Reliefgeschichte Und Paläoklima Des Saharischen Ost-Niger
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GR 41 (1989) H.9 493 Reliefgeschichte und Paläoklima des saharischen Ost-Niger Roland Baumhauer, Detle! Busche, Barbara Sponholz Der größte Teil des zentral saharischen Reliefs ist unter dem Einfluß nicht-arider Klimate gebildet worden. Andererseits gab es im Pleistozän äolisch geprägte aride Phasen, die extremer als heutige gewesen sind. Der Kenntnisstand zur Relief geschichte erlaubt es, daraus die Grundzüge der Klima geschichte eines großen Teils der südlich-zentralen Sahara abzuleiten. eit 1977 hat eine Arbeitsgruppe des S geographischen Instituts der U ni versität Würzburg unter der Lei tung von H. Hagedorn im Osten der Foto 1: Bis über 2 km weit ins 300 m tiefere Vorland geglittene große Republik Niger geomorphologisch gear Rutschungsschollen am Westrand des Murzuk-Beckens, Süd-Libyen beitet. Ausgehend von den Arbeiten der Die obere Scholle liegt fast 100 m unter der Trauf. Aufbeiden Niveaus dieselbe Silcrete-Decke des Miozän. Die Forschungsstation Bardai im Tibestige Rutschungen sind nach den ersten relativ ariden Phase unter erneut sehr feuchtem Klima an der Wende birge in den Jahren 1964-1974 (Jäkel Pliozän/Pleistozän abgegli tten. 1982) und französischen Vorarbeiten konnte dabei u. a. nachgewiesen werden, daß der größte Teil des Reliefs unter nicht-ariden Klimaten gebildet worden ist, daß es aber im Pleistozän auch Zeiten gegeben hat, in denen die als arid einzu stufende Windreliefbildung ausgeprägter als heute gewesen ist. Der erste Teil dieser Aussage wirkt heute fast banal. Es ist aber gerade erst 30 Jahre her, daß nach den damaligen Feldbefunden aus der Se rir Tibesti die zentrale Sahara als eine von Klimaschwankungen ausgenommene Kernwüste eingestuft wurde (Meckelein 1959). Die Kenntnisse reichen heute aus, mit Hilfe der Reliefgeschichte die Umrisse der Klimageschichte dieses Raumes zu zeichnen, zwar ohne die zeitliche Auflö• sung oder Kontinuität der Klimainfor mation, die aus den vor der westafrikani schen Küste gezogenen Tiefseebohrker nen abgeleitet worden ist (u. a. Tiedemann et al. 1989), dafür aber gewichtet, denn im Relief sind nur ausgeprägte Klimazustän• Foto 2: Über 200 m hohe Inselberge aus kambrischem Sandstein am Boden der de oder -änderungen gespeichert. Außer• Stufenfußdepression von Orida am SW-Rand des Djado-Plateaus, überwiegend im dem ist sie ein Beitrag zur Regionalisie Pliozän entstanden. rung der Klimageschichte. Gerade die Rechts das durch Verwitterung erweiterte Portal einer der zahlreichen Sandsteinkarsthöhlen. 494 R. Baumhauer, D. Busche, B. Sponholz: Reliefgeschichte des saharischen Ost-Niger reaktions- und erhaltungs bedingte, gene Abspülung, die auch Teile der gebleichten Rand der Ausraumzonen und in intra ralisierte Klimainformation aus dem Re Sandsteine erfaßte, muß mit einer starken montanen Becken getreppte Sandstein lief dürfte in Zukunft die Korrelation mit Degradation der Vegetation verbunden hänge aus. Insbesondere ein ausgedehn den stärksten und damit am ehesten über• gewesen sein. Arid wurde das Klima tes Hauptniveau auf etwa halber Höhe - regional gültigen Signalen aus den in ca. jedoch nicht, nach