Cuprum Tyrolense
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Cuprum Tyrolense 5550 Jahre BergBau und Kupferverhüttung in tirol © Montanwerke Brixlegg AG, 2013 1. Auflage Alle Rechte vorbehalten Herausgeber: Montanwerke Brixlegg AG, Klaus Oeggl, Veronika Schaffer Verlag: Edition Tirol, www.edition-tirol.at Redaktion: Veronika Schaffer Graphik: Effekt! www.effekt.it ISBN-13 978-3-85361-171-5 /// 273 Die wirtschaftliche, demographische 13. und soziale Entwicklung Brixleggs Zusammenfassung Siedlungen in und um die heutige Marktge- „dem Reichen“ begründet wurde. Diese ist meinde Brixlegg sind bereits seit der Bron- 1463 erstmals belegt und war bis in die heu- zezeit bezeugt. Die erste urkundliche Erwäh- tige Zeit fast ununterbrochen in Betrieb. Auch nung erfolgte im Jahr 788 im sogenannten die Lände am Brixlegger Innufer als wichtige „Indiculus Arnonis“. Brixlegg hatte Anteil am Station der Innschifffahrt trug im Mittelalter wirtschaftlichen Aufschwung im Zuge des und in der frühen Neuzeit zur wirtschaftlichen zunehmenden Kupfer- und Silberbergbaus Bedeutung der Siedlung bei. Seit dem 19. Jahr- der Region und war auch Standort einer Kup- hundert kam der Tourismus als wesentlicher ferhütte, die vom bayerischen Herzog Ludwig Wirtschaftszweig dazu. Der Name „Brixlegg“ Der früheste Beleg für den Namen „Brixlegg“ stammt aus dem Jahr 788. In der sogenannten „Notitia Arnonis“, auch „Indiculus Arnonis“ ge- nannt, scheint der Ort als „Prisslech“ auf. Bei diesem Dokument handelt es sich um ein Besitz- verzeichnis der Salzburger Diözese, das Bischof Arn um 790 anlegen ließ. Dort finden neben Abb. 1: Ausschnitt aus dem „Indiculus Arnonis“ Brixlegg auch zahlreiche andere Orte im heuti- (© Erzabtei St. Peter, Stiftsarchiv). gen Süddeutschland und Österreich ihre erste urkundliche Erwähnung. Leider ist es nicht im Original erhalten, es existieren jedoch mehrere In Urkunden der folgenden Jahrhunderte finden Abschriften. Die älteste davon stammt aus dem sich die unterschiedlichsten Schreibweisen des 12. Jahrhundert und befindet sich in Salzburg. Namens (976: Prislecca, 1231-34: Prichslekke, 1270: Die Stelle lautet: Priselekk, 1374: Prichslek, 1521: in der Brichslegg…), „[...] In pago qui dicitur inter valles: die heute übliche Schreibung hat sich erst im ad Ratfeld ecclesia cum territorio, 18. Jahrhundert vollständig durchgesetzt. Frühe ad Prisslech similiter [...].“ Beispiele für die heutige Schreibung finden sich in einer Tirol-Karte des Warmund Ygl von 1604/05 Übersetzung: „Im Gau, der „Zwischen den Tälern“ (Abb. 2) sowie auf einem Bild des Künstlers Hilari- genannt wird: in Radfeld eine Kirche mit Landbe- us Duvivier, das aus der Zeit um 1610 stammt und sitz, in Brixlegg ebenso.“ als „Jagdbild“ bekannt ist (Rebitsch F. 1988b:357). beTTina anzinger Institut für Geschichtswissen- schaften und Europäische Ethnologie, Universität Innsbruck /// 274 Abb. 2: Ausschnitt aus der Karte des Warmund Ygl (© Tiris Historische Kartenwerke, Land Tirol). Der Namensbestandteil Brix- ist in mehreren welche recht gut zur prähistorischen Siedlung keltischen Namen (zum Beispiel Brixen, A., I. am Mariahilfbergl passen würde. Dort wurden < Brixina; Brescello, I. < Brixellum; La Bresse, F. zahlreiche, bis