Wortprotokoll Haupt 16/87

16. Wahlperiode

Plenar- und Ausschussdienst

Wortprotokoll

Hauptausschuss

87. Sitzung 16. Juni 2010

Beginn: 13.02 Uhr Ende: 20.08 Uhr Vorsitz: Ralf Wieland (SPD)

Vorsitzender Ralf Wieland: Ich rufe auf

Punkt 1 der Tagesordnung

a) Aktueller Stand des Zeit- und Kostenplans 2095 zum Bau des BBI Besprechung gem. § 21 Abs. 3 GO Abghs (auf Antrag der Fraktionen SPD, Grüne, Die Linke und FDP)

b) Aktueller Stand des Zeit- und Kostenplans 2095 A zum Bau des BBI Fragen der Fraktion der FDP

Mitberaten wird:

c) Wann wird der neue Großflughafen - 2097 eröffnet – Zeitplan bis zur Inbetriebnahme unverzüglich vorlegen! Antrag der Fraktion der CDU Drs 16/3253

Ich begrüße recht herzlich den Regierenden Bürgermeister, Herrn Wowereit, Herrn Prof. Schwarz und Herrn Körtgen von der Geschäftsführung der Flughafen GmbH und als Vertreter des Projektsteuerbüros WSP CBP Herrn Dr. Cronauer und Herrn Manninger. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen. Ansonsten sind mir alle Weiteren auch recht herzlich willkommen. – Gibt es den Wunsch nach einem Wortprotokoll? – Das ist der Fall. Dann halten wir das so fest. Ich denke, die Begründung für die Besprechung brauchen wir nicht. Das ist schon hinreichend erörtert worden, sodass ich dem Regierenden Bürgermeister gleich das Wort erteilen möchte. – Bitte schön, Herr Wowereit!

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist noch mit anwesend Herr Paap von der Planungsgesellschaft BBI von gmp, der die Flughafengesellschaft begleitet – zusätzlich zu den Herren, die Sie schon vorgestellt haben.

Redaktion: Plenar- und Ausschussdienst, Tel. 2325 1450 bzw. quer (99407) 1450

Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 2 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/vo -

Ich möchte am Anfang darauf hinweisen, dass wir eine Planung bezüglich des Eröffnungstermins BBI in Schönefeld hatten, die auch noch nicht korrigiert worden ist. Die Planung sah vor, am 30. Oktober 2011 in Betrieb zu gehen. Der Zeitplan ist seit Jahren festgelegt, und wir wissen, dass dies von Anfang an ein enger Zeitplan war. Daraus haben wir nie ein Hehl gemacht. Ich selber habe immer von einem „ambitionier- ten Zeitplan“ gesprochen, und dies ist nach wie vor richtig. Es ist bei solchen Großprojekten aber unabding- bar, dass man das nicht als offenen Prozess betrachtet, sondern auch feste Zielvorgaben macht. Man möge sich einmal vorstellen, dass man da von Anfang sagt: Na ja, das ist ein floatender Bereich, und da kann man nicht genau wissen, und die Erfahrung zeigt, es kann länger oder weniger lang dauern oder erfahrungsgemäß eigentlich immer länger, und dementsprechend ist das alles nicht so ernst zu nehmen. – Nein! Die Flugha- fengesellschaft und die beauftragten Unternehmen waren immer darauf orientiert, den 30. Oktober 2011 einzuhalten.

Wir wissen, dass in dem Projekt, auch auf der Strecke bis heute, erhebliche Schwierigkeiten entstanden sind, die sich durch Verzögerungen ergeben haben. Allein die Ausschreibung des Terminals mit dem mehrmaligen Anlauf bis hin zur Konzeptionsänderung auch einer kleinteiligen Vergabe hat selbstverständlich zeitliche Verzögerungen hervorgerufen, die dann am Ende auch die Reservezeiten, die in so einem Projekt mit einge- baut werden, verkürzen. Das heißt also: Man startet, und selbst wenn es am Anfang Schwierigkeiten und Zeitverzögerungen gibt, hat man hinten noch den Puffer. Aber je enger das wird und je mehr man zu dem eigentlichen Eröffnungstermin kommt, ist selbstverständlich klar, dass der Puffer irgendwann aufgebraucht ist und jede Störung eine kritische Situation darstellt. Jede Zeitverzögerung muss daraufhin überprüft wer- den, ob sie wieder eingeholt werden kann, jede Kostenüberschreitung auch. Das ist das Managementprinzip und eine Aufgabe, die die Geschäftsführung zu erledigen hat, den Kosten- und Zeitrahmen einzuhalten.

Das Investitionsprojekt, immerhin mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro, mit den anderen Bereichen, die noch dazugehören, ist eine gigantische Baustelle mit sehr vielen Schnittmengen. Auch das war klar. Das Schnittmengencontrolling ist dann eine der Herausforderungen bei einer kleinteiligen Ausschreibung. Auch das ist etwas, was bewältigt werden muss. Ich möchte sagen, dass wir den Termin für das Richtfest halten und auch der Öffentlichkeit deutlich machen konnten: Das sind jetzt nicht mehr nur Planung und vorberei- tende Maßnahmen, sondern wir sind schon sehr weit. – Das hat man beim Richtfest gesehen, das konnte man jetzt auch deutlich bei der ILA sehen. Ich glaube, das war eine gute Möglichkeit, der internationalen Fachöf- fentlichkeit, aber auch vielen Besucherinnen und Besuchern deutlich zu machen: Das ist kein Phantompro- jekt, sondern ein Projekt in einer absoluten Realisierungsphase.

Ich möchte am Anfang auch noch mal darauf hinweisen, dass Zeitverzögerungen im Bereich des Terminals nicht heißen, dass in allen Facetten dieses Flughafenbaus Zeitverzögerungen passieren, sondern selbstver- ständlich sind in vielen anderen Bereichen zeitgerechte Lösungen gefunden worden. Dies ist ein komplexer Bereich, und es kann sein, dass an vielen Stellen alles rechtzeitig fertig ist. Wir reden jetzt hauptsächlich über den Bereich des Terminals, und da haben wir in der Tat zwei Probleme, die uns aktuell sehr stark be- schäftigen. Ein Problem ist abgearbeitet in dem Sinne, dass auch die Zeitverzögerung gesehen werden muss, die sich durch die Witterung ergeben hat. Es war ein langer, harter Winter. Daraus haben sich Zeitverzöge- rungen ergeben. Die können und müssen aufgeholt werden. Aber wir haben zwei andere Probleme, die doch erhebliche Neuorientierungen erforderlich machen. Das eine ist die Insolvenz der Ingenieurgesellschaft Kruck. Diese war ein Teilplaner der Planungsgesellschaft BBI. Zu dieser Planungsgemeinschaft gehören daneben die bekannte Architekten- und Ingenieurfirma JSK sowie als Generalplanungsgesellschaft gmp, also die Firma von Prof. Gerkan. Die Ingenieurgesellschaft Kruck war für die Planung der technischen Gebäude- ausrüstung des Terminals zuständig. Auch hier ist darauf hinzuweisen: Es ist eine Gemeinschaftsarbeit, die durch drei eigenständige Unternehmen gemacht wird, aber die Vergabe ist gesamtschuldnerisch gemacht worden. Das heißt, alle stehen für den anderen ein. Am 8. Februar 2010 wurde von der Ingenieurgesellschaft Kruck der Insolvenzantrag gestellt. Die Flughafengesellschaft wurde am gleichen Tag informiert. Die plane- rische Gesamtverantwortung und die gesamtschuldnerische Haftung für die technische Gebäudeausrüstung werden durch diese Insolvenz eines Teilplaners nicht verändert und bleiben somit bei der Planungsgesell- schaft BBI, die dann nur noch durch JSK und gmp getragen wird.

Diese haben sich auch in mehreren Gesprächen und Schreiben dazu bekannt, die kompletten Planungsleis- tungen einschließlich der aufgrund der Insolvenz mangelhaften Planung für die technische Gebäudeausrüs- Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 3 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/vo - tung zu erbringen, und sie haben auch nachweisbar erhebliche Aktivitäten unternommen, um neue Leistungs- fähigkeit sicherzustellen, auch durch die Einstellung von neuen Personen, die dort arbeiten. Aber auch da ist darauf hinzuweisen, dass in der Vergangenheit nicht alle Leistungen von Kruck selbst erbracht worden sind oder worden wären. Auch die haben Dritte herangezogen, und es ist klar, dass diese in der Folge durch die neue Struktur der Planungsgesellschaft wiederum in die Auftragslage mit hineinkommen. Wir sind auf der Aufsichtsratssitzung am 26. März über den Konkurs und die Probleme bei der Planung der technischen Ge- bäudeausrüstung informiert worden und haben dies auch im Aufsichtsrat erörtert. Die Geschäftsführung hat in die Risikoanalyse, die ebenfalls dem Aufsichtsrat vorgelegt und jedes Mal beraten wird, das Risiko aufge- nommen. Aber das hat nicht dazu geführt, dass jetzt gesagt wird: Der Terminplan ist nicht mehr zu halten –, sondern selbstverständlich hat die Geschäftsführung gesagt: Dies ist zu schaffen, und es ist die Aufgabe, dies auch zu erreichen. – Das ist bei anderen Problemen auch der Fall gewesen. Die Lösung des Problems sollte auch im Juni im Aufsichtsrat weiter behandelt werden.

Wir und die Geschäftsführung verlassen uns nicht nur auf die Aussage von einzelnen beteiligten Firmen, sondern selbstverständlich ist das Controlling des gesamten Bau- und Terminplans einem Projektsteuerer der Firma WSP CBP – Herr Manninger und Dr. Cronauer sitzen ja hier – übertragen worden, und auch der Pro- jektsteuerer hat auf dieses Risiko, welches durch die Insolvenz entstanden ist, hingewiesen. Aber im Control- lingbericht, der dem Aufsichtsrat Ende März 2010 vorgelegt wurde, ist er explizit zu dem Ergebnis gekom- men, dass eine Gefährdung des Inbetriebnahmetermins hieraus nicht resultiert, da Maßnahmen zur Aufho- lung der Verzüge eingeleitet worden seien.

Deshalb ist diese These, dass die Geschäftsführung den Aufsichtsrat oder den Aufsichtsratsvorsitzenden nicht rechtzeitig informiert hat, aus meiner Sicht nicht zu halten, sondern der Aufsichtsrat ist informiert wor- den, und der Aufsichtsrat hat das Problem auch diskutiert. Insofern ist hier auch die entsprechende Beratung erfolgt und eine hohe Wachsamkeit im Unternehmen zur Lösung dieses Problems gegeben gewesen. – [Zu- ruf von Joachim Esser (Grüne)] –

Vorsitzender Ralf Wieland: Herr Kollege Esser! Das hat keinen Sinn. Das hören nur zwei oder drei. Der Regierende hat das Wort, und dabei sollten wir es vorläufig belassen.

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Wir haben auch noch bis zu den Beratungen in jüngster Zeit von der Planungsgesellschaft BBI die Auskunft bekommen, dass der Terminplan noch zu halten sei. Dies sind Dinge, die auch insgesamt noch beraten werden.

Das ist der Teilbereich der Planungsebene. Ein zweiter Teilbereich kam durch eine neue EU-Verordnung zur Mitnahme von Flüssigkeiten im Handgepäck hinzu. Die Umsetzung der EU-Verordnung ist zwingend und enthält keinen Ermessensspielraum. Das heißt also, im April 2013 müssen neue Sicherheitsgrundsätze nicht nur beachtet, sondern auch technisch umgesetzt werden, damit sie erfüllt sind. Das gilt nicht nur für BBI, sondern europaweit. Sie können sich vorstellen, dass die Anschaffung von neuen Geräten, die diese Dinge erfüllen, die einzelnen Flughäfen vor erhebliche Herausforderungen stellen wird, zumal sich bei unserer Pla- nung herausgestellt hat, dass die neuen Geräte dann doppelt so viel Platz wie bisher in Anspruch nehmen, wenn man ein altes Gerät 1:1 durch ein neues ersetzt. Insofern haben wir die Schwierigkeit zu bewältigen, dass die bisherigen Planungen, die Baugenehmigungen, alles, was damit zusammenhängt – – Sie können sich auch vorstellen: Im Rohbaubereich – wir haben uns das extra bei der letzten Projektausschusssitzung noch mal angeguckt – ist die gesamte Konfiguration dieser Eingangshalle darauf ausgelegt gewesen, dass man einen bestimmten Sicherheitsschleusenbereich hat, der einen bestimmten Platz in Anspruch nimmt. Wenn man diesen Platz jetzt einfach verdoppeln soll, dann kommt man in erhebliche Probleme. In den ausgelegten Handouts sind auch Pläne drin, das können die fachlich zuständigen Herren noch mal im Einzelnen erklären. Auf jeden Fall ergibt sich daraus jetzt eine Herausforderung für die Durchführung des Baus. Wir hatten auf der einen Seite aufgrund der alten Konfiguration dieser Scanner einen Platzbedarf, der deutlich geringer war. Oder umgekehrt: Wir konnten mit demselben Platzbedarf mehr Sicherheitsschleusen abdecken, die heute mit einem doppelten Platzbedarf nicht mehr darstellbar wären. Die Situation ist so: Wir könnten mit den alten Konfigurationen in Betrieb gehen. Das wäre zulässig, würde allerdings sicherlich auch der Bundespolizei, mit der wir gesprochen haben, nicht so viel Freude machen, denn die müssen die Geräte hinstellen. Sie müss- ten also erst mal die alten anschaffen und dann innerhalb von kürzester Zeit alle neuen hinstellen. Sie können Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 4 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/vo - sich vorstellen, dass die Bundespolizei daran auch kein Interesse hat. Dementsprechend war es Aufgabe, mit der Bundespolizei nach Lösungen zu suchen, wie dieses Problem zu handhaben ist. Wir haben dort auch Lösungen gefunden, die zumindest für die Eröffnung Gültigkeit haben, und es müssen sich Perspektiven für die Zeit nach 2013 oder in 2013 entwickeln.

Dies sind Dinge, die erst in relativ jüngster Zeit aufgetaucht sind. Im April 2010 ist diese Verordnung erlas- sen worden. Selbstverständlich gab es vorher schon Diskussionen darüber. Es ist nicht so, dass es erst im April bekannt war, aber welche Auswirkungen es genau hat, hat sich erst in jüngster Zeit auch in Gesprächen mit der Bundespolizei, auch durch viele Gespräche, die noch im Mai geführt worden sind, verdichtet. Dies muss geklärt werden. Wir haben im Projektausschuss all diese Dinge beraten, und wir können Ihnen heute noch nicht sagen: Wie sieht die Situation Eröffnungstermin aus? – Wir können Ihnen auch noch nicht sagen: Wie sieht die bauliche Situation aus? – und zu welcher Variante wir dann kommen. Ich will Ihnen das noch mal deutlich machen: Die Flughafengesellschaft hat jetzt die Aufgabe, das auch im Detail zu rechnen. Es gibt Möglichkeiten, in einer Konfiguration, wie sie jetzt da ist, bis 2013 Betrieb zu machen, und dann muss man erheblich umbauen. Ich glaube, es liegt auf der Hand, dass auch eine Variante geprüft werden muss, dass wir heute schon die Voraussetzungen schaffen, damit 2013 eben nicht erhebliche Umbauten im Termi- nal passieren müssen. Dazu wäre es aber erforderlich, schon heute Erweiterungsbauten zum Terminal vorzu- nehmen. Dies geht nicht in der ursprünglich mal erwarteten Form, dass man das komplette Terminal links oder rechts oder an beiden Seiten erweitert. Man kann aber schon Pavillons im Rohbauzustand links und rechts schaffen, sodass man 2011 oder 2012, wenn die Eröffnung sein wird, dort nicht noch die Rohbauten vornehmen müsste, aber zu 2013 auf jeden Fall die Lösung hätte, dass man mit einem erheblich erweiterten Platz dann auch die Sicherheitsbestimmungen, wie sie ab 2013 europaweit Standard sein werden, erreichen könnte. Dies ist selbstverständlich mit Kosten verbunden. Eine Erweiterung des Terminals durch diese bei- den Pavillons kostet Geld, und selbstverständlich ist es auch eine Kostenfrage, ob man am 30. Oktober den Flugbetrieb eröffnet oder eine bestimmte Zeit später. Diese einzelnen Varianten müssen durchgerechnet und noch mal in ihren Auswirkungen dargestellt werden. Dies ist der Auftrag, den die Geschäftsführung jetzt bis zur Aufsichtsratssitzung am 25. Juni bekommen hat. Das Ziel ist, am 25. Juni dann die entsprechenden Ent- scheidungen im Aufsichtsrat zu treffen und festzulegen: Wann wird der Eröffnungstermin sein? Gibt es ein Go für die möglichen Erweiterungen des Terminals durch die Schaffung von zwei zusätzlichen Pavillons, die den Platz für die dann notwendigen Umbauten im Bereich der Sicherheitskontrollen ab dem Jahr 2013 schaf- fen?

So ist der Stand aus meiner Sicht. Ich denke, dass Herr Dr. Schwarz ergänzen möchte. Vielleicht kann noch jemand etwas zu den technischen Details der Scanner sagen, um das anhand der Skizzen, die Sie haben, zu verdeutlichen, damit Sie eine Einführung in die Pläne bekommen, die hier ausgelegt worden sind, was das im Einzelnen bedeutet oder wie das zu erklären ist. Vielleicht sollte man das mindestens machen.

Vorsitzender Ralf Wieland: Herr Paap, bitte!

Hajo Paap (gmp): Ich würde Folgendes ergänzen wollen: Wenn Sie mal auf die Seite 17 schauen, dann wird es ganz plastisch. Wir haben in der Abbildung 7 dargestellt, wie die jetzige Konfiguration ist. Auf der linken Seite – das kennen Sie alle, das sind Personenkontrolllinien, wo Sie alle durch müssen, ehe Sie zum Flieger gehen – haben wir eine Fläche mit vier Linien dargestellt. Wenn Sie auf die rechte Skizze schauen, sehen Sie die gleiche Fläche, aber mit der neuen Konfiguration der neuen Geräte, die dann zum April 2013 installiert werden wollen. Das Besondere daran ist: Diese Geräte sind noch in der Erprobung, aber die ersten Indizien, die wir bekommen haben, bedeuten, dass pro Linie die Fläche doppelt so groß ist, das heißt, nicht mehr 3 Meter, sondern 6 Meter breit. Die Geräte sind viermal so schwer, also nicht mehr 400 kg pro Stück, son- dern 1 600 kg pro Stück. Diese Konfiguration, die hier dargestellt worden ist, ist uns von der Bundespolizei in den Ausschusssitzungen dann übermittelt worden. Sie sehen, dass sich auch die Länge der Kontrolllinien verändert hat. Insofern wird mehr Platzbedarf an der gleichen Stelle gefordert, um sicherzustellen, dass die Flüssigkeitsdetektion – das ist der erste Ansatz – durchgeführt werden kann. Diese EU-Verordnung hat keine Übergangsvorschriften und muss auch nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Insofern ist es eine Vor- gabe, die wir dann zum April 2013 erfüllen müssen. Hier wird auch ganz deutlich, dass wir einen erhebli- chen Platzmehrbedarf haben, nämlich in der Tat 100 Prozent, um letztlich sicherstellen zu können, dass diese Konfiguration im neuen Terminal auch umgesetzt werden kann. Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 5 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/vo -

Die Frage nach dem Ganzkörperscanner stellt sich im Moment nicht, weil auch da die Testreihen noch nicht beendet sind. Das ist Ihnen sicherlich auch durch die Pressemitteilungen bekannt. Aber die Wahrnehmung ist, dass, wenn diese Ganzkörperscanner kämen, sie in diese rechte Konfiguration hineinpassen würden. Für uns bedeutet das letztlich, dass wir zurzeit noch keine exakten Planungsmaße dafür haben, denn die Geräte werden dieses Jahr erst ausgeschrieben, weil da noch Versuchsreihen existieren. Aber man ist sich seitens der Behörden ziemlich sicher, dass diese Konfiguration insgesamt so sein wird, wie sie hier dargestellt wird. Ob das dann noch zehn Zentimeter hin und her geht, ist nicht entscheidend. Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 6 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/sth -

Die Folge für uns ist aber, dass wir in dem sensibelsten Bereich im gesamten Terminal von der linken Konfi- guration weg müssen – zumindest in eine Zwischenlösung –, damit wir jetzt entsprechende Flächen schaffen, weil wir zurzeit den Rohbau im BBI haben. Das ist eine besondere Situation aller deutschen Flughäfen, denn die haben einen operativen Betrieb, und der BBI hat noch keinen operativen Betrieb. Insofern stehen wir jetzt vor der Frage, inwieweit wir dann mit dieser Konfiguration umgehen. Dazu werden Alternativen entwi- ckelt, über die dann diskutiert wird.

