8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013) Die Besprechung Rezensionsdienst – Bücher, CDs, CD-ROMs, DVDs unter die Lupe genommen

Der Herausgeber und hand von aktuellen Fotos deren Standort für die Geschichte Nachwelt bzw. die Bevölkerung von heute fest- Chefredakteur spricht gehalten. Schade ist nur, dass inzwischen viele der Gebäude oder auch der Bierkeller nicht Wie Sie dem Lay- mehr existieren oder in Bälde (Brauerei Wiendl) out bereits entnehmen der Spitzhacke zum Opfer fallen. Aber wenig- können, ist „Die Be- stens sind zu vielen fotografische Dokumente in sprechung“ nun etwas dem Buch abgedruckt, so dass man sich einen anders. Das hängt da- passablen Eindruck verschaffen kann. mit zusammen, dass Vielleicht wächst in der Zukunft ja eine Ge- jetzt nicht mehr der neration heran, die wieder mehr Interesse an gute alte Pagemaker solchen Themen zeigt und vielleicht sogar – wie als Programm zur Ge- es andernorts ja klappt – ein eigenes Bier in ei- staltung dient, sondern ner kleinen Genossenschaftsbrauerei herstellen dessen Nachfolger bei lässt. Das wäre doch ein Ziel zur 1150-Jahrfeier Adobe „Indesign“. des Marktes Beratzhausen im Jahr 2016! Markus Bauer Und mit diesem Umstieg bzw. Aufstieg ha- ben sich auch die Personen und die Rahmen- bedingungen geändert, die mit der Herstel- lung der Zeitschrift zu tun haben. Daher gilt mein Dank ganz besonders Gabriele Riepl, die vor allem bei der Bildbearbeitung (Rahmen, Schärfe, Kontraste etc.) und beim Endlayout in diesen Pagemaker-Jahren dieses Projekt tat- kräftig unterstützt hat. Mit der Umstellung auf das neue Programm liegt die gesamte Gestal- tung nun in den Händen von Christian Resch- ke, Mediengestalter (Grafik und Layout) beim Tangrintler Medienhaus. Ihm und auch Chef Stefan Mirbeth gilt mein Dank für die pro- blemlose Bearbeitung dieses meines Projektes Elisabeth Spitzenberger / Arthur Schreyer im Medienhaus. / Dieter Schwaiger: Bierkeller im Markt Be- ratzhausen. Eine Dokumentation. Beratz- hausen 2012. Eigenverlag der Autoren. 66 „Alle Jahre wieder“ heißt eines der be- Seiten. - Nur beschränkte Auflage. kanntesten Weihnachtslieder – und man könnte fortsetzen „kommt ‚Die Besprechung‘ raus“. Ich Im nun zu Ende gehenden Jahr 2013 waren gebe es zu: Vom vorliegenden Material und von es 530 Jahre, dass für den heutigen Markt Be- den vergebenen Büchern her wäre eine zweite ratzhausen erstmals ein Brauhaus urkundlich Ausgabe möglich gewesen. Doch leider – und erwähnt wird. Doch leider wird es im kommen- da nehme ich mich auch gar nicht aus – stan- den Jahr 2014 schon wieder 20 Jahre her sein, den dann doch lange einige Rezensionen aus. dass mit der Brauerei Wiendl („Englbräu“) die Und der Faktor „Zeit“ ist, zumal wenn ein sol- letzte Braustätte dicht machte. 511 Jahre Bier- ches Projekt ohne Honorar und in der Freizeit und Braugeschichte, die inzwischen dank ei- gestemmt wird, ebenfalls immer ein Hemm- niger engagierter Heimatforscher dokumentiert schuh. Mir persönlich fehlen zudem – im Ge- sind. Christine Riedl-Valder (Hg.): 750 Jahre Burg gensatz zu früher – die längeren Zugfahrten, Neben zwei fundierten Beiträgen von Dieter Ehrenfels in Beratzhausen. Mit Beiträgen von Andreas Boos, Artur Dirmeier, Thomas Dürr, wo man dann zwei oder drei Bücher lesen Schwaiger in heimatkundlichen Zeitschriften Manfred Jehle, Isabel Käser, Thomas Riedel, konnte. Heute reicht die Zeit bei Bahnfahrten hat dieser zusammen mit der Beratzhausener Christine Riedl-Valder, Joachim Zeune. Heraus- allenfalls zur Lektüre lange aufgeschobener Ortsheimatpflegerin Elisabeth Spitzenberger gegeben im Auftrag des Marktes Beratzhau- Zeitungsartikel oder von auf die Seite gelegter und dem Bierkeller-Forscher Arthur Schreyer sen, Schriftenreihe – Band 8 (Broschur). Kal- Zeitschriften. Und das zur Lektüre mitgenom- eine Zusammenstellung der früheren örtlichen lmünz 2012. Verlag Laßleben. 207 Seiten. mene Buch wird am Ende der Dienstreise un- Bierkeller vorgelegt – mit viel Kartenmateri- ISBN-Nr.: 978-3-7847-1213-0; 14,95 Euro gelesen wieder aus der Tasche gekramt. al, Grafiken, Planskizzen und Bildern. Daraus wird ersichtlich, wo die Wirte, die im früheren Die vorliegende, 207 Seiten starke Buch ist – Aber solange die Zeitschrift, auch wenn sie Kommun- bzw. Gesellschaftsbrauhaus ihr Bier verspätete – Festschrift und Zusammenfassung nur einmal pro Jahr erscheint, immer auf posi- produzierten, dieses gelagert hatten. Denn rich- eines Symposiums zugleich. 2006 beging der tive Resonanz stößt, geht’s weiter. Einige Rück- tige Kühlräume im Umfeld der Brauereien gab Markt Beratzhausen das – nachweisliche - 750- meldungen von Lesern sind in der Zeitschrift es ja erst später. Natürlich wird im Kontext der jährige Bestehen der einst stattlichen Burg Eh- auch abgedruckt. Bierkeller auch deutlich, welche Wirte im Ge- renfels, die heute leider nur noch in Fragmenten sellschaftsbrauhaus ihren Gerstensaft herstell- als Ruine erhalten ist. In einer Urkunde vom 25. Ich darf viel Freude beim Lesen wünschen ten, welche Kellerwirtschaften es gab – kurzum April 1256 wurde die Festung erstmals erwähnt. und natürlich ein gesegnetes Weihnachtsfest wichtige Aspekte zur Brauereigeschichte. Dass Die hochmittelalterliche Adelsburg westlich und alles Gute für das Jahr 2014, in dem es nebenbei etwa, wenn man sich in den Ortsplan von Beratzhausen ist eine der bedeutenderen dann ja vielleicht einmal wieder zwei Ausga- von 1830 vertieft, auch so manche Informati- von rund 80 im Landkreis Regensburg. Die ben geben könnte – wenn die o.g. Faktoren sich onen über die Sozialstruktur und ggf. alteinge- Publikation stellt Forschungsergebnisse dar, bessern. sessene Beratzhausener offenkundig werden, ist die im November 2006, dem Jubiläumsjahr, ein schönes Nebenprodukt. im Rahmen eines Symposiums der Öffentlich- Markus Bauer Die drei Autoren haben äußerst akribisch die keit präsentiert wurden. Der erste Eindruck Bierkeller und Braustätten lokalisiert und an- ist tatsächlich der einer Festschrift, leiten doch Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013)

Grußworte von Landrat Herbert Mirbeth, Bür- Denkmal vor der Rettung oder vor dem Unter- Deutschland 21,3 Prozent und Österreich so- germeister Konrad Meier und Kulturreferent gang?“ In diesem Rahmen erläuterte man auch gar „nur“ 11,5 Prozent auf. Das widerspricht Michael Eibl zum Thema hin. (Die sonst un- Möglichkeiten zur Sanierung der Burgruine, der Legende vom „kriegerischen Deutschland“. vermeidliche, in allgemeinen Festschriften üb- die - einst stattliche Festung mit sieben Türmen Der Titel „Der Anfang vom Ende des alten liche Werbung hingegen fehlt gottlob). Auf den - seit dem 16. Jahrhundert dem Verfall anheim Europa“ ist zutreffend gewählt, Denn bis zum zweiten Blick aber liegt ein engagiertes wissen- gegeben ist. Auch diese Veranstaltung findet Ersten Weltkrieg waren Kriege, auch Präventiv- schaftliches Werk von versierten Autoren vor. hinreichend Erwähnung in dem Buch. kriege, gemäß dem bekannten Militärtheoreti- Eingangs dreht sich alles um die Grundlage des Mit der Publikation „750 Jahre Burg Ehrenfels ker Carl von Clausewitz (1780-1851), Fortset- Jubiläums, die Urkunde von 1256, die in zwei in Beratzhausen“ liegt ein ambitioniertes Werk zung der Politik mit anderen Mitteln (bei einer Beiträgen von Isabel Käser/Artur Dirmeier und vor, mit gut lesbaren Beiträgen, wenn auch die Großmacht leider immer noch üblich, Anm. Christine Riedl-Valder übersetzt und detailliert obligatorischen Fußnoten und Quellenverweise des Autors). Auch während des Krieges setzte beschrieben wird. Der Hauptteil der Publika- – notwendigerweise oder nicht (?) – teilweise der Reichskanzler Theobald von Bethmann tion widmet sich den Forschungsbeiträgen. sehr ausführlich sind. Hilf- und aufschlussreich Hollweg (1856-1921) im Gegensatz zur Ober- Manfred Jehle legt die Bedeutung Beratzhau- sind die zahlreichen Fotos und Abbildungen. sten Heeresleitung und seinem Gegenspieler sens und des Adelsgeschlechts der Ehrenfelser Generell erfährt der Leser außerordentlich viel in der Flottenfrage, Alfred von Tirpitz (1849- dar. In weiteren Aufsätzen wird die Historie über die Vergangenheit des Marktfleckens im 1930), nie auf Siegfrieden. Ein Novum in der der Burg (von Andreas Boos) sowie deren Bau- Tal der Schwarzen Laber. Für jeden Beratzhau- Geschichte war die Kriegsschuldfrage als „ius geschichte (Autor: Joachim Zeune) erläutert. sener und heimatgeschichtlich Interessierten ad bellum“ und Schuld im Kriege (Kriegsver- Das nachfolgende Referat von Thomas Riedel sollte „750 Jahre Burg Ehrenfels“ ein Muss sein. brechen) „ius in bello“. Diese Fragen tauchen widmet sich der wohl berühmtesten Beratzhau- Sabine Tischhöfer dann wieder nach dem Zweiten Weltkrieg in senerin, Argula von Grumbach, geborene Stauff den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen von Ehrenfels, eine streitbare Reformatorin. In auf. einem, dem ersten Anschein nach aus dem Rah- Zum ersten Mal wurde gemäß Versailler men fallenden, „exotischen“ Beitrag beleuchtet Vertrag ein ganzes Volk der Kriegsschuld be- Thomas Dürr „mittelalterliche Instrumente zichtigt, um damit die finanziellen Ansprüche und ihre Spieltechnik“. In einer die Jubiläums- der Siegermächte gegen Deutschland zu be- feierlichkeiten begleitenden Ausstellung prä- gründen. David Lloyd George (1863-1945), sentierte man ein großes Spektrum von „Klang- englischer Ministerpräsident, hält auch das erzeugern“ von den Anfängen bis ins späte deutsche Volk dafür verantwortlich, „denn die Mittelalter. So ist der Bezug wieder hergestellt, Völker müssen wissen, dass sie nicht ungestraft denn sicher wurde einst auch auf der stolzen einen Krieg anfangen dürfen!“ (Zitat aus einer Burg des Adelsgeschlechts derer von Ehrenfels Veröffentlichung des Militärgeschichtlichen musiziert. Christine Riedl-Valder – in ihren Forschungsamtes). Diese Reaktion seitens der Händen lag die Konzeption und Organisation Siegermächte scheint verständlich, wenn man des Symposiums und der Ausstellung „750 Jah- die bisher noch nie dagewesene Brutalität des re Herrschaft Ehrenfels“ - verfasste die nach- Ersten Weltkrieges betrachtet, verursacht durch folgende ausführliche und übersichtlich geglie- neue Waffen, wie beim Heer das Maschinen- derte Abhandlung. Hier listet sie, unterlegt mit gewehr, Giftgas und Tanks, das Auftreten von erläuternden Abbildungen, die Chronologie der Luftstreitkräften und U-Boote der Marine, mit geschichtlichen Ereignisse im Zeitraum vom 13. nie vorher gekannter tödlicher Wirkung. Auch bis zum 16. Jahrhundert auf, die Feste Ehrenfels die Zivilbevölkerung gehörte nun zu den Op- betreffend bzw. tangierend. Abschließend do- fern. Fenske zeigt im Hinblick auf den Versailler kumentiert Riedl-Valder die Veranstaltungen Vertrag als dem verhängnisvollstem Dokument zur 750-Jahr-Feier mit Ausstellung, Symposi- des 20. Jahrhunderts die Befürchtung auslän- um, Festabend und Kindernachmittag. Im Jahr discher Diplomaten auf, dass dadurch die Ge- 2008 widmete sich zusätzlich der Denkmaltag fahr eines neuen Krieges heraufbeschworen am zweiten Sonntag im September dem The- wird. Theodor Heuß (1884-1963), der erste ma Burg Ehrenfels und der Fragestellung: „Ein deutsche Bundespräsident, schreibt bereits im Jahre 1932 in seinem Buch „Hitlers Weg“: „Der Ursprungsort der NSDAP ist Versailles, Hans Fenske: Der Anfang vom Ende des Leserstimmen – Feedback 2012 nicht München“, wo die NSDAP gegründet alten Europa. Die alliierte Verweigerung von wurde. Der Zweite Weltkrieg entzündete sich Friedensgesprächen 1914 - 1919. München Danke für die Zusendung der Rezensionen. 2013. Olzog-Verlag. ISBN 978-3-7892-8348- dann auch an der Stellung Danzigs und an der Da sind immer auch interessante theolo- 2. 144 Seiten. 19,90 Euro. 1919 vorgenommenen Grenzziehung zwischen gische Bücher mit dabei! Deutschland und Polen. Pfarrer Heinz Weber Das o.a. Buch habe ich aufmerksam gelesen. Als ehemaliger Stabsoffizier der Bundeswehr Gleich zu Beginn kam bei mir die Meinung auf, Oberstleutnant - Jahrgang 1941 - habe ich mich Ich habe so auf die letzte Minute noch eine ich hätte es hier mit rechtslastiger Literatur zu sowohl von Berufs wegen, als auch aufgrund gute Idee für ein Weihnachtsgeschenk be- tun, aber ich musste meine Meinung dazu än- des Interesses für Geschichte, insbesondere kommen. Bärbel Heinz dern. Kriegsgeschichte, mit dieser Materie beschäf- Autor Hans Fenske, von 1977 bis 2001 Pro- tigt. Während meiner Ausbildung zum Offizier Ich finde, auch diesmal enthalten sie viele fessor für Neue und Neueste Geschichte an der haben wir damals 1965 auf der Offiziersschule wertvolle Tipps. Gabi Traurig Universität Freiburg i.Br., beschreibt prägnant I in Hannover im Fach Kriegsgeschichte auch in Kürze, aber doch detailliert die Friedensbe- den Vertrag von Versailles behandelt. Aller- Deine Rezensionen sind immer recht inte- mühungen von deutscher Seite vor, während dings hörten wir kaum etwas über die deut- ressant, besonders das Buch von dem tsche- des Ersten Weltkrieges und die Kriegsschuld- schen Friedensbemühungen. Lediglich die chischen Pfarrer Halik. Ludwig Haindl frage gem. Art. 231 des Versailler Vertrages von Kriegsschuldfrage wurde knapp angerissen und 1919. Er zitiert u.a. Axel C. Drolsum von der dabei hervorgehoben, dass zum ersten Mal in Du hast ja da mächtig viel Arbeit. Hochin- Universität Oslo, „dass sich Deutschland 1914 der Geschichte einem Volk in seiner Gesamt- teressant! Joseph Karl als die einzige Macht ehrlich und nach allen heit die Schuld zugewiesen wurde. Auch in der Kräften unaufhörlich für den Frieden bemüht von der Bundeswehr selbst herausgegebenen Es ist bewundernswert, dass Du für die Re- hat. Seine Friedensbestrebungen scheiterten an Literatur, wie z.B. „Information für die Trup- zensionszeitschrift Zeit findest. dem Kriegswillen der anderen Mächte.“ Europa pe“ usw. lag der Schwerpunkt auf dem militä- Dr. Karl Kick ist also nicht einfach in diesen Krieg „hinein- rischen Geschehen. In späteren Jahren wurde in geschlittert“, auch wenn dem ersten Eindruck der Offiziersausbildung noch als Arbeits- und Ich hab sie eben durchgelesen – sehr interes- nach Kriegsbegeisterung auf beiden Seiten vor- Quellenbuch „Grundzüge der deutschen Mili- sante Bücher und Gedanken. Auch aus der herrschte. Fenskes These wird auch unterstützt tärgeschichte“ benutzt. Darin wird auch die sog. Nähe meiner Heimat, dem Steinwald, ist ja durch einen Blick auf den damaligen Wehretat: „Fischer-Kontroverse“ angesprochen, aber nicht was dabei. Pfr. Thomas Strunz pro Kopf in Mark brachten damals England bewertet (siehe Grundzüge der deutschen Mili- 31,8 Prozent, Frankreich 32 Prozent, dagegen tärgeschichte, Band 2, Seite 236 ff). Vielleicht

 Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013) basiert diese vornehme Zurückhaltung darauf, tiert, die aber doch die zentralen Elemente der dunkelsten Jahren der deutschen Geschichte ist dass man es sich mit seinen NATO-Partnern (Spät)Gotik eint. zwar der Genozid am jüdischen Volk ein un- nicht verderben wollte. Allgemein aber gilt der Und diese werden durch die Darstellung als bestrittener Fakt. Doch die Frage, wer tatsäch- Satz: „Geschichte wird immer vom Sieger ge- kolorierte Zeichnungen noch deutlicher, wobei lich davon wusste – von den Details, d.h. den schrieben!“ Und auch der Spruch von Berthold besonders große Gotteshäuser (Dome, Kathe- Gaskammern und Todeslagern, stellt sich da Brecht fällt mir dabei ein: „Man darf die Wahr- dralen) auch aus mehreren Blickwinkeln darge- und dort immer noch. Sinngemäß hieß es laut heit nur mit List verbreiten!“ In meiner aktiven stellt werden. Der Zeichner und Autor Pablo de mancher Zeitzeugen zwar „Mach das oder jenes Zeit habe ich u.a. Generalmajor Gerhard Brug- la Riestra geht auf die Entstehung der einzelnen nicht, sonst kommst Du nach Dachau (oder ins mann, damals in seiner Dienststellung als Terri- Bauwerke ein, verheimlicht aber auch nicht we- Konzentrationslager)“. Doch was genau damit torialbefehlshaber Süd, Jahrgang 1930, kennen niger geglückte Restaurierungen oder das Ver- gemeint war, entzog sich damals scheinbar der und schätzen gelernt. Dieser hat sich einmal schwinden gotischer Elemente in der weiteren durchschnittlichen Bevölkerung. treffend über Geschichte und Geschichtskennt- Baugeschichte. Die hier präsentierte Darstel- Genau diese Frage ließ den US-amerika- nisse geäußert und zwar sinngemäß: Man fragt lung hat den Vorteil, dass die Kirchen aus ihren nischen Völkerrechtler Alfred de Zayas nicht sich angesichts mancher heutiger Darstellung jeweiligen Umfeldern herausgenommen wer- los. Über 35 Jahre forschte er in amerikanischen, von Geschichte, wie der heutigen Generation den und man sich auf sie selbst und ihre Details britischen, deutschen und schweizerischen Ar- ein zutreffendes Bild der Geschichte vermit- konzertieren kann. chiven, führte Hunderte von Interviews mit telt werden kann. Das wäre aber wichtig, denn Als Laie ist man über die Anzahl und die ge- Zeitzeugen und setzte sich kritisch mit den For- die Hilflosigkeit dieser Generation beruht auf stalterische Vielfalt ebenso erstaunt wie über schungsergebnissen anderer Wissenschaftler ihrer Scheu vor der deutschen Geschichte. Es die Rekorde, welche einige der gotischen Kir- auseinander. Das Ergebnis liegt nun in dem hier ist noch nie gelungen, Geschichte wirklich ob- chen Bayerns aufweisen: der höchste Backstein- vorgestellten Buch vor. Darin verweist er unter jektiv zu schreiben, und je weiter Ereignisse zu- turm der Welt (130 Meter) und kühnstes Hal- anderem auf komplexe Sprachregelungen und rückliegen, desto pauschaler wird geurteilt, und lenlanghaus Europas – St. Martin in Landshut; Tarnungsstrategien sowie z.B. auf Sendungen so wird im Laufe der Zeit nicht nur aus Unrecht der höchste Turm einer Landkirche (80 Meter) der BBC des Literaten Thomas Mann zwischen Recht, sondern ebenso treten oft an die Stelle – Wallfahrtskirche St. Ägidius in Schildthurn Oktober 1940 und Mai 1945, wo dieser auch auf von geschichtlichen Tatsachen Mythen. (Lkr. Rottal-Inn); größter Zentralbau der Gotik die Tötung von Juden hinwies. Freilich – diese Es ist gut, dass diese Fakten zum Thema Ers- – Kloster Ettal; einziger Falmboyant-Dom Mit- wurden im Deutschen Reich nicht gehört bzw. ter Weltkrieg durch Professor Hans Fenske in teleuropas – Passau; größte Backsteinkirche der durften nicht gehört werden. „Geheimhaltung seinem Buch so deutlich und anschaulich auf- Gotik – Frauenkirche in München. war oberstes Gebot“ - das galt auch in Bezug gearbeitet wurden. Eine weite Verbreitung und Doch nicht nur diese „Top-Kirchen“ seien auf die Nürnberger bzw. andere Kriegsverbre- ein Interesse dafür wäre wünschenswert, insbe- dem Leser ans Herz gelegt, sondern alle. Denn cherprozesse, was de Zayas anhand von neun sondere auch bei vielen Politikern. jede steht für sich mit unverwechselbaren Ele- ranghohen Personen und der Nichtinkenntnis- Lothar Eisenreich menten und einer ebensolchen Geschichte. setzung der Bevölkerung verdeutlicht. Dem- Und das Buch mit den gelungenen Darstellun- nach wusste, laut Aktenlage, nur ein ganz gerin- gen regt durchaus auch dazu an, sich mit den ger Kreis von Eingeweihten über die Vorgänge Zeichnungen an die echten Bauwerke zu bege- Bescheid. ben und die spätgotischen Kirchen „in natura“ Dieser These setzt der Buchautor Feldpost- dann aus einer ganz anderen Perspektive zu briefe und Äußerungen von Soldaten, Flug- betrachten. blätter der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ Markus Bauer gegenüber, er untersucht Publikationen über die „Endlösung der Judenfrage“ (mit funda- mentalen methodischen Fehlern) – und kommt letztendlich zum Ergebnis, dass tatsächlich die Geheimhaltung dieser Vorgänge bestens funkti- onierte, wohl aber auch aufgrund von Faktoren wie Gehorsam, Pflichterfüllung und Fanatis- mus. „Jedenfalls muss die oft vertretene These, wonach das deutsche Volk über ausreichendes

Die Rezensenten bzw. Autoren dieser Ausgabe • Markus Bauer: freiberuflich in Beratzhausen tätig als Journalist und Presseberater in der Heimatregion, in Spätgotische Kirchen in Bayern. Mit Texten Ostbayern, außerhalb Bayerns und häufig in Tsche- und Zeichnungen von Pablo de la Riestra. chien. Publizistisch und journalistisch aktiv seit 1984 Pfaffenhofen 2012. P + RH Kunstverlag GdbR. für weit über 200 Zeitungen und Zeitschriften. 186 Seiten. ISBN 978-3-943242-06-5. 34 Euro. • Agnes O. Eisenreich: studierte Diplom-Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt; arbeitete Als eine Epoche der europäischen Architek- u.a. als Moderatorin, Reporterin und Redaktionslei- tur und Kunst des Mittelalters im Zeitraum von terin bei Oberpfalz TV in Amberg (Oberpfalz). Ist als 1140 bis 1550 wird im Allgemeinen die Gotik Redakteurin und Chefin vom Dienst beim Bayerischen definiert. Doch Bayern heute und Bayern zur Rundfunk, Redaktion Abendschau, beschäftigt. Sie lebt mit Mann und Tochter in der Gemeinde Hemau, damaligen Zeit – das sind ganz unterschiedliche Lkr. Regensburg. Regionen. Im Mittelalter gab es das Bayern von heute noch nicht. Daher finden sich in dem • Lothar Eisenreich: geb. 1941, Abitur am Humani- stischen Gymnasium in Landshut, anschließend Studi- vorliegenden Buch Kirchen aus ganz unter- um der Philosophie, 1964 Eintritt in die Bundeswehr, schiedlichen Regionen wieder: aus Ober- und mit dem Dienstgrad Oberstleutnant aus der Bundes- Niederbayern, aus Ostschwaben und Franken Alfred de Zayas: Völkermord als Staatsge- wehr ausgeschieden. und aus der Oberpfalz. heimnis. Vom Wissen über die „Endlösung • Randolf Jeschek: Studium Musikwissenschaft und der Judenfrage“ im Dritten Reich. München Wer nun glaubt, dass die über 70 Kirchen Volkskunde; arbeitet als Musiker, Instrumentallehrer, 2011. Olzog Verlag. ISBN 978-3-7892-8329- Musikwissenschaftler und Kulturjournalist in Regens- – und bisweilen auch Kapellen – alle einem 1. 208 Seiten. 26,90 Euro. einheitlichen Stil und Muster folgen, der irrt burg und Umgebung. gewaltig. „Die deutsche Gotik war wie das Land Im Jahr 2014 wird es 100 Jahre her sein, dass • Irmgard Schroll-Decker: Dr. phil., Professorin für selbst dezentral, komplett anders als die Situati- der Erste Weltkrieg ausgebrochen ist, ein Jahr Sozialmanagement und Bildungsarbeit an der Ostba- on in Frankreich (… es gab ...) mehrere Ebenen später 70 Jahre, dass der Zweite Weltkrieg zu yerischen Technischen Hochschule Regensburg. Zahl- reiche wissenschaftliche Veröffentlichungen. der Kirchenarchitektur, die weniger regional als Ende ging. Und heuer, im zu Ende gehenden vom Status, Auftraggeber, Meister, Stadt und Jahr 2013 waren es 80 Jahre, dass die Natio- • Sabine Tischhöfer: Hausfrau, seit 1998 Redaktions- Zeit abhängig waren.“ (Vorwort, S. 9) Kurzum, nalsozialisten die Macht in Deutschland über- mitglied bei den Tangrintler Nachrichten; Hobby: Le- es wird eine Vielfalt an Kirchenbauten präsen- nahmen. Und 70 oder 80 Jahre nach diesen sen. Verheiratet, vier Kinder; Pfarrgemeinderätin.

 Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013)

Wissen über den Holocaust verfügte, als un- sönlichen Geschichte umgeht. In jüngster Zeit salien“ (S. 13) von Führung, die Kernaufgaben, haltbar gelten“ (S. 127), lautet de Zayas Schluss- hat dies auch der ehemalige Fußball-Profi Uli die zu tun sind, nicht um die Adjektive, wie sie folgerung. Borowka gemacht. Rolf Muszeika kommt aus zu erledigen sind. Diesem Grundsätzlichen ist Im Kapitel „Schlussgedanken und Fragestel- einer anderen Ecke, heute widmet er sich zu Sprenger auf der Spur und hat deshalb selbst für lungen“ stellt der Autor eine Verbindung zu an- einem guten Teil der Schauspielkunst. Damit einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren „wieder deren Völkermord-Ereignissen her (Armenien, versteht er natürlich auch, seine Erfahrungen operative Verantwortung“ (S. 12) übernom- Halabdscha, Srebrenica), wo auch die Geheim- in Worte zu kleiden. Konkret beschreibt er die men. „Es geht bei Radikaler Führung also um haltung (und Täuschung) wesentliche Faktoren rund 70 Tage seiner Entziehungskur objektiv die Wurzel der Führung“ (S. 14), so klärt er in für die Umsetzung waren. Aber auch ein falsch in ihren Inhalten und Abläufen, kommentiert seiner Einleitung auf. Neben der Freilegung der verstandener Patriotismus kann in ähnliche dann aber auch aus der Distanz bestimmte Vor- Wurzel als Ausgangspunkt für Veränderung in- Richtung zielen. Offen bleibt in Bezug auf den kommnisse, Rituale der Kur usw. Auf diese Wei- tendiert Sprenger mit seinem Buch auch selbst Holocaust des Nationalsozialismus der Wis- se werden Spannungen, Gefühle und Stimmun- zu säen, um neue Wurzeln entstehen zu lassen. sensstand während dieser Jahre - möglicher- gen sehr deutlich, doch auch Entwicklungen im Die Monografie ist systematisch angelegt. weise haben Mitglieder des Widerstandes über Laufe des Lebens, einschneidende Erfahrungen Das Herzstück ist ein Kapitel zur „Führung“ (S. Teilaspekte des Judenmordes etwas erfahren, in den Kinder- und Jugendjahren oder auch 17- 49), dem sich fünf Abschnitte zu Kernauf- wurden aber nach dem 20. Juli 1944 mehrheit- Vorbilder in der Welt der Eltern und Erwachse- gaben von Führung anschließen. Den Anfang lich hingerichtet. nen für den Alkoholkonsum treten zutage. des ersten Kapitels bildet die Frage nach dem „Dem Geist des sittlichen Widerstandes ge- Als Leser ist man mitunter bestürzt, freut sich Zweck der Führung, nämlich „das Überleben widmet“ hat Alfred de Zayas daher auch als aber auch an kleinen positiven Dingen. Für Rolf des Unternehmens zu sichern“ (S. 18), indem Bemerkung oder Leitmotiv seinem Buch voran- Muszeika war es sicher auch ein Teil der The- Leistungen erzeugt werden, die von Menschen gestellt. Es ist daher auch ein eindringlicher Ap- rapie, dies alles zu Papier bzw. Buch zu bringen nachgefragt werden, und nicht um unabhän- pell, bezüglich aller Tendenzen und Entwick- und damit andere vor den Gefahren des Alko- gig von Kunden, Nutzern oder Abnehmern lungen diktatorischer Systeme – ob von rechts holmissbrauchs zu warnen. Das Büchlein fes- eine Nabelschau der Organisation zu betrei- oder links – sensibel zu sein. Und das nicht nur selt, lässt sich gut und schnell lessen, auch wenn ben. Es geht um den Erfolg des Unternehmens, in den Gedenkjahren. beim Lektorat noch etwas akribischer hätte ge- der nach Sprenger als „Gegenleistung für das Markus Bauer arbeitet werden können. Ein Plädoyer jedenfalls Geld, das wir verdienen“ (S. 22) gefasst werden für einen verantwortungsbewussten Umgang kann. Die Frage nach der Qualität von Führung mit Alkohol – angesichts der Zunahme von Ko- lässt sich demnach nur mit der Dichotomie masaufen usw. ein wichtiges Buch! „erfolgreiche“ oder „nicht erfolgreiche“ Füh- Markus Bauer rung (S. 26) und nicht mit „guter Führung“ Psychologie beschreiben. Im zweiten Schritt entfaltet der und Pädagogik Verfasser das Paradox, dass man Führung nicht beobachten, sondern nur Verhalten erkennen kann, Führung aber zur Führung wird, indem Beobachter sie anerkennen (vgl. S. 34f). Insti- tution (eine Struktur haben) und Individuum (eine Führungskraft sein) prägen – drittens – das Führungsverhalten gleichermaßen, wobei nach Ansicht des Verfassers im vierten Kapitel der Wandel irriger Weise tendenziell stärker auf den Menschen fokussiert und die Strukturen außen vorlässt. Basierend auf diesen radikalen Einlassungen ergeben sich die Kernaufgaben der Führung: erstens „Zusammenarbeit organisieren“ (S. 51- 103), zweitens „Transaktionskosten senken“ (S. 105-143), drittens „Konflikte entscheiden“ (S. 145-183), viertens „Zukunftsfähigkeit sichern“ (S. 185-235) und fünftens „Mitarbeiter füh- ren“ (S. 237-284). Die jeweils zwischen 40 und 50 Seiten umfassenden Abschnitte analysieren zunächst das Thema grundsätzlich und greifen Veränderungen und Probleme auf. Häufig de- monstriert der Autor dies an eingängigen Bei- spielen zumeist großer Unternehmen. Den dia- gnostischen Hinweisen folgen ausgefeilte Ideen, was zu tun ist. Diese Passagen sind gefüllt mit vielen Aussagen, die unternehmenserfahrene Praktiker gerne lesen, weil sie sich bestätigt seh- en oder weil sie den Nagel auf den Kopf treffen. Andere mögen denken, das liest sich so einfach, Rolf Muszeika: Das Paulussyndrom. Erfah- aber „bei uns geht das nicht“. Sprenger nimmt rungen. Frankfurt 2012. Public book media Reinhard K. Sprenger: Radikal führen. den Zweiflern jedoch den Wind aus den Segeln, Verlag. ISBN 978-3-86369-039-7. 79 Seiten. Frankfurt / New York 2012. Campus Verlag. weil er sie immer wieder vor Entscheidungen 11.80 Euro ISBN 978-3-593-39462-6. 296 Seiten. 24,99 Euro stellt, nämlich ob etwas anders werden soll oder Der Titel des Buches ist im ersten Augenblick ob die Alternativen in der Beibehaltung des etwas irreführend. Nach einigem Überlegen Der Buchtitel hält, was er verspricht! Aber Bisherigen oder des „mehr desselben“ liegen. kommt man dann auf die Wandlung des Apo- was verspricht er? Was ist die Botschaft, die Dabei greift der Verfasser auf sein Wissen und stels von Saulus zu Paulus mit all den bekannten hinter „radikal führen“ steht? Die beiden Worte auf seine Berufserfahrungen zurück und lässt Randbegebenheiten. wecken bei der angezielten Leserschaft sicher wissenschaftliche Resultate einfließen, ohne Eine Wandlung bzw. der lange, schwierige verschiedene Assoziationen. In Verbindung sie im Einzelnen zu belegen. Diese Kernkapitel Weg dahin vom Alkoholiker zum letztlich tro- mit dem Namen des Autors triggern sie Er- kann man als in sich abgeschlossene Entitäten ckenen Zeitgenossenen ist auch der Inhalt des wartungen nach fundamentalen, bedeutsamen, lesen. Ihr Gehalt ist auf einer abstrakten Ebene vorliegenden Buches. Und der Autor selbst ou- klärend-klaren Aussagen. Dafür sorgt der Ver- sehr dicht, lädt zum Nachdenken und Innehal- tet sich auf knapp 80 Seiten als lange Zeit dem fasser mit seiner Einleitung prompt, denn er ten ein, fordert aber auch heraus, das WIE zu Alkohol verfallener Mensch, der durch diese lehnt es ab, sich in die über eine halbe Million überlegen, wobei zahlreiche Umsetzungen auch Krankheit auch manche Verluste in vielerlei Be- Bücher zum Thema „Management“, einrei- erwähnt werden. Zudem sind die Gedanken ziehungen und Bereichen hinnehmen musste. hen zu wollen, die sich detailliert auf einzelne klar strukturiert: Sprenger arbeitet mit vielen Es ist nicht alltäglich, dass ein „trockener“, „Facetten der Führungsarbeit“ (S. 11) konzen- Aufzählungen und fasst das Wesentliche ab- ehemaliger Alkoholiker so offen mit dieser per- trieren. Ihm geht es vielmehr um die „Univer- schließend zusammen. So wird die fünfte Kern-

 Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013) aussage beispielsweise mit Hilfe der „kurzen Sozialpädagogik und Sozialarbeit, deren Be- Formel“ (S. 237) „Finden Sie die Richtigen, for- zugsdisziplinen zahlreich und unterschiedlich dern Sie sie heraus, sprechen Sie oft miteinan- dominant sind. der, vertrauen Sie ihnen, bezahlen Sie gut und Die Kunst von Einführungswerken besteht fair und gehen Sie dann aus dem Weg“ (S. 238) darin, das Wesentliche – bei vorhandener und in sechs Kapitel mit mehreren Unterabschnitten erkannter Komplexität – einfach, nachvoll- gegliedert. ziehbar und verständlich für eine studentische Sprenger versteht ein hoch komplexes The- Leserschaft zu präsentieren. Dieser Spagat ist ma mit einem einfachen Gitter zu struktu- Birgmeier und Mührel vorzüglich gelungen. rieren und es sehr einladend zu präsentieren, Auf den ersten Blick wirkt das der Einleitung (S. wozu im Übrigen auch die gelungene grafische 7) vorangestellte Zitat von Saint-Exupéry, wo- Gliederung beiträgt. Sprachlich liest es sich so nach die Sehnsucht nach dem Meer zu wecken leicht, dass man über die Seiten fliegen kann, die wirksamste Handlungsmotivation sei, über- angetrieben wird von der guten Leserführung. strapaziert. Die Autoren schaffen es jedoch, mit Inhaltlich fordert es Denkpausen, Reflexions- ihrer klaren Diktion und Gedankenführung die phasen und – ist der Leser und die Leserin dem Aufmerksamkeit zu fokussieren und die Leser Wandel zugeneigt – auch neue Schritte. Dieses mitzunehmen, indem sie jeweils darlegen, wel- Buch kann nur einer verfassen, der das Ge- che Klärungen nacheinander anstehen. schäft und die Szene kennt. Der Verlag hat es So beginnen die Verfasser mit dem „Grund- in ein der Bedeutung angemessenes klassisches legenden Zugang zum Verständnis von Wissen- Outfit gesteckt. Führungskräften und solchen, schaft“ (Abschnitt I, S. 11-26), indem sie defi- die es werden wollen, aber auch Beratern ist es nieren, was unter Wissenschaft zu verstehen ist wärmstens zu empfehlen. Wissenschaftler/-in- und nach welchen ethischen Prinzipien wissen- nen könnten sich aufgefordert sehen, Zusam- schaftlich vorgegangen wird, welche Erkennt- menhänge neu zu prüfen. nistheorien und wissenschaftliche Methoden es Irmgard Schroll-Decker gibt und wie sich das Wissenschaftswissen von anderen Wissensformen unterscheidet. Veit Neumann (Hrsg.): Woher? Wohin? Chan- Im II. Abschnitt werden „Konzeptionelle cen der Katholischen Universität Eichstätt- Ingolstadt. Beiträge zum Symposium des Al- Grundlagen der Wissenschaften der Sozialen fons-Fleischmann-Vereins 2012. Würzburg Arbeit“ (S. 27-134) behandelt. Der erste Schritt 2012. Echter Verlag. ISBN 978-3-429-03574- skizziert, worin die wissenschaftlichen Anfän- 4. 117 Seiten, 15 Euro ge der Sozialen Arbeit zu sehen sind, danach folgen die Verhältnisbestimmung zwischen Der Alfons-Fleischmann-Verein zur kulturellen Sozialarbeitswissenschaft und Sozialpädagogik und wissenschaftlichen Förderung der Katholischen sowie zwischen Disziplin und Profession, bevor Universität Eichstätt-Ingolstadt e.V. (AFV) ist eine der Blick geöffnet wird auf die Wissenschafts- Antwort auf die Titelfrage des Buches. In dem 2011 und Erkenntnistheorie und die Einordnung aus der Taufe gehobenen Verein haben sich näm- der Wissenschaften der Sozialen Arbeit in das lich Mitglieder der 1958 gegründeten katholischen System der Wissenschaften. Die nächsten zwei Studentenverbindung Alcimonia Eichstätt, die Kapitel konzentrieren sich auf die Theorien der zum Cartellverband (CV) gehören, zusammen- Sozialen Arbeit und die Soziale Arbeit als Hand- geschlossen, um als Alumni an der Zukunft der lungswissenschaft. Der achte Punkt dient den Universität aktiv mitzuwirken, indem z.B. einmal Autoren dazu, beispielhafte Fragestellungen ei- im Jahr Preise für herausragende Absolventen und ner Handlungswissenschaft der Sozialen Arbeit Absolventinnen vergeben werden und jährlich ein im Verständnis einer Grundlagenwissenschaft Symposium zum Wesen und den Zielen der Ka- und im Verständnis einer angewandten Wis- tholischen Universität (KU) veranstaltet wird. Der senschaft aufzuzeigen. Hier offenbart sich wie Namensgeber des Vereins war Gründungsmitglied so oft, dass hinter dem, was sich quasi simpel der Alcimonia Eichstätt, langjähriger Professor anhört, bei genauer Betrachtung eine Fülle an für Pastoral- und Moraltheologie in Eichstätt und Entscheidungen für bestimmte Positionen steht Gründungsrektor der Kirchlichen Gesamthoch- und immer auch aus einer anderen Perspektive schule Eichstätt von 1972 bis 1976, der Vorläufer- gesehen werden kann. Es spricht für das Vorge- institution der heutigen KU Eichstätt-Ingolstadt. hen von Birgmeier und Mührel, dass sie bei aller Mit dem Namen Alfons Fleischmann verbindet Präferenz für eine handlungswissenschaftliche sich sowohl die wissenschaftliche Entwicklung von Auffassung transparent insofern sind, als sie die der Philosophisch-Theologischen Hochschule zur Interpretationsalternativen stets erwähnen und Universität, als auch das Hinaustragen der Lehre in den Pluralismus sowohl in der Erkenntnistheo- Gesellschaft und Öffentlichkeit. rie und -gewinnung sowie in den theoretischen Genau um die Position einer KU im 21. Jahrhun- Bernd Birgmeier / Eric Mührel: Wissen- Ansätzen anerkennen. dert zwischen wissenschaftlicher Autonomie und schaftliche Grundlagen der Sozialen Arbeit. Der knappe Ausblick fasst die Position der interdisziplinärer ergebnisoffener Wahrheitsfin- Schwalbach/Ts. 2011. Wochenschau Verlag. ISBN 978-3-8997-4635-8. 144 Seiten, 9,80 Verfasser noch einmal kurz zusammen. Der dung und dem Katholischen als Wertebasis, eige- Euro Band gewinnt durch die eingestreuten Tabel- ner Berechtigung und auch Auftrag der Kirche geht len und kleinen Grafiken. Im ersten Teil des es im ersten Symposium des AFV im Jahr 2012. In Die beiden Autoren, selbst diplomierte Sozi- Buches halten sich die Autoren mit Verweisen Anwesenheit des amtierenden Eichstätter Bischofs alpädagogen, gehen mit großer Authentizität an auf Bezugsliteratur sehr zurück. Im zweiten Teil Dr. Gregor Maria Hanke OSB und des Vorsitzen- ihr Werk, Soziale Arbeit als wissenschaftliche flechten sie diese sehr leserfreundlich ein, auf den im CV-Rat und des CV-Altherrenbundes, Disziplin zu positionieren. Aus ihrer Schrittfol- überbordende Zitate verzichten sie. welche beide ein Grußwort beisteuern, blickt Her- ge sind klassische Beweismuster zu erkennen, In der von Friesenhahn und Thimmel für bert Gruber zunächst zurück in die Nachkriegsge- die Studierende der Sozialen Arbeit in den Lehr- das gestufte Studienmodell (Bachelor und Mas- schichte der KU bis 1980. Im März 1946 erlangt veranstaltungen zu hören bekommen. Dass die ter) geschaffenen Reihe „Grundlagen Sozialer die Philosophisch-Theologische Hochschule das Argumentation aus der Feder von zwei Theo- Arbeit“ ist das Buch treffend verortet. Infolge Öffentlichkeitsrecht wieder, nachdem bereits zum retikern kommt, die selbst Professionsvertre- der Zielrichtung des Buches wird eine Fülle Wintersemester 1945 der Lehrbetrieb aufgenom- ter mit wissenschaftlicher Karriere sind, kann von Positionen und Fachtermini zwar erwähnt, men wurde. Es folgen Jahre, in denen aufgrund der die Vermittlung erleichtern: Schließlich richtet aber nicht erklärt: Hier wäre ein Glossar hilf- Zerstörung der Bayerischen Landesuniversitäten sich das vorliegende Bändchen an Studierende, reich. Studierenden der Sozialen Arbeit kann Würzburg und München andere Fachrichtungen die an die Soziale Arbeit als Wissenschaft he- das Werk zum Einstieg und Überblick – nicht aufgenommen werden. Im Jahr 1964, als Hochschu- rangeführt werden. Glaubwürdige Repräsen- zuletzt auch wegen des sehr studentenfreund- le und Seminar ihr 400-jähriges Bestehen feiern, tanten von Disziplin und Profession sind für lichen Preises – wärmstens empfohlen werden. werden die Anzeichen eines sich säkularisierenden den Identifikationsprozess durchaus förderlich, Irmgard Schroll-Decker Umfeldes und sich verändernder Hochschulst- insbesondere im Fall der wissenschaftlichen rukturen noch marginalisiert, im Jahr 1970 wird

