SO | 26. MAI 13 | 20.00 PHILHARMONIE ABOKONZERT A/6

JAKUB HRU° ŠA Christian Tetzlaff | Violine

18.45 Uhr Südfoyer Einführung von Steffen Georgi MAI 2013 26. 26.

ša °

Rundfunk- Sinfonieorchester Berlin Jakub Hru 2 Nicht denken jetzt an die Schmerzen, die man in Musik (1756 – 1791) hatte verwandeln müssen, sondern nur an die Wonnen, Konzert für Violine und Orchester Nr. 3 G-Dur in denen ebendiese Verwandlungsarbeit die leichte und KV 216 strenge, die schöne und befreiende Pflicht gewesen war … u Allegro Klaus Mann, u Adagio in: „Symphonie Pathetique“ u Rondeau. Allegro

Leoš Janácˇek (1854 – 1928) Konzert für Violine und Orchester („Wanderung der kleinen Seele“) JW IX/10 (Kritische Rekonstruktion von Leoš Faltus und Miloš Šteˇdronˇ) u Andante – Tempo di Marcia – Allegro – Maestoso

Pause

Josef Suk (1874 – 1935) Sinfonie Nr. 2 c-Moll op. 27 („Asrael“) u Teil I - Andante sostenuto - Andante - Vivace u Teil II - Adagio - Adagio maestoso

HANDY AUS? DANKE! Konzert mit Bundesweit. In Berlin auf UKW 89,6 MHz, Wir bitten Sie, zwischen den Sätzen der einzelnen Werke Kabel 97,55 und Digitalradio. nicht zu applaudieren. Übertragung am 6. Juni 2013,5 20.03 Uhr Steffen Georgi Zaubertöne mit dem Dienstinstrument

Leopold Mozart, einer der berühm- testen Violinpädagogen Europas, Wolfgang Amadeus Mozart träumte davon, seinen Sohn Wolf- Violinkonzert Nr. 3 G-Dur KV 216 gang zum größten Musiker der Welt auszubilden. 1756 hatte er das Besetzung Kompendium seines Wissens in ei- 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Hörner, Violine solo, ner dickleibigen „Gründlichen Vio- Streicher linschule“ niedergelegt – sprich- wörtlich hinein in die Wiege des Dauer Sohnes. Selbst wenn der Sohn ca. 24 Minuten anders gewollt hätte – wie hätte er sich diesem übermächtigen Ein- Verlag fluss entziehen sollen? Vierjährig Neue Mozart-Ausgabe wurde Wolfgang vom Vater in den Bärenreiter, Basel, Kassel u. a. Grundbegriffen der Tonkunst un- terwiesen – zunächst auf dem Kla- Entstanden vier. Noch vorenthielt Leopold ihm September 1775 die Violine. Der sechsjährige Knabe – ganz RSB-Aufführungen seit 1945 Kind, dem man sein Spielzeug ver- 19. April 1947, Berlin; Gerhard Taschner (?), bietet – rebellierte zum ersten Mal Violine; Arthur Rother gegen die väterliche Mystifizierung 9. Oktober 1949, Berlin; Gerhard Taschner der Geigerei, als er partout eine (?), Violine; Arthur Rother gerade zum Geschenk erhaltene 10. Juni 1956, Berlin; Wilhelm Stroß, Kindervioline praktisch ausprobie- Violine; Rolf Kleinert ren wollte, noch ehe der gestrenge 3. März 1991, Berlin; Krzysztof Jakowicz, Herr Lehrer-Vater die Zeit für ge- Violine; Tadeusz Strugala kommen hielt, ihn in die Geheim- 28./29. August 1999, Chorin, Ulrichshusen; nisse dieses Instrumentes einzu- Julia Fischer, Violine; Jeffrey Tate weihen. „Wolfgangerl bath, dass er 26. August 2006, Ulrichshusen; Veronika das 2te Violin spielen dörfte, der Eberle, Violine; Marek Janowski

Wolfgang Amadeus Mozart Zeichnung von Dora Stock6 (1760 –1832) 7 | Mozart, Violinkonzert Nr. 3

mehreren zögerlichen Anläufen Antonio Brunetti (1745–1786) je- seinem „Dienstinstrument“, der denfalls scheint ebenfalls mit Mo- Violine. Gleichsam um es hinter zarts Violinkonzerten reüssiert zu sich zu bringen, komponierte er haben. Mozart machte sich aller- 1775 binnen weniger Monate fünf dings u. a. anlässlich einer Haus- Violinkonzerte. Fast, denn KV 207 musik beim russischen Gesandten

Mozarts Geige stammt nach neueren Forschungen Galitzin lustig über die lakaienhaf- bereits aus dem Jahre 1773. te Beschränktheit des Geigerkol- Papa aber verwies ihm seine när- 1763 wurde der siebenjährige Wun- Nach diesem und allem, was Mo- legen: „redet so Jemand mit den rische Bitte, weil er nicht die ge- derpianist und -komponist flugs zart an seinem eigenen – vielfach Brunetti so wird er roth, und giebt ringste Anweisung in dem Violin um den Wundergeiger Wolfgang bezeugt: vorzüglichen – Violinspiel die trockenste Antworten“. hatte, und Papa glaubte, dass er Amadé erweitert. selbstkritisch bemängelte, sollte Wenn Mozart 1777 das technische nicht das mindeste zu leisten im Im Jahre 1769 hatte der Salzbur- man die Violinkonzerte für Pflicht- Niveau seiner Konzerte bescheiden Stande wäre. Wolfgang sagte, um ger Fürsterzbischof den jüngsten stücke der uninspiriertesten Sorte beschrieb mit den Worten „Ich bin ein 2te Violin zu spielen braucht es Konzertmeister berufen, der je halten. Mitnichten; sie sind Juwe- kein großer Liebhaber von Schwie- ja wohl nicht, erst gelernt zu ha- seiner Kapelle vorstand (und der len ihrer Gattung, nebenbei die frü- rigkeiten“, so täuscht er listig dar- ben, und als Papa drauf bestand, seinen Dienstherrn später „un- hesten Orchesterwerke Mozarts, über hinweg, worin die eigentliche dass er gleich fortgehen, und uns sern erzlimmel“ nennen sollte). die seinen Ruhm begründeten. Sie Herausforderung dieser Werke nicht weiter beunruhigen soll- Dem damals 13jährigen Wolfgang leben vom Kontrast der Dreisätzig- besteht. Generationen von Geigern te, fieng Wolfgang an bitterlich zu Amadeus Mozart blieben aller- keit, nutzen alle Errungenschaften haben sich seither an Mozarts Vio- weinen und trollte sich mit seinem dings noch drei Jahre Zeit bis zu der Italiener und sind doch echter linkonzerten versucht und drangen Geigerl weg. Ich bath, dass man ihn seinem ersten regulären Gehalt Mozart. nur dann bis zum Kern der Musik mit mir möchte spielen lassen … als Primgeiger in Salzburg – eine vor, wenn sich bei ihnen die subtile Wolfgang geigte mit mir, bald be- ausgedehnte Italienreise diente Das Einfache, das schwer zu Beherrschung des Instrumentes merkte ich mit Erstaunen, dass ich u. a. dem Studium der italienischen machen ist mit einem feinen Gespür für die da ganz überflüssig seye, ich legte Violinmusik von Vivaldi, Torelli und Mozart hat die Violinkonzerte oft aparten Ausdrucksnuancen paarte. still meine Geige weg …“ Leopold Nardini. selbst gespielt. Damit ist jedoch Verschwenderischer Reichtum witterte, dass sich aus dieser Sze- Zurück in der regnerischen Heimat, nicht gesagt, dass er sie aus- an musikalischen Gedanken, lust- ne, die Hoftrompeter Schachtner gehorchte Mozart den offenbar not- schließlich für den eigenen Ge- volles Spiel mit den seinerzeit aufgeschrieben hat, sogar noch wendigen Ermahnungen durch sei- brauch komponierte. Der seiner- modernsten Ideen der motivisch- Kapital schlagen ließ: Ab August nen Vater und widmete sich nach zeitige Salzburger Konzertmeister thematischen Arbeit lassen die