zu 6000 Jahre alte Fundstücke < Brixia) anzutreffen und geht auf die keltische entdeckt. Ein Stück Kupferschlacke wird der Wurzel *brig- „Hügel, Anhöhe“ zurück (Finsterwal- Münchshöfener Kultur zugeordnet und ist der der 1990:566). Diese ist etymologisch verwandt früheste Hinweis auf Kupferverhüttung in der mit neuhochdeutsch Berg, da sich beide von der Region. Der Fund eines Schiffsmodells der Frit- indogermanischen Wurzel *bherĝh- „Höhe, Hügel“ zens-Sanzeno-Kultur aus Keramik ist das älteste ableiten (Matasović 2009, Lemma „brig“; Köbler Indiz für Schifffahrt auf dem Inn (Huijsmans 2000, Lemma „*bherĝhos“). Unwahrscheinlich sind 2001:18; Huijsmans dieser Band). Herleitungen des Namens vom heiligen Brictius oder dem Volk der Brixentes. Zur Zeit der römischen Herrschaft verlief im Inn- tal eine „Via vicinalis“ (Provinzstraße). Bei Brixlegg Zum Suffix -(l)egg gibt es verschiedene Thesen. befand sich eine Post- und Pferdewechselstation Finsterwalder sieht darin das romanische Suffix mit dem Namen „Masciacum“, von dem sich der -ecca mit ungeklärter Bedeutung (Finsterwalder Name „Matzen“ ableiten dürfte. Unwahrschein- 1990:567). Das deutsche Ortsnamensuffix -eck lich ist, dass sie sich an dem Platz befunden hat, kann nicht nur „Ecke, Winkel“, sondern auch „Fel- an dem später das Schloss Matzen erbaut wurde. senspitze, Berghang“ (DWB, Lemma „ecke, f.“) Stattdessen käme ein Standort am Mühlbichl bedeuten und ist Teil vieler Burgnamen. infrage (Rebitsch W. 1988a:102). Der Verlauf deckt sich möglicherweise sogar in etwa mit dem der Damit ist eine Interpretation des Namens als heutigen Römerstraße. „befestigte Siedlung auf einer Anhöhe“ möglich, /// 275 Brixlegg im Mittelalter Etwa um das Jahr 560 begannen Baiuwaren hinaus auch über Abhängigkeitsverhältnisse im Unterinntal bis hinauf zur Zillermündung der Bauern vom Grundherrn, die Familie der zu siedeln und verdrängten langsam die an- Bauern sowie über den Viehbestand Auskunft sässige romanische Bevölkerung. Die früheste (Bachmann 1970:13-14; Rebitsch F. 1988a:119). Erwähnung Brixleggs findet sich in der oben Auch ist es nicht das Besitzverzeichnis nur einer bereits erwähnten „Notitia Arnonis“. Anlass für Grundherrschaft, sondern aller, geistlicher und deren Entstehung war der Sturz des bayerischen weltlicher, Grundherrschaften des Gerichts. Herzogs Tassilo III. durch Karl den Großen und die Eingliederung des Herzogtums Bayern ins Nach den Angaben im Rattenberger Salbuch Fränkische Reich. Im Zuge der politischen Umwäl- war Brixlegg zu dieser Zeit noch eine agrarische zungen wollte sich der Bischof die Kirchen und Siedlung. In Brixlegg und Zimmermoos werden Ländereien seines Bistums, die es von den bay- insgesamt 38 Gebäude genannt, die meisten erischen Herzögen und Adeligen erhalten hatte, davon Bauerngüter, aber auch vier Mühlen (Re- durch Karl bestätigen lassen (Lošek 2006:11-12). bitsch F. 1988a:121-124). Die Abgaben wurden zum Zu diesen Ländereien gehörten neben Brixlegg Teil in Münzgeld und zum Teil in Naturalien, vor sieben weitere Siedlungen des Unterinntals. allem Wein und Vieh, geleistet. Von diesen Wein- Die erwähnte Kirche wurde am Standort der abgaben wurde bereits auf besonders günstiges heutigen spätgotischen Pfarrkirche