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– nach einem kontinuierlichen Rückgang Studie- keiten, zu denen Mödl den Freiraum für Forschung risch untersucht! So ähnlich könnte man die render – die ehemals bischöfliche Hochschule zur und Projekte sowie Geldgeber zählt, um Themen Triebfeder für das Erkenntnisinteresse des „Kirchlich Theologischen Hochschule in Bayern, auch nachhaltig bearbeiten zu können. Die Diskus- Autors für die vorliegende Monografie for- Sitz Eichstätt“ umgewandelt. Die folgenden zehn sion im Anschluss an den Vortrag spiegelt wider, mulieren. Was sich seit 50 Jahren im Weiter- Jahre sind nicht minder ereignisreich: 1972 werden dass Mödl gekonnt und deutlich formuliert, was bildungssektor etabliert und bewegt hat, wird die Pädagogische und die Kirchlich Theologische die KU in den letzten Jahren bewegt hat, welche bildungstheoretisch und bildungspolitisch un- Hochschule zur „Kirchlichen Gesamthochschu- Erwartungen in der Institution entstehen, was den terschiedlich attributiert: Der Rückzug der öf- le Eichstätt, Kirchliche Stiftung des öffentlichen universitären Alltag ausmacht und wie die KU von fentlichen Verantwortung in der Weiterbildung, Rechts“ zusammengefasst und im Gefolge davon außen wahrgenommen wird. die zunehmende Ökonomisierung, die Verteue- die zwei Fachhochschulstudiengänge „Religions- Die vorliegende Dokumentation des Symposi- rung des Angebots durch private Anbieter und pädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit“ sowie ums gibt einen spannenden Einblick in den Selbst- vieles andere mehr sind Botschaften, die ins „Sozialwesen“ integriert, der akademische und der findungsprozess der KU und geht weit darüber Feld geführt werden. Schrader hörte diese wohl räumliche Ausbau betrieben sowie eine Infrastruk- hinaus, indem das Verhältnis von Glauben und zu oft, allein ihm fehlten die Daten! Diesem tur (Studentenwohnheime, Bibliothek) geschaffen. Wissen sowie die Autonomie der Wahrheitssuche Defizit an gesicherten Aussagen zum Wandel 1979 beschließt die bayerische Bischofskonferenz, der einzelnen Disziplinen, mit oder ohne Bezug in der Weiterbildungsstruktur rückt Schrader der Gesamthochschule den Titel einer Universität aufeinander, immer wieder angerissen werden. Das mit einer systematisch angelegten und konse- zu verleihen. Ab 1980 existiert die KU Eichstätt. Symposium hat aktiv mitgewirkt, das Nachdenken quent thesengeleiteten Studie zu Leibe. Sie be- Der Präsident der KU skizziert, basierend auf über das Profil der KU einer breiten Öffentlichkeit zieht sich auf die Situation des Landes Bremen einer Vortragsreihe von John Henry Newman, die zugänglich zu machen – dafür gilt es dem AFV und umfasst Zahlen aus den Jahren 1979, 1992, „Idee einer Universität heute“. Aus den vier Merk- Dank zu sagen. Zu hoffen ist, dass der Prozess 1996 und 2006, womit die Möglichkeit gegeben malen, die Newman im 19. Jahrhundert für die zwischen den Symposien nicht stillsteht, sondern ist, Veränderungen von Rahmenbedingungen, Katholische Universität Irland konzipierte, leitet in den Folgejahren in eine anregende akademische Strukturen, Inhalten, Formaten u.a.m. der Richard Schenk Ideen für die KU ab. Dem ersten Debatte einmündet. Zu wünschen ist, dass im Sinne Weiterbildung nachzuweisen. Die spezifischen Merkmal „Gespräch zwischen den Disziplinen“ der Interdisziplinarität die für die Universitätsent- Erkenntnisse zur Region Bremen setzt der Ver- misst der Präsident mit der Interdisziplinarität im wicklung bedeutsame wirtschaftswissenschaftliche fasser in Relation zu Resultaten anderer Teil- Inneren und dem internationalen Austausch eine Fakultät ebenso zu Wort kommt. untersuchungen oder von Berichtssystemen, sehr hohe Bedeutung bei. „Die sich wechselseitig Der Herausgeber, selbst Preisträger des AFV soweit solche vorhanden sind. erhellende Präsenz von Wissen und Glauben“ kann und langjähriger Alcimone, hat die Grußworte Schraders Buch ist in vier Teile unterteilt: In zum besonderen Profil einer katholischen Univer- des Symposiums, die einzelnen wissenschaftlichen Teil A (S. 15-86) beschreibt er die Modernisie- sität erhoben werden, indem z.B. innerhalb der Aufsätze einschließlich der Anmerkungen der rung der Weiterbildung im Wohlfahrtsstaat und Disziplinen dem Verhältnis von Evidenz und Viel- Gäste und die Podiumsdiskussion „Denk ich an liefert damit die historisch, gesellschaftlich und falt oder Zweifel und Selbstzweifel nachgegangen Eichstätt in der Nacht …“ hervorragend zusam- politisch relevanten Grundlagen, die nötig sind, und Platz für religiöse Themen gelassen wird. Das mengestellt und sehr leserfreundlich aufbereitet. um die Nutzenerwartungen an das System, aber dritte Merkmal „weit mehr als nur pragmatisch“ ist Zusätzlich hat er selbst ein Vorwort verfasst und auch sein Verständnis zu fundieren. Mit diesem angesichts des Bologna-Prozesses eine mahnende den Band um zwei Beiträge zu Alfons Fleischmann Vorgehen schließt der Autor an eine nicht mehr Botschaft, an der Universität nicht nur die Eigen- (von Prof. Dr. Peter C. Hartmann) sowie zum Ver- selbstverständlich praktizierte akademische zwecklichkeit und den Funktionalismus zu verfol- ein (vom Vereinsvorsitzenden Stefan Ley) ergänzt. Tradition an, nämlich transparent zu machen, gen, sondern Mut zu machen, tiefgründiges und Ein Personenverzeichnis und die Pressestimmen wie und worauf die Beobachtung gerichtet ist. offenes Studieren zu ermöglichen. runden die Schrift ab. In vier Kapiteln gibt er Auskunft über die Wei- Im dritten Beitrag der Schrift bestimmt Reto Irmgard Schroll-Decker terbildung im Wandel wohlfahrtsstaatlicher L. Fetz, bis 2008 Lehrstuhlinhaber an der KU, die Politik (S. 17-25), die Institutionalisierung (S. Position einer katholischen Universität „zwischen 26-45), die Professionalisierung (S. 46-70) und Katholizität und Katholizismus“. Nach der sehr die Qualitätssicherung in der Weiterbildung (S. gut verfassten Klärung der beiden Begriffe geht 71-86). Diese Buchabschnitte bieten zugleich der Autor dazu über, Folgerungen für eine Katho- einen Überblick über die Entstehung der Wei- lische Universität daraus abzuleiten. Er beginnt terbildungslandschaft für all jene, für die der im Inneren und zählt dazu die Respektierung der Kontakt zur Weiterbildung erst im 21. Jahr- einzelnen, auf hoher Qualität betriebenen Wis- hundert entstand. Seine Analysen summiert senschaften. Ferner ist der Einbau der Theologie der Verfasser in einem eigenen Kapitel, das mit das besondere Profil. Über die Vermittlungsins- Desiderat der Forschung (S. 87-90) überschrie- tanz der Philosophie könne das Verhältnis zwi- ben ist: Die Aufgabe, die er sich stellt, besteht schen Glauben und Wissen thematisiert und die darin, die angenommenen Auswirkungen der Anforderungen der Kirche identifiziert werden. Modernisierungsstrategien auf die Weiterbil- Fetz kommt zu dem Schluss, dass eine katholische dung exemplarisch einer empirischen Prüfung Universität aus dem universalen Geist einer Katho- zu unterziehen. lizität lebe und partikuläre kirchliche und soziokul- Teil B enthält theoretische und methodische turelle Gegebenheiten des Katholizismus zu bedie- Grundlagen der Untersuchung (S. 91-181). nen habe. Wenn dieses Verständnis „von globaler Zunächst beschreibt der Autor sein Mehrebe- Weite und universeller Wahrheitstiefe“ katholische nenmodell organisierter Weiterbildung, das Universitäten ausmache, dann sei ihm um deren beginnend vom Lehr-Lerngeschehen auf der Zukunft nicht bange. Mikroebene, über die Organisation, in dem Ludwig Mödl, bis 2003 Professor an der LMU hauptberuflich Planende professionell be- München und von 1971 bis 1987 Regens des schäftigt sind, zur institutionellen Umwelt der Priesterseminars in Eichstätt, beschäftigt sich in Organisation und hin zur Bildungspolitik auf seinem Beitrag mit der „Kulturdiakonie“ der Kir- nationaler (Bund, Länder, Kommunen) und che und fordert ein Leitbild für die KU. Nachdem internationaler Ebene (EU, OECD, UNESCO, Mödl selbst in die Entwicklungsgeschichte bis zur Weltbank, Europarat) ausgefaltet wird. Schra- Universität involviert war, beginnt er seine Suche der gibt damit ein Koordinatensystem vor, in in den Motiven der Vergangenheit, um für die Zu- dem die Wirkungen der Modernisierungsstra- kunft zu lernen. An den Anfang stellt Mödl die Be- tegien verortet werden können (z.B. der Wandel antwortung der Frage, was Kirche als gesellschaft- Josef Schrader: Struktur und Wandel der in der Trägerstruktur oder Veränderungen im liche Größe in die Welt einbringen könne und was Weiterbildung. Bielefeld 2011. W. Bertels- Umfang von Angeboten usw.). Dieses Modell mann Verlag. Theorie und Praxis der Er- daraus forschend zu ermitteln sei. Zum Grund- wachsenenbildung (Reihenherausgeber: ist der Bezugsrahmen, den Schrader zugrun- raster kirchlichen Handelns gehören die Ausei- Deutsches Institut für Erwachsenenbildung de legt, um die Operationalisierungen seiner nandersetzung mit der Religion, die Kultur- und – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen. Thesen systematisch vornehmen zu können. Sozialdiakonie und die Communio. Ferner muss ISBN 978-3-7639-4846-8. 447 Seiten. 39,90 In weiteren Unterpunkten erläutert er Repro- sich eine Universität als „Denkfabrik und Ausbil- Euro duktionskontexte als institutionelle Umwelt dungsraum“ definieren, die Kirchenleitung muss organisierter Weiterbildung sowie Wandel und ihr Interesse an der KU bekennen und bekunden, Mit der Weiterbildung wird viel Politik ge- Modernisierung der Weiterbildung und for- und schließlich braucht es noch wichtiger Kleinig- macht, dagegen wird und ist sie wenig empi- miert schließlich seine Leitfragen, Hypothesen

 Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013) und Strategien der Datenauswertung. In einem dem Inhalt angemessene Präsentation wider- deutlich: „Kapitalismus im Widerspruch“ und eigenen Kapitel expliziert Schrader das metho- spiegeln. „Menschsein im Kapitalismus“. Im ersten Kapitel dische Vorgehen bei der Programmanalyse, der Dem vorliegenden Werk ist zu wünschen, in geht es um harte Fakten wie die Betrachtung des Erfassung und Auswahl von Anbietern, der die Riege der Klassiker der Erwachsenenbil- Kapitalismus als Utopie, das Prinzip Ausbeutung, Entwicklung seiner Kategorienschemata, der dungsforschung aufgenommen zu werden. Es das Verhältnis von Kapital und Moral, die Zusam- Gewinnung, Aufbereitung und wissenschaft- hätte diesen Status sowohl inhaltlich wie me- menhänge von Globalisierung und Wettbewerb lichen Auswertung der Daten. thodisch verdient. Professionell in der Weiter- sowie die Betrachtung von globalem Denken Im umfangsstärksten Teil C „Struktur und bildung Tätigen, aber auch Organisations- und und Handeln. Die zum Teil bis heute nachwir- Wandel der Weiterbildung“ werden die Er- Institutionsvertretern kann die Publikation kende Finanz- und Wirtschaftskrise ist dabei für gebnisse präsentiert (S. 183-405). Eingeleitet wärmstens empfohlen werden. Leser mit gerin- Schöberl der Aufhänger, diese genannten As- wird dieser Teil mit einer Beschreibung der gem Zeitbudget inklusive (Bildungs-)Politiker pekte detailliert zu beleuchten und zu analysie- Besonderheit des Stadtstaates Bremen – Eine könnten sich mit den Zwischenfazits und Teil D ren. Er betrachtet den Kapitalismus quasi als ein traditionelle Industrieregion im Wandel (S. informieren. Für fachspezifisch Studierende hat glänzendes Spektakel, das wie ein Feuerwerk am 185-210). Danach folgt ein Kapitel zum Ange- die Publikation Pflichtlektürestatus, da sie ak- Ende einer Epoche steht, am Ende der vorgloba- bot an allgemeiner, politischer und beruflicher tuell die größte wissenschaftliche Untersuchung len Zeit. Und er kommt zu dem Schluss, dass die Weiterbildung im Überblick und den feststell- dieser Art darstellt. inzwischen angebrochene Zeit der Globalisierung baren Veränderungen (S. 211-261) insbeson- Irmgard Schroll-Decker eigentlich eine völlig neue Art des Denkens und dere hinsichtlich der Lern- und Fachbereiche, Handelns bedürfte, der Kapitalismus aber mit sei- der Veranstaltungsformen und der Ziel- und nem Handlungsziel Geld-Akkumulation das Geld Adressatengruppen. Ferner werden Struktur zum Selbstzweck und damit zum Fetisch macht. und Wandel auf der Ebene des Weiterbildungs- Und mit seinen Spekulationsblasen entzieht er systems (S. 262-305), auf der Ebene der Wei- Zeitgeschichte und den Staaten, Kommunen und Konsumenten je- terbildungsorganisationen (S. 306-343) und aktuelle Ereignisse nes Geld, das für wichtige Investitionen gebraucht auf der Ebene des Weiterbildungsangebots (S. wird. Dass dies wenig positive Auswirkungen auf 344-405) detailreich, anschaulich und mit dem den Menschen und sein Handeln hat, wird im wissenschaftlich gebotenen Vorbehalt sowie zweiten Kapitel deutlich – einige Stichworte seien mit jeweils einer kritischen Selbstreflexion zur genannt: Formung und Massenmensch, Infanti- Datenqualität besprochen. lisierung und Entwürdigung, Hedonismusfalle, Teil D „Bilanz und Perspektive“ (S. 407-414) Kultur versus Lifestyle, Sinnkrise und fehlender besteht aus einem Kapitel, das die Resultate der Anspruch – der Mensch wird vielfach zum Kon- Studie in die Aussagen zur Modernisierung der sum- und Massenmenschen. Am Schluss des Weiterbildung im Wohlfahrtsstaat ein- und Buches schildert Schöberl Szenarien, die ein mit- rückbindet. Hier erschließt sich der Wert dieser telfristiges Ende des Kapitalismus beschreiben. jahrelangen wissenschaftlichen Herkulesarbeit: „Der Kapitalismus wird den nachfolgenden Nicht jede Intervention – und das gilt für die Generationen ein schweres Erbe hinterlassen. unterschiedlichen Ebenen – hat ihre intendierte Sie werden eine geplünderte, zerlegte, ihrer Viel- modernisierungsstrategische Wirkung erreicht, falt und Qualitäten beraubte Welt vorfinden. Ein denn auch das Weiterbildungssystem entwi- völliger Neuanfang wird nötig sein. (...) Die post- ckelte Eigendynamiken, die sich als beharrlich kapitalistische, total globalisierte Welt wird jeden- erwiesen. Plausible politische Erklärungen falls nicht auf Geldakkumulation und Wettbe- sind selbst, wenn sie sehr überzeugend vorge- werb aufgebaut sein“ (S. 150). Mit dieser düsteren bracht werden, noch lange keine gesicherten Perspektive entlässt Schöberl den Leser seines im Aussagen – diese Untersuchung enthält etliche Jahr 2011 geschriebenen Buches. In der Tat, viel- sehr interessante Erkenntnisse hierzu (z.B. zur fach eine sehr harte Kost, deren Wahrheitsgehalt Bedeutung des Qualitätsmanagements, zur se- bei nüchterner Betrachtung aber nicht zu bestrei- lektiven Wirkung, zur Bedeutung von Professi- ten ist – und dessen man sich durch die Lektüre onalisierung und Verberuflichung in der Wei- des Buches mal wieder vergegenwärtigen sollte. terbildung, um nur ein paar Appetithappen zu Markus Bauer nennen). Schrader bleibt Wissenschaftler in der Darstellung, hält sich mit Wertungen sehr zu- rück, präsentiert die Auswertungen, sucht nach Erklärungen und bietet Interpretationen an. Vom Leser verlangt die Studie trotz eines hervorragenden Sprachstils, einer stets klaren Argumentation und einer angenehmen Füh- Wolfgang Schöberl: Feuerwerk Kapitalis- rung einiges an Kondition ab. Hier hätte man mus. Die Zweite Vertreibung aus dem Para- dies. Würzburg 2011. Verlag Königshausen an manchen Stellen Redundanzen im Text aus- & Neumann. ISBN 978-3-8260-4468-7. 156 blenden können. Ansonsten lässt eine exakte Seiten. 16,80 Euro Vorgehensweise keine weiteren Auslassungen zu. Das Buch ist sehr übersichtlich gegliedert Fast blasphemisch mutet die Grafik auf dem und mit Schaubildern und Tabellen, die im Text Buchcover an, Erinnerungen an den 11. Septem- kommentiert werden, illustriert. Schrift- und ber 2001 werden wach: Die Zwillingstürme des Seitengestaltung sind sehr leserfreundlich. Im World Trade Centers (WTC), in den einen der empirischen Teil gibt es der besseren Übersicht- beiden rast gerade das erste der beiden Attentats- lichkeit halber nicht nummerierte Zwischen- flugzeuge. Das gesamte WTC stand ja bekanntlich überschriften. Bei einer Monografie dieses Um- auch als Sinnbild für den globalen Kapitalismus. fangs erweist sich die gute Strukturierung des Aber die Szene auf dem Buchcover stellt „nur“ ein Helmut Wartner / Thomas Weyh / Rupert Textes als sehr hilfreich. Die internen Verweise Feuerwerk mit einer Hochhaus-Skyline dar. Zeitzler: Sunny, das Solarschaft. Ein Hand- buch für Planer, Bauingenieure, Investoren auf vorausgehende oder nachfolgende Passa- Ob es Schöberl um diesen Hintergrund ging und alle anderen. Landshut/Plattling 2011. gen dienen der Nachvollziehbarkeit. Besonders oder er lediglich den Titel seines Buches in ein aus- 42 Seiten. 12,50 Euro wertvoll sind die einleitenden Bemerkungen drucksstarkes Bild setzen wollte? Wahrscheinlich zu den Kapiteln sowie die Zwischenfazits, die – so weit kennt der Rezensent in diesem Fall den Zwar ist dieser Comic im Jahr 2011, dem Jahr der jeweils gezogen werden. Bei der Fülle an ein- Autor Schöberl auch persönlich – spielen beide Fukushima-Katastrophe und des Beginns der En- zelnen Details, die gerade im empirischen Teil Motive mit herein. Denn in seinem ersten philo- ergiewende, in deutscher und englischer Sprache präsentiert werden, sind die abschließenden sophischen Buch (bisher lagen die publizistischen erschienen. Doch das Landschaftsarchitekturbüro Zusammenfassungen notwendig, um den Blick Schwerpunkte des pensionierten Gymnasialleh- Wartner & Zeitzler aus Landshut und Plattling, für den Untersuchungsgegenstand nicht aus rers auf Brauchtum und Heimatgeschichte) rech- das diesen Solar-Comic kreiert und veröffentlicht dem Auge zu verlieren. In Relation zum Um- net er aus philosophisch-historischer Perspektive hat, beschäftigt sich schon weit länger – seit über fang sind recht wenige Schreibfehler enthalten, knallhart mit dem Globalen Kapitalismus ab. Das zehn Jahren – intensiv mit der Genehmigung und worin sich die sorgfältige Arbeitsweise und die wird schon aus den Titeln der zwei Hauptkapitel Gestaltung von großflächigen Solarfeldern.