8 9 Unsere Programme Violinwerke des 19-jährigen Mo- 12. Februar treuherzig kollern zart aus der unübersehbaren Flut konnte: „In Wallerstein machtest jetzt auch im von Virtuosenpiecen seiner Zeit- Du ihnen tausend Spass, nahmst genossen turmhoch herausragen. die Violin, tanztest herum und Mit unnachahmlichem Gespür für spieltest, sodass man dich als ei- neuen Digitalradio die Anmut des Soloinstrumentes nen lustigen, aufgeräumten, när- stattet Mozart gerade die lang- rischen Menschen denen damals samen Sätze aus, deren Atem ein abwesenden anpries …“ Dann hat gleichsam körperliches Wohlbe- der Sohn anders gewollt als der finden zu erzeugen vermag. Von Vater. Er hat sich das Klavier zum Einklang mit der Natur, von ero- ureigensten Ausdrucksmedium ge- tischer Sehnsucht, von sanftem wählt. Später strich er bei Hausmu- Trost, von überströmender Liebe, sikabenden im kleinen Kreis (u. a. von ergeizlosem Träumen, von ent- mit Haydn) gelegentlich die Bratsche. waffnender Uneitelkeit kündet die- Und Christian Tetzlaff? Angespro- se feingesponnene Musik – je nach chen auf die lange Orchesterein- Seelenzustand des individuellen leitung zum G-Dur-Violinkonzert Zuhörers. Geschmack, Kultur, Be- und das heikle Aufspringen des So- scheidenheit auf höchster Stufe. listen auf den fahrenden Zug, sag- In einem Brief Mozarts an den te Tetzlaff 2012 dem Bayerischen Vater vom 25. Oktober 1777 über Rundfunk: „Das macht sehr viel eine eigenhändige Aufführung des Spaß, dieser Einstieg. Weil es wirk- G-Dur-Violinkonzertes findet sich lich einfach ist, aber trotzdem mit die wichtigste Ingredienz all sei- einer sehr schönen Geste anfängt. ner Violinkonzerte: „… auf die nacht Selbstverständlich sollte man gu- beim soupée spiellte ich das stras- cken im tutti, was da steht im Or- bourger-Concert. es gieng wie öhl. chester. Es ist idiotisch, dann ein- alles lobte den schönen und reinen fach so loszuspielen, wie einem die Ton.“ Mozart spielte seine Violin- Schnauze gewachsen ist, während konzerte gern selbst. Bis 1778, so man genaue Angaben von Mozart dass der Vater zum Beispiel am selber hat.“

Weitere Informationen: digitalradio.de deutschlandradio.de Hörerservice 0221.345-1831 10 11 Heißer Sehnsucht süße Töne

Ein Mittsiebziger liebt eine Fünf- Leoš Janácˇek die Angelockten mit unddreißigjährige, beide verhei- schöpferischer Nüchternheit, mit ratet, natürlich nicht miteinander. strenger motivischer Konstruktion. Skandalblättchen aller Zeiten ha- Gleichwohl dampft seine Musik ben ihre Freude an solchen The- vor erregter Leidenschaft, spiegelt men. Da werden sogar kultivierte eine aufgewühlte Seele. Menschen zu lüsternen Voyeuren. „Sie sind in Ihrem Wesen und in Nun tut uns der greise Liebhaber Ihrer Erscheinung ein derart lie- noch den Gefallen, die Wallungen benswerter Mensch, dass es einem seines Blutes in Musik zu gießen. in Ihrer Gegenwart ganz leicht wird Doch Vorsicht: „Idioten verrate ich in der Seele. Sie strahlen so viel meine Gefühle nicht“, enttäuscht Wärme aus, Sie sehen die Welt mit

Leoš Janácˇek Verlag Konzert für Violine und Orchester Editio Supraphon, Praha („Wanderung der kleinen Seele“) JW IX/10 Entstehung Besetzung ca. 1926/1927 Piccolo, 3 Flöten (2. und 3. auch Piccolo; 2. auch Altflöte), 3 Oboen (3. auch Uraufführung Englischhorn), 3 Klarinetten (2. und 3. 29. September 1988, auch Es-Klarinette), Bassklarinette, Jan Stanovský, Violine 2 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner, Petr Vronský, Dirigent 4 Trompeten, 3 Posaunen, Tenortuba, Basstuba, Pauken,Schlagzeug, Harfe, RSB-Aufführungen seit 1945 Celesta, Violine solo, Streicher 2005, Berlin, CD-Produktion; Baiba Skride, Violine; Marek Janowski Dauer 12. März 2006, Berlin; Baiba Skride, Violine; ca. 12 Minuten Gilbert Varga

