<<

Fakultät Umweltwissenschaften

Beiträge zur Systematik und Taxonomie paläarktischer Schlammschnecken (, Basommatophora, ) anhand molekulargenetischer und morphologischer Merkmale

Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doctor rerum naturalium (Dr. rer. nat.)

vorgelegt von Dipl.-Biol. Katrin Schniebs geb. am 28.05.1965 in Stollberg/Erzgebirge

Gutachter:

Prof. Dr. Mechthild Roth Technische Universität Dresden, Fakultät Umweltwissenschaften Prof. Dr. Uwe Fritz Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden Prof. (i.R.) Dr. Robert Patzner Universität Salzburg, Naturwissenschaftliche Fakultät

Datum der öffentlichen Verteidigung der Dissertation 16.09.2016

Erklärung des Promovenden

Die Übereinstimmung dieses Exemplars mit dem Original der Dissertation zum Thema

„Beiträge zur Systematik und Taxonomie paläarktischer Schlammschnecken (Gastropoda, Basommatophora, Lymnaeidae) anhand molekulargenetischer und morphologischer Merkmale“ wird hiermit bestätigt.

………………………………………. Ort, Datum

………………………………………. Unterschrift

Wenn das Unerwartete nicht erwartet wird, wird man es nicht entdecken, da es dann unaufspürbar ist und unzugänglich bleibt.

Heraklit

Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit wurde als kumulative Dissertation auf der Grundlage von in international anerkannten Zeitschriften mit Fachgutachtersystem (Peer-review-Verfahren) veröffentlichten Publikationen verfasst. Mit Hilfe eines neuen integrativen Ansatzes aus Morphologie und Molekulargenetik wurden Studien zur intraspezifischen Variabilität einzelner Vertreter der Familie Lymnaeidae (Schlammschnecken) durchgeführt, die Schlussfolgerungen darüber zulassen, welche Wertigkeit den in dieser Gruppe bisher für Taxonomie und Systematik verwendeten morphologischen und anatomischen Merkmalen überhaupt zugemessen werden sollte. Ein weiteres Ziel der Analysen war herauszufinden, inwiefern eigene Rekonstruktionen phylogenetischer Bäume, basierend auf Kern- und Mitochondrienmarkern, bisher bestehende Hypothesen zur Taxonomie und Systematik der Lymnaeidae bestätigen oder widerlegen. Erste eigene molekulargenetisch überprüfte morphologische Analysen bei paläarktischen Vertretern der Gattung zeigen, dass die zur Artdifferenzierung etablierten Merkmale Gehäuseform, Mantelpigmentierung, Längenverhältnis der beiden Abschnitte des männlichen Kopulationsapparates (Praeputium und Phallotheca), Länge des Bursaductes und Form der Bursa copulatrix eine höhere innerartliche Variabilität aufweisen als eigentlich für die einzelnen Arten angenommen wurde. Sie sind, entgegen bisheriger Annahmen, zu einem großen Teil nicht artspezifisch. Molekulargenetisch deutlich unterscheidbare Arten können die gleiche Gehäuseform und Mantelpigmentierung aufweisen und sind oft auch mittels anatomischer Merkmale nicht eindeutig unterscheidbar. Es kann, auch anhand erster eigener Studien an anderen Vertretern der Familie Lymnaeidae, geschlussfolgert werden, dass von den meisten Malakologen bisher in diese Merkmale innerhalb der Schlammschnecken eine Bedeutung für Taxonomie und Systematik hineininterpretiert wurde, die sie offensichtlich auf Grund ihrer hohen Plastizität nicht besitzen. Die molekulargenetischen Methoden eröffnen hier neue Perspektiven für ihre Beurteilung sowie für die objektivere Abgrenzung von Arten und Gattungen. Auf der Basis der neuen Erkenntnisse über die Variabilität morphologischer Merkmale wurde für die mitteleuropäischen Vertreter der Gattung Radix ein neuer Bestimmungsschlüssel erarbeitet, der mehr Radix-Formen als bisher berücksichtigt. Bei molekulargenetischen Untersuchungen an Vertretern der Gattung Stagnicola konnte ein relativ hoher Prozentsatz an Hybridisierung festgestellt werden, was in der Praxis Konsequenzen für die Anwendung des Barcoding mit mitochondrialen Markern (COI und Cytochrom b) hat.

Summary This work was written as cumulative doctoral thesis based on publications in peer reviewed international journals. Aim of the studies was to analyse the range of the intraspecific variability of some representatives of the family Lymnaeidae as well as to find out which value should be given to the morphological and anatomical characters used for and systematics at all. For this a new integrative approach of morphology and molecular genetics was sought. It was also important to find out how own reconstructions of

phylogenetic trees based on nuclear and mitochondrial markers confirm or refute existing views on taxonomy and systematics of the Lymnaeidae. First own morphological analyses of Palaearctic representatives of the genus Radix checked by molecular genetics reveal that shell morphology, mantle pigmentation, length ratio of Praeputium to penial sheath, length of the duct of the bursa copulatrix and shape of the bursa show more variability in this characteristics as recognised for these in literature. They are, contrary to previous assumptions, to a large extent not specific for single species. With molecular genetic methods clearly distinguishable species may have the same shell morphology and mantle pigmentation and could be not clearly differentiated by anatomical characters in many cases. It can be concluded, also on the basis of own studies of other representatives of the family Lymnaeidae, that to these characters was given an importance for taxonomy and systematics by most of the malacologists that they obviously do not have because of their high plasticity. Molecular genetic methods allow a new interpretation of the importance of morphological and anatomical characters and a more objective definition of species and genera. Based on the new findings on variability of morphological characters a new determination key for the representatives of the genus Radix in central Europe was elaborated. It enables the determination of more Radix forms than it was previously possible with determination tools. Molecular genetic analyses of representatives of the genus Stagnicola revealed a high percentage of hybridisation. In practise, this has consequences for the application of barcoding on the base of mitochondrial markers (COI and cyt-b).

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ...... III Abkürzungsverzeichnis ...... IV 1 Einleitung ...... 1 2 Material und Methoden ...... 4 3 Ergebnisse ...... 5 3.1 Untersuchungen zur intraspezifischen morphologischen und anatomischen Variabilität bei (Linnaeus, 1758), R. labiata (Rossmässler, 1835) und R. lagotis (Schrank, 1803) ...... 5 3.1.1 Eiförmige Schlammschnecke Radix balthica (Linnaeus, 1758) ...... 5 3.1.2 Gemeine Schlammschnecke Radix labiata (Rossmässler, 1835) ...... 6 3.1.3 Schlanke Schlammschnecke Radix lagotis (Schrank, 1803) ...... 7 3.2 Morphologische und anatomische Variabilität bei europäischen Vertretern ...... der Gattung Stagnicola ...... 8 4 Diskussion ...... 10 4.1 Eignung mophologischer und anatomischer Merkmale für Taxonomie und Systematik der paläarktischen Lymnaeidae ...... 10 4.1.1 Gehäuseform ...... 10 4.1.2 Mantelpigmentierung ...... 14 4.1.3 Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca ...... 16 4.1.4 Länge des Bursaductes ...... 17 4.1.5 Form der Bursa copulatrix ...... 18 4.1.6 Anzahl der Prostatafalten ...... 18 4.2 Praktische Anwendung morphologischer und anatomischer Merkmale in Bestimmungsschlüsseln ...... 19 4.3 Neue Erkenntnisse zu molekulargenetischen Methoden ...... 20 5 Schlussfolgerungen ...... 21 6 Ausblick ...... 22 6.1 Fortführung der Analysen zur innerartlichen Variabilität ...... 22 6.2 Fortführung von Untersuchungen zur Hybridisierung, insbesondere bei Stagnicola, und Radix ...... 23

I

6.3 Studium der Taxonomie und Systematik der Lymnaeidae mit molekulargenetischen Analysen auf der Basis einer größeren Individuen-, Arten- und Gattungszahl als bisher ...... 24 6.4 Studium der Verbreitungsmöglichkeiten der Lymnaeidae ...... 25 7 Literaturverzeichnis des die Publikationen verbindenden Teils ...... 25 8 Publikationen ...... 32 8.1 Zur Gattung Radix ...... 32

8.1.1 SCHNIEBS, K., GLÖER, P., VINARSKI, M.V., HUNDSDOERFER, A.K. (2013): Intraspecific morphological and genetic variability in the European Radix labiata (Rossmaessler, 1835) (Gastropoda:Basommatophora: Lymnaeidae) ...... 32

8.1.2 SCHNIEBS, K., GLÖER, P., GEORGIEV, D., HUNDSDOERFER, A.K. (2015): A molecular genetic evidence of the occurrence of the freshwater snail Radix lagotis (Schrank, 1803) (Gastropoda: Lymnaeidae) in Bulgaria ...... 32 8.2 Zur Gattung Stagnicola ...... 32

8.2.1 SCHNIEBS, K., GLÖER, P., GEORGIEV, D., HUNDSDOERFER, A.K. (2012): First record of Stagnicola montenegrinus Glöer & Pešić, 2009 (: Gastropoda: Lymnaeidae) in Bulgaria and its taxonomic relationship to other European lymnaeids based on molecular analysis ...... 32

8.2.2 SCHNIEBS, K., GLÖER, P., VINARSKI, M.V., HUNDSDOERFER, A.K. (zum Druck angenommen): A barcode pitfall in Palaearctic Stagnicola specimens (Mollusca: Lymnaeidae): Incongruence of mitochondrial genes, a nuclear marker and morphology ...... 32

Danksagung Erklärung

II

Abbildungsverzeichnis

Das Abbildungsverzeichnis bezieht sich auf den die Publikationen verbindenden Teil.

Abb. 1 Gehäusevariabilität bei Lymnaea stagnalis ...... 11 Abb. 2 Ähnliche amploide Gehäuseformen bei drei Radix-Arten ...... 13 Abb. 3 Variabilität der Mantelpigmentierung bei drei Radix-Arten...... 15

III

Abkürzungsverzeichnis

Das Abkürzungsverzeichnis bezieht sich auf den die Publikationen verbindenden Teil.

COI Cytochrom-c-Oxidase Untereinheit I GH Gehäusehöhe ITS-2 Nuclear ribosomal internal transcribed spacer 2 MOTU Molecularly defined Operational Taxonomic Unit SNSD Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden

IV

1 Einleitung Die Süßwassergastropoden der Familie Lymnaeidae (Schlammschnecken) sind mit Ausnahme der Antarktis fast weltweit verbreitet (HUBENDICK 1951). Ihre Taxonomie und Systematik sowie ihre korrekte Determination sind nicht nur für Malakologen bei Kartierungsarbeiten, der Erstellung von regionalen oder überregionalen Checklisten und Katalogen (z.B. KRUGLOV & STAROBOGATOV 1993; FALKNER et al. 2001; HORSÁK et al. 2010; BANK 2011), Verbreitungsatlanten (z.B. TURNER et al. 1998, ZETTLER et al. 2006) oder Roten Listen (z.B. JUNGBLUTH & VON KNORRE 2009; CUTTELOD et al. 2011; JOHNSON et al. 2013) von großem Interesse, sondern stehen auch immer mehr im Mittelpunkt von parasitologischen Forschungsprojekten, da viele Schlammschneckenarten als Zwischenwirte bei der Verbreitung von Krankheiten wie Fasciolose, Bilharziose, Opisthorchiasis und Zerkariendermatitis eine große Rolle spielen (z.B. JACKIEWICZ et al. 2001; BARGUES & MAS- COMA 2005; CORREA et al. 2010; KONECNY et al. 2010; HUŇOVA et al. 2012; LAWTON et al. 2014). Vertreter der Familie dienten auch bereits als Modellorganismen bei Klimamodellierungen (CORDELLIER & PFENNINGER 2009). Obwohl bereits umfangreiche aktuellere Monografien und Bestimmungsliteratur für die Lymnaeiden weiter Regionen der Palaearktis (z.B. JACKIEWICZ 1998; GLÖER 2002; STADNICHENKO 2004; KRUGLOV 2005; KHOKHUTKIN 2009) und der Nearktis (BURCH 1989) existieren, stößt man bei der Determination von selbst gesammeltem, zur Expertise zugesendetem bzw. musealem Sammlungsmaterial bei der Anwendung dieser Literatur auf zwei grundlegende Probleme: 1. Die eigentliche morphologische und anatomische Variabilität des zu determinierenden Materials wird nur sehr ungenügend widerspiegelt. Sogar hier in Sachsen gibt es Formen von Schlammschnecken, die trotz umfangreicher Handbibliothek keiner der in den bis 2010 erschienen Werken (z.B. GITTENBERGER et al. 1998; JACKIEWICZ 1998; GLÖER 2002; GLÖER & MEIER-BROOK 2003) zur Determination von Süßwassermollusken beschriebenen einheimischen Arten zugeordnet werden konnten, was sowohl bei faunistischer Tätigkeit für den Verbreitungsatlas der Weichtiere Sachsens als auch bei Determinationsarbeiten in der Molluskensammlung der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen äußerst unbefriedigend ist. 2. Es existieren grundlegend verschiedene Ansichten über die Taxonomie und Systematik paläarktischer Arten bei mitteleuropäischen Autoren einerseits sowie russischen und ukrainischen andererseits. Laut Definition ist ein Taxon eine Gruppe von Organismen, die eine eindeutige Einheit darstellen (LECOINTRE & LE GUYADER 2006). Dies bedeutet, dass sie sich in mindestens einem Merkmal von den übrigen betrachteten Organismen unterscheiden müssen. Traditionell wurden bis zur Einführung molekulargenetischer Methoden in den 80iger Jahren des 20. Jahrhunderts zur Abgrenzung einzelner Arten sowie höherer Taxa hauptsächlich morphologische Merkmale verwendet. Diese spielen auch heute noch bei den meisten Neubeschreibungen von Arten eine zentrale Rolle. Wie eine Art definiert wird und durch mindestens wieviele Merkmale sich Arten voneinander unterscheiden sollten, darüber existieren sehr verschiedene Konzepte und Ansichten.

1

Während das morphologische Artkonzept hauptsächlich morphologische Merkmale als Kriterium für die Unterscheidung von Arten heranzieht, definiert das biologische Artkonzept eine Art als Gruppe von natürlichen Populationen, die sich untereinander kreuzen können und reproduktiver Isolation unterliegen (MAYR 1967). Im phylogenetischen Artkonzept wird eine Art als kleinste diagnostizierbare Gruppe einzelner Lebewesen beschrieben, die sich durch eine gemeinsame Abstammung auszeichnet (CRACRAFT 1983). Dies sind die drei wichtigsten Artkonzepte neben einer ganzen Reihe anderer, z. B. dem ökologischen oder dem physiologischen. Das biologische Artkonzept war im 20. Jahrhundert das bekannteste (SEIFERT 2014). Es hat jedoch z. B. den Nachteil, dass Organismen, die sich ungeschlechtlich vermehren, oder Arten, die sich untereinander fertil kreuzen, nicht erfasst werden. Ein ganz praktischer Nachteil bei der Neubeschreibung von Molluskenarten ist beispielsweise auch, dass in den meisten Fällen gar nicht geprüft werden kann, ob es sich um eine Art im Sinne des biologischen Artkonzeptes handelt, da meist nur leere Gehäuse oder im besten Fall in Alkohol konservierte Weichkörper zur Untersuchung zur Verfügung stehen.