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Vielleicht sollte man sich dazu noch mal die Seite 12 an- schauen, wie der Check-in-Bereich bislang geplant war, plus der Sicherheitsschleusen, die sich alle auf den Marktplatz konzentrieren. Nach den jetzigen Erkenntnissen könnten wir damit starten. Das wäre eine Situati- on, die wir rechtlich durchsetzen würden, wenn wir die Bundespolizei dazu bekämen, dort nur Geräte der alten Konfiguration aufzustellen. Rechtlich würde dann aber ab April 2013 auf jeden Fall der Hammer fallen und wir müssten mit der neuen Situation umgehen können, die platzmäßig so nicht darzustellen wäre. Das bedeutet, dass auch die Check-in-Inseln so nicht mehr aufgestellt werden können, der Platzbedarf würde sich in Richtung Eingang verschieben, sodass die Check-in-Bereiche in der Konfiguration, wie sie jetzt vorgese- hen sind, dort nicht mehr sein könnten. Die Pavillons – Sie sehen dort rechts und links jeweils drei Quadrate – würden dann dort einen Platz finden. Es ist technisch möglich, sie dort aufzubauen, um dann insgesamt für den Hauptbereich mehr Platz zu haben, sowohl für die Sicherheitskontrollen als auch für den Check-in- Bereich.

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Das war es erst einmal zum Einstieg. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich jetzt die Redeliste abarbeite noch ein Hinweis: Die Akustik hier ist eine etwas andere als die im Raum 113, das heißt, die Einzelgespräche am Rande stören sehr. – [Joachim Esser (Grüne): Aber dann soll man uns auch was erzählen!] – Herr Kollege Esser! Ich hatte nicht die Absicht, einen Einzelfall herauszugreifen. – [Weitere Zurufe] – Wir arbeiten jetzt die Redeliste ab, und deshalb hat erst einmal Ihr Kollege Schruoffeneger, der sich ordnungsgemäß zu Wort gemeldet hat, das Wort. Vielleicht darf er ja unge- stört seine Ausführungen machen. – Bitte, Herr Kollege Schruoffeneger, Sie haben das Wort!

Oliver Schruoffeneger (Grüne): Wir haben eben eine klare Arbeitsteilung in der Fraktion, wer welche Auf- gabe übernimmt. – [Allgemeine Heiterkeit] – Ich habe jetzt die Aufgabe zu versuchen, durch den Nebel im Raum irgendwie wieder ein bisschen durchzublicken. – [Torsten Schneider (SPD): Das werde ich morgen zitieren!] – Ja, aber wir ändern die auch manchmal, zitieren Sie nicht so schnell. – Also das, was wir die letz- te halbe Stunde gehört haben, kam aus der Abteilung Nebelwerferei. Deshalb versuchen wir jetzt mal, uns durch die einzelnen Punkte zu hangeln.

Der erste Punkt war – ich weiß nicht, ob ich das noch als Frage formuliert bekomme oder ob es schon fast eine Kommentierung ist: Wenn man sich die Presseberichte der ersten Tage, nachdem die Verzögerung be- kannt wurde, anguckt, dann wurden darin die Senatskanzlei und der Regierende Bürgermeister immer mit dem Satz zitiert: „Das wusste ich alles nicht, da war ich nicht informiert, und ich konnte im Mai, beim Richt- fest, noch guten Gewissens sagen, dass alles klappen wird.“ Das war eindeutig, an dieser Aussage gab es überhaupt keine Zweifel. Das wackelte dann schon im Plenum, vor 14 Tagen, wo Sie – durchaus nachvoll- ziehbar – sagten: Ja, es gab Hinweise, Befürchtungen, und wir haben da auch schon Gutachten in Auftrag gegeben. Aber was soll ich denn machen? Soll ich denn als Aufsichtsratsvorsitzender diese Befürchtung in der Öffentlichkeit kommunizieren, mit einer Gefährdung des Rufs, des Images, mit großer Aufregung? Oder ist es meine Verantwortung als Aufsichtsratsvorsitzender, so etwas – so lange, bis es nicht mehr vermeidbar ist – zu deckeln und unter der Decke zu halten? – Das ist eine völlig andere Aussage als die erste, ich wusste von nichts.

Ihre heutige Aussage hat das dann zugespitzt. Sie sagten, die These, der Aufsichtsrat sei nicht ausreichend informiert gewesen, ist nicht haltbar. Damit reden wir jetzt nicht mehr über das alleinige Versagen der Ge- schäftsleitung, sondern über die Rolle des Aufsichtsrats und des Aufsichtsratsvorsitzenden. – [Zuruf vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit.] – Na ja, Sie haben am Anfang bloß versucht, so zu tun, als ob Sie damit gar nichts zu tun hätten. Das hat sich mittlerweile geklärt. Sie haben damit sehr viel zu tun. – Über das Argument, ab welchem Punkt ein politisch verantwortlicher Aufsichtsratsvorsitzender auch die Öffent- lichkeit informieren muss und wo nicht, kann man durchaus reden. Ich habe eine gewisse Offenheit dafür, zu Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 7 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/sth - sagen, man muss nicht gleich bei dem ersten kleinsten Verdacht die Alarmglocke schwingen, aber muss dann in der Öffentlichkeit auch nicht das Gegenteil behaupten. Insbesondere darf man nicht behaupten, man sei nicht informiert gewesen, denn dann wird es komisch.

Ich komme noch mal zu der Auseinandersetzung in der Geschäftsführung. Guckt man sich dazu die Presse der ersten Tage an, dann scheint es zwischen Herrn Schwarz und den Kollegen durchaus unterschiedliche Vorstellungen gegeben zu haben, wer wen wann und in welcher Form informiert. – [Dilek Kolat (SPD): Wen interessiert denn das?] – Mich interessiert das. Wenn Sie das nicht interessiert, dann können Sie gehen, Frau Kolat! Sie müssen hier nicht den Tag verbringen. – Mich würde schon interessieren, ob es innerhalb der Ge- schäftsführung der Flughafengesellschaft Vermerke oder Schreiben an den Aufsichtsratsvorsitzenden oder den Aufsichtsrat insgesamt in der Entwurfsform gab, die – aus welchen Gründen auch immer – diesem nicht zu zugeleitet wurden. Das ist eine spannende Frage, weil das auch etwas über den Umgang innerhalb der Geschäftsführung und die dahinter liegende Kontroverse, wie gehen wir mit unserem Aufsichtsrat um, sagen würde. – Das als Einstieg zu der Frage, wer wann informiert war.

Zweiter Punkt: Welche Rolle spielt dieses Insolvenzverfahren? Wo gibt es welche Versäumnisse? – Vom Insolvenzverwalter gab es – auch presseöffentlich – zwei Vorwürfe. Der eine Vorwurf lautete: Die Pla- nungsgesellschaft ist in die Insolvenz gegangen, weil die Vorgaben pausenlos durch die anderen Partner der Planungsgemeinschaft geändert wurden. – Das würde mich bei den handelnden Gesellschaften nicht weiter wundern, aber okay. – Der zweite Vorwurf – den finde ich relevanter und spannender – lautete: Die Gesell- schaft ist auch deswegen in die Insolvenz gegangen, weil die Leistungen nicht rechtzeitig und vertragsgemäß bezahlt wurden. Ich möchte wissen, ob es seitens des Insolvenzverwalters – entweder gegenüber dem Senat oder gegenüber der Flughafengesellschaft – Hinweise darauf gibt, die auf eine Mitverantwortung des Auf- traggebers oder der Politik oder der Berliner Verwaltung schließen lassen, durch verzögerte Zahlungen diese Insolvenz mit herbeigeführt zu haben, und ob sich daraus in diesem Verfahren eventuell noch Regress- oder Schuldfragen klären lassen.

Dritter Punkt – EU – Schilda: Die These lautete, dass das alles so knapp kam. – Jeder, der die EU- Kommission kennt, weiß, dass die in der Regel nicht von einem Tag zum anderen arbeitet. Die Ankündi- gung, dass da etwas kommt und kommen muss, die war schon in der EU-Verordnung 300/2008 enthalten. – 2008 besagt, woher die kommt und wann sie erlassen wurde. – Da stand schon drin, dass sich demnächst etwas ändert. Seit diesem Tag sind höchstwahrscheinlich alle Lobbyisten aller europäischen Flughäfen täg- lich einmal bei der EU-Kommission aufgetaucht und haben versucht, darauf Einfluss zu nehmen, was sich da ändert, und waren in der Regel sehr gut informiert, in welche Richtung die Diskussion geht – augenschein- lich nur die Flughafengesellschaft Berlin nicht, die von der neuen Verordnung und der Dimension, die diese hat, völlig überrascht war. – Wenn das so wäre, wie Sie es hier schildern, dass das alles einen völligen Um- bau bedeuten würde, dann frage ich mich, wie das 150 andere europäische Flughäfen regeln werden. Ich habe nicht gehört, dass irgendein Flughafen in Europa im Moment dabei ist, erhebliche Umbauplanungen auf den Tisch zu legen, um das bis 2013 gemacht zu haben. – [Zuruf] – Nein, das hat damit nichts zu tun! Das ist eine Frage von gesundem Menschenverstand, Herr Kollege. – Ich würde gern mal wissen, wie Sie sich denn im Vorfeld, seit 2008, seitdem die erste Verordnung da war, in diese Diskussion eingemischt haben, was Sie über die Planung gehört haben und wie das in Ihren Planungsprozess eingeflossen ist.

Nächster Punkt – in Richtung Zukunft geguckt: Ich möchte gern wissen, wie Ihre aktuelle Kostenprognose ist. In den ursprünglichen Planungen, die Sie uns vorgelegt hatten, war eine Reserve in der Größenordnung von 400 Millionen Euro enthalten. Jetzt sagen Sie nach außen immer: Wir bleiben im Kostenrahmen. – Wie muss ich das verstehen? Ist die Reserve damit weg, oder bedeutet „Kostenrahmen“ für Sie die alte Baupla- nung, und wir haben dann immer noch eine Reserve? Wenn die Reserve weg wäre, dann würde das heißen, dass Sie Ihr Eigenkapital bis zum Ende der Bauzeit in die Größenordnung von Null reduzieren. Ich wüsste gern, wie sich das gestaltet. – [Zuruf] – Ja, gut, dafür haben Sie dann das Grundstück. – Wie gehen Sie mit dieser Reserve um?

Zweitens: Wenn man sich die Entwicklungen europäischer Flughafenbauten der letzten Jahre anguckt, dann hatten alle durchgängig ein Problem: Sie sind sie mit den Rohbaukosten und der Verkehrsanbindung gut hingekommen, aber der Innenausbau hat immer ihre Planung gesprengt. – Die letzte größere Baumaßnahme Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 8 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/sth - fand zum Beispiel in Wien statt. – Der Innenausbau ist auch hier der Schwachpunkt in der Planung. Wie haben Sie auf diese Erkenntnisse reagiert? Welches Steuerungsverfahren haben Sie, um dem Effekt, der In- nenausbau wird deutlich teurer und deutlich später als geplant fertig, entgegenzuwirken?

Letzter Punkt – im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung: Man kann sich immer überlegen, ob man mit Beschleu- nigungsmaßnahmen arbeitet, die Geld kosten, oder ob man später in Betrieb geht, was auch Geld kostet. Gibt es bei Ihnen bereits seriöse Vergleichsrechnungen, zum Beispiel darüber, was Beschleunigungsmaßnahmen kosten würden und wie diese aussehen könnten?

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Herr Regierender Bürgermeister! Ich schlage vor, dass wir versuchen, mehrere Wortmeldungen abzuarbeiten, aber wenn Sie wollen, dann können Sie auch sofort ant- worten, das ist kein Problem. – Bitte, Sie haben das Wort!

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Ich kann nachvollziehen, dass versucht wird, irgendwelche Dinge zu konstruieren, indem gesagt wird, man habe absichtlich irgendetwas verschwiegen. Ich habe es in der Plenarsitzung schon gesagt und sage heute zum wiederholten Mal: Nach der Insolvenz und mit all den Dingen, die gemacht worden sind, war das Problem in der Aufsichtsratssitzung bekannt, aber ein Problem bekannt machen und erkennen heißt nicht, den Termin zu verschieben. Es gab keine Erkenntnis, dass der Termin aufgrund der Insolvenz des Fachplaners nicht eingehalten werden kann. Das ist auch nicht zu akzep- tieren, sondern selbstverständlich ist es die Aufgabe der Planer und aller anderen, der Geschäftsführung, daran zu arbeiten, dass es nicht dazu kommt. Das war der Auftrag, und deshalb gab es überhaupt keinen Grund, beim Richtfest oder sonstigen Verlautbarungen zu sagen, der Termin ist nicht zu halten oder wir be- finden uns nicht mehr im Kosten- und Zeitplan. Das war nicht der Fall, und diesen Fall haben Sie – in die- sem Sinne – bis heute nicht, und deshalb haben wir das deutlich gemacht. Als sich dann noch mal ein Gut- achten ergab und der Vorschlag der Verschiebung erfolgte, rief die Geschäftsführung bei mir an und sagte: Das ist so! – Das war am 26. Mai. – Daraufhin erfolgte der Auftrag, und kurze Zeit später stand diese Sache in der Presse. Ansonsten hätten wir alle Fragen, die Sie zu Recht haben, in den Gremien der FBS besprechen können, und dann wären die Öffentlichkeit, die Parlamente, die Gesellschafter usw. selbstverständlich mit den entsprechenden Konsequenzen informiert worden. Dieser Prozess ist – so ist es nun mal – unterbrochen worden, mit all den Darstellungen und Mutmaßungen, die dann in der Presse erfolgen. Das lässt sich nach- weisen. Es gibt Unterlagen aus dem Controllingbereich, und im Aufsichtsrat gibt es Ampeln. Da gibt es ü- berhaupt nichts zu verheimlichen oder sonst irgendetwas zu machen. Damit können Sie weiter an der Legen- de stricken, aber aus meiner Sicht ist da nichts, was schiefgelaufen ist. – Die anderen Fragen werden wir gesammelt beantworten.

Herr Schruoffeneger! Ihre Frage, wie das andere Flughäfen machen, haben wir uns im Projektausschuss zehnmal selbst gestellt. Nur, das nützt Ihnen nichts, wenn die Vertreter der Bundespolizei sagen : Ja, das muss geklärt werden, aber wir haben jetzt einen neuen Flughafen, der gebaut wird. Wir müssen die Geräte beschaffen, und diese bezahlt nicht der Flughafen, sondern die Bundespolizei. Und die sagt, wir erwarten, dass Sie auf unsere Bedürfnisse, die sich aufgrund der EU-Verordnung verändern, Rücksicht nehmen und das machen. – [Zuruf: Ist das in Frankfurt auch so?] – Ja. natürlich! Frankfurt wird sich diesem Problem stellen, und München, Düsseldorf und alle anderen auch. Ich kann Ihnen aber jetzt nicht sagen, welche Kon- sequenzen die daraus ziehen. Hat der eine noch den Platz, das zu machen, oder hat er ihn nicht, oder muss er erhebliche Umbauten vornehmen? Das ist eine Sache, die wir nicht beurteilen können. Für uns ist aber ab- zuwägen – erstens: Welche Varianten gibt es, um bei der Eröffnung die Anforderungen der Bundespolizei zu erfüllen? Zweitens: Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, damit wir im April des Jahres 2013, wenn die Verordnung mit ihrer Wirkung in Kraft ist, in der Lage sind, sie spätestens zu diesem Zeit- punkt erfüllen zu können? – Diese Lösung muss gefunden werden, und da gibt es in der Tat Varianten, und diese Varianten haben Auswirkungen auf den Bau – mit dem jetzigen Platz ist das nicht machbar. Das kostet selbstverständlich. Da kann man den Kopf in den Sand stecken und sagen, das interessiert uns nicht, warten wir mal ab, was bis 2013 passiert. Ich kann Ihnen auch nicht sagen, ob die Frage, was passiert, bei den ande- ren Flughäfen dazu führt, dass mal einer auf die Idee kommt, diese Verordnung um ein Jahr zu verschieben. Das weiß ich auch nicht. Darauf kann ich mich aber nicht verlassen, sondern wir müssen eine Antwort für den Rohbau finden, der jetzt da steht, und mit den Aufträgen, die jetzt erfolgt sind: Ändern wir etwas, oder ändern wir nichts? – Das ist genau die technische Herausforderung, die zu bewältigen ist. Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 9 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/sth -

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Das Wort hat nun Frau Matuschek. – Bitte sehr!

Jutta Matuschek (Linksfraktion): Vielen Dank! – Ich erspare mir, noch einmal meine Plenarrede zu halten, diese kann jeder nachlesen. Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass es weiterhin schon unser Wunsch und Ziel ist – so es denn machbar und darstellbar ist –, den Eröffnungstermin zu halten. Wenn das denn auf der Grundlage belegbarer Analysen – der Aufsichtsrat und vor allem die Geschäftsführung haben die ent- sprechende Verantwortung dafür zu tragen – nicht machbar sein sollte, dann ist das kein Beinbruch. Wichtig ist, dass dieses Projekt kommt und gut kommt, und nicht mit Pleiten, Pech und Pannen in Betrieb geht – was ich nicht befürchte, aber was möglicherweise andere befürchten. Insofern: Ja, Zeit- und Kostendruck sind weiterhin gegeben, aber man sollte nicht der Versuchung anheimfallen, jetzt wilden Spekulationen Raum zu geben.

Meine erste Frage richtet sich an die Planungsgemeinschaft. Ich fand es 2004, als die Vergabe erfolgte, pfif- fig, das gesamtschuldnerisch miteinander zu verbinden und auch die Planungsleistungen miteinander zu ver- knüpfen, gerade aus Vorsicht, aus Sicht des Auftraggebers, weil unterwegs immer mal etwas passieren kann. Es ist im Leben so, dass Planungsbüros auch mal insolvent gehen. – [Christoph Meyer (FDP): Außer im Sozialismus!] – Ach Mann, Herr Meyer! – Ich hätte ganz gern noch mal dargestellt, wie das jetzt tatsächlich innerhalb dieses Planungskonsortiums aufgefangen wird – sowohl die planerische Leistung als auch die fi- nanzielle Leistung bzw. die Abrechnung. Den Vorwurf, der von Herrn Schruoffeneger erhoben wurde, die Insolvenz sei faktisch durch den Auftraggeber herbeigeführt worden, finde ich schon ein bisschen hanebü- chen, wenn man keine Beweise hat, lieber Herr Schruoffeneger. Sie können uns gern noch mal darstellen, wie das tatsächlich funktioniert und welche Sicherungsmechanismen da eingebaut sind.

