Belcea Quartet & Mihaela Ursuleasa Dienstag
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Belcea Quartet & Mihaela Ursuleasa Dienstag, 15.11.2011 · 20.00 Uhr So klingt nur Dortmund. BELCEA QUARTET CORINA BELCEA VIOLINE AXEL SCHACHER VIOLINE KRZYSZTOF CHORZELSKI VIOLA ANTOINE LEDERLIN VIOLONCELLO MIHAELA URSULEASA KLAVIER Abo: Solisten IV – Zyklus Streichquartett In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handy- klingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis! 2,50 E 4I5 Ludwig van Beethoven LUDWIG VAN BEETHOVen (1770 – 1827) Streichquartett B-Dur op. 18 Nr. 6 (1800) Allegro con brio Adagio ma non troppo Scherzo. Allegro – Trio La Malinconia. Adagio – Allegretto quasi Allegro THOMAS LARCHER (GEB. 1963) Klavierquintett (2011) Deutsche Erstaufführung – Auftragskomposition der Wigmore Hall London, des Wiener Konzerthaus und des KONZERTHAUS DORTMUND Introduction. Very slow Very fast, hyperactive Slow, flowing – Pause ca. 20.50 Uhr – ROBERT SCHUMann (1810 – 1856) Klavierquintett Es-Dur op. 44 (1842) Allegro brillante In modo d’una marcia. Un poco largamente – Agitato Scherzo. Molto vivace – Trio I – Trio II Allegro ma non troppo – Ende ca. 21.50 Uhr – 6I7 PROGRAMM 8I9 ERHABENE MELANCHOLIE EIN GANZ NORMALES STÜCK MUSIK LUDWIG VAN BEETHOVEN STREICHQUARTETT B-DUR OP. 18 NR. 6 THOMAS LARCHER KLAVIERQUINTETT Nachdem Haydn und Mozart die »Unterhaltung unter vier vernünftigen Leuten«, mit der Goethe Thomas Larcher wurde am 16. September 1963 in Innsbruck geboren und wuchs in Tirol auf. das Streichquartett einmal verglichen hat, auf die höchste Stilebene gehoben haben, musste Schon während seines Klavierstudiums bei Heinz Medjimorec und Elisabeth Leonskaja an der Beethoven dieser Gattung mit einer Hochachtung begegnen, wie er sie sonst allein der Sinfonie Musikhochschule Wien trat er als Pianist vorrangig mit zeitgenössischer Musik hervor und ist entgegenbrachte. Davon zeugt nicht zuletzt die lange Entstehungszeit seines ersten Quartett- unter Dirigenten wie Claudio Abbado und Pierre Boulez aufgetreten. In der Zeit von 1981 bis 1986 zyklus, die weit über die der vorangegangenen Werke hinausgeht. Begonnen hat er die kompo- hat er Komposition studiert – wiederum in Wien bei Erich Urbanner – und schon früh sehr eng sitorische Arbeit im Sommer 1798, abgeschlossen hat er sie über zwei Jahre später. mit Komponisten wie Heinz Holliger, Olga Neuwirth, Johannes Maria Staud und Isabel Mundry zusammengearbeitet. Seine Liebe zu neuer Musik ließ ihn zwei Festivals gründen: von 1994 bis Nach den Vorbildern der sechsteiligen Quartettzyklen Haydns stellte Beethoven in das Zentrum 2003 leitete er »Klangspuren«, dann, bis heute, das Festival »Musik im Riesen«. Allmählich trat seines op. 18 ein Werk in Moll. Doch im Unterschied zu denen seines Lehrers beschloss er seinen der Komponist Larcher gegenüber dem Pianisten in den Vordergrund. Er schrieb für die London Zyklus nicht mit dem leichtgewichtigsten Stück. Ähnlich wie er in den einzelnen Quartetten all- Sinfonietta, das Artemis Quartett, Heinrich Schiff, Matthias Goerne, Till Fellner und Isabelle Faust, mählich das Gewicht auf das Finale verlagerte, setzte er auch an das Ende des ganzen Zyklus im Auftrag z. B. des »Lucerne Festivals«. In diesem Jahr ist er Composer in Residence sowohl des keinen fröhlichen Kehraus, sondern ein gewichtiges Gegenstück zum ersten Quartett. Mozarteumorchesters Salzburg als auch des Wiener Konzerthauses. Dort werden Viktoria Mullova, das Belcea Quartet, der Tenor Mark Padmore und der Pianist Lars Vogt Werke Larchers aufführen. Dieses B-Dur-Streichquartett gehört zu den bedeutendsten Quartetten des 18. Jahrhunderts und das vor allem wegen der Adagio-Introduktion, die Beethoven dem Finalsatz vorausschickt. Am 12. November 2011 war ihm ein Porträtkonzert in der Wigmore Hall London gewidmet. Dort Dies ist nicht allein in seinem Schaffen singulär, sondern kennt in keinem Quartett des 18. Jahr- wurde sein Klavierquintett uraufgeführt, das am heutigen Abend im KONZERTHAUS DORTMUND hunderts ein Vorbild. Überschrieben sind diese 44 Takte mit »La Malinconia«. Während nach Beet- seine Deutsche Erstaufführung erlebt. Während Larcher in seinen früheren Werken wie »Naunz« hovens eigenen Worten, zumindest in der Überlieferung des Biografen Schindlers, jedermann höre, und »Kraken« das Klavier mit kammermusikalischen Besetzungen verbunden hat, kamen in den dass sein Largo e mesto der Klaviersonate op. 10 Nr. 3 den »Seelenzustand eines der Melancholie letzten Jahren vermehrt Arbeiten hinzu, in denen er das Klavier gar nicht berücksichtigt. Stattdes- Verfallenen ausdrückt«, wandte er sich im B-Dur-Streichquartett jener erhabenen Melancholie zu, sen komponierte er für Orchester und Ensemblebesetzungen, für Stimme oder Soloinstrumente die seit der Antike einen Ausweis des denkenden Genies bildet. »Warum«, so fragte Aristoteles in mit Orchesterbegleitung. Bei Stücken aber, in denen ein Klavier beteiligt ist, spielt das Instrument seinen »Problemata Physica«, »erweisen sich alle außergewöhnlichen Männer in Philosophie und immer noch eine sehr große Rolle für ihn – »auch im Denkprozess«, wie er betont. »Ich kompo- Politik oder Dichtung oder in den Künsten als Melancholiker?