Aus der Kritik der bestehenden Artkonzepte heraus wurde von SEIFERT (2014) ein neues, das sogenannte pragmatisches Artkonzept entwickelt: „A species is a cluster of organisms which passed a threshold of evolutionary divergence. Divergence is determined by one or several operational criteria described by an adequate numerics. A single conclusive operational criterion is sufficient. Conflicts between operational criteria require an evolutionary explanation. Thresholds for each operational criterion are fixed by consensus among the experts of a discipline under the principle of avoiding over-splitting. Clusters must not be the expression of intraspecific polymorphism” (S. 89). Es ist für alle Eukaryoten unabhängig von ihrer Fortpflanzungweise oder Evolutionsgeschichte anwendbar (SEIFERT 2014). Für die Anwendung des pragmatischen Artkonzeptes wird ein adäquates mathematisches Bewertungssystem empfohlen (SEIFERT 2014). Das eigentliche Problem bei der Anwendung dieses neuen Konzeptes könnte darin bestehen, dass die Experten für die jeweilige Organismengruppe auf Grund zu verschiedener Ansichten keinen Konsens bezüglich der festzulegenden Schwellen für evolutionäre Divergenz finden bzw. auch sehr unterschiedliche Sichtweisen hinsichtlich der Wertigkeit einzelner Merkmale bestehen. Besonders schwierig dürfte es sein, wenn so gravierende Unterschiede in den Ansichten einzelner Expertengruppen wie im Fall der Lymnaeidae bestehen. Während bei den Malakologen Mitteleuropas zur Charakterisierung der Gehäuse beispielsweise maximal 10 Merkmale (siehe Kapitel 2.1.) herangezogen werden (z. B. GLÖER 2002), basiert die taxonomische Analyse von Vertretern der Familie Lymnaeidae bei der „russischen Schule“ auf etwa 30 Gehäusemerkmalen (KRUGLOV 2005). Viele durch russische Autoren beschriebene oder als valide anerkannte Arten unterscheiden sich nur relativ geringfügig voneinander, was die Frage aufwirft, ob es sich hier wirklich in jedem Fall um verschiedene Arten handelt. So werden beispielsweise diejenigen paläarktischen Vertreter, die in der mitteleuropäischen Taxonomie zur Gattung Radix ohne Unterscheidung von Untergattungen gehören, durch russische Malakologen in zwei Untergattungen mit insgesamt 19 Sektionen unterteilt (KRUGLOV 2005). 10 europäischen Radix-Arten (BANK 2011) stehen 83 von den russischen Malakologen hauptsächlich anhand von Gehäusemerkmalen unterschiedene palaearktische Arten gegenüber (KRUGLOV 2005). Ein ähnliches Szenario findet sich für die Vertreter der

2

Gattung Stagnicola: 5 europäische Arten ohne Unterscheidung von Untergattungen (BANK 2011) und 28 Arten für die gesamte Palaearktis (KRUGLOV 2005). Gravierende Unterschiede bestehen auch in der Unterteilung in Gattungen. Europäische Malakologen unterscheiden sieben Gattungen paläarktischer Lymnaeidae: Catascopia Meier-Brook & Bargues, 2002, (1 Art), Galba Schrank, 1803 (1 Art), Lymnaea Lamarck, 1799 (2 Arten), Myxas G.B. Sowerby I, 1822 (1 Art), Omphiscola Rafinesque, 1819 (2 Arten), Radix Montfort 1810 (10 Arten) und Stagnicola Jeffreys, 1830 (5 Arten) (BANK 2011). Demgegenüber stehen nach Ansicht der meisten russischen Kollegen nur zwei Gattungen: Lymnaea Lamarck, 1799 (144 Arten) und Aenigmomphiscola Kruglov & Starobogartov, 1981 (3 Arten) (KRUGLOV 2005). Diese deutliche Diskrepanz beruht meines Erachtens nach auf einer bisher sehr subjektiv geprägten Herangehensweise in Taxonomie und Systematik bei dieser Süßwassergastropodenfamilie: Spezialisten entscheiden aufgrund ihrer Erfahrung, ob sich eine Gruppe von Tieren (oder schlechtesten Falles ein einzelnes Tier) hinreichend von anderen unterscheidet. Je nachdem, wie grob (z. B. 10 Gehäusemerkmale) oder fein (30 Gehäusemerkmale) man gelernt hat, den Maßstab für diese Unterscheidung anzusetzen, werden sie eine geringere oder eine größere Artenzahl anerkennen und im Laufe ihres Berufslebens die Gelegenheit haben, entweder gar keine bzw. nur wenige oder relativ viele neue Arten zu beschreiben, wenn neue, sich von bisher bekannten und beschriebenen Arten unterscheidende Formen entdeckt werden. Die rein morphologische Abgrenzung von bereits bekannten Arten ist die normale Herangehensweise (z. B. SALISBURY & SCHNIEBS 2009). Sie scheint zumindest bei den meisten marinen gehäusetragenden sowie Landgastropoden aus der kollektiven Erfahrung der Malakologen heraus gerechtfertigt. Deutliche Unterschiede in Form, Färbung und Skulptur des Gehäuses sowie im Bau des Genitalapparates wurden in eigener langjähriger Arbeit mit Land- und marinen Gastropoden (wie wahrscheinlich auch durch die meisten Kollegen) immer als Hinweis auf unterschiedliche Arten interpretiert. Die intensivere Beschäftigung mit paläarktischen Lymnaeiden in den letzten 10 Jahren führte jedoch zu der Frage, ob die von Malakologen ganz gleich welcher „Schule“ für diese Gruppe verwendeten Unterscheidungsmerkmale auch wirklich verschiedene Arten und Gattungen voneinander abgrenzen, oder ob es sich nur größtenteils um die innerartliche Variabilität von Merkmalen (z. B. Gehäuseform, Mantelpigmentierung, Länge des Stiels der Bursa copulatrix) bei weit verbreiteten Arten handelt, denen eine Bedeutung in Taxonomie und Systematik zugemessen wird, die sie eigentlich nicht besitzen. Die Einführung von molekulargenetischen Techniken zur Unterscheidung von europäischen Vertretern der Lymnaeidae, hauptsächlich initiiert durch Parasitologen (BARGUES & MAS- COMA 1997, 2005; BARGUES et al. 2001), scheint hier neue Perspektiven für die Beurteilung von morphologischen Merkmalen und die Abgrenzung von Arten zu eröffnen. Ziel der Dissertation ist es, mit Hilfe eines integrativen Ansatzes aus Molekulargenetik und Morphologie bei hauptsächlich palaearktischen Vertretern der Lymnaeidae herauszufinden: 1. wie groß die intraspezifische Variabilität einzelner Arten ist; 2. welche morphologischen und anatomischen Merkmale für die Determination überhaupt herangezogen werden sollten;

3

3. welche Wertigkeit für Taxonomie und Systematik diesen Merkmalen zugemessen werden sollte und 4. inwiefern die aus der Molekulargenetik gewonnen Hypothesen bisher bestehende Ansichten zur Taxonomie und Systematik der Lymnaeidae bestätigen oder widerlegen.

2 Material und Methoden

Material und Methoden werden ausführlich in SCHNIEBS et al. (2011, 2012, 2015) beschrieben. Für die Analysen verwendet wurde, wenn in den Publikationen nicht anders ausgewiesen, Sammlungsmaterial der Molluskensammlung der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden (SNSD), das zu diesem Zweck selbst gesammelt bzw. von Kollegen speziell für diese Untersuchungen zur Verfügung gestellt wurde. Dazu wurde nach Möglichkeit auch Material vom Locus typicus einbezogen. Die Fotografien für den die Publikationen verbindenden Teil der Dissertation wurden mit einem Forschungs-Stereomikroskop Nikon SMZ18 angefertigt und anschließend mit dem Programm Adobe Photoshop CS6 bearbeitet.

In der mitteleuropäischen Bestimmungsliteratur (z.B. GITTENBERGER et al. 1998, GLÖER 2002, 2015, GLÖER & MEIER-BROOK 2003, JACKIEWICZ 1998) werden traditionell folgende Merkmale zur Determination von Radix-Arten (sowie auch anderen Lymnaeiden-Arten) herangezogen: Gehäuseform, Mantelpigmentierung, Längenverhältnis der beiden Abschnitte des männlichen Kopulationsapparates (Praeputium und Phallotheca), Länge des Bursaductes und Form der Bursa copulatrix. Diese Merkmale wurden bisher bei R. balthica (an 58 Individuen), R. labiata (an 26 Individuen) und R. lagotis (an vorerst 12 Individuen) untersucht (SCHNIEBS et al. 2011, 2012, 2015). Durch molekulargenetische Analysen des Kernmarkers ITS-2 und eines Abschnitts von 370 (bei R. balthica), 361 (bei R. labiata) bzw. 329 (bei R. lagotis) Basenpaaren des Mitochondrien-Gens Cytochrom b wurde vorher überprüft, welcher Art die Tiere zuzuordnen sind. Zur Determination der mitteleuropäischen Stagnicola-Arten werden hauptsächlich folgende Merkmale verwendet (z.B. GITTENBERGER et al. 1998, GLÖER 2002, 2015, GLÖER & MEIER- BROOK 2003, JACKIEWICZ 1998): Gehäuseform, Längenverhältnis der beiden Abschnitte des männlichen Kopulationsapparates (Praeputium und Phallotheca), Anzahl der Prostatafalten und Breite des Bursaductes bei Einmündung in die Vagina. Bisher wurden diese Merkmale bei S. palustris (an 25 Individuen), S. fuscus (an 4 Individuen), S. montenegrinus (an 4 Individuen) und S. corvus (an 8 Individuen) untersucht (SCHNIEBS et al., im Druck). Die Artzugehörigkeit der Tiere wurde ebenfalls durch molekulargenetische Analysen des Kernamrkers ITS-2 und eines Abschnitts von 329 Basenpaaren des Mitochondrien-Gens Cytochrom b überprüft.

4

3 Ergebnisse

3.1 Intraspezifische morphologische und anatomische Variabilität bei Radix balthica (Linnaeus, 1758), R. labiata (Rossmässler, 1835) und R. lagotis (Schrank, 1803)

3.1.1 Eiförmige Schlammschnecke Radix balthica (Linnaeus, 1758) Die Eiförmige Schlammschnecke R. balthica ist neben der Ohrschlammschnecke R. auricularia (Linnaeus, 1758) die wahrscheinlich häufigste Radix-Art in Mitteleuropa, sowohl bei eigenen Aufsammlungen im Gelände als auch in musealen Sammlungen. Die Determination anhand von Gehäusen und selbst mit Hilfe anatomischer Merkmale war bisher oft sehr schwierig, da in der bis dahin verfügbaren Bestimmungsliteratur (z.B. GLÖER 2002, JACKIEWICZ 1998, STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005, KHOKHUTKIN 2009) Merkmale beschrieben waren, die jedoch nur für einen Teil des potentiellen R.-balthica-Materials zutrafen. Außerdem hat sich erst seit 2001 (FALKNER et al. 2001) etabliert, R. balthica und R. labiata, die bis dahin in der Literatur als eine Art zusammengefasst und als Lymnaea peregra, oder R. pereger bezeichnet wurden, als eigenständige Arten zu betrachten. Mit folgenden Merkmalen wurde R. balthica bisher charakterisiert:

 Gehäuse sehr formvariabel, auch amploide Formen existierend (JACKIEWICZ 1993, 1998, GLÖER 2002) oder Gehäuse eiförmig (STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005);  Mantelpigmentierung aus hellen meist kreisförmigen Flecken auf schwarzem Grund bestehend (JACKIEWICZ 1993, 1998, 2000, GITTENBERGER et al. 1998, GLÖER 2002, STADNICHENKO 2004);

 Bursa copulatrix sackförmig (GLÖER 2002) oder stark in die Länge gezogen (STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005) mit sehr kurzem Stiel (GLÖER 2002, STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005);

 Verhältnis Praputium:Phallotheca ca. 1:1 (JACKIEWICZ 1998, GLÖER 2002), 1,2:1 (STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005) oder variierend zwischen 0.4:1 und 1.6:1 (MEIER-BROOK in GLÖER 2002).

Eigene, durch molekulargenetische Analysen des Mitochondrien-Gens Cytochrom b (Abschnitt von 370 BP) und des Kernmarkers ITS-2 abgesicherte Ergebnisse (SCHNIEBS et al. 2011) bestätigen die Angaben von GLÖER (2002) über die Variabilität der Gehäuse von R. balthica: die Form reicht von konisch-eiförmig über typisch eiförmig bis hin zu fast rund und ohrförmig. Einige Tiere wiesen sogar die bisher als für R. ampla und R. auricularia typisch angenommenen Gehäuseformen auf (SCHNIEBS et al. 2011, Fig. 4-10 und 4-11). Die Mantelpigmentierung der untersuchten Schnecken konnte in drei Grundtypen eingeteilt werden (SCHNIEBS et al. 2011):  Mantel und Mantelkragen tief dunkelblau gefärbt, Mantelrand blaugrau;

5

 Mantel grau-schwarz mit undeutlichen etwas helleren grau-schwarzen Flecken, Mantelkragen blaugrau mit vielen unregelmäßigen schwarzen Flecken, Mantelrand hell und  Mantel schwarz, grau-schwarz oder grau-gelblich mit einer kleinen oder größeren Anzahl deutlicher, rundlicher weißer oder seltener auch grau-grüner oder grau- gelblicher Flecken, Mantelkragen weiß oder bläulich-weiß mit vielen unregelmäßigen schwarzen Flecken, Mantelrand weiß, selten auch gelblich.

Nur der Grundtyp 3 ist die in der Literatur (JACKIEWICZ 1993, 1998, 2000, GITTENBERGER et al. 1998, GLÖER 2002, STADNICHENKO 2004) bisher als für R. balthica charakteristisch beschriebene Mantelpigmentierung. Lediglich bei HUBENDICK (1945) und FALNIOWSKI (1980a, b) wird eine völlig schwarze Mantelpigmentierung bei R. peregra erwähnt. Bei letzterem könnte es sich jedoch auch um R. lagotis handeln, bei der nach bisherigen eigenen Erkenntnissen eine fast völlig schwarze Mantelpigmentierung relativ häufig vorkommt. Diese Art wurde ebenfalls unter dem „Sammelnamen“ R. peregra geführt. Das Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca variierte bei eigenen Untersuchungen von 0.7-1.3 (SCHNIEBS et al. 2011). Die Form der Bursa copulatrix wies bei selbst untersuchten Individuen eine größere Variabilität auf als bisher in der Literatur (siehe oben) geschildert: von beinahe kugelförmig über birnenförmig bis hin zu länglich-röhrenförmig (SCHNIEBS et al. 2011). Ebenso variierte die Länge des Bursastiels, anders als in der Literatur angegeben (siehe oben), ganz beträchtlich: von fast nicht vorhanden bis zur halben Bursalänge (bei gefüllter Bursa) (SCHNIEBS et al. 2011). In allen bisher für die Determination genutzten Merkmalen konnte bei R. balthica bei vorerst nur 58 Tieren eine größere innerartliche Variabilität beobachtet werden, als bisher für diese Art angenommen.