Dann hätte ich eine Frage an den Projektsteuerer, weil es einige Fragen aufwirft, wenn erst ein Brief von der Planungsgemeinschaft kommt, wir schaffen das, und dann ein anderer Brief kommt, der lautet: Risiko! Das gründet sich auf einer Analyse, die Sie vorgenommen haben, und diese Analyse hätte ich gern erläutert, denn das ist der ausschlaggebende Punkt dafür gewesen, dass das – warum auch immer – in die Presse gelangt ist. Richtig ist, dass seitens des Aufsichtsrats und der Geschäftsführung schnell gehandelt wird, aber Ihre Analy- se muss einen Grund haben.

Über die Frage, was die anderen Flughäfen machen, lässt sich lange spekulieren. Richtig ist, dass in Berlin ein neuer Flughafen gebaut wird und die anderen Flughäfen schon da sind. Die müssen ihre Probleme mögli- cherweise anders lösen als beim Bau eines neuen Flughafens. Allerdings interessiert mich das für den neuen Flughafen schon, weil die Platzkonfiguration, die wir noch mal dargestellt bekommen haben, ausgeknautscht ist. Es war immer unser Anliegen, den Flughafen nicht so groß zu bauen, um ihn auch nicht zu teuer werden zu lassen, und jetzt haben wir nur den vorhandenen Platz. Würde man da eine andere Konfiguration zugrun- de legen, dann hätte das Auswirkungen sowohl auf die Platzausnutzung als auch auf die Ausnutzung durch Non Aviation, also auf den Marktplatz und die Durchlassfähigkeit für die Passagiere. Wir hatten uns auch mal die Durchlasssimulation angeschaut. Das ist alles schon ganz knapp, bis hin zu der Frage, wie viel Zeit man als Passagier braucht, um überhaupt durch den Flughafen zu kommen – wenn es bisher schon eine Aus- sage dazu gibt.

Durch das unterschiedliche Gewicht – ich bin keine Ingenieurin – stellt sich die Frage, ob sich durch die neuen Geräte auch statische Voraussetzungen ändern würden. Letztlich endet das alles in der Frage, die wir heute nicht definitiv beantwortet bekommen können: Welche Auswirkungen hat das alles auf den Finanzplan und letztlich auf den Bauablaufplan? Ich vermute, dass wir da weiterhin im Gespräch bleiben. Welche finan- ziellen Verpflichtungen das Land eingegangen ist, wissen wir alle, und welche finanziellen Verpflichtungen die Flughafengesellschaft bei der Finanzierung eingegangen ist, wissen wir auch. Wenn sich daran etwas ändert, dann erwarten wir, dass auf der Grundlage einer Analyse rechtzeitig die entsprechende Information ins Parlament gelangt. – Vielen Dank!

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Sollen die Fragen zwischendurch beantwortet werden?

Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 10 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/sth -

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Es ist mir egal, ob wir erst eine Fragerunde machen oder ob die Fragen zwischendurch beantwortet werden.

Vorsitzender Ralf Wieland: Wir haben jetzt noch Wortmeldungen von Herrn Friederici, Herrn Meyer, Frau Hämmerling und Herrn Krug, und danach wären wir mit der ersten Fraktionsrunde durch. Bitte, geben Sie uns zwischendurch ein Signal, wenn es zu viele Fragen werden.

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Wenn Herr Schwarz möchte, dann kann er jetzt antworten.

Vorsitzender Ralf Wieland: Dann hat Herr Schwarz das Wort. – Bitte sehr!

Dr. Rainer Schwarz (Flughafengesellschaft): Ich komme zunächst zu den Fragen von Herrn Schruoffene- ger. – Erstens – zu den Informationsflüssen und zum Informationsverhalten: Was die Informationen betrifft, so hat Herr Wowereit das Verhältnis zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat schon mehrfach dargestellt. Die Frage, wie eigentlich die Informationssteuerung innerhalb der Geschäftsführung ist, will ich Ihnen gern beantworten. Sie baut chronologisch auf das auf, was Herr Wowereit gerade gesagt hat. Das heißt: Zu beiden Problempunkten – TGA und Sicherheitskontrolle – gab es Problemhinweise, die wir in der Aufsichtsratssitzung Ende März dieses Jahres entsprechend artikuliert haben. Demzufolge haben wir auch den Prüfungsauftrag des Aufsichtsrats bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung mitgenommen, die Ende Juni stattfindet, um ihn einer Lösung zuzuführen. – In diesem Kanon befinden wir uns im Übrigen. – Wenn Sie diese Probleme abarbeiten, dann beschäftigen Sie sich en détail mit diesen Fragestellungen und bekommen von unterschiedlichen Fachleuten unterschiedliche Informationen, wie damit umzugehen ist. Wir haben das in der Geschäftsführungssitzung am 25. Mai zusammengeführt, und zwar in beiden Problempunkten, sowohl in der TGA als auch, was das Thema Sicherheitskontrollen angeht. Zum Thema Sicherheitskontrollen hatten wir extra die Bundespolizei eingeladen, damit diese uns deren Lösungsvorschlag vorstellt. Als im Ergebnis der Geschäftsführungsbesprechung am 25. Mai klar war, dass Probleme auf uns zukommen werden, die über das hinaus gehen, was in der Aufsichtsratssitzung Ende März adressiert wurde – Herr Schruoffeneger, da brauchen wir keine Schriftstücke und auch keine Entwürfe von Schriftstücken, die da möglicherweise zu- rückgehalten werden –, haben wir am 26. Mai Herrn Wowereit angerufen – ich glaube, auch das wurde mehrfach von Herrn Wowereit dargestellt. Dazu braucht es keine Schriftstücke und auch keine Entwürfe. Das heißt, dass wir am Abend des 25. Mai die Ausführungen der Bundespolizei hatten, wie es aussieht, und am 26. Mai unterhielten wir uns mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden. – Das zum Informationsfluss innerhalb der Geschäftsführung.

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Nicht unterhalten. Das war nicht so unterhaltsam, sondern ich wurde unterrichtet.

Dr. Rainer Schwarz (Flughafengesellschaft): Zweiter Punkt – Insolvenz: Wer zahlt da nicht? Warum ist der in Insolvenz gegangen? Es ist so – das ist vorhin auch noch mal von Frau Matuschek herausgestellt worden –, dass es eine gesamtschuldnerische Haftung gibt. Insofern zahlen wir PG BBI für die Leistungen, die erbracht wurden. Allerdings nehmen wir uns vor, wenn Leistungen nicht erbracht werden, dass wir dafür auch nicht zahlen, das heißt, dass wir Rechnungen prüfen, bevor wir sie bezahlen. Wie das Innenverhältnis aussieht, ist nicht unser Thema. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass der Insolvenzverwalter bisher nicht an uns – das war Ihre Frage – herangetreten ist.

Die dritte Frage betraf die Zeitabläufe bezüglich des Flüssigkeitsverbots. – Das kann ich Ihnen detailliert auflisten. Zu der von Ihnen zitierten Rahmenverordnung 300/2008, die aus dem Jahr 2008 stammt, gibt es noch eine Reihe weiterer Zwischenschritte. Es gibt die Verordnung 272/2010 aus dem Jahr 2009, in der be- schlossen wurde, dass spätestens bis April 2010 eine Regelung für die Flüssigkeiten getroffen werden soll. Insofern ist es völlig richtig, dass das nicht aus heiterem Himmel gekommen ist. Es wussten alle, dass da irgendetwas passiert. Am 14. 9. 2009 gab es einen gemeinsamen Brief des ACI – das ist die Dachorganisati- on aller europäischen Flughäfen – und der AEA – das ist die Dachorganisation aller europäischen Flugge- sellschaften – an die EU-Kommission. Insofern lagen Sie mit Ihrer Vermutung nicht falsch, dass dort auch die Lobbyisten tätig geworden sind, die dringend davor gewarnt haben, aufgrund unausgereifter Technik und hoher Kosten diesen Zeitplan in Kraft zu setzen. Es gab am 11. Januar 2010 eine Informationsveranstaltung Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 11 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - stz/sth - des Bundesinnenministeriums mit Verbänden, auf der auch auf die neue Verordnung hingewiesen wurde. Allerdings gab es auch da keine Hinweise darauf, wie denn die Geräte überhaupt aussehen sollen, und das ist eigentlich der springende Punkt. Dass etwas passiert, ist jedem bekannt gewesen, aber wie etwas passiert, das war vielen nicht bekannt.

Die Bundespolizei ist am 4. 3. im ADV-Direktorium aufgetreten und hat gesagt: Leute von den Flughäfen, macht euch mal darauf gefasst, dass da unmittelbar eine EU-Verordnung bevorsteht. Auf unsere Frage – das war nicht nur in Berlin eine Frage, sondern auch bei allen anderen Flughäfen –, was denn da konkret passiert, haben wir nichts erfahren. Wir hatten dann im März Besuch von unseren Berliner Kollegen, also vom Präsi- dium der Bundespolizei, die für Berlin zuständig ist, bei dem konkret darauf aufmerksam gemacht wurde, dass diese Flüssigkeitsverordnung tatsächlich Ende April passiert. Das hat uns letztlich in die Lage versetzt, dass wir in der Aufsichtsratssitzung Ende März die Gremien entsprechend davor gewarnt haben. Bis dato war aber auch nicht bekannt gewesen, welche Geräte kommen und – das ist der springende Punkt – was das für den Flächenbedarf bedeutet. Und eine dritte Komponente: Was bedeutet das insbesondere für die Durch- satzgeschwindigkeit? Also, selbst dann, wenn die Geräte doppelt so groß sind wie bisher – wie wir mittler- weile wissen – und doppelt so viele Passagiere durchsetzen können, dann ist das alles für uns relativ unbe- deutend, dann müssen nur ein paar Geräte ausgetauscht werden. Die Krux ergibt sich doch erst dann, wenn der Dreisatz aus Flächenverbrauch, Passagierdurchsatz und zur Verfügung stehender Fläche nicht mehr auf- geht. Das ist der Punkt, der sich jetzt materialisiert hat, und zwar in einer für uns erkennbaren Form durch die endgültige Präsentation des Vizepräsidenten der Bundespolizei am besagten 25. Mai.

Vierter Punkt – Zukunftsprognose: Wie sieht es aus? – Es ist in der Tat so, dass wir Ihnen bei den bisherigen Veranstaltungen, als wir über die Finanzierungsvereinbarung sprachen, dargestellt haben – unter anderen Bedingungen hätten Sie überhaupt keine Zusagen der Banken bekommen –, dass wir ein Kreditvolumen arrangiert haben, das nicht auf den bis dato bekannten Stand des Investitionsvolumens abstellt, sondern – da bestehen die Banken schon automatisch darauf, dass ein Budget aufgestellt wird, das zusätzliche Reserven beinhaltet, und zwar für Nachträge, für Beschleunigungsmaßnahmen und – auch das hatten wir Ihnen vor einem Jahr dargestellt, als es darum ging, die Finanzierungsvereinbarung zu verdeutlichen – natürlich auch Reserven, die außerhalb des Bauprojekts liegen. Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 12 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur -

Auch das muss letztlich mit abgedeckt werden, also Risiken, die sich aus dem operativen Betrieb heraus ergeben, Risiken, die sich beispielsweise daraus ergeben, dass die Handwerker ein Recht darauf haben, ge- gen Fertigstellung der Bauleistung eine Bürgschaft gestellt zu bekommen. Auch dafür muss es Finanzie- rungsvolumina geben, sodass diese Finanzierungsreserven da sind. Das haben wir deshalb auch methodisch in mehrere Reservebudgets aufgeteilt. Unser Anspruch, unser Ziel muss natürlich sein, wenn es nun – das war ja vorhin auch Ihre Frage gewesen, Frau Matuschek – zu Kostenerhöhungen kommt, diese Kostenerhö- hungen in dem Rahmen zu halten, wie Budgetreserven vorhanden sind. Diese Budgetreserven sind natürlich ein atmender Prozess, wie Sie sich vorstellen können, weil sie sich mit jeder Vergabe, die wir tätigen, än- dern. In dem Augenblick, wo Sie Vergaben unterhalb Budgets tätigen, haben Sie natürlich größere Budgetre- serven, als wenn Sie Vergaben tätigen, die oberhalb dieser Budgets liegen.

Wie das jetzt konkret aussieht, werden wir im Ergebnis – – Das ist genau unsere Aufgabe, technische Lösun- gen, die wir uns im Projektausschuss angeguckt haben, nun nach diesen Komponenten zu bewerten: Was heißt das letztlich im Zeitablauf, und was bedeutet das im Hinblick auf die Kostenvolumina?

Was den Innenausbau angeht, ist es kein Phänomen, das uns in Berlin verblüfft. Ich habe schon mehrfach gesagt, dass es nicht ausreicht, einen Rohbau fehlerfrei hinzustellen. Die eigentlichen Probleme beginnen, das lehren uns andere Projekte, mit dem Innenausbau. Deshalb gibt es Projektsteuerungsbüros, die heute mit am Tisch sitzen. – Herr Dr. Cronauer und Herr Manninger, wenn Sie nachher die Fragen von Frau Matu- schek beantworten, könnten Sie vielleicht aus Ihrer Praxis einmal schildern, wie das im Einzelnen gemoni- tort wird.

Die letzte Frage, die Frage nach Beschleunigungsmaßnahmen: Das ist genau die Aufgabe, die wir jetzt zu bewerten haben. Natürlich sind das kommunizierende Röhren. Das liegt auf der Hand. Je mehr Sie versu- chen, den Eröffnungstermin zu halten, um so höher sind die Beschleunigungskosten, und je mehr es nach hinten geht, um so mehr entkräftet sich das auf der Seite der Beschleunigungskosten. – [Zuruf von Jutta Ma- tuschek (Linksfraktion)] – Genau! Vielen Dank für den Hinweis! Das wollte ich gerade in der zweiten Halb- zeit hinzufügen. – Natürlich gibt es mit längerer Bauzeit auch wieder gegenläufige Tendenzen. Genau das gilt es im Gleichgewicht zu halten, und genau das ist die Entscheidungsvorlage, die zu erstellen sein wird. – Wenn Sie wollen, vielleicht noch CBP zu den Fragen, die Sie aufgeworfen haben.

Vorsitzender Ralf Wieland: Bitte schön!

Christian Manninger (WSP CBP): Ich will die eine Frage zunächst einmal beantworten, die lautete, wie wir Mitte Mai zu einer anderen Einschätzung als die PG BBI gekommen sind. Das resultiert meiner Ansicht nach aus zwei Gründen. Grund Nummer eins ist, dass die PG BBI aufgrund ihres Leistungsumfangs natürlich zunächst einmal nur ihr Terminal, wofür sie auch verantwortlich ist, betrachtet. Wir als übergeordneter Pro- jektsteuerer haben die Aufgabe, das Gesamtvorhaben im Auge zu behalten. Daraus resultieren letztendlich Einflussgrößen an den Schnittstellen zum Terminal, die von uns zurzeit ein wenig anders bewertet werden.

Grund Nummer zwei ist: Ein solches Großprojekt wird letztendlich durch drei Faktoren beeinflusst, und das ist auf der einen Seite der Termin, aber es sind auch die Qualitäten und Kosten. Insbesondere bei den Quali- täten und Kosten, die wieder Einfluss auf den Termin haben, kommen wir zurzeit, was die Bewertung an- geht, zu einer anderen Einschätzung. Das hat letztendlich Mitte Mai dazu geführt, dass wir auf Arbeitsebe- ne – – Das möchte ich hier ganz deutlich betonen, dieses Papier war zunächst nur auf Arbeitsebene als Dis- kussionsgrundlage gedacht, um eventuell dann einen Plan B auf Arbeitsebene weiterzudiskutieren.

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Herr Friederici, bitte!

Oliver Friederici (CDU): Vielen Dank, Herr Vorsitzender Wieland! – Meine Damen und Herren! Herr Wowereit! Es ist sehr interessant, was Sie – ich muss wieder auf Ihre erste Bemerkung zurückkommen – hier gesagt haben, dass Sie von der Geschäftsführung immer rechtzeitig und umfänglich informiert worden sind. Das ist eine neue Qualität. Mein Vorredner ist darauf ja schon eingegangen. Ich kann mich an die Plenarsit- zung am Donnerstag erinnern. Da hörten wir andere Töne. Da hieß es immer: Na ja, es sei angedeutet wor- den, dass es Sicherheitskontrollen gibt, dass es dann schwieriger wird und dass es bauliche Veränderungen Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 13 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - geben müsste. Sie haben heute auch ausgesagt, Sie sind am 27. Mai durch ein Telefonat rein zufällig nach dem Richtfesttermin erstmals darüber informiert worden, dass es zu einer Verzögerung kommt. Ich darf noch einmal kurz in Erinnerung rufen: Im März ist der Ältestenrat von der Bundespolizei darauf hingewiesen worden. Ich weiß aus entsprechenden Protokollnotizen des Ältestenrates, dass hier bereits von der Bundespo- lizei darauf hingewiesen wurde, dass sich die Eckwerte für die Anzahl der erforderlichen Personenkontrollen erheblich reduzieren, von 36 auf 18, und dass hier schon im März davor gewarnt worden ist, dass die Aus- wirkungen für die Terminalplanung in erheblichem Umfang betroffen sind und es damit auch zu Verzöge- rungen kommt. Sie sind also bereits im März darüber informiert worden, dass es Verzögerungen gibt. Des- halb lässt sich auch erklären, dass der „Tagesspiegel“ dieses noch mal aufgeworfen hat. Es bleibt festzuhal- ten, Herr Wowereit, dass von März bis jetzt, auch wenn Sie immer sagen, sie sind informiert worden und Sie hätten sich nie denken können, dass es zu Verzögerungen kommt – wenn man die richtigen Fragen gestellt hätte, dann hätte man durchaus Antworten bekommen und sich bewusst werden können, dass eine solche wesentliche bauliche Veränderung zu Verzögerungen führen wird.

Wenn man den Plan sieht, der auf Seite 12 zu sehen ist, dann fällt uns eines auf: Die hier zweimalig einge- kreisten roten Sicherheitskontrollbereiche, die sich vom Check-in bis in den Zentralbereich begeben, glie- dern sich an den Marktplatzbereich an. Wir haben vor wenigen Wochen vernehmen können – sehr erfreu- lich! –, dass es bei der Frage der Vermietung sehr große Erfolge gibt. Ich würde jetzt gerne wissen, inwie- weit diese Veränderungen der dann angestrebten Baulichkeiten – wir haben bisher noch nicht gehört, wie das passieren soll, sondern nur gehört, welcher Platzbedarf besteht; wie das verändert werden soll, wissen wir immer noch nicht – schon auf die abgeschlossenen Mietverträge Einfluss haben. Das ist vielleicht auch nicht ganz unwichtig.