Ausweis fehlender örtlich von kleinen Inselbergen bestan 3000 km Entfernung genommenen Tief Evaporite im Continental terminal und den und tektonische Strukturen kappend seekernen ermöglichen und zu deren Er der sich anschließenden Phase der Silcre - zeigt, daß bei der weiteren Eintiefung klärung beitragen. te-Bildung. Am ehesten ist der Übergang die Petrovarianz wichtiger wurde, die für Umgekehrt zeichnet sich die Möglich• zu einem wechsel feucht-tropischen die chemische Verwitterung notwendige keit ab, mit den Tiefseedaten das in allen Klima anzunehmen. Feuchtigkeit abnahm. Das Relief der Abtragungsregionen unbefriedigende Felspedimente, das sich am Ende dieser Zeitgerüst für Ost-Niger zu verbessern. Die miozän-pliozäne Entwicklung: Entwicklung an den Stufen- und Insel So läßt sich wahrscheinlich der erste Silcrete, Silikatkarst, Stufenbildung bergfüßen bildete, zeigt, daß Verwitte bedeutende Umbruch zum Ariden, der Die heutigen Dachflächen der Schicht rungsbasisfläche und Abspülungsfläche sich in der Umgestaltung S-förmiger -sJufenlandschaft von Nordost-Niger, die immer dichter aneinandergerückt waren. Hangprofile zum übers teilten Relief der . Reste der "African Surface", unterschei- Ein Grund für die abnehmende Feuchtig heutigen Stufenhänge ausgewirkt hat, mit den sich von der flachwelligen Tenere keit dürfte gewesen sein, daß die Küsten• Hilfe des frühesten Bohrkernsignals für Rumpffläche im Stufenfußniveau nicht linien sich gegen ihre heutige Position aride Bedingungen zwischen 3,1 und 2,6 nur durch ihr~ extre~EjJ~nheit, sondern verschoben und die Kontinentalität der Mio. Jahre annehmen. Daß es danach auch durch eine bis 3 m tief greifende Region zunahm. noch einmal eine bedeutende, wenn auch quarzitharte Verkieselung der ansonsten vielleicht nur kurze Feuchtzeit gegeben mürben Sandsteine (Busche 1983). hat, zeigt sich in den großen Rutschungen Während bis in die 60er Jahre diese als (vgl. Foto 1), die überall in der Sahara Silcrete bezeichneten Krusten als aride vorkommen, deutlicher als in den Bohr Bildungen angesehen wurden, erscheint kerndaten. es heute sicher, daß es sich um Ausfällun• Um einen Eindruck von der Spann gen von Kieselsäure im oberflächenna• weite der Klimaentwicklung zu geben, hen Grundwasserbereich, in warm-feuch wird trotz aller unvermeidbaren Verein tem Milieu und bei sehr schlechter Drai fachung die Gesamtentwicklung vom frü• nage handelt (vgl. Langford-Smith 1978). hen Tertiär bis zum Holozän in ihren An die Zeit der oberflächen nahen Anrei wichtigsten Schritten umrissen. Für Ein cherung, wobei Trockenzeiten durch ho ,...-. Schichstufenhänge zelheiten der Beweisführung muß auf die hen Grundwasserstand abgepuffert wur ~ Schichtstufen hänge mit Rutschungen zitierte Literatur verwiesen werden. den, muß sich eine deutlich trockenere -=-=--= Verkarstete Silcrete - Plateaus Phase angeschlossen haben, wahrschein Die eozän-oligozäne Entwicklung: Tiefen lich erstmals semi-arid, in der die Aushär• 5 Silcrete verwitterung und Continental Terminal tung zum Silcrete erfolgte. ~ Inselberge mit Karst Für den Geomorphologen, der die büdel• Eine Rückkehr zu feuchterem Klima j// / Regionen vorherrschender Wind schen Vorstellungen zur Flächenbildung manifestiert sich im Entstehen eines aus '// / korrasion a. Büdel 1977), ergibt sich geprägten ober- -und unterirdischen K- Plelstozqne KUffs (mit Hinweis auf akzeptiert (u. Lokalität) allein daraus, daß die_faßbare Reliefge Karstformenschatzes, der sich in völlig schichte der zentralen Sahara mit einer "karbonatfreien Sandsteinen und Eisen • ~'.'