Leoš Janácˇek 12 13 | Janácˇek, Violinkonzert

gendstilbad Luhacˇovice kennen- am liebsten niedersetzen, neugie- in die Hoffnung auf die Wanderung gelernt hatte. Schnell entwickelte rig hineinschauen, überall strei- der Seele. sich eine leidenschaftliche Zunei- cheln, überall küssen möchte.“ Die gung, die elf Jahre lang nicht an poetische Vision von der frei um- Violinkonzert oder „Totenhaus“? Intensität verlor. Mehrere hundert her fliegenden Seele ist eine von Das Violinkonzert mit dem Unterti- Briefe künden von einer Bezie- Janácˇeks Lieblingsideen aus sei- tel „Putování Dušicˇky“ (Wanderung hung, die Janácˇek das „Rätsel des nen letzten Lebensjahren. In For- der kleinen Seele) wurde 1988 aus Lebens“ nannte. Worte waren ge- mulierungsvarianten wie der vom Skizzenblättern rekonstruiert. Das schriebene Küsse. Janácˇek („Ich 18. März 1928 findet sich der Ge- war die zweite, authentischere An- weiß doch, dass ich Sie nie besitzen danke immer wieder in den Briefen näherung an das Werk, nachdem werde“) ließ sich von Kamila, die an seine Angebetete Kamila Stöss- Leoš Janácˇeks Schüler Brˇetislav sich kokett als „ganz gewöhnliche lová. Er spricht sie mit „Seele“, Bakala bereits 1928 einen Versuch Frau“ charakterisierte, zu seinen „Seelchen“ an. unternommen hatte, das Konzert bedeutendsten Werken inspirieren. Aber die Vision hat neben der eroti- zu Ende zu komponieren. Wie „Ein Mensch schwatzte mir vor, schen auch eine politische Dimen- schwer den Wissenschaftlern 1988 nur der reine Ton bedeute etwas in sion. In seiner letzten großen Oper die Arbeit war, lässt sich aus dem der Musik. Und ich sage euch, dass „Aus einem Totenhaus“, einem umseitig abgebildeten Notenblatt er gar nichts bedeutet, solange er Kerkerdrama um Freiheit und Tod, ermessen, jener Passage, die den Kamila Stösslová nicht mit Leben, mit Blut, mit Welt lässt Janácˇek einen der Verdamm- Übergang zum „Maestoso“ kurz erfüllt ist“, erzürnte sich Janácˇek, ten davon träumen, seine Seele vor Schluss des etwa 12-minüti- so viel Herz an, dass man auch Ih- der auf Bildern meist so ausschaut, könne sich mit jener der Freundin gen Werkes bildet. Eine Anzahl nen nur Herzliches und Angeneh- als würde er brennen, als würden vereinen. Wenn der Körper schon solcher Skizzen aus dem Nachlass mes entgegenbringen möchte. Sie die Flammen aus seinem Kopf lo- beschlagnahmt sei, so ließe sich Janácˇeks gab Grund zu der Hoff- ahnen gar nicht, wie froh ich bin, dern. die Seele doch nicht fesseln. Und nung, tatsächlich noch ein neues dass ich Sie kennengelernt habe“, Janácˇek war sich wohl darüber be- Werk von ihm entdeckt zu haben. begeisterte sich der 64-jährige Die Seele, frei wie ein wusst, dass auch seine eigene See- Schnell stellte sich jedoch heraus, Leoš Janácˇek am 16. Juli 1917 im Schmetterling le den alternden Leib demnächst dass die undatierten Blätter als ersten Brief an die damals 26-jäh- „… ein Mensch zu sein, der nicht an verlassen würde. Unter dem Ein- Rohmaterial für das Vorspiel rige Kamila Stösslová, nachdem seinen Körper denkt und der Seele druck körperlicher Gebrechen und und für etliche Szenen des dritten der namhafte Komponist die junge erlaubt, dorthin zu fliegen, wohin zunehmender Einsamkeit proji- Aktes der Oper „Aus einem Toten- Mutter in dem ostmährischen Ju- sie am liebsten fliegt; wo sie sich zierte er ein Stück Lebensqualität haus“ (1927/1928) gedient hatten.

14 15 | Janácˇek, Violinkonzert

mit seiner Violinsonate gehört –, bevor sie entschwindet. Diesen oder der 1927 geäußerte Wunsch Verlauf hatte der Theaterpragma- des Violinvirtuosen Hans Basser- tiker Janácˇek bereits auf dem er- mann nach einem Violinkonzert, wähnten Programmzettel notiert. sei dahingestellt. Vielleicht bildete Dort steht am Schluss: „8. Pleno ja das Erlebnis der Uraufführung Orchester/Seele – geht ab. – II. des 11. Violinkonzertes von Josef Hinter der Bühne“ … des irdischen Bohuslav Foerster am 9. Januar Lebens, möchte man ergänzen, ge- 1927 in Brünn das entscheidende schehen weitere geheimnisvolle Initial. Auf dem Programmzettel Dinge. des Konzertes notierte Janácˇek „Ich weiß schon, daß Du meine nämlich Instrumentationsgedan- Seele bist! Und ich fürchte nur, ken, die er dann im Violinkonzert dass Du mir davonfliegst – weißt wie im „Totenhaus“ realisierte. Du, es bliebe ein armseliges We- Spätestens beim Hören des Violin- sen von mir übrig.“ (12. Dezember konzertes wird sinnfällig, wie ge- 1927, Leoš Janácˇek an Kamila nial Janácˇeks Idee ist, gerade die Stösslová) Violine mit der leicht dahinschwe- benden Seele zu identifizieren, ihr eine luftige Wanderung zuzutrau- Skizzenblatt von Leoš Janácˇek. Es enthält den Übergang zum „Maestoso“ kurz vor Schluss des Violinkonzertes. en. Ganz ohne Erdenschwere, an- gereichert mit all den angespro- Das geplante Violinkonzert war telle Kompositionswerkstatt. Aber chenen Dimensionen wie Liebe, also in der Oper aufgegangen, wir bekommen auch ein kleines Freiheit, Verletzlichkeit, Unabhän- dort assimiliert worden, und zwar Meisterwerk des großen Mähren gigkeit, spielt die Seele/Solovioline in reichlich veränderter Gestalt. geschenkt. vor dem Hintergrund des riesig be- Umso stärker waren Leoš Faltus setzten Orchesters ihre Qualitäten und Miloš Šteˇdronˇ nun angespornt, Auf leichten Sohlen aus. Nacheinander berührt sie die das unausgeführte Werk dennoch Ob es die Geigerin Adili Fachiri Sphären der Pauke, der Posaunen, erstehen zu lassen. Wir erhalten war, die ihn auf die Idee brachte – der Klarinetten und Fagotte, der Einblick in Janácˇeks experimen- Janácˇek hatte sie 1926 in England Flöte, der Harfe und der Streicher,