Dann möchten wir gerne wissen: Wenn Sie sagen, es kommt zu Verspätungen, aber Sie wollen es hier heute noch nicht so ganz klassifizieren – da man davon ausgehen kann, dass ein Flughafen nicht im Winter eröff- net wird, das hat es eigentlich noch nie gegeben, wird man sich sicherlich auf das späte Frühjahr oder den Sommer 2012 einrichten müssen. Sie müssen als oberster Stadtvater der Stadt Berlin natürlich auch darauf achten, dass die Umfelder und alles das, was sich um den Flughafen entwickelt, auch gut entwickelt werden. Gibt es hier wesentliche Verzögerungen, was auch Investoren betrifft, die hier auf der Grünen Wiese inves- tieren wollen? Sind das möglicherweise Projekte, die jetzt sinnlos und für Investoren auch nicht mehr inte- ressant sein könnten? Hat es Auswirkungen auf die Schienenanbindung? Das ist immer noch ein wesentli- cher Punkt. Wir haben vernehmen müssen, dass Sie, Herr Wowereit, gemeinsam mit Ihrer Frau Junge-Reyer als Stadtentwicklungssenatorin sich leider immer noch nicht haben durchsetzen können, dass der Flughafen- Shuttle öfter als 30 Minuten dort hinfährt. Gibt es hier möglicherweise auch aus diesem Grunde Schwierig- keiten?

Wenn der Flughafen tatsächlich ein Jahr später öffnet – das kann durchaus passieren, auch wenn Frau Matu- schek sagt – ein allgemeingültiges Ziel –, sie will, dass der Flughafen pünktlich eröffnet wird. Das wollen wir alle, sonst würden wir nicht hier sitzen. Was passiert, wenn der Flughafen ein Jahr später eröffnet wird, sagen wir mal, zum Ende des Jahres 2012? Wir haben zum Ende des Jahres 2010 wahrscheinlich erreichte Passagierzahlen von 23 Millionen. Der neue Flughafen hat Kapazitäten von 27 Millionen. Ich rechne damit, dass der neue Flughafen oder dass beide Flughäfen, und Schönefeld – alt –, zum Ende des Jahres 2011 um die 25 Millionen liegen, und bei der Eröffnung sind wir bei 27 Millionen. Da kommen wir gleich zu den Satelliten, die Sie vorhin erwähnten. Die Satelliten sind es nicht, wo Sie Sicherheitskontrollen machen müssen, Herr Wowereit! Das sind einzelne Module, die Sie dazubuchen müssen. Sie müssen sich als Landes- regierung auch darüber im Klaren sein, wie Sie künftig mit einer Erweiterung des Flughafens umgehen, wenn Sie den Flughafen in Ihrer Verantwortung so spät öffnen wollen. Das ist eine Frage, da müssen Sie irgendwann einmal damit herausrücken: Wann geht es los mit der Planung? Wie ist es mit der Bereitstellung von Investitionssummen? Das muss man sich auch mal überlegen.

Der fünfte Punkt, den ich an dieser Stelle erörtern möchte, ist: Wenn wir Tegel und Schönefeld mit ausgefer- tigten Flugplänen sehen, wenn Sie Fluggesellschaften sehen, die planen in der Regel neun Monate im Voraus ihre Flugpläne. Das sind – auch, wenn es schwierig aussieht – relativ einfach zu planende Flugverbindungen, aber man muss sie bereitstellen und entsprechendes technisches Gerät bereitstellen. Haben Sie sich schon mal darüber Gedanken gemacht, Herr Wowereit, was eigentlich mit den Fluggesellschaften wie Air Berlin Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 14 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - ist, die uns hier eigentlich ein Luftdrehkreuz schenken und diesen neuen Flughafen als großes Luftdrehkreuz initiieren wollen? Die richten sich jetzt schon darauf ein, dass es im November 2011 losgeht. Wenn es ein Jahr später losgeht – haben Sie schon mal mit ihnen gesprochen, wie sie das sehen, und ist sichergestellt, dass Air Berlin bei seinem ganz hervorragenden Engagement für die Bundeshauptstadt und das Land Bran- denburg auch weiterhin dabei bleibt?

Letztlich auch die Frage der Vertragslagen an den Flughäfen Tegel und Schönefeld – alt –. Hier gibt es auch Mietverträge. Hier gibt es Umfeldunternehmen. Hier gibt es Liegenschaften, die vermietet sind. Hier gibt es Serviceleistungen. Ist mit diesen Dienstanbietern schon gesprochen worden? Gibt es hier ein befriedigendes Ergebnis, wenn dieser Flughafen fristgemäß nicht eröffnet werden kann, dass wenigstens am alten Flugha- fenstandort in Tegel und auch in Schönefeld der Betrieb ordnungsgemäß weiterläuft, und zwar dann auch mit den schon weit überforderten Kapazitäten, die wir an den beiden Standorten Tegel und Schönefeld haben? Ich sage es ganz deutlich: Wir hätten sicherlich, und wir haben es immer wieder in der politischen Diskussi- on gesagt, jetzt nicht ein so erhebliches Kapazitätsproblem, wenn wir Tempelhof offengelassen hätten. – [Gelächter bei der SPD und der Linksfraktion] – Darüber kann die SPD lachen, aber es ist eben so. Was wird von dieser Legislaturperiode und Herrn Wowereit übrigbleiben? – Das ist die Schließung des Flughafens Tempelhof und die Errichtung einer großen Liegewiese. Mehr ist es nicht. Ansonsten ist es eine Verzögerung des größten Infrastrukturprojekts BBI. Ich möchte nicht, dass es – da spreche ich für die CDU-Fraktion – da zu Verzögerungen kommt. Deswegen denke ich, sollten wir hier ernsthaft diskutieren. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Die Schließung von Tempelhof war ein wesentlicher Fehler im Luftverkehr in Berlin.

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Herr Kollege Meyer, bitte!

Christoph Meyer (FDP): Der Kollege der CDU hat natürlich recht, dass die Schließung von Tempelhof ein Fehler war. – [Zurufe von der SPD und der Linksfraktion: Das war der Werbeblock! Das war der Pflichtbei- trag!] – Aber das überrascht hier in dem Raum eigentlich keinen mehr. – Frau Matuschek! Sie sagten, Sie wollen nicht, dass die Eröffnung von BBI irgendwo in der Reihe von Pleiten, Pech und Pannen mündet. Ich würde sagen, wenn wir uns die Geschichte der letzten 10, 15 Jahre angucken, dann haben wir schon Pleiten, Pech und Pannen und haben hier heute den vorläufigen Höhepunkt davon erreicht, weil es in den letzten Jahren, wenn Herr Wowereit hier war, so war – das kann man auch in den Wortprotokollen der letzten Anhö- rungen im Hauptausschuss nachlesen –, dass Sie zwar immer darauf hingewiesen haben, dass Sie quasi keine Garantie oder Bürgschaft dafür abgeben können, dass der Eröffnungstermin im Herbst 2011 gehalten werden kann, aber Sie schon sehr deutlich dokumentiert haben, dass Sie mit dem ganzen politischen Gewicht und Ihrer Kompetenz dafür Sorge tragen werden, dass der Herbst 2011 gehalten wird. Deswegen stehen Sie, wenn wir über die Verzögerung der Eröffnung reden, hier auch ein Stück weit vor dem selbstformulierten Scherbenhaufen Ihrer Infrastrukturpolitik in den letzten Jahren.

Ich würde Sie, weil wir jetzt bei den Fragen sind, bitten: Wir haben Ihnen nicht umsonst acht Fragen auch schriftlich vorgelegt. Das haben wir gemacht, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, sich darauf vorzubereiten. Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass Sie keine der Fragen beantwortet haben oder sich nicht zumindest be- müht haben, eine der Frage in Ihren ersten beiden Antwortrunden zu beantworten. Vielleicht können Sie das jetzt noch nachholen, weil wir ja ein Wortprotokoll haben. Ansonsten würde ich Sie auf jeden Fall bitten, die Antworten schriftlich, gegebenenfalls erst nach der Aufsichtsratssitzung, nachzureichen.

Zu den einzelnen Fragen: Das Kostenargument, das hier schon mehrfach erwähnt wurde, würde uns natürlich auch besonders interessieren, und uns würde natürlich besonders das Stichwort Verantwortung interessieren. Ich würde gerne von Ihnen wissen, wer rechtlich die Verantwortung für diese Verzögerung trägt. Wir haben auf der einen Seite die Projektsteuerung. Wir haben auf der anderen Seite PG BBI, also die Architekten, die dahinter stehen. Ich glaube schon, dass wir uns, das werden Sie vielleicht heute nicht abschließend ausführen können, genau darüber Gedanken machen müssen, wer denn hier, was diesen Baufortschritt oder die mögli- chen Verzögerungen im Baufortschritt angeht, die Verantwortung trägt. Und wenn ich hier unterschiedliche Einschätzungen zwischen dem Projektsteuerer und offensichtlich den Architekten höre, dann ist es zumin- dest auch mal wichtig festzuhalten, wie sich die Akteure und der Aufsichtsrat neben der Geschäftsführung mit diesen wechselseitigen Lagebeurteilungen auseinandergesetzt haben.

Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 15 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur -

Der andere wichtige Punkt in dem Fragenkatalog ist das Stichwort Eröffnungstermin und – wir haben es unter Frage 2 formuliert – die Umstellung Sommer-Winter-Flugplan. Ich kann mich daran erinnern, dass Sie uns früher mal – ich glaube, auch hier in dem Ausschuss – gesagt haben, Sie können immer nur eine Umstel- lung zu einem Flugplanwechsel oder eine Eröffnung zu einem Flugplanwechsel hinbekommen, weil sich die Fluggesellschaften mit ihren Flugplänen entsprechend darauf einstellen müssen, sodass wir, wenn wir über Verzögerungen reden, wahrscheinlich gar nicht über Verzögerungen von ein paar Wochen oder Monaten reden, sondern eigentlich immer in Halbjahresschritten diskutieren müssen. Vielleicht können Sie dazu eine klare Aussage treffen.

Dann würde ich von Ihnen auch gerne noch mal zum Thema Rolle des Aufsichtsrats und Rolle des Auf- sichtsratsvorsitzenden ein paar Worte hören. Es mag sicherlich so sein, wie Herr Schwarz es dargestellt hat, dass der Informationsfluss quasi von der Geschäftsführung an den Aufsichtsratsvorsitzenden ging, am 25. Mai das Treffen mit der Bundespolizei und am 26. Mai die telefonische Information an Herrn Wowereit, dass das aus der Perspektive der Geschäftsführung sicherlich richtig ist. Ich würde mal umgekehrt die Frage stellen, wie Sie, Herr Wowereit, sich die Rolle eines Aufsichtsratsvorsitzenden vorstellen. Wenn am 26. März quasi in dem Aufsichtsrat diverse Probleme angesprochen wurden, ist es dann nicht so, dass Sie vielleicht auch eine Verpflichtung gehabt hätten, auf die Geschäftsführung aktiver zuzugehen und sich in einem Austausch mit der Geschäftsführung von Ihrer Seite aus zu befinden, um diese Risiken für den Eröff- nungstermin – –, gerade, wenn Sie uns in den letzten Jahren immer gesagt haben, dass Sie quasi persönlich dafür bürgen, dass der Eröffnungstermin gehalten wird? Das würde ich schon ganz gerne von Ihnen beant- wortet wissen.

Ich würde auch gerne beantwortet wissen, wie es denn sein kann – Herr Schwarz hat darauf hingewiesen, dass es ein etwas längerer Prozess war, bis diese Verordnung am 29. April in Kraft getreten war, und Sie auf der Geschäftsführungsebene diese Entwicklung durchaus mitverfolgt haben –, dass im Aufsichtsrat im Vor- feld offensichtlich gar nicht über diese möglichen Risiken gesprochen wurde, weil es doch so ist, dass es zumindest in den letzten zwei Jahren ein Thema in der Fachwelt war.

Daran anschließend würde ich noch die Frage stellen wollen, und dabei würde ich es in der ersten Runde belassen wollen, ob Sie die Frage der Verzögerung der Fertigstellung des BBI jenseits der veränderten Si- cherheitsstandards aufgrund der EU-Verordnung sowieso hätten diskutieren müssen. Ich finde diese Paralle- lität der beiden Probleme, die Sie hier immer aufmachen, nicht zielführend, weil es letztlich eine Form des Nebelwerfens ist, wie Herr Schruoffeneger am Anfang gesagt hat. Wenn es so ist, dass wir aufgrund von übergeordnetem Recht, in dem Fall einer veränderte Rahmensetzung durch die EU-Kommission, hier zu Änderungen auch in der Bauplanung kommen müssen, dann ist das das eine. Das haben Sie dann sicherlich nicht zu verantworten. Da kann man Ihnen quasi nur darin ein Versagen vorwerfen, dass Sie nicht rechtzeitig über diesen Prozess dergestalt informiert waren, dass Sie die Planung früher darauf ausgelegt haben. Deswe- gen würde ich das gerne von der Frage Baufortschritt oder Planungsfortschritt im engeren Sinne und den Verzögerungen, die sich jetzt eventuell durch die Insolvenz des Planungsbüros darstellen, trennen, weil das originär im Bereich der Projektsteuerungs- und auch Aufsichtsfunktion der Akteure in Berlin zu verorten ist. Ich glaube, die Trennung sollten wir auch hier in der Diskussion deutlich herausarbeiten.

Vorsitzender Ralf Wieland: Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Noch einmal zu der Frage Garantien für Eröffnungstermine: Ich habe nie eine Garantie für einen Eröffnungstermin abgegeben. Ich könnte Ihnen auch nach dem nächsten Aufsichtsrat keine Garantie für irgendetwas in dem Sinne abgeben. Ich habe Ihnen immer berichtet, wir sind im Kosten- und Zeitrahmen, und das konnte ich Ihnen ruhigen Gewissens sagen, und das konnte ich auch ruhigen Gewissens beim Richtfest sagen.

Nochmals: Wir haben in der Aufsichtsratssitzung im März aufgrund des Controlling-Berichts und der Be- richtslage der Geschäftsführung ausgiebig über die beiden Problemfelder diskutiert. Die Einschätzung war nicht, dass es eine Terminverschiebung geben muss, sondern ein Risiko darstellt, aber ein Risiko, was zu lösen sein konnte. Das war der Stand. Der Auftrag war, und das ist die Aufgabe des Aufsichtsrats, der Ge- schäftsführung deutlich zu machen: Hier musst du daran arbeiten. Und das ist die Aufgabe von allen, die das Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 16 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - getan haben. Das ist nichts Ungewöhnliches und nichts Neues gewesen. Wir hatten, wie gesagt, da schon andere Klippen gehabt, wo es ähnlich war. Ich weiß noch, als Herr Körtgen sein neues Amt angetreten hat, da hätte er gerne von mir die Auflassung bekommen, dass sich der Öffnungstermin verschiebt, nehme ich mal an. Das hätte seine Arbeit wesentlich entspannt. Und wenn Sie ihn fragen: Können Sie nicht mehr Zeit gebrauchen? – dann sagt er nicht nein. Aber wie gesagt: Vorgaben sind dazu da, dass Sie auch Druck ma- chen, und Druck machen heißt, Risiko einzugehen. Es ist mein Risiko, wenn ich Ihnen sage: Wir haben einen Termin festgelegt, 30. Oktober 2011, dass es ein paar Monate später sein kann, und dass Sie dann schön behaupten können: Na, seht einmal, der Wowereit hat uns belogen! – Na, wunderschön! Das Risiko muss ich nun eingehen, und das nimmt mir auch keiner ab, Herr Meyer. Das führt aber nicht dazu, dass ich mir so viel Luft lasse, dass ich auf jeden Fall auf der sicheren Seite bin, denn das nutzt dem Projekt überhaupt nichts. Ohne diesen Termindruck kommen Sie in dem Projekt nicht weiter. Insofern gehe ich auch weiterhin dieses Risiko ein, Herr Meyer. Ich habe es in der Plenarsitzung schon gesagt: Diejenigen, die sich alle sonnen wer- den, wenn das Ding fertig ist, das wird eine große Anzahl sein. Wenn etwas schief geht, ist komischerweise immer nur einer da, der daran schuld ist.

Wir haben nur einen begrenzten Anteil an dieser Flughafengesellschaft. Wir machen das zu dritt, mit Bran- denburg und dem Bund, und wir haben Gremien in dem Aufsichtsrat, sowohl den Finanzausschuss als auch den Projektausschuss und den Aufsichtsrat. Da können Sie sicher sein, dass nicht nur der Regierende Bür- germeister, sondern auch alle anderen Persönlichkeiten, die dort vertreten sind, sehr kritisch und positiv be- gleitend die Geschäftsführung nicht nur kontrollieren, sondern bei der Verwirklichung dieses Projekts auch unterstützen. Wir betrachten es auch nicht, wie Sie vielleicht manchmal annehmen, als eine feindliche Akti- on, Aufsichtsrat gegen Geschäftsführung, sondern im Gegenteil, das ist auch ein Schulterschluss. Wir haben so oft als Gesellschafter helfen müssen, wenn es nicht ging, ob es die Bürgschaften waren – da haben Sie Gott sei Dank auch mitgeholfen und andere, dazu sind wir auch da, oder auch auf der Bundesebene. Wir haben auch gesagt, wenn es Probleme mit der Bundespolizei gibt, würden wir notfalls bis zum Bundesin- nenminister gehen, wenn da unsinnige Dinge laufen usw. Das ist etwas, woran wir auch gemeinsam arbeiten. Daran wird sich auch nichts ändern. Selbstverständlich hat der Aufsichtsratsvorsitzende eine besondere Auf- gabe. Ich glaube auch, dass ich die nicht schlecht wahrgenommen habe. Das kann aber jeder unterschiedlich betrachten.

Zu einigen Detailfragen! – Auswirkungen auf Investoren: Ich sage mal, keine, weil die Investoren entweder beim Hotelbereich oder beim Parkhaus usw. bei einer Verschiebung eher Luft bekommen würden. Das ist für die kein Schaden.

Bahnanbindung: Das OVG hat in diesem Eilverfahren Gott sei Dank keine Entscheidung treffen müssen, weil die Kläger da ihren einstweiligen Schutz zurückgenommen haben. Das heißt, die Ostanbindung kann eher, noch vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung in der Sache, weitergebaut werden. Das heißt also, die Chance, dass die Ostanbindung mit der Öffnung des Flughafens fertig wird, steigt. Sie wissen, dass wir eine andere Position haben. Wir sagen, drei Verbindungen über die Anhalter Bahn. Brandenburg lehnt das kategorisch ab. Bei der Bahn war es anfangs auch so, dass sie nicht wollte. Dann hatten wir sie so weit. Brandenburg – wie gesagt – lehnt es kategorisch ab. Wir haben jetzt eine Kompromisslinie, die sagt: Solange nicht die Ostanbindung da ist, wird weiter geprüft, ob drei Verbindungen möglich sind. Es sieht jetzt eher so aus: zweimal über Anhalter Bahn, zweimal über Ostanbindung. Terminlich würde sich das entspannen.

Die Frage Perspektive von weiteren Erweiterungen: Dieser ganze Flughafen ist selbstverständlich auch dar- auf ausgelegt, dass wir Erweiterungen vornehmen können. Wir haben schon einige Erweiterungen im lau- fenden Bau vorgenommen. Das sind die Piers beispielsweise, die am Anfang gar nicht vorgesehen waren. Auch das ist eine Leistung, die innerhalb dieses Zeitrahmens erstellt worden ist. Das ist auch eine zusätzliche Arbeitsleistung, die erbracht worden ist, Sie konnten sich das ja schon mal angucken. Die sind jetzt am wei- testen, wenn man das so sieht. Die sind schon mal eine Erweiterung, weil wir uns dem Bedarf angepasst haben.

