HETEROPTERON

Mitteilungsblatt der

Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen

Heft Nr. 57 - Köln, Februar 2020 ISSN 1432-3761 print ISSN 2105-1586 online

INHALT Einleitende Bemerkungen des Herausgebers...... 1

PETR KMENT: In memoriam RAUNO E. LINNAVUORI (1927–2019)...... 2

PETER KOTT: Coranus pericarti P. PUTSHKOV, 1994 – Fortpflanzung mit Hilfe von Spermatophoren...... 3

GREGOR TYMANN: Die Wanzenfauna der Bergehalde „Mottbruch“ in Gladbeck/NRW (Insecta, )...... 7

ALEXANDER SCHNEIDER & WOLFGANG H. O. DOROW: Erstnachweis von Belonochilus numenius (SAY, 1831) (Heteroptera; Orsillidae) für Hessen...... 17 HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Was wussten ARISTOTELES, PLINIUS und ALBERTUS MAGNUS von den Wanzen? (Mit Anmerkungen zur Verwendung der Feuerwanze als Medizin)...... 20 Wanzenliteratur: Neuerscheinungen...... 38

Einleitende Bemerkungen des Herausgebers Ein Nachruf auf den bekannten finnischen Heteropterologen RAUNO LINNAVUORI würdigt seine immense Schaffenskraft. Hier sei besonders auf den Inhalt der Festschrift zum Angedenken an den Verstorbenen (s. Literatur-Neuerungen in diesem Heft) hingewiesen. Durch zwei längere Beiträge war das Heft 57 des HETEROPTERON schon ungewöhnlich schnell am Limit. Es bringt für eine heteropterologisch wenig untersuchte Region in NRW eine umfangeiche Bestandsaufnahme der Wanzen einer der gebietstypischen Bergehalden. Auch auf der Front der Neozoen sind wieder einmal in zwei Beiträgen Fortschritte zu vermerken. Ebenfalls sehr lesenswert sind Neuigkeiten bei der schon in vielen Arbeiten vorgestellten Raubwanzen- Gattung Coranus. Aus einem kurzen Referat auf dem Westdeutschen Entomologentag 2018, das ich auf Grund anfänglich zu weniger Vorträge anmeldete, entstand im Laufe der schriftlichen Ausformung für eine Veröffentlichung eine sehr umfangreiche Arbeit, die wegen eines zunächst geplanten Publikationsortes noch um viele detaillierte Quellenangaben erweitert werden musste. Es ist zu hoffen, dass die Lektüre eines wissenschafts-historischen Themas in dieser Ausführlichkeit und Länge doch einigen Spass bereitet. H.J. Hoffmann

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In memoriam RAUNO E. LINNAVUORI (1927–2019) PETR KMENT

With deep emotion, we must announce that RAUNO E. LINNAVUORI died on 26 February 2019 after a long illness. RAUNO LINNAVUORI was undoubtedly one of the greatest hemipterists of the past 100 years, not only from the scope of his work but the number of papers published and the number of species described. He has published 306 papers since 1948 (KMENT & WILSON 2017), describing 308 genera and subgenera, and 2.894 s pecies and subspecies (KMENT & CARAPEZZA 2017, WILSON 2017, LEMAÎTRE et al. 2017). He is also perhaps one of the last specialists to contribute substantially to descriptive studies in b oth Auchenorrhyncha and Heteroptera, and largely through his extensive explorations in desert regions. His expeditions to parts of the Middle East (Israel, Iraq, Saudi Arabia, Yemen, Iran) and northern half of Africa (Benin, Burkina Faso, Cameroon, Central African Republic, Chad, Egypt, Ethiopia, Ghana, Ivory Coast, Niger, Nigeria, Somalia,

South Sudan, Sudan, Togo) may have been difficult when RAUNO E. LINNAVUORI, Raisio carried out but would be almost impossible now due to (Finland), 2012. (Photo: M. WILSON). various security issues (WILSON et al. 2017). We are pleased, that ENTOMOLOGICA AMERICANA could honor this exceptional entomologist and explorer with three special issues dedicated to him: 122(1–2)/2016 including 28 papers devoted to Heteroptera, 122(3)/2017 with 13 papers on Auchenorrhyncha, and 122(4)/2017 including biography, bibliography, lists of all taxa he described, and a list of taxa named in honour of R. LINNAVUORI.

Referen ces: KMENT, P. & WILSON, M.R. (2017): Bibliography of RAUNO E. LINNAVUORI. - Pp. 513–527. In: KMENT, P. & JOHNSON, C. (eds.): Contributions on in honour of RAUNO E. LINNAVUORI. Volume III. - Entomologica Americana 122(4) [2016], 505–742. KMENT, P. & CARAPEZZA, A. (2017): List of true bug taxa described by RAUNO E. LINNAVUORI (Hemiptera: Hetetroptera). - Pp. 528–561. In: KMENT, P. & JOHNSON, C. (eds.): Contributions on Hemiptera in honour of RAUNO E. LINNAVUORI. Volume III. - Entomologica Americana 122(4) [2016], 505–742. LEMAÎTRE, V. A., MCKAMEY, S. H. & KMENT, P. (2017): List of Cicadomorpha taxa described by RAUNO E. LINNAVUORI (Hemiptera: Auchenorrhyncha). - Pp. 632–729. In: KMENT, P. & JOHNSON, C. (eds.): Contributions on Hemiptera in honour of RAUNO E. LINNAVUORI. Volume III. - Entomologica Americana 122(4) [2016], 505– 742. WILSON, M. R. (2017): List of planthopper taxa described by RAUNO E. LINNAVUORI (Hemiptera: Auchenorrhyncha: Fulgoromorpha). - Pp. 622–631. In: KMENT, P. & JOHNSON, C. (eds.): Contributions on Hemiptera in honour of RAUNO E. LINNAVUORI. Volume III. - Entomologica Americana 122(4) [2016], 505–742. WILSON, M. R., CARAPEZZA, A., DEEMING, J., HOSSEINI, R., KMENT, P., LINNAVUORI, P. & ŠTYS, P. (2017): RAUNO LINNAVUORI: Entomologist and explorer. - Pp. 505–512. In: KMENT, P. & JOHNSON, C. (Eds.): Contributions on Hemiptera in honour of RAUNO E. LINNAVUORI. Volume III. - Entomologica Americana 122(4) [2016], 505–742.

Adress of author: Petr Kment, Ph.D., Department of Entomology National Museum , Cirkusová 1740, CZ-193 00 PRAHA 9 - Horní Počernice, Czech Republic email: [email protected]

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Coranus pericarti P. PUTSHKOV, 1994 – Fortpflanzung mit Hilfe von Spermatophoren

PETER KOTT

Am 19. und 20., sowie vom 28. bis 30.04.2019 konnte ich in Frankreich in der Umgebung von La Tour d’Aigues, Vaucluse, eine Anzahl von Männchen, Weibchen und Larven einer Coranus-Art fangen. Die Fundorte lagen immer am Rande von Weinfeldern, am Fuße von Steilkanten zum nächst höheren Weinfeld. Die Steilhänge hatten jeweils eine Süd-Exposition. Einen Eindruck von diesen Fundorten vermittelt Abb. 1. Insgesamt konnten 6 Männchen, 4 Weibchen und 1 LIII, 2 LIV und 5 LV gefangen werden. Aus den Larven gelang es 1 Männchen und 3 Weibchen zu erhalten. In Gefangenschaft konnten die Tiere gut mit Lygaeiden gefüttert werden. So wurden Aphanus rolandri, Beosus maritimus, spec., Kleidocerys resedae und Oxycarenus lavaterae gerne angenommen. Bei der gefangenen Coranus-Art handelt es sich um Coranus pericarti P. PUTSHKOV, 1994, was sich aus verschiedenen Merkmalen eindeutig ergibt (Abb. 2 - 6). H. GÜNTHER, Ingelheim, war so freundlich und hat die Artbestimmung bestätigt. Mit derselben Methode wie bei Coranus subapterus (KOTT 2012) konnte ich auch bei Coranus pericarti entleerte Spermatophoren nachweisen. Bei fünf Weibchen ergaben sie sich nach den Kopulationen. Ein Weibchen war schon fünf Tage nach der Imaginalhäutung paarungsbereit und gab auch eine Spermatophore ab. Von den fünf Weibchen haben sich zwei ein zweites Mal gepaart und jeweils eine Spermatophore abgegeben, so dass am 24.05.2019 insgesamt sieben Spermatophoren von C. pericarti vorlagen. Ein weiteres Weibchen von C. pericarti, das am 14.05.2019 geschlüpft war, ging am 16.05.2019 mit einem Männchen immer wieder für mehr oder weniger lange Zeit Kopulationen ein. Das Männchen war sehr hartnäckig und blieb vom Nachmittag des 16.05. (spätestens ab 15.46 Uhr) bis zum Mittag des 17.05. (mindestens bis 12.00 Uhr) aufgeritten. Allerdings gab das Weibchen nach der Trennung keine Spermatophore ab. Dasselbe Weibchen war am 24.05.2019 nicht bereit ein anderes, ebenfalls hartnäckiges Männchen kopulieren zu lassen, obwohl das Männchen über mehr als sechs Stunden aufgeritten blieb. Ein weiterer Paarungsversuch mit einem dritten Männchen am 03.06.2019 war dann erfolgreich, ebenso der Versuch am 05.06.2019 mit einem vierten Männchen. Es wurde jeweils eine Spermatophore abgelegt, so dass sich die Gesamtzahl auf neun erhöhte. Ein weiteres Weibchen, das am 21.05.2019 geschlüpft war, ließ am 24.05.2019, also nach drei Tagen, kein Männchen aufreiten und wehrte zwei verschiedene Männchen teils sehr aggressiv ab. Bei einem Versuch am 27.05.2019 kommt es zu einer kurzzeitigen Kopulation (22 Minuten) mit demselben Männchen, mit dem dann am 03.06.2019 eine normale Kopulation stattfindet, die einen eigenartigen Materialstrang hervorbringt, der nicht einer Spermatophore gleicht. Alle sechs weiteren Paarungsversuche waren erfolglos, obwohl verschiedene Männchen eingesetzt wurden. Die Spermatophoren von C. pericarti ähneln in Form und Größe denen von C. subapterus sehr, so dass eine Zuordnung nur über die Ablage durch die Weibchen möglich ist (Abb. 8 & 9). Bisher wurden von C. subapterus 21 Spermatophoren vermessen, von C. pericarti nur neun. Im Schnitt sind die Spermatophoren bei C. pericarti ohne Anhänge etwas kürzer bei fast gleicher Dicke und erscheinen daher etwas kompakter als die von C. subapterus (s. Tabelle 1). Allerdings zeigten viele Spermatophoren bei C. subapterus mehr oder weniger bizarr geformte Anhänge, die bei den neun zurzeit vorliegenden Spermatophoren von C. pericarti nur einmal (Spermatophore von Weibchen Nr. 1 vom 24.05.2019) aufgefallen sind (Abb. 7).

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Tabelle 1: Größenvergleich der entleerten Spermatophoren von C. subapterus und C. pericarti.

Coranus-Art Spermatophoren - Länge Spermatophoren - Breite mit Anhängen ohne Anhänge mit Anhängen ohne Anhänge C. subapterus* 1,4 - 2,55 mm 1,2 – 1,6 mm 0,8 - 1,2 mm 0,7 - 0,95 mm C. pericarti** 1,3 – 2,5 mm 1,0 – 1,38 mm 0,73 – 1,5 mm 0,6 – 0,83 mm * es wurden 21 Spermatophoren vermessen ** es wurden 9 Spermatophoren vermessen

Literatur:

KOTT, P. (2012): Samenübertragung mit Spermatophoren bei Coranus subapterus DE GEER. – Heteropteron 38, 24 – 26. Köln. → PDF in www.heteropteron.de

Anschrift des Autors: Peter Kott, Am Theuspfad 38 , D-50259 PULHEIM. e-mail: [email protected]

Abb. 1: Fundort nördlich von La Tour d‘Aigues unterhalb eines unbefestigten Feldweges zwischen „La Mercière“ und „St-Vincent“ auf 300 m Höhe. Entlang eines nach Süden exponierten Hanges, der ein Weinfeld begrenzt, fand ich C. pericarti zwischen Pflanzen und trockenem Laub am Boden.

Abb. 2: Adultes Männchen, dorsal, alle Tiere sind langflügelig.

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Abb. 3: Apophyse der Pygophore mit den beiden Abb. 4: Apophyse der Pygophore mit den beiden Parameren von caudal. Parameren von dorsal.

Abb. 5: Das Scutellum von der Seite.

Abb. 6: Bauchseite des Hinterleibes eines Männchens.

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Abb. 7: C. pericarti Entleerte Spermatophore von ♀- 01-19 und ♂-01-19 vom 24.05.2019 Länge mit Anhängen: 2,5 mm; ohne: 1,255 mm Breite mit Anhängen: 1,125 mm; ohne: 0,8 mm

Abb. 8: C. subapterus: Entleerte Spermatophore von Abb. 9: C. pericarti: Entleerte Spermatophore von ♀- Co-17-15-lf und ♂- Co-31-15-lf vom 13.07.2015 ♀-04-19 und ♂-07-19 vom 13.05.2019 Länge mit Anhängen: 1,55 mm; ohne: 1,45 mm Länge mit Anhängen: - mm; ohne: 1,39 mm Breite mit Anhängen: 0,85 mm; ohne: 0,8 mm Breite mit Anhängen: 0,98 mm; ohne: 0,75 mm

Abb. 10: Gelblicher Materialstrang, der von ♀-07-19 nach einer Kopulation mit ♂-07-19 statt einer Spermatophore am 03.06.2019 abgegeben wurde.

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Die Wanzenfauna der Bergehalde „Mottbruch“ in Gladbeck/NRW (Insecta, Heteroptera) GREGOR TYMANN

Zusammenfassung Von Sommer 2015 bis Sommer 2019 wurde die Wanzenfauna der Bergehalde „Mottbruch“ (im Folgenden: Mottbruchhalde) in Gladbeck (Kreis Recklinghausen/NRW) untersucht, wobei 127 Arten nachgewiesen werden konnten. Gearbeitet wurde mit Kescher, Klopfschirm und Handaufsammlung. Da bei der Suche keine weiteren Hilfsmittel wie Leucht- oder Bodenfallen, bzw. mikroskopische Untersuchung benutzt wurden, ist davon auszugehen, dass die Artenanzahl im Falle der Benutzung derselben höher ausgefallen wäre; zumal Taxa wie Psallus und Orius mit überwiegend nur genitalmorphologisch sicher bestimmbaren Arten nicht berücksichtigt worden sind.

Vorbemerkung Untersuchungen zu Wanzen auf Ruderalflächen und anderen anthropogen überformten Standorten im Ruhrgebiet haben bisher kaum stattgefunden. Bekannt ist dem Autor lediglich eine vorläufige Erfassung des Geländes der Zeche Zollverein in Essen (TYMANN 2017, HOFFMANN et al. 2018).

