Rückblick über die Formen der das Land zur Änderung seiner Politik zu bettes vorschlägt. In seinem Abschlußbe• Sklaverei und die Bemühungen, sie durch bewegen. richt weist der Ausschuß auf die umfang• Abkommen, Gesetze usw. einzudämmen, reichen politischen, verteidigungsrelevan• schlägt der Bericht vor, alle gesetzlichen Bekämpfung der Kriminalität ten, rechtlichen, technischen, wirtschaft• Bestimmungen auf internationaler Ebene Die Regierungen der Welt sollen ihre lichen und wissenschaftlichen Probleme in einem umfassenden Gesetzeswerk zu• Bemühungen zur Verhinderung der Krimi• hin, die mit dem Gesamtkomplex verbun• sammenzufassen. Dabei sollen auch die nalität im Rahmen ihrer nationalen Pläne den sind. Wenn auch die Arbeit langsamer vergleichsweise modernen Formen der für die wirtschaftliche und soziale Entwick• vorangegangen sei als ursprünglich er• Sklaverei erfaßt und vor allem Verfahren lung verstärken und koordinieren. Dabei hofft, so bestehe doch Aussicht auf einen für internationale Kontrollmöglichkeiten sollen die Vereinten Nationen stärker als baldigen Abschluß eines Obereinkommens geschaffen werden. bisher eingeschaltet werden. Diese Auf• zur Regelung der internationalen Ausbeu• Im Zusammenhang mit dem Internationa• forderung ist in der AbSchlußerklärung tung der Meeresschätze. len Jahr zur Bekämpfung des Rassismus des Vierten Kongresses der Vereinten Na• Während der Sitzungperiode wurde der (1971) wird eine gemeinsame Tagung der tionen über die Verhinderung von Verbre• amerikanische Plan bekannt, Nervengas für diese Fragen zuständigen UNO-Orga- chen und die Behandlung von Rechtsbre• im Atlantik zu versenken. In einer Erklä• ne mit der Organisation für Afrikanische chern enthalten, der im August in Kyoto/ rung protestierte der Ausschuß gegen die• Einheit (OAU) an einem Ort in Afrika, Japan stattfand. Besorgt werden die neu• se Entscheidung und verwies dabei unter nicht weit von Südafrika entfernt, vorge• en und verfeinerten Formen des organi• anderem auf eine Entschließung der Ge• schlagen. sierten Verbrechertums registriert. Da• neralversammlung, die die Staaten auffor• Der Unterausschuß ist ein Organ der durch hätte das Problem der Kriminalität dert, im gemeinsamen Interesse der Kommission für Menschenrechte und setzt eine Dimension erhalten, die ernster sei Menschheit auf eine Schädigung der Mee• sich aus Vertretern von 26 Ländern zu• als zu irgendeiner anderen Zeit während resökologie und der Zerstörung des Mee• sammen, die aber mehr als einzelne Sach• der hundertjährigen Geschichte internatio• resbodens zu verzichten. verständige denn als Vertreter ihrer Län• naler Kriminalitätskongresse. Das näch• In einer Erklärung bezeichnete General• der ausgewählt werden. Der Ausschuß ste derartige Treffen wird 1975 auf Ein• sekretär U Thant ebenfalls das amerikani• besteht bereits seit 1947, er wurde 1968 ladung der kanadischen Regierung in To• sche Vorgehen als eine Verletzung der auf die gegenwärtige Größe erweitert. ronto stattfinden.