Die beiden Pavillons würden eine Erweiterung sein, aber nicht eine Erweiterung, wie sie ursprünglich mal vorgesehen war, wenn wir beispielsweise den ersten Satelliten eröffnen würden. Selbstverständlich müssen Sie mit der Öffnung des ersten Satelliten oder gar mit dem zweiten Satelliten, immer unter der Vorausset- Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 17 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - zung, dass Sie sie alle durch das Terminal bringen wollen, die Terminalkapazitäten erweitern. Das ist ja auch vorgesehen. Da gibt es zwei Erweiterungsmöglichkeiten. Das sind aber große Investitionen. Die Erweiterun- gen über den Pavillonbereich sind technisch und auch finanziell in einem ganz anderen Volumen befindlich. Sie sind auch, nach oberflächlichen Betrachtungen, das werden wir jetzt genau untersuchen, das wird noch genau zu untermauern sein, in dem Projekt zu finanzieren. Deshalb müssen dann bei Kapazitätserweiterun- gen selbstverständlich Investitionsentscheidungen getroffen werden, im Übrigen auch für den Satelliten. Und wie man zu dem Satelliten kommt, dann stellt sich die Frage: Brücke oder Tunnellösung? All das ist klar. Diese Entscheidungen müssen zum gegebenen Zeitpunkt getroffen werden. Das ändert aber nichts an der aktuellen Diskussion.

Selbstverständlich wird mit den Fluggesellschaften diskutiert. Das Wesentliche, das die Fluggesellschaften zurzeit interessiert, ist die Gebührengestaltung. Deswegen haben wir auch die Vertreter der Fluggesellschaf- ten in die nächste Aufsichtsratssitzung eingeladen, um auch mit ihnen die gesamte Gebührenstruktur zu dis- kutieren. – Herr Friederici, die größte Sorge von Herrn Hunold ist nicht die Frage, wann der Flughafen BBI eröffnet wird, sondern die unsinnige Regelung der Bundesregierung, in ihrem Sparpaket von den Fluggesell- schaften eine Milliarde Euro an Pax-Gebühren abzukassieren. Das bringt die um. Das ist die Gefährdung. Da können Sie mal bei Ihren lieben Parteifreunden auf der Bundesebene tätig werden, diesen Beschluss wegzu- nehmen. Ich glaube, dann können Herr Hunold und Herr Mayerhuber und die anderen ruhiger schlafen, als dass sie die Sorge, wann der BBI eröffnet wird, umtreibt. Mit denen sind wir selbstverständlich im Gespräch, und da haben Sie bislang die Unruhe nicht spüren können, denn die kennen sich aus. Die wissen, was es bedeutet.

Zur Frage des Eröffnungstermins, ob der immer nur im Flugplanwechsel sein kann: Das ist nicht der Fall. Es gibt Leute, die sagen: Im Gegenteil, es ist besser, wenn es nicht zum Flugplanwechsel passiert. – Das war mal eine Festlegung, die vor Jahren getroffen worden ist, der 30. Oktober. Es hätte auch der 1. September sein können. Da haben sie recht, ob man gerade im Januar oder im Februar so etwas macht, ist eine Frage der Witterungsbedingen, und – Herr Schwarz weist immer zu Recht darauf hin – man sollte es auch nicht gerade in den Sommerferien machen, wo man die Verdichtung durch Ferienzeiten hat, wo man eine hohe Flugver- kehrsdichte hat. Insofern gibt es schon, unabhängig ob der Frage, ob es technisch möglich ist, im Monat X zu eröffnen, die Frage, ob es dann nicht trotzdem sinnvoll ist, im Monat Y zu eröffnen. Das ist völlig klar, aber das ist nicht gekoppelt, dass Sie sagen, Sie können das immer nur im Halbjahresrhythmus machen. Wenn Sie das einmal verpasst haben, dann sind Sie, obwohl Sie fünf Monate früher fertig sein könnten, in der Kalami- tät, das um sechs Monate zu verschieben. Das ist nicht der Fall, den Sie da haben.

Wir können jetzt Ihre einzelnen Fragen noch durchgehen, wenn Sie Lust haben, aber wir können es auch schriftlich machen, weil viele Dinge erst dann zu beantworten sind, wenn der Aufsichtsrat getagt hat. Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 18 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur -

Vorsitzender Ralf Wieland: Dann halten wir im Protokoll fest, Herr Meyer, dass die Fragen schriftlich beantwortet werden? – Gut! – Frau Hämmerling, bitte!

Claudia Hämmerling (Grüne): Schönen Dank, Herr Vorsitzender! – Für den Erfolg eines Flughafens ist es nicht nur wichtig, dass das Terminal funktioniert, dass die Fluggäste gut abgefertigt werden, dass alles recht- zeitig fertig wird, sondern es ist auch entscheidend, dass dieser Flughafen optimal erreichbar ist. Da gibt es im Moment ein paar Fragen, die – für mich jedenfalls – noch offen sind. Zum einen gibt es in der Bundes- verwaltung Überlegungen, eine Mautdifferenzierung bei der Bundesregierung zu erwirken, damit man den Transitverkehr, der auf der A 113 offensichtlich sehr zugenommen hat, aus der Stadt heraushält. Bis jetzt hat man immer gesagt, wir bündeln da den Verkehr. Das scheint nicht so gut zu funktionieren. Es wird tatsäch- lich Verkehr von der A 10 abgeleitet. Dafür ist die Transitstrecke durch die Stadt auch vom Bund finanziert worden, und die fahren in die Stadt hinein und die will man jetzt raushaben. Uns muss klar sein: Wir haben drei- bis viermal so viele Passagiere wie heute, die zum BBI fahren, weil sie dann dort starten und landen wollen. Wir haben zusätzlich die Leute, die ihre Jobs dort haben. Die müssen da auch jeden Tag als Pendler hin. Und wir haben die A 113, die jetzt schon immer gut belegt ist und wo – wie gesagt – der Transitverkehr zugenommen hat. Also ist die Frage: Wie soll das funktionieren – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Schienenanbindung nicht viel besser wird als heute?

Wir haben vier Regionalzüge, und wie viele ICEs dort halten werden, steht völlig in den Sternen. Sie hatten im letzten Jahr noch den Optimismus, dass es etliche sein werden. Wir gucken dann mal bei der Inbetrieb- nahme auf den Fahrplan, hatten Sie mir gesagt, Herr Wowereit. Aber inzwischen wissen wir alle, der Bahn fehlen ICEs. Sie hat so wenig, dass sie nicht einmal die Zeit hat, am Bahnhof Zoo Station zu machen. Das ist die Frage: Wie werden die sechs Bahnsteige bespielt? Mit der S-Bahn wissen wir, mit vier Regionalzügen, aber wir haben ein riesiges Passagieraufkommen. Ob das so funktioniert, steht in den Sternen, und deswegen meine Frage: Wir haben 650 Millionen Euro für die Schieneninfrastruktur investiert. Wie geht es jetzt weiter mit der Dresdner Bahn? Das war die Voraussetzung für die Shuttle-Verbindung. Sie sagten in der letzten Woche – so sind Sie jedenfalls zitiert worden –, dass Sie aus eigener Kraft vom Land Berlin finanziert die A 100 nicht bauen würden, sondern das wegen der Arbeitsplätze machen würden und weil der Bund das Geld gibt. Die A 100 ist genauso Bestandteil des Bundesverkehrswegeschienenplans wie die Dresdner Bahn. Die Dresdner Bahn – das wissen wir alle – wird deswegen nicht planfestgestellt, weil der Tunnel für die Bahn ein Finanzierungsproblem darstellt, aber wir haben auf der anderen Seite die Notwendigkeit, dass sie gebaut werden muss. In dieser Pattsituation befinden wir uns. Wäre es nicht sinnvoll, mit der Bundesregie- rung zu verhandeln und zu sagen: Wir möchten gerne im Rahmen dieses Bundesverkehrswegeschienenplans – [Christian Gaebler (SPD): Es gibt keinen Bundesverkehrswegeschienenplan! Bundesverkehrswegeplan!] – dieses Projekt, das für die Inbetriebnahme und für den Erfolg von BBI von außerordentlicher Bedeutung ist, nämlich die Anbindung über die Dresdner Bahn, dieses Shuttle realisiert haben? Deswegen verzichten wir auf die A 100 bzw. stellen das zurück. – Das wäre doch eine Alternative. Wie stehen Sie dazu, Herr Regie- render Bürgermeister? Haben Sie sich Gedanken darüber gemacht, wie das vier- bis fünffache an Menschen mit der jetzigen Infrastruktur, die alles andere als optimal ist, rechtzeitig zur Eröffnung des BBI hin- und herkommen kann und die A 113 nicht kollabiert, weil die anderen Verkehrsmittel nicht attraktiv genug sind?

Stellv. Vorsitzender Florian Graf: Schönen Dank, Frau Hämmerling! – Dann hat zunächst der Regierende Bürgermeister um das Wort gebeten. – Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Frau Hämmerling! Ich hatte schon fast den Eindruck, Sie halten ein Plädoyer für die A 100, aber da habe ich Sie, glaube ich, doch missverstanden. Es ist nicht alterna- tiv, die Dresdner Bahn zu den anderen Varianten, sondern es ist additiv. Die Dresdner Bahn scheitert nicht an der Finanzierung. Ihre Partei ist selber der Meinung, der Tunnel ist dort überflüssig. Die Einzigen, die das so sagen! – [Genau! von der SPD – Christian Gaebler (SPD): Frau Hämmerling war auch gegen die A 113! – Zuruf von Claudia Hämmerling (Grüne)] – Doch! Sie haben immer wieder betont, Sie halten das für über- flüssig. Natürlich, in den Bürgerversammlungen usw. waren Sie immer der Meinung, dass Sie den Tunnel nicht wollen und er auch nicht nötig ist. – [Claudia Hämmerling (Grüne): Ich habe gesagt, Berlin kann ihn nicht finanzieren!] – Nein, Sie haben ihn inhaltlich abgelehnt. Man kann ja dieser Auffassung sein. Wir sind da anderer Auffassung mit den meisten Fraktionen hier in diesem Haus. Wir wollen diesen Tunnel dort ha- ben. Das Problem ist, dass – die Auslegung war ja jetzt schon – der Planfeststellungsbeschluss überhaupt Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 19 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - noch gar nicht gekommen ist. Auf Nachfrage wird immer wieder gesagt, auch beim Bundesverkehrsministe- rium, dass das Geld für diesen Abschnitt Dresdner Bahn, für die drei Abschnitte auch da ist. Das ist in den Planungen mit beinhaltet. Nur die Planfeststellung ist noch nicht erfolgt. Dann kommt noch die entsprechen- de Klagesituation, die die Bürgerinnen und Bürger sicherlich herbeiführen werden. Dementsprechend kön- nen wir nicht davon ausgehen, dass die Dresdner Bahn wie geplant den Zubringer machen wird. Deshalb müssen wir auf die Anhalter Bahn und die Ostanbindung ausweichen. Das ist die Situation. Die Anbindung des neuen Flughafens Willy Brandt wird wesentlich besser sein, als die Anbindung an Tegel jemals war. Wie bei fast allen Flughäfen in der ganzen Republik wird es hier eine wesentlich verbesserte Anbindung geben. Das kann man auch nachweisen. Insofern hat die Dresdner Bahn hier nicht die Alternative A 100 zur Finan- zierung. Das ist nicht die Alternative. Wenn Sie – das war ja mein Hinweis bei der Industrie- und Handels- kammer – ein Rieseninvestitionsvolumen für die A 100 haben und eine Prioritätensetzung, die Sie machen müssen, weil Ihre investiven Mittel nicht ausreichen, dann habe ich die Frage gestellt, ob wir uns dann die A 100 leisten würden. Wir haben aber leider, wie es immer so suggeriert wird, nicht die Chance zu sagen: Wir verzichten auf die A 100, und das Geld verteilen wir woanders hin. Das läuft so nicht. Das ist auch so nicht und bei der Dresdener Bahn sowieso nicht, weil es nicht alternativ, sondern additiv ist. – [Zuruf von Claudia Hämmerling (Grüne)] – Nein, der Tunnel auch nicht, aus grundsätzlichen Überlegungen. Wir haben damals die Kostenteilung angeboten, und nach Berechnung der Bürgerinitiative vor Ort ist es dann gar nicht wesentlich teurer, weil Sie sowieso erhebliche Lärmschutzmaßnahmen machen müssen.

Die Bahn hatte ursprünglich die gleiche Auffassung, hat dann taktisch ein bisschen klüger gehandelt und gesagt: Wenn der Bund es bezahlt, dann machen wir es auftragsgemäß. Sie haben sich dann praktisch aus der Debatte herausgezogen. Aber das Bundesverkehrsministerium – egal, unter welchem Bundesverkehrsminis- ter, wir haben ja in diesem Bereich nun schon etliche erlebt, und das wird bei Ramsauer jetzt leider auch nicht anders werden – hat die Tunnellösung immer aus grundsätzlichen Überlegungen abgelehnt. Sie sagen, das setze den Maßstab für alle anderen Projekte. Das war im Übrigen auch immer die Meinung von Ihrem Herrn Cramer, der immer sehr schön herumgetönt hat. Er hat es eins zu eins übernommen oder selbst gesetzt. – Insofern kann ich Ihnen da nicht helfen. Die Dresdner Bahn ist nicht die Alternative zur A 100, sondern hier geht es um die Planfeststellungsverzögerungen, die sich ergeben haben. Ich hoffe, dass man da endlich mal zu Potte kommt. Ich habe neulich mal wieder eine Zeitleiste gesehen – das schiebt sich immer mehr.

Stellv. Vorsitzender Florian Graf: Schönen Dank! – Jetzt hat der Kollege Dr. Wegner das Wort. – Bitte schön!

Dr. Michael Wegner (CDU): Ich will mal versuchen, aus der verkehrspolitischen Diskussion herauszu- kommen und zum eigentlichen Besprechungspunkt zurückzukehren. Es gibt diesen schönen Spruch für Häuslebauer: Wen der Herrgott strafen will, den lässt er bauen. – Auch das Land Berlin hat da hinlänglich Erfahrungen gemacht, aktuell zusammen mit den anderen beiden Gesellschaftern Bund und Brandenburg in Sachen BBI.

Ich versuche, für mich noch mal das zusammenzubekommen, was auf der einen Seite in den letzten eindrei- viertel Stunden mündlich zum Thema Verantwortlichkeiten und Zeitabläufe vorgetragen worden ist – wer wusste wann was? –, und das, was auch in dieser Sachstandsinformation uns hier schriftlich heute vorgelegt worden ist. Ich fange mit dem Zeitplan an und will das noch mal mit der Frage überschreiben: Wann wusste eigentlich wer wie viel wovon? Ich entnehme dieser Sachstandsinformation, Herr Regierender Bürgermeis- ter, meine Herren, dass Ihnen am 26. März zwar mitgeteilt worden ist, dass es aufgrund des Insolvenzverfah- rens Probleme gibt, aber dieses zum damaligen Zeitpunkt nicht als inbetriebnahmegefährdend eingeschätzt worden ist. Ich entnehme der Sachstandsinformation, dass mit Schreiben vom 19. Mai, also keine zwei Mo- nate später, – – und, wie das hier mündlich ausgeführt worden ist, dass dann in der Konsequenz der Entwick- lung auf Arbeitsebene ein Schreiben des Inhalts verfasst worden ist, dass eine Gefährdung des Zeitplans vor- liegt. Der Regierende Bürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender hat im Rahmen der Presseberichterstattung anlässlich des Richtfests am 7. Mai, umgangssprachlich ausgedrückt, gesagt: Alles Roger in Kambodscha, und Chaos bleibt in Laos. – Können Sie alle am Tisch eigentlich ausschließen, dass zwischen dem 26. März und dem 19. Mai in den verschiedenen Planungsablauf-Bauausführungsbesprechungsrunden und Ähnlichem keine Informationen über Zeitplangefährdungen gegenüber dem Bauherrn und damit letztlich auch gegen- über den Gesellschaftern kommuniziert worden sind? Daran anschließend die Frage: Wenn das so ist, warum Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 20 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - hat es dann zwischen dem 19. Mai und dem 25. Mai abends weitere sechs Tage gedauert, ehe der Aufsichts- ratsvorsitzende seitens des Bauherrn telefonisch von dieser Zeitplangefährdung in Kenntnis gesetzt wurde?

Der zweite Punkt betrifft den Bereich EU-Verordnung. Auch da kann man das dann wieder so umschreiben: Wer hätte wovon wie viel wissen können? Angesichts der hohen Priorität und des hohen wirtschaftlichen Stellenwerts, die dieses Bauvorhaben für die Region hat, frage ich mich, inwieweit die Beteiligten, insbeson- dere die politischen Stellen, hier in der Zeit vor Erlass dieser EU-Verordnung bestimmte Dinge hätten beein- flussen bzw. auch Informationen hätten transportieren können. Deshalb frage ich vor dem Hintergrund, Herr Regierender Bürgermeister, dass die Bundes- und EU-Bevollmächtigte in Ihrem Verantwortungsbereich angesiedelt ist: Welche Anstrengungen auf den Informationsgehalt hat es seitens der Senatskanzlei gegeben, herauszubekommen, was konkret in dieser dann 2010 auf uns heruntergeregneten EU-Verordnung stehen mag? Das Stichwort „fällt nicht vom Himmel“ ist sowohl von Ihnen, Herr Wowereit, als auch von anderen hier an der Diskussion teilnehmenden Kollegen bereits genannt worden. Welche Kommunikation hat es denn zwischen dem Gesellschafter Berlin auf der einen Seite und dem Gesellschafter Bund auf der anderen Seite im Hinblick auf die Auskunftsfähigkeit, Auskunftswilligkeit und Auskunftsbereitschaft der Bundespolizei gegeben, die Bestandteil des Verantwortungsbereiches einer der drei Flughafengesellschafter ist? Welche Einwirkungen hat es seitens der Senatskanzlei auf die Bundespolizei gegeben, um hier gegebenenfalls die von mir eben zitierte Auskunftsbereitschaft, -fähigkeit und -willigkeit der Bundespolizei ein Stück weit zu befördern, zu beschleunigen?

Schlussendlich: Haben Sie, Herr Regierender Bürgermeister, mit dem Bundesinnenminister angesichts der sich abzeichnenden Problematik rund um das Thema Bundespolizei, das hier so ein bisschen in den Vorder- grund gespielt worden ist, hinsichtlich der EU-Verordnung und der Rolle der Bundespolizei für einen unter normalen Umständen halbwegs termingerechten und damit reibungslosen Bauzeitenablauf dieses themati- siert? Und wenn das gegebenenfalls erfolgt ist, mit welchem Ergebnis ist das dann bei Ihnen angekommen, inwieweit hier der Gesellschafter Bund in seiner Rolle dem Bauherrn zur Seite steht und Auskunftsbegehren entsprechend befördert?

Stellv. Vorsitzender Florian Graf: Danke schön, Herr Dr. Wegner! – Dann hat der Regierende Bürgermeis- ter das Wort. – Bitte schön!