Vorgeschichte der Mottbruchhalde Die Mottbruchhalde ist eine von vielen Halden, die in den letzten knapp 200 Jahren im Ruhrgebiet entstanden sind. Das beim Kohleabbau anfallende, in der Bergmannssprache „taube“ Gestein (die Berge) wurde in Zechennähe zu Bergehalden teils immensen Ausmaßes aufgeschüttet, die erst als reine Deponieflächen dienten, in den 1970/80er Jahren jedoch nach und nach als Teil der Landschaft wahrgenommen und größtenteils in diese wieder integriert worden sind. Anfangs wurden die Halden in Form von Spitzkegeln aufgeschüttet, später gab man der Form von terrassierten Tafelbergen den Vorzug. In der Regel fand dann eine Begrünung in unterschiedlichem Umfang statt, wobei viele Halden trotz ihres rein steinig/sandigen Untergrundes von spontaner Vegetation in Besitz genommen wurden und sich oftmals „selbst begrünten“. Von wenigen Ausnahmen abgesehen wurden die Flächen nach ihrer Instandsetzung für die Öffentlichkeit als Naherholungsgebiete zugänglich gemacht (ABS et al. 1999).

Abb.1: Mottbruchhalde Gladbeck (Kreis Recklinghausen, NRW) N 51°32'50.4" O 6°59'44.6" MTB 4407/4 (Quelle: Google Maps) 8 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Vor der Aufschüttung als Bergehalde diente das Gelände der Mottbruchhalde bis 1961 als Mülldeponie, danach begann die Schüttung zur Halde, die, mit einigen teils jahrelangen Pausen, bis 2014 andauerte. Mit einer Grundfläche von ca. 55 ha und einer Höhe von 80 m (117 m über NHN) gehört die Mottbruchhalde zu den fünf größten Halden im Ruhrgebiet (BERKE 2016) und ist Teil eines Halden- und Grünflächenverbundes, der sich über die Grenzregion der Städte Gelsenkirchen, Bottrop, Essen und Gladbeck erstreckt. Im Gegensatz zu anderen Halden ist die Mottbruchhalde für die Öffentlichkeit bislang offiziell nicht freigegeben, trotzdem aber fast überall zugänglich und wird von Hundebesitzern, Mountainbikern oder Spaziergängern zu Freizeitaktivitäten genutzt. Der Großteil der oberen Region mit jetzigem Gras- und Krautbewuchs und dem vulkanartig gestalteten Top entstand erst in den Jahren zwischen 2000 und 2010, da die Halde als Teil der „Internationale Bauausstellung Emscher Park“ als Landschaftskunstwerk namens „Halde im Wandel“ in Form eines Vulkans aufgeschüttet werden sollte. Leider war es am Ende durch 1,2 Mio. Tonnen ausbleibendes Schüttgut nicht mehr möglich einen richtigen Kegel zu formen, so dass nun zwei ca. 15m hohe „Dünen“ den Krater bilden, der von zwei Seiten zugänglich ist. Ebenso wurde die Bepflanzung (optisch) einem Vulkan angepasst: Am Fuß, der unteren Ebene, findet man Bäume und Sträucher (zwei nach oben reichende Gehölzstreifen sollen herabfließende Lava symbolisieren), der mittlere Teil besteht aus ausgedehnten Magerrasenflächen, das Haldentop zeichnet sich durch rohes Gestein mit beginnender Vegetation aus.

Abb. 2: Blick auf die Mottbruchhalde von Norden, links der Füllturm

Allgemeines zur Mottbruchhalde Bergehalden, die nicht von öffentlichem Interesse sind, werden (wenn überhaupt) nur noch rudimentär gepflegt, so dass in den letzten Jahren auf fast allen benachbarten Halden durch Sukzession viele offene Bodenstellen verschwunden sind, obwohl die meisten dieser Flächen laut Biotopkartierung des Landes NRW auch offen gehalten werden sollten (LANUV 2019). Im Fall der Mottbruchhalde hat man sich jedoch zu einer geordneten Begrünung mit drei unterschiedlichen Vegetationszonen entschieden:

Zone 1: In der unteren und kleinsten der drei Zonen (vornehmlich an den Nord(-ost)hängen und rund um den Haldenfuß) findet man die höchste und teilweise älteste Vegetation, bestehend aus einem bis zu 40 Jahre alten Industriewald mit Bäumen und Sträuchern auf rein steinig/schottrigem Untergrund, sowie halboffenen Stellen mit eingestreutem Gras- und Krautbewuchs, auf denen sich mittlerweile stellenweise eine Moos- und Humusschicht bildet. Gerade an den halboffenen Stellen dient als Untergrund aber auch das an großen Teilen der Halde auf den Rohboden als Substrat aufgebrachte Sand-Lehm-Gemisch. HETEROPTERON Heft 57 / 2020 9

Die Vegetation besteht hier in der Hauptsache aus Birken, Ahorn, Haseln, Pappeln, Traubenkirschen, Weiden, Eichen, Eschen, Robinien, Hartriegel, Weißdorn, Hundsrose, Brombeere, Sommerflieder und auch einigen Besenginsterbüschen, die jedoch merkwürdigerweise zu großen Teilen den Temperaturen des Sommers 2018 zum Opfer gefallen sind; an den mehr offenen Stellen treten auch krautige Vegetation und Gräser auf, die sonst eher in Zone 2 zu finden sind.

Abb. 3: Industriewald (links) und halboffene Stellen am Haldenfuß (rechts)

Zone 2: Aufgrund der Anlage als Landschaftskunstwerk und der optischen Nähe zu einem Vulkan nehmen den Großteil der Halde weitläufige Magerrasenhänge ein, für deren Untergrund ein Sand- Lehm-Gemisch auf das Bergematerial aufgebracht wurde. Anschließend wurde diese Schicht mit dem Bergematerial vermischt. Daraufhin erfolgte die Einsaat mit einem niedrigwachsenden Kleegemisch. Diese Startbegrünung wurde nach ca. 2-3 Jahren durch eine standortgerechte Bekrautung für saure Flächen abgelöst (OSTRAWSKY / Ruhrkohle AG -in litt.). Die Rasenhänge werden durch zweimal jährliche, immer nur partiell durchgeführte Mahd gepflegt. Diese Flächen sind durchmischt mit Rohboden an Wegrändern und einer großen Ruderalfläche an der Nordspitze. Dort befindet sich immer noch der Füllturm, mittels dessen die bei der Schüttung eingesetzten Kipper beladen wurden. Das Bergematerial wurde vorher mit Zügen am Haldenfuß angeliefert um von dort per Förderband in den Füllturm transportiert und in LKW verladen zu werden. Dies verlangte nach einer größeren Fläche für An- und Abfahrtswege in unterschiedliche Richtungen, LKW-Waagen und, wegen der Größe der Kiper,p Rangiermöglichkeiten. In dieser Zone findet man die größte Anzahl unterschiedlicher Pflanzenarten. Als kleine Auswahl seien hier genannt: Verschiedene Schwingel- und andere Süssgras-, Labkraut-, Klee-, Distel-, Nelken- und Knötericharten, Flockenblume, Margeriten, Kamille, Schafgarbe, Wilde Möhre, Greiskraut, Natternkopf, Wiesenknopf, Habichtskraut, Johanniskraut, Tausendgüldenkraut, Berufkraut, Goldrute, Brennnesseln, Weidenröschen, Beifuß, Melde, Leimkraut, Wasserdost, Huflattich. Auch befindet sich hier der einzige Nadelbaum des Untersuchungsgebietes – eine etwas schwache Waldkiefer, die aber immerhin die Funde von Phoenicocoris obscurellus (LINNAEUS, 1758) und Pilophorus cinnamopterus (KIRSCHBAUM, 1856) erbrachte.

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Abb. 4: Magerrasenhänge (links) und offene Fläche am Füllturm (rechts)

Zone 3: Das rein steinige Top wird seit Beendigung der Schüttung im Jahr 2014 hauptsächlich durch Spontanvegatation in Besitz genommen. An den Außenhängen haben sich verschiedene Gräser angesiedelt, in der Senke existiert ein (vermutlich a ngepflanzter) Schilfbestand, daneben haben sich im Kraterinneren u.a. Kamille, Greiskraut, Gewöhnlicher Natternkopf, Labkraut, Vogelknöteriche , sowie vier (noch) kleine Bestände von Japanischem Knöterich angesiedelt. Aufgrund der im Bergematerial enthaltenen salzigen und sandigen Bestandteile, die aus den „Dünen“ ausgewaschen und in den Krater gespült werden, herrschen dort stellenweise Bedingungen wie an Meeresküsten (KEIL 2013). Hier wurde 2017 eine Population von Lygus maritimus WAGNER, 1949 und der Erstfund von Polymerus vulneratus (PANZER, 1806) für NRW festgestellt (TYMANN 2017).

Abb. 5: Haldentop kurz nach Fertigstellung Frühjahr 2015 (links), Sommer 2019 (rechts)

Als kleinere Biotope sind noch eine Sandfläche an der Hauptzufahrt (ein Relikt der letzten Sanierungsmaßnahmen) sowie die Flächen für die Wasserhaltung der Halde zu erwähnen.

Nachdem im Sommer 2018 Wege und große Teile des Wasserhaltungssystems modernisiert wurden, blieb als Hinterlassenschaft dieser Baumaßnahmen ein ca. 100m² großer und knapp ein Meter hoher Sandhaufen zurück, der sehr schnell von spontan aufkommender Vegetation besiedelt wurde (Mohn, Greiskraut, Disteln, Rainfarn, Nachtkerze, Berufkraut). Hier erfolgten u.a. Funde von Prostemma guttula (FABRICIUS, 1787), Nysius huttoni WHITE, 1878 und Brachycarenus tigrinus (SCHILLING, 1829). Abb. 6: Sandfläche an der Hauptzufahrt HETEROPTERON Heft 57 / 2020 11

Die Struktur einer Bergehalde wie der Mottbruchhalde erfordert Anlagen zur Wasserhaltung, da Starkregen von der dünnen Erdschicht nicht aufgenommen werden kann und sonst durch Erosion große Ausspülungen entstehen. Durch die Anlage von Gräben neben den Wegen wird Regenwasser in verschiedene Auffangbecken geleitet, die jedoch seit einiger Zeit nicht mehr zugänglich sind. In der Überflutungsfläche eines dieser Becken wurde Peritrechus nubilus (FALLÉN, 1807) aufgefunden.

Abb. 7 Auffangbecken zur Wasserhaltung

Ergebnisse Insgesamt wurden auf dem Gelände der Mottbruchhalde 127 Wanzenarten aus 21 Familien festgestellt, was 21% der in NRW (HOFFMANN et al. 2011) und 14% der in ganz Deutschland nachgewiesenen Arten ausmacht (HOFFMANN 2017). Dies ist z.B. allein die Hälfte der Artenanzahl, die bislang im wesentlich größeren NSG Wahner Heide in Köln nachgewiesen wurde (HOFFMANN 1992, HARTUNG et al. 2017). Bemerkenswert ist, dass der Großteil der Haldenbegrünung erst ca. 5-6 Jahre alt ist, und sich in dieser Zeit gerade auf den Rasenflächen bereits eine beachtliche Anzahl verschiedener Wanzenarten angesiedelt hat. Am artenreichsten sind die Ruderalfläche am Füllturm sowie die Magerrasenflächen, auf denen ca. 80% der aufgefundenen Arten festgestellt wurden. Als recht unergiebig bei der Suche erwiesen sich der alte Industriewald und nachträglich angepflanzte Gehölze. Neben vielen allgemein häufigen und weit verbreiteten Arten wurden 10 Arten festgestellt, die im Folgenden aus verschiedenen Gründen (wenige Nachweise, neu eingewanderte oder eingeschleppte, bzw. in aktueller natürlicher Ausbreitung befindliche Arten) ausführlicher besprochen werden. Drei in höherer Stückzahl gefundene Arten sind Weichwanzen () aus dem Kraterinneren und von den oberen Außenhängen mit Präferenzen für bestimmte Wirtspflanzen.

Conostethus roseus (FALLÉN, 1807) wurde an den oberen, nach Süden gelegenen Hängen mehrmalig in größerer Stückzahl an verschiedenen Gräsern angetroffen.

Abb. 8: Conostethus roseus (FALLÈN, 1807)

Conostethus venus tu s (FIEBE R, 1858) lebt in der Regel im Krater an Geruchloser Kamille, ist aber auch auf den Außenhängen am Übergang zum Krater aufgefunden worden – beim Keschern teilweise zusammen mit Conostethus roseus. 1987 wurde die Art zum ersten Mal in Deutschland nachgewiesen (GÜNTHER et al. 1987), seitdem auch wiederholt in NRW.

Abb. 9: Conostethus venustus (FIEBER, 1858) 12 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Lygus maritimus WAGNER, 19 49 ist e ine der neu au fgetre te nen Arten in NRW. Nach zwei Einzelfunden 1992 bei Übach- Palenberg (Kreis Heinsberg) auf der Bergehalde „CAR OLUS MAGNUS“ und 2014 am Diersfordter Waldsee bei Wesel (SCHÄFER 2016) konnte der Autor im Krater der Halde 2017 eine größere Population feststellen (TYMANN 2017), die sich jedoch 2019 mit dem dortigen Verschwinden der Wirtspflanze, dem Schmalblättrigen Greiskraut (Senecio inaequidens), auf die Außenhänge des Kraters und die Wegränder zurückgezo gen hat Abb. 10: Lygus maritimus WAGNER, 1949 und und dort scheinbar der Wirtspflanze folgt. A uch an ä h nlichen Standorten im Umland wurde diese Art vom Autor ebenfalls an Schmalblättrigem Greiskraut (Senecio inaequidens) festgestellt. Sie wird seit 2018 in der Checkliste (HOFFMANN 2018) als für NRW neu nachgewiesene Art mit der EntGerm-Nr. 275 geführt.

Sieben Arten waren nur in geringer Stückzahl von jeweils 1-4 Exemplaren vertreten:

Pachytomella parallela (MEYER-DÜR, 1843) wurde zweimal in einem lichten, etwas feuchten Birkenbestand mit Süßgräsern angetroffen.

Abb. 11: Pachytomella parallela (MEYER-DÜR, 1843)

Von Plagiognathus fulvipennis (KIRSCHBAUM, 1856), einer auch in der Umgebung nur an Gewöhnlichem Natternkopf gefundenen Art, wurde ein Exemplar auf der Ruderalfläche am Füllturm aufgefunden. (Abb. 4)

Abb. 12: Plagiognathus fulvipennis (KIRSCHBAUM, 1856)

Von Prostemma guttula (FABRICIUS, 1787) konnten drei Imagines und eine Larve festgestellt werden. Zwei Imagines und eine Larve wurden unter Moos und Krautbewuchs auf Rohboden gefunden, eine Imago umherlaufend auf der Sandfläche an der Hauptzufahrt. (Abb. 6) Offensichtlich existiert bislang ein gesicherter Fund dieser Art aus NRW (Rhöndorf) und einer, der aber u.U. auch in Rheinland-Pfalz stattgefunden haben kann (WERNER 1998).