16 17 Tödliches Brausen

Wenn eine große Sinfonie von Pe- ter Tschaikowsky, Anton Bruckner Josef Suk oder Gustav Mahler auf dem Pro- Sinfonie Nr. 2 c-Moll op. 27 („Asrael“) gramm steht, sitzen wir mit ge- spannter Erwartung im Saal. Wir Besetzung wissen, gleich wird ein Sturm der Piccolo, 2 Flöten, 2 Oboen, Englischhorn, Emotionen uns erfassen und mit 2 Klarinetten, Bassklarinette, 2 Fagotte, sich fortreißen – wenn alles gut Kontrafagott, 4 Hörner, 3 Trompeten, geht. Schließlich sind wir deshalb 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagzeug, ins Konzert gekommen. Harfe, Streicher Aber Josef Suk? Wer ist der 1874 (im gleichen Jahr wie Schönberg) Dauer geborene Josef Suk? Welche Er- ca. 56 Minuten wartungen sollen wir ihm entge- genbringen? Kann er mithalten mit Verlag den großen Sinfonikern? Immerhin Breitkopf & Härtel wird seine Sinfonie fast 60 Minuten Wiesbaden, Leipzig, Paris, Taunusstein dauern. Sie stammt aus dem Jahr 1906, steht in c-Moll. Daneben: Entstehung Mahlers Sechste in a-Moll, urauf- 1905/06 geführt 1906, Sibelius’ Dritte in C-Dur, komponiert 1906. Dann wird Uraufführung die „Asrael“-Sinfonie wohl hoffent- 3. Februar 1907, Prag lich nicht atonal klingen. RSB-Aufführungen seit 1945 19. Juni 2005, Berlin; Jirˇí Beˇlohlávek Wer ist Asrael? Asrael ist nach jüdischer und mus- limischer Überlieferung der Engel und sie auf ihrem Weg in den Him- des Todes. Seine Aufgabe ist es, mel – oder auch zur Hölle – zu be- die Seele des sterbenden Men- gleiten. Je nach Lebenswandel des schen aus dem Körper zu befreien Sterbenden erscheint ihm Asrael

Josef Suk 18 19 | Suk, Sinfonie Nr. 2

als Lichtgestalt, der seine Seele Wer ist Josef Suk? anzuvertrauen er gern bereit ist, Josef Suk entstammt einer Dorf- oder als schreckliche Bedrohung, lehrerfamilie aus dem tschechi- die es zu fürchten gilt. Alle Reli- schen Krˇecˇovice, ca. 50 km südlich gionen und Glaubensrichtungen von Prag. Mit acht Jahren beginnt haben solche Figuren, die in der er, Violine zu spielen, elfjährig, Musik immer wieder klingende Ge- 1885, wird er Schüler des Prager stalt annehmen: Sei es der Fähr- Konservatoriums. Zunächst stu- mann Charon, der die Toten über diert er dort Violine und Musik- den Fluss Acheron oder Styx ins theorie. Mit seinen Studienfreun- Totenreich rudert (Henze, „Das den Karel Hoffmann, Oskar Nedbal Floß der Medusa“), oder der Engel und Oskar Berger gründet er 1891 des Todes, wie ihn Edward Elgar das Böhmische Quartett (Cˇeské in seinem katholischen Oratorium kvarteto), dem er als zweiter Gei- „The Dream of Gerontius“ agieren ger bis 1933, dem letzten Auftreten lässt oder Freund Hein (Mahler, des Quartettes, angehört. Mehr als Sinfonie Nr. 4) oder einfach Ge- 4000 Konzerte führen das renom- Otylka Dvorˇáková vatter Tod persönlich, von Franz mierte Ensemble durch ganz Eu- Schubert im Lied „Der Tod und das ropa. Vysoká. Dort lernte er Dvorˇáks ge- Mädchen“ charakterisiert in seiner In einem Konservatoriumskonzert rade vierzehnjährige Tochter Ottilie ganzen Ambivalenz: „… bin Freund am 15. Januar 1891 stellten sich die (Otylka) kennen, die ihn sofort be- und komme nicht zu strafen“. begabtesten Studenten vor – unter zauberte. Die Spuren dieser (vom Musik, die eine Auseinanderset- ihnen Josef Suk, dessen Klavier- Vater absichtsvoll „übersehenen“) zung mit dem Todesengel besingt, Hieronymus Bosch (um 1450–1516) trio op. 2 an diesem Abend seine aufkeimenden Liebe finden sich in unterscheidet sich von reiner Trau- Der Aufstieg in das himmlische Paradies öffentliche Uraufführung erlebte. allen Kompositionen, die Suk wäh- ermusik, wie sie etwa ein Requiem Anschließend gehörte Suk zu den rend der nächsten Jahre schrieb. verkörpert, dadurch, dass sie dem der „Asrael“-Sinfonie von Josef ersten Kompositionsschülern von Schon bald nach der ersten Begeg- Tod meist den Schrecken nimmt, in Suk trägt der Todesengel ein klin- Antonín Dvorˇák. Im Sommer 1892, nung musste Josef Suk von Otylka jedem Fall aber die Seele ausführ- gendes Gewand aus anmutigen knapp vor Dvorˇáks Abreise nach Abschied nehmen: Zusammen mit lich Rechenschaft ablegen lässt Kantilenen der Solovioline. Er be- New York, war Suk wiederholt zu ihrem kleinen Bruder Antonín be- über ihr irdisches Dasein. Auch in kommt reichlich zu tun. Gast im Landhaus des Meisters in gleitete sie die Eltern auf der Reise

20 21 | Suk, Sinfonie Nr. 2

Als Antonín Dvorˇák im Herbst nach lich, spielte fleißig zweite Geige, New York zurückkehrte, nahm er komponierte – nichts, was Musik- nur seine Frau und den kleinen geschichte schreiben würde, aber Otakar mit, während Otylka mit was das immer seltener werdende den anderen Geschwistern in Prag Attribut „schön“ für sich beanspru- zurückblieb. In einem der ersten chen durfte. Briefe, den sie ihren Eltern sandte, berichtete sie begeistert über ein Musikalische Trauerarbeit Konzert des Böhmischen Quar- 1904 starb sein verehrter Lehrer tettes. Bis zu Dvorˇáks endgültiger und Schwiegervater. Ein Schlag für Rückkehr aus Amerika Ende April den bis dahin lebensfrohen böhmi- 1895 hatten sich die Dinge so weit schen Musikanten. Suk verspürte entwickelt, dass niemand mehr an das tiefe Bedürfnis, das große Vor- einem glücklichen Ausgang der bild mit einem nicht minder großen Romanze zwischen Josef Suk und Werk zu ehren. Er hatte Dvorˇák Otylka Dvorˇáková zweifeln konnte. nicht nur privat und beruflich viel Familie Dvorˇák. Von links nach rechts: Tochter Anna (1880–1923), Sohn Antonín (1883–1956), Am 17. November 1898, am Tag der zu verdanken, er stand ihm auch Tochter Otylka (1878–1905), der Sekretär der Familie Jan Josef Kovarik (1870–1951), Mutter Anna (1854–1931), Tochter Magdalena (1881–1952) und Vater Antonín (1841–1904) Feier von Dvorˇáks Silberner Hoch- menschlich sehr nahe. Viele von zeit, durfte Josef Suk seine gelieb- Dvorˇáks Charaktereigenschaften, nach Amerika, während die vier neen unternommen. Aber auch als te Otylka vor den Altar der Prager seine Güte und Frömmigkeit, die übrigen Geschwister in der Obhut Komponist hatte Suk inzwischen Stephanskirche führen. Heimatverbundenheit, die Kinder- von Dvorˇáks Schwägerin in Vysoká Beachtliches vorzuweisen: Das Auf den Tourneen des Böhmi- liebe und das völlige Fehlen von blieben. Suk und Nedbal gehörten Brahms gewidmete Klavierquin- schen Quartettes hatte Suk Gele- egoistischem Machtkalkül hatten zu den wenigen Freunden, die den tett g-Moll op. 8 war im November genheit, bedeutende Komponisten auf Suk stets tiefen Eindruck ge- vier Abreisenden in Prag am 15. 1893 mit großem Erfolg uraufge- seiner Zeit kennenzulernen, etwa macht. „Wissen Sie, wie es ist, September 1892 das Geleit gaben. führt worden. Außerdem arbeitete Brahms, Bruckner und Sibelius. wenn Ihnen jemand das Wort vom Ende Mai 1894 kam die Familie er an seiner ersten großen Orches- Sein heute populärstes Werk, die Munde nimmt, noch ehe Sie es aus- Dvorˇák auf Sommerurlaub in die terkomposition, „Pohádka zimního Serenade Es-Dur für Streichor- gesprochen haben? So ging es mir Heimat. Das Böhmische Streich- vecˇera“ (Märchen einer Winter- chester op. 6, wurde von Dvorˇák in Dvorˇáks Gesellschaft. Ich kann quartett hatte in der Zwischenzeit nacht). und Brahms dem Verleger Sim- seine Persönlichkeit mit seinem eine ganze Reihe triumphaler Tour- rock empfohlen. Suk war glück- Werk vertauschen, er schöpfte