162 Vereinte Nationen 5/70 Verschiedenes Für die Unruhe in Lateinamerika werden handlung der Schüler als passive Objekte die Vereinigten Staaten verantwortlich ge• sowie die Abschaffung der weiblichen Dis• Weltjugendversammlung macht. Als Ausweg wird der nationale kriminierung im Erziehungswesen werden Befreiungskampf propagiert. unterstützt. Die Gründung einer internatio• Zum ersten Mal war aus Anlaß des 25jäh- Für Europa wird ein' System der kollekti• nalen Universität, vorzugsweise zur Aus• rigen Bestehens der Vereinten Nationen ven Sicherheit befürwortet, das von der bildung von Experten für Entwicklungs• vom 9. bis 18. Juli zu einer Weltjugend• Anerkennung der Realitäten und damit länder, wird gebilligt. Vorgeschlagen wird versammlung nach New York eingeladen der bestehenden Staatsgrenzen, ein• die Verabschiedung einer >Charta über worden. Mitgliedstaaten der Vereinten Na• schließlich der zwischen der Bundesrepu• die Rechte und Verantwortlichkeiten der tionen waren direkt und Nichtmitgliedstaa• blik und der DDR, ausgehen muß. Auf• Jugend<. ten über internationale Jugendverbände gerufen wird zu einer aktiven Unterstüt• Die Kommission >Mensch und Umwelt< aufgefordert worden, jeweils fünf Teilneh• zung der Nationalen Befreiungsbewegun• stellt in ihrem Bericht fest, daß die Erhal• mer zu entsenden. Die Bundesrepublik gen in ihrem Kampf »gegen Kolonialismus, tung der Umwelt und eine harmonische entsandte über das Deutsche Nationalko• Neokolonialismus und Imperialismus und Entwicklung der Menschheit nur unter den mitee für internationale Jugendarbeit je für Selbstbestimmung«. Die wichtige Rolle Bedingungen des Friedens und der Ab• einen Vertreter der Deutschen Jungdemo• der Vereinten Nationen bei der Lösung rüstung möglich sind. Es wird aber die kraten, der Jungen Union, der Sozialisti• der weltpolitischen Probleme wird aner• Befürchtung ausgesprochen, daß eine in• schen Jugend >Die Falken<, des Christ• kannt, gleichzeitig werden aber ihre Män• ternationale Umweltkontrolle sich zuun• lichen Vereins Junger Männer und der gunsten der Entwicklungsländer auswirken Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg. Die gel kritisiert. Der Bericht der Kommission >Entwicklung< könnte, da es aufgrund historischer Er• DDR war durch fünf Vertreter der FDJ re• fahrungen nicht unwahrscheinlich ist, daß präsentiert. gibt eine Analyse der bestehenden Be• ziehungen zwischen Industrie- und Ent• sie von den Interessen der Industrieländer Die Versammlung bildete vier Arbeitsgrup• wicklungsländern. Dabei wird das Un• bestimmt wird. pen, die die Themen Weltfrieden, Ent• gleichgewicht, das dieses Verhältnis kenn• In der Abschlußbotschaft an die General• wicklung, Erziehung sowie Mensch und zeichnet, und damit die wirtschaftliche Be• versammlung wurden im wesentlichen die Umwelt behandelten. Die Abschlußberich• herrschung der armen durch die reichen Forderungen des politischen Ausschusses, te der Kommissionen wurden von der Kon• Länder auf die systemimmanenten Konse• wenn auch in einigen bezeichnenden Ab• ferenz zur Kenntnis genommen. Als ein>- quenzen des Kapitalismus, der sich zum änderungen, wiederholt. Freiheit und Un• ziges offizielles Dokument wurde auf der Imperialismus entwickelt hat, zurückge• abhängigkeit der Völker wurden gefordert Abschlußsitzung eine Botschaft an die Ge• führt. Als verwerflichste Form der wirt• sowie die Blockpolitik der Großmächte neralversammlung der Vereinten Nationen schaftlicher» Beherrschung wird die Fest• und die These von der »beschränkten Sou• verabschiedet. legung der Entwicklungsländer auf be• veränität« zurückgewiesen. Die USA wur• Der Bericht der Kommission Weltfrieden< stimmte Monokulturen und ihre Degra• den aufgefordert, die Aggression in Indo• sieht die Gründe für die Kriege und die dierung zu Rohstofflieferanten verurteilt. china zu beenden, ebenso wie die So• Gefährdung des Friedens in »imperialisti• Der Bericht des Ausschusses >Erziehung< wjetunion', ihre »Besatzungstruppen« aus der CSSR zurückzuziehen und die »volle schen Aggressionen und in der Unterdrük- formuliert die Forderung, daß Erziehung Demokratie« in dem Land wiederherstellen kung der Völker durch Kolonialismus, Neo• zur vollen Entfaltung des Individuums, soll. Die Verwirklichung der Universalität kolonialismus, Rassismus und Apartheid«. intellektuell, materiell, physisch und mora• der Vereinten Nationen, vor allem durch Verurteilt wird die amerikanische Aggres• lisch, führen und es aufnahmefähig für die Aufnahme der beiden deutschen Staa• sion in Vietnam, Laos und Kambodscha. die Probleme der Gesellschaft machen ten, ist ebenfalls in dem Katalog der Vor• Die Sache der Palästinenser wird unter• muß. Aufbauend darauf wird eine Anzahl schläge enthalten. stützt und die »grausame und expansio• konkreter Vorschläge unterbreitet. Die * nistische Politik Israels« verurteilt. Scharf vollständige Abrüstung wird gefordert und gebrandmarkt wird die Kolonialpolitik Por• die Verwendung der frei werdenden Mittel Die Weltjugendversammlung sollte die Ju• tugals ebenso wie die Unterstützung, die für die Jugenderziehung in den Entwick• gend an die Vereinten Nationen heranfüh• es von den »imperialistischen Staaten lungsländern vorgeschlagen. Eine weitge• ren. Ob sie positiv zu werten ist, kann USA, Großbritannien, Bundesrepublik hende Demokratisierung des Erziehungs• angesichts mancher unsachlicher Debatten Deutschland, Frankreich und Japan erhält. wesens und damit die Aufhebung der Be• und schriller Töne bezweifelt werden.

