Der Linierer Dresdner Verein Urania Fahrradwerke Nick Kaufmann
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Der Mitgliederjournal Historische Fahrräder e.V. • ISSN 1430-2543 • Heft 50 • 3/2010 Knochenschüttler Zeitschrift für Liebhaber historischer Fahrräder 50 Nick Kaufmann Urania Fahrradwerke Dresdner Verein Seltenes Werbeblatt, das einige der besonderen Tricks von Nick Kaufmann darstellt, um 1895. Documenta Artistica, Stiftung Stadtmuseum Berlin Der Linierer In dieser Ausgabe: Nick Kaufmann, Titan des Kunstradfahrens. Ein schillerndes Leben auf zwei Kontinenten. Er war einer der größten Artisten seiner Zeit und beherrschte sein Arbeitsgerät wie kein zweiter. Und er war geschäftstüchtig, tourte mit seinen Troupes durch Amerika und Europa. Am Ende lebte er als Briefmarkenhändler in Berlin. Renate Franz und Michael Mertins schreiben über Nick Kaufmann. Der mit Orden und Medaillen dekorierte Nick Kaufmann. Foto: Archiv W. Gronen in der Zentralbibliothek der Sport- wissenschaften der Deutschen Sporthochschule Köln. Von der kleinen Schmiede zum VEB-Metallbearbeitung: Die Geschichte der Urania Fahrradwerke in Cottbus. Peter Zielasko hatte Glück. Er lernte die Erben des Gründers von Urania persönlich kennen. Sie überantworteten ihm die verbliebenen Unterlagen über fast ein ganzes Jahrhundert Firmengeschichte. Ausgewählte Höhepunkte daraus hat er für uns zusammengefasst. Urania-Steuerkopfschilder von 1910 bis 1925 aus der Sammlung Zielasko. Foto: Peter Zielasko Über ein Leben als Fachmann in der Fahrradindustrie: „Mein Vater, der Linierer“. In dieser – teils autobiografisch gefärbten – wunderbaren kleinen Erzählung berichtet Ernst-Friedel Köppe über das Leben seines Vaters Arthur als Linierer. Ein anrührendes Stück Zeitgeschichte, feinfühlig und behutsam erzählt. Arthur Köppe (r.) mit dem Schwiegervater seines Sohnes im Jahr 1961. Foto: Ernst-Friedel Köppe Editorial / Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, Inhalt: Editorial 3 Fachartikel Da haltet Ihr ihn nun in den Händen, - Renate Franz und den nunmehr 50sten „Knochenschütt- Michael Mertins: ler“! Ihm und all seinen Vätern und Müt- Nick Kaufmann – tern zur Ehre dieses Mal ganz in Farbe, Meisterfahrer der Welt 4 vom ersten bis zum letzten Blatt. Fünfzig - Peter Zielasko: — ein wirklich rundes Jubiläum, sozusa- gen eine Generation Knochenschüttler. Die Urania Fahrradwerke in Cottbus 12 Apropos „Generation“: Im Internet las ich kürzlich im Blog der „Rad- Post aus . Spannerei“ eine Äußerung zur Berliner Velocipediade von 2008, wonach „der ty- - England und Amerika 22 pische Fahrradsammler vierzig Jahre oder älter“ ist. Na gut, vielleicht ist das so. Jubiläum Deutlicher wird es in einem Kommentar zu obiger Aussage: „Da muss (man), - 20 Jahre Fahrrad-Veteranen- wenn der Ausrichter/Klub das ganze nach Freunde Dresden 24 außen hin nicht zum Geriatrikertreff gel- ten lassen will, einschreiten. Zumal bei Autorenforum solchen Bildern (gemeint sind wohl res- taurierte Exemplare der frühen Fahrrad- - Das Geburtshaus von Fausto Ära samt ihren Besitzern) der „Norma- Coppi 25 lo“ mit seinem gepflegten Eisen aus der - Mein Vater, der Linierer 26 Erbschaft von Tante Hedwig nicht unbe- dingt animiert wird.