Abb. 13: Prostemma guttula (FABRICIUS, 1787)

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Nysius huttoni (WHITE, 1878) konnte an zwei Stellen nachgewiesen werden. Ein Exemplar wurde in der Moosschicht an der Grenze zwischen Gehölzstreifen und angrenzenden Rasenflächen aufgefunden, zwei Exemplare auf der Sandfläche an der Hauptzufahrt (Abb. 6). Nach dem Erstfund für NRW und gleichzeitig auch Deutschland (AUKEMA 2017) und dem Zweitfund in Essen/NRW (TYMANN 2018) lassen diese Funde eine weiter als bisher gedachte Verbreitung vermuten. Im Ge gens at z zu anderen Ny sius-Arten, die o ft in g roßer Anzahl Abb. 14: Nysius huttoni (WHITE, 1878) beim Keschern eingesammelt wurden, ist diese Art nur am Boden festgestellt worden. Bemerk enswert ist, dass offensich tlich völlig unterschiedliche Habitate bewohnt werden, was auch an anderen Fundorten in der Umgebung festgestellt werden konnte. Zum einen werden feuchte Moosschichten in halbschattigen Lagen besiedelt, zum anderen sandige, offene Stellen mit spärlichem Bewuchs. Seit 2018 wird Nysius huttoni mit der EntGerm-Nr. 612,5 in der Checkliste als für NRW (und Deutschland) neu nachgewiesene Art geführt (HOFFMANN 2018).

Eremocoris fenestratus (HERRICH-SCHAEFFER, 1839) wurde vom Autor beim Keschern zwischen Rosenbüschen auf seiner Kleidung aufgefunden. WACHMANN et al. (2007) berichten von sporadischen Funden bis zum Nordrand der Mittelgebirge. Nach HOFFMANN (2017) ist diese Art in NRW rar; der Erstnachweis für dieses Bundesland erfolgte in den 1990er Jahren durch SCHÄFER (2003).

Abb. 15: Eremocoris fenestratus (HERRICH-SCHAEFFER, 1839)

Ein Exemplar von Peritrechus nubilus (FALLÉN, 1807) befand sich in einer Moosschicht auf Rohboden an einer tiefer gelegenen, feuchten Stelle neben einem der Wasserhaltungsbecken (Abb. 7).

Abb. 16: Peritrechus nubilus (FALLÉN, 1807)

Brachycarenus tigrinus (SCHILLING, 1829) wurde dreimal auf der Sandfläche an der Hauptzufahrt aus der Krautschicht gekeschert. (s. Abb. 6)

Abb. 17: Brachycarenus tigrinus (SCHILLING, 1829)

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Artenliste

Tabelle 1: Auf der Mottbruchhalde von 2015 bis 2019 nachgewiesene Wanzenarten (Systematik und Nomenklatur nach HOFFMANN & MELBER 2003)

Ent Ent Germ Name Familie Germ Name Familie -Nr -Nr 57 Hydrometra stagnorum Hydrometridae 522 Anthocoris nemoralis Anthocoridae 68 Gerris lacustris Gerridae 523 Anthocoris nemorum Anthocoridae 93 Saldula saltatoria Saldidae 545 Orius niger Anthocoridae 106 Acalypta parvula Tingidae 548 Cardiastethus fasciiventris Anthocoridae 125 Dictyla echii Tingidae 610 Nysius ericae Lygaeidae 129 Dictyonota fuliginosa Tingidae 612 Nysius helveticus Lygaeidae 137 Kalama tricornis Tingidae 612,5 Nysius huttoni Lygaeidae 155 Tingis cardui Tingidae 613 Nysius senecionis Lygaeidae 177 Dicyphus epilobii Miridae 614 Nysius thymi Lygaeidae 193 Deraeocoris flavilinea Miridae 616 Ortholomus punctipennis Lygaeidae 196 Deraeocoris ruber Miridae 619 Kleidocerys resedae Lygaeidae 200 Deraeocoris lutescens Miridae 623 Cymus melanocephalus Cymidae 204 Adelphocoris lineolatus Miridae 624 Dimorphopterus spinolae Blissidae 205 Adelphocoris quadripunctatus Miridae 639 Metopoplax ditomoides Oxycarenidae 218 Closterotomus fulvomaculatus Miridae 640,5 Oxycarenus lavaterae Oxycarenidae 219 Closterotomus norwegicus Miridae 644 Tropistethus holosericeus 231 Pantilius tunicatus Miridae 653 Eremocoris fenestratus Rhyparochromidae 240 Phytocoris varipes Mirida e 663 Scolopostethus affinis Rhyparochromidae 252 Stenotus bipunctatus Miridae 666 Scolopostethus pictus Rhyparochromidae 256 Apolygus lucorum Miridae 669 Scolopostethus thomsoni Rhyparochromidae 264 Charagochilus gyllenhalii Miridae 671 Taphropeltus contractus Rhyparochromidae 266 Liocoris tripustulatus Miridae 683 Trapezonotus arenarius Rhyparochromidae 274 Lygus gemellatus Miridae 685 Trapezonotus dispar Rhyparochromidae 275 Lygus maritimus Miridae 688 chiragra Rhyparochromidae 276 Lygus pratensis Miridae 692 Megalonotus praetextatus Rhyparochromidae 278 Lygus rugulipennis Miridae 693 Megalonotus sabulicola Rhyparochromidae 282 basalis Miridae 701 Beosus maritimus Rhyparochromidae 283 Orthops campestris Miridae 706 Peritrechus geniculatus Rhyparochromidae 284 Orthops kalmii Mirida e 709 Peritrechus nubilus Rhyparochromidae 295 Polymerus unifasciatus Mirida e 714 Rhyparochromus vulgaris Rhyparochromidae 296 Polymerus vulneratus Miridae 720 Stygnocoris fuligineus Rhyparochromidae 303 Acetropis carinata Mirida e 723 Stygnocoris sabulosus Rhyparochromidae 305 Leptopterna dolabrata Miridae 733 Berytinus minor Berytidae 306 Leptopterna ferrugata Miridae 741 Pyrrhocoris apterus Pyrrhocoridae 307 Megaloceroea recticornis Miridae 743 Alydus calcaratus Alydidae 309 Notostira elongata Miridae 745 Coreus marginatus Coreidae 313 Stenodema calcarata Miridae 746 Enoplops scapha Coreidae 317 Stenodema laevigata Mirida e 747 Gonocerus acuteangulatus Coreidae 323 Trigonotylus caelestialium Mirida e 752 Syromastus rhombeus Coreidae 338 Pachytomella parallela Mirida e 758 Ceraleptus lividus Coreidae 359 Heterocordylus tibialis Mirida e 759 Coriomeris denticulatus Coreidae 361 Heterotoma planicornis Mirida e 764 Myrmus miriformis Rhopalidae 366 Orthotylus flavosparsus Mirida e 765 Stictopleurus abutilon Rhopalidae 372 Orthotylus marginalis Mirida e 768 Stictopleurus punctatonervosus Rhopalidae 381 Orthotylus concolor Miridae 769 Brachycarenus tigrinus Rhopalidae 382 Orthotylus virescens Miridae 770 Corizus hyoscyami Rhopalidae 388 Pilophorus cinnamopterus Miridae 775 Rhopalus parumpu nctatus Rhopalidae 389 Pilophorus clavatus Miridae 777 Rhopalus subrufus Rhopalidae 403 Amblytylus nasutus Miridae 792 Sehirus luctuosus Cydnidae 413 Campylomma verbasci Miridae 801 Eurygaster testudinaria Scutelleridae 416 Chlamydatus pullus Miridae 814 Zicrona caerulea Pentatomidae 420 Conostethus roseus Miridae 815 Aelia acuminata Pentatomidae 421 Conostethus venustus Miridae 829 Dolycoris baccarum Pentatomidae 428 Europiella artemisiae Miridae 831 Palomena prasina Pentatomidae 431 Harpocera thoracica Miridae 833 Peribalus strictus Pentatomidae 444 Megalocoleus molliculus Miridae 841 Piezodorus lituratus Pentatomidae 455 Phoenicocoris obscurellus Miridae 842 Rhaphigaster nebulosa Pentatomidae 461 Plagiognathus arbustorum Miridae 853 Eurydema oleracea Pentatomidae 462 Plagiognathus chrysanthemi Miridae 857 Graphosoma lineatum Pentatomidae 463 Plagiognathus fulvipennis Miridae 858 Podops inunctus Pentatomidae 498 Prostemma guttula 860 Cyphostethus tristriatus Acanthosomatidae 500 Himacerus major Nabidae 865 Elasmucha grisea Acanthosomatidae 501 Himacerus mirmicoides Nabidae 510 Nabis pseudoferus Nabidae 512 Nabis rugosus Nabidae HETEROPTERON Heft 57 / 2020 15

Anmerkungen zur Artenliste Wegen der häufigen Begehung des Untersuchungsgebietes über mehrere Jahre hinweg wäre eine ausführliche Liste aller Funddaten hier zu lang. Die genauen Funddaten aller aufgeführten Arten (und auch von weiteren Fu nden aus der Umge bung) sind auf der Internetseite des Autors www:Wanzen-im-Ruhrgebiet unter dem jewe iligen „Artprofil“ als WORD-Dokume nt angehängt.

Ergänzende Bemerkungen Nachdem im Krater der Mottbruchhalde der Erstf und von Polymerus vulneratus (PANZER, 1806) für NRW stattgefunden hat (TYMANN 2017) und die Art auch 2018 dort nachgew iesen wurde, ist 2019 kein einziger Fang me hr gelungen, obwohl Labkraut-Arten als Wirtspflanze noch imm er - wenn auch nicht mehr in so großer Menge wie in den Vorjahren - dort vertreten war en.

Die meisten der zehn hier als bemerkenswert e ingestuften Arten sind ebenfalls in der nähe ren Umgebung in ähnlichen, wen n auch wesentlich kleineren Biotopen aufgefunden worden. Die Fundorte (weitere Bergehalden, Brachflächen, renaturierte Emscher-Zuflüsse, kle ines Feuc htgebiet, etwas Wald) befinden si ch größtenteils inne rhalb eines in Nord-Süd-Richtung durch das Ruhrgebiet verlaufenden Grünzugs auf einer Fläche v on ca. 4 km². Bei der bisherigen Bearbeitung dieses Areals hat der Autor ca. 100 weitere als die auf der Mott bruchhalde festgestellten Arten verzeichnet (TYMAN N i. Vorb).

Danksagung Ich danke PETER KOTT für Literaturhi nweise, PETER SCHÄFER für Bereitstellung von Literatur und kritisches Lekto rat sowie Herrn OSTRAWSKY von der Ru hrkohle AG für Inform ationen zur Begrünung der Mottbruchhalde.

Liter atur: ABS, M., SCHWERK, A. & ZEIß, A. (1999): B ergehalden im Ruhrgebiet - eine Oase für Tiere? - Biologie in unserer Zeit, Jg. 29, H. 6, 346-352. AUKEMA, B. (2017): Erstnachweis von Nysius huttoni WHITE, 1878 (Heteroptera: Lygaeidae) in Deutschland, speziell in Nordrhein-Westfalen. – Heteropteron H. 50, 50-51. BERKE, W. (2016): Über alle Berge. – Halden führer Ruhrgebiet 2.0. – Essen. GÜNTHER, H., MUNCK,CH. & SCHUMACHER, H. (1987): Conostethus venustus (FIEBER, 1858) (Heteroptera, Miridae) in Deutschland. - Decheniana 140, 94-95. HARTUNG, V., GRUBE, S., NIEDRINGHAUS, R. & SIMON, H. (2017): Zur Wanzenfauna der Bergischen Heide terrassen (NRW), untersucht im Rahmen des GEO-T ages der Artenvielfalt 2016 – Heteropteron H. 48, 22-30. HOFFMANN, H.-J. (1992): Zur Wanzenfauna (Hemiptera – Heteropt era) von Köln. – Decheniana-Beihefte (Bo nn) 31, 115-164. HOFFMANN, H.J. (2017): Artenliste der in Deut schland vorkommen den Wanzen-Arten (Heteroptera) – Ergänzun g auf der Basis und Nomenklatur der Liste in der Entomofaun a Germanica (HOFFMANN & MELBER 2003) http://www.heteropteron.de/downloads/Lis teEntgerm_08.pdf (abgerufen am 01.11.2019). HOFFMANN, H.J. (2018): 4. Ergänzung zur „Li ste der Wanzen Nordr hein-Westfalens“. - Heteropteron H. 51, 22-29. HOFFMANN, H.J., KOTT, P. & SCHÄFER, P. (2011): Kommentiertes Artenverzeichnis der Wanzen – Heteropt era – in Nordrhein-Westfalen, Stand Oktober 2011 . – In: LANDESAMT F ÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NRW (LANUV) (Hrsg.): Rote Liste der ge fährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 4. Fas sung, 2011, LANUV-Fachber. 36, 455-485. HOFFMANN, H.J. & GÖTTLINGER, W. (201 7): Erstfund der Lin den- oder Malvenwanze, Oxycarenus lava terae (FABRICIUS, 1787), und Wiederfund der E rdwanze Cydnus aterr imus (FORSTER, 1771) (Heteroptera, Lygaeidae et Cydnidae) in Nordrhein-Westfalen – Heter opteron H. 50, 29-33. HOFFMANN, H.J., HARTUNG, V., TYMANN, G. (2018): Wanzen vo m GEO-Tag der Natur am 17./18. Juni 2017 - Artenvielfalt auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein / Essen – H eteropteronH. 51, 8-12. HOFFMANN, H.J. & MELBER, A. (2003): Hete roptera. - In: KLAUSNITZER, B. (Hrsg.): Entomofauna Germanica, Band 6, Entomologische Nachrichten und Berich te, Beiheft 8, Dresden . KEIL,P. (2013): Steinkohlenbergbau. Das Ruh rrevier. – In: BAUMBACH, H., SÄNGER, H. & HEINZE, M. (Hrsg.): Bergbaufolgelandschaften Deutschlands. G eobotanische Aspekte und Rekultivierung. – S. 156-180, Jena. 16 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

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Anschrift des Autors: Gregor Tymann, Buerer Str. 41, D-45899 GELSENKIRCHEN, e-mail: [email protected], Internet: Wanzen-im-Ruhrgebiet.de HETEROPTERON Heft 57 / 2020 17

Erstnachweis von Belonochilus numenius (SAY, 1831) (Heteroptera; Orsillidae) für Hessen ALEXANDER SCHNEIDER & WOLFGANG H. O. DOROW

Zusammenfassung: Belonochilus numenius (SAY, 1831), die Nordamerikanische Platanen-Samenwanze, wird erstmals für Hessen nachgewiesen. Funde v on Tieren in Überwinterungsquartieren stützen die These, dass die Art im Imagi nalstadium überwintern kann. Außerdem werden neue Nachweise aus Bulgarien präsentiert. In Bulgarien wurde B. numenius erstmals direkt auf seinem Wirtsbaum Platanus orientalis in dessen natürlichem Lebensraum (Auwald) nachgewiesen.

Abstract: The first record of Belonochilus numenius (SAY, 1831), the Sycamore Seed Bug, in the German federal state of Hesse is presented. The specimens were found in hibernation habitats. This supports the assumption that the species is able to hibernate in the adult state. Additional records of B. numenius from Bulgaria are presented. In Bulgaria B. numenius was recorded for the first time on its host tree Platanus orientalis, growing in its natural habitat, a floodplain forest.