22 23 | Suk, Sinfonie Nr. 2

seine Melodien aus meinem Herzen. Angst, Trost und Hoffnung neue scher Vorgänge eines ungemein treibt mich von Ort zu Ort – und je Einen solchen Bund kann nichts in Facetten abzugewinnen, ohne dass empfindlichen, von dauernder Un- länger sie dauert, desto stärker der Welt trennen.” ihm seine Musik ins Leere liefe. ruhe getriebenen Menschen. Er schmerzt mich mein Herz – mein Aktive Trauerarbeit, die hatte auch Hier künstlerisch anzuknüpfen, das fand nirgends lange Ruhe. Wenn Leiden ist mehr, als ein Mensch er- Dvorˇák selbst mehrfach in sei- war für Suk eine Herzensangele- er reiste, konnte er die Heimkehr tragen kann.“ ner Musik zu leisten. 1875 war genheit. Im Januar 1905 begann er nicht erwarten. Zu Hause war er seine Tochter Josepha nach nur an einer Sinfonie zu schreiben, glücklich, doch bald sehnte er sich „Weißt du, was ich durchmachen zwei Lebenstagen verstorben. Im die er fünfsätzig plante. Bereits im wieder nach der Fremde. Manch- musste, bis ich dieses letzte Sommer 1877 starben innerhalb Juli hatte er die ersten drei Sätze mal verstummte er mitten im Ge- C-Dur erreichte?“ weniger Wochen die einjährige abgeschlossen und mit dem vier- spräch und war wie abwesend – da Die Sinfonie, die Suk als Monument Tochter Ruženka und der dreiein- ten begonnen. Da traf ihn ein zwei- gab es keinen anderen Ausweg als für seinen Lehrer begann und als halbjährige Sohn Otákar. Die junge ter, härterer Schicksalsschlag: Am zu warten, bis er wieder zu sich Denkmal für die beiden Menschen Familie war plötzlich wieder kin- 6. Juli 1905 starb seine junge Frau kam, und dann war er wieder der zu Ende führte, die ihm am nächs- derlos, wenn auch nur vorüberge- Otylka im Alter von nur 27 Jahren, freundlichste und witzigste Gesell- ten standen, ist mit einer emotio- hend. Dvorˇák komponierte 1877 sie folgte ihrem Vater nach vier- schafter, den man sich nur vorstel- nalen Tiefe erfüllt, an die seine ein Stabat mater. Die persönliche zehn Monaten. Suk war am Ende len konnte.“ Musik bis dahin und auch danach Leiderfahrung befähigte ihn, weit seiner Kraft. Innerhalb weniger Suk verwarf das Konzept des nicht herangereicht hat. Dem Kom- jenseits seiner bisherigen kompo- Monate war ihm das Glück seines Schlusses seiner Dvorˇák-Sinfonie, ponisten der Streicherserenade sitorischen Praxis neue Räume zu Lebens zerronnen. Er blieb allein deren vierter Satz lyrisch gefärbt op. 6, der E-Dur-Sinfonie op. 14 und erschließen, in letzte Dimensionen bis zu seinem eigenen Tod 1935. gewesen wäre, bevor ein gran- des Märchens „Radúz und Malu- vorzudringen und eine Musik zu Trost fand er nur noch in der Mu- dioser Variationensatz das Werk hena“ op. 16 gelang mit „Asrael“ suchen, die über alle Wechsel der sik. Die Veränderungen seiner Psy- beschließen sollte. Er entschied, ein Meisterwerk von europäischem Epochen, Zeitstile und künstleri- che schilderte Ladislav Zelenka, das Andenken an seine Frau in den Rang, das den oben erwähnten schen Auffassungen hinweg unmit- der letzte Cellist des Böhmischen zweiten Teil der Sinfonie aufzu- Großen nicht nachsteht, auch nicht telbar anrührt. Fern aller Bitterkeit Quartettes: „Manchen erschien nehmen. „Seit dem schrecklichen in der Wirkung auf die Zeitgenos- fand er einen Weg aus dem Dun- Suk als einfacher, herzlicher und Augenblick, als der Stern meines sen Schreker, Zemlinsky und Bar- kel zum Licht, von Angst und Ver- aufgeschlossener Mensch, ande- Lebens in meinen Armen verlosch, tók oder auf die Nachgeborenen zweiflung hin zu Frieden und Zu- ren wieder als schweigsamer und ist heute der erste Tag, an dem ich Britten und Schostakowitsch. versicht. Mehr als 90 Minuten lang unfreundlicher Einzelgänger. Seine eine Feder in die Hand genommen Schon die feierliche Eröffnung vermochte er dem Themenkreis veränderlichen Stimmungen wa- habe. Ich kann mit niemandem macht Suks Willen zur Großform um Schmerz, Leid, Qual, Marter, ren die Folge komplizierter seeli- sprechen, meine ungeheure Qual deutlich. Blühendes Melos identi-