“ sprochen darf sich jeder fühlen, der die Dreißig noch nicht erreicht hat, auffor- Veranstaltungen Ist das wirklich so? Mit Blick auf unse- dern, uns mitzuteilen, was sie bewegt, ihre - Wintertreffen Erfurt 28 ren Berliner Verein muss ich bestätigen, freie Zeit alten Fahrrädern zu widmen, es fehlt der Nachwuchs, wie so vielen Ver- und was sie im Verein so umtreibt. - Ausblick: einen, egal welcher Branche. Da tut es ICVA, ICHC, Retropedal gut, vom Dresdner Verein zu lesen, der Genügend zu recherchieren und zu ent- Rennradbörse und Co. 29 mit 44 Mitgliedern aus mehreren Gene- decken gibt es ganz sicher noch für viele rationen gut aufgestellt ist und bereits weitere Generationen „Knochenschütt- Gastkommentar 30 sein zwanzigjähriges Bestehen feiert. ler“, wie die spannenden Berichte zur Fir- mengeschichte zeigen, die wir immer wie- Mein Rad 31 Was können wir also tun, um die „Ju- der im Heft lesen können, so dieses Mal gend“ aufs historische Rad zu bekom- zu den Urania Werken in Cottbus. Und es men? Oder fahren die Jungen bereits „his- gab ja bekanntlich allein in Deutschland Die Feder 32 torisch“ auf Rädern der Gattungen Bo- einige tausend Fahrradhersteller seit Ent- nanza, BMX oder frühen Mountainbikes wicklung des Fahrrades, von den Zube- Vereinsnachrichten 32 und finden nur den Weg nicht zu uns, aus hörfirmen ganz zu schweigen! welchen Gründen auch immer? Viel- Ausfahrt leicht empfinden sie das, was sie da ma- Also genießt die Jubiläumsausgabe chen, gar nicht als „historisch“ und wollen nicht nur der bunten Bilder wegen! Ich - Kölner Herbstausfahrt 33 eher ein individuelles Rad und Spaß ha- lese ja immer nur einen Artikel pro Tag, in ben? Aber war nicht genau das auch bei der Hoffnung, dass ich so länger etwas Termine 33 vielen von uns der Einstieg ins Hobby? vom Heft habe. Kleinanzeigen 33 Genug der Fragezeichen, ich will hier Euer Mitgliedernachrichten / auch nicht polemisieren, sondern möchte Impressum 34 Euch aufrufen, über Eure Erfahrun- gen bei der Nachwuchsgewinnung und -förderung zu berichten. Gleichzeitig Titelbild: Circusarchief Jaap Best – möchte ich die „Jugend“ im Verein, ange- www.circusmuseum.nl Das Plakat wurde 1895 bei Adolph Friedlän- der in Hamburg gedruckt, Nr. 1231. Friedlän- der hat alle seine Plakate durchnummeriert, deshalb ist eine genaue Datierung möglich. Der Knochenschüttler 3/2010 Der Knochenschüttler 3/2010 3 Nick Kaufmann – Meisterfahrer der Welt Nick Kaufmann – Meisterfahrer der Welt 23 km/h – sowie die Aufmerksamkeit der Erst nachdem während der Stanley-Show Nick Kaufmann – Zeitungen und der Radsport-Szene. Ein ein Experten-Komitee die Wettkampfre- anwesender englischer Redakteur des geln festgelegt hatte, konnte im März eine Meisterfahrer der Welt Journals Wheeling ermutigte ihn, sein Weltmeisterschaft ausgeschrieben wer- Von Renate Franz, Köln, und Michael Mertins, Bielefeld Können in einem wirklich internationa- den. Weil kein anderer Fahrer bereit war len Rahmen zu zeigen. anzutreten, wurde Kaufmann die schwe- Er galt zeitlebens als bester Kunstfahrer der Welt. Kein Konkurrent vermochte ihn re Medaille aus 14-karätigem Gold mit zu schlagen — viele traten gar nicht erst gegen ihn an: Nicholas Kaufmann, ein Ameri- So debütierte Nick Kaufmann 1886 auf der Aufschrift: „Professional