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Mit dem Solar-Comic „Sunny, das Solarschaf“, Der jüngste und bereits dritte Band zu die- zutage anders. Zum einen hat sich die Anschau- will das Unternehmen seine Philosophie auf eine ser Thematik zeigt in zahlreichen Farbfotos ung durchgesetzt, dass auch Meisterwerke nicht ungewöhnliche und unterhaltsame Weise zusam- Projekte von 26 Oberpfälzer Architekturbüros. aus dem Nichts entstehen, dass das musikalische menfassen – und das nicht nur für Kinder, sondern Natürlich werden die Bauvorhaben detailliert (und auch das gesellschaftliche) Umfeld in nicht auch für Erwachsene bzw. an der Solar-Thematik beschrieben, die neuen Nutzungen aufgezeigt geringem Maße beteiligt sind; zum anderen hat grundsätzliche Interessierte. Und diese Philoso- und zu den einzelnen Objekten Daten zur Nutz- dieses Umfeld klarere Konturen erhalten durch phie lässt sich auf einen kurzen Nenner bringen: fläche, zum Ort, Bauherrn, zur Ferstigstellung den Siegeszug der historisch informierten Auf- anspruchsvoll gestaltete Solarfelder sind ein sicht- und ggf. Auszeichnungen genannt. Die Palette führungspraxis: Durch Neuentdeckungen und barer Beitrag zur aktuellen weltweiten Wende von reicht, um nur ein paar Beispiele zu nennen, Neuausgaben ist das verfügbare Repertoire dra- den fossilen zu den erneuerbaren Energieträgern. vom Wohnhaus und Bürogebäude über das stisch angewachsen, zudem helfen „authentische“ Ähnlich wie bei vielen bekannten Märchen ist Pfarrheim und die Pfarrkirche bis hin zum Mu- Neueinspielungen auf Tonträgern, sich der Mu- der Wolf der böse Gegenspieler der Schafe, der seum und Parkhaus oder einem Kulturzentrum sik dieser Zeit zu nähern. Diesen Entwicklungen aber am Schluss das Nachsehen hat, weil eben ein bzw. Zehentkasten. trägt das neue Buch „Die Musikwelt der Klas- besonders rühriges Schaf – Sunny – die Fäden in In den Textbeiträgen geht es um die Bezüge sik“ von Bernhard Schrammek Rechnung. Der Sachen Solarenergie und Photovoltaik-Platten in von Dialekt, Umgangsform und Baukultur und Titel dieses vierten Bandes der verdienstvollen den Händen hält. Und nebenbei werden auf den um regionale, d.h. Oberpfälzer Initiativen in der Bärenreiter-Einführungen in die einzelnen Mu- knapp über 40 Seiten so ziemlich alle für diese Architektur. In tabellarischer Form werden die sikepochen (nach Mittelalter, Renaissance und Form der regenerativen Energie wichtigen As- für die vorgestellten Projekte verantwortlichen Barock) ist Programm. Es geht um die „Klassik“, pekte behandelt. Architekturbüros kurz vorgestellt und den ein- nicht nur um die „Wiener Klassik“. Und es geht Natürlich steht die Comic-Geschichte auf ei- zelnen Projekte zugeordnet. um die „Musikwelt“, nicht nur um die „Musik“. ner bestimmten Seite, wird da und dort Schwarz- Das Buch besticht in erster Linie durch die So beginnt Schrammek mit dem Versuch, sich Weiß-Malerei betrieben – beziehungsweise dieses qualitätsvollen Fotos zu den Architekturpro- den schwierigen und mehrdeutigen Begriffen Instrument kann gar nicht auf Details eingehen. jekten gemäß dem altbekannten Spruch „Ein „Klassik“ und „klassisch“ zu nähern, steckt so- Und die wirtschaftlichen Absichten der Heraus- Bild sagt mehr als 1000 Worte“. Aber auch die dann das historische und geistesgeschichtliche geber dieses Comics sind natürlich immer im Gedankenanstöße in den Textbeiträgen, die Umfeld mit Themen wie „Aufklärung“, „Abso- Hinterkopf zu behalten. Doch die Vermittlung des Regionalität in ihrer breiten Vielfalt wieder lutismus“, „Französische Revolution“, „Säkulari- Themas auf diese Weise und damit für die Alters- deutlich ins Bewusstsein zu rücken, mögen sich sation“ etc. ab. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gruppe der Kinder ist anerkennenswert. Damit nicht nur Architekten verstärkt zu Gemüte füh- hatte das schriftliche Reflektieren über Musik kann die Broschüre als Muster dienen, auch an- ren. eine Blütezeit mit Schulwerken (Instrumental- dere Formen regenerativer Energien für die junge Markus Bauer und Gesangsschulen u.a. von Quantz, C. Ph. E. Zielgruppe zu vermitteln. Natürlich ist immer die Bach, Leopold Mozart, Türk, Agricola, Kompo- Begleitung durch Eltern, Lehrer bzw. Erziehungs- sitionsschulen von Kirnberger und Koch), Reise- berechtigte nötig. Warum also nicht Ähnliches berichten (Charles Burney), musikhistorischen über Windräder, Biogasanlagen usw. (Burney, John Hawkins, Padre Martini) und Markus Bauer Musik und musikwissenschaftlichen Werken (Johann Niko- Musikgeschichte laus Forkel), Lexica (Brossard, Walther, Gerber, Koch) und auch Zeitschriften wie der „Allge- meine musikalische Zeitung“ mit Beiträgen zur Ästhetik und Biografik, mit Nachrichten und Rezensionen. Das alles waren Bestandteile einer neu entstehenden bürgerlichen Musikkultur mit einem breiten öffentlichen Diskurs. Anschlie- ßend widmet sich Schrammek der Vorgeschich- te der musikalischen Klassik, den Erscheinungen und stilistischen Entwicklungen im Anschluss an das Barockzeitalter: Galanter Stil, Empfind- samkeit, Sturm und Drang, Bach-Söhne, Mann- heimer Schule, die Gluckschen Opernreformen etc. Und wenn er schließlich zur Wiener Klassik kommt, dann beschränkt er sich selbstverständ- lich nicht auf die drei Großen, auch Komponisten wie Vanhal, Hoffmeister, Salieri, Krommer und wie sie alle heißen trugen ihren Teil zum Wiener Musikleben bei in Adelspalais und bürgerlichen Salons, in Theatern und Kirchen und öffent- lichen Konzertsälen. Ausführlich werden auch die anderen Musikmetropolen der Zeit (Berlin, Leipzig, London, Neapel, Paris, Prag, Stockholm, Petersburg, Weimar) behandelt, ehe Schrammek zum Eigentlichen kommt, und das ist natürlich nach wie vor die Musik selbst. Er skizziert die wichtigen, für die Zeit charakteristischen Gat- tungen der Instrumental- (Sonate, Klaviertrio, Büro Wilhelm (Hrsg.). Aktuelle Architektur Streichquartett, Konzert, Sinfonie etc.) und Vo- der Oberpfalz. Band 3. Beispiele aktueller kalmusik (Opera seria und buffa, Singspiel, Kir- Baukultur. Mit einem Vorwort von Nicolet- Bernhard Schrammek: Die Musikwelt der te Baumeister. Amberg 2011. Büro Wilhelm chenmusik, Oratorium, Lied). Und bringt auch Klassik. Kassel 2012. Bärenreiter Verlag. ISBN noch für jede Gattung einige repräsentative Bei- Verlag. ISBN 978-3-943242-04-1. 140 Seiten. 978-3-7618-1784-1. 288 S. 26,95 Euro. 19.80 Euro spiel mit kurzer Analyse. Eine kurze Übersicht Vor vierzig Jahren konnte Charles Rosen in über die wichtigsten Weiterentwicklungen auf Die Verantwortlichen des in Amberg an- seinem sozusagen „klassisch“ gewordenen Stan- dem Musikinstrumentensektor und einige Be- gesiedelten „Büro Wilhelm“ (Wilhelm Koch, dardwerk „Der klassische Stil“ noch schreiben, trachtungen über die Klassik-Rezeption in spä- Gerhard Wilhelm Schmidt, Manfred Wilhelm), „die Leistungen Haydns und Mozarts lassen sich terer Zeit runden diesen lesenswerten Band ab. das in den Bereichen Kommunikation und Ge- nicht vor dem Hintergrund ihrer Zeitgenossen Nicht nur lesenswert als Einstieg ins Thema ist staltung. Corporate Design, Web Design, Mul- verstehen, weder in Bezug auf historische Größe Schrammeks „Musikwelt der Klassik“, auch „alte timedia, Typografie, Grafikdesign und Verlag noch historischen Einfluß und ganz bestimmt Hasen“ profitieren mit Sicherheit von neuen tätig ist, haben es sich bereits seit vielen Jahren nicht, was die Sinnrichtung der Musikentwick- Details, Zusammenhängen und Einsichten, von auf die Fahne geschrieben, Entwicklungen und lung des 18. Jahrhunderts angeht“, um sich dann diesem knappen, aber grundlegenden Überblick Vorzeigeobjekte der Architektur in der Ober- ganz der Musik des Dreigestirns Haydn – Mo- über ein goldenes Zeitalter der Musikgeschichte. pfalz zu dokumentieren und damit der Öffent- zart – Beethoven zuzuwenden unter Abwertung Randolf Jeschek lichkeit zu präsentieren. ihres historischen Umfelds. Das sieht man heut-

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und analysiert mit Empathie, aber ohne Partei- zehnten wird auch Sozialgeschichte deutlich lichkeit, so grundverschiedene Werke wie die – Arbeit und Freizeit, Mode und Musik, Krieg Filmmusik zu „Kuhle Wampe“, die „Deutsche und Frieden. Sinfonie“, die berühmten „Vierzehn Arten den Die Generationen übergreifende Begeiste- Regen zu beschreiben“ oder das „Hollywooder rung für die Boxen kommt zum Ausdruck, Liederbuch“, die aber dennoch alle die unver- wenn Buben staunend eine Jukebox bedienen kennbar Eislersche Handschrift tragen. Die oder kleine Mädchen Ende der 40er Jahre ei- Zeitbezogenheit vieler seiner Werke, der pro- gens für Kinder gefertigte kleine Jukeboxen pagandistische Impetus, der schwierige Spagat anschalten. Neben den großen und bekannten zwischen Kunst und Politik, zwischen Avant- Herstellern (Wurlitzer, Seeburg, AMI, Rockola) garde und Massengeschmack, das alles mag finden sich auch Bilder von weniger bekannten heute einer Rezeption Eislers im Wege stehen. und kleineren Firmen. Das macht deutlich, Andererseits erinnert uns die Musik Eislers dass die Musik- bzw. Jukeboxen in diesen vier auf erfrischende, reinigende Weise daran, dass Jahrzehnten ein bedeutender Wirtschaftsfaktor unser über weite Strecken belangloser, unver- waren – auch in Deutschland. Boxen von gut bindlicher Kulturbetrieb und unsere klebrigen einem Dutzend weiterer Hersteller finden sich Muzak-Welten letztlich nicht alternativlos sind. auf den 144 Seiten Randolf Jeschek Auch die Technik und das Zubehör der Geräte (Lautsprecher, Fernwähler usw.), der Kundendienst und die Betreuung werden ge- würdigt. Und manchmal waren sogar Mikro- fonanschlüsse vorhanden – der Vorläufer des späteren Karaoke. Eine Abbildung von 1963 einer Rockola 1495 Regis (Baujahr 1961) aus Stuttgart ist im Buch übrigens auf Seite 97 zu sehen. Wer eine solche mal live betrachten will, kann beim Rezensenten bzw. Herausgeber und Redakteur dieser Zeit- schrift mal vorbeischauen. Dann ist sie auch zu Friederike Wißmann: Hanns Eisler. Kompo- hören, was das Buch leider nicht leisten kann. nist, Weltbürger, Revolutionär. München Aber die vielen Fotos mit den kurzen erläu- 2012. Edition Elke Heidenreich bei C. Ber- telsman. ISBN 978-3-570-58029-5. 304 Sei- ternden Texten fangen ganz gut die Stimmung ten. 19,99 Euro . ein, welche die Juke- bzw. Musikboxen vier Jahrzehnte lang in den ganz unterschiedlichen Hanns Eisler war mehr als der Komponist Situationen und Lebenslagen verbreiteten. der DDR-Nationalhymne. Er war Arbeiterchor- Markus Bauer leiter, Schönberg-Schüler, Weggefährte Bertolt Brechts, Filmkomponist, lebte in Wien, New York, Los Angeles und Ostberlin, sein Weg führte ihn aus dem Wien der Jahrhundertwen- de über die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs ins Berlin der 1920er Jahre. Dann Zusammen- arbeit mit Brecht im dänischen Exil, 1938 Übersiedlung in die USA, dann die Ausweisung Dirk Werner/Hildegard und Oliver Stamann: 1948 und der Neuanfang in der gerade gegrün- Jukeboxes on location. A nostalgic look at the sites of coin-operated phonographs. deten DDR mit allen Schwierigkeiten, die auch Realisiert und herausgegeben von Stamann Brecht in und mit diesem Staat hatte. Lang ist Musikboxen. Klein Henstedt 2012. 1. Aufla- die Liste prominenter Zeitgenossen, mit denen ge. 144 Seiten. 34,50 Euro. Eisler zusammentraf, zusammenarbeitete. Ne- ben Schönberg und Brecht waren das Charlie „Jukeboxes on location“ - Nicht nur weil es in Chaplin, Thomas Mann, Theodor W. Adorno, englischer Sprache ist, dürfte nicht gleich Jeder Anton Webern, Alban Berg, Fritz Lang, Ernst etwas damit anzufangen wissen. Also versuchen Busch und viele andere mehr. Jede Menge Stoff wir es ins Deutsche zu übersetzen: „Musik- also für die Musikwissenschaftlerin Friederike boxen an Standorten“. Das heißt also, auf geht’s, Wißmann, die mit ihrem neuen, pünktlich zu es rührt sich was! Im Büro des Rezensenten seinem 50. Todestag erschienenen Buch über steht auch solch ein Ding, eine Rockola Regis Eisler versucht, den getrübten, einseitigen west- 200, Baujahr 1961, die mit 100 Singles, also 200 deutschen Blick auf den Verfasser der „Spalter- Spielmöglichkeiten, bestückt ist. Hymne“ etwas aufzufrischen. Dabei erzählt sie Bis Mitte der 70er Jahre, als allmählich Kasset- nicht Eislers Lebensgeschichte nach, um daraus tenrekorder aufkamen und einige Jahre später seine Musik zu erklären, sondern nimmt sich dann Musik auf CDs gebrannt wurde und von umgekehrt eine repräsentative Auswahl sei- diesen gespielt wurde, waren die Vinyl-Platten ner Werke aus allen Schaffensphasen vor und – die großen (Langspielplatten) und die kleinen spiegelt darin sein Leben, angefangen bei den Scheiben (Singles, EPs) die Träger von Musik. teils freitonalen „Galgenliedern“, die schon viel Und abgespielt wurden diese zuhause auf den Eisler-Spezifisches zeigen: Ironie, Unsentimen- Plattenspielern und an öffentlichen Plätzen in talität, Distanziertheit, Energie, Prägnanz, bis- Juke- bzw. Musikboxen. sige Pointen, Sprunghaftes, Dialektisches. Sein Diesen heute außer in Sammler- und Fan- op. 1, eine Klaviersonate, widmete er seinem kreisen fast in Vergessenheit geratenen Gerä- Nadine d’Ararchat und Sarah Wedler: Die Lehrer Arnold Schönberg, mit dem er sich aber ten widmet sich dieses in deutscher und eng- Muse des Mörders. Wien 2012. Labor Verlag. ISBN 978-3-902800-03-9. 304 Seiten. 19,95 bald zerstritt. Eislers Überzeugung, Musik dür- lischer Sprache gehaltene Buch mit zahlreichen Euro. fe kein elitärer Selbstzweck sein, kollidierte mit Schwarz-Weiß-Fotos, was für die 30er bis 60er dem Standpunkt Schönbergs: „Wenn es Kunst Jahre, die Blütezeit der Boxen, ja typisch ist. Ein Gute Geschichten altern nicht. Allenfalls wer- ist, ist es nicht für die Menge! Und wenn es für guter Teil der Bilder stammt aus den Vereinigten den sie umgeschrieben, verändert, modernisiert, die Menge ist, dann ist es nicht Kunst.“ Kunst Staaten von Amerika und zum Teil weiteren dem Zeitgeschmack angepasst. Fast jede Klassi- für alle war dagegen Eislers Devise. Friederike nord- und mittelamerikanischen Ländern, für ker-Inszenierung ist ein solcher Adaptionspro- Wißmann betont, Eisler habe „Zwölftonmusik die deutsche Ausgabe des Buches wurden aber zess, und dann die zahllosen Geschichten und geschrieben, die man pfeifen kann, und Revo- auch Fotos aus der Bundesrepublik Deutsch- Stoffe der Weltliteratur, die immer wieder neu lutionslieder komponiert, die den Anspruch land, Österreich, der Schweiz und Italien mit geschrieben werden, von Hiob, Amphitryon, der Avantgarde spiegeln.“ Und sie beschreibt einbezogen. Aus den Aufnahmen aus vier Jahr- Dido, König Ödipus oder Antigone über Jeder-

 Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013) mann, Faust, Romeo und Julia bis Münchhau- und spannend geschrieben trotz manch sprach- der europäischen, zumeist deutschsprachigen sen oder Robespierre, ganz zu schweigen von licher und inhaltlicher Plattheiten, unmittelbar Riege um Harry Goldschmidt, Marie-Elisabeth Märchen und kleinen Erzählungen, die über die zugänglich auch für Leser, die keinen Zugang Tellenbach und Rita Steblin, wohl das Rennen Jahrhunderte durch ganz Europa reisten. Vor zur Literatur des 19. Jahrhunderts haben. Was gemacht hat. Klapproth zeichnet den jahrzehn- knapp 200 Jahren hat E.T.A Hoffmann eine Er- leider ein wenig auf der Strecke geblieben ist, ist telangen Diskurs genau nach, wobei er sich zählung geschrieben: Das Fräulein von Scuderi. der vielleicht wichtigste Aspekt der Hoffmann- nicht scheut, mit einseitiger Polemik Stellung Da geht es um eine rätselhafte Mordserie im schen Geschichte: Cardillac in seinem kompro- zu nehmen. So wirft er Solomon falsche Aus- Paris Ludwigs XIV., aufgeklärt wird die Sache misslosen Künstlertum ist zu allem bereit, sogar legung der Quellen, Ignoranz gegenüber neuen nicht von der Polizei, von der Staatsgewalt, son- zum Mord, damit seine perfekten Kunstwerke Entdeckungen, oberflächliche Schlussfolge- dern von der Scuderi, einer klugen Schriftstelle- nicht in unwürdigen Händen bleiben. Kunst rungen aufgrund von Übersetzungsfehlern und rin und Hofdame. Als Mörder entpuppt sich der darf sich nicht prostituieren. Die anderen The- psychoanalytische Spekulationen vor. Selber angesehene Goldschmied Cardillac, in seinem men hinter der Mordserie, der vordergründigen zeigt er allerdings ein seltsames Verständnis für Fach der größte Meister seiner Zeit, der sich Handlung also, sind dagegen sehr präsent: das logische Beweisführung. So konstatiert er, eine nachts quasi von Dr. Jekyll in Mr. Hyde verwan- psychologische Moment, das Problem der prä- Tagebuch-Notiz Josephines („Ich will Liebert in delt, getrieben von frühen traumatischen Er- natalen Traumatisierung im Mutterleib, das zu Prag sprechen“), „wo sie eindeutig ihre Absicht fahrungen. Nicht genug damit, er kann es nicht schizophrenen Verhalten führt; und anderer- (!) äußerte, nach Prag zu gehen, ist doch wohl ertragen, dass Unwürdige seine Schmuckstücke, seits die Legitimität staatlichen Vorgehens in Beweis (!) genug, dass sie höchstwahrscheinlich seine perfekten Kunstwerke tragen. Diese klas- der Verbrechensbekämpfung bzw. der Rechts- auch tatsächlich dorthin ging!“ Dennoch, man sische Kriminalgeschichte, für die Hoffmann sprechung. kann Klapproths Buch auch mit Gewinn lesen, seinerseits auf einige Quellen wie Johann Chri- Randolf Jeschek weil es einem zeigt, wie amüsant der Musikwis- stoph Wagenseils Chronik von Nürnberg zu- senschaftsbetrieb sein kann, weil er vor uns de- rückgegriffen hatte, erfuhr später etliche Bear- tailliert ein durchaus interessantes Leben einer beitungen für die Bühne (u.a. durch A. Lewald, Kleinadeligen aus dem frühen 19. Jahrhundert C. v. Leonhard, Otto Ludwig). Paul Hindemith ausbreitet, weil es die Standesdünkel aufzeigt, machte daraus eine Oper. Und jetzt haben zwei aus dessen Blickwinkel ein Graf haushoch über junge Autorinnen, Nadine d’Arachart und Sa- einem musikalischen Genie steht, eines Beetho- rah Wedler, Hoffmanns Erzählung in unsere vens Selbstbewusstsein zum Trotz („Fürst! Was Gegenwart transformiert und einen Kriminal- Sie sind, sind Sie durch Zufall und Geburt. Was roman daraus gemacht. Dabei sind sie recht ich bin, bin ich durch mich. Fürsten hat es und nahe am Original geblieben. Madeleine Scuderi wird es noch Tausende geben. Beethoven gibt’s ist weiterhin erfolgreiche Schriftstellerin von nur einen.“). Doch wie wichtig ist es wirklich, Liebesromanen, 73 Jahre alt, lebt allerdings in zu wissen, welchen Namen die Unsterbliche Wien statt in Paris. Sie hat zwar weniger Per- Geliebte trug? Da wurde endlos lange mit mehr sonal als ihre Pariser Kollegin – lediglich das oder weniger wissenschaftlichen Kanonen auf Hausmädchen Lucy, vormals Martiniere, ist ihr einen kleinen Spatzen geschossen. Der Berli- geblieben –, dafür bekam sie einen Liebhaber ner Musikwissenschaftler Albrecht Riethmüller (Paul) und einen Bruder namens Georg zuge- äußerste sich mal zu einem ähnlich „weltbewe- teilt, letzterer allerdings ein rechtes Ekel. Stark genden“ Rätsel in Beethovens Biographie, zur aufgewertet wurden die staatlichen Ermitt- Frage, wer denn die Widmungsträgerin des Kla- lungsbehörden: Anstelle des Beamten Desgrais, vierstücks „Für Elise“ wirklich war: „So, wie der bei Hoffmann knallhart, aber eher am Rande Musik Beethovens nicht geholfen ist, wenn den mitmischend – entscheidend hier die Konstel- Spekulationen über die „unsterbliche Geliebte“ lation Scuderi/Cardillac – tritt bei d’Arachart/ der letzte Prozeß gemacht ist, so wird auch aus Wedler Chefinspektor Dominik Greve in Akti- dem zweifelsfreien Aufweis der Person, der die on, er ist neben der Scuderi die zentrale Gestalt Noten zugedacht gewesen sein mögen, nichts des Romans. Beruflich übermotiviert, quasi für das Stück und vor allem nichts für seine pausenlos im Dienst, bekommt er auch noch eminente Wirkung zu gewinnen sein. Diese ein umfangreiches Privatleben aufgehalst mit aber ist es, auf die es musikalisch und musik- Ehefrau, zwei Kindern und zusätzlich eine Af- geschichtlich ankommt. Selbst wenn wir eines färe mit einer Kollegin. Diesen Spagat kriegt Tages unter verschwenderischem Aufbieten von er natürlich nicht hin, zumal sein Vorgesetzter, John E Klapproth: Beethovens einzige Ge- Kräften herausfänden, dass es nicht für There- Polizeipräsident Reinhardt, den Druck, dem liebte: Josephine!, CreateSpace, Charleston, se oder Elise, sondern für Amalie oder Bärbel, U.S.A., 2. erweiterte und revidierte Auflage, er seitens der Medien ausgesetzt ist, gnadenlos 2012, 300 S., ISBN 10:1470098075. (erhält- für Cathérine oder für gar keine geschrieben an Greve weitergibt. Das wird alles ausführlich lich bei Amazon) worden ist: Was hätten wir gewonnen?“ In die- dargestellt, dabei spart das Autorenduo nicht sem Sinne scheint die Frage, ob Josephine oder mit heutzutage genreüblichen Gemeinplätzen. Ein Dauerbrenner in der Musikwissenschaft, doch eine ganz andere Beethovens Unsterbliche Kein Wunder, dass die Neufassung viermal so Abteilung Yellow Press, ist die Frage: Wer war Geliebte war, ähnlich relevant wie die Frage, ob lang ist wie das konzise, auf das Wesentliche Beethovens Unsterbliche Geliebte? Ganze For- Beehoven seine „Elise“ einer Regensburger San- konzentrierte Hoffmannsche Original, das mit schergenerationen haben sich in mehr oder gesmaid (neuester Stand der Dinge) oder doch einem Paukenschlag beginnt: Ein fremder jun- weniger kriminalistischer Manier an die Arbeit einem Nürnberger Lebkuchen gewidmet hat. ger Mann, der Gehilfe Cardillacs und Liebha- gemacht, um diesem Geheimnis auf die Spur zu Randolf Jeschek ber seiner Tochter, wie sich später herausstellt, kommen. Seit geraumer Zeit scheint es gelüftet, dringt eines Nachts in Scuderis Haus ein, das ist auch wenn der letzte Beweis fehlt. Der neu- überwältigend, stringent erzählt. Im neuen Ro- seeländische Autor John E Klapproth jedenfalls man braucht es erstmal 100 Seiten Prälimina- ist der Meinung, die Zeit für einen Abschluss Bisherige Ausgaben der „Besprechung“ - Aktive Mitarbeit rien, die aber dennoch kunstvoll gestrickt sind. und eine ultimative Zusammenfassung der Prinzipiell chronologisch wird hier erzählt, endlosen Diskussionen sei gekommen und legt aber in vier zunächst unabhängig voneinander nun eine minutiöse Bestandsaufnahme zu die- Wer nach der Lektüre dieser Ausgabe Ge- ablaufenden und sich einander abwechseln- sem Thema vor: „Beethovens Einzige Geliebte: fallen an der Zeitschrift „Die Besprechung“ den Erzählsträngen, vier Perspektiven: jeweils Josephine!“ Grundlage aller Spekulationen ist gefunden hat, dem bieten sich zwei Chan- aus der Sicht des Fräuleins von Scuderi, des Beethovens berühmter Brief aus dem Jahr 1812, cen: zum einen die Lektüre auch der bishe- Chefinspektors Greve, des jungen Liebespaares der mit „Mein Engel, mein alles, mein Ich!“ be- rigen Exemplare - alle sind auf der Home- (Gehilfe und Tochter Cardillacs), und eines ginnt. Dieser Engel könnte gewesen sein: Julie page des Herausgebers „www.pr-bauer.de“ zunächst unbekannten Triebtäters, der sich im Gräfin Giucciardi, Amalie Sebald, Therese Grä- zum Download. Zum anderen die aktive Verlauf der Handlung als Cardillac entpuppt. fin von Brunsvik, Bettina Brentano, Marie Erd- Mitarbeit als Rezensent(in) eines Buches, ei- Diese Neufassung hat schon was: kunstvoll ödy u.a., sogar Beethovens Neffe Karl war im ner CD, DVD, eines Spiels usw. Ganz einfach strukturiert, in ganz vielen Details sehr nahe Gespräch. In die Endrunde aber kamen Antonie Kontaktaufnahme mit dem Herausgeber am Original, doch mit einem überraschenden von Brentano, favorisiert von amerikanischen und Chefredakteur (Telefon, Mail etc. - sie- eigenständischen Schluss (zum Thema: wer Musikologen wie Maynard Solomon, und Jose- he Impressum). Und vielleicht gibt es dann war der Mörder des Mörders Cardillac), flüssig phine Gräfin von Brunsvik, die, unterstützt von 2014 auch mehr als nur eine Ausgabe.