Verbreitung Belonochilus numenius war ursprünglich nur in den USA, Kanada und Mexico verbreitet (ASHLOCK 1967). Der erste Nachweis der Art in Europa gelang in Form eines Fotobelegs bereits im Juli 2008 in Spanien (Palma de Mallorca), wurde aber erst von BAENA & TORRES (2012) als Nachweis von B. numenius erkannt. Schon im August 2008 wurde B. numenius auf dem spanischen Festland (Katalonien) gefunden (GESSÉ et al.2009), wo sich die Art seit dem rasant ausbreitet und teilweise sogar als Lästling bekämpft wird (RIBA et. al. 2015). Die erste Veröffentlichung eines Vorkommens von B. numenius in Europa bezieht sich jedoch auf Funde im Oktober 2008 auf dem französischen Festland (Languedoc) und Korsika (MATOCQ 2008). In den folgenden Jahren wurde die Art wiederholt aus verschiedenen Ländern Europas gemeldet. WERNER (2014) listet in seiner Zusammenstellung der Funde bereits 73 Nachweise aus elf europäischen Ländern auf (Deutschland, Frankreich, Italien, Monaco, Österreich, Portugal (Azoren), die Schweiz, Slowakei, Spanien, Tschechien und Ungarn). Ein bereits bei AUKEMA et al. (2013) ohne genaue Fundortangaben aufgeführtes Vorkommen in Bulgarien nahm WERNER (2014) nicht in seine Liste auf. Freundlicherweise teilte uns NIKOLAY SIMOV (2019 schriftl. Mitt.) die genauen Funddaten mit (Blagoevgrad, SW-Bulgarien, leg. A. CARAPEZZA während des Sixth European Hemiptera Congress, 25.-29.06.2012), so dass der Nachweis für Bulgarien als gesichert gelten kann. Weitere unveröffentlichte Funde gab uns NIKOLAY SIMOV freundlicherweise zur Veröffentlichung frei: Stadtzentrum von Sofia, 15.06.2014, 2019 ist sie dort häufig; Palic Vill. nahe Subotica, 11.07.2016, zahlreich auf Platanus nahe einer Straßenkreuzung mit Supermarkt und Parkplatz (Koordinaten (WGS84): 46.102490, 19.760476, 105 m ü. NN); Plovdiv District, nahe Parvents Vill., Juni 2019, auf Platanus orientalis, (Koordinaten (WGS84): 42.064827, 24.655757). Mittlerweile wurde B. numenius auch aus Madeira (RABITSCH & HEISS 2015), Serbien (PROTIĆ & ŠEAT 2016), Slowenien (GOGALA 2016), Bosnien und Herzegowina (KULIJER & MILECIĆ 2016), Griechenland (DAVRANOGLOU & KOUTSOUKOS 2018) und Albanien (RABITSCH 2018) gemeldet. Darüber hinaus wurde von VLADIMIR MAFTEI auf der Internetseite http://www.enciclopedie.info/coleoptere-din-romania/belonochilus-numenius/ ein Foto von B. numenius vom 26.07.2018 veröffentlicht, bei dem es sich um den ersten Nachweis der Art aus Rumänien (Bukarest) handelt. In Deutschland wurde B. numenius erstmals im August 2012 in Baden-Württemberg nachgewiesen (KÜCHLER & KEHL 2013). Im September 2012 wurde die Art in Bayern (BRÄU 2014) und im September 2014 in Rheinland-Pfalz (SIMON 2016) gefunden. 2016 hatte sie sich bis Nordbayern (WELTNER 2016) ausgebreitet. Vor kurzem (Oktober 2019) wurde die Art dann auch in Nordrhein-Westfahlen und Sachsen nachgewiesen (NIGMANN & STAHMER 2019) 18 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Am 12.10.2019 wurde von A. SCHNEIDER ein männliches Exemplar von B. numenius im Inneren eines Gebäudes des Senckenberg-Instituts in der Mertonstraße 17-21, Frankfurt am Main (Hessen) gefangen. Vor den Fenstern des Raumes befindet sich die Krone einer großen, alten Hybrid-Platane (Platanus x hispanica MÜNCHH.). Diese wird auf drei Seiten von hohen Gebäuden eingerahmt. Am 22.10.2019 untersuchten die beiden Autoren die Rinde dieses Baumes, fanden aber nur Corythucha ciliata (SAY, 1832) und Arocatus longiceps STÅL, 1872 unten Rindenschuppen. In den wenigen am Boden liegenden Fruchtständen konnten keine Wanzen nachgewiesen werden. Am selben Tag wies W. H. O. DOROW bei einer Nachsuche in selbigem Gebäude in den Fensterrahmen der der Platane zugewandten Hauswand, in die sich auch viele Individuen von Arocatus longiceps zurückgezogen hatten, noch zwei Weibchen von B. numenius nach. Diese Fundorte lagen ebenfalls etwa in der Höhe der Baumkrone.

Habitat und Ontogenese Belonochilus numenius lebt an verschiedenen Platanus-Arten (publizierte Meldungen liegen von Platanus occidentalis L., P. racemosa NUTT., P. wrightii S. WATS und P. x hispanica MÜNCHH. (P. x acerifolia (AIT.) WILLD. auct.) vor). Die Tiere halten sich hauptsächlich in den Fruchtständen auf, wo sie Samen besaugen (ASHLOCK 1967, WHEELER 1984). WHEELER (1984) berich tet aber aus Nordamerika auch von Larvenfunden an Ambrosia trifida L., Celtis occidentalis L., und Salix sp. Nach seinen Beobachtungen durchläuft B. numenius in Pennsylvania drei bis vier Generationen im Jahr. Die Art überwintert dort als Ei in den zu Boden gefallenen kugeligen Fruchtständen von Platanen, wo auch die Larvalentwicklung stattfindet. Einige nordamerikanische Freilandfunde im Frühjahr bzw. Herbst legen die Möglichkeit nahe, dass die Art auch adult überwintert (siehe WHEELER 1984). KÜCHLER & STRAUSS (2010) vermuten, dass B. numenius in wärmeren Regionen Europas ebenfalls adult überwintern kann. PROTIĆ & ŠEAT (2016) vermuten dies auch für im März und April in Serbien gefundene Tiere. Da sich zumindest die beiden weiblichen Exemplare von B. numenius in Frankfurt am Main gemeinsam mit den überwinternden Arocatus longiceps abseits der Wirtspflanze in Fensterrahmen zurückgezogen hatten, liegt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um Tiere handelt, die im adulten Stadium ein Überwinterungsquartier aufgesucht hatten. Auch das erste in Nordrhein- Westfahlen nachgewiesene Individuum wurde im Oktober abseits der Futterpflanze in einem Gebäude gefunden (NIGMANN & STAHMER 2019). Dies kann als weiterer Hinweis gesehen werden, dass B. numenius, wie von KÜCHLER & STRAUSS (2010) und PROTIĆ & ŠEAT (2016) vermutet, auch in Europa zu einer Imaginalüberwinterung imstande ist. Das Auffinden von gleich drei Exemplaren etwas abseits der eigentlichen Wirtspflanze spricht dafür, dass B. numenius auf der Platane in größerer Anzahl vorkommt und es sich nicht um einzelne verschleppte Exemplare handelt.

Lebensraum Der ursprüngliche Lebensraum der Platanen und damit auch von B. numenius liegt insbesondere in Auwäldern (BROCKMAN 2001). Von dort aus konnte die Art auch die Bäume in Parks und Straßen besiedeln (WHEELER 1984). Die meisten europäischen Nachweise stammen aus urbanen Bereichen (Straßenbegleitgrün). RABITSCH (2018) kescherte B. numenius in der Nähe eines Bestandes der Orientalischen Platane (P. orientalis L.) (Albanien, Fluss Vjosa, Pocem-Aue). SIMOV (unveröff., Juni 2019, Bulgarien, Plovdiv District, nahe Parvents Vill., Koordinaten (WGS84): 42.064827, 24.655757) wies die Art erstmals d irekt von P. orientalis nach. Die Art konnte somit auch in Europa den natürlichen Lebensraum ihrer neuen Wirtsbäume, den Auwald, besiedeln.

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Dank: Unser herzlicher Dank gilt Frau Monika Peukert für die Bestimmung der Platane und Herrn Nikolay Simov für seine hilfreichen Kommentare und die Erlaubnis, seine unveröffentlichten Funde publizieren zu dürfen.

Literatur: ASHLOCK, P. D. (1967): A generic classification of the Orsillinae of the World (Hemiptera: Heteroptera: Lygaeidae). - University of California Publications in Entomology 48, 1-82. AUKEMA, B., RIEGER, C. & RABITSCH, W. (Hrsg.) (2013): Catalogue of the Heteroptera of the Palearctic Region. Band 6 Supplement. - Amsterdam: The Nederlands Entomological Society. 630 S. BAENA, M. & TORRES, J. L. (2012): Nuevos datos sobre heterópteros exóticos en España y Francia: biguttula STÅL, 1874, Belonochilus numenius (SAY, 1832) y Zelus renardii (KOLENATI, 1856) (Heteroptera: Rhyparochromidae, Orsillidae, Reduviidae). - Boletín de la Asociación española de Entomología 36, 351-360. BRÄU, M. (2014): Belonochilus numenius (SAY, 1831) erreicht Bayern (Heteroptera: Lygaeidae). - Nachrichtenblatt der bayerischen Entomologen 63, 50-52. BROCKMAN, F. (2001): Trees of North America. - New York: St. Martin's Press. 280 S. DAVRANOGLOU L.-R. & KOUTSOUKOS, V. (2018): First record of the Nearctic sycamore seed bug Belonochilus numenius (Hemiptera: Heteroptera: Lygaeidae) from Greece. - Ecologica Montenegrina 16, 32-33. GESSÉ, F., RIBES, J. & GOULA, M. (2009): Belonochilus numenius, the sycamore seed bug, new record for the Iberian fauna. - Bulletin of Insectology 62, 121-123. GOGALA, A., KAMIN, J. & ZDEŠAR, M. (2016): Three new records of Heteroptera in Slovenia. - Acta Entomologica Slovenica 24, 55-58. KÜCHLER, S. & KEHL, S. (2013): Erstfund für Belonochilus numenius SAY, 1932 (Heteroptera: Lygaeidae) in Deutschland. - Mitteilungen des entomologischen Vereins Stuttgart 48, 89-90. KÜCHLER, S. & STRAUß, G. (2010): Belonochilus numenius (SAY, 1832) (Heteroptera: Lygaeidae) – bald auch in Mitteleuropa? - Beiträge zur Entomofaunistik 11, 27-33. KULIJER, D. & MILECIĆ, I. (2016): First report of Belonochilus numenius (SAY, 1832) in Bosnia and Herzegovina (Heteroptera, Lygaeidae). - Folia Historico-Naturale Musei Matraensis 40, 61-63. MATOCQ, A (2008): Présence en France et en Corse d’un Hétéroptère néarctique, Belonochilus numenius (SAY, 1831) (Hemiptera, Lygaeidae, Orsillinae). - Bulletin de la Société entomologique de France 113, 533-534. NIGMANN, U. & STAHMER, J. (2019): Weitere neue Nachweise von Belonochilus numenius (SAY, 1831) (Heteroptera: Lygaeidae) in Deutschland, u.a. in NRW. - Heteropteron 56, 27-29. PROTIĆ, L. & ŠEAT, J. (2016): First records of the alien sycamore seed bug Belonochilus numenius in Serbia (Heteroptera: Lygaeidae). - Acta entomologica serbica 21, 13-19. RABITSCH, W. (2018): Snapshot of the terrestrial true bug fauna of the Pocem floodplains (Insecta: Hemiptera: Heteroptera). - Acta Zoobot Austria 155, 251-256. RABITSCH, W. & HEISS, E. (2015): Belonochilus numenius (SAY, 1832), the sycamore seed-bug (Hemiptera: Heteroptera: Lygaeidae), new to Madeira. - Heteropterus Rev. Entomol. 15, 83–86. RIBA, J. M., MARTI, I. & GOULA, M. (2015): Updating data on the sycamore seed bug, Belonochilus numenius (Say, 1832) (Hemiptera: Lygaeidae) in Spain. - Butlletí de la Institució Catalana d’Història Natural 79, 157-163. SIMON, H. (2016): 3. Nachtrag zum Verzeichnis der Wanzen in Rheinland-Pfalz (Insecta: Heteroptera). - Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz 13, 545-555. WELTNER, L. (2016): Nun auch in Nordbayern: die nordamerikanische Platanen-Samenwanze Belonochilus numenius (SAY, 1832), [Sycamore seed bug] (Lygaeidae, Heteroptera). - Galathea 32, 45-47. WERNER, D. (2014): Die amerikanische Platanen-Samen-Wanze Belonochilus numenius (SAY, 1831) (Heteroptera: Lygaeidae, Orsillinae) als Neozoon in Europa und in Deutschland: Verbreitung und Biologie. - Andrias 20, 245- 250. WHEELER, A. G. (1984): Seasonal history, habitats, and immature stages of Belonochilus numenius (Hemiptera: Lygaeidae). - Proceedings of the Entomological Society of Washington 86, 790-796.

Anschrift der Autoren: Dr. Wolfgang H. O. Dorow, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Senckenberganlage 25, D-60325 FRANKFURT AM MAIN, e-mail: [email protected] Alexander Schneider, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Senckenberganlage 25, D-60325 FRANKFURT AM MAIN, e-mail: [email protected]

20 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Was wussten ARISTOTELES, PLINIUS und ALBERTUS MAGNUS von den Wanzen? (Mit Anmerkungen zur Verwendung der Feuerwanze als Medizin).

HANS-JÜRGEN HOFFMANN Zusammenfassung: Die Kenntnisse über Wanzen, d.h. zunächst der Bettwanze Cimex lectularius von den Pharaonen über die Griechen und Römer mit ARISTOTELES, PLINIUS bis zum Mittelalter mit ALBERTUS MAGNUS werden vorgestellt. Es handelt sich um maximal vier Arten: Cimex, Tappula, ein "Grünes Gewürm" und Cimices agrestes/sylvestres. ALNDROVA DI und MOUFFET übertrugen diese Kenntnisse als erst e Entomologen im heutigen Sinne in die Neuzeit. Die von PLINIUS eingeführten Cimices agrestes (später auch C. sylvestres genannt) konnten als eine einzige Art, und zwar die Feuerwanze, Pyrrhocoris apterus gedeutet werden, die auch als Medizin verwendet wurde.

Summary: The knowledge about real bugs/Heteroptera, that was first the bed bug Cimex lectularius, from the pharaohs to the Greeks and Romans with ARISTOTELES, PLINIUS to the Middle Ages with ALBERTUS MAGNUS are presented. Finally there are a maximum of four types: Cimex, Tappula, a "Grünes Gewürm" and Cimices agrestes/sylvestres. ALDROVANDI and MOUFFET, the first real entomologists according to the modern meaning, were the first to transfer this knowledge to modern times. The Cimices agrestes (later also called C. sylvestres) introduced by PLINIUS could be interpreted as one species: the fire bug Pyrrhocoris apterus, also used as medicine.

Key words: Heteroptera/Wanzen/Real Bugs, ARISTOTELES, PLINIUS, ALBERTUS MAGNUS, ALDROVANDI, MOUFFET

Vorbemerkung: Wenn man sich Jahrzehnte lang mit Heteropteren/Wanzen befasst (hat), in Köln arbeitet(e) und im Umkreis der Stadt lebt, und wenn in dieser Stadt im Mittelalter der berühmte Universalgelehrte ALBERTUS MAGNUS bis zu seinem Tode gelebt und seine 26 Tierbücher geschrieben hat, ist es naheliegend, einmal nachzuschauen, was er von Wanzen wußte. Der folgende Text basiert auf einem Vortrag mit PowerPoint-Präsentation auf dem Westdeutschen Entomologentag 2018 in Düsseldorf, wobei im folgenden Text noch etliche Details zugefügt werden konnten.