Entschließungen des Sicherheitsrats: Apartheid und Namibia (Südwestafrika)

afrika, ihre rassistische Politik aufzuge• Waffen und Munition aufgrund von Li• Apartheid ben und sich an die Entschließungen des zenzen, die von einigen Mitgliedstaaten SICHERHEITSRAT — Gegenstand: Maßnah• Sicherheitsrates und der Generalversamm• gewährt werden, ermöglicht wird, men zur Bekämpfung der Apartheid in lung in dieser und anderen Fragen bezüg• — in der Erkenntis, daß die umfangreiche Südafrika. — Entschließung 282 (1970) vom lich des südlichen Afrikas zu halten, Aufrüstung der Streitkräfte Südafrikas 23. Juli 1970 in schwerer Sorge wegen der Lage, die eine echte Bedrohung für die Sicherheit sich aus den Verletzungen des Waffen• und Souveränität der unabhängigen afri• Der Sicherheitsrat, embargos ergeben hat, das mit seinen kanischen Staaten darstellt, insbesondere — nach Erörterung der von 40 Mitgliedstaa• Entschließungen 181 (1963) vom 7. August der angrenzenden Staaten, die die Rassen• ten unterbreiteten Frage des Rassenkon• 1963, 182 (1963) vom 4. Dezember 1963 und politik der Regierung von Südafrika ab• flikts in Südafrika als Ergebnis der Apart• 191 (1964) vom 18. Juni 1964 verlangt wor• lehnen, heid-Politik der Regierung der Republik den ist, 1. wiederholt seinen umfassenden Wider• Südafrika, in der Überzeugung von der Notwendig• stand gegen die Apartheid-Politik der — in Wiederholung seiner Verurteilung der keit, das Waffenembargo, das in den zu• Regierung der Republik Südafrika; gemeinen und verabscheuungswürdigen vor genannten Entschließungen verlangt 2. bekräftigt seine Entschließungen 181 (1963), Apartheid-Politik und der Maßnahmen, worden ist, zu verstärken, 182 (1963) und 191 (1964); die von der Regierung von Südafrika er• in der Überzeugung ferner, daß die Lage 3. verurteilt die Verletzungen des Waffen• griffen worden sind, um diese Politik eine mögliche Bedrohung des Weltfrie• embargos, das in den Entschließungen 181 jenseits ihrer Grenzen durchzusetzen und dens und der internationalen Sicherheit (1963), 182 (1963) und 191 (1964) verlangt auszubreiten, darstellt, die sich aus der fortwährenden worden war; — in Anerkennung der Rechtmäßigkeit des Durchführung der Apartheid-Politik und 4. fordert alle Staaten auf, das Waffenem• Kampfes des unterdrückten Volkes von aus dem ständigen Ausbau der südafrika• bargo zu verschärfen Südafrika im Streben nach seinen mensch• nischen Militär- und Polizeikräfte ergibt, a) durch die unbedingte Befolgung des lichen und politischen Rechten, wie sie in der durch den dauernden Erwerb von Waffenembargos gegen Südafrika ohne der Charta der Vereinten Nationen und Waffen, Militärfahrzeugen und anderen Bedingungen und ohne irgendwelche in der Allgemeinen Erklärung der Men• Ausrüstungsgegenständen und von Er• Einschränkungen; schenrechte niedergelegt sind, satzteilen für militärische Ausrüstungen b) durch die Verweigerung der Lieferung — in schwerer Sorge wegen der fortdauern• von einer Anzahl Mitgliedstaaten und von allen Fahrzeugen und Ausrüstungs• den Weigerung der Regierung vor. Süd• durch die einheimische Herstellung von gegenständen, die durch die Streit-