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Ich kann ja noch nachvollziehen, dass Sie immer wieder versuchen, irgendetwas zu konstruieren, aber merken Sie nicht selber, wenn Sie hier konstruieren, sechs Ta- ge sind vergangen, und da ist man dann erst informiert worden – –? Hier ist mehrmals dargestellt worden, dass es dazu noch Besprechungen gegeben hat. Und, ob Sie es nun glauben oder nicht, ich kann Ihnen auch heute nicht – nicht, weil ich es Ihnen nicht sagen will, sondern weil die Besprechungen im Aufsichtsrat noch stattfinden –, auch nicht unter Vertraulichkeit, sagen, wann der Eröffnungstermin sein wird. Das ist nichts, wo ich Ihnen irgendetwas vormachen will, sondern das ist eine Frage von Beratungen.

Ich sage Ihnen mal die Schwierigkeit, die sich darstellt: Sie können sich einigermaßen vorstellen, dass die Herren, die rechts von mir sitzen, nichts lieber hätten, als dass wir ihnen jetzt freie Leine ließen. Das ist für die das Beste. Da hängt einigermaßen etwas dran. Sie können sich vorstellen, schon alleine, um Sie zu be- friedigen, dass mein Interesse ist, dass das am 30. Oktober ist. Das ist ungefähr die Bandbreite, die wir ha- ben. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Ich mache keinen unsinnigen Termin, nur weil es mir politisch ir- gendwie passen würde oder ich hier bei Ihnen besser sitzen kann. Das holt mich alles früher oder später ein. Oder noch schlimmer: nicht mich persönlich, sondern das holt den Flughafen ein, was Qualität und sonstige Dinge anbelangt. Das haben wir an den Gutachtern gesehen. Der eine, der schwankt bei einem Jahr. Der andere sagt: Das geht sofort. Der andere sagt: fünf Monate. Jetzt kannst du die Bälle in die Luft werfen, musst aber mal probieren, einigermaßen Sicherheit zu bekommen, wie die Gemengelage ist. Da muss man sich die Detailarbeit machen, die einzelnen Punkte anzugehen, ohne zu wissen, was sonst noch alles auf die- ser Welt passieren kann – das weiß kein Mensch –, um eine annähernde Sicherheit zu bekommen, dass wir hier nichts Unzumutbares verlangen, nur aufgrund von Kosten- oder Zeitdruck, um zu vernünftigen Lösun- gen zu kommen, die dann, beispielsweise auch bei der Frage der Sicherheit, über den Tag hinaus halten, und kann nicht erst mal sagen: Fangen wir mal an, und dann gucken wir mal – work in progress –, wie das alles Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 21 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - so weitergeht, sondern wir müssen sehen, was wir heute noch eher steuern können, auch unter Kosteneinsatz steuern können, der weniger ist, als wenn wir das anschließend teuer umrüsten.

Dafür brauchen wir schlicht und ergreifend Zeit. Sowohl die Flughafengesellschaft selber muss daran arbei- ten als auch die Gremien. Wir haben uns ohne Zeitlimit am letzten Freitag vor Ort im Projektausschuss alles im Einzelnen – – Wir haben darauf Wert gelegt, dass der stellvertretende Chef der Bundespolizei auch mit seinen Leuten dabei ist, um genau mit ihnen diese einzelnen Punkte durchzugehen, um zu gucken: Wo gibt es Kompromisslinien? Wie ist die Situation? – Es gibt auch Varianten dabei. Wenn es jetzt nur die Frage alleine wäre, auch die Sicherheitsfrage, würde es noch ein bisschen anders aussehen, wenn wir nicht auch noch gleichzeitig die Schwierigkeiten mit der TGA hätten. Das kumuliert dann auch noch dazu. Das muss man fairerweise sagen. Deshalb ist nicht automatisch immer nur das eine oder andere schuld. Man muss im- mer sehen, welche Lösungen man bekommt und zu welchem Preis man sie bekommt.

Das ist jetzt ein bisschen kryptisch und abstrahiert, aber so ist die Gemengelage, und so arbeiten wir auch. Selbstverständlich renne ich notfalls bis zu de Maizière, wenn ich den Eindruck habe, dass die Bundespolizei hier Dinge von uns verlangt, die unsinnig sind oder auch bei einem anderen nicht wirken können. Ich kann doch das Argument der Bundespolizei nicht vom Tisch wischen und sagen: Hier ist ein neuer Flughafen. – Und die sagen: Das interessiert uns nicht mehr. – Das sind erhebliche Kosten, die auch bei der Bundespolizei entstehen. Deshalb werden Ihre optimalen Forderungen nicht immer erfüllt, denn wenn es nach der Bundes- polizei geht, bekommen Sie noch ganz andere Sachen geboten.

Jetzt haben wir Lösungen, mit denen wir an den Start gehen können. Das sind Kompromisse. Die Kompro- misse sehen so aus, dass nicht alle Geräte die neuen Konfigurationen haben werden, sondern nur ein Teil dieser Geräte. Das bedeutet aber für die Praxis, dass Sie den Verkehr trennen müssen. Das heißt, die Leute, die Flüssigkeiten haben, gehen durch das eine Gerät, und die, die keine haben, gehen durch das andere Gerät. Es gibt also durchaus Varianten dabei. Ob die alle toll und glücklich sind und wie andere Flughäfen im lau- fenden Betrieb das machen, können wir auch nicht beurteilen. Aber da sind wir im Diskussionsprozess, und so ist auch die Herangehensweise der Flughafengesellschaft gewesen, nicht einfach zu sagen: Jetzt haben wir ein Problem, sondern selbstverständlich müssen sie Lösungen bringen. Und das war der Auftrag, den sie im März vom Aufsichtsrat bekommen haben, Lösungen dafür zu liefern. Das muss jetzt in der Aufsichtsratssit- zung am 25. gemacht werden. Dann müssen wir die Alternativen da haben. Wir haben das sehr kritisch durchleuchtet, und da gibt es Interessen der Geschäftsführung, die sind nicht unbedingt meine Interessen oder die der Gesellschafter. Das kann ja sein. Der eine hat ein bisschen mehr Interesse am Retail-Geschäft, und der andere hat ein bisschen mehr Interesse daran, wie der Fluggast sich eigentlich fühlt. Auch das sind Dinge, die im Flughafenbetrieb – – Manchmal haben Sie ja den Eindruck, dass der Fluggast gar nicht mehr fliegen, sondern nur einkaufen gehen soll. – Da gibt es auch noch Varianten, die wünschenswert sind. Ein Retail-Geschäft ist wichtig für seinen Businessplan. Der muss in den Flughafen finanzieren. Wenn ihm da Flächen im Retail-Bereich wegbrechen, dann ist das technisch möglich. Das ist vielleicht preiswerter für den Umbau, aber nachher hat er die Folgekosten, weil er in seinem Retail-Geschäft weniger Einnahmen hat und ihm der Businessplan ins Rutschen gerät. Insofern sind das komplexe Vorgänge, die wir auch miteinander abwägen müssen. Das müssen die drei Gesellschafter auch gemeinsam machen.

Gott sei Dank haben wir noch Herrn Bomba da zu sitzen, den ich als sehr konstruktiv empfinde, genauso, wie das Herr Lüdke Daldrup gemacht hat, der uns in Brüssel geholfen hat. Wenn es also mit der Bundespoli- zei wirklich irgendwann totale Verhakungen gibt, unterstelle ich mal, dass der Staatssekretär im Verkehrs- ministerium auch in der Lage ist, bei seinem Kollegen Staatssekretär im Innenministerium vorzuarbeiten, um da Lösungen zu bekommen. So haben wir das bislang auch immer gemacht. Bislang war es keine Notwen- digkeit, direkt bei Herrn de Maizière vorzutanzen, weil wir da in einem guten Dialog sind und auch Lö- sungsmöglichkeiten finden werden.

Das ist die Gemengelage, die sich stellt. Sie ist komplex, aber dieses gesamte Vorhaben ist komplex. Ich sage es an dieser Stelle auch noch mal, damit kein falscher Eindruck entsteht: Der Aufsichtsrat hat Vertrauen zur Geschäftsführung. Der Aufsichtsrat ist auch glücklich und zufrieden, dass dieses riesige Projekt bislang so gesteuert worden ist. Das sage ich mal ganz deutlich. Es war immer ein erheblicher Zeitdruck. Die Mitar- Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 22 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - beiterinnen und Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit. Und Probleme, die entstehen, müssen gelöst wer- den.

Bislang sind wir in einem Bereich, da muss ich mal sagen – – ich weiß nicht, ob Sie Zeitung lesen – und bei anderen Großprojekten – – Wir rechnen erst am Schluss ab, und deshalb auch alle Vorsicht. Wir loben im- mer erst am Ende. Aber wenn das in dem Rahmen, der heute diskutiert wird, so bleibt, dann können wir bei diesem riesigen Projekt glücklich und zufrieden sein. Und da können wir uns in jedem Benchmark, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich in dieser Dimension messen lassen. Das muss ich mal wirklich sagen. Wenn einer sagt, es kumuliert in der schlimmsten Katastrophe, dann sind das schon wieder die Szena- rien, die da an die Wand gemalt werden. Davon sind wir Gott sei Dank weit entfernt, aber Wachsamkeit und Konzentration sind angebracht, und das werden wir auch tun. – [Zuruf von Joachim Esser (Grüne)] – Das können Sie nachlesen! Das ist auf Seite 15, wie genau das in dieser Verordnung steht – weil Sie sagen: Mei- ne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Brüssel können entnehmen, wie groß der Scanner sein soll. Das kön- nen Sie dieser Verordnung nicht entnehmen. Das ist eine Überforderung. Das bekommen Sie da so nicht hin. Und, wie gesagt, die sind teilweise noch in der Erprobungsphase.

Stellv. Vorsitzender Florian Graf: Schönen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! – Herr Gaebler, bitte!

Christian Gaebler (SPD): Vielen Dank! – Ich habe fast zwei Stunden aufmerksam zugehört und muss sa- gen, ich wundere mich ein wenig. Erstens finde ich die vorgelegten Informationsmaterialien sehr umfang- reich und kann da keinen Nebel erkennen, sondern es ist alles ziemlich deutlich und konkret. Wenn man da Ergänzungen haben will, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dann können Sie das konkret sagen, aber einfach wieder eine solche Pauschalbehauptung in den Raum zu stellen – das zeigt nur, dass Sie wenig konkrete Probleme im Detail benennen können, sondern nur zusätzliche Fragen stellen.

Das passt aber zu Ihrem gesamten Politikstil bei diesem Projekt. Sie gebärden sich als die letzten Verteidi- ger, die sagen: Der Regierende Bürgermeister hat das alles nicht im Griff. – und zählen dann alles Mögliche auf. Sie vergessen dabei aber: Sie wollten den Flughafen nie, jedenfalls nicht in diesen Dimensionen. Sie haben ihn als Grüne von Anfang bis Ende bekämpft. Sie wollten und wollen keine Anbindung für den BBI. Sie haben die A 113 bekämpft. Sie bekämpfen jetzt die Ostanbindung, und bei der Dresdner Bahn haben Sie die Tunnellösung auch immer bekämpft. Das ist in allen Protokollen des Parlaments nachzulesen. Insofern sind es sehr große Krokodilstränen, die auf einmal geweint werden. Ich glaube, das kann man Ihnen auf Dauer so nicht durchgehen lassen.– [Joachim Esser (Grüne): Darüber, was durchgeht, entscheiden Sie über- haupt nicht!] – Herr Esser! Ich habe jetzt das Wort. Ich habe Ihren Kollegen zugehört, obwohl es manchmal etwas schwerfällt. Insofern sollten Sie mir jetzt auch mal zuhören, selbst wenn Ihnen das schwerfällt. Da haben wir dann wechselseitig etwas gemeinsam. Aber es wäre auch schön, wenn wir gemeinsam die Ruhe bewahrten, uns gegenseitig zuzuhören, auch wenn Ihnen das besonders schwerfällt. – [Joachim Esser (Grü- ne): Ja, Papa!] –

Ich frage mich, wenn ich das hier höre: Wessen Interessen vertreten eigentlich die Abgeordneten des Landes Berlin, die hier im Hauptausschuss sitzen? Damit ist nicht gemeint, dass man keine kritische Begleitung der Senatspolitik machen kann. Aber es kann doch nicht ernsthaft sein, dass Sie sich hier hauptsächlich Gedan- ken darum machen: Warum ist ein Unternehmen in Insolvenz gegangen? Was ist mit der Bundespolizei? – Wir sind sozusagen alle nicht schuld. Es sind immer der Aufsichtsratsvorsitzende der Flughafengesellschaft oder die Gesellschafter an sich schuld. Wenn die Bundespolizei – in diesem Fall zum Schaden des Projekts – zwei Monate auf irgendwelchen Unterlagen sitzt, dann ist das sozusagen kein Argument, sondern ein Prob- lem des Flughafens – wobei es ganz klar ist, dass in einer EU-Rechtsverordnung keine Produkte dargestellt werden, die genaue Maße von Scannern und Ähnlichem angeben, sondern da werden Zielsetzungen genannt. Da wird gesagt: Was muss kontrolliert werden? Was muss erkannt werden? – Und dann müssen die entspre- chenden Produkte erst einmal entwickelt werden. Und wenn die Bundespolizei das nach zwei Monaten vor- stellt, dann finde ich das für eine solche Verwaltung sogar einen relativ guten Zeitplan, aber warum das in diesem Fall der Landesregierung angelastet wird, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Warum Sie sich über gelegentlich überforderte Projektsteuerer stellen, die versuchen, Zeitpläne infrage zu stellen, die ambitioniert sind, für deren Einhaltung sie aber auch bezahlt werden, kann ich auch nicht verste- Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 23 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - hen. Wir müssen uns doch eigentlich alle unterhaken und sagen: Es muss alles getan werden, um diesen Flughafen so schnell wie möglich in Gang zu setzen –, und dann müssen sich Unternehmen, die dafür nicht schlecht bezahlt werden, fragen, warum sie denn so widersprüchliche Briefe schreiben bzw. warum sie lieber ein Risiko darstellen als eine Chance und nicht sagen, was jetzt schnellstmöglich an Maßnahmen erforderlich ist. Das wäre auch noch mal eine Frage an den Regierenden Bürgermeister: Welche Maßnahmen sind denn konkret vorgeschlagen worden, und welche Kosten sind damit gegebenenfalls verbunden? – Dann kann man nämlich darüber entscheiden, ob man bereit ist, das in Kauf zu nehmen oder nicht. Aber solange wir hier im luftleeren Raum agieren, weil Sie sagen: Man könnte ja ganz andere Dinge machen – oder: Vielleicht müs- sen ganz andere Dinge gemacht werden –, man weiß aber nicht was, bestätigt nur, dass das Vorgehen, in diesem Fall des Aufsichtsrates, ist, zu sagen: Bevor wir nicht konkret wissen, worüber wir reden, können wir die Öffentlichkeit auch nicht entsprechend sachgerecht informieren. Und das ist genau der Zeitablauf, der hier dargestellt worden ist. Wir haben – wie gesagt – hier einen relativ umfangreichen Bericht, den ich jeden- falls sehr erhellend finde, den man sicherlich noch weiter untersetzen kann und der bis zur Aufsichtsratssit- zung auch noch untersetzt werden muss. Dann werden wir uns das hier vielleicht noch mal anhören, aber es wäre dann vielleicht ganz gut, wenn einige Kolleginnen und Kollegen weniger Allgemeinplätze über ver- kehrspolitische Grundsatzfragen von sich geben, sondern konkret zum Projekt reden. Denn eines sollte uns doch allen gemeinsam sein: dass wir dieses Projekt schnell zum Erfolg führen und es nicht kaputt reden wol- len. Den Scherbenhaufen, der hier in den Raum gestellt wurde, sehe ich überhaupt nicht. Den hat es viel- leicht gegeben, als unter diese Privatisierung vor Gericht gescheitert ist – glücklicherwei- se, weil sie das Land Berlin viel Geld gekostet hätte. Wie Sie hier nachlesen können, ist fast alles im Zeit- plan, es ist auch nach wie vor alles im Kostenplan, und dann von einem Scherbenhaufen zu reden, ist gerade für einen Hauptausschuss ziemlich absurd. – Vielen Dank!

Vorsitzender Ralf Wieland: Dann haben wir als Nächsten den Kollegen Krug. Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 24 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur -

Günther Krug (SPD): Ich will an das anschließen, was Christian Gaebler gesagt hat. Der Hauptausschuss hat natürlich klare Aufgaben. Hier geht es darum, eines der größten Infrastrukturprojekte nicht nur der Regi- on, sondern von Berlin-Brandenburg und – wie ich heute auch gelernt habe – von Deutschland auf den Weg zu bringen. Und wenn ich mir anschaue, was wir im Hauptausschuss darüber gesprochen haben, wie wir diskutiert haben und welche Details sowohl im Terminablauf als auch in den Kosten vorgelegt worden sind, dann ist der Hauptausschuss hervorragend informiert.

Was ich überhaupt nicht verstehe, ist die Häme, mit der man nun Probleme kommentiert. Ich finde, das ist diesem großen Projekt nicht angemessen. Wir haben in der Diskussion aber auch gesehen, wie engagiert einige Dinge angepackt werden, und dass natürlich mit der Aufsichtsratssitzung dann auch die Terminvor- schläge, die Kostenvorschläge, die Varianten erarbeitet und uns vorgelegt werden. Ich denke doch, dass das relativ zeitnah passieren wird, sodass wir dann hier auch informiert werden.

Zum Verhältnis Aufsichtsrat und Geschäftsführung, das Herr Meyer so freundlich hinterfragt hat: Ich denke, die FDP versteht etwas von Wirtschaft und weiß, wie dieses Verhältnis funktionieren soll. Sie sehen doch ganz genau, wie das hier funktioniert, und irgendwo innerhalb von zwei, drei Stunden eine Information, die gegeben wurde oder zu spät gekommen ist, als Deus ex Machina oder als eine schlimme Geschichte zu be- zeichnen, halte ich für völlig absurd. Ich denke, wir sind hier, um über Themen und Problemlösungen zu diskutieren. Der Regierende Bürgermeister hat das ganz klar gesagt. Das ist das, wofür wir hier sind und nicht, um nur noch irgendwelche Stundenabläufe zu diskutieren: Was hat zwei Tage länger gedauert? – oder: Wie läuft das? – Ich denke, wir haben hier klar dargestellt bekommen, wie weiter vorangegangen worden ist und wie weiter gehandelt werden wird. Der 25. Juni ist für mich ein wichtiger Punkt. Ich denke, dann be- kommen wir die einzelnen Themen und Kostenpläne vorgelegt. So funktioniert Aufsichtsratsarbeit. So funk- tioniert auch eine Geschäftsführung. Ich denke immer: Dass gerade diejenigen, die für sich in Anspruch neh- men, Wirtschaft zu verstehen, bei so einem großen Projekt eine völlige Unkenntnis einzelner komplexer Verhältnisse erkennen lassen! Das ist nicht so aus meiner Sicht, und ich denke, auch aus der Sicht der SPD- Fraktion wird hier ordentlich gearbeitet.

Der Termin: Selbstverständlich ist es ein ambitioniertes Vorhaben, und ambitionierte Vorhaben verschaffen nun mal Druck und Schwierigkeiten. Aber ich denke, wir haben hier eine Geschäftsführung und auch im Aufsichtsrat die Fachleute, die diese Dinge ordentlich und fachgerecht behandeln. Insofern sollten wir uns weiter mit der Sache befassen. Ich denke, wir bekommen die Unterlagen relativ zeitnah, um hier weitere Entscheidungen mitzubekommen, damit wir auch das ambitionierte Ziel weiter verfolgen können.