. Prä- Acheulterrasse und Mittelterrasse ~ Stufenfußdepressionen mit Seebildun ausgedehnten Rumpffläche beginnt (u. a. Krusten bis zur Wende Tertiär/Quartär ~ gen im Jungpleistozän und Holozän Busche 1983), daß das Klima zu jener Zeit weltereniwickelt hat (Busche und Erbe zumindest wechselfeucht-tropisch gewe 1987, Busche und Sponholz 1988; vgl. Prä - acheutzeitliche Schwemmfächer Regionen mit interdünären Seebildun- ~en ist. Die nahezu vollständige, bis über Foto 2). In Karsthöhlenauskleidungen gen im Frühholozän un~ interdünären 300 m in die Tiefe greifende Bleichung aus der Endzeit ihrer Bildung wurden See-I Sumpfbildungen Im Mittel I 1111 Spätholozän dieses Teils der African Surface (vgl. Gel Phosphoranreicherungen bis zu :L Zugehörige Schilfsumpffldche let 1971), bei der nahezu alle Nichtquarz 30 Gew. % im Bindemittel und aufkorro .lI::.... der nördt. Tenere bestandteile der Sandsteine abgeführt dierten Quarzkörnern eingekieselte Mi Rezent aktive Dünengebiete wurden, zeigt sogar, daß das Klima ex kroorganismen gefunden. Beides weist Rezent fixierte Dünen des "erg ancien" trem feuchttropisch gewesen ist. Faure auf die Mitwirkung biochemischer Pro und "erg recent" (1966), von dem die umfassende Darstel zesse am Lösungsgeschehen hin, wie sie in -,""":::, Episodisch abkommende Wadis lung der Geologie von Ost-Niger stammt, vegetationsbestandenen, versumpften N Neolithi sehe Siedlungsplätze leitete ein solches Klima aus dem fast Poljen und flachen Lösungsdolinen unter At Siedlungsplätze des Aterien ausschließlichen Lösungsaustrag - ~ußer humidem Klima ablaufen konnten. von Eisen - in das südlich angrenzende Verbunden mit der Hebung von Hog A Siedlungsplätze des Acheul Meeresgebiet zu jener Zeit ab, die dem ~ar und Tibesti seit ca<: 10 Mio. Jahren Aa Siedlungsplätze des Altacheul weltweit nachgewiesenen eozänen bildete sich in weniger verkarsteten Ge ,0000 Laterit-"Event" (u. a. Prasad 1985) zuzu bieten erstmals ein konsequentes Netz 7500.tf.15000 Verfügbare Radiocarbondaten ordnen ist. v9n Kastentälern aus, das bei zunehmen ~5 Anzahl der 14-C- Datierungen Der nächste Klimahinweis ergibt sich der Bedeutung unterschiedlicher Verwit 10000 daraus, daß die Rotlehmdecken, die auf terbarkeit der Gesteine in ein subsequen dieser Rumpffläche existiert haben müs• tes System umgebaut wurde. Dies ge 5~2 Höhenangaben In Metern ü. NN sen, fehlen. Sie finden sich als korrelate schah jedoch nirgends in Form enger "siderolithische Fazies", als Eisenhori Täler, sondern in breiten Ausraumzonen 25 50 75 l00km zonte, an der Basis des sogenannten Con durch Flächenbildung. tinental terminal von Südost-Niger. Die Vor allem dort, wo tonige Gesteine im Abb. 1: Paläo-Geomorphologie in das frühe Oligozän gestellte starke Untergrund fehlten, bildeten sich am von Ost-Niger GR 41 (1989) H.9 495 Andererseits war die Flächenbildung aJs Pendant