3.1.2 Gemeine Schlammschnecke Radix labiata (Rossmässler, 1835) Für die Gehäuse der Gemeinen Schlammschnecke Radix labiata ist ein nur wenig erweiterter letzter Umgang (GLÖER 2002) sowie eine fast gerade oder nur leicht konvexe Gewindeseitenlinie charakteristisch (GLÖER 2002; STADNICHENKO 2004; KRUGLOV 2005; KHOKHUTKIN et al. 2009), was ihnen eine mehr oder weniger typische Form verleiht, die in vielen Fällen bisher eine Unterscheidung von R. balthica möglich machte. Weitere morphologische Merkmale sind laut Literatur: Mantelpigmentierung aus meist hellen Punkten auf dunklem Grund bestehend (GLÖER 2002, STADNICHENKO 2004), Längen-Verhältnis Praputium:Phallotheca variierend von 0.7:1 bis 2.3:1 (MEIER-BROOK in GLÖER 2002), von 0.71 bis 0.84 (KHOKHUTKIN et al. 2009), sowie im Verhältnis von 1:1.5 (STADNICHENKO 2004) oder 0.66 (KRUGLOV & STAROBOGATOV 1983, KRUGLOV 2005), Bursa copulatrix mit einem kleinen Bursastiel (GLÖER 2002, KRUGLOV 2005) oder dieser so lang wie der Bursadurchmesser oder Bursadurchmesser deutlich länger als der Bursastiel (STADNICHENKO 2004) oder Bursastiel kürzer als die halbe Bursalänge (HUŇOVA et al. 2012). STADNICHENKO (2004) und KRUGLOV (2005) erwähnen außerdem, dass die ventral zur Provagina und Vagina liegende Bursa ein charakteristisches Merkmal für R. labiata ist.

6

Bei eigenen molekulargenetischen Analysen des Mitochondrien-Gens Cytochrom b (Abschnitt von 361 Basenpaaren) und des Kernmarkers ITS-2 von 26 Individuen aus verschiedenen Teilen Europas variierte die Gehäuseform von turmförmig (sehr Stagnicola- ähnlich) bis konisch-eiförmig (SCHNIEBS et al. 2013) und somit nicht so stark wie bei R. balthica (SCHNIEBS et al. 2011). Die Mantelpigmentierung der analysierten Tiere konnte ebenfalls in drei Grundtypen unterteilt werden (SCHNIEBS et al. 2013):  Mantel schwarz oder tief blau-schwarz mit unregelmäßig angeordneten kleinen weißlichen Pünktchen ähnlicher Größe, Mantelkragen schwarz oder blau-schwarz, Mantelrand bläulich-grau oder weißlich mit einigen unregelmäßigen schwarzen oder tief dunkelblauen Flecken;  Mantel schwarz oder grau mit vielen, meist rundlichen und deutlich abgesetzten weißen, weißlich-grauen oder selten auch grau-grünen in der Größe variierenden Flecken, Mantelkragen bläulich- oder weißlich-grau mit undeutlichen schwarzen Flecken, Fühler und Mantelrand weißlich, blau-grau, bräunlich-grau oder grau- orange;  Mantel schwarz oder grau-schwarz mit runden weißen oder grau-schwarzen Flecken ähnlicher Größe, Mantelkragen bläulich-grau mit irregulären schwarzen Flecken, Mantelrand blau-grau. Der Grundtyp 3 wurde bisher in der Literatur als charakteristische Mantelpigmentiereung von R. labiata beschrieben (GLÖER 2002, STADNICHENKO 2004). Das Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca von 21 untersuchten Tieren variierte von 0.58 bis 2.53 (SCHNIEBS et al. 2013). Die Form der Bursa copulatrix reichte von eiförmig oder birnenförmig bis länglich-birnen- und keulenförmig und die Länge des Bursastiels von nahezu unsichtbar bis zu einem Drittel der Bursalänge (SCHNIEBS et al. 2013). Bei 17 von 20 untersuchten Tieren war die Position der Bursa copulatrix ventral zu Provagina und Vagina, bei drei Tieren lag die Bursa copulatrix seitlich der Provagina (SCHNIEBS et al. 2013). Damit wurde bei lediglich 26 untersuchten Individuen R. labiata ebenfalls eine größere Variabilität in allen morphologischen und anatomischen Merkmalen festgestellt als bisher in der Literatur beschrieben.

3.1.3 Schlanke Schlammschnecke Radix lagotis (Schrank, 1803)

Nur in der malakologischen Literatur Russlands (KRUGLOV & STAROBOGATOV 1983, 1993, Kruglov 2005) sowie der Ukraine (STADNICHENKO 2004) wurde die Schlanke Schlammschnecke R. lagotis in der jüngeren Zeit als eigenständige Art auf Grund von morphologischen und anatomischen Merkmalen unterschieden.

Trotz der detaillierten Beschreibung durch HUBENDICK (1951) wurde diese Art in der mitteleuropäischen Literatur nicht berücksichtigt. In der Molluskensammlung der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden vorhandene, als R. lagotis

7

determinierte historische Serien, erwiesen sich nach eigener Überprüfung als Exemplare von R. auricularia.

Erst GLÖER (2002) erwähnt R. lagotis, nachdem BARGUES et al. (2001) durch molekulargenetische Untersuchungen nachweisen konnten, dass neben den zu diesem Zeitpunkt etablierten Arten R. balthica, R. labiata, R. auricularia und R. ampla noch eine weitere Radix-Art in Österreich und Tschechien vorkommt. Eigene, zum größten Teil noch unveröffentlichte molekulargenetische Analysen zeigen, dass es sich hierbei um eine in der Paläarktis weit verbreitete Art handelt: molekulargenetisch mit sowohl einem Mitochondrien-Gen (Cytochrom b) als auch einem Kernmarker (ITS-2) abgesicherte Nachweise sind in der Molluskensammlung der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden aus Deutschland (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern), Italien, Bulgarien (SCHNIEBS et al. 2015), Weißrussland, der Ukraine, Rußland, Kirgistan, der Mongolei und aus dem Iran vorhanden. Einige wenige bisher genau morphologisch-anatomisch untersuchte Exemplare aus Deutschland und Bulgarien (SCHNIEBS et al. 2015) zeigen eine relativ variable Gehäuseform von konisch-eiförmig bis eiförmig, die nicht von solchen Formen bei R. balthica zu unterscheiden sind. Die Mantelpigmentierung variiert stark und weist ähnliche Färbungen und Muster auf wie bei R. balthica und R. labiata. Das Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca wies bei fünf untersuchten Tieren Werte zwischen 0.92 und 1.93 auf (SCHNIEBS et al. 2015). Die gefüllte Bursa copulatrix kann die doppelte Länge des Bursastiels erreichen (siehe auch KRUGLOV 2005), beide können gleich lang sein oder der Bursastiel weist zwei Drittel der Bursalänge auf (bei gefüllter Bursa) (SCHNIEBS et al. 2015). Bei von HUŇOVÁ et al. (2012) ebenfalls molekulargenetisch untersuchten Tieren erreichte der Bursastiel die halbe bis ganze Länge der Bursa copulatrix. STADNICHENKO (2004) gibt als Maß für die Bursastiellänge die halbe Bursalänge an. Die Erforschung der innerartlichen Variabilität von R. lagotis steht noch ganz am Anfang.

3.2 Morphologische und anatomische Variabilität bei europäischen Vertretern der Gattung Stagnicola Die eigenen Studien zur morphologischen und anatomischen Variabilität bei in Europa vorkommenden Stagnicola-Arten stehen erst am Anfang. Sie haben jedoch bereits zu einigen interessanten Ergebnissen geführt. Innerhalb der Gattung Stagnicola ist anhand des Gehäuses nach eigenen Erfahrungen eine Differenzierung der einzelnen Arten sehr schwierig bzw. nicht möglich. So wurden beispielsweise bei Kartierungsarbeiten im Freistaat Sachsen mehrfach Exemplare von S. corvus gefunden, deren Gehäuse nicht den typischen großen und stark erweiterten letzten Umgang aufwiesen, mit der die Art üblicherweise in der Literatur charakterisiert wird (z. B. GITTENBERGER et al. 1998, GLÖER 2002, GLÖER & MEIER-BROOK 2003). Man hätte eher vermutet, dass es sich um S. palustris handelt. Anatomisch konnten die Tiere jedoch mit Hilfe der Anzahl der Prostatafalten und dem breiten Bursastiel an der Einmündung in die Vagina eindeutig S. corvus zugeordnet werden.

8

Für die Unterscheidung der einzelnen Stagnicola-Arten wird dem Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca eine große Bedeutung beigemessen. Für S. corvus werden in der Literatur Längenverhältnisse von 2:1 (GITTENBERGER et al. 1998) über 3:1 (FALNIOWSKI 1980c, JACKIEWICZ 1998, GLÖER 2002, 2015) bis 3,5:1 (STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005) und 1.77-3.44 (VAN DER VELDE & VAN KESSEL 1984) angegeben. Ähnlich sind die Angaben für S. fuscus (C. Pfeiffer, 1821): 2:1 (JACKIEWICZ & GERBER 1990) und 3:1 (JACKIEWICZ 1988, 1998; GLÖER 2002, 2015) und S. montenegrinus mit 3,5:1 bis 4.2:1 (GLÖER & PEŠIĆ 2009). Eigene molekulargenetische Analysen (SCHNIEBS et al. in Druck) lassen allerdings die Vermutung zu, dass es sich bei S. montenegrinus um Hybriden zwischen S. corvus und einer weiteren Stagnicola-Art handelt. Den Arten mit kurzer Phallotheca (S. corvus, S. montenegrinus und S. fuscus) stehen in Europa zwei Arten mit deutlich längerer Phallotheca gegenüber: S. palustris und S. turricula (Held, 1836). Für S. palustris wird in der Literatur das Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca mit 0.49:1.00 (VAN DER VELDE & VAN KESSEL 1984), 0.60-0.82 (ANDREYEVA et al. 2010), 1:1 (JACKIEWICZ, 1998; GLÖER 2002, 2015), 1:1.25 (KRUGLOV 2005) und 1.25- 1.40:1.00 (STADNICHENKO 2004) angegeben. Bei S. turricula beträgt der Wert 1:2,5 bis 1:3 (GLÖER 2002, 2015). Er ist das einzige deutliche Unterscheidungsmerkmal dieser Art zu S. palustris. Die eigenen Untersuchungen an vorerst einigen wenigen Exemplaren mit molekulargenetisch abgesicherter Determination (SCHNIEBS et al. in Druck) zeigen, dass das Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca bei S. corvus mit Werten von 1,4:1 bis 3,5:1 deutlich stärker schwankt, als bisher bekannt. Bei sechs Individuen von S. palustris mit anatomisch und molekulargenetisch abgesicherter Determination reichte das Langenverhältnis von 0.50 bis 0.88 (SCHNIEBS et al. in Druck). Bei 19 Individuen, die anatomisch und mit dem Kernmarker ITS-2 als S. palustris bestimmt werden konnten, im Mitochondrienmarker Cytochrom b jedoch ein Cluster mit S. fuscus bildeten und bei denen es sich wahrscheinlich um Hybriden handelt, erreichte das Merkmal Werte von 0.55 bis 1.25 (SCHNIEBS et al. in Druck). Ein weiteres anatomisches Unterscheidungsmerkmal innerhalb der Gattung Stagnicola ist die Anzahl der Prostatafalten. Bei den in Europa vorkommenden Arten weisen nur zwei mehrere Falten auf: S. corvus (FALNIOWSKI 1980c, JACKIEWICZ 1988, 1998, JACKIEWICZ & GERBER 1990, GITTENBERGER et al. 1998, GLÖER 2002, 2015, KRUGLOV 2005, STADNICHENKO 2004) und S. montenegrinus (GLÖER & PEŠIĆ 2009, SCHNIEBS et al. 2012, SOES 2014). Nach eigenen Erfahrungen bei der anatomischen Determination von Stagnicola-Exemplaren ist die Anzahl bei S. corvus immer größer als zwei und betrug maximal neun Falten (SCHNIEBS et al. in Druck). S. fuscus zeichnet sich durch zwei Prostatafalten aus (JACKIEWICZ 1988, 1998, JACKIEWICZ & GERBER 1990, GITTENBERGER et al. 1998, GLÖER 2002, 2015). S. palustris besitzt nur eine Prostatafalte (GITTENBERGER et al. 1998, JACKIEWICZ 1998, 2000, GLÖER 2002, 2015, STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005) ebenso wie S. turricula (JACKIEWICZ 1998, 2000, GLÖER 2002, 2015). S. corvus und S. montenegrinus unterscheiden sich nicht nur durch die Anzahl der Prostatafalten von den übrigen europäischen Arten der Gattung, sondern auch durch den sich zur Einmündung in die Provagina hin deutlich verbreiternden Stiel der Bursa copulatrix (FALNIOWSKI 1980c, JACKIEWICZ 1988, 1998, JACKIEWICZ & GERBER 1990, GITTENBERGER et al. 1998, GLÖER 2002, 2015, GLÖER & PEŠIĆ 2009, SCHNIEBS et al. 2012, SOES 2014), so dass S. corvus von russischen und ukrainischen Malakologen (KRUGLOV & STAROBOGATOV

9

1984, STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005) zusammen mit einigen Formen, deren Artstatus noch klärungsbedürftig ist, in eine eigene Untergattung Corvusiana Servain, 1881 gestellt wurde. Ob dieses gerechtfertigt ist, müssen erst noch umfangreiche molekulargenetische Analysen klären.

4 Diskussion Bei allen drei molekulargenetisch untersuchten Radix-Arten (R. balthica, R. labiata und R. lagotis) ist die innerartliche Variabilität aller untersuchten Merkmale größer, als bisher von den Experten für diese Gruppe angenommen. Da sich alle bisher für die Abgrenzung der einzelnen Arten als wichtig erachteten Merkmale (Gehäuseform, Mantelpigmentierung, Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca, Länge des Bursaductes und Form der Bursa copulatrix) vor allem bei den drei untersuchten Radix-Arten überschneiden können, ergibt sich in der Konsequenz die Frage, welche morphologischen Merkmale bei Radix und den übrigen Vertretern der Lymnaeidae überhaupt zur Unterscheidung einzelner Arten geeignet sind.

4.1 Eignung mophologischer und anatomischer Merkmale für Taxonomie und Systematik der paläarktischen Lymnaeidae

4.1.1 Gehäuseform An der Gehäuseform als Determinationsmerkmal spalten sich die mit Lymnaeiden arbeitenden Taxonomen in zwei klassische Schulen – Lumper und Splitter. Wie bereits in der Einführung erwähnt, werden bei den Malakologen Mitteleuropas zur Charakterisierung der Gehäuse hauptsächlich 10 Merkmale (Gehäusehöhe, Gehäusebreite, Gewindehöhe, Mündungshöhe, Mündungsbreite, Richtung und Form der Umgänge, Gewindenaht, Verlauf der Seitenlinie am Gewinde sowie Verlauf des Mündungsoberrandes) herangezogen (GLÖER 2002). Demgegenüber basiert die taxonomische Analyse von Vertretern der Familie Lymnaeidae bei der „russischen Schule“ auf etwa 30 Gehäusemerkmalen (KRUGLOV 2005). Erste eigene Analysen paläarktischer Radix-, Lymnaea- und Stagnicola-Arten zeigen jedoch, dass die Gehäuseform in vielen Fällen kein zuverlässiges Determinationsmerkmal ist. Bei L. stagnalis können die Gehäusemerkmale so stark variieren (Abb. 1), dass man sie sogar zu einer anderen Gattung zugehörig ansprechen könnte. Das in Abbildung 1 F gezeigte Gehäuse einer L. stagnalis aus der finnischen Ostsee wurde von einem Süßwassergastropodenspezialisten als zur Gattung Radix zugehörig determiniert und von einem anderen als Galba truncatula (O. F. Müller, 1774) mit Riesenwuchs interpretiert. Nach eigener Einschätzung – und durch molekulargenetische Analysen bestätigt – handelt es sich um L. stagnalis, die im Brackwasser der Ostsee unter suboptimalen Bedingungen gelebt hat. In den letzten drei Jahren konnten mehrere Lymnaea-Arten molekulargenetisch untersucht werden: Lymnaea stagnalis (Linnaeus, 1758), L. fragilis (Linnaeus, 1758), L. araratensis

10

Abbildung 1. Gehäusevariabilität bei Lymnaea stagnalis. A SNSD Moll 36645 Sachsen, Lieske, GH 49,5 mm; B SNSD Moll 48417 Sachsen, Speicherbecken Witznitz, GH 51,3 mm; C SNSD Moll S7766 Sachsen, Schwarzkollm, GH 28,6 mm; D SNSD Moll 48417 Sachsen, Speicherbecken Witznitz, GH 46,8; E SNSD Moll 46923 Bodensee, GH 38,8 mm; F SNSD Moll S5797 Finnland, Ostsee, Hailuodontie, GH 11,2 mm.