vermutet. Klima und intensiven Weinbau in der Region Bei Untersuchungen der Fundamente der Kirche geschlossen, wahrscheinlicher ist jedoch, dass konnten aber keine Hinweise auf eine ältere die Bauern den Wein aus Südtirol kauften (Brand- Kirche am selben Standort entdeckt werden stätter 1999:36). (Kaltenhauser 1988:203). Der Standort der alten karolingischen Kirche bleibt damit unbekannt. Die Haupteinheiten in den Urbaren sind die Bau- Eine weitere frühe Quelle zur Geschichte erngüter, auch „Huben“ oder „Lehen“ genannt, Brixleggs ist das Rattenberger Salbuch, ein Be- deren Inhaber als „Hintersassen“ oder „Grundhol- sitzverzeichnis vom Beginn des 15. Jahrhunderts, den“ bezeichnet werden. Bereits im Mittelalter das 1415/1416 im Auftrag des bayerischen Herzogs gab es auch außerhalb der Städte Menschen, die Ludwig VII. „des Bärtigen“ erstellt wurde. Solche keiner landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgingen. Salbücher wurden zur gleichen Zeit auch für Kuf- Diese sogenannten Kleinhäusler waren bis zum stein und Kitzbühel angefertigt. Das Kufsteiner Beginn der Neuzeit noch eine Seltenheit, da Ge- Salbuch ist allerdings nicht erhalten. Zu dieser werbeausübung auf die Städte konzentriert blieb. Zeit gehörten die drei Landgerichte Kufstein, Die Behausungen der Kleinhäusler nennt man Rattenberg und Kitzbühel zum Teilherzogtum Kleinhäuser, Söllhäuser, Selden oder Keuschen. Bayern-Ingolstadt, das 1445 an Bayern-Landshut Im Rattenberger Salbuch von 1416 werden für fiel. Salbuch ist eine andere Bezeichnung für das gesamte Landgericht Rattenberg von 851 ein Urbar, ein Verzeichnis, in dem sämtlicher Häusern nur 22 Selden („Gütel und Selden“) ge- Landbesitz und die dem Eigentümer daraus zu- zählt (Jäger 1988:203). stehenden Einkünfte notiert werden. In dem Wort steckt das mittelhochdeutsche Wort sal In den drei bayerischen Gerichten war bis zum (von althochdeutsch sala „Besitzübertragung“). Beginn des 16. Jahrhunderts die Lehensform des Das Rattenberger Salbuch ist ein für die Zeit Freistifts üblich, bei dem der Grundherr die Hin- außergewöhnlich ausführliches Besitzverzeich- tersassen jährlich abstiften, also ihnen das Lehen nis. Es enthält nicht nur die für Urbare üblichen kündigen konnte. Mit der Zeit setzte sich auch Angaben zur Größe der einzelnen Güter und den hier die im benachbarten Tirol bereits früher zu leistenden Abgaben, sondern gibt darüber aufgekommene Erbleihe durch (Biasi 1974:43). /// 276 Aufschwung der Siedlung als Standort der Hüttenwerke Die Bedingungen für die Ansiedelung von Die erste Erwähnung der Brixlegger Hütte Schmelzhütten waren in Brixlegg optimal. Die stammt aus dem Jahr 1463. Die Hütte selber Bergwerke der unmittelbaren Umgebung lie- ist mit Sicherheit etwas älter, da bereits in der ferten Erze und auf dem Inn konnten Erze aus Bergwerkserfindung zu Rattenberg von 1447 nahe gelegenen Bergrevieren, wie Schwaz und ein geschworener Silberbrenner erwähnt wird Kitzbühel, zur Hütte transportiert werden. Die (Mutschlechner 1988a:63). Lände (Anlegestelle) am Inn befand sich direkt unterhalb der Hütte, etwa beim heute noch be- Der Begründer der Hütte war Ludwig IX. „der stehenden „Troadkasten“. Sogar von jenseits Reiche“ Herzog von Bayern-Landshut