Vereinte Nationen 5/70 163 kräfte und die paramilitärischen Orga• prüft, durch welche die entsprechenden 11. fordert alle Staaten auf, die Förderung nisationen Südafrikas benutzt werden Entschließungen des Rats, einschließlich des Tourismus und der Auswanderung können; der Entschließung 276 (1970), angesichts nach Namibia zu verhindern; c) durch den Lieferstopp von Ersatzteilen der offenkundigen Weigerung Südafrikas, 12. ersucht die Generalversammlung, auf für alle Fahrzeuge und für die militä• sich aus Namibia zurückzuziehen, wir• ihrer fünfundzwanzigsten Tagung einen rische Ausrüstung im Gebrauch der kungsvoll in Übereinstimmung mit den Fonds der Vereinten Nationen für Nami• Streitkräfte und der paramilitärischen entsprechenden Bestimmungen der Charta bia zur Unterstützung verfolgter Nami• Organisationen Südafrikas; durchgeführt werden können, und der bier und zur Finanzierung eines umfas• d) durch die Kündigung aller Lizenzen dem Rat seine Empfehlungen vorlegt, senden Erziehungs- und Ausbildungspro• und militärischen Patente, die der süd• — nach Prüfung des von dem Ad-hoc- gramms für Namibier unter besonderer afrikanischen Regierung oder südafri• Unterausschuß vorgelegten Berichts (S/ Berücksichtigung ihrer zukünftigen ver• kanischen Gesellschaften gewährt wor• 9863) und der in dem Bericht enthaltenen waltungsmäßigen Verantwortlichkeiten zu den sind zur Herstellung von Waffen Empfehlungen, schaffen; und Munition, von Flugzeugen und — im Bewußtsein der besonderen Verant• 13. ersucht alle Staaten, dem Generalsekre• Schiffen oder anderen militärischen wortung der Vereinten Nationen für das tär über die von ihnen ergriffenen Maß• Fahrzeugen, sowie Gebiet von Namibia und sein Volk, nahmen zu berichten, um die in dieser durch die Verweigerung erneuter Ge• 1. ersucht alle Staaten, von allen Beziehun• Entschließung enthaltenen Bestimmungen währung von solchen Lizenzen und Pa• gen — diplomatischen, konsularischen oder zu verwirklichen; tenten; anderen — mit Südafrika Abstand zu neh• 14. beschließt in Ubereinstimmung mit Regel e) durch das Verbot von Investitionen men, die hoheitliche Befugnisse der süd• 28 der Vorläufigen Geschäftsordnung, den oder technischer Hilfe für die Herstel• afrikanischen Regierung über das Gebiet Ad-hoc-Unterausschuß für Namibia er• lung von Waffen und Munition, Flug• von Namibia beinhalten; neut einzuberufen und den Ad-hoc-Un• zeugen, Schiffen oder anderen militä• 2. fordert alle Staaten auf, die diplomati• terausschuß zu ersuchen, weitere wir• rischen Fahrzeugen; sche oder konsularische Beziehungen mit kungsvolle Empfehlungen über Mittel f) durch die Beendigung der Gewährung Südafrika unterhalten, der Regierung von und Wege zu prüfen, durch welche die militärischer Ausbildung für Mitglie• Südafrika eine förmliche Erklärung in entsprechenden Entschließungen des Ra• der der südafrikanischen Streitkräfte dem Sinne zu übergeben, daß sie keinerlei tes angesichts der offenkundigen Weige• und aller anderen Formen der militä• Hoheitsbefugnisse Südafrikas über Na• rung Südafrikas, sich aus Namibia zu• rischen Zusammenarbeit mit Südafrika; mibia anerkennen und daß sie Südafrikas rückzuziehen, wirkungsvoll in Überein• g) durch die Durchführung der geeigneten fortgesetzte Anwesenheit in Namibia als stimmung mit den betreffenden Bestim• Aktionen, um die obigen Maßnahmen rechtswidrig betrachten; mungen der Charta durchgeführt werden zu verwirklichen; 3. fordert alle Staaten auf, die solche Be• können; 5. ersucht den Generalsekretär, die Durch• ziehungen unterhalten, die bestehenden 15. ersucht den Ad-hoc-Unterausschuß, die führung dieser Entschließung genau zu diplomatischen und konsularischen Ver• dem Generalsekretär von den Regierun• verfolgen und dem Sicherheitsrat von Zeit