Kruglov & Starobogatov, 1985, L. doriana (Bourguignat, 1860), L. media (Hartmann, 1840), L. raphidia (Bourguignat, 1860) und L. kashmirensis Prashad in Annandale und Rao, 1925. Dabei handelt es sich um Arten, die lediglich auf der Basis ihrer Gehäuseform unterschieden werden, die Anatomie der Genitalorgane ist bei allen gleich. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass es sich bei L. fragilis, L. araratensis, L. doriana, L. media, L. raphidia und L. kashmirensis nur um Gehäusevariabilität von L. stagnalis handelt (VINARSKI et al., in Vorbereitung). Die Gehäuseform kann bei dieser Art selbst innerhalb eines Gewässers unterschiedlich sein, wie zwei Exemplare aus dem sächsischen Speicherbecken Witznitz zeigen (Abb. 1. B und D). Ein besonders deutliches Beispiel, wie Gehäuseform und selbst anatomische Merkmale bei den Vertretern der Lymnaeidae zu falschen taxonomischen Schlussfolgerungen führen können, ist Lymnaea taurica (Clessin, 1880). Eigene molekulargenetische Analysen belegen (VINARSKI et al. 2012), dass diese Art nicht mit Stagnicola corvus (Gmelin, 1791) verwandt ist, wie bisher anhand der Gehäuseform und anatomischer Merkmale angenommen (LAZAREVA 1968, KRUGLOV, 2005: Lymnaea (Corvusiana) kazakensis Mozley, 1934). Vielmehr handelt es sich um einen Vertreter der Gattung Lymnaea im eigentlichen Sinne. Die für die Gattung Stagnicola typische turmförmig-konische Gehäuseform von L. taurica wurde als Anpassung interpretiert, die dieser Art das Vorkommen in temporären Gewässern (KRUGLOV & STAROBOGATOV 1984, KHOKHUTKIN et al. 2009, ANDREYEVA et al. 2010) ermöglicht (VINARSKI et al. 2012). Auch die Vertreter der Lymnaeiden-Gattungen Omphiscola und Aenigmomphiscola weisen sehr ähnliche schlank-turmförmige Gehäuse auf, was ebenfalls als Anpassung an diese besondere Lebensweise aufgefasst wird (VINARSKI et al. 2011). Gehäuseform und -größe lassen in Mitteleuropa, eigentlich nur zufällig, eine Unterscheidung der Gattungen Lymnaea, Stagnicola, Omphiscola, Galba, Myxas und Radix zu. Die zuverlässige Abgrenzung von Ladislavella terebra (Westerlund, 1885) von Vertretern der Gattung Stagnicola an Hand des Gehäuses ist schon nicht mehr möglich. Die Gattung Austropeplea Cotton, 1942 kann aus eigener Erfahrung Gehäuseformen bilden, die eine Unterscheidung von Vertretern der Gattung Radix anhand des Gehäuses unmöglich macht. Selbst anatomisch ist A. viridis (Quoy & Gaimard, 1833) durch erfahrene Spezialisten

11

nicht von R. lagotis zu unterscheiden. Einziges Hilfsmittel zur sicheren Determination ist die Molekulargenetik (SCHNIEBS et al., in Vorbereitung). Innerhalb der Gattung Radix erweist sich eine zuverlässige Unterscheidung der Arten anhand der Gehäusemerkmale mit zunehmender Kenntnis der innerartlichen Variabilität der einzelnen Arten als immer schwieriger. Gehäuse von R. balthica können Formen aufweisen, die eigentlich bisher in der Bestimmungsliteratur als charakteristisch für R. auricularia, R. ampla oder R. labiata beschrieben wurden (SCHNIEBS et al. 2011). Abbildung 2 zeigt, dass molekulargenetisch untersuchte Individuen von R. ampla, R. auricularia und R. balthica Gehäuseformen ausbilden, die nicht voneinander zu unterscheiden sind. Auch R. balthica und R. lagotis weisen ähnliche Gehäuseformen auf (SCHNIEBS et al. 2011, 2015). R. labiata kann Gehäuseformen entwickeln, die mit denen von Vertretern der Gattung Stagnicola verwechselt werden können (SCHNIEBS et al. 2013).

Mittels molekulargenetischer Untersuchungen gelang ebenfalls der Nachweis (VINARSKI et al., 2016), dass es sich bei Radix kurejkae (Gundrizer & Starobogatov 1979), R. gundrizeri (Kruglov & Starobogatov, 1983) sowie R. ulaganica (Kruglov & Starobogatov, 1983) um Synonyme von R. dolgini (Gundrizer & Starobogatov 1979) handelt. Eine Hauptkomponentenanalyse der Variabilität von 85 Gehäusen von R. dolgini und 27 Gehäusen von R. ulaganica zeigt, dass keine sichere Unterscheidung anhand der Gehäuse möglich ist (VINARSKI et al. 2016). Noch unveröffentlichte Auswertungen von in der Genbank vorhandener Sequenzen zusammen mit einer Vielzahl von Sequenzen aus eigenem Material zeigen bereits, dass es sich bei weiteren in Europa vorkommenden Radix-Arten mit speziellen Gehäuseformen, die erst im 20. Jahrhundert bzw. in den letzten 15 Jahren beschrieben wurden, mit großer Wahrscheinlichkeit nur um Vertreter von bereits im 18. und 19. Jahrhundert beschriebener Arten handelt. So bilden durch ALBRECHT et al. (2008) publizierte COI-Sequenzen von R. relicta Polinski und 1929 R. pinteri Schütt, 1974 in eigenen molekulargenetischen Analysen mit einer größeren Anzahl von untersuchten Radix-Arten und vor allem auch -Individuen ein deutliches Cluster mit R. ampla. Wahrscheinlich handelt es sich nicht um eigenständige Arten, wie ALBRECHT et al. (2008) in der Auswertung des COI-Gens vermuten, sondern nur um spezielle Gehäuseformen von R. ampla. Dies muss jedoch erst noch durch die molekulargenetische Analyse von Kernmarkern bestätigt werden.

PFENNINGER et al. (2006) stellen auf der Basis von molekulargenetischen Untersuchungen fest, dass die phänotypische plastische Gehäusevariabilität bei der Gattung Radix hauptsächlich durch Umwelteinflüsse bedingt wird und dass die Morphologie des Gehäuses nicht zur Determination herangezogen werden sollte. Bei mit Trematoden infizierten Tieren der Gattung Radix bleibt das Gehäuse etwa 10% kleiner als bei nichtinfizierten Individuen (WARD et al. 1997). Die phänotypische Plastizität der Gehäuseform kann bei R. balthica sogar durch Räuber beeinflusst werden (LAKOWITZ et. al. 2008). Leider ist der Einfluss äußerer Faktoren auf die Form der Gehäuse noch viel zu wenig erforscht. Die oben genannten Beispiele zur Gehäusevariabilität und deren Beeinflussung durch äußere Faktoren lassen jedoch durchaus die Schlussfolgerung zu, dass die Gehäuseform innerhalb der Familie der Lymnaeidae in vielen Fällen kein zuverlässiges Merkmal zur Unterscheidung von Arten bzw. Gattungen ist. Ihr sollte bei den Vertretern 12

Abbildung 2. Ähnliche amploide Gehäuseformen bei drei Radix-Arten. A-C R. ampla, D-I R. balthica, J-L R. auricularia. A SNSD Moll 51409, Brandenburg, Spree bei Neuzittau, GH 16,29 mm; B SNSD Moll 53082, Baden- Württemberg, Bodensee, westlicher Überlinger See, GH 14,80 mm; C SNSD Moll 53083, Baden-Württemberg, Bodensee, westlicher Überlinger See, GH 15,36 mm; D SNSD Moll S2151 Mecklenburg-Vorpommern, Torgelower See, GH 20,04 mm; E SNSD Moll S5317, Mecklenburg-Vorpommern, Rügen, Kniepower See, GH 22,47 mm; F SNSD Moll S372, Sachsen, Dresden, Zschoner Grund, GH 20,35 mm; G SNSD Moll S7556, Mecklenburg-Vorpommern, Rothener See, GH 21,52 mm; H SNSD Moll S2174, Mecklenburg-Vorpommern, Tiefwarensee, GH 20,22 mm; I SNSD Moll S2361, Schweden, See Stor-Lungen, GH 17,40 mm; J SNSD Moll 53189, Sachsen, Colditz, Altteich, GH 27,66 mm; K SNSD Moll S7496, Mecklenburg-Vorpommern, Tollensesee, GH 21,17 mm; L SNSD Moll 51840, Sachsen, Dresden, Elbe, GH 21,02 mm.

13

dieser Familie nicht der Stellenwert zugemessen werden, der aktuell diesem Merkmal beigemessen wird. Die Gehäuseform unterliegt bei den Lymnaeidae offensichtlich einer Vielzahl von genetischen und vor allem ökologischen Einflüssen, die bisher kaum erforscht wurden.

4.1.2 Mantelpigmentierung Noch bis etwa vor 10 Jahren gingen viele Autoren davon aus, dass die einzelnen Radix- Arten eine charakteristische Mantelpigmentierung aufweisen, die als Determinationsmerkmal dienen kann (z. B. JACKIEWICZ 1993, 1998, 2000, GLÖER 2002). Die eigenen Analysen der in Mitteleuropa vorkommenden Radix-Arten zeigen jedoch, dass die Mehrzahl der Vertreter einer Art zwar typische Färbungen und Muster aufweist (SCHNIEBS et al. 2011, 2013, 2015 und siehe Kapitel 1.1, 1.2 und 1.3), diese aber auch vereinzelt bei anderen Arten auftreten können. Beispielsweise kommt bei R. labiata auch eine Mantelpigmentierung mit größeren hellen Flecken auf dunklem Grund vor (SCHNIEBS et al. 2013: Abb. 6c), wie sie ähnlich auch bei R. balthica auftritt (SCHNIEBS et al. 2011: Abb. 5- 12). Ebenso weisen Exemplare von R. lagotis eine Mantelpigmentierung mit größeren hellen rundlichen Flecken auf schwarzem Grund auf (SCHNIEBS et al. 2015: Abb. 4b), die eigentlich bisher als typisch für R. balthica galten (SCHNIEBS et al. 2011: Abb. 5-11). Andererseits kann bei R. balthica auch ein dunkelgrauer oder fast schwarzer Mantel ohne helle Flecken auftreten (SCHNIEBS et al. 2011: Abb. 5-7, 8; Abb.3, G, H) wie er häufig auch bei R. lagotis zu finden ist (SCHNIEBS et al. 2011: Abb. 9-4; SCHNIEBS et al. 2015: Abb. 4a). Selbst R. auricularia besitzt Mantelpigmentierungsvarianten, die eigentlich nicht von Varianten bei R. balthica oder R. ampla unterscheidbar sind (Abb. 3, K). Eigene molekulargenetisch abgesicherte, noch unveröffentlichte Studien zur innerartlichen Variabilität von R. ampla zeigen, dass es eine große Anzahl von Tieren gibt, die in der Mantelpigmentierung nicht von typischen R. balthica unterscheidbar sind (Abb. 3, B, C). Bei ihnen weist der Mantel nicht die wenigen großen teilweise miteinander verschmelzenden weißen oder weißlich-gelben runden Flecken auf schwarzem oder grauschwarzem Grund auf, die bisher in der Literatur als typisch für diese Art beschrieben wurden (GLÖER 2002; SCHNIEBS et al. 2011: Abb. 9-3; Abb. 3, A).

Nach experimentellen Studien von AHLGREN et al. (2013) ist die Mantelpigmentierung bei R. balthica-Populationen nicht genetisch festgelegt. Die Tiere reagieren mit diesem Merkmal auf die Stärke der UV-Strahlung und den Druck von Fressfeinden (AHLGREN et al. 2013). Somit handelt es sich hier offensichtlich um ein sehr plastisches Merkmal, das auch äußeren Einflüssen unterliegen kann. Die oben geschilderten Beispiele zeigen, dass die Mantelpigmentierung zwar bei der Determination mit herangezogen werden und in manchen Fällen bei der Unterscheidung der einzelnen Radix-Arten hilfreich sein kann. Sie ist jedoch wegen ihrer hohen und bisher nur wenig erforschten innerartlichen Variabilität kein sehr verlässliches Merkmal und sollte vor allem nicht als alleiniges Merkmal zur Determination verwendet werden.

14

Abbildung 3. Variabilität der Mantelpigmentierung bei drei Radix-Arten. A-C R. ampla, D-I R. balthica, J-L R. auricularia. A SNSD Moll 51409, Brandenburg, Spree bei Neuzittau, GH 16,29 mm; B SNSD Moll 53082, Baden- Württemberg, Bodensee, westlicher Überlinger See, GH 14,80 mm; C SNSD Moll 53083, Baden-Württemberg, Bodensee, westlicher Überlinger See, GH 15,36 mm; D SNSD Moll S2151 Mecklenburg-Vorpommern, Torgelower See, GH 20,04 mm; E SNSD Moll S5317, Mecklenburg-Vorpommern, Rügen, Kniepower See, GH 22,47 mm; F SNSD Moll S372, Sachsen, Dresden, Zschoner Grund, GH 20,53 mm; G SNSD Moll S7556, Mecklenburg-Vorpommern, Rothener See, GH 21,52 mm; H SNSD Moll S2174, Mecklenburg-Vorpommern, Tiefwarensee, GH 20,22 mm; I SNSD Moll S2361, Schweden, See Stor-Lungen, GH 17,40 mm.