24 25 | Suk, Sinfonie Nr. 2

scher Reichtum steht jenem des Mahulena“. Die Solo-Violine wächst Porträtierten nicht nach, die Fülle in die Rolle des tröstenden Todes- seiner Ideen fasziniert genauso wie engels hinein. Sollte Suk selbst sie verwirrt. Der rhapsodisch freie sich in dieser Rolle gesehen haben, Duktus steigert sich zum Ende des da ihm nichts blieb, als die gelieb- etwa 15-minütigen ersten Satzes ten Menschen zur Ruhe zu betten, zu einer harten Auseinanderset- deren Tod er nicht hatte verhindern zung zwischen einer triumphalen können? Dur-Melodie und einem düsteren Mit Pauken und Trompeten bricht Marsch in Moll. Resigniert ver- im Finale das tödliche Schick- Horace Vernet (1789–1863) lischt aller Kampf. Das Schicksal Evelyn de Morgan (1855–1919) sal in diese Szene ein. Anklänge Der Engel des Todes, 1881 Der Engel des Todes, 1851 lässt sich nicht bezwingen. an das Todesverkündigungsmotiv Das folgende Andante gehorcht aus Wagners „Walküre“ düstern fiziert den Komponisten sofort als dem beklemmenden Puls eines zeichnung „Vivace“ kommt über vorüber. Eine klägliche Es-Klari- Dvorˇák-Nachfahre. Ein schicksal- Trauermarsches. Seine Dimension eine anfängliche Lebendigkeit nette jault um ihr Leben, die Pau- haftes Anfangsthema in c-Moll be- des Dämonischen, Unentrinnbaren nicht weit hinaus. Wieder trüben ken donnern dazwischen. Irritiert tritt unter Paukenwirbel die Szene. bezieht es aus dem hohen Orgel- resignative Elemente die Idylle, vernimmt man das aggressive In höchster Erregung treibt es den punkt „Des“, der über weite Stre- die Solo-Violine leitet sie ein. Zum Potential sogar der böhmischen gesamten ersten Satz vor sich her. cken von wechselnden Instrumen- Schluss wird das Scherzo zum To- Volkstänze, etwa des Furiant oder Melancholische Erinnerungen ge- ten ausgehalten wird. Die nächtli- tentanz, zur hereinstürzenden Ra- der Polka. Tritonus und Tremolo, mahnen an Dvorˇáks berühmtes che Stimmung beschwört Suk mit serei, wie wir sie von Bruckner und schrille Pfeifen und schroffe Pau- Englischhorn-Solo aus der Sinfo- Wagnerschen Harmonien herauf: Mahler kennen. ken reiben einander auf. nie Nr. 9. Weitschwingende Unisoni leise, tiefe Trompeten, gedämpfte Mit Eintritt des vierten Satzes Während der letzten sieben Minu- der Streicher versuchen die große Hörner und Streicher. Hinzu kom- verdichtet sich Suks Tonsprache ten zähmt Suk das Dröhnen der Geste, die jedoch wieder und wie- men autobiographische Zitate: das nochmals hin zu leidenschaftlicher Blechbläser. In verklärtem Licht der von den Lähmungen der Trauer Leitmotiv aus Dvorˇáks Requiem Betroffenheit. Das Adagio ist „An steigen die Melodien der Flöten eingeholt wird. Ein Kaleidoskop von und das Tritonus-Motiv aus der Otylka“ überschrieben. Mit ergrei- und Geigen auf in paradiesische glücklichen Bildern aus vergange- Suite „Radúz und Mahulena“ von fend warmem Ton zeichnet Suk ein Sphären. Reines C-Dur ist erreicht. nen Tagen erfährt die Konfronta- Suk selbst. Dort symbolisiert die- überaus zartes Bild seiner verstor- „Weißt du, was ich durchmachen tion mit den Schlägen des Schick- ses Motiv den Tod von Radúz’ Vater. benen Frau. Nochmals zitiert er die musste, bis ich dieses letzte C-Dur sals. Suks assoziativer musikali- Das Scherzo mit der Tempobe- Begräbnismusik aus „Radúz und erreichte?“

26 27 Biografie Biografie Jakub Hru° ša Christian Tetzlaff

1981 in der Tschechischen Republik Gramophone Magazine in die Phalanx Seit mehr als 20 Jahren erreicht Seguin), Berliner Philharmoniker geboren und dort aufgewachsen, jener zehn jungen Dirigenten der der deutsche Geiger Christian (Andris Nelsons), Orchestre de Paris schloss Jakub Hru° ša 2004 sein Studi- Welt, die „an der Schwelle zur Groß- Tetzlaff sein Publikum mit etwa 100 (Paavo Järvi), Gewandhausorchester um an der Akademie für Darstellende artigkeit“ stünden. Jakub Hru° ša ist Konzerten pro Jahr. Aktuell gastiert Leipzig (Manfred Honeck), New York Künste in Prag ab, an der zu seinen Künstlerischer Leiter und Chefdiri- er mit zehn Konzerten in London Philharmonic (Andris Nelsons), St. Lehrern u. a. Jirˇí Beˇlohlávek gehörte. gent der Prager Philharmonie, Künst- u.a. bei den Proms, mit dem London Paul Chamber Orchestra (John Stor- In der Folgezeit stieg Jakub Hru° ša in lerischer Leiter von Glyndebourne on Philharmonic und Osmo Vänskä und gårds), Montréal Symphony (Kent seiner tschechischen Heimat schnell Tour und Erster Gastdirigent des To- dem London Symphony und Antonio Nagano) und in der Waldbühne mit zum gefeierten Star auf. 2010 war er kyo Metropolitan Symphony Orches- Pappano sowie einer Residency in den Berliner Philharmonikern unter der jüngste Dirigent seit 1949, dem tra. Mit Beginn der Saison 2013/2014 der Wigmore Hall. Darüber hinaus ist Simon Rattle. jemals die Ehre zuteil wurde, das wird er als Künstlerischer Leiter Christian Tetzlaff Artist in Residence Christian Tetzlaff erhielt für seine Eröffnungskonzert des renommierten an der Königlich Dänischen Oper in bei der Tonhalle Zürich. Zwei Kon- Aufnahmen zahlreiche internatio- Festivals „Prager Frühling“ zu diri- Kopenhagen arbeiten. Das Rundfunk- zerten mit David Zinman und Chris- nale Preise, darunter jenen der gieren. Er leitete die großen Orches- Sinfonieorchester Berlin dirigiert er toph von Dohnányi folgen in Zürich deutschen Schallplattenkritik für die ter seines Heimatlandes und wurde heute zum ersten Mal. ein Kammermusikprojekt, ein Duo- Schumann-Klaviertrios mit Leif Ove bald über dessen Grenzen hinaus be- Unter den sechs CDs, die Jakub abend mit Leif Ove Andsnes, einem Andsnes und Tanja Tetzlaff. Geboren kannt. Mittlerweile reist er zwischen Hru° ša bisher für das tschechische seiner regelmäßigen Klavierpartner, 1966 in Hamburg, studierte Christian Prag, Leipzig und Barcelona hin und Label Supraphon produzierte, ragt und mit dem Tetzlaff-Quartett im Tetzlaff an der Lübecker Musikhoch- her, weiter nach Helsinki, Amster- die Gesamtaufnahme von Smetanas Rahmen einer ausgedehnten Tour- schule bei Uwe-Martin Haiberg und dam, Liverpool und Lyon. Seit 2009 Orchesterzyklus „Má Vlast“ heraus, nee nach Oslo, Köln, London, Zürich, in Cincinnati bei Walter Levin. Er erweiterte er seinen Aktionsradius live aufgenommen 2010 mit den Pra- Freiburg, Berlin und Paris. Beim spielt ein Instrument aus der Werk- bis nach Nordamerika (Washington, ger Philharmonikern beim „Prager RSB gastiert er heute zum zweiten statt von Peter Greiner und unter- Atlanta, Seattle, Dallas, Houston, Frühling“. Jakub Hru° ša engagiert sich Mal seit 2008. Die Saison hält exem- richtet regelmäßig an der Kronberg Ottawa) und nach Australien. Inzwi- derzeit auch als Präsident der Inter- plarisch weitere Höhepunkte bereit: Akademie. Zusammen u. a. mit Lars schen dirigiert er regelmäßig auch nationalen Martinu° -Stiftung. Sinfonieorchester des Schwedischen Vogt unterstützt er die Initiative in Asien, z. B. an der Oper von Hong Rundfunks (Daniel Harding), BR- „Rhapsody in school“ – Musiker zum Kong. 2011 wählte ihn das britische Sinfonieorchester (Yannick Nézet- Anfassen.