tretungen, soweit sie sich auf Namibia gen gemäß Paragraph 13 der vorliegenden zu Zeit zu berichten; und erstrecken, zu beenden und alle diplo• Entschließung übermittelten Antworten 6. fordert alle Staaten auf, das Waffenem• matischen und konsularischen Missionen zu prüfen und dem Rat auf geeignete bargo gegen Südafrika genau zu beachten oder Vertreter, die in dem Gebiet ihre Weise darüber zu berichten; und wirksam bei der Durchführung die• Amter ausüben, zurückzuziehen; 16. ersucht den Generalsekretär, dem Ad- ser Entschließung mitzuhelfen. 4. fordert alle Staaten auf sicherzustellen, hoc-Unterausschuß bei der Durchführung Abstimmungsergebnis: +12; —0; = 3: Frank• daß Gesellschaften und andere geschäft• seiner Aufgaben jede Unterstützung zu reich, Großbritannien und Vereinigte liche und industrielle Unternehmen im gewähren; Staaten. Besitz oder unter unmittelbarer Kon• 17. beschließt, sich mit dieser Angelegenheit Anmerkung: Zu den oben genannten Ent• trolle des Staates allen Verkehr in Bezug weiterhin tätig zubefassen. schließungen siehe VN Heft 5/1963 S. 180, auf geschäftliche oder industrielle Unter• Abstimmungsergebnis: + 13; — 0; - 2: Frank• 2/1964 S. 78 und 4/1964 S. 154. nehmen oder Niederlassungen in Namibia reich und Großbritannien. beenden; Anmerkung: Zu den oben genannten Ent• Namibia (Südwestafrika) 5. fordert alle Staaten auf, ihren Staatsan• schließungen siehe VN Heft 4/1962 S. 117, SICHERHEITSRAT — Gegenstand: Namibia gehörigen oder den nicht unter unmittel• 2/1969 S. 63 f., 4/1969 S. 126, 1/1970 S. 31 f. (Südwestafrika). —Entschließung 283 (1970) barer Regierungskontrolle stehenden Ge• und S. 163 f. dieser Ausgabe. vom 29. Juli 1970 sellschaften ihrer Nationalität Regierungs• darlehen, Kreditgarantien und andere Der Sicherheitsrat, Formen finanzieller Hilfe, die benutzt SICHERHEITSRAT — Gegenstand: Namibia — in erneuter Bestätigung des unveräußer• werden könnten, um Handel und Ge• (Südwestafrika). — Entschließung 284 (1970) lichen Rechts des Volkes von Namibia auf schäfte mit Namibia zu ermöglichen, zu vom 29. Juli 1970 Freiheit und Unabhängigkeit gemäß den verweigern; Der Sicherheitsrat, Bestimmungen der Entschließung der Ge• 6. fordert alle Staaten auf sicherzustellen, — in Bestätigung der besonderen Verant• neralversammlung 1514 (XV) vom 14. De• daß Gesellschaften und andere geschäft• wortung der Vereinten Nationen für das zember 1960, liche Unternehmen im Besitz oder unter Gebiet und das Volk von Namibia, — in Bestätigung seiner Entschließungen 264 unmittelbarer Kontrolle des Staates alle — in Erinnerung an die Entschließung 276 (1969) und 276 (1970), durch die der Sicher• weiteren Investitionstätigkeiten ein• (1970) des Sicherheitsrates über die Frage heitsrat die Entscheidung der General• schließlich der Erwerbung von Konzes• von Namibia, versammlung, das Mandat über Südwest• sionen in Namibia einstellen; — in Kenntnis des Berichts und der Emp• afrika zu beenden und die unmittelbare 7. fordert alle Staaten auf, ihre Staatsange• fehlungen, die der aufgrund der Ent• Verantwortung für das Gebiet bis zu hörigen oder die nicht unter unmittel• schließung 276 (1970) des Sicherheitsrates seiner Unabhängigkeit zu übernehmen, barer Regierungskontrolle stehenden Ge• gebildete Ad-hoc-Unterausschuß vorge• anerkannte und in denen die fortgesetzte sellschaften daran zu hindern, in Namibia legt hat, Anwesenheit der südafrikanischen Be• zu investieren oder Konzessionen zu er• — in