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Herr Kollege Esser!

Joachim Esser (Grüne): Sehen Sie, Herr Schneider, jetzt kommt Ihr Alter Ego, der Bad Guy. – [Torsten Schneider (SPD): Ich bin völlig unschuldig!] – Ich verstehe da so manches, aber, Herr Gaebler, einen sol- chen Beitrag zu halten – – [Zuruf: Der hat schon Feierabend! – Stefan Zackenfels (SPD): Er redet mit Frau Hämmerling draußen!] – Ja, er ist weg, aber er müsste sich mehr mit etwas ganz anderem auseinandersetzen. – Am 19. Mai schreibt das Planungsbüro: Es ist wohl so, dass uns der Zeit- und Finanzierungsplan außer der Reihe gerät. Dann hat man das überprüft. So ist uns das dargestellt worden. Am 25. hat die Geschäftsführung mit der Bundespolizei zusammengesessen. Am 26. Mai hat man Herrn Wowereit unterrichtet. Das hindert einen Herrn Gaebler nicht daran, am 31. Mai – erschienen dann am 1. Juni – in der Zeitung zu erzählen: Ü- ber daraus resultierende Verzögerungen gab und gibt es noch keine Informationen vom Flughafen. – Ich finde, um solche naseweisen Reden hier zu halten, sollten sich solche Leute erst einmal damit auseinander- setzen, was sie alles in die Öffentlichkeit geblasen haben, was offenkundig nicht den Tatsachen entsprach – entweder, weil sie nicht besser informiert waren oder weil sie wider besseres Wissen solche Dinge gesagt haben.

Das Gleiche gilt übrigens, und dazu könnten Sie, Herr Wowereit, noch mal etwas sagen, für Ihren Regie- rungssprecher, Herrn Meng, von dem ich annehme, dass er nicht alleine unterwegs ist. Der hat dann einen Tag vor Herrn Gaebler, am 30., glaube ich, in der „Morgenpost“ verkünden lassen, dass Sie, Herr Wowereit, nichts von einem Brief vom 19. und von Verzögerungen wissen. Nach Ihrem hier Gesprochenen, sogar Auf- sichtsratsitzung und vor allem Telefonat mit der Geschäftsführung, mit Herrn Schwarz, da sagt Ihr Presse- Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 25 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - sprecher: Der Brief des Planungsbüros ist bei Ihnen nicht bekannt. – Ich möchte gerne, dass Sie uns das er- klären, ob er das auf eigene Kappe macht oder in Ihrem Auftrag, derartige Fehl- und Desinformationen zu geben.

Der dritte Punkt ist: Was wird uns hier eigentlich erzählt? Herr Wowereit hat vorhin gesagt, wie groß der Scanner wird, das kann man der EU-Verordnung nicht entnehmen. Ja, was glauben Sie denn? Ich nehme doch an, Sie müssten eigentlich annehmen, die Menschen, die hier sitzen, befinden sich auf dem gleichen Planeten wie Sie, und auf diesem Planeten ist es logisch und üblich und auch in diesem Falle so, dass es den Scanner, das Gerät, zuerst gibt, bevor die Verordnung gemacht wird, und nicht eine Verordnung auf irgend- welche technischen Geräte hin gemacht wird, die es gar nicht gibt und niemals geben kann, weil die Technik das gar nicht hergibt. Das ist falsch. Zu der Sache können Sie sich gleich noch mal äußern. Der Sache wer- den wir sicherlich noch mal nachgehen, denn davon wissen auch andere Leute etwas und nicht nur Sie, wie das ausgeht. Deswegen können Sie die Dinger schön bis auf einen Millimeter in der Länge und auf einen Millimeter in der Breite und auf Gramm im Gewicht darstellen und fotografieren und uns dann natürlich auch erklären: Stand der Technik dabei ist, was dann auch Platz kostet, dass nicht alles vollautomatisiert ablaufen kann. Da behaupte ich mal: Wenn es einen Verordnungsprozess gibt, sitzen, wie Sie das richtig beschrieben haben, selbstverständlich die Flughafengesellschaften, die Fluggesellschaften und Ihre Verbände im Boot, und dann sitzen natürlich auch die Gerätesteller im Boot, Leute, mit denen Sie täglich zu tun haben und die Sie alle kennen. Ich werde als EU sogar gucken, dass das möglichst nicht nur einer ist, sondern viel- leicht zwei oder drei, die in der Lage sind, das herzustellen, damit ich noch ein Stück Wettbewerb habe und nicht mit meiner Verordnung Monopole schaffe. Das ist alles im Klärungsprozess der Aufstellung einer sol- chen Verordnung, bevor ich die überhaupt mache. Und uns dann zu erzählen, dass man erst an dem Tag, am 25. Mai, aus dem Gespräch mit der Bundespolizei eine Ahnung davon bekommen hat, dass man mehr Platz für den Sicherheitsbereich braucht, ist ein ziemlich starkes Stück. Das kann man mit denkenden Menschen, die diese EU-Prozesse kennen, nicht machen. Und wenn Sie hier das Gegenteil behaupten, tun Sie es bitte, das ist nachprüfbar, denn es gibt in einem solchen Prozess auch noch andere Akteure als Sie.

Nächster Punkt! Deswegen noch mal die Frage, denn die Antwort war undeutlich – vielleicht ist das auch nicht ganz klar; das würde ich dann auch hinnehmen, dass es nicht ganz klar ist: Wird Sie das jetzt Abferti- gungsstellen, Gates, oder wie immer wir das nennen, kosten, oder bekommt man in der geplanten Gebäude- hülle unter Verkleinerungen von anderen Dingen und Verschiebungen das trotzdem so hin, dass dann letzt- lich die Zustiegsmöglichkeiten zu den Flugzeugen bleiben, wie ursprünglich geplant? Oder wird es da Ein- bußen geben? – weil das bisher miteinander kombiniert war und jetzt irgendwo der erhöhte Platzbedarf ab- gezogen werden muss, wenn man kein größeres Gebäude macht.

Die zweite Frage, die ich noch hätte: Herr Schwarz! Sie haben vorhin gesagt, diese knappe halbe Milliarde Euro Reserve, die man für, ich glaube, nicht das beste Szenario, aber den base case, also, wenn alles planmä- ßig läuft, vorgesehen hat, wird jetzt wohl benötigt werden. Herr Schruoffeneger hatte vorhin schon mal an- gedeutet, dass das dann, wenn es eine zusätzliche Belastung für die Flughafengesellschaft sein wird, über die Beiträge, die Sie zur Gesamtfinanzierung liefern, weiter eigenkapitalmindernd bei Ihnen sein wird. Ich frage die Herrschaften, die da vorne sitzen, ob am Ende dieses Prozesses heute bereits vermutet werden kann, dass es erneuter Kapitalzuführungen der Eigentümer bedarf, um den Flughafen danach auf einem sicheren Grund betreiben zu können – wobei wir uns alle wünschen, dass das so früh wie möglich stattfindet.

Die dritte Frage hatte Herr Meyer schon mal gestellt. Dazu gab es keine Antwort. Aus Ihren vorherigen Ein- lassungen, und so hatten wir das eigentlich auch aus der Zeitung interpretiert, obwohl das undeutlich war, hat sich jetzt ergeben, dass, wenn es sein sollte, dass die Behauptung nicht des Kollegen Schruoffeneger, son- dern des Insolvenzverwalters von Kruck stimmt, die er in der Zeitung getätigt hat, was für einen Insolvenz- verwaltung eigentlich ungewöhnlich ist, der Zahlungsverzug sei mitverantwortlich dafür gewesen, dass das Unternehmen, das er jetzt verwalten muss, in die Pleite gegangen ist – das sagt der Insolvenzverwalter, das sagt nicht die alte Geschäftsführung; Sie sagen jetzt, natürlich liegt das nicht an Ihnen, so habe ich das jetzt auch richtig verstanden, sondern das ist eine interne Frage der Gruppe, die Sie beauftragt haben und damit auch eine Frage zwischen dem Steuerungsbüro und dieser Firma –, dann, finde ich, ist die Frage von Herrn Meyer vorhin berechtigt gewesen, ob es in dieser Richtung möglich ist, Regressansprüche geltend zu ma- chen, falls Sie auch hier durch diese Insolvenz und die damit verbundenen Verzögerungen einen finanziellen Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 26 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur -

Schaden erleiden. Wenn die Verantwortung für diesen Vorgang praktisch beim Steuerungsbüro oder unter- halb desselben liegt, dann frage ich, was Sie unternehmen, um die Flughafengesellschaft und Ihre Eigentü- mer, darunter das Land Berlin und seine Steuerzahler, soweit das geht, dann auch schadlos für die Folgen zu halten.

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank, Herr Kollege! – Herr Regierender Bürgermeister, bitte!

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Ich möchte zum Innenverhältnis etwas sagen, weil er ein Teil dieser Partner ist. Ich finde es schon mal richtig, dass Sie angedeutet haben – – Die Presse hat uns auch mit dem Schreiben konfrontiert. Dann muss man sich den Briefkopf anschauen. Das ist nicht an die Flugha- fengesellschaft gegangen, sondern ist das interne Verhältnis. Ursprünglich wurde manchmal der Eindruck erweckt, dass unsere Flughafengesellschaft nicht geleistet hat. Das hat er auch nicht behauptet. Aber Herr Schwarz hatte vorhin schon mal darauf hingewiesen, dass wir auch nur leisten für Leistungen, die erbracht worden sind. Das ist – glaube ich – noch Konsens in diesem Raum, aber Herr Paap wird das – – Sonst be- kommen wir von Ihnen den nächsten Ärger.

Vorsitzender Ralf Wieland: Bitte schön, Herr Paap!

Hans-Joachim Paap (gmp): Vielleicht noch mal ganz kurz zu dem Gesellschaftskonstrukt, in dem wir uns befinden. Es sind drei Gesellschaften, die sich zu einer Planungsgemeinschaft zusammengeschlossen haben. Das heißt nicht, dass der Haustechnikplaner ein Subunternehmer von uns war, sondern es war ein gleichbe- rechtigter Partner. Diese Partner werden aus einem Zahlungsplan bedient. Die stellen Rechnungen an die FBS, und die werden bezahlt, oder es gibt Einbehalte wegen dezidierter Mängel. Bei der Summe, die in der Zeitung stand, es waren – glaube ich – 350 000 Euro, handelte es sich um eine Monatsrate und einen Män- geleinbehalt. Diese Monatsrate und der Mängeleinbehalt liegen auf einem Notaranderkonto. In einem Insol- venzverfahren ist das ganz normal. Unser Gesellschaftsvertrag sagt nämlich aus, wenn einer der Partner ei- nen Insolvenzantrag stellt, also gar nicht mal ein Dritter, sondern der Partner selbst, dann sind alle Zahlungen einzufrieren. Das Geld, das von der FBS just in diesen Tagen unterwegs war, haben wir auf ein Notarander- konto umgeleitet. Es ist völlig normal im deutschen Insolvenzrecht, dass ein Insolvenzverwalter Forderungen aufstellt, offene Rechnungen, die gestellt worden sind. Im Gegenzug kann ich Ihnen aber auch hier sagen, dass es natürlich auch Gegenforderungen gibt, die diese Forderung um ein Vielfaches übersteigen. So viel zur Wahrheit, der ganzen Wahrheit in dem Zusammenhang. – [Torsten Schneider (SPD): So ist das im Rechtsstaat!] –

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Herr Schruoffeneger, bitte!

Oliver Schruoffeneger (Grüne): Es gibt zu diesem Vorgang augenscheinlich unterschiedliche Aussagen, denn das, was zumindest in der Zeitung zitiert ist, von dem Insolvenzverwalter, war: Die Insolvenz ist da- durch zustande gekommen, dass Rechnungen – – Das können wir jetzt hier nicht beurteilen, und ich will das auch nicht ausstreiten. Ich denke nur, die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft muss im Auge haben, ob sich daraus in fünf bis zehn Jahren auch Regressansprüche am Ende des Verfahrens ergeben könnten.

Ich will zwei kurze Sachen anmerken, Herr Wowereit. Das eine hat der Kollege Esser schon angesprochen, das ist die Aussage von Herrn Meng. Am 19. Mai kommt dieser Brief. Am 25. tagt die Geschäftsführung. Dazu hat Herr Wegner gesagt: Das ist lange hin. – Da bin ich aber durchaus Willens. Diese eine Woche ist nicht die Skandalebene. Das kann man machen. Am 26. ruft die Geschäftsführung Sie an. Sie geben darauf- hin Aufträge, also, Sie haben den Ernst der Lage erkannt. Vier Tage später sagt Ihr Regierungssprecher, dass Herr Wowereit nichts von einem Brief und von Verzögerungen wisse. Da tendiert die Glaubwürdigkeit ge- gen Null. Wenn die am 26. morgens mit Ihnen – –

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Das ist ein Brief, der lag mir nicht vor. Nehmen Sie das doch mal zur Kenntnis! Der war mir auch nicht bekannt. Was heißt denn das? Ich habe hundert Mal erklärt, dass Informationen da sind. Sie können hier versuchen zu konstruieren, was Sie wollen. Der Pressesprecher wird Ihnen auch von Terminverschiebungen in der Öffentlichkeit nichts sagen können, da ich bis heute nicht weiß, ob es die gibt. Erzählen Sie doch nicht immer denselben Mist! Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 27 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur -

Oliver Schruoffeneger (Grüne): Über die Terminverzögerung streite ich auch überhaupt nicht, aber dass die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft mit Ihnen am 26. morgens telefoniert, Ihnen sagt – – [Jutta Ma- tuschek (Linksfraktion): Interessiert Sie jetzt nur das Projekt oder was?] – Nein, uns interessiert auch, wie man hier mit der Öffentlichkeit umgeht, beides. Wir haben hier ein großes Problem, zum einen wegen der Insolvenz und zum anderen wegen der EU-Geschichte, und in diesem Gespräch wird nicht gesagt, dass diese neue Erkenntnis – die Themen waren alle schon zwei Monate vorher bekannt – ein ernsthaftes Problem ist, unter anderem auch etwas mit dem Brief des Planungsbüros zu tun hat. Wenn das so ist, dass die Ihnen das nicht gesagt und Sie dann nicht nachgefragt haben: Wo habt ihr die neue Erkenntnis her? – finde ich, ist das zumindest auch im Umgang zwischen Ihnen, zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsratsvorsitzendem, ein sehr eigenartiges Verfahren.

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Herr Schruoffeneger! Nur noch mal einen Hinweis: Das Entscheidende ist nicht dieser Brief von ihm da, sondern die Flughafengesellschaft hat ein Gutachten in Auf- trag gegeben. Und dieses Gutachten könnte ich Ihnen allen hier zitieren, wie deutlich und eindeutig das ist.

Oliver Schruoffeneger (Grüne): Da haben Sie völlig recht, dass der Brief eigentlich nicht das Entscheidende ist. Was mich daran ärgert, ist auch gar nicht der konkrete Vorgang. Das ist mir völlig egal, wie die Sie in- formiert haben. Wenn Sie es am Ende wussten, ist das okay. Aber es ist ja nicht das einzige Politikfeld. Es gibt immer wieder – und ich verstehe es einfach nicht mehr – den Versuch in dieser Koalition, bestimmte Probleme so lange wie möglich zu deckeln, statt sie offen zu diskutieren. Ich sage Ihnen an dem konkreten Punkt: Das wäre überhaupt nicht nötig. Wenn man mit Problemen bei einem solchen Großvorhaben offen umgeht, wird dafür auch jeder ein Grundmaß an Verständnis haben. Das Schlimme an dieser Diskussion ist immer, wenn so getan wird, als gäbe es da keine Probleme, obwohl sie allen längst bekannt sind.

Jetzt mache ich noch einen Schlusssatz, und dann können Sie sich auch wieder abregen. Sie haben einen Satz zur FDP gesagt, der mich irritiert hat. Wenn Sie sagen: Liebe Kollegen der FDP, die privaten Investoren freuen sich eher, wenn sie ein halbes Jahr mehr Zeit haben, bis sie ihr Hotel eröffnen müssen. Also, sorry, das ist eine Denkstruktur öffentlicher Verwaltung, aber nicht die Denkstruktur eines privatwirtschaftlich denkenden Menschen, denn der muss in der Zwischenzeit seine Zinsen aus seiner Kasse bezahlen. Der freut sich überhaupt nicht, wenn er ein halbes Jahr warten muss – und das sagt etwas über die Mentalität. – [Tors- ten Schneider (SPD): Sie amüsieren uns!] –

Vorsitzender Ralf Wieland: Herr Regierender Bürgermeister!

Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Ich kann Sie trösten, Herr Schruoffeneger. Das Hotel zahlt noch keine Zinsen. Erkundigen Sie sich doch mal, wie der Standort ist, dann werden Sie auch nachvollziehen können, warum meine These richtig ist, dass die dadurch eher Luft bekommen, wenn das später fertig wird. Das ist aber nicht unser Ziel und auch nicht unser Bestreben. – Nun nochmals: Sie werden auch in Zukunft von mir nicht erwarten können, und da würde ich mich auch strikt weigern, selbst wenn Sie es erwarten und beschließen würden, dass ich bei jeder Irritation in diesem Projekt sofort eine Pressekonferenz mache. Ich bin doch nicht wahnsinnig. Das hat nichts mit Verheimlichen zu tun, sondern genau die Arbeit, die nach der Unterrichtung des Aufsichtsrates in Auftrag gegeben worden ist, wird zurzeit immer noch geleistet, und die wird bis zum 25. Juni geleistet. Und dann wird eine Entscheidung vom Aufsichtsrat getroffen, und dann ist der Zeitpunkt gekommen, die Hosen herunterzulassen und deutlich zu machen: Wie sind die Entscheidun- gen? Wie ist der Kostenrahmen? Wie ist der Zeitrahmen? usw. Bis dahin verbietet sich eigentlich jede öf- fentliche Debatte darüber. Die ist durch die Indiskretion entstanden, die jemand da gesetzt hat. Das ist das erste Mal so bewusst in diesem Projekt in den letzten Jahren passiert. Solche ähnlichen Situationen hatten wir schon mehrmals, und, da können Sie sicher sein, wenn ich da jedes Mal die Presse oder Sie mit Halbhei- ten, Vermutungen und Befürchtungen über Risiken informiert hätte, dann hätten wir viel miteinander zu tun gehabt. – [Joachim Esser (Grüne): Das war aber Anfang Juni nicht mehr die Situation!] – Was heißt, Anfang Juni? – Anfang Juni war die Situation genauso wie heute. Die Situation ist genau dieselbe. Intern hat die Gesellschaft die Aufgabe, die Probleme zu lösen, und das ist auch ein Teil der Problematik. Ich habe aber von vornherein gesagt: Selbstverständlich lohnt es sich auch hier in dieser Sitzung, über das zu diskutieren, was da aufgelaufen ist, aber Sie haben auch heute das Schicksal, dass Sie einige Ihrer gestellten Fragen nicht Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 28 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - beantwortet bekommen können, weil der Aufsichtsrat dazu noch keine Entscheidung getroffen hat und auch noch Vorarbeiten notwendig sind – nicht, weil wir Sie dumm halten wollen oder sonst etwas zu verbergen haben, sondern weil die Prozesse so sind.