Einleitung

Ausgangspunkt der folgenden Untersuchungen war die Erwähnung der Bettwanze in den Tierbüchern des ALBERTUS MAGNUS (1200-1280, Abb. 1). Er gilt als Universalgelehrter, war Dominikaner, Bischof, Philosoph, Jurist und Naturwissenschaftler, lebte seit 1269 wieder in Köln und starb hier 1280, wo er auch in ST. ANDREAS beigesetzt wurde (Details s. WIKIPEDIA unter "ALBERTUS MAGNUS"). In seiner Kölner Zeit stellte er seine „De animalibus libri XXVI“ fertig. Das Original-Manuskript wird im Historischen Archiv Köln aufbewahrt (Abb. 2). Dieses Archiv stürzte komplett am 03.03.2009 in die Baugrube der Kölner U-Bahn. Es grenzt an ein Wunder, dass das Manuskript sehr schnell und unversehrt gerettet werden konnte, bevor Regen und Grundwasser Schäden anrichten konnten. ALBERTUS MAGNUS hatte also großes Glück, aber er kann trotzdem als Pechvogel bezeichnet werden, weil seine Tierbücher – im Gegenssatz zu seinen meisten anderen Schriften - seit 750 Jahren noch nicht ins Hochdeutsche übersetzt worden und somit allgemein zugängig sind. Wenn man seine Leistungen und seine Bedeutung allgemein bewerten möchte, gibt es zwei Aussagen:ALBERTUS MAGNUS rettete das Wissen des Altertums in die Neuzeit ↔ ALBERTUS MAGNUS schrieb bei „ARISTOTELES“ ab. Dabei soll schon an dieser Stelle angemerkt werden, dass von ARISTOTELES keine Manuskripte existieren und zumindest ALBERTUS MAGNUS nur mehrfach übersetzte und durch mehrere "Hände" gegangene Texte vorlagen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei vielen Angaben in der neueren Literatur der Eindruck entsteht, dass die Autoren nur andere zitieren, ohne die Originale angesehen und geprüft zu haben. Auf jeden Fall soll in dieser Bearbeitung die "Wanze" in einem größeren wissenschafts- historischen Kontex betrachtet werden. Zunächst so ll bei der Vorgeschichte, d.h. den Schriften HETEROPTERON Heft 57 / 2020 21 von ARISTOTELES nachgesehen werden, bzw. - kurz - noch früher nach „der“ Wanze, der Bettwanze, Cimex lectularius als einzigem in jenen Zeiten relevanten und heute noch bekanntesten Vertreter der Gruppe gesucht werden. Und auch die Überlieferung der Kenntnisse des Mittelalters in die Neuzeit soll zum Schluß kurz angesprochen werden.

Wanzen bis zum und im Altertum

Man geht davon aus, dass die Bettwanze Cimex lectularius im Vorderen Orient in Höhlen zunächst Fledermäuse attackiert und ihnen Blut „entnommen“ hat. Allerdings dürfte die Art sich schon "vor" letzteren entwickelt haben (ROTH et al. 2019). Als der Mensch sich ebenfalls in solchen Höhlen einrichtete, fanden ihn die Bettwanze auch „ganz lecker“, und als er auszog und sich ggf. neue Höhlen, sprich Häuser baute, zogen sie mit, immer im Gepäck mitgeschleppt, da sie ja ohne Flugvermögen sind. Der erste Fund einer subfossilen Wanze stammt aus Ausgrabungen der Arbeitersiedlung Tell el-Amarna, 270 km südlich Kairo, aus dem Alten Ägypten (1352-1336 v. Chr.), also vor 3.550 Jahren (Abb. 3, zusammengestellt aus Internet). Details finden sich bei PANAGIOTAKOPULU & BUCKLAND (1999). Im 3. Jahrhundert v. Chr. findet sich angeblich auch in einem ägyptischen Papyrus (ohne nähere Angaben bei STROUHAL (1995)) die wohl älteste textliche Erwähnung in Form eines „Spells“, eines Bann-Spruches gegen Wanzen und Fliegen.

Abb. 3: Ausgrabungen (vor 1999) im Arbeiterdorf Tell ell Amarna, 270 km südlich Kairo, 1350-1323 v. Chr. mit dem 1. Nachweis von Cimex lectularius als Parasit des Menschen (Quelle: Zusammenstellung aus Internet)

Die Angabe, dass die Bettwanze bereits im sog. EBER-Papyrus (16. Jhd. v. Chr.) erwähnt wurde, stimmt allerdings nicht, STROUHAL (1995) geht nur davon aus, dass die dort angegebenen Mittel gegen Läuse und Flöhe wohl auch für Bettwanzen gelten könnten. Er schreibt: "It can be assumed that Egyptian houses were also infested with bedbugs; spells mentioned in a 3rd century BC papyrus were claimed to be potent against both these and flies." (STROUHAL 1995, S. 189) Als wärmeliebendere Art war die Bettwanze im Mittelmeergebiet anscheinend sehr stark verbreitet, auch im klassischen Griechenland, wie Schriften aus dieser Zeit bezeugen, z.B. von ARISTOPHANES, ARISTOTELES und DIOSCORIDES. Ebenso war den Römern dieser Ektoparasit bekannt, wie aus Schriften z.B. von PLINIUS oder dem Komödiendichter PLAUTUS belegt ist. 22 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Abb. 1: Portraits: ARISTOTELES PLINIUS DER ÄLTERE ALBERTUS MAGNUS (Quelle: Internet)

So erwähnt 900 Jahre nach dem Fund aus Ägypten der Komödiendichter ARISTOPHANES (450-380 v. Chr.) (Abb. 1) mehrfach die Bettwanze, z.B. in den „Fröschen“ (450 v. Chr.), wo es um möglichst Bettwanzen-freie Herbergen im Alten Athen geht, in „Plutos oder der Reichtum“ (388 v. Chr.), wo sich die Gegenüberstellung von Bett und Strohsack mit vielen Wanzen, die den Schlafenden wachhalten, findet, und in den „Wolken“ (423 v. Chr.), wo STREPSIADES zunächst nur über die Massen der Korinthier (als Umschreibung für Bettwanzen mit dem Namen der mit den Athener Konkurrierenden) stöhnt, die ihn fressen. Während oft in der einschlägigen Literatur nur ein pauschaler Hinweis auf eine Erwähnung erfolgt, sollen hier doch etwas umfangreichere Textstellen in deutscher Übersetzung gebracht werden:

ARİSTOPHANES: PLUTOS oder der Reichtum (388 v. Chr.) (Quelle: CONZ 1807, S. 59-60): 5. Szene CHREMYLOS (antwortet im Hinblick auf Armut oder Reichtum): Was könntest du jemals Gutes verleih'n, wenn nicht Brandblasen vom Badhaus, Und hungernder Kinderchen Jammern um Brod, und der keifenden Alten Gekreische? Denn die Unzahl Laus' und Wanzen' und Flöh' und Fliegen erwähn ich dir gar nicht. So viel sind ihrer, die Nachts dein Haupt umsummend immer dich quälen, Dich erwecken vom Schlaf, dir schwirren ins Ohr: willst hungern du? auf an die Arbeit! Und dazu kommt, dass statt Mantel und Wams man Lumpen hat, und statt des Bettes Ein Strohsack dient mit Wanzen gestopft, der immer den Schlafenden wach hält. Statt Teppiche modernde Matten man braucht, statt schwellender Kissen zu Häupten Ein kantig er Feldstein stützet den Kopf, dass gar statt nährenden Brodes Man die Waldbeerwurzeln verspeiset, statt Gemüs' man sich Hederich sammelt und Nesseln,

ARİSTOPHANES: Die Frösche (405 v. Chr.) (Quelle: SEEGER o.J., S. 5): 1.Szene DİONYSOS (erkundigt sich betr. Unterkunft im Alten Athen): Indes, warum ich also kostümiert, Dein Ebenbild, hierher kam: – sag mir deine Bekannten, für den Notfall, bitt' ich, die Du dort gesprochen, als den Kerberos Du einst geholt, auch Häfen, Bäckerladen, Lustgärten und Bordelle, Städte, Brunnen, Gasthäuser, Nachtquartiere, wo der Wanzen Nicht allzuviel –

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ARİSTOPHANES: Die Wolken (Nephelai) (423 v. Chr.) (Quelle: links: www.Zeno.org. 2019, rechts: REİNHARDT 2014 (S. 100), SEEL 1963) 2. Szene

SOKRATES allein; tritt ärgerlich aus dem Haus und ruft hinein: ...STREPSIADES, komm 'raus mit deinem Faulbett!

STREPSIADES innen. Ich bring's vor lauter Wanzen nicht vom Fleck!

SOKRATES schimpft weiter und

STREPSIADES setzt sich. Weh und Jammer! So muß ich heut der Wanzen Opfer werden?! ... STREPSİADES stöhnt: […] Ich bin des Tods! Da beißt ein Trupp Korinthier, Ich armer Hund, ich geh zugrund, denn aus dem Schragen Die aus dem Bett gekrochen, mich zuschanden. Marschieren die Wanzen und beißen mich wund. Und sie zwacken das Fleisch an den Rippen mir ab, Sie knabbern mir an den Rippen, Uhuhu, und sie zapfen die Seele mir ab, Sie saufen mir die Seele aus, Und sie zwicken, Gott straf mich, die Hoden mir ab, Sie zerren an den Hoden mir, Und sie bohren sich ein in den Steiß – und hinab Und kriechen mir ins Arschloch rein! Muß ich ins Grab! Weh ich verderbe! ... SOKRATES geht auf ihn zu und fragt, worüber […] er spekuliere: ... STREPSİADES: Ob mir am Leib ein Stück die Wanzen lassen!

Während oft in der einschlägigen Literatur nur ein pauschaler Hinweis auf eine Erwähnung erfolgt, sollten hier doch etwas umfangreichere Textstellen gebracht werden. Bei dem hier gebrachten Zitat aus „Die Wolken“ zeigt sich die Wichtigkeit einer kompetenten Übersetzung, wie ein Vergleich zweier im Internet einsehbarer Übersetzungen zeigt, wo das interessante Detail der Umschreibung der Wanze (Korinthier) aus dem linken Text im rechten, auch ansonsten verkürzten Zitat fehlt.

Bis zu dieser Zeit war die Bettwanze einer von vielen Lästlingen, ohne jeglichen wissenschaftlichen Hintergrund. Erst hundert Jahre später stellte ARISTOTELES (384-322 v. Chr.) (Abb. 1), griechischer Gelehrter, Philosoph und Naturforscher, u.a. ein erstes naturwissenschaftliches System zusammen, auf das später u.a. auch PLINIUS zurückgriff. In seiner Schrift „De animalia historiae libri V“ erscheint erstmalig die Biologie als Spezialdisziplin. Er ist so auch der Begründer einer frühen Form der Entomologie, basierend auf morphologischen und physiologischen Merkmalen (mit ca. 47 Arten Insekten: wirbellos, gegliedert und blutlos). Er schreibt in Buch V, Cap. 31 / 137 (Bd. 1, S. 535/6 in der Übersetzung bei Aubert & Wimmer 1868):

31. Diejenigen Insecten, welche zwar nicht Fleischfresser sind, aber auf dem Fleische lebendiger Thiere von dessen Säften leben, wie die Läuse, Flöhe und Wanzen, erzeugen sämmtlich durch Begattung die sogenannten Nisse, aus welchen aber nichts anderes weiter entsteht. Was nun die Entstehung dieser Thiere selbst anbetrifft , so bilden sich die Flöhe aus dem niedrigsten Grade von Fäulniss , indem sie sich an Orten entwickeln, wo es trocknen Unrath giebt ; die Wanzen aus der von den Thieren kommenden Feuchtigkeit, welche sich ausserhalb verdichtet; die Läuse endlich aus dem Fleisch.

D.h., dass die Bettwanze, κορις / koris, durch Urzeugung aus tierischen flüssigen Exkreten entsteht, wenn diese eintrocknen. Er kennt z.B. bei Heuschrecken und Zikaden auch die geschlechtliche Fortpflanzung; dass aber aus den Nisse(n?) neue Wanzen schlüpfen (können), hat er nicht gesehen! Allerdings sollten seine Schriften im Hinblick auf weitere Wanzen betreffende Zitate und korrekte Übersetzungen - wie oben schon angedeutet - überprüft werden (s. 24 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Anmerkungen bei der Transskription des ALBERTUS MAGNUS betr. Übernahme von ARISTOTELES). Nach einigen Autoren ist ihm nämlich u.a. auch eine Tappula/Tip(p)ula bekannt, auf die bei ALBERTUS MAGNUS zurückzukommen ist. In der recht sorgfältigen Übersetzung von AUBERT & WIMMER (1868) und der englischen Übersetzung von THOMPSON (1910) finden sich anscheinend außer der vorgenannten Bettwanze jedoch letztere bzw. weitere Wanzenarten oder -angaben nicht. PLINIUS der Ältere (23-79 n. Chr.)(Abb. 1), ein römischer Gelehrter und Beamter, fügt 100 Jahre später in seiner „Naturalis historia“ (ca. 77 n. Chr.) die Kenntnisse des ARISTOTELES und anderer - er hat angeblich 2.000 Bücher, hunderte (>500) Fachleute und eigene Kenntnisse genutzt - vor allem im Hinblick auf die pharmazeutische Anwendung zu einer Enzyklopädie zusammen. So erwähnt er für die Bettwanze - "eine eklige Art, über die zu sprechen man sich schämen muß" - den Gebrauch gegen Schlangenbisse, dass sie Blutegel zum Ablösen bringt und in Mischungen nützlich gegen Augen-, Ohren- und Frauenleiden oder Harnverhalten sei. Er listet kuriose Mischungen… komplizierte Anwendungen, ab er auch kritische Anmerkungen ( ...nicht gegen ... wirkend … ) auf. Eine im Detail sehr interes sante Übersetzung finden sich bei KÖNIG & HOPP (1991) (s. unter PLINIUS im Literaturverzeichnis), die hier eingefügt werden soll:

Band 29: 63/66 Mittel gegen Schlangenbisse usw .S. 55/57 ... Einige Mittel, die zu erwähnen man sich schäme n muß, werden von den Schriftstellern mit solchem Nachdruck empfohlen, daß man sie nicht übergehen darf, weil ja durch jene bekannte Sympathie oder Antipathie Heilmittel entstehen: So soll die Wanze, jenes überaus hä ßliche und schon bei der Erwähnung Ekel erregende Tier, gegen Schlangenbisse, besonders gegen die der Brillenschlangen, sowie gegen alle anderen Gifte wirksam sein; als Beweis führen sie an, daß Hühner an dem Tage, an dem sie dieses Tier gefressen haben, nicht von einer Brillenschlange getötet werden und daß dann ihr Fleisch gebissenen Menschen von sehr großem Nutzen sei. Von den (Verfahren), die man überliefert, ist noch das dem Menschen am meisten angemessene, (die Wanzen) mit Schildkrötenblut auf Bisse zu streichen, ferner durch Räuchern mit ihnen anhängende Blutegel wegzuschaffen und sie Tieren, die Blutegel gefressen haben, im Trank zu geben, um letztere unschädlich zu machen. Gleichwohl verwenden sie einige, mit Salz und Frauenmilch zerrieben, als Augensalbe und, mit Honig und Rosenöl gemischt, als Ohrensalbe. Die Wanzen, die auf dem Felde vorkommen und auf den Malven gedeihen, verbrennt man, mischt die Asche mit Rosenöl und flößt dies in die Ohren. Was man sonst noch von ihnen berichtet, nämlich daß sie als Heilmittel gegen Erbrechen, gegen das Viertagefieber und andere Krankheiten dienen, auch wenn man sie, in ein Ei oder in Wachs oder in eine Bohne eingeschlossen, verschlucken läßt, halte ich für falsch und nicht erwähnenswert. Nur gegen die Schlafsucht wendet man sie als Heilmittel aus dem Grund an, weil durch sie die einschläfernde Wirkung der Brillenschlangen unschädlich gemacht wird; man gibt je sieben, bei Jugendlichen je vier Wanzen in einem Cyathus Wasser. Bei Harnzwang legt man sie in die Harnröhre. So hat jene Mutter aller Dinge nichts ohne gewichtige Ursachen geschaffen. Ja , man sagt sogar, daß zwei Wanzen, mit Wolle, die man Hirten weggenommen hat, an den linken Arm gebunden, dem nächtlichen Fieber entgegenwirken, dem Fieber am Tage aber, wenn dies in einem roten Tuch geschieht. Der Tausendfüßler ist wiederum (den Wanzen) zuwider und tötet sie, wenn man mit ihm räuchert. ... Buch 30: 26 Mittel gegen Zahnschmerzen S. 131 ... Durch Berührung mit dem Würmchen der Kohlraupe fallen die (hohlen) Zähne aus, und auch die Wanzen aus der Malve steckt man mit Rosenöl in die Ohren. Buch 30: 134 Weitere Mittel gegen Frauenleiden S. 197 … (weiterhin glaubt man), daß das Ei (eines Rebhuhns), an den Brüsten mit Gänsefett eingerieben, Schmerzen vermindert, Mondkälber im Mutterleib zerkleinert und Ausschlag an der Gebärmutter lindert, wenn man es mit einer zerriebenen Wanze aufstreicht. ... (Auf die Wiedergabe des lateinischen Textes wird aus Platzgründen verzichtet.)