Kenntnis weiterhin der Empfehlung hörden in Namibia wie auch alle Hand• werben, und deshalb keinen Schutz des Ad-hoc-Unterausschusses über die lungen, die von Jener Regierung nach solcher Investitionen gegenüber Ansprü• Möglichkeit, ein Rechtsgutachten des In• Beendigung des Mandats im Namen von chen einer zukünftigen rechtmäßigen Re• ternationalen Gerichtshofes einzuholen, und in bezug auf Namibia unternommen gierung von Namibia zu gewähren; — in Anbetracht, daß ein Recntsgutachten worden sind, als rechtswidrig und ungül• 8. ersucht alle Staaten, unverzüglich detail• des Internationalen Gerichtshofs für den tig erklärt worden sind, lierte Studien und Übersichten von allen Sicherheitsrat bei seiner weiteren Er• — in Erinnerung an seine Entschließung bilateralen Verträgen zwischen ihnen und örterung der Frage Namibias und zur 269 (1969), Südafrika anzufertigen, soweit diese Ver• Förderung der Ziele, die der Rat verfolgt, — in sorgenvoller Kenntnis der fortdauern• träge Bestimmungen enthalten, die sich von Nutzen sein könnte, den, offenen Weigerung der Regierung auf das Gebiet von Namibia beziehen; 1. beschließt in Übereinstimmung mit Ar• von Südafrika, den Entscheidungen des 9. ersucht den Generalsekretär der Verein• tikel 96 (1) der Charta die folgende Frage Sicherheitsrates nachzukommen, die den ten Nationen, unverzüglich eine detail• dem Internationalen Gerichtshof mit der unmittelbaren Rückzug Südafrikas aus lierte Studie und Übersicht über alle Bitte um ein Rechtsgutachten, das bald• dem Gebiet fordern, multilateralen Verträge anzufertigen, in möglichst dem Sicherheitsrat übermittelt — in tiefer Sorge, daß die Durchführung denen Südafrika Vertragspartei ist, oder werden soll, vorzulegen: südafrikanischer Gesetze und Rechtsver• die entweder durch unmittelbaren Bezug »Welche rechtlichen Folgen ergeben sich fahren in dem Gebiet in Verletzung der oder auf der Grundlage entsprechender für die Staaten aus der fortwährenden Internationalen Rechtsstellung des Ge• Bestimmungen des Völkerrechts als sich Anwesenheit Südafrikas in Namibia, un• biets weitergeht, auf das Gebiet von Namibia beziehend beschadet der Entschließung 276 (1970) des — in Bestätigung seiner Entschließung 282 angesehen werden können; Sicherheitsrats?«; (1970) über das Waffenembargo gegen die 10. ersucht den Rat der Vereinten Nationen 2. ersucht den Generalsekretär, diese Ent• Regierung von Südafrika und über die für Namibia, dem Sicherheitsrat die Er• schließung in Ubereinstimmung mit Ar• Bedeutung dieser Entschließung für das gebnisse seiner Untersuchung und die tikel 65 des Statuts des Gerichtshofes zu• Gebiet und Volk von Namibia, Vorschläge bezüglich der Ausgabe von sammen mit allen Dokumenten, die mög• — in Erinnerung an die vom Sicherheitsrat Pässen und Visa für Namibier zugäng• licherweise die Frage erhellen, zu über• am 30. Januar 1970 getroffenen Entschei• lich zu machen sowie eine Studie zu ver• mitteln. dungen, in Übereinstimmung mit Regel 25 anlassen und Vorschläge bezüglich beson• der Vorläufigen Geschäftsordnung, einen derer Paß- und Visa-Bestimmungen vor• Abstimmungsergebnis: + 12; — 0; = 3: Groß• Ad-hoc-Unterausschuß des Sicherheits• zulegen, die von den Staaten für Reisen britannien, Polen und Sowjetunion. rats zu bilden, der nach Rücksprache mit ihrer Bürger nach Namibia angenommen Anmerkung: Zu der obengenannten Ent• dem Generalsekretär Mittel und Wege werden sollen; schließung siehe VN Heft 1/1970 S. 31 f.