15

4.1.3 Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca

HUBENDICK (1951, S. 40) schreibt: „There are reasons for assuming, that at least those parts of the genital apparatus, which constitute the copulatory organs, i.e. the most distal parts, show a higher degree of specifity and constancy as to species and are less variable within a species than other organs. This general rule, however, has a restricted applicability in Lymnaea because of the frequent self-fertilization.” Unter der Bezeichnung “Lymnaea” fasst Hubendick hier die meisten heute akzeptierten Gattungen zusammen. Dem Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca, also den Proportionen des Kopulationsapparates, wird in Taxonomie und Systematik der Lymnaeiden von einigen Autoren relativ große Bedeutung beigemessen (z. B. KRUGLOV 2005, VINARSKI 2011a). Dies basiert sicherlich auf der auch von HUBENDICK (1951) erwähnten Annahme, dass die Kopulationsorgane eigentlich artspezifisch sein müssten, wie es bei der Mehrzahl der pulmonaten Landgastropoden der Fall ist. Fast gleichzeitig wurde aber auch festgestellt, dass dieses Merkmal einerseits noch viel zu wenig untersucht wurde und andererseits eine so starke innerartliche Variabilität aufweist, dass es zur Artbestimmung nicht geeignet ist (VINARSKI 2011b). Die Einflüsse, die auf die Proportionen des Kopulationsapparates wirken, sind wahrscheinlich vielfältig. VINARSKI (2011b) nennt zum Beispiel alters- und saisonbedingte Unterschiede sowie Auswirkungen von Parasitenbefall und Geografie, der Art der Fixierung der Tiere vor der Konservierung. Auch spielt die Messgenauigkeit eine nicht unerhebliche Rolle (VINARSKI 2011b). Die eigenen, wenn auch bisher nur an wenigen Vertretern von R. balthica (SCHNIEBS et al. 2011) und R. labiata (SCHNIEBS et al. 2013) durchgeführten Untersuchungen zeigen ebenfalls, dass die innerartliche Variabilität dieses Merkmals größer ist als bisher in der Literatur angegeben (siehe oben) und dass es nicht zur Unterscheidung der einzelnen Radix-Arten dienen kann. In den ersten auf molekulargenetischen Merkmalen basierenden hypothetischen phylogenetischen Bäumen mehrerer Arten der Gattung Stagnicola (SCHNIEBS et al. 2012, SCHNIEBS et al. in Druck, Abb. 2-4) gibt es widersprüchliche Hinweise darauf, ob das Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca für Taxonomie und Systematik eine Rolle spielt. Wenn es so wäre, müssten S. corvus und S. fuscus Schwestergruppen bilden. Sie sind es jedoch nur in zwei hypothetischen phylogenetischen Bäumen des Kernmarkers ITS-2 (SCHNIEBS et al. 2012, Abb. 3; VINARSKI et al. 2012, Abb. 5A), aber in keinem weiteren anderen ITS-2 noch COI- oder Cytochrom-b-Baum (SCHNIEBS et al. 2012, Abb. 2; SCHNIEBS et al. in Druck, Abb.2-4; VINARSKI et al. 2012, Abb. 5 B-D). Dies könnte man jedoch vorläufig mit der relativ geringen Stichprobengröße oder Fehlern im ITS-2-Alignment begründen. Noch erwähnt werden sollte, dass durch eigene bisher noch nicht publizierte molekulargenetische Untersuchungen festgestellt werden konnte, dass es sich bei S. fuscus sensu Kruglov et Starobogatov um S. palustris (O. F. Müller, 1774) handelt. Das von KRUGLOV (2005) mit 1:1.4 angegebene Längenverhältnis von Praeputium und Phallotheca für S. fuscus kann also für diese Art vernachlässigt werden. Außerdem konnte in bisher noch unveröffentlichten molekulargenetischen Untersuchungen von mitteleuropäischen Stagnicola-Exemplaren mit sehr langer Phallotheca, die man anatomisch als S. turricula determinieren müsste, festgestellt werden, dass es sich bei

16

solchen Tieren um S. palustris handelt. Dies muss jedoch unter Einbeziehung von mehr Tieren und verschiedener molekulargenetischer Marker noch genauer analysiert werden. Insgesamt deutet sich auch bei der Gattung Stagnicola eine höhere innerartliche Variabilität dieses Merkmals an, als bisher angenommen. Damit ist es kein gutes taxonomisches Merkmal, wie bereits durch VINARSKI (2011b) festgestellt.

4.1.4 Länge des Bursaductes

Eigene molekulargenetisch abgesicherte Studien (SCHNIEBS et al. 2011, 2013, 2015) zeigen, dass lediglich der Bursaduct von R. auricularia in der mitteleuropäischen Bestimmungsliteratur mit lang und dünn ausreichend richtig beschrieben wird (GITTENBERGER et al. 1998; JACKIEWICZ 1998, 2000; GLÖER 2002). Sowohl bei R. balthica als auch bei R. labiata variiert die Länge des Bursaductes stärker (SCHNIEBS et al. 2011, 2013) als bisher beschrieben (JACKIEWICZ 1998, 2000; GITTENBERGER et al. 1998; GLÖER 2002, STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005). Die Angaben reichen von fast nicht vorhanden über etwa ein Drittel (R. labiata) (SCHNIEBS et al. 2013) bis ca. die Hälfte der Bursalänge (R. balthica) (SCHNIEBS et al. 2011). Das bedeutet, dass ein ursprünglich als hervorragend geeignet eingeschätztes Unterscheidungsmerkmal nicht zur Differenzierung von R. balthica und R. labiata geeignet ist. Der Bursaduct bei den wenigen bisher untersuchten und auch molekulargenetisch abgesicherten R.-lagotis-Exemplaren war immer deutlich länger als bei R. balthica und R. labiata (SCHNIEBS et al. 2015). Bei gleicher Mantelpigmentierung und ähnlicher Gehäuseform ist der längere Bursaduct bei R. lagotis das beste Unterscheidungsmerkmal von R. balthica und R. labiata. Bei R. ampla variiert die Bursastiellänge in eigenen Untersuchungen von etwas länger als die Bursa bis fast nicht vorhanden, was Bursastiellängen bei R. lagotis, R. labiata und R. balthica entspricht. In der Literatur konnten zu diesem Merkmal bei R. ampla noch keine Angaben gefunden werden. Damit weist R. ampla die größte Variabilität dieses Merkmals unter den bisher untersuchten Radix-Arten auf, was allerdings die Unterscheidung anhand der Länge des Bursastiels zwischen R. ampla und amploiden Formen von R. balthica und R. lagotis bei ähnlicher Mantelpigmentierung unmöglich macht. Insgesamt zeigen die eigenen Analysen, dass die Länge des Bursaductes nur R. auricularia eindeutig von R. balthica, R. labiata, R. ampla und R. lagotis abgrenzt. Unter den letzteren lässt dieses Merkmal als alleiniges Determinationskriterium keine sichere Differenzierung zu.

In der russischen und ukrainischen Literatur (STADNICHENKO 2004, KRUGLOV 2005) wird R. auricularia zusammen mit verwandten Arten, die ebenfalls einen sehr langen und dünnen Burstatiel mit Bursa in der Nähe des Pericards aufweisen, innerhalb der Gattung Lymnaea in der Untergattung Radix Montfort, 1810 der Untergattung Peregriana Servain, 1881 gegenübergestellt. Für letztere wird unter anderem als Merkmal angegeben, dass die Bursa am palatalen Gonodukt liegt und ihr Stiel mäßig lang oder kurz, manchmal fast nicht wahrnehmbar ist (KRUGLOV 2005, S. 303). R. auricularia ist die einzige in Mitteleuropa heimische Radix-Art mit einem sehr langen und dünnen Bursastiel. Sehr lang und dünn bedeutet hier, dass die Bursa selbst in der Nähe des

17

Pericards liegt, was bei keiner anderen einheimischen Radix-Art der Fall ist. Bei R. balthica, R. labiata, R. ampla und R. lagotis liegt die Bursa auf Höhe der Prostata oder sogar nur der Provagina und Vagina. In allen bisher publizierten (SCHNIEBS et al. 2011, 2013, 2015) bzw. noch nicht publizierten hypothetischen phylogenetischen MP-Bäumen des Kernmarkers ITS- 2 bilden die in die Analysen einbezogenen Radix-auricularia-Tiere die Schwestergruppe zu allen anderen Radix-Arten. Werden Arten einbezogen, die ebenfalls über einen sehr langen und dünnen Burstatiel mit Bursa in der Nähe des Pericards verfügen, z. B. (Krauss, 1848), und die offensichtlich mit R. auricularia näher verwandt sind, dann bilden diese gemeinsam mit R. auricularia die Außengruppe zu den Radix-Arten mit kürzerem Bursastiel, also R. balthica, R. labiata, R. ampla und R. lagotis (unveröffentlicht). In eigenen publizierten hypothetischen phylogenetischen MP-Bäumen eines Abschnitts des Mitochondrien-Gens Cytochrom b bildet R. auricularia nur in zwei von drei Fällen die Schwestergruppe zu den anderen untersuchten Radix-Arten (SCHNIEBS et al. 2013, 2015), obwohl die Wahl der Außengruppen ähnlich, jedoch die Anzahl der in die Analyse einbezogenen Individuen unterschiedlich war. Möglicherweise bestätigt die molekulargenetische Analyse mit dem Kernmarker ITS-2 und dem Mitochondrien-Gen Cytochrom b die Besonderheit des Merkmals „sehr langer und dünner Burstatiel mit Bursa in der Nähe des Pericards“ als bedeutendes Unterscheidungsmerkmal zwischen zwei Gruppen innerhalb der Gattung Radix.

4.1.5 Form der Bursa copulatrix Die Form der Bursa copulatrix ist nach eigenen, noch unveröffentlichten Untersuchungen wahrscheinlich nur bei R. auricularia relativ stabil kugelförmig (bei gefüllter Bursa) (SCHNIEBS et al. 2011, Abb. 9-2). Bei R. balthica und R. labiata gibt es eine beachtliche Variation in der Form der Bursa copulatrix (SCHNIEBS et al. 2011, 2013 und siehe Kapitel 1.1. und 1.2). Eigene, ebenfalls noch unveröffentlichte Studien an R. ampla zeigen ein ähnliches Bild. Bei R. lagotis sind bisher zu wenige Tiere untersucht worden (Schniebs et al. 2015), um zu diesem Merkmal eine Aussage treffen zu können. Aber sicherlich ist die Schlussfolgerung naheliegend, dass sich anhand der Form der Bursa copulatrix lediglich R. auricularia von allen übrigen (mitteleuropäischen) Radix-Arten unterscheiden lässt. Bei anderen Gattungen der Familie (z. B. Stagnicola, Ladislavella) scheint die Form der Bursa copulatrix nicht zu variieren, so dass ihr dort kaum Berücksichtigung in der Literatur sowie bei eigenen Untersuchungen geschenkt wurde.

4.1.6 Anzahl der Prostatafalten Während bei allen bekannten Vertretern der Gattung Radix nur eine Prostatafalte vorhanden ist (KRUGLOV 2005) und somit diesem Merkmal taxonomisch nur in der Abgrenzung von anderen Gattungen Beachtung geschenkt wird, unterscheiden sich einzelne Stagnicola-Arten durchaus in der Anzahl der Prostatafalten (siehe Kapitel 3.2). Sollte sich bei weiteren molekulargenetischen Untersuchungen herausstellen, dass es sich bei S. turricula nur um eine Form von S. palustris handelt, dann kommen in Mitteleuropa nur drei Arten der Gattung vor, die sich eindeutig anhand der Anzahl der Prostatafalten

18

unterscheiden lassen: S. corvus – stets mehr als zwei Falten, S. fuscus – zwei Falten, S. palustris – eine Falte. Dass es sich bei S. fuscus nach Auffassung von Kruglov und Starobogatov mit großer Sicherheit um S. palustris handelt, wurde bereits erwähnt. Deshalb kann die Angabe einer Prostatafalte für diese Art durch KRUGLOV (2005) vernachlässigt werden.

4.2 Praktische Anwendung morphologischer und anatomischer Merkmale in Bestimmungsschlüsseln Mit fortschreitender Kenntnis über die enorme innerartliche Variabilität einzelner Vertreter der Lymnaeidae gestaltet sich die Frage, welche morphologischen und anatomischen Merkmale überhaupt für die Abgrenzung einzelner Arten und Gattungen in Bestimmungsschlüsseln verwendet werden können, als immer schwieriger. Auf alle Fälle kann eine Determination allein anhand des Gehäuses nicht zu sicheren Ergebnissen führen. Für die taxonomische Abgrenzung sind Merkmale des Weichkörpers unerlässlich. Mit den bei bisher eingehender untersuchten Radix-Arten (Kapitel 1.1, 1.2, 1.3) festgestellten Überschneidungen in Gehäuseform, Mantelpigmentierung und Merkmalen des Genitalapparates wird auch die Verwendung dieser Merkmale in Bestimmungsschlüsseln herkömmlicher Art immer schwieriger. Dies zeigt beispielsweise ganz konkret der neue Bestimmungsschlüssel für die Radix-Arten (GLÖER 2015, S. 49), der in seiner jetzigen Form zu gravierenden Fehldeterminationen führen wird.

Das Merkmal „Mündungsoberrand überragt die Spitze nicht“ (GLÖER 2015, S. 49) ist für R. auricularia nicht generell zutreffend. In der Molluskensammlung der SNSD gibt es Gehäuse von R. auricularia aus Sachsen (Sammlung K. Büttner), bei denen die Mündung die Gehäusespitze überragt. Noch 2002 führte GLÖER selbst R. auricularia f. subampla als Form, bei der das Gewinde „von der ohrförmig erweiterten Mündung fast oder vollständig überragt“ wird (S. 212), im Bestimmungsschlüssel für die Gattung Radix an.

Die Merkmale „Spindelfalte eben, Mündungsoberrand überragt die Spitze“ (GLÖER 2015, S. 49) bei R. ampla beschreibt nur einen Bruchteil der Variabilität dieser Art. Bei der Mehrzahl der Formen überragt der Mündungsrand die Spitze nicht (z. B. Abb. 2, A-C). Die Merkmale „Mündungshöhe : Gesamthöhe etwa 2:3, letzter Umgang nur wenig konvex“ (GLÖER 2015, S. 49) zur Unterscheidung von R. labiata von R. balthica und R. lagotis treffen nicht nur für R. labiata zu, sondern auch für einzelne Populationen von R. balthica und R. lagotis und schließen selbst R. labiata teilweise aus (z. B. beträgt das Verhältnis Mündungshöhe : Gesamthöhe bei dem auf Seite 49 unter dem Bestimmungsschlüssel abgebildeten Gehäuse von R. labiata nicht 2:3 sondern fast 1:1!).

Das Merkmal „Bursastiel sehr kurz oder nicht vorhanden“ (GLÖER 2015, S. 49) trifft zwar auf R. balthica zu, jedoch ebenso auf R. labiata. Selbst R. lagotis kann auch einen kurzen Bursastiel aufweisen (SCHNIEBS et al. 2015, Abb. 4A). Für einen Laien, der diesen Bestimmungsschlüssel nutzen möchte, dürfte sich der Unterschied zwischen kurz und sehr kurz nicht erschließen. Das Merkmal „Bursastiel dünn und deutlich sichtbar“ (GLÖER 2015, S. 49) trifft auch auf atypische bzw. subadulte R. auricularia zu, die keine ohrförmige Mündung besitzen und deshalb schon ab dem Schritt 1b falsch bestimmt werden.