« Vergleichbar Dürers Kupferstich niere oft so, dass vieles improvisiert, dann notiert und transformiert wird. Der Klang des Klaviers »Melencolia I« aus dem Jahre 1514 liegen in Beethovens Introduktion des Finales die harmonie- ist dabei wesentlich. Ich brauche zum Schreiben einen Steinway-D-Flügel, um diese Weite, die- technischen Werkzeuge wie zerstreut da. Es scheint, als habe sich der Philosoph der Töne eine sen Kosmos und diese extreme Dynamik wirklich bei mir zu haben, sooft ich will.« Aufgabe gestellt, die sich nicht lösen lässt: das alte Problem der systematischen Teilung der Oktave, die darum nicht gelingen kann, weil keine regelmäßige Aufteilung dieses Intervalls an Prägend für Larchers Kompositionsprozess sind seit seiner Jugend, ab einem Alter von 10 Jahren den Anfangspunkt zurückführt. etwa, vor allem Bach, Mozart und Schubert gewesen. Diese Tradition wirke sich bis heute auf sein eigenes Komponieren aus: »Ich kann in gewisser Weise immer nur in diesem vertrauten Um- Beethoven zeigt in den Takten, die vom B-Dur am Ende des Scherzos wieder nach B-Dur feld ansetzen. Ob ich auf diesem Weg etwas Neues finde, kann ich selber gar nicht beurteilen. am Anfang des Finales führen, mehrere harmonische Finessen. Doch mit keiner Kunstfertigkeit Umgekehrt: Wenn man unbedingt etwas Neues finden muss, ist das die beste Garantie, dass gelangt er an den Ausgangston zurück, sondern erreicht immer nur dessen enharmonische man gerade nichts Neues findet.« Dann sind vor allem Bartók und Strawinsky in sein Blickfeld Variante. Der Philosoph hat sich in seinem Denken verloren – doch langsam hebt sich der Vor- gekommen und später noch Ligeti und Heinz Holliger, die alle für ihn sehr wichtig sind, wie er hang. Eine Ballerina betritt die Bühne und beginnt einen Tanz in B-Dur, in dem alle Melancholie unterstreicht. Auf die Frage, welchen Hörer er sich für seine Musik wünsche, antwortete er: »Ich überwunden ist. denke an einen Hörer, der die Tradition der europäischen Klassik soweit ›beherrscht‹, dass er mit 10 I 11 WERKE ihren Codes umgehen kann. Jemand, der Verläufe und Formen einordnet und sich dennoch re- bis heute eher unbekannte Art zyklischen Formdenkens, die vielleicht mit dem Begriff eines er- lativ unbedarft in eine klangliche Welt hineinbegibt. Ich suche einen Hörer, der ein dynamisches zählenden Komponierens treffend charakterisiert ist. Er weist seinen Themen ihre Position nicht Verhältnis zwischen Intellekt und Emotionalität sucht und immer wieder neue Gegenüberstel- mehr ein für alle Mal zu, sondern behandelt sie vielmehr wie die Gestalten eines Romans, wenn lungen dieser beiden Pole zulassen kann.« Und was Musik denn eigentlich bedeuten kann? »Es er einmal Exponiertes aufgreift. So schleicht sich das Hauptthema zunächst mehr unbemerkt in gibt da einen wunderbaren Satz von Helmut Lachenmann, Schönheit sei die Verweigerung des die späteren Sätze ein, bevor es im zweiten Fugato der ausgedehnten Coda des Werkes zu seiner Gewohnten – ein schöner, aber auch sehr offener Satz.« Denn, so meint Larcher: »Es gibt so viele letzten Blüte kommt. Die absteigenden Tonleitern und Trauermarschmotive im ersten Abschnitt Gewohnheiten, dass man die gar nicht alle gleichzeitig durchbrechen kann. Und es stellt sich die der Durchführung gehen nicht auf das in der Exposition vorgestellte thematische Material zurück, Frage, was überhaupt das Gewohnte ist. Ist das die 37. Klangfläche oder ist doch schon wieder sondern weisen auf den zweiten Satz voraus. Die beiden Trios des Scherzos nehmen jedes für der Dreiklang gewohnt – oder schon wieder abgewöhnt?« Vielleicht auch »abgewohnt«, fügt der sich eines der beiden Themen des Kopfsatzes auf, und das Rondothema des Finales lässt sich als Komponist lachend hinzu. Metamorphose des Themas des langsamen Satzes hören. Doch niemals hat Schumann solche Verwandtschaften dem Hörer aufgedrängt oder ihm nach einem alten philosophischen Grundsatz Über sein Klavierquintett hat er ein paar erste Sätze verlauten lassen: »Ein Stück. Ein ganz nor- vorgeführt, dass alles mit allem zusammenhänge. Vielmehr suchte er in seiner Instrumentalmusik males Stück. Ein Stück mit einer Einleitung. Ein Stück mit einem schnellen ersten Satz, mit kontras- eine »höhere Potenz der Poesie«, die weder einem Programm folgt, noch reine kompositorische tierenden Themen und mit Entwicklungen,