164 Vereinte Nationen 5/70 SOEBEN ERSCHIENEN: The reference Äj UN shelf Politische • Militärische • Wirtschaftliche 4 Zusammenschlüsse und Everyman's United Nations A Complete Handbook of the Activies and Evolution of the Pakte der Welt United Nations during its First Twenty Years. A basic history of the United Nations family from 1945 to 1965, presented accurately and without bias, which fulfils the needs 9., völlig neubearbeitete, fortgeführte of both the expert and the casual reader. Eighth edition, fully und erweiterte Auflage indexed, 634 pages. Clothbound, $ 6,00, paperbound, $ 2,50 Stand 30. Juni 1969 Zusammengestellt von Dr. Heinrich von Siegler und Hanswilhelm Haefs 120 Seiten im Großformat 23 x 31 cm, Basic facts about the United Nations glanzkaschierte Broschur24,— DM Booklet intended as a general introduction to the structure 24 Kapitel mit and functions of the United Nations and its related agencies 25 Skizzen (etwa das Paktsystem der VR China and to the work which the United Nations has done and is oder die Föderation der Emirate am Persischen Golf) doing to carry out the purposes and principles of the Charter. 31 Texten (z. T. im fast vollständigen Wortlaut 63 pages. $ 0,50 wie die UN-Charta, sonst die wichtigen Abschnitte wie etwa aus dem Vertrag über das Verbot von Kernwaffen in Lateinamerika) 7 Organogrammen (etwa der Militär- The United Nations and Disarmament und der Zivilstruktur der NATO, der OECD usw.) und 18 Tabellen (z. B. die Leistungsreaktoren Prepared by the United Nations Secretariat, this book attempts der EURATOM oder die Mitgliedschaft in der UNO to give a brief account of the deliberations and negotiations und den ihr zugeordneten Sonderorganisationen) on disarmament in the United Nations during the twenty-years sowie einem Abkürzungsregister span from 1945 to 1965. 338 pages. Clothbound, $ 4,50

Die Kapiteltitel: The United Nations and Human Rights • Die Nordatlantikpakt• Die Communaute Provides details of the work the United Nations has done and organisation Afrika: is doing to encourage the promotion and protection of human • Der Brüsseler Pakt Staaten, Gruppierungen • Die Westeuropäische Union rights throughout the world. 93 pages. $ 1,25 Amerika: • Das System Staaten, Gruppierungen der Ostblockverträge Verteidigungsabkommen • Die OECD der USA • Europas Zusammenarbeit Pakte und Zusammenschlüsse United Nations Monthly Chronicle im Verkehr und im Weltraum im Pazifik und in Südostasien Designed for everyone learning or teaching about the United • Der Europarat Das Commonwealth • Die Europäischen Bemühungen der Dritten Welt Nations, every issue of the CHRONICLE contains a complete Gemeinschaften der Sechs um Zusammenschluß record of the month, describing the proceedings, decisions • DieEFTA Zusammenschlüsse und Pakte and resolutions of the main UN organs and committees, artic• • BENELUX zur friedlichen Nutzung les by distinguished contributors, a picture section and notes • Der Nordische Rat der Kernenergie of the month. • Österreichs Neutralitätsstatus Abkommen über Entmilitarisierung Annual subscription in USA and $ 7,00 • Der Balkanpakt und Entnuklearisierung Others areas of the world $ 3,50 • Pakte und Zusammenschlüsse Die Organisation im Nahen Osten der Vereinten Nationen archiv der gegenwart United Nations Publications New York / Geneva

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