19

Ein vorläufiger Bestimmungsschlüssel für die in Deutschland einheimischen Radix-Arten müsste unter Berücksichtigung neuester Erkenntnisse nach eigenen Erfahrungen lauten:

1a. Gehäusemündung ohrförmig erweitert, Gewinde kurz, schmal und spitz ...... 2 1b. Gehäusemündung nicht ohrförmig erweitert, Mündungsrand mehr oder weniger steil abfallend ...... 4 2a. Spindelfalte stark gedreht, Kopfbereich und meist auch Fuß der Tiere mit (bei großer Vergrößerung) sichtbaren dunklen Pigmentpunkten („Sommersprossen“).. 2b. Spindelfalte stark oder schwach ausgeprägt oder sogar eben, keine „Sommerspros- sen“ ...... 3 3a. Spindelfalte eben, Mantel mit weniger als 20 weißlichen, oft miteinander verschmel- -zenden rundlichen Flecken auf dunklem Grund…………………………………..Radix ampla 3b. Spindelfalte stark oder schwach ausgeprägt, Mantel mit nicht miteinander verschmel- zenden weißlichen oder gelblichen rundlichen kleinen Flecken und/oder Punkten unter- schiedlicher Anzahl auf dunklem Grund……………….…Radix ampla, Radix balthica (auch anatomisch nicht unterscheidbar) 4a. Kopfbereich und meist auch Fuß der Tiere mit deutlich (bei großer Vergrößerung) sichtbaren dunklen Pigmentpunkten („Sommersprossen“)…………..………Radix auricularia 4b. Kopfbereich und Fuß der Tiere pigmentiert (bläulich oder gelblich grau) jedoch auch bei großer Vergrößerung keine einzelnen Pigmentpunkte sichtbar ...... 5 5a. Stiel der Bursa copulatrix fast so lang wie die Bursa……………………….…Radix lagotis 5b. Stiel der Bursa copulatrix kürzer als die Bursa……..Radix balthica, Radix labiata, Radix lagotis 5c. Stiel der Bursa copulatrix nicht vorhanden ...... 6 6a. Rand der Gehäusemündung am oberen Ansatz gleich direkt nach unten verlaufend und Mantel schwarz, blau- oder grau-schwarz mit fast punktförmigen kleinen weißen oder grau- schwarzen Flecken ähnlicher Größe…………………………………….……….…Radix labiata 6b. Mantelpigmentierung anders…………………..………….…..Radix balthica, Radix labiata

4.3 Neue Erkenntnisse zu molekulargenetischen Methoden Gegen die alleinige Anwendung der mitochondrialen Marker COI und Cytochrom b zur Determination mit Barcoding spricht neben dem zeitlichen und finanziellen Aufwand (eine anatomische Determination, in den Fällen, wo sie möglich ist, dauert bei erfahrenen Malakologen höchstens etwa 10 Minuten pro Tier, und viele faunistisch tätige Malakologen haben außerdem keinen Zugang zu molekularen Methoden) auch die ständig steigende Anzahl analysierter Individuen (vor allem innerhalb der Gattung Stagnicola), bei denen die Mitochondrienmarker (COI und Cytochrom b) zu einem anderen Ergebnis führen als Anatomie und Kernmarker (ITS1 und ITS2). So häufen sich die Fälle von Tieren, bei denen

20

die Sequenzen der Mitochondrienmarker auf Stagnicola fuscus schließen lassen, deren Anatomie jedoch der von S. palustris entspricht (SCHNIEBS et al., in Druck). Und auch ihre Kernmarkersequenzen bilden Cluster mit typischen S. palustris (SCHNIEBS et al., in Druck). Offensichtlich liegen hier Fälle von Hybridisierung vor. In der Praxis beim Barcoding mit COI würde das zu einer Häufung von S.-fuscus-Nachweisen bei Tieren führen, die anatomisch und mit Kernmarkern jedoch von S. palustris nicht zu unterscheiden sind. Einheimische Stagnicola-Arten sollten deshalb entweder wie bisher anatomisch determiniert werden oder man sollte zumindest bei dieser Gattung Barcoding mit einem Kernmarker durchführen.

SIEBER (2014) stellte ebenfalls fest, dass Mitochondrienmarker wie COI zu falschen Ergebnissen bei Radix führen können, wenn Hybridisierung stattgefunden hat, und empfiehlt die Verwendung von Kernmarkern zur Artunterscheidung.

5 Schlussfolgerungen Die eigenen molekulargenetisch abgesicherten bisherigen morphologisch-anatomischen Studien an Vertretern der Gattungen Radix und Stagnicola bestätigen die Schlussfolgerung von HUBENDICK (1951, S. 42): „To summarize, it is quite evident that there are now really good comparative morphological objects in Lymnaea which can serve as a base for taxonomy within the group.“ Unter der Gattungs-Bezeichnung “Lymnaea” fasst der Autor hier die meisten heute akzeptierten Gattungen zusammen.

HUBENDIK (1951, S. 34) stellte ebenfalls fest, dass bei den Lymnaeidae anatomische Merkmale zur Unterscheidung eng miteinander verwandter Arten häufig nicht effektiv sind und auch die Gehäuseform sehr stark variieren kann. Die Anwendung eines einseitigen morphologischen Artkonzeptes bei den Vertretern dieser Familie führt also dazu, dass Populationen aus voneinander weit entfernten Lokalitäten als Arten angesehen werden. Eigene Untersuchungen an paläarktischen Vertretern der Lymnaeidae bestätigen Hubendik’s Feststellungen. Die Variabilität einzelner Merkmale, z. B. der Gehäuseform, ist bei den Lymnaeiden teilweise so groß und komplex, dass selbst das neue Pragmatische Artkonzept (SEIFERT 2014) hier für morphologische Merkmale nicht angewendet werden kann. „… to show that there is a gap between the data of the two species” (SEIFERT 2014, S. 89) ist nach eigenen Erfahrungen bei den Schlammschnecken nur dann möglich, wenn eine relativ geringe Anzahl von Individuen für die Analyse verwendet wird. Je größer aber die Anzahl von Tieren aus unterschiedlichsten Biotopen und Regionen des Verbreitungsgebietes gewählt wird, umso wahrscheinlicher werden bei vielen Arten fließende Übergänge einzelner morphologischer Merkmale, so dass „a gap between the data of the two species“ (SEIFERT 2014, S. 89) oder sogar Gattungen oft praktisch nicht existiert. Die Einführung molekulargenetischer Methoden macht es erstmals möglich, subjektive Sichtweisen bei der Interpretation von morphologischen Merkmalen bei den Vertretern der Familie Lymnaeidae und deren Wertigkeit für Taxonomie und Systematik zu überwinden. Offensichtlich ist innerhalb der Gattung Radix das Merkmal „Länge des Bursastiels und Position der Bursa copulatrix“ relevant für die Unterteilung in zwei unterschiedliche Artengruppen (Untergattungen?), die sich auch molekulargenetisch manifestiert. Ob die Merkmale „Anzahl der Prostatafalten“ und „Breite des Stiels der Bursa copulatrix an der 21

Einmündung in die Provagina“ bei den Stagnicola-Arten die Unterteilung in zwei Untergattungen rechtfertigen, muss noch eingehender untersucht werden. Existierende Bestimmungsschlüssel für Gattungen und Arten der Familie Lymnaeidae auf der Basis morphologischer Merkmale müssen dringend nach neuesten Erkenntnissen überarbeitet werden. Eine absolut sichere Möglichkeit der morphologischen Bestimmung aller in der Natur sowie in wissenschaftlichen Sammlungen angetroffenen Formen wird allerdings nicht möglich sein. So sind beispielsweise für die korrekte Unterscheidung amploider Formen von R. balthica von R. ampla bzw. atypischen R. ampla von R. balthica und R. lagotis letztendlich nur molekulargenetische Methoden anwendbar. Dies betrifft jedoch, zumindest in Mitteleuropa, nur einen kleinen Teil der Individuen. Wenn mit Hilfe der Molekulargenetik die morphologische Variabilität und die genaue Verbreitung der einzelnen Arten geklärt werden kann, wird in Mitteleuropa die Determination anhand morphologischer Merkmale für die Mehrzahl der lebend gesammelten und in Alkohol konservierten Radix- Individuen weiterhin möglich sein.

Die Auffassung von PFENNINGER et al. (2006), dass generell nur die Molekulargenetik zur Unterscheidung der Radix-Arten herangezogen werden kann, wird durch die eigenen Ergebnisse nicht bestätigt. Wie im Kapitel 4.3 beschrieben wurde, führt Hybridisierung sogar zu einer relativ großen Fehlerquote beim Barcoding mit COI und Cytochrom b bei Stagnicola. Hier ist die herkömmliche anatomische Determination nicht nur viel schneller, sondern auch viel sicherer.

6 Ausblick Die bisher durchgeführten Untersuchungen sind nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Beantwortung einer Vielzahl von Fragen zur Taxonomie und Systematik der Familie Lymnaeide. Folgende Arbeiten sind nach eigenen Auffassungen dringend notwendig:

6.1 Fortführung der Analysen zur innerartlichen Variabilität Eine realistischere Vorstellung über die Anzahl der in Europa und im nördlichen Asien vorkommenden Arten der Lymnaeidae und deren Areale erhält man nur durch integrative Analysen von Morphologie und Molekulargenetik unter Einbeziehung von so vielen Tieren wie möglich aus dem gesamten Bereich der Paläarktis. Die notwendigen Gen-Sequenzen für Arbeiten zur innerartlichen Variabilität von Radix ampla, R. lagotis und R. auricularia liegen bereits vor. Es muss noch die morphologische Arbeit erfolgen. Nach zurzeit bereits anhand von noch nicht publizierten eigenen molekulargenetischen Analysen möglichen Prognosen wird sich die Zahl der für die Paläarktis in der russischen Literatur angegebenen Radix- und Stagnicola-Arten drastisch reduzieren. Außerdem gibt es bereits Hinweise, dass einige in den letzten Jahrzehnten für Europa neubeschriebene Arten (z.B. R. lilli Glöer & Beckmann, 2007 und R. skutaris Glöer & Pesic, 2008) revidiert werden müssen.

22

Insgesamt legen die bisherigen Ergebnisse nahe, dass es in der Palaearktis nur eine relativ kleine Anzahl von Radix- und Stagnicola-Arten mit sehr großen Arealen gibt, die in der Lage sind, die unterschiedlichsten Lebensräume, von großen Seen und Flüssen bis hin zu kleinsten Tümpeln und hydrothermalen Quellen, zu besiedeln. Die dort auf sie einwirkenden verschiedensten ökologischen Faktoren führen zu einer entsprechenden großen morphologischen Vielfalt. Diese gilt es richtig zu interpretieren. Außerdem zeigen eigene, bisher noch nicht veröffentlichte molekulargenetische Analysen, dass es sich bei R. lagotis aus Westsibirien offensichtlich um eine völlig andere Radix-Art handelt, die jedoch anatomisch, nach bisherigen Untersuchungen an einigen wenigen Individuen, nicht von bisher analysierten Tieren aus Mittel- und Südosteuropa unterschieden werden kann.

6.2 Fortführung von Untersuchungen zur Hybridisierung, insbesondere bei Stagnicola, Lymnaea und Radix Noch nicht publizierte hypothetische phylogenetische Bäume von ca. 150 Stagnicola- Exemplaren (15 „Arten“) aus der gesamten Paläarktis zeigen völlig verschiedene Ergebnisse. Im hypothetischen phylogenetischen Baum des Mitochondrienmarkers Cytochrom b werden etwa sechs Cluster gebildet, denen man einen Artstatus zubilligen könnte, in denen sich aber meist mehrere zur Zeit als valide angesehene Arten gruppieren. Dagegen bildet dieselbe Anzahl von Individuen und „Arten“ im hypothetischen phylogenetischen Baum des Kernmarkers ITS-2 nur 3 Cluster, die die Artbezeichnung S. corvus, S. fuscus und S. palustris erhalten müssten, also Tiere mit mehreren Prostatafalten und breiter Bursastieleinmündung in die Provagina (S. corvus), Tiere mit zwei Prostatafalten (S. fuscus) und Tiere mit einer Prostatafalte (S. palustris) mit jeweils schmaler Bursastieleinmündung in die Provagina. Die Cluster der Mitochondrienmarker COI und Cytochrom b zeigen dagegen keinerlei Verbindung zu anatomischen Merkmalen, auch nicht zur Anzahl der Prostatafalten. Nur drei dieser Cluster beinhalten Tiere, die mehr oder weniger eindeutig einer geografischen Region (Balkan, Türkei und nördliche Schwarzmeerregion, Sibirien) zugeordnet werden können. Eine ähnliche Situation zeichnet sich bei Radix mit langem dünnen Bursastiel aus dem Irak und dem Iran ab: Während die Mitochondrienmarker COI und Cytochrom b dahingehend interpretieren werden könnten, dass es sich um eine eigenständige Art handelt, geben die Kernmarker ITS-1 und ITS-2 keinen Anlass dazu, sondern zeigen eine eindeutige Artzugehörigkeit zu R. auricularia. Dabei weisen die betreffenden Tiere eine relativ hohe Variabilität der Gehäuseform und -farbe auf. Zu klären bleibt, ob die eben geschilderten Fälle Beispiele für die Entstehung neuer Arten und die bisher für die Analyse verwendeten Kernmarker nur zu konserviert sind, oder ob es sich, wie bei S. montenegrinus vermutet (SCHNIEBS et al. in Druck) um Fälle von Hybridisierung handelt? Möglicherweise ist auch die den Analysen zugrunde liegende Stichprobe immer noch zu gering für schlüssige Aussagen. Wahrscheinlich gibt es bei den Lymnaeiden eine höhere Hybridisierungsrate, als bisher vermutet. Eigentlich lässt sich jedes ausgetrocknete und neu entstandene bzw. künstlich angelegte Gewässer demnach auch als Hybridisierungsexperiment für Lymnaeidae interpretieren, wenn Individuen verschiedener Arten Zugang haben. So konnten 23

WULLSCHLEGER et al. (2002) feststellen, dass Individuen von R. balthica und R. labiata im Aquarium nicht miteinander kopulieren, wenn sie aus demselben Gewässer entnommen wurden. Stammten sie jedoch aus unterschiedlichen Gewässern, kam es zur Kopulation zwischen diesen beiden Arten. Möglicherweise trifft dies auch auf andere Lymnaeiden-Arten zu. Hybridisierungsversuche mit Analyse der Auswirkungen auf Anatomie und molekulargenetische Marker erscheinen hier sinnvoll, wurden jedoch noch nie durchgeführt. Die bisher einzige mir bekannte molekulargenetisch basierte Arbeit zu Hybridisierung und Klimamodellierung bei Radix (PATEL et al., 2014) ist sehr kritisch zu bewerten. Ob die Autoren es wirklich mit Hybridisierung zwischen zwei verschiedenen Radix-Arten zu tun haben, ist stark zu bezweifeln. Mein Vergleich der MOTU3-Sequenzen aus der zugrunde gelegten Arbeit von PFENNINGER et al. (2006) mit eigenen COI-Sequenzen verschiedener Radix-Arten zeigt, dass es sich bei MOTU3 offensichtlich nur um eine spezielle genetische Linie von R. balthica handelt. Die betreffenden Individuen unterscheiden sich von in die Analyse einbezogenen R. balthica aus Mitteleuropa und Sardinien nicht mehr als sich zwei verschiedene Cluster von L. stagnalis aus Deutschland voneinander unterscheiden oder sich R. auricularia aus Mitteleuropa von R. auricularia aus Sibirien und der Mongolei differenzieren. Nach eigenen bisherigen Erfahrungen können innerhalb einzelner Lymnaeiden-Arten durchaus Sequenz-Divergenzen von 5% oder sogar viel höher auftreten (VINARSKI et al. 2016), weshalb Sequenz-Divergenzen als Kriterium zur Unterscheidung von Arten bei den Lymnaeiden nicht geeignet sind. Nicht alles, was für andere Organismengruppen sinnvoll erscheint, sollte kritiklos für die Lymnaeidae übernommen werden.