Er erwähnt also an zwei Stellen in diesem Text die Wanzen, die auf dem Feld an Malven vorkommen und in Form von Asche als Medikament offensichtlich gegen Zahnweh und gegen Ohrenschmerzen wirken sollen. eos [cimices], qui agrestes sint et in malva nascantur, crematos, ciñere permixto rosaceo, infundunt auribus. Die Wanzen, die auf dem Felde vorkommen und auf den Malven gedeihen, verbrennt man, mischt die Asche mit Rosenöl und flößt dies in die Ohren. Diese später von diversen Autoren als Cimices agrestes bzw. sylvestres, also sog. Feld- und Waldwanzen, (in der italienischen Schreibweise Cimice sylvestri, z.T. entsprechend dem HETEROPTERON Heft 57 / 2020 25 klassischen Latein silvestres) bezeichnete Art (oder Arten-Gruppe?) wurde bisher nicht gedeutet. DIOSCORIDES, der berühmteste Pharmakologe des Altertums, greift zwar in seiner „Materia Medica“ aus dem 1. Jhd. n. Chr. die ca. 1.000 Arzneimittel umfassenden und 4.740 medizinische Anwendungen auf. In einer späteren Wiederauflage wird seine malva (mit eindeutigen Merkmalen für die Malven-Gruppe) aber im Deutschen als „Pappel“ übersetzt; seitdem spekulieren einige Autoren, ob es sich bei den Cimices agrestes/sylvatices vielleicht um Blattläuse auf Pappeln handeln könne – die Asche-Mengen dürften da doch Probleme bereiten! Die nahe liegendste Deutung fehlt bisher: es sind die auch andernorts bekannten und mehrfach dargestellten Feuerwanzen Pyrrhocoris apterus gemeint. Die Art lebt typischer Weise an Malven, auch im Mittelmeergebiet, ist auffällig und durch ihre Massenvorkommen eigentlich gut bekannt. Sie wurde z.B. auch auf einer Tafel des "Jardin de Nature D'ÉVRARD DE CONTY" aus dem 15. Jhd. - optimal erkennbar entlang der Mauern des Gartens - abgebildet (Abb. 4; s. auch Abb. 16 bei HOFFMANN 2006, wo die Quellenangabe im vorgenannten Sinne korrigiert werden. sollte). Diese Art wird übrigens später bei ALBERTUS MAGNUS fehlen, da er sich nur auf ARISTOTELES bezieht und PLINIUS nicht erwähnt. Bei den Cimices agrestes/sylvestres deutet nichts darauf hin, dass es sich um einen Sammelbegriff für mehrere Arten handeln könnte; die Deutung als auf Malvenarten lebende Feuerwanzen der Art Pyrrhocoris apterus dürfte also gesichert sein, obwohl Jahrhunderte später von Entomologen wie ALDROVANDI oder MOUFFET (s.u.) eine Artengruppe (Pentatomidae) in Betracht gezogen wird und die Feuerwanze unter den ersten wissenschaftlichen Wanzenabbildungen zu Beginn der Neuzeit anscheinend nicht vorkommt.

Häufig wird in der Literatur erwähnt, dass Bettwanzen im Talmud und in der Bibel erwähnt würden. Betr. die Bibel ist das eindeutig falsch: unter den 130 dort genannten Tierarten gibt es keine „Wanze“ (s. WIKIPEDIA unter "Tiere in der Bibel"). Wahrscheinlich beruht die Angabe auf mangelhafter Recherche: in den „Johannesakten“, einer apokryphen Apostelgeschichte aus dem 3. Jhd. n. Chr. gibt es sieben Wundergeschichten, darunter „Die gehorsamen Wanzen“ (Kap. 60-61) (s. auch HOFFMANN 2003). Hierin wird berichtet, dass der Jünger JOHANNES mit seinen Begleitern die Wanzen in einer Herberge auffordert, auszuziehen und die Kinder Gottes in Ruhe schlafen zu lassen, was sie auch tun, worauf JOHANNES ihnen am Morgen erlaubt, wieder zurückzukehren, als er mit seinen Jüngern unbehelligt weiterzieht. Die Geschichte und ihre Deutung kann bei PLÜMACHER (2004) nachgelesen werden: Die Wanzen, als „Mädchen“ angesprochen, tun vor Zuschauern (den Jüngern) etwas Menschliches: sie gehorchen und gehen vor die Tür und dürfen hinterher sogar zurückkehren. Die Komik soll Aufmerksamkeit erzeugen und auf den Einfluß der Jünger lenken. Für den Talmud finden sich angeblich Belege in Kommentaren aus dem 11. Jhd. in Form eines Hinweises auf den ekelhaften Geruch und Geschmack oder als "Punes" bei RASHI (BODENHEIMER 1928).

Infolge der Ächtung wissenschaftlicher Untersuchungen und der allgemeinen politischen Unruhen gerieten diese frühen wissenschaftlichen Ansätze wieder in Vergessenheit oder gingen sogar verloren. Die Bettwanze breitete sich in diesen Jahrhunderten allerdings nach N und NW aus: England soll schon seit dem 6. Jhd. „befallen“ worden sein, Deutschland und Frankreich seit dem 11. Jhd., während später die ersten Siedler aus England z.B. die Bettwanze auch nach Amerika brachten.

Die wissenschaftlichen Leistungen der Griechen und Römer, im vorliegenden Fall z.B. in Form eines Systems der Tiere bei ARISTOTELES wurden zunächst von den Arabern erkannt und die Schriften ins Arabische übersetzt. Die erste nachweisliche Übersetzung der Bücher des ARISTOTELES stammt von 900 n. Chr. Die Schriften gelangten so mit den Arabern / Mauren nach Spanien, wo in Toledo der schottische Mönch MICHAEL SCOTUS 1200 n. Chr. die (Rück-) Übersetzung der drei naturwissenschaftlichen Werke des ARISTOTELES ins Latein des Mittelalters 26 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Abb. 4: Feuerwanzen auf der Tafel "Le jardin de Nature D’ÉVRARD DE CONTY" aus dem Werk "Le Livre des échecs amoureux" von ÉVRARD DE CONTY, Cognac, ca. 1496-1499. (© Bibliothèque nationale de France, Manuscrits, français 143, f. 198 vo), mit Abbildung einer Feuerwanze und dem infrage kommenden Text bei PLINIUS.

HETEROPTERON Heft 57 / 2020 27 vornahm, die dann kirchen-intern zu ALBERTUS MAGNUS nach Köln (und zu seinem Schüler THOMAS VON CANTIMPRÉ (1201-1270/2)) gelangte. MICHAEL SCOTUS lag also nicht ein Originaltext von ARISTOTELES vor - zu überprüfen wäre, wie weit sich diese Quelle schon vom Originaltext des letzteren entfernt hat. ALBERTUS MAGNUS selbst konnte weder Griechisch noch Arabisch. Die lateinische Rückübersetzung diente ihm offensichtlich als Grundlage für die „De Animalia libri XXVI“ von 1269 (wahrscheinliches Abschlußdatum zwischen 1268 und 1270).

Wanzen im Mittelalter

Das Werk „De Animalibus libri XXVI“ des ALBERTUS MAGNUS umfasst 429 beidseitig beschriebene Pergamentblätter in der Größe von 21x25 cm, wobei 2 verloren gegangen sind, jeweils mit 38-51 Zeilen, insgesamt also 854 Seiten (Abb. 2). Er erweiterte die Texte von ARISTOTELES durch viele eigene Beobachtungen.

Abb. 2: ALBERTUS MAGNUS De Animalibus libri XXVI (Orig.Handschrift Köln ca. 1269) (Quelle und © Historisches Archiv Köln)

In WIKIPEDIA finden sich unter "ALBERTUS MAGNUS" folgende allgemeine Angaben: „Im Versuch, das naturphilosophische Denken des ARISTOTELES mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren, arbeitete ALBERTUS MAGNUS das gesamte Wissen seiner Zeit, u.a. auch der Naturwissenschaften durch, ohne es jedoch in einer eigenen Systematik geschlossen darzustellen.“ und „Insgesamt 477 durchnummerierte Arten von Tieren sind in seinem Sammelwerk „De Animalibus“ aufgeführt, und zwar 113 Vierfüßler, 114 fliegende, 140 schwimmende und 61 kriechende Tiere sowie 49 Würmer.“ Es finden sich sehr häufig an anderen Stellen Ergänzungen zu den Arten, die in den Büchern XXII bis XXVI in systematischer Abfolge gebracht werden. Interessant ist, dass ALBERTUS MAGNUS unter Berufung auf ARISTOTELES erklärt, „dass auch die niedrigsten Tiere verdienen, dass man sie erforsche, müsse man doch ihre Formenvielfalt studieren, um so den Künstler zu preisen, der sie erschaffen habe, weil sich nämlich in der Kunst des Schöpfers seine Art zu schaffen offenbare (Zitat bei WIKIPEDIA unter "ALBERTUS MAGNUS" mit Hinweis auf EISLER (1996)). Von Seiten der Kirche waren die naturwissenschaftlichen Schriften des ARISTOTELES angefeindet bis verboten; trotzdem wurden sie - vielleicht deshalb mit den vorgenannten Anmerkungen - von ALBERTUS MAGNUS verarbeitet und zugängig gemacht (s. BODENHEIMER 1928). 28 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

ALBERTUS MAGNUS hatte – wie oben schon erwähnt - das Pech, dass seine Tierbücher weitestgehend bis zum 20. Jhd. in Vergessenheit gerieten. Erst 650 Jahre später transskribiert STADLER (1916-1920) die sehr schwierig zu lesende Handschrift zumindest in einen lateinischen, gedruckten Text (Abb. 5). Er markierte sogar durch senkrechte (Doppel-)Striche die Stellen, die ALBERTUS MAGNUS von ARISTOTELES übernommen hat, und die, die ALBERTUS selbst beigesteuert hat (Details für seine Angaben nennt STADLER nicht). Auch STADLERs Texte gerieten wieder in Vergessenheit – er hielt es offensichtlich nicht für nötig, den ihm ja fließend geläufigen Latein-Text ins Deutsche zu übersetzen, da seinerzeit Interessenten als der lateinischen Sprache, zumal des vereinfachten mittelalterlichen Lateins mächtig angenommen wurden. So läßt sich feststellen, dass das ARISTOTELische Zoologische Wissen, ergänzt um solches des ALBERTUS MAGNUS leider immer noch den Deutschen bis heute, auch nach 750 Jahren(!) weitestgehend unzugängig geblieben ist. Nur RYFF (1545) übersetzte – ziemlich freizügig und ungenau - die Bücher XXII-XXVI ins Altdeutsche, wobei er z.T. Holzschnitte einfügte und dieses Werk selbst herausgab.

Abb. 5: links: Originalseite des Manuskripts von ALBERTUS MAGNUS betr. Cimex (Buch 26/14 Fol. 422v, Quelle linke Hälfte: © Historisches Archiv Köln), rechts die entsprechende Transskriptions-Seite 1585 von STADLER (1920)

Wir finden bei ALBERTUS MAGNUS also zwei oder drei Wanzenarten, die vierte Art (oder Artengruppe?), die von PLINIUS eingeführten und oben schon erwähnten Cimices agrestes/sylvatices kennt er offensichtlich nicht. Als einzige namentlich erwähnte Wanzenart findet sich Cumex/Cimex in der Liste der „Würmer“ (es sollte besser der Begriff "Gewürm" verwendet werden, da wir heutzutage mit "Würmern" doch eine deutlich andere Tiergruppe verbinden) bei den Tier-Besprechungen im Buch XXVI (Abb. 6). Der Text ist recht kurz, die Übersetzung von RYFF (1545) hält sich nur z.T. an den Originaltext, er fügte z.B. eigenmächtig hinzu, dass sie nachts sticht und beim Zerdrücken stinkt. Aber auch ALBERTUS MAGNUS fügt ja selbst Etliches hinzu, wie aus der STADLERschen Markierung "I ... II" in Abb. 5ersichtlich ist (wobei STADLERs Markierungen anscheinend mit Vorsicht zu behandeln sind): die Entstehung aus tierischen Flüssigkeiten findet sich bei ARISTOTELES (s.o.) und damit auch die Existenz der Art. ARISTOTELES kennt auch Rüssel bei Insekten usw., aber ein weiterer Hinweis speziell auf die κορις ließ sich bisher nicht finden. Die Art selbst oder die Ableitung des Namens stammt wohl auch nicht von ARISTOTELES, vielmehr von ALBERT MAGNUS‘ Schüler. Das macht die Sache aber auch nicht besser: Es scheint wenig HETEROPTERON Heft 57 / 2020 29 glaubwürdig, dass ein zunächst namenloses Kraut den Namen Cimicifuga (heute Actaea racemosa, die Traubensilberkerze) schon zu Zeiten der Römer erhielt, bevor letztere ähnlich stinkende, noch namenlose Tiere - die Bettwanzen - nach ihr Cimices benannten. Eine entsprechende abschreckende Wirkung der Pflanze ist auch nicht belegt; da sie aber wie die seit langem bekannten und benannten Wanzen stinkt, erhielt sie wohl ihren Namen, nach dem Motto „Gleiches hilft gegen Gleiches“. Anhand der Transskription läßt sich der Text bei ALBERTUS MAGNUS korrekt übersetzen (s. Abb. 6 mit Gegenüberstellungen der 4 Texte.) Betr. Wanzenrüssel: ALBERTUS MAGNUS kennt einen Rüssel bei Insekten, z.B. bei Bienen und Wespen (Rüssel und/oder Stachel?), ohne allerdings speziell Wanzen zu erwähnen:

| Amplius autem quaedam anulosorum habent aculeum quem natura dat ad arma et vigorem || et utilitatem delensionis, | et quaedam ipsorum habent aculeum iuxta locum linguae, et quaedam in cauda. … (STADLER S. 952 (99 pdf) A.M. Buch 14/4, Tract. 1, Cap. 1; fol. 225r ( pdf))

Weiterhin haben gewisse Geringelte (Tiere) einen Rüssel, den die Natur ihnen als Waffe und zur (Gewinnung von) Lebenskraft oder zur Nutzung zur Verteidigung gibt; gewisse von ihnen haben den Rüssel neben dem Ort der Zunge, gewisse am Schwanz/Hinterende.