28 29 Künstlerischer Leiter und Stefanie Rau, stellv. Solokontrabassistin Chefdirigent Iris Ahrens, Vorspielerin Biografie Rundfunk- Marek Janowski Axel Buschmann, Georg Schwärsky, Markus Strauch, N. N., Lukasz Klusek*, 1. Violinen Youngil Seo* Sinfonieorchester Berlin Erez Ofer, Konzertmeister Rainer Wolters, Konzertmeister Flöten N.N., Konzertmeister Prof. Ulf-Dieter Schaaff, Soloflötist Susanne Herzog, stellv. Konzertmeisterin Silke Uhlig, Soloflötistin Andreas Neufeld, Philipp Beckert, Rudolf Döbler Steffen Tast, Vorspieler Markus Schreiter, Piccoloflöte Susanne Behrens, Marina Bondas, Dylan Oboen Blackmore, Franziska Drechsel, Anne Gabriele Bastian, Solooboistin Feltz, Tilman Hussla (Zeitvertrag), Karin Prof. Clara Dent, Solooboistin Kynast, Anna Morgunowa, Maria Pflüger, Florian Grube, Gudrun Vogler Prof. Joachim Scholz, Bettina Sitte, Misa Thomas Herzog, Englischhorn Yamada, Mihály András*, Eugene Naka- mura*, Meike Lu Schneider* Klarinetten Michael Kern, Soloklarinettist 2. Violinen Oliver Link, Soloklarinettist Nadine Contini, Stimmführerin Peter Pfeifer, Es-Klarinette N. N., Stimmführer Andreas Langenbuch Seit 2002, dem Beginn der Ära von fonischen Klangkörper, bei dem Catherine Ribes, stellv. Stimmführerin Christoph Korn, Bassklarinette David Drop, Vorspieler Marek Janowski als Künstlerischem große Komponisten des 20. Jahr- Sylvia Petzold, Vorspielerin Fagotte Leiter und Chefdirigent, wird dem hunderts immer wieder selbst ans Maciej Buczkowski, Neela Hetzel de Fon- Sung Kwon You, Solofagottist Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Pult traten, darunter Paul Hindemith, seka, Brigitte Draganov, Martin Eßmann, N.N., Solofagottist Alexander Voigt eine herausragende Position zwi- Richard Strauss, Arnold Schönberg. Eva Grünenthal, Juliane Manyak, Enrico Palascino, Christiane Richter, Anne- Clemens Königstedt, Kontrafagott schen den Berliner Spitzenorches- Die Zusammenarbeit mit Deutsch- Kathrin Weiche, N. N., Mai Tategami*, Hörner tern und deutschen Rundfunkorches- landradio, dem Hauptgesellschafter Eren Kustan*, Julia Rogozia*, Martin Kühner, Solohornist tern zuerkannt. Das unter Marek der ROC GmbH Berlin, der das RSB Bratschen N.N., Solohornist Janowski erreichte Leistungsniveau angehört, trägt reiche Früchte auf Pauline Sachse, Solobratschistin Felix Hetzel de Fonseka, Uwe Holjewilken, Prof. Andreas Willwohl, Solobratschist Ingo Klinkhammer, Anne Mentzen, macht das RSB attraktiv für Dirigen- CD. Gegenwärtig konzentrieren Frank Stephan ten der internationalen Spitzenklas- sich viele Anstrengungen zusam- Gernot Adrion, stellv. Solobratschist Prof. Ditte Leser, Vorspielerin Trompeten se. Nach Andris Nelsons, Kristjan men mit dem niederländischen Christiane Silber, Vorspielerin Florian Dörpholz, Solotrompeter Järvi, Yannick Nézet-Séguin, Juraj Label PentaTone auf die mediale Aus- Claudia Beyer, Alexey Doubovikov, Jana Lars Ranch, Solotrompeter Valcuha, Vasily Petrenko und Ludovic wertung des Wagnerzyklus. Sechs Drop, Ulrich Kiefer, Emilia Markowski, Simone Gruppe, Jörg Niemand Morlot in den vergangenen Jahren der Live-Mitschnitte sind bereits Carolina Alejandra Montes, Ulrich Quandt, Posaunen Ana Mba Flores*, Olga González Cárdaba*, debütieren in der Saison 2012/13 u. a. erschienen und haben sogleich ein Hannes Hölzl, Soloposaunist Hye-Young Kim*, Kasumi Matsuyama* Prof. Edgar Manyak, Soloposaunist Josep Pons, Karel Mark Chichon und weltweites Echo ausgelöst. Für die Violoncelli Hartmut Grupe, József Vörös Jakub Hru° ša beim Rundfunk-Sinfo- Gesamteinspielung aller Sinfonien Prof. Hans-Jakob Eschenburg, Solocellist Jörg Lehmann, Bassposaune nieorchester Berlin. von Hans Werner Henze mit WERGO Konstanze von Gutzeit, Solocellistin Tuba Das älteste deutsche rundfunkeigene folgt noch die Nummer 10. 2012/2013 Ringela Riemke, stellv. Solocellistin Georg Schwark Jörg Breuninger, Vorspieler Sinfonieorchester geht auf die erste standen und stehen Gastspiele beim Volkmar Weiche, Vorspieler Pauken/Schlagzeug musikalische Funkstunde im Oktober Festival in Montreux, in Nordita- Peter Albrecht, Christian Bard, Georg Boge, Jean-Claude Gengembre, Solopaukist 1923 zurück. Die Chefdirigenten, u. a. lien und beim Festival in Colmar Andreas Kipp, Andreas Weigle, Haedeun Arndt Wahlich, Solopaukist Tobias Schweda, stellv. Solopaukist Sergiu Celibidache, Eugen Jochum, an. Dazu kommen die langjährigen Lee*, Ana Moreno Yánez*, Constanze Ricard* Frank Tackmann , Rolf Kleinert, Partnerschaften mit den Festspielen Harfe Heinz Rögner, Rafael Frühbeck de Mecklenburg-Vorpommern und dem Kontrabässe Rick Stotijn, Solokontrabassist Renate Erxleben Burgos, formten einen flexiblen sin- Choriner Musiksommer. Hermann F. Stützer, Solokontrabassist * Orchesterakademie