Das ist so, und so wird es auch in Zukunft sein. Also, das vorzuwerfen, Herr Schruoffeneger, ist bar jeder Vernunft. Es gibt eine Verantwortung, die der Aufsichtsratsvorsitzende auch gegenüber dem Unternehmen hat, selbst, wenn er Regierender Bürgermeister ist. Das gilt für jeden. Der hat nämlich auch gesetzliche Ver- pflichtungen, die sich zum Wohle des Unternehmens hinorientieren müssen. Auch da gibt es Grenzen, die sich bei einer öffentlichen Eigentümerschaft dann wieder relativieren, aber auch das gehört dazu, dass wir nicht jede Krisensituation nach draußen posaunen und damit einen Schaden für das Unternehmen anrichten. Sie können sich vorstellen, dass schon allein jede Debatte über eine mögliche Verschiebung des Termins bei einigen der beteiligten Firmen Gelüste auslöst. Es ist doch völlig klar, was die dann damit machen. Dann sagen sie einerseits: Jetzt habe ich Zeit –, und andererseits lassen sie sich teuer bezahlen, wenn sie das ein- halten, was sie eigentlich machen müssten. Auch das ist ein komplexer Vorgang, und Sie können sich vor- stellen, wie Herr Körtgen mit den Firmen oder die Projektsteuerer, um das zusammenzubringen, dann das alles wieder auseinanderbringen.

Deswegen sage ich Ihnen ganz ehrlich: Mir passt diese öffentliche Debatte überhaupt nicht, aber nicht aus den Gründen, die Sie vermuten, sondern genau aus diesen Gründen. Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten in der Zeit, die jetzt ansteht, die Lösungen bringen können, und dann hätten Sie mich immer noch verhauen können. Das werden Sie dann ja auch machen, das ist ihr legitimes Recht. Das muss ich auch aushalten. Da- für bekomme ich ein üppiges Aufsichtsratsentgelt als Schmerzensgeld. Das können Sie dann damit verrech- nen. – Ich weiß nicht, was bekomme ich da? – 100 oder 200 Euro. – Aber diese Diskussion, die wir jetzt haben, ist für das Projekt eigentlich schädlich. Selbstverständlich werden Irritationen ausgelöst. Ich kann es nicht nachweisen, aber mich beschleicht dieser unangenehme Gedanke, dass dieser Punkt zufällig zur Ent- scheidung vom BDLI, ob die ILA in Leipzig oder in Berlin stattfindet, rausgehauen worden ist. Das kann vielleicht etwas damit zu tun haben, ich kann damit aber auch danebenliegen. Ich weiß es nicht.

Und noch mal: Wenn wir jetzt anfangen, jeden Insolvenzverwalter oder jedes einzelne Unternehmen in den Hauptausschuss einzuladen, die da meinen, ihre Interessen geltend machen zu müssen, dann, würde ich sa- gen, ist die Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben. Diese gerichtlichen und rechtlichen Auseinandersetzungen werden geführt werden. Und wenn er meint, dass er Ansprüche gegen die anderen Partner hat, muss er sie durchsetzen. Das Schreiben richtet sich nicht gegen die Flughafengesellschaft. Das wollen wir doch bitte noch mal festhalten. – Herr Schwarz wollte auch noch etwas sagen.

Prof. Dr. Rainer Schwarz (Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH): Vielleicht darf ich das auch noch mal zur Versachlichung aus der Projektlogik heraus tun. Ich bin manchmal ein bisschen überrascht, wenn der Vor- wurf kommt: Wieso wird nach sechs Tagen noch nicht reagiert? Wieso wird ein Brief, der auf Arbeitsebene bei uns eingegangen ist, nicht sofort am nächsten Tag an den Regierenden Bürgermeister gefaxt oder ge- mailt? – Ich darf mal vor Augen halten: Wir haben ein 2,5-Milliarden-Euro-Projekt. Bei uns gehen täglich, wir haben das mal nachgezählt, 300 bis 400 Briefe mit Anlagen ein, die im Übrigen auch nicht alle an Herrn Körtgen oder mich gerichtet sind, wie im Übrigen auch dieser ominöse Brief des Projektsteuerers. Da wird auf Arbeitsebene auf Probleme hingewiesen. Das haben wir jetzt seit fünf oder sechs Jahren. Und wenn wir jedes Mal in den sechs Jahren, wo ein Brief an einen Mitarbeiter gerichtet ist, dass da ein Problem kommt, sofort den Regierenden Bürgermeister informiert hätten, dann hätte der viel zu tun. Deshalb haben wir uns darauf geeinigt, nicht nach dem alten militärischen Motto „Melden macht frei“ zu verfahren, sondern – und ich glaube, in der Diskussion verwischt auch ein bisschen die Verantwortung zwischen operativer Geschäfts- führung und Aufsichtsfunktion eines Aufsichtsrates – deshalb arbeiten wir wie in jedem professionellen Un- ternehmen das so ab, dass Probleme, die aufkommen, zunächst einmal in der Geschäftsführung diskutiert werden, und zwar aus Sicht der Geschäftsführung auch mal gewichtet werden. Natürlich schreit da manch einer auf und sagt: Ich habe hier ein Problem, das ganz schwierig ist –, was sich aber im Gesamtkontext sehr stark relativiert, weil noch andere Faktoren zu berücksichtigen sind.

Erst wenn die Geschäftsführung der Meinung ist, hier gibt es ein Problem, das außerhalb der Rhythmen der Aufsichtsratssitzungen diskutiert werden muss, dann gibt es einen Kontakt zwischen der Geschäftsführung Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 29 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - und dem Aufsichtsrat. Alle Probleme werden üblicherweise in den Dreimonatsrhythmen, in denen ein Auf- sichtsrat tagt, zu beantworten sein. Aber natürlich ist es auch nicht das erste Mal in den fünf oder sechs Jah- ren dieses Projektes, dass ad hoc Probleme aufkommen. Dazu könnte ich Ihnen vier oder fünf Beispiele nen- nen, die aber alle nicht öffentlich diskutiert worden sind, weil die aus genau denselben Gründen, die Herr Wowereit gerade ausgeführt hat, auch nicht in die Öffentlichkeit gehören. Dann werden die mit dem Auf- sichtsrat diskutiert. Und da das nicht das erste Projekt ist, das Herr Körtgen und ich behandeln, kann ich das auch im Vergleich zu anderen Standorten sagen. Das wird hier mit einer sehr großen Professionalität vom Aufsichtsrat bearbeitet, und das muss auch so sein, weil es ein Projekt im Bau ist gegenüber anderen Projek- ten, die laufend sind. Es sind Mechanismen etabliert, die dann sehr schnell greifen, wo die Spitzen der Ge- sellschafter zusammenkommen. Nichts anderes ist in diesem Prozess passiert. Ich halte das für nicht so ganz leicht mit einer professionellen Unternehmensführung in Einklang zu bringen, wenn hier versucht wird, ope- rative Problemlösungen auf die Ebene des Aufsichtsrates zu schieben. So ist die Aufgabenteilung in einer GmbH nicht.

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Herr Ueckert, bitte! – [Joachim Esser (Grüne): Es waren noch zwei Fragen offen!] – Zuerst Herr Ueckert, und dann kann der Kollege Esser auf zwei aus seiner Sicht noch offene Fragen hinweisen. – Bitte schön!

Rainer Ueckert (fraktionslos): Danke, Herr Vorsitzender! – Als fraktionsloser Abgeordneter habe ich die Diskussion aufmerksam verfolgt. Ich könnte zu vielen Punkten auch noch eine Stellungnahme abgeben, das möchte ich Ihnen aber ersparen. Aber eine Frage ist aus meiner Sicht bisher ungenügend behandelt worden, die ich zu dem Bereich Lösungen, die hier angesprochen wurden, zählen möchte. Vielleicht können wir da doch ein bisschen weiterkommen. Das ist die Frage des Platzbedarfs für die Kontrollen. Die halte ich für überzogen. So bin ich in diese Diskussion bereits hineingegangen und muss sagen, auch in den zwei Stun- den, die wir hier diskutiert haben, ist mir da keine besondere Erleuchtung gekommen, dass dieser Platzbedarf auch wirklich notwendig ist. Im Gegenteil!

Herr Esser hatte schon den Scanner angesprochen. Ich halte diese Scannergröße, die uns hier angeboten wird, für zu groß. Man muss berücksichtigen, dass die Bundespolizei diesen Vorschlag gemacht und dieses Bild und die Maße und Gewichte dafür geliefert hat. Das wird sie sicherlich aus ihrer finanzpolitischen Sicht gemacht haben. Das wird wahrscheinlich das billigste Gerät sein, das man erhalten kann. Es gibt auf dem Markt garantiert noch andere, vielleicht teuere, aber auch platzeffektivere, und dann muss man da Lösungen herbeiführen, die etwas mehr Geld kosten, aber nicht unbedingt solche Umbauten erfordern.

Wenn ich auf Seite 17 die rechte Skizze sehe, wie die Aufstellung erfolgen soll, halte ich auch das für etwas unausgegoren, dass man noch ein zweites Band daneben macht, wohin man dann den Bottle-Scanner hin- stellt. Warum kann man das nicht als Brücke machen, wie das normalerweise bei den Scannern durchgeführt wird? Hier gibt es bestimmt noch eine Möglichkeit, dieses zu optimieren.

Ein dritter Punkt: Die Frage der Doppelkontrollen. – Man hat als Flieger seine Erfahrungen, und wenn man z. B. in Frankfurt den Sicherheitsbereich verlässt, weil man von irgendwoher kommt und nach Berlin um- steigt, dann geht man durch eine Tür, und 15 Meter hinter der Tür beginnt dann die Kontrolle für Berlin noch mal von vorne für das gesamte Handgepäck, mit Scannen, Durchleuchten und allem, was dazu gehört. Wenn man das andersherum – das ist mir in diesem Jahr auch passiert – in Tegel macht, nach München fliegt und von München aus weiterfliegt, dann hat man in München einen Transitgang, eine Brücke, wo Sie dann ohne Kontrollen an den Flugsteig kommen, wo Sie dann weiterfliegen können. Da entfällt die gesamte Doppel- kontrolle. Das kann nicht ungesetzlich sein, was die Münchner dort machen, sondern es ist offensichtlich legal. Jetzt ist die Frage: Wie viele Kontrollen würde man eigentlich einsparen können? Das liegt an der An- zahl der Umsteiger. Mit wie vielen Umsteigern haben Sie für Ihren Bedarf und Platzbedarf kalkuliert? Ist das nicht eine Möglichkeit, zukünftig erhebliche Mengen von Kontrollen einzusparen? Und wenn man daran denkt, dass dann auch wieder Flaschen mitgenommen werden können, sind sicherlich auch Änderungen im Kontrollwesen und Kontrollbedarf da, aber vielleicht haben Sie sich über diese Abhängigkeit von den Um- steigern und den Doppelkontrollen Gedanken gemacht und können uns darüber Auskunft geben.

Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 30 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur -

Vorsitzender Ralf Wieland: Herr Esser! Sie hatten noch zwei Fragen. Aber nur kurz erinnern, gestellt wa- ren sie schon.

Joachim Esser (Grüne): Die eine war, ob es dann praktisch weniger Anlegestellen oder Gates geben muss, ob das schon klar ist, oder ob man das neutral hinbekommt. Dann wollten sich die Herren gerne noch mal zu der Frage Scannerentwicklung und Prototypen einerseits und Verordnungserlass andererseits äußern.

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Bitte schön!

Prof. Dr. Rainer Schwarz (Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH): Ich habe sogar noch eine dritte Frage aufgeschrieben, Herr Esser. Das war die Frage nach der Finanzierung, Eigenkapitalverbrauch.

Vorsitzender Ralf Wieland: Dann mal los!

Prof. Dr. Rainer Schwarz (Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH): Vielleicht darf ich mit den Fragen von Herrn Ueckert anfangen. Das leitet dann auch gleich zu der ersten Frage über, die Herr Esser hinsichtlich der Sicherheitskontrollen gestellt hat. – Die zweite Frage, die Sie gestellt haben, Herr Ueckert, haben wir gar nicht thematisiert, nämlich was mit den Transitreisenden passiert. Das ist völlig richtig. Auch für die Transit- reisenden gilt eine neue Regelung, die sogar schon eher in Kraft tritt. Das haben wir deshalb nicht themati- siert, weil es nicht projektgefährdend ist. An den Stellen, wo Transitreisende im nichtöffentlichen Bereich umsteigen – das betrifft nicht diesen Bereich –, gibt es auch Änderungen in den da notwendigen Sicherheits- vorkehrungen. Das ist, glaube ich, unmittelbar einleuchtend: Wenn wir beispielsweise einen Passagier aus Russland haben, der anschließend nach Münster weiterfliegt, muss er natürlich sicherheitstechnisch noch einmal behandelt werden. Er wird allerdings nicht an dieser Stelle behandelt, wo es nur darum geht, dass aus Berlin Kommende anschließend in den nichtöffentlichen Bereich hineingehen, sondern er wird innerhalb des nichtöffentlichen Bereiches behandelt. Diese Thematik haben wir gar nicht auf die Tagesordnung gebracht, weil es innerhalb des Projekts zu bewältigen ist, weil es nicht projektgefährdend ist.

Ihre Hoffnung, dass sich damit der Durchsatz reduziert, ist deshalb nicht richtig, weil die an anderer Stelle behandelt werden. Die kommen gar nicht durch diese Stelle durch. – [Zuruf von Rainer Ueckert (CDU)] – Auch nicht die normalen Umsteiger. Das ist lediglich eine Stelle, an der ein Passagier, der von hier losfliegt, aus dem öffentlichen Bereich kommt und in den nichtöffentlichen Bereich hineingeht.

Die zweite Frage, was die Konfiguration angeht: Kann das nicht auch ein bisschen kleiner sein? – haben wir, wie Sie sich vorstellen können, auch gestellt. Das ist kein Layout, das wir uns als Flughafen ausgedacht ha- ben, sondern das hat die Bundespolizei aus, wie wir uns haben überzeugen lassen, wohlabgewogenen Grün- den entwickelt. Das hat übrigens nicht nur mit dem Bottle-Scanner zu tun, sondern hat insbesondere, was die Volumina angeht, mit der Tatsache zu tun, dass Nachkontrollen stattfinden müssen, und deshalb auch insbe- sondere die Länge, die sich daraus ergibt, und auch die entsprechende Breite.

Damit komme ich zu der Frage von Herrn Esser. Ich hatte schon einmal versucht, das deutlich zu machen. Es ist völlig unstrittig, Herr Esser, dass diese EU-Verordnung – ich habe Ihnen vorhin sogar den Ablauf vorge- lesen – nicht vom Himmel gefallen ist. Die Leute wussten, dass es eine solche EU-Verordnung gibt. Was allerdings neu ist, und insofern möchte ich Ihnen auch widersprechen: Es gibt noch keine Geräte auf dem Markt. Es gibt Geräte, die in der Erprobung sind. Wir haben den Vizepräsidenten der Bundespolizei gefragt und gesagt: Sag mir mal die Geräte, die da reinkommen und – das ist das, was uns vor allen Dingen interes- siert – erzähl uns vor allen Dingen mal, wie die Durchsatzquote pro Stunde ist. Die Geräte sind uns eigent- lich völlig egal. Solange sie dieselbe Durchsatzquote pro Stunde generieren können wie bisher, wäre alles prima. Aber genau das kann Ihnen leider nicht garantiert werden. Ganz im Gegenteil, da gibt es viele Plausi- bilitäten, dass sie deutlich nach unten geht, und das ist genau die Problematik. Deswegen aus der Chronolo- gie der Entstehung der Richtlinien nun zu schlussfolgern, wir wüssten ganz genau, was operativ passiert – das ist nicht der Fall, und das habe ich auch schon mehrfach versucht, deutlich zu machen.

Wenn wir jetzt – auch für die Aufsichtsratssitzungen – Alternativen prüfen: Wie kann das letztlich umgesetzt werden? – dann, Herr Esser, das war Ihre zweite Frage, wird es natürlich nicht auf Kosten von Gates gehen, Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 31 Wortprotokoll Haupt 16/87 16. Wahlperiode 16. Juni 2010 - we/ur - weil die im nichtöffentlichen Bereich liegen. Wenn, dann ist das allenfalls die Frage: Müsst ihr damit Res- sourcen reduzieren, die im öffentlichen Bereich liegen, also beispielsweise Check-in- und Ticketing- Counter? Das muss natürlich am Ende des Tages ein Konzept sein, das in sich stimmig ist, denn es würde nichts helfen, wenn wir jetzt für die Sicherheitskontrollen Räume schafften, die auf Kosten der Check-ins gingen. Dann stimmt die Balance of Capacity letztlich nicht mehr. Das ist unser wesentlicher Punkt.

Letzte Frage, nach der Finanzierung: Ich hatte vorhin schon einmal bei Herrn Schruoffeneger darauf hinge- wiesen, dass wir für die Dimensionierung der Finanzierung – also für die Fragestellung: Wie viel Geld brau- chen wir eigentlich? – Budgetreserven mit berücksichtigt haben. Unser Ziel muss es jetzt sein, alles, was an potenziellen Kosten auf uns zukommt, innerhalb dieser Budgetreserven zu belassen, und das würde dann bedeuten, dass wir innerhalb des Finanzierungsrahmens bleiben. Und wenn wir innerhalb des Finanzierungs- rahmens bleiben, heißt das automatisch, dass natürlich keine weiteren Mittel der Eigentümer gebraucht wer- den und sich schon gar nicht ein Verbrauch von Eigenmitteln, wie das vorhin in der Teilfrage angefragt wur- de, abzeichnet. Das muss die Zielsetzung sein. – [Zuruf von Joachim Esser (Grüne)] – Da haben Sie mehr Erkenntnisse als wir. Wir weisen bisher Bilanzen aus, wo ein Gewinn ausgewiesen wird. Das wird auch nach allen Planungen so sein, weil Sie wissen, dass wir aus Tegel fast 100 Millionen Euro Cash pro Jahr erzielen. Da habe ich im Augenblick keine Signale, dass das anders sein wird. Ganz im Gegenteil: Vorhin ist von Herrn Friederici zu Recht darauf hingewiesen worden, dass Air Berlin im Augenblick erheblich Verkehr aufbohrt. Also, die Logik kann ich jetzt nicht so ganz nachvollziehen.

Vorsitzender Ralf Wieland: Vielen Dank! – Dann sind wir durch. Herzlichen Dank an den Regierenden Bürgermeister und auch an Sie alle, die hier zur Verfügung gestanden haben. – Herr Regierender Bürger- meister, ein Hinweis: Wir hatten vorhin festgehalten, die Fragen der FDP werden schriftlich beantwortet. Terminvorschlag wäre der 15. Juli. Das ist – glaube ich – ausreichend genug nach der Aufsichtsratssitzung. Der 30. Juni erschien mir etwas kurzfristig. Bevor Sie uns eine Fristverlängerung schicken, sagen wir gleich: 15. Juli.

Gut! – Dann hätten wir jetzt noch den Antrag der CDU-Fraktion, Drucksache 16/3253, zu beraten und abzu- stimmen. Will die CDU dazu noch etwas sagen? Ist das obsolet oder soll abgestimmt werden? – [Uwe Goet- ze (CDU): Wir stimmen ab!] – Wir stimmen ab. Wer dem Antrag der CDU-Fraktion, Drucksache 16/3253, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU, die Grünen und die FDP. Gegenstimmen! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Dann ist der Antrag abgelehnt. – Schönen Dank!

– [TOP 2 bis TOP 25 – siehe Inhaltsprotokoll] –