Im Hinblick auf die Entstehung der Wanzen hält er sich an die Formulierungen des ARISTOTELES:

| Quaedam || etiam huius generis animalium | non generantur ex animalibus, sed potius ex humoribus || putrefactis | et quaedam generantur ex siccis || corporibus putrefactis, | sicut apicula, musca et cantaris. Quaedam etiam horum quasi numquam generantur ex animalibus neque coeunt sicut cimices et musciliones et quaedam alia animalium genera hiis similia. (STADLER S. 1007 (154 pdf) A.M. Buch 15/38 (Tract.1, Cap. 7) Fol. 240r ( pdf))

Gewisse Tiere dieser Art entstehen nicht aus Tieren, sondern eher aus feuchten faulenden Dingen, gewisse entstehen aus trockenen verwesenden Körpern, wie Biene, Fliege und Käfer. Es gibt aber auch solche, welche gleichsam nie aus Tieren entstehen wie die Wanzen und kleine Fliegen und andere Gattungen von Tieren, die ihnen ähneln.

Eine zweite Wanzenart verbirgt sich bei ALBERTUS MAgnus unter der (dem Alphabet entsprechend später in der Liste geführten) Tappula (Abb. 7). Die Art hat ALBERTUS MAGNUS von seinem Schüler THOMAS VON CANTIMPRÉ übernommen (s. BALSS 1954). Es soll sich um ein Tier handeln, das mit 4 Beinen über das Wasser läuft, plötzlich stehen bleibt, um sich zu erholen, vom Wasser nicht benetzt wird und nicht im Wasser untergeht, und Fliegen von der Oberfläche des Wassers aussaugt. Als Insekt müsste es 6 Beine besitzen, die zwei unauffälligeren Vorderbeine wurden aber offenbar nicht als Beine registriert. ALBERTUS MAGNUS verschlimmbessert die Angabe von THOMAS durch Zufügen, dass es sich um eine „Wasserspinne“ handle, obwohl er bei den Spinnennetzen an anderer Stelle d arauf hinweist, dass Tappula keine Netze baue. Von der Beschreibung her handelt es sich aber – sofern man die Tiergruppe kennt - eindeutig um einen Wasserläufer der Gattung Gerris. STADLER sieht in Tappula einen Vertreter von Gerris oder (dem verwandten) Hydrometra, wobei diese Gruppen keineswegs „verwandt“ sind und letzterer eindeutig auf 6 Beinen läuft. Die evtl. Deutung als Ranatra / Stabwanze (s. u.) bei BALSS (1954) ist völlig falsch, möglich wäre für ihn von der Fortbewegungsweise her evtl. noch der Teichläufer Hydrometra, der aber wegen seiner Zartheit und Größe her bei der Betrachtung nicht infrage kommt; und auch die auf Gewässeroberflächen jagende und z.T. untertauchende Dolomedes- Spinne kommt nicht infrage, da sie ja eindeutig erkennbar 8 Beine besitzt. (DIEFENBACH (1857) nennt sie „Capula“, deutet sie als Wasserspinne.) KITCHELL & RESNICK (2018, S. 1762) fügen in der Fußnote hinzu, dass ALBERTUS „may have thought the “four legs” were four pairs of legs”. Alle diese Deutungen sind eigentlich unnötig, da die Vorderbeine der Gerriden kurz und senkrecht gestellt gegenüber den vier „Lauf“beinen kaum auffallen und die Lebensweise der Gerriden kaum besser geschildert werden kann.

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Abb. 6: Gegenüberstellung der versch. Texte zu Cimex von ALBERTUS MAGNUS bei STADLER, RYFF und HOFFMANN (Quellenangaben in der Abb.)

Eine dritte Art (Abb. 8) verbirgt sich u.U. unter einer nur im Text im Buch VII (Von den giftigen Tieren) und von ihm halkys genannten Art: … grün, flach, kurz und stinkend, wenn man sie zerbricht …. Die Bezeichnung halkys ist die für eine Eidechse, die Verwendung in diesem Zusammenhang für ein Gewürm unerklärlich. Die Beschreibung kann auf die Grüne Stinkwanze Palomena prasina deuten, wie auch BALSS (1954) annimmt, die aber nicht unbedingt auf Wiesen und Weiden lebt, so dass sie – wie ALBERTUS MAGNUS für die Art schreibt - von Pferden gefressen werden könnte und dann zu Magen(?)beschwerden führt. Die Deutung ist also unsicher. Die Deutung als Buprestide / Ölkäfer bei KITCHELL & RESNICK (2018) überzeugt wegen Farbe und Form jedoch erst recht nicht (die Tiere werden ausdrücklich als flach und kurz bezeichnet). Die von PLINIUS eingeführten Cimices agrestes/sylvestres fehlen wie schon erwähnt bei ALBERTUS MAGNUS.

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Abb. 7: Gegenüberstellung der versch. Texte zur Tappula von ALBERTUS MAGNUS bei STADLER, RYFF und HOFFMANN (Quellenangaben in der Abb.)

Leider fügt ALBERTUS MAGNUS bei seiner Bettwanzen-Beschreibung – wie auch sonst (mit einer Ausnahme) keine Ortsangaben hinzu, also speziell keine Angaben zum Vorkommen in Köln oder Deutschland, so dass nicht sicher ist, ob er Bettwanzen aus Deutschland oder u.U. nur von seinen Reisen im Mittelmeer-Gebiet kannte. Es wäre sonst ein früher Nachweis für Deutschland. 32 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Abb. 8: Gegenüberstellung der versch. Texte zu einer „grünen“ Wanze (?) von ALBERTUS MAGNUS bei STADLER und HOFFMANN/GREVEN (Quellenangaben in der Abb.)

350 Jahre später erscheinen von A.P. MATT(H)IOLUS die „Commentarii in libros sex PEDACII DIOSCORIDIS ANAZARBEI, de medica materia“ in verschiedenen Auflagen zwischen 1554-1674, also eine Übernahme von DIOSCORIDES (1. Jh. n. Chr.), der seinerseits wiederum PLINIUS verwertete. Hier finden wir die anscheinend ersten Wanzenabbildungen als Holzschnitte je nach Auflage als Ansammlung oder auf einem Bett (letztere nur in den Auflagen von 1565 und 1568 (s. Abb. 1 in HOFFMANN (2018a) und hier am Ende des Textes „als Lückenfüller“ als Abb. 11). Man kann also zusammenfassen, dass nach der im Altertums allgemein bekannten Bettwanze Cimex und der fehlgedeuteten Tappula wissenschaftlich immerhin zwei Wanzenarten zu belegen sind und dass sich die Zahl durch ALBERTUS MAGNUS' "Grünes Gewürm" auf drei und durch PLINIUS' Cimices agrestes evtl. auf maximal vier erhöht. HETEROPTERON Heft 57 / 2020 33

Wanzen in der Neuzeit

Wie geht es zu Beginn der Neuzeit weiter? Das erste wissenschaftliche Werk von 1602 über Insekten stammt von von ALDROVANDI: "De Animalibus Insectis libri XXVI". Er übernimmt die bisher genannten Arten: Im 5. Buch Cap.III "De Cimice" stellt er alles bisher Geschriebene zu Namen(sableitung), Vorkommen, Lebensweise, Schaden usw. von Cimex auf sieben Seiten zusammen. Im 5. Buch Cap. III "De Cimicibus sylvestribus" diskutiert er auf einer Textseite diese als Wanzengruppe und bildet sie fast ganzseitig erstmalig ab (wenn man von den o.g. früheren Abbildungen der Bettwanze bei MATTHIOLUS absieht) (Abb. 9). Im 7. Buch Cap. I "De Aquaticis" diskutiert er auf vier Seiten z.B. die bisher nicht hierzu gerechnete Tipula als Wasserläufer Gerris, bringt aber im gleichen Text auch eine Abbildung von einer Stabwanze Ranatra in zwei guten Darstellungen, sowie ihrer Larve, natürlich ohne die heutigen Gattungsnamen (Abb. 9). Da es sich um Holzschnitte handelt, sind in allen Abbildungen auf der Tafel viele notwendige Details nicht erkennbar und die zugehörigen kurzen Texte in der Regel auch nicht weiterführend. Die Bettwanzenabbildungen z.B. sind völlig nichtssagend; es gibt einige Arten, bei denen es sich wohl um Käfer und einige, bei denen es sich um Wanzenlarven handelt. Sicher erkennbar sind wohl Streifenwanze Graphosoma lineatum (Nr. 13), Beerenwanze Dolycoris baccarum (Nr. 9) und Randwanze Mesocerus marginatus (Nr. 15), sowie die Stabwanze Ranatra linearis; weitere Arten können vielleicht in Zukunft noch anhand der in Bologna aufbewahrten farbigen Ausgabe geklärt werden. Einige weitere Hinweise finden sich bei NICOLI ALDINI (2008), der z. B. erwähnt, dass bei den Hymenopteren / Bienen sich eindeutig auch eine Abbildung eines Rückenschwimmers Notonecta findet (Abb. 9). Von MOUFFET (1553-1604) erscheint nach seinen Tod, nämlich erst 1634 bzw. 1658 veröffentlicht, sein "Insectorum sive minimorum animalium theatrum" bzw. (in einer englischen Übersetzung) "The Theater of : or Lesser living Creatures". Auch bei MOUFFET (1634) finden sich die bisherigen Arten wieder: im Buch 1 in Cap. XXV "De Cumice" auf drei Seiten die Bettwanze mit 8 kleinen Holzschnitten (Abb. 10), in Cap. XXVI "De Tipula" diese ohne Abbildung, in Cap. XXIX "De Cimice Sylvestri Alato" (eigentlich Plural!) auf zwei Seiten mit 5 Holzschnitten (und drei weiteren – Imago und Larve - im Cap. XXV bei der Bettwanze, sowie einer auf der 2. Tafel am Ende des Buches) (Abb. 10). Neu finden sich im Buch 2 in Cap. XXXVIII "De Locusta, Scorpio, Notonecta .... " drei bisher noch nicht genannte Arten (Abb. 10). MOUFFET kennt bei Tipula eine größere (in kälteren Gewässern) und eine kleinere Art. Es besteht hier offenbar kein Zweifel, dass es sich bei Tipula um Wasserläufer der Gattung Gerris handelt. Mit den Wasserinsekten führt er auf zwei Seiten eine neue Artengruppe ein: unter „Locusta“ versteht MOUFFET die heutige Art Ranatra linearis (wenig korrekt dargestellt und kopfstehend); bei Notonecta kennt er zwei Arten; der Wasserskorpion Nepa läuft unter „Scorpio“. Diese Darstellungsweise wurde offenbar BODENHEIMER (1928 + 1929) nicht klar, er setzt Tipula/Tappula – wohl ALDROVANDI folgend - gleich mit Ranatra linearis (resp. Hydrometra), beides Arten, die völlig anders aussehen. Dieser Irrtum BODENHEIMERs als Nicht-Heteropteren- Spezialist pflanzt sich fort bis zu BALSS (1954). Im Text finden sich viele interessante Details: Bei der Bettwanze wird z.B. die Bezeichnungen von den Griechen mit "κορις / koris" bis zu den Deutschen mit "Wantlausz u.a." gebracht, bei Tipula werden gegenüber der frühesten Bezeichnung als Tipula bei dem römischen Komödiendichter PLAUTUS (200 v. Chr.) und ARISTOTELES die verschiedenen Schreibweisen (Tappula) und Bezeichnungen bis zu „Wasser gems“ und „Wasser spin“ bei den Deutschen diskutiert. Bei den Cimices sylvestres handelt es sich bei MOUFFET um drei geflügelte Arten der Gruppe Pentatomidae, also einer Artengruppe und nicht um eine Einzelart. Sehr gut auf den Holzschnitten erkennbar ist die Streifenwanze Graphosoma lineatum, bei den beiden anderen in Dorsal- und Ventralansicht gebrachten Arten könnte es sich um Pentatoma rufipes, erkennbar am ausladenden Pronotum und nach der Körperform einer Carpocoris-Art handeln. Auf einer der beiden Tafeln am Ende des lateinischen Werkes findet sich noch ein kleiner Holzschnitt wahrscheinlich einer Eurydema-Art. Am Ende des 34 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Abb. 9: Zusammenstellung der Wanzen-Abbildungen (Holzschnitte) bei ALDROVANDI (1602): links Tafel zu den Cimices sylvestres, rechts oben: Tafel zu den Sechsbeinigen Wasserinsekten Aquatici, rechts mittig: Notonecta-Abbildung bei den Bienen, rechts unten: Texte zur linken Tafel (Quellen ALDROVANDI 1602, S. (von links nach rechts) 542, 708, 192, 541)

Abb. 10: Zusammenstellung der Wanzen-Abbildungen (Holzschnitte) bei MOUFFET (1634/58): linke Spalte: mehrere Exemplare von Cimex und eine kleine Pentatomide, daneben die Cimices silvestri, rechts oben „Scorpio“ und Notonecta, rechts unten „Locusta“ (Quellen: MOUFFET 1658, S. (von links nach rechts) 1097, 1025 1125, 1126)

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Textes wird zwar kurz PLINIUS‘ Verwendung der Asche als Heilmittel (s.o.) erwähnt, diese Gruppe aber als geflügelte Wanzen, nach heutiger Nomenklatur Pentatomiden, mit mehreren Arten neu aufgestellt. Auffällig ist die Kombination in der Kapitelüberschrift in der englischen Ausgabe von "geflügelt" mit "Wall-Lice" bei der bekanntlich flügellosen Bettwanze. Bemerkenswert ist bei beiden Autoren das Fehlen der Feuerwanze Pyrrhocoris apterus, die allein durch ihre Färbung und ihr Massenvorkommen aufgefallen sein sollte, sie wurde aber ja auch bisher nicht in Verbindung mit den Cimices agrestes/sylvatices gebracht und würde bei MOUFFET wohl auch nicht zu seinen geflügelten Arten passen. Das giftige, grüne „Gewürm" des ALBERTUS MAGNUS, bisher als Wanze gedeutet, tritt bei beiden Autoren nicht mehr auf, sie fand sich ja auch nicht im "systematischen" Teil der Tierbücher! In der englischsprachigen Ausgabe sind die Holzschnitte offensichtlich zum Teil neu erstellt und deutlich schärfer als in der lateinischen, ursprünglichen Ausgabe. Insgesamt ist die Ausbeute an Arten bei MOUFFET geringer als bei ALDROVANDI. Beide übernehmen dabei zunächst das System des ARISTOTELES. Ersterer bringt aber den ersten dichotomen Bestimmungsschlüssel und Unterscheidungen nach Lebensraum und Körperbau ein; erkennbar sind für ihn Wanzen am typischen Gestank der Bettwanze. Insgesamt gibt es ab jetzt zumindest mehr als ein Dutzend wissenschaftlich bekannter Wanzenarten.