Cycle Trick- kaner, dessen Eltern aus der Schweiz stammten, prägte das Kunstradfahren wie kein an- der „Stanley Cycle Show“, der berühm- Riding Championship of the World“ derer nach ihm. Von 1886 bis 1900 heimste Kaufmann Titel und Auszeichnungen am ten Fahrradmesse in London. Es folgten kampflos zugesprochen. Offenbar hatte Fließband ein. Er erfand zahlreiche Übungen in seiner Sportart und tingelte mit der ein dreimonatiges Engagement im Royal das neuverfasste, umfangreiche Regel- „Kaufmann Family Troupe“ mehrere Jahre durch die USA und Europa. Renate Franz Aquarium, einer glasüberdachten Veran- werk für Trickfahrer-Wettbewerbe die und Michael Mertins zeichnen hier seinen Lebensweg nach, der erst 1943, im Alter von staltungshalle in Westminster, sowie eine Konkurrenten mächtig eingeschüchtert. 82 Jahren, in Berlin endete. /1/ Tournee durch Schottland und Irland. Im gleichen Jahr kam es auch zum ersten Auf- Richtig glücklich konnte ein Sports- Kindheit und Jugend /4/ Diese Leistung ist sicherlich ein Be- tritt in Deutschland beim 3. Bundestag mann wie Kaufmann über eine so einfach weis für die gute körperliche Konstitution des Deutschen Radfahrer-Bundes in Ber- erhaltene Medaille nicht sein. Um eher zu Nicholas „Nick“ Edward Kaufmann des jungen Sportsfreundes. lin. „Den anlässlich desselben veranstal- einem Gegner zu kommen, überließ der wurde am 10. November 1861 in Roches- teten Korso fuhr Kaufmann von Anfang Champion diesem die Wahl der Maschi- ter im Bundesstaat New York als viertes Erfolge als Kunstradfahrer bis zu Ende unter den lebhaftesten Bei- nengattung und die Höhe des geldlichen von fünf Kindern eines Einwanderers, fallsbezeugungen seitens des Publikums Einsatzes. „Im November 1891 wurde eines Korbmachers aus Triengen in der Im September 1885 nahm Kaufmann auf dem Einrad mit.“ /4/ Kaufmann von Herrn Gustav Marschner Schweiz, geboren. /2/ Mit drei Jahren an einer dreitägigen Radsport-Ver- zu einer Konkurrenz aufgefordert, der- wurde er Halbwaise, da der Vater als anstaltung, dem Grand International Bi- Die Triumphe, die er dort feierte, ver- selbe wollte jedoch keinen Einsatz riskie- Kriegsgefangener des Amerikanischen cycle Tournament des Springfield Bicycle anlassten ihn zu einer Tournee, die ihn ren und wollte nur in Deutschland fahren. Bürgerkriegs in einem Lager gestorben Clubs, teil. /2/ Viele Amateur- und Berufs- zehn Jahre lang durch Europa und die Kaufmann kam allen seinen Wünschen Abschrift eines Zeitungsartikels von 1888, der über einen Auftritt in Magdeburg berichtet. Das Original war. radsportler auch aus England und dem Türkei führte /3/. Dazu äußerte sich Kauf- nach, wählte Berlin als Ort zur Austra- befindet sich in der Sammlung Uli Feick. restlichen Europa waren dazu in den Bun- mann wie folgt: Er sei überall willkom- gung der Konkurrenz und überließ es hatte er seinen Titel In jungen Jahren arbeitete Kaufmann desstaat Massachusetts gereist. Kauf- men gewesen, aber am wohlsten habe er dem Gau 20, die weiteren den Wettkampf erfolgreich vertei- als Stallbursche und Kutscher einer rei- mann war der einzige, der das Einrad- sich in Deutschland gefühlt, wo das Rad- betreffenden Angelegenheiten zu ord- digt, wenn auch wei- chen Familie. In Berührung mit dem Rad- Rennen