6.3 Studium der Taxonomie und Systematik der Lymnaeidae mit molekulargenetischen Analysen auf der Basis einer größeren Individuen-, Arten- und Gattungszahl als bisher Nach eigenen bisherigen Erfahrungen führen phylogenetische hypothetische Bäume mit relativ wenigen in die molekulargenetische Analyse einbezogenen Individuen zu einer Reihe von Fehlinterpretationen. So ließ sich beispielsweise erst unter Einbeziehung von mehr Individuen von Stagnicola- Arten schlussfolgern, dass es sich bei S. montenegrinus möglicherweise um Hybriden handelt (vgl. SCHNIEBS et al. 2012 und SCHNIEBS et al. in Druck). Auch die Aufnahme von Sequenzen aus Publikationen mit relativ wenigen analysierten Individuen (PFENNINGER et al. 2006, ALBRECHT et al. 2008) in eigene Alignments mit mehr als 200 Individuen verschiedener Arten aus den unterschiedlichsten Regionen der Paläarktis zeigt, dass die Autoren mit ihrem relativ kleinen Datensatz zu falschen Schlussfolgerungen gekommen sind (bereits in den Abschnitten 4.1. und 6.2. diskutiert). Daher scheint es dringend notwendig, Analysen mit einer viel höheren Anzahl von Individuen, Arten und Gattungen durchzuführen, um die Aussagefähigkeit der daraus abgeleiteten phylogenetischen hypothetischen Bäume zu überprüfen. Bisher konnten durch die eigenen molekulargenetischen Untersuchungen acht Gattungen der Lymnaeidae als in der Palaearktis vorkommend bestätigt werden: Austropeplea Cotton, 1942 (= Orientogalba 24

Kruglov & Starobogatov, 1985), Galba Schrank, 1803, Ladislavella B. Dybowski, 1913 (= Catascopia Meier-Brook & Bargues, 2002), Lymnaea Lamarck, 1799, Myxas G.B. Sowerby I, 1822, Omphiscola Rafinesque, 1819, Radix Montfort, 1810 und Stagnicola Jeffreys, 1830.

6.4 Studium der Verbreitungsmöglichkeiten der Lymnaeidae In der Regel stellt man sich Schnecken als wenig mobile, relativ ortstreue Tiere vor, deren Eier oder Jungtiere zudem über keinerlei Mechanismen zur weiten Verbreitung verfügen und deren Populationen auf Grund von geografischen, geologischen bzw. klimatischen Bedingungen reproduktiver Isolation unterliegen. Dies mag vielleicht für viele Landgastropoden zutreffen. Offensichtlich ist die tatsächliche Sachlage bei Süßwassermollusken jedoch etwas anders und wird zu wenig beachtet. Wahrscheinlich findet ein Transport von Eiern, Jungtieren und adulten Tieren kleinerer Arten im Gefieder oder an den Füßen von Vögeln und durch größere Wasserinsekten häufiger statt als bisher angenommen. REES (1965) gibt eine Literaturübersicht über Beobachtungen von Molluskentransport durch starken Wind, Hummeln, Wasserinsekten (große Wasserkäfer und Wasserwanzen) und Vögel. Vertreter der Lymnaeidae besitzen offensichtlich auch die Voraussetzungen, längere Transporte durch Wasservögel zu überstehen. VAN LEEUWEN & VAN DER VELDE (2012) wiesen in Experimenten nach, dass z. B. mit Schlamm am Schnabel von Stockenten befestigte R. balthica dort bis zu 8 Stunden haften blieben und außerdem Trocknungsversuche bei Temperaturen zwischen 10 und 20°C bis zu 48 Studen überlebten.

REISE & GLÖER (2006) haben am Beispiel der Insel Sylt gezeigt, dass die Besiedlung von Kleingewässern mit Süßwassermollusken von stochastischen Immigrationen und Aussterbefällen bestimmt zu sein scheint. Da eine Immigration aus eigener Kraft vom Festland aus bzw. von Gewässer zu Gewässer auf Sylt ausgeschlossen wurde, nennen die Autoren Wasservögel und Wasserinsekten sowie den Menschen (Verschleppung durch Besatzfische, Wasserpflanzen, Entleerung von Aquarien) als hauptsächliche Vektoren für die Besiedlung der Kleingewässer durch limnische Molluskenarten. Was für die Insel Sylt gilt, könnte auch großräumig innerhalb der Paläarktis bzw. zwischen zoogeografischen Regionen stattfinden. Vielleicht lassen sich aus dem Vergleich von Vogelzugrouten und ungewöhnlichen Verbreitungsmustern von Lymnaeiden-Haplotypen Rückschlüsse ziehen, auf welchem Weg eigentlich relativ unbeweglich scheinende Organismen reproduktive Isolation überwinden könnten.

7 Literaturverzeichnis des die Publikationen verbindenden Teils

AHLGREN, J., YANH, X., HANSSON, L.-A., BRÖNMARK, C. (2013): Camouflaged or tenned: plasticity in freshwater snail pigmentation. Biology Letters 9(5): DOI: 10.1098/rsbl.2013.0464 (date of last access 4 December 2013).

ALBRECHT, C., WOLFF, C., GLÖER, P., WILKE, T. (2008): Concurrent evolution of ancient sister lakes and sister species: the freshwater gastropod genus Radix in lakes Ohrid and Prespa. Hydrobiologia 615: 157-167.

25

ANDREYEVA, S.I., ANDREYEV, N.I., VINARSKI, M.V. (2010): Key to the freshwater gastropods of Western Siberia (Mollusca: Gastropoda). V. 1. Gastropoda: . Fasc. 1. Families Acroloxidae and Lymnaeidae. Omsk. 200 pp. [in Russisch]

BANK, R. (2011): Fauna Europaea project. Systematical and distributional checklist of species-group taxa of continental Mollusca of Europe, last update 29 August 2013, version 2.6.2. (date of last access 11 November 2015).

BARGUES, M. D., MAS-COMA, S. (1997): Phylogenetic analyses of lymnaeid snails based on 18S rDNA sequences. Molecular Biology and Evolution 14(5): 569-577.

BARGUES, M. D., MAS-COMA, S. (2005): Reviewing lymnaeid vectors of fascioliasis by ribosomal DNA sequence analyses. Journal of Helminthology 79: 257–267.

BARGUES, M.D., VIGO, M., HORAK, P. DVORAK, J., PATZNER, R.A., POINTIER, J.P., JACKIEWICZ,

M., MEIER-BROOK, C., MAS-COMA, S. (2001): European Lymnaeidae (Mollusca: Gastropoda), intermediate hosts of trematodiases, based on nuclear ribosomal DNA ITS-2 sequences. Infection, Genetics and Evolution 1(2): 85-107.

BURCH, J.B. (1989). North American freshwater snails. Malacological publications, Hamburg (Michigan). 365 pp.

CORDELLIER M. & PFENNINGER M. (2009): Inferring the past to predict the future: climate modelling predictions AND phylogeography for the freshwater gastropod Radix balthica (Pulmonata, Basommatophora). Molecular Ecology 18: 534–544.

CORREA, A. C., ESCOBAR, J. S., DURAND, P., RENAUD, F., DAVID, P., JARNE, P., J.-P., HURTREZ-

BOUSSÈS, S. (2010): Bridging gaps in the molecular phylogeny of the Lymnaeidae (Gastropoda: Pulmonata), vectors of Fascioliasis. BMC Evolutionary Biology 10: 381. doi: 10.1186/1471-2148-10-381 (date of last access 28 February 2011).

CRACRAFT, J. (1983): Species concepts and speciation analysis. Current Ornithology 1: 159- 187.

CUTTELOD, A., SEDDON, M., NEUBERT, E. (2011): European Red List of Non-marine Molluscs. Luxembourg: Publications Office of the European Union. www.iucn.org/dbtw-wpd/edocs/RL- 4-014.pdf (date of last access 10 November 2015).

FALKNER, G., BANK, R. A., VON PROSCHWITZ, T. (2001): Check-list of the non-marine Molluscan Species-group taxa of the States of Northern, Atlantic and Central Europe (CLECOM I). Heldia, 4(1/2): 1-76.

FALNIOWSKI, A. (1980a): Podrodzaj Radix s. str. (Gastropoda, Basommatophora) w Polsce. I Pigmentacja i anatomia. Opis Lymnaea peregra roszkowskiana subsp. nov. Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Jagiellon´skiego, Prace Zoologiczne 26: 67–108.

FALNIOWSKI, A. (1980b): Pigmentation of the mantle border in Polish representatives of the subgenus Radix (Lymnaeidae, Basommatophora, Gastropoda). Basteria 44(1/4): 3–8.

26

FALNIOWSKI, A. (1980c): The anatomical determination of Polish Lymnaeidae (Mollusca, Basommatophora). Acta Hydrobiologica 22(3): 327-335.

GITTENBERGER, E., JANSSEN, A.W., KUIJPER, W.J., KUIPER, J.G.J., MEIJER, T., VAN DER VELDE,

G., DE VRIES, J.N. (1998): De Nederlandse Zoetwatermollusken. Recente en fossiele

Weedieren uit Zoet en Brak Water. In GITTENBERGER, E., JANSSEN, A.W (Edit.) Nederlandse Fauna 2. National Natuurhistorisch Museum Naturalis, Utrecht. 288 pp.

GLÖER, P. (2002): Die Süßwassergastropoden Nord- und Mitteleuropas: Bestimmungsschlüssel, Lebensweise, Verbreitung. Conchbooks, Hackenheim. 327 S.

GLÖER, P. (2015): Süßwassermollusken. Ein Bestimmungsschlüssel für die Bundesrepublik Deutschland. Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung, Göttingen, 14. überarbeitete Auflage. 135 S.

GLÖER, P., MEIER-BROOK, C. (2003): Süßwassermollusken. Ein Bestimmungsschlüssel für die Bundesrepublik Deutschland. Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung, Hamburg, 13. neuberarbeitete Auflage. 134 S.

GLÖER, P., PEŠIĆ, V. (2009): Stagnicola montenegrinus n. sp., a new species of Montenegro (Gastropoda: Lymnaeidae). Mollusca 27(1): 53-56.

HORSÁK, M., JUŘIČKOVÁ, L., BERAN, L., ČEJKA, T., DVOŘÁK, L. (2010): Komentovaný seznam měkkýšů zjištěných ve volné přírodě České a Slovenské republiky. Malacologica Bohemoslovaca, Supplement 1: 1–37.

HUBENDICK, B. (1951): Recent Lymnaeidae. Their variation, morphology, taxonomy, nomenclature, and distribution. Kungliga Svenska Vetenskapsakademiens Handlingar Ser. 4, 3 (1): 1-223.

HUŇOVA, K., KAŠNÝ, M., HAMPL, V., LEONTOVYČ, R., KUBĚNA, A., MIKEŠ, L., HORÁK, P. (2012): Radix spp.: Identification of trematode intermediate hosts in the Czech Republic. Acta Parasitologica 57: 273-284.

JACKIEWICZ, M. (1988): Anatomy and taxonomic status of Lymnaea vulnerata (Küster 1862) (Mollusca, Gastropoda). Bulletin de la sociéte des amis des sciences et des letters de Poznan. Serie D, sciences biologiques 26: 125-28.

JACKIEWICZ, M. (1993): Die Mantelpigmentation als Diagnosemerkmal bei Schlammschnecken (Gastropoda, Pulmonata: Lymnaeidae). Malakologische Abhandlungen des Staatlichen Museums für Tierkunde Dresden 16(2): 165–172.

JACKIEWICZ, M. (1998): European species of the family Lymnaeidae (Gastropoda: Pulmonata: Basommatophora). Genus 9(1): 1–93.

JACKIEWICZ, M. (2000): Błotniarki Europy (Gastropoda:Pulmonata: Lymnaeidae). Vdawnictwo Kontekst, Poznan. 115 pp.

27

JACKIEWICZ, M., GERBER, J. 1990: Eine für die Bundesrepublik Deutschland neue Schlammschnecke: Lymnaea vulnerata Küster 1862 (Gastropoda: Pulmonata). Mitteilungen der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft 47: 1-5.

JACKIEWICZ, M., MEIER-BROOK, C. & MAS-COMA, S. (2001): European Lymnaeidae (Mollusca: Gastropoda), intermediate hosts of trematodiases, based on nuclear ribosomal DNA ITS-2 sequences. Infection, Genetics and Evolution 1(2): 85-107.

JOHNSON, P.D., BOGAN, A.E., BROWN, K.M., BURKHEAD, N.M., CORDEIRO, J.R., GARNER, J.T.,

HARTFIELD, P.D., LEPITZKI, D.A.W., MACKIE, G.L., PIP, E., TARPLEY, T.A., TIEMANN, J.S.,

WHELAN, N.V., STRONG, E.E. (2013): Conservation status of freshwater gastropods of

Canada and the United States. Fisheries 38(6): 247-282.

JUNGBLUTH, J. H. & VON KNORRE, D. unter Mitarbeit von BÖSSNECK, U., GROH, K.,

HACKENBERG, E., KOBIALKA, H., KÖRNIG, G., MENZEL-HARLOFF, H., NIEDERHÖFER, H.-J.,

PETRICK, S., SCHNIEBS, K., WIESE, V., WIMMER, W. & ZETTLER, M. L. (2009): Rote Liste der Binnenmollusken [Schnecken (Gastropoda) und Muscheln (Bivalvia)] in Deutschland. Mitteilungen der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft 81: 1-28.

KHOKHUTKIN, I. M., VINARSKI, M.V., GREBENNIKOV, M. E. (2009): The family Lymnaeidae (Gastropoda, Pulmonata, Lymnaeiformes). In: Molluscs of the Urals and the adjacent areas 1., Goshchitskiy Publishers, Yekaterinburg. 1-162 [in Russisch].

KONECNY R., MÜLLER D., BERGER B., PATZNER R. FIORAVANTI M., RICCI B., RYDLO M.

SATTMANN H. & P. JÄGER, (2010): I. Die Badedermatitis - parasitologische Untersuchungen von Schnecken als potentielle Wirte für die Erreger der Schistosomensomendermatitis. Land Salzburg Reihe Gewässerschutz 3: 98-107.

KRUGLOV, N. D. (2005): Lymnaeid snails of Europe and Northern Asia. Smolensk State Pedagogical University Press, Smolensk. 507 pp. [in Russisch].

KRUGLOV, N. D., STAROBOGATOV, Y. I. (1983): A contribution to the morphology and taxonomy of European representatives of the subgenus Peregriana (Lymnaea, Gastropoda, Pulmonata). Zoologichesky Zhurnal 62: 1462-1473. [in Russisch].

KRUGLOV, N. D., STAROBOGATOV, Y. I. (1984): Morphological peculiarities and taxonomy of Mollusca of the subgenus Corvusiana in the genus Lymnaea (Gastropoda Pulmonata Lymnaeidae). Byulleten’ Moskovskogo Obschchestva Ispytatelej Prirody. Otdel biologicheskiy 89(5): 58-70 [in Russisch].

KRUGLOV, N.D. & STAROBOGATOV, Y.I. (1993): Annotated and illustrated catalogue of species of the family Lymnaeidae (Gastropoda Pulmonata Lymnaeiformes) of Palaearctic and adjacent river drainage areas. Part I. Ruthеnica 3(1): 65–92.

LAKOVITZ, T., BRONMARK, C., NYSTROM, P. (2008): Tuning in to multiple predators: conflicting demands for shell morphology in a freshwater snail. Freshwater Biology 53: 2184–2191.

28

LECOINTRE, G., LE GUYADER, H. (2006): Biosystematik. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York. 696 S.

MAYR, E. (1967): Artbegriff und Evolution. Paul Parey, Hamburg, Berlin. 617 S.

LAWTON, S. P., LIM, R. M., DUKES, J. P., COOK, R. T., WALKER, A. J., KIRK, R. S. (2014): Identification of a major causative agent of human cercarial dermatitis, franki (Müller and Kimmig 1994), in southern England and its evolutionary relationships with other European populations. Parasites & Vectors 7: 277.