Von jetzt an nimmt über RAY (1705 + 1710) - von ihm stammen die Begriffe Gattungen und Arten, sowie Metamorphosetypen - und über FRISCH (1721-1766) - er bringt 300 Insektenarten erstmalig in deutscher Sprache - die Zahl der bekannten Wanzenarten exponentiell zu. Die Entwicklung soll hier nur ganz kurz gestreift werden, da sie den Rahmen dieser Untersuchungen sprengen würde. LINNÉ bringt in seinem „Systema naturae“ in der 10. Auflage von 1756 95 Wanzenarten (Notonecta 3, Nepa 7, Cimex 85 Arten) bei 2.000 Insektenarten bzw. in der 13. Auflage schon 714 Wanzenarten bei 2.700 Arten (jedoch keine Abbildungen), dgl. FABRICIUS in seinem „Systema Rhyngotorum“ von 1803 mit 820 Wanzenarten in 28 Gattungen. Mit Einführung des (handcolorierten) Kupferstiches wird auch die Qualität der Abbildung von Wanzenarten besser, und die Zahl der bekannten Arten nimmt z u. Das erste ausschließlich Wanzen enthaltende Buch stammt von STOLL (1792), leider mit nicht-einheimischen Arten. Es folgt das Fortsetzungswerk von PANZER, GEYER & HERRICH-SCHÄFFER (1793-1813): „Fauna Insectorum Germanicae initia oder Deutschlands Insecten“, mit 109 Heften mit 4.572 losen Tafeln, darunter 180 Wanzentafeln (s. auch HOFFMANN 2018b). Das erste optisch hervorragende, ausschließlich den Wanzen vorbehaltene Werk stammt von HERRICH-SCHÄFFER (1839-1853): „Die Wanzenartigen Insecten“, als Fortsetzung von HAHN (1831-1836) mit insges. 1.679 Seiten, 324 Tafeln und 1.010 Wanzenarten. Nach der wohl jüngsten systematischen Zusammenfassung sind heute nach SCHUH & SLATER (1982) 75 Familien mit 4.500 Gattungen und 40.000 Arten bekannt.

Zusammenfassung und Ausblick

Es wurden also aus ursprünglich der einen Wanzenart κορις / koris / Cumex / Cimex / Cimex lectularius oder schlicht Bettwanze im Laufe der hier besprochenen 4.000 Jahre 40.000 Wanzenarten – und ALBERTUS MAGNUS und ALDROVANDI warten noch immer nach 750 bzw. über 300 Jahren darauf, dass jemand ihre lateinischen Texte den heutigen Entomologen auf Hochdeutsch nahe bringt. Die Aussichten hierfür stehen aber sehr schlecht: Bei der notwendigen Zusammenarbeit von Altphilologen mit Zoologen dürfte es schwierig sein, bei letzteren noch kompetente Bearbeiter zu finden, die sich solch einer wenig gewürdigten Arbeit annehmen. Häufig dürfte n auch die notwendigen Grundkenntnisse beim Latein fehlen, oft aber auch der notwendige Überblick und die zoologischen Kenntnisse, die über das jeweilige Spezialgebiet hinausgehen. Ein wenig zoologische Artenkenntnis reicht dafür nicht. 36 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Danksagung Für die Zurverfügungsstellung der Farbabbildungen aus der Handschrift von ALBERTUS MAGNUS danke ich dem Stadtarchiv Köln, sowie für div. kritische Hinweise Herrn Prof. Dr. GREVEN / Düsseldorf.

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Anschrift des Verfassers: Dr. Hans-Jürgen Hoffmann, c/o Institut für Zoologie, Biozentrum derUniversität zu Köln, Zülpicher Str. 47b, D-50674 Köln, email [email protected]

Abb. 11: Die frühesten Abbildungen der Bettwanze bei MATTHIOLUS 1565 (ähnlich 1568) (links) und MATTHIOLUS 1554 (ähnlich die meisten späteren Auflagen bis 1674)( rechts) 38 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

Wanzenliteratur: Neuerscheinungen

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IN: HETEROPTERON 56

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DREES, M. (2019): Vermehrtes Auftreten von Scoloposcelis pulchella im NW-Sauerland (Anthocoridae). - HETEROPTERON 56, 31. FARACI, F. (2019): A historical overview of two international congresses of special interest to heteropterists and a brief report on their latest meetings. - HETEROPTERON 56, 18-20. GUCKENBI EHL, C. (2019): Reproduktions nachw e is v on Spilostethus pandurus (SCOPOLI, 1763) (Heteroptera, Lygaeidae) in Rheinland-Pfalz. - HETEROPTERON 56, 25-26. HOFFMANN, H.J. (2019): Digitaler Nachlass DIETRICH WERNER (†2018). - HETEROPTERON 56, 16-17. HOFFMANN, H.J. (2019): Zum Vorkommen von Scoloposcelis pulchella im Nationalpark Eifel (NRW). - HETEROPTERON 56, 32. KALKMAN, V. (2019): Year to year fluctuations in the abundance of true bugs Raum. - HETEROPTERON 56, 11-15. KOTT, P. (2019): Halyomorpha halys (STÅL, 1855) – Beobachtungen zur Ausbreitung der Art im Kölner Raum. - HETEROPTERON 56, 33-38. LANGE, L. (2019): Gonocerus acuteangulatus auch im Kreis Steinburg (Schleswig-Holstein). - HETEROPTERON 56, 30. NIGMANN, U. & STAHMER, J. (2019): Weitere neue Nachweise von Belonochilus numenius (SAY, 1831) (Heteroptera (2019): Lygaeidae) in Deutschland, u.a. in NRW. - HETEROPTERON 56, 27-29. SKIPPER, L. (2019): Heteropterology in Denmark. - HETEROPTERON 56, 7-10. VOIGT, K. (2019): 45. Tagung der „Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen“ in der Provinz Limburg / NL. - HETEROPTERON 56, 4-6.

In der Festschrit für RAUNO LINNAVUORI in ENTOMOLOGICA AMERICANA VOL. 122 ꞏ NO. 1-2 / 2016 + NO. 4 / 2017 32 papers:

KAZUTAKA YAMADA (2016): Cardiastethus brevirostris and its close relatives from Asia, with descriptions of four new species (Hemiptera: Heteroptera: Anthocoridae). - Entomologica Americana 122(1-2), 1-17, (1 May 2016) ERNST HEISS & PETR BAŇAŘ (2016): Two new genera of micropterous mezirinae from Kenya (Hemiptera: Heteroptera: Aradidae). - Entomologica Americana 122(1-2), 18-23, (1 May 2016) THOMAS J. HENRY (2016): A new species of the stilt bug genus Gampsocoris from Senegal and new generic combination for Gampsocoris gomeranus (Hemiptera: Heteroptera: Berytidae). - Entomologica Americana 122(1- 2), 24-30, (1 May 2016) HARRY BRAILOVSKY (2016): A new species of Anasa from Honduras (Hemiptera: Heteroptera: Coreidae). - Entomologica Americana 122(1-2), 31-36, (1 May 2016) EDUARDO I. FAÚNDEZ (2016): Raunothryallis Nom. Nov., a new substitute name for Thryallis (Hemiptera: Heteroptera: Coreidae). - Entomologica Americana 122(1-2), 37, (1 May 2016) JERZY A. LIS & BARBARA LIS (2016): Macroscytus raunoi, a new burrower bug species from Papua New Guinea (Hemiptera: Heteroptera: Cydnidae: Cydninae). - Entomologica Americana 122(1-2), 38-41, (1 May 2016) BEREND AUKEMA & JÉRÔME CONSTANT (2016): The taxonomic status of Sehirus aeneus (Hemiptera: Heteroptera: Cydnidae: Sehirinae). - Entomologica Americana 122(1-2), 42-46, (1 May 2016) PING-PING CHEN, NICO NIESER, WEN-JUN BU (2016): Potamometra linnavuorii Sp. Nov. from China (Hemiptera: Heteroptera: Gerridae). - Entomologica Americana 122(1-2), 47-54, (1 May 2016) NOURA SLIMANI, PING-PING CHEN, NICO NIESER, PIERRE MOULET, JOSÉ RICARDO INACIO RIBEIRO, MONCEF BOUMAÏZA & ERIC GUILBERT (2016): Annotated check-list of semi-aquatic bugs of Tunisia, with detailed Faunistic Survey of North Tunisia (Hemiptera: Heteroptera: Gerromorpha). - Entomologica Americana 122(1-2), 55-71, (1 May 2016) ELŐD KONDOROSY & PÉTER KÓBOR (2016): A revision of Hyginellus (Hemiptera: Heteroptera: Heterogastridae). - Entomologica Americana 122(1-2), 72-81, (1 May 2016) FRÉDÉRIC CHÉROT & DIEGO LEONARDO CARPINTERO (2016): New and little-known miridae from French Guyana and neighbouring areas (Hemiptera: Heteroptera). - Entomologica Americana 122(1-2), 82-96, (1 May 2016) ANDRZEJ WOLSKI & JACEK GORCZYCA, ALEKSANDER HERCZEK (2016): A new species of the Genus Hemiophthalmocoris from the Oriental Region (Hemiptera: Heteroptera: Miridae: Cylapinae).. - Entomologica Americana 122(1-2), 97-103, (1 May 2016) JACEK GORCZYCA, ALEKSANDER HERCZEK, ANDRZEJ WOLSKI & ROLAND DOBOSZ (2016): A new genus and species of Cylapinae from Namibia (Hemiptera: Heteroptera: Miridae). - Entomologica Americana 122(1-2), 104-109, (1 May 2016) ATTILIO CARAPEZZA (2016): Heteroptera of Lebanon. II. Phytocoris (Exophytocoris) Raunolinnavuorii Sp. Nov. from the Horsh Ehden Nature Reserve and Adjacent Areas (Hemiptera: Heteroptera: Miridae: ). - Entomologica Americana 122(1-2), 110-114, (1 May 2016) 40 HETEROPTERON Heft 57 / 2020

FEDOR V. KONSTANTINOV, VLADIMIR V. NEIMOROVETS & ANDREI I. KORZEEV (2016): Review of Campylomma from Russia, Caucasus, and Central Asia with description of two new species (Hemiptera: Heteroptera: Miridae: Phylinae). - Entomologica Americana 122(1-2), 115-155, (1 May 2016) RANDALL T. SCHUH (2016): Scholtzicoris linnavuorii, new genus and new species of Myrtaceae-Feeding plant bug from Western Australia (Hemiptera: Heteroptera: Miridae: Phylinae: Semiini: Exocarpocorina). - Entomologica Americana 122(1-2), 156-163, (1 May 2016) ALEKSANDER HERCZEK, YURI A. POPOV & JACEK GORCZYCA (2016): A new Psallopine plant bug from Ghana (Hemipter a: He t eroptera : Miridae: Psallopinae). - Entomologica Americana 122(1-2), 164-168, (1 May 2016) GERASIMOS CASSIS (2016): Four new species, first Australian records and review of the Phorticine genus Rhamphocoris, and key to Genera and review of Australian Nabidae (Hemiptera: Heteroptera: Nabidae). - Entomologica Americana 122(1-2), 169-198, (1 May 2016) PETR KMENT & THEREZA DE A. GARBELOTTO (2016): Discimita linnavuorii, a new genus and species of Afrotropical Pentatominae resembling neotropical discocephalinae (Hemiptera: Heteroptera: Pentatomidae). - Entomologica Americana 122(1-2), 199-211, (1 May 2016) DRAVID A. IDER (2016): Aeliavuori linnacostatus, a new genus and species of Pentatomidae from the Democratic Republic of the Congo (Hemiptera: Heteroptera: Pentatomidae: Pentatominae: Carpocorini). - Entomologica Americana 122(1-2), 212-219, (1 May 2016) PAVEL ŠTYS & PETR BAŇAŘ (2016): A new Afrotropical genus of Plokiophilidae with a new free-living species from Madagascar (Hemiptera: Heteroptera). - Entomologica Americana 122(1-2), 220-229, (1 May 2016) PIERRE MOULET & PETR KMENT (2016): Redescription of the Assassin bug Reduvius dicki and its first record from Tunisia (Hemiptera: Heteroptera: Reduviidae). - Entomologica Americana 122(1-2), 230-237, (1 May 2016) PETR BAŇAŘ, LEONIDAS ROMANOS DAVRANOGLOU & DOMINIK CHŁOND (2016): A New species of Henicocephaloides from Eastern Madagascar (Hemiptera: Heteroptera: Reduviidae). - Entomologica Americana 122(1-2), 238-244, (1 May 2016) DOMINIK CHŁOND, DÁVID RÉDEI, PETR BAŇAŘ (2016): A new species of the Madagascan genus Physoderoides (Hemiptera: Heteroptera: Reduviidae: Physoderinae). - Entomologica Americana 122(1-2), 245-250, (1 May 2016) DOMINIK CHŁOND(2016): A taxonomic revision of the Madagascan genus Noualhierella (Hemiptera: Heteroptera: Reduviidae: Stenopodainae). - Entomologica Americana 122(1-2), 251-261, (1 May 2016) DÁVID RÉDEI & JING-FU TSAI (2016): A revision of Lamprocoris (Hemiptera: Heteroptera: Scutelleridae). - Entomologica Americana 122(1-2), 262-293, (1 May 2016) PHILIPPE MAGNIEN & DOMINIQUE PLUOT-SIGWALT (2016): Sciadiocoris, a new genus of Oncomerinae with three new species from Papua New Guinea (Hemiptera: Heteroptera: Tessaratomidae). - Entomologica Americana 122(1-2), 294-304, (1 May 2016) BARBARA LIS & JERZY A. LIS (2016): Two new species of the Lace-bug genus Agachila from the Democratic Republic of Congo (Hemiptera: Heteroptera: Tingidae). - Entomologica Americana 122(1-2), 305-309, (1 May 2016) MICHAEL R. WILSON, ATTILIO CARAPEZZA, JOHN DEEMING, REZA HOSSEINI, PETR KMENT, PÄIVI LINNAVUORI & PAVEL ŠTYS (2017): RAUNO LINNAVUORI: Entomologist and explorer. - Entomologica Americana 122(4), 505-512, (1 November 2017) PETR KMENT & MICHAEL R. WILSON (2017): Bibliography of RAUNO E. LINNAVUORI. - Entomologica Americana 122(4), 513-527, (1 November 2017) PETR KMENT & ATTILIO CARAPEZZA (2017): List of true bug taxa described by RAUNO E. LINNAVUORI (Hemiptera: Heteroptera). - Entomologica Americana 122(4), 528-621, (1 November 2017) PETR KMENT & VALÉRIE A. LEMAÎTRE (2017): Review of the taxa named in honour of RAUNO E. LINNAVUORI. - Entomologica Americana 122(4), 730-742, (1 November 2017)