30 31 Nachrichten Rundfunk- Sinfonieorchester Berlin

Berliner Philharmonie. Nun kön- schaftlers Wilhelm Georg Berger Verstärkung in der Bildungsarbeit nen sich ihre Stimmen bei den Hö- (1929–1993) wurden 2009 und 2010 Schon seit vielen Jahren stecken die rern zu Hause – mit der richtigen im Studio aufgenommen. Es diri- Musiker des RSB junge Leute aller technischen Ausstattung – im fünf- gierte Horia Andreescu aus Rumä- Altersstufen in Workshops und bei kanalig aufgenommen Surround- nien, Solist war Nils Mönkemeyer, Probenbesuchen mit ihrer eigenen klang entfalten. Auch im normalen Viola. Begeisterung für die klassische Mu- Stereo-Sound wird die hochquali- sik an. Seit März 2013 hat nun auch tative Aufnahme zum Genuss. Für Berlin Brass mit Giovanni Gabrieli der Freundeskreis des Rundfunk- „Parsifal“ erhielten PentaTone und Das vom RSB-Bassposaunisten Sinfonieorchesters Berlin mit Hilfe Jörg Lehmann gegründete Blech- der Beiträge der Freunde und För- Wieder Wagner die Aufnahmefirma Polyhymnia vor bläserensemble Berlin Brass mit derer des RSB dieses Anliegen zu CD „Das Rheingold“ erschienen wenigen Wochen den BBC Music zahlreichen Mitgliedern des Rund- seiner Sache gemacht: Der Verein Am 22. Mai 2013 feiert die Welt Ri- Magazine Award in der Kategorie funk-Sinfonieorchesters Berlin und hat ein Education-Projekt ins Le- chard Wagners 200. Geburtstag. „Technical Excellence“. weiteren Berliner Musikern hat im ben gerufen, in dessen Rahmen die Pünktlich bringt PentaTone in Ko- Februar 2013 im Berliner Dom eine Musikvermittlerin Isabel Stegner operation mit Deutschlandradio CD für Deutschlandradio Kultur und die Musiker bei ihren Aktivitäten für zwei Tage zuvor den siebten Live- das niederländische Label Penta- Kinder und Jugendliche unterstützt. Mitschnitt aus dem konzertan- Tone mit Werken von Giovanni Ga- Schon für die nächste Spielzeit sind ten Wagnerzyklus des Rundfunk- brieli aufgenommen. Dirigent war verschiedene Projekte in Planung: Sinfonieorchesters Berlin auf den Lucas Vis, die Orgel spielte Andreas u.a. werden Schulklassen aufgeru- Markt. „Das Rheingold“ ist gleich- Sieling. Giovanni Gabrieli wäre am fen, einen Planeten musikalisch zu zeitig der erste Teil der Tetralogie 12. August 2012 vierhundert Jahre adoptieren. Auch das Thema „Früh- „Der Ring des Nibelungen“, die drei alt geworden. Die repräsentative, kindliche Bildung“ soll qualifiziert in ausstehenden CD-Boxen sollen oft mehrchörige Musik des großen die Angebotspalette des RSB inte- noch vor Jahresende erscheinen. Wilhelm Georg Berger auf CD Italieners, einst für San Marco in griert werden. Sänger wie Tomasz Konieczny Gemeinsam mit Deutschlandradio Venedig komponiert, fand im Ber- Auch Sie können sich für viele (Wotan), Iris Vermillion (Fricka), Kultur hat das Rundfunk-Sinfonie- liner Dom einen adäquaten Raum leuchtende Kinderaugen engagieren Jochen Schmeckenbecher (Albe- orchester Berlin beim deutschen für die ausführliche Würdigung. Die innerhalb des Vereins der Freunde rich), Christian Elsner (Loge) und Label cpo eine neue CD vorgelegt. hochwertig produzierte SA-CD er- und Förderer des RSB e. V.! Günther Groissböck (Fasolt) beein- Die Orchesterwerke des verdienst- scheint im Oktober 2013 im Handel. Bitte informieren Sie sich unter druckten beim „Rheingold“-Kon- vollen siebenbürgischen Kompo- www.rsb-online.de, Stichwort zert am 22. November 2012 in der nisten, Geigers und Musikwissen- „Freundeskreis“.

32 33 Vorschau Impressum

FR | 31. MAI 13 | 20.00 Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin ABOKONZERT C/6 Künstlerischer Leiter: Marek Janowski Orchesterdirektor: Trygve Nordwall SA | 1. JUNI 13 | 20.00 Ein Ensemble der Rundfunk-Orchester ABOKONZERT B/7 und -Chöre GmbH Berlin KONZERTHAUS BERLIN Geschäftsführer: Thomas Kipp MAREK JANOWSKI Kuratoriumsvorsitzender: Rudi Sölch Radu Lupu | Klavier Gesellschafter: Deutschlandradio, Bundesrepublik Deutschland, Land Berlin, Rundfunk „Aus Holbergs Zeit“ – Suite für Berlin-Brandenburg Streichorchester op. 40 Benjamin Britten Text und Redaktion Variations on a theme of Frank Steffen Georgi

Bridge für Streichorchester Gestaltung und Realisierung op. 10 schöne kommunikation Wolfgang Amadeus Mozart A. Spengler & D. Schenk GbR Konzert für Klavier und Orchester B-Dur KV 595 Druck H. Heenemann GmbH & Co, Berlin Buch- und Offsetdruckerei jeweils 18.45 Uhr Redaktionsschluss: 10. Mai 2013 Werner-Otto-Saal Einführung von Steffen Georgi Ton- und Filmaufnahmen sind nicht gestattet. Änderungen vorbehalten! © Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Steffen Georgi

Programmheft 2,– €

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