PATEL, S., SCHELL, T., EIFERT, C., FELDMEYER, B., PFENNINGER, M. (2014): Characterising a hybrid zone between a cryptic species pair of freshwater snails. Molecular Ecology 24 (3): 643-655.

PFENNINGER, M., CORDELLIER, M., STREIT, B. (2006): Comparing the efficacy of morphologic and DNA-based taxonomy in the freshwater gastropod genus Radix (Basommatophora, Pulmonata). BMC Evolutionary Biology 6(100): 1-14.

REES, W. J. (1965): The aerial dispersal of Mollusca. Proceedings of the Malacological Society of London 36: 269-282.

REISE, K., GLÖER, P. (2004): Limnische Molluskenfauna einer Nordseeinsel - verändert nach 40 Jahren. Heldia 6(3/4): 153-167.

SALISBURY, R., SCHNIEBS, K. (2009): A new species of Mitromica (Gastropoda: Costellariidae) from Yucatan Peninsula, Mexico. Mollusca 27(2): 143-148.

SCHNIEBS, K., GLÖER, P., GEORGIEV, D., HUNDSDOERFER, A.K. (2012): First record of Stagnicola montenegrinus Glöer & Pešić, 2009 (Mollusca: Gastropoda: Lymnaeidae) in Bulgaria and its taxonomic relationship to other European lymnaeids based on molecular analysis. North-Western Journal of Zoology 8(1): 164-171.

SCHNIEBS, K., GLÖER, P., GEORGIEV, D., HUNDSDOERFER, A.K. (2015): A molecular genetic evidence of the occurrence of the freshwater snail Radix lagotis (Schrank, 1803) (Gastropoda: Lymnaeidae) in Bulgaria. Ecologica Montenegrina 3(2015): 29-39.

SCHNIEBS, K., GLÖER, P., VINARSKI, M.V., HUNDSDOERFER, A.K. (2011): Intraspecific morphological and genetic variability in Radix balthica (Linnaeus, 1758) (Gastropoda: Basommatophora: Lymnaeidae) with morphological comparison to other European Radix species. Journal of Conchology 40: 657-678.

SCHNIEBS, K., GLÖER, P., VINARSKI, M.V., HUNDSDOERFER, A.K. (2013): Intraspecific morphological and genetic variability in the European freshwater snail Radix labiata (Rossmaessler, 1835) (Gastropoda: Basommatophora: Lymnaeidae). Contributions to Zoology 82(1): 55-68.

SCHNIEBS, K., GLÖER, P., VINARSKI, M.V., HUNDSDOERFER, A.K. (zum Druck angenommen): A barcode pitfall in Palaearctic Stagnicola specimens (Mollusca: Lymnaeidae): Incongruence of mitochondrial genes, a nuclear marker and morphology. North-Western Journal of Zoology.

29

SCHNIEBS, K., GLÖER, P., VINARSKI, M.V., QUIÑONERO-SALGADO, S., LOPEZ-SORIANO, J.,

HUNDSDOERFER, A.K. (in Vorbereitung): A new alien species in Europe: First record of freshwater snails of the Australasian genus Austropeplea Cotton, 1942 (Mollusca, Gastropoda, Lymnaeidae) from Spain.

SEIFERT, B. (2014): A pragmatic species concept applicable to all eukaryotic organisms independent from their mode of reproduction or evolutionary history. Soil organisms 86(1): 85-93.

SIEBER, N. (2014): Among- and within population variation in genome size of cryptic species in the genus Radix (Gastropoda). Diplomarbeit. ETH Zürich, eawag. 32 S.

SOES, D.M. (2014): First records of Stagnicola montenegrinus Glöer & Pešić, 2009 for the Republic of Macedonia. Lauterbornia 77: 185-188.

STADNICHENKO, A. P. (2004): Lymnaeidae and Acroloxidae of the Ukraine. Center of textbooks Kiev. 327 pp. [in Russisch].

STEMICH HUBER M. (1996): Heraklit: der Werdegang des Weisen. Bochumer Studien zur Philosophie. Bd. 24. B. R. Grüner, Amsterdam, Philadelphia. 282 S.

TURNER, H., KUIPER, J.G.J., THEW, N., BERNASCONI, R., RÜETSCHI, J., WÜTHRICH, M.,

GOSTELLI, M. (1998): Atlas der Mollusken der Schweiz und Liechtensteins. Fauna Helvetica 2. CSCF und SEG, Neuchâtel. 527 S.

VAN DER VELDE, G., VAN KESSEL, C.M. (1984): Anatomical evidence for the occurrence of Lymnaea (Galba) palustris (O.F. Müller, 1774) and L. (Galba) corvus (Gmelin, 1791) (Gastropoda: Lymnaeidae) in the Netherlands. Zoologische Mededelingen 58(22): 341-352.

VAN LEEUWEN, C.H.A., VAN DER VELDE, G. (2012): Prerequisites for flying snails: external transport potential of aquatic snails by waterbirds. Freshwater Science 31(3): 963-972.

VINARSKI, M.V. (2011a): A new species of stagnicoline snails (Mollusca: Gastropoda: Lymnaeidae) from the extreme North of Western Siberia. Zootaxa 2817: 55-58.

VINARSKI, M.V. (2011b): The “index of the copulatory apparatus” and its application to the systematics of freshwater pulmonates (Mollusca: Gastropoda: Pulmonata). Zoosystematica Rossica 20(1): 11-27.

VINARSKI, M.V., AKSENOVA, O.V., BESPALAJA, Y.V., BOLOTOV, I.N., SCHNIEBS, K., GOFAROV, M.

YU., KONDAKOV, A. V. (2016): Radix dolgini – The integrative taxonomic approach supports the species status of a Siberian endemic snail (Mollusca, Gastropoda, Lymnaeidae). Comptes Rendus Biologies 339: 24-36.

VINARSKI, M.V., SCHNIEBS, K., GLÖER, P., HUNDSDOERFER, A. K. (2011): The taxonomic status and phylogenetic relationships of the genus Aenigmomphiscola Kruglov and Starobogatov, 1981 (Gastropoda: Pulmonata: Lymnaeidae). Journal of Natural History 45(33-34): 2049-2068.

30

VINARSKI, M.V., SCHNIEBS, K., GLÖER, P., SON, M. O., HUNDSDOERFER, A. K. (2012): The steppe relics: taxonomic study on two lymnaeid species endemic to the former USSR (Gastropoda: Pulmonata: Lymnaeidae). Archiv für Molluskenkunde 141 (1): 67-85.

VINARSKI, M.V., SCHNIEBS, K., GLÖER, P., NEKHAEV, I.O., M. O., HUNDSDOERFER, A. K. (in Vorbereitung): Geography rather than morphology explains the genetic diversity within the Lymnaea stagnalis s. l. complex (Mollusca; Gastropoda; Pulmonata) in Eurasia.

WARD, P.I., GOATER, C.P., MIKOS, M. (1997): Shell variation in sympatric freshwater Lymnaea peregra and L ovata (Gastropoda: Lymnaeidae). Biological Journal of the Linnean Society 61: 139–149.

WULLSCHLEGER, E.B., WIEHN, J., JOKELA, J. (2002): Reproductive character displacement between the closely related freshwater snails Lymnaea peregra and L. ovata. Evolutionary Ecology Research 4: 247-257.

ZETTLER M. L., JUEG U., MENZEL-HARLOFF H., GÖLLNITZ U., PETRICK S., WEBER E. &

SEEMANN R. (2006): Die Land- und Süßwassermollusken Mecklenburg-Vorpommerns. Obotritendruck, Schwerin. 318 S.

31

8 Publikationen In der Originalschrift der kumulativen Dissertation sind in den Unterkapiteln 8.1 und 8.2 die zugehörigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen beigefügt, die hier aus urheberrechtlichen Gründen nur genannt werden.

8.1 Zur Gattung Radix

8.1.1 SCHNIEBS, K., GLÖER, P., VINARSKI, M.V., HUNDSDOERFER, A.K. (2013): Intraspecific morphological and genetic variability in the European freshwater snail Radix labiata (Rossmaessler, 1835) (Gastropoda: Basommatophora: Lymnaeidae). Contributions to Zoology 82(1): 55-68.

8.1.2 SCHNIEBS, K., GLÖER, P., GEORGIEV, D., HUNDSDOERFER, A.K. (2015): A molecular genetic evidence of the occurrence of the freshwater snail Radix lagotis (Schrank, 1803) (Gastropoda: Lymnaeidae) in Bulgaria. Ecologica Montenegrina 3(2015): 29-39.

8.2 Zur Gattung Stagnicola

8.2.1 SCHNIEBS, K., GLÖER, P., GEORGIEV, D., HUNDSDOERFER, A.K. (2012): First record of Stagnicola montenegrinus Glöer & Pešić, 2009 (Mollusca: Gastropoda: Lymnaeidae) in Bulgaria and its taxonomic relationship to other European lymnaeids based on molecular analysis. North-Western Journal of Zoology 8(1): 164-171.

8.2.2 SCHNIEBS, K., GLÖER, P., VINARSKI, M.V., HUNDSDOERFER, A.K. (zum Druck angenommen): A barcode pitfall in Palaearctic Stagnicola specimens (Mollusca: Lymnaeidae): Incongruence of mitochondrial genes, a nuclear marker and morphology. North-Western Journal of Zoology.

32

Danksagung Ich danke Herrn Prof. Dr Uwe Fritz (SNSD) für die großzügige finanzielle Unterstützung bei den molekulargenetischen Analysen, ohne die die vorliegende Arbeit in diesem Umfang nicht möglich gewesen wäre. Frau Anke Müller (SNSD) danke ich, dass sie mich in die Arbeit im DNA-Labor eingeführt und stets, wenn das notwendig war, mit Rat zur Seite gestanden hat. Dem gesamten Team der technischen Angestellten des DNA-Labors der SNSD (Frau Anke Müller, Frau Anja Rauh, Herrn Dr. Christian Kehlmaier) danke ich für das Einbringen meiner Proben in das Sequenzierungsgerät und die Übermittlung der Resultate, gelegentliche Hilfen bei der Nutzung der technischen Geräte und die gute Zusammenarbeit. Frau Dr. Anna Hundsdörfer (SNSD) danke ich für ihre Einführung in die Auswertungsmethoden für die molekulargenetischen Analysen, die wertvollen Hinweise zur Verbesserung der Manuskripte sowie die notwendigen Englisch-Korrekturen für die Publikationen. Außerdem bedanke ich mich bei Herrn Dr. Maxim V. Vinarski (Staatliche Pädagogische Universität Omsk) und Herrn Peter Glöer (Hetlingen) für die kollegiale Zusammenarbeit bei der Erforschung der Lymnaeidae und den regen Austausch von interessantem Belegmaterial. Für die Unterstützung beim Sammeln von Belegmaterial danke ich Herrn Dr. André Reimann (SNSD), Frau Dr. Nicole Schröder-Rogalla (München), Frau Susanne Thiel (München), Frau Andrea Pohl (Dresden), Frau Gudrun Rutsch (Dresden) und Frau Christa Schniebs (Oelsnitz/Erzgebirge). Für Materialschenkungen, die für die vorliegenden Publikationen verwendet wurden, bedanke ich mich außerdem bei Herrn Dr. Michael L. Zettler (Leibnitz Institut für Ostsee- Forschung Warnemünde), Herrn Prof. Dr. Vladimir Pešić (Universität von Montenegro), Herrn Robert Haldemann (Strausberg), Herrn Michael Korn (SNSD), Herrn Christoph Oberer (Naturhistorisches Museum Basel), Herrn Holger Menzel-Harloff (Wismar), Herrn Dr. Federico Marrone (Universität von Palermo), Herrn Yuta Morii (Tohoku Universität), Herrn Willy de Mattia (Muggia), Herrn Dr. Christian Albrecht (Justuts Liebig Universität Gießen), Herrn Dr. Alfried V. Karimov (Staatliche Pädagogische Universität Omsk), Herrn Dr. Vitaliy Anistratenko (Zoologisches Institut der Akademie der Wissenschaften der Ukraine Kiev), Frau Kateřina Huňova (Prag), Herrn Dr. Dilian Georgiev (Universität Plovdiv), Herrn Uwe Jueg (Ludwigslust), Herrn Eric Gallerne (Leguevin), Herrn Dr. Ulrich Bößneck (Erfurt), Frau Dr. Heike Reise (SMNG), Frau Dr. Ira Richling (Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart), Herrn Gerhard Falkner (Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart), Herrn Prof. Dr. Robert Patzner (Universität Salzburg), Gianbattista Nardi (Nuvolera), Ivano Niero (Spinea) und Antonio Braccia (Brescia). Und ich danke natürlich auch Frau Professor Dr. Mechthild Roth ganz herzlich für ihre Betreuung.

33

Erklärung

1. Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als diese kenntlich gemacht.

2. Bei der Herstellung des die Publikationen verbindenden Teils des Manuskriptes habe ich keine Unterstützungsleistungen anderer Personen in Anspruch genommen. Lediglich für die englische Übersetzung der Zusammenfassung habe ich zum Teil die Übersetzungshilfe von Google im Internet verwendet. Ich versichere hiermit, dass die Ideen zu den Manuskripten zu den vorgelegten Publikationen von mir stammen sowie diese zum größten Teil von mir erarbeitet wurden (molekulargenetische und morphologische Untersuchungen [lediglich das Einbringen der Proben in das Sequenzierungsgerät wurde vom technischen Personal des DNA-Labors der SNSD ausgeführt] sowie die dazugehörigen Auswertungen). Wesentliche Beiträge von meinen Koautoren bzw. anderen Kollegen zu den Manuskripten sind:

SCHNIEBS et al. 2012 Abb. 1 (Stanislava Vassilieva, Universität Plovdiv) Englisch-Korrekturen (Dr. Anna Hundsdörfer)

SCHNIEBS et al. 2013 Haplotypennetzwerk des Mitochondriengens Cytochrom b (Dr. Anna Hundsdörfer) Abb. 4,5,6,7,8 (Peter Glöer) Englisch-Korrekturen (Dr. Anna Hundsdörfer, Dr. John M. C. Hutchinson, Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz)

SCHNIEBS et al. 2015 Abb. 3 (Dr. Dilian Georgiev, Universität Plovdiv) Englisch-Korrekturen (Dr. Anna Hundsdörfer)

SCHNIEBS et al. (in Druck) Abb. 1 (Peter Glöer) 2 Phylogenetische Analysen mit Hilfe von TNT und entsprechender Text im Kapitel Material und Methoden (Dr. Ian J. Kitching, Natural History Museum, London) Verbreitung von S. palustris im Kapitel Diskussion (Peter Glöer und Dr. Maxim V. Vinarski) 34

Englisch-Korrekturen (Dr. Anna Hundsdörfer)

3. Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe eines kommerziellen Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen.

4. Die Arbeit wurde bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde zum Zwecke der Promotion vorgelegt und ist – sofern es sich nicht um eine kumulative Dissertation handelt – auch noch nicht veröffentlicht worden.

5. Sofern es sich um eine kumulative Dissertation gemäß § 10 Abs. 2 handelt, versichere ich die Einhaltung der dort genannten Bedingungen.

6. Ich bestätige, dass ich die Promotionsordnung der Fakultät Umweltwissenschaften der Technischen Universität Dresden anerkenne.

Dresden, den 21.09.2016

Dipl.-Biol. Katrin Schniebs

35