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dieser dem Rezensenten deutlich, dass er aus- Dieses Defizit und auch das Attribut des drücklich das Lied „Bei uns in aller Fruah“ (vul- leisen Vertreters der Fab Four aus Liverpool go: „Der Scheißdreeg“) zur Aufführung abge- hebt die nun auch im Paperback-Format er- lehnt hatte. Bei der Lektüre des Buches kam dem hältliche umfangreiche Würdigung George Rezensenten nun genau dieses Lied irgendwie Harrisons durch den 1962 geborenen Pro- bekannt vor und er erinnerte sich dann an eben fessor für Englische Sprachwissenschaft und den Volksmusikabend, als das Lied dennoch Sprachdidaktik an der Universität Köln auf. – zur allgemeinen Erheiterung - mit dabei war. Detailliert und akribisch beschreibt er das Der Rezensent bog sich beim Lesen des Textes Solowerk Harrisons von dem im Jahr 1968 vor Lachen. Und genau hier liegt das eingangs erschienenen Opus „“ bis genannte Dilemma: Mancher lehnt solche def- zur letzten CD „Brainwashed“ bzw. der aller- tigen Lieder wegen der „political correctness“ letzten Aufnahme „Horse to the Water“ mit ab, andere kugeln sich vor Lachen. Natürlich ist Jools Holland. auch der Rahmen wichtig – ob im großen Kon- Und aus all diesen Aktivitäten Harrisons zertsaal oder, wie es im Untertitel des Buches von 1968 bis kurz vor seinem Tod am 29. No- heißt, am Stammtisch im Wirtshaus. Das be- vember 2001 wird deutlich, dass er sehr wohl trifft auch die vielen kurzen Trinksprüche, die zu Vorkommnissen Stellung bezogen hat häufig auch nicht gerade ohne sind. – sei es in seinen Songs oder auch in Inter- Aber – die Lieder sind allesamt Kultur- und views bzw. duch sein Handeln und Agieren. Volksgut und sind es daher wert, festgehalten Auch das Verhältnis zu seinen drei Beatles- und, wenn die Rahmenbedingungen passen, Kollegen nach der Trennung im Jahr 1970 auch tradiert, gesungen und weitergegeben zu schimmert immer wieder durch – weniger werden. Natürlich gehören bestimmte Lieder in schwierig zu Ringo Starr und John Lennon, bestimmte Regionen und Ecken, und hier hat etwas belasteter zu Paul McCartney. Dies Adolf Eichenseer in diesem Band vor allem aus wird, auch wenn das nur Randthema ist, an- der nördlichen und mittleren Oberpfalz (und hand der Arbeit am Beatles-Anthology-Pro- zum Teil aus anderen Regierungsbezirken) jekt in den 90er Jahren offenkundig. viele Beispiele gesammelt. Die Herkunfsorte, Und klar wird auch, dass Adolf Eichenseer (Hrsg.): Heit san ma wie- Gewährsleute und Quellen sind im Registerteil viele Songs auch für andere Künstler schrieb der kreizfidel. Bairische Wirtshausliader akribisch genannt, ebenso ein Liedverzeichnis bzw. auf Aufnahmen anderer Musiker mit- und Trinksprüch‘ – gschaamige und aus- gschaamte. München 2012. Volk Verlag. nach den Liedanfängen. wirkte, Fans erkennen ja sofort seine ganz ISBN 978-3-86222-085-4. 288 Seiten. 16,90 Also, keine falsche Scheu, und rein ins Ver- spezifische Slide-Gitarre. Dass der jüngste Euro. gnügen. Ein „Ui ui ui“ kann schon mal vorkom- der vier Beatles durchaus auch seinen men, aber sicher auch viel Heiterkeit und La- (Stur)Kopf gegenüber den Größen der Plat- Es ist immer etwas problematisch, wenn der chen, was bestimmt auch bei den nächsten zwei tenindustie zeigte, wird sichtbar an einigen Rezensent den auf dem Buchtitel abgebildeten Bänden dieser Reihe so sein wird. längeren musikalischen Schaffenspausen, wo Musikanten und auch den Herausgeber des Markus Bauer er dann lieber auf den Formel 1-Strecken der Buches persönlich kennt und eine kritische Be- Welt zu sehen war als auf Konzertbühnen. trachtung über das Werk schreiben soll. Nun, Aber auch das verarbeitete er in Songs wie mit dem Untertitel ist ja schon angedeutet, dass etwa „Faster“. zart besaitete Zeitgenossen bei nicht wenigen Nicht nur die offiziell erschienenen Sing- Liedern die Stirn runzeln, um es ebenso vor- les, LPs und CDs stellt Andreas Rohde nach sichtig auszudrücken. Deftig und derb geht es durchgehenden Mustern (Entstehung – Be- des öfteren zu, da werden die Dinge ohne große setzung – Aufnahmen – Songs – Veröffent- Umschweife genannt, bei nicht wenigen Lie- lichung und Rezeption) vor, er vergleicht dern das Verhältnis zwischen Mann und Frau immer wieder auch mit Alternivtracks auf in seiner urwüchsigen Form der körperlichen Bootlegs, wodurch die Entstehung und Liebe. Doch wie sich heute der Spruch „Sex Entwicklung mancher Lieder sehr detail- sells“ in vielen Bereichen der Öffentlichkeit bis liert dargestellt wird. Aber auch DVDs und hin zum Internet mit seinen vielfältigen Ange- iTunes nimmt der Buchautor in seine Be- boten breit gemacht hat, so suchte sich dieses trachtungen auf, sowohl authorisierte wie Thema eben früher unter anderem sein Ventil auch nicht authorisierte. Und in einer akri- in entsprechenden Liedern. Die in zahlreichen bisch recherchierten Chronik von Dezember Liedtexten vorkommende Textergänzung „bei 1967 bis zum besagten 29. November 2001 da Nacht“ deutet ebenfalls darauf hin, auch wird das musikalische Arbeiten und Schaf- wenn die Lieder selbst harmlos gehalten sind. fen George Harrisons als Sänger, Musiker, Aus Begegnungen bei zünftigen Anlässen mit Produzent und auch Filmemacher facetten- bereits verstorbenen und auch noch lebenden, reich gewürdigt. Und alles von Rohde in dem viele Jahrzehnte aktiven Musikanten sind dem Buch zusammengetragene Wissen ist auch Rezensenten nicht nur einige „kracherte“ Lieder mit Quellen, also wissenschaftlich sauber, und Texte aus dem erwähnten Themenfeld be- belegt. kannt, sondern auch manch andere in dem Auch wenn sich 448 Seiten nach einem Buch enthaltene Lieder oder Textvariationen zu dicken Wälzer anhören - bei der Lektüre anderen Themenbereichen. Denn der frühere kommt keinerlei Langeweile auf, man kann Bezirksheimatpfleger der Oberpfalz widmet angesichts der Gliederung auch nach län- sich auch Liedern zu den Themen Wirtshaus, geren oder kürzeren Phasen immer wieder Essen und Trinken, Unterhaltung, Humor, Tanz neu einsteigen. Da stört es auch fast nicht, und Spiel, Geselligkeit und Spott, Militär und Andreas Rohde: George Harrison solo. Eine dass außer dem Bild Harrisons auf dem Co- Krieg, Gemüt und Sehnsucht, Abschied oder musikalische Biographie. Oberhausen 2013. ver keine weiteren Fotos in der Abhandlung Verlag Nicole Schmenk. 2. überarbeitete einfach nur Gaudi und Unsinn, wobei hier auch Auflage. ISBN 978-3-943022-16-2. 448 Sei- enthalten sind. Natürlich hätte dies den Le- viele Schnaderhüpfl dokumentiert sind. ten. 24,90 Euro. ser/Fan gefreut. Aber aus eigener Erfahrung Und in dem Buch sind nicht nur Lieder aus der Beatles-Forschung und -Recherche weiß vergangenen Zeiten enthalten, sondern auch Während über John Lennon und Paul Mc- der Rezensent, dass der Marktpreis für Fotos ganz neue Schöpfungen. Die Sehnsucht etwa Cartney, die führenden Köpfe der Beatles, der (Ex)Beatles immens hoch ist. Und dies von Heimatvertriebenen, also eine ganz senti- auch im deutschsprachigen Raum in den würde sich letztlich ja wieder auf den Preis mentale Angelegenheit, kommt ebenso vor wie vergangenen Jahren immer wieder neue Bio- auswirken. Aber auch ohne Fotos ist „Geor- bayerisch-böhmische Lieder. grafien oder Darstellungen erschienen sind, ge Harrison solo“ ein Muss für Beatles Fans Und noch eine Begebenheit am Rand: Bei war es bislang über den (vermeintlichen) – und solche, die es werden wollen. einem Gespräch mit einem Musikanten, der „stillen Beatle“ George Harrison diesbezüg- Markus Bauer einen Volksmusikabend organisierte, machte lich eher ruhig.

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von Dialekten, diese Begriffe festzuhalten und von Vereinen, Tagungen und Seminare bis hin von Ludwig Zehetner erklären zu lassen. Und zu Kultur und Kleinkunst genannt. Und nicht Bayern vielleicht gibt es ja auf Basis seiner derzeit lau- wenige dieser Betriebe haben viel Geld in die fenden MZ-Reihe ein weiteres Dialekt-Buch. Hand genommen, um ihre Gebäude nach Vor- Die dreibändige Reihe „Basst scho!“ jedenfalls gaben der früheren Zeit zu sanieren und damit gehört in den Bücherschrank jedes traditions- ein Zeichen für Geschichtsbewusstsein zu set- bewussten Altbayern! zen. Die Regionalität beweisen vielfach auch Markus Bauer echt oberpfälzische kulinarische Schmankerl, die in vielen dieser Lokale saisonal angeboten werden. Sachkundige Autoren, die zum Teil in ihre Beiträge auch ihre persönlichen Forschungs- steckenpferde einbringen, sowie hervorragende Bilder ermuntern den Leser dazu, mehr zu wol- len als die präsentierten Wirtshäuser nur im Kopf abzuspeichern. Das Buch ist auch ein An- reiz, diese Gaststätten vor Ort zu besuchen. Bei den vorliegenden 50 historischen Wirtshäusern in der Oberpfalz stehen (theoretisch) ein Jahr lang die Wochenendausflüge fest – und man lernt damit auch nahezu alle Ecken dieses Re- gierungsbezirks kennen. Markus Bauer

Romane und Belletristik

Ludwig Zehetner: Basst scho! Band 3. Eine neue Runde auf dem Spaziergang durch die Heimatsprache Altbayerns. Regensburg 2011. Edition Vulpes. ISBN 978-3-939112- 53-2. 256 Seiten. 19 Euro. Dass die Erklärung von Dialektbegriffen und Oberpfälzer Kulturbund (Hrsg.): 50 histo- -redewendungen ein Dauerbrenner ist, beweist rische Wirtshäuser in der Oberpfalz. Regens- burg 2012. Verlag Friedrich Pustet. ISBN die Tatsache, dass „Dialektpapst“ Ludwig Ze- 978-3-7917-2475-1. 190 Seiten. 22 Euro. hetner auch nach den drei Bänden „Basst scho!“ immer noch jeweils am letzten Freitag des Mo- Vielfach war und ist in jüngster Zeit vom nats in der Mittelbayerischen Zeitung Leserfra- Wirtshaus- und Brauereisterben die Rede. Die gen hierzu beantwortet. Und die Nuancen des Kultur des Wirtshausbesuches, der Stammtische Dialekts, d.h. Worte, Begriffe und Sentenzen, und der Schafkopf- oder anderer Runden hat variieren schon innerhalb von zehn Kilometern, sich in den letzten Jahrzehnten geändert, ganz der Stoff für die Erläuterungen dürfte demnach zu schweigen von den Alkoholkontrollen für so schnell nicht ausgehen. Autofahrer, was da und dort auch zu Schwierig- Wie in den beiden vorangegangenen Bänden keiten in der Gastronomie geführt hat. ordnet Zehetner die Begriffe und Redewen- Dass aber auch Kontinuität möglich ist dungen nach bestimmten Themen wie zum Bei- – und das in der gesamten Oberpfalz und in spiel Essen und Trinken („Radi und Obatzter“, ganz unterschiedlichen Größenordnungen und „Weißbier und Radler“, „Dotsch, Sterz und Strukturen von Gasthäusern – verdeutlicht das Bauchstechala“). Diese Bezeichnungen dürften vorliegende Buch. Vielfach stehen die Gast- ja noch allgemein bekannt und verständlich häuser sogar unter Denkmalschutz und haben sein. Ebenso die Worte „Waschlappen“ und „Si- damit eine bewegte Geschichte als „wichtiges mandl“ für besondere Ausprägungen von Män- Element der Kulturgeschichte“, wie Prof. Dr. nern. Interessant wird es schon eher bei typisch Egon Johannes Greipl, Generalkonservator des altbayerischen Wortsteigerungen wie „pfen- Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege in ningguad“, „pumperlgsund“ oder „gackerlgelb“ seinem Geleitwort feststellt. - Umschreibungen, die der jüngeren Generati- Betrachtungen zu Oberpfälzer Wirtshäusern Alexander Sever: Schneeverhältnisse. Be- on heute vielfach nicht mehr so bewusst sind. in alter Zeit stellt unter dem Titel „... und kei- kenntnisse eines Skilehrers. Wien 2011. Edi- tion a. ISBN 978-3-990001-021-1. 188 Seiten. Zehetner geht auch auf Entlehnungen aus dem ne Kost, die zu genießen war“ Prof. Dr. Peter 19,95 Euro Tschechischen ein, beleuchtet Begriffe aus di- Morsbach an, wobei er aus einigen Orten alte versen Handwerken sowie aus dem Brauch- Quellen zitiert und unter anderem auch auf die Bekenntnis des Rezensenten: Ich bin kein Ski- tum oder auch aus der Tierwelt. Schmunzeln frühere Brautradition der Kommunbrauhäu- fahrer, kann also aus der Praxis und eigenen Erfah- ist oft bei der Lektüre die einfachste Form der ser kommt, die in einigen der Zoiglorte in der rungen nicht mitreden in Sachen Skilehrer und de- Ergötzung, häufig muss man einfach lauthals nördlichen Oberpfalz noch heute präsent sind ren (erotische) Wirkung auf die Damenwelt. Daher loslachen angesichts der Begriffe und Redewen- und auch auf die Wirtshauskultur Auswirkung hier also ein paar allgemeine Gedanken, verbunden dungen, von denen man selbst als heimatbe- haben. mit Infos des Verlags zum Autor und blitzhaften wusster Oberpfälzer den einen oder die andere Mit zum Teil heute noch bestehenden Brau- Erinnerungen an die Lektüre des Buches. verdrängt hat. ereien ist auch ein Teil der in dem Buch re- Aus der Distanz betrachtet haftet Skilehrern tat- Ein ausführliches Register am Ende dieses präsentierten Gasthäuser verbunden, andere sächlich bisweilen das Bild des Frauenaufreißers Bandes führt in alphabetischer Reihenfolge alle beruhen auf Mühlen oder Sägewerken, wieder an, auch wenn man das natürlich nicht verallge- in den drei Bänden behandelten Begriffe auf andere auf Klostertraditionen. So vielfältig die meinern sollte und die Palette vom Charme aus- und weist sie dem jeweiligen Band und Kapitel historischen Hintergründe der Gasthäuser, so sprühenden Skidozenten bis zu dem, der mit (fast) zu. Und sicher wird es regionale und örtliche bunt ist auch das Leben darin bzw. die Nutzung. jeder Skiurlauberin im Bett landet, natürlich groß Wörter geben, die sich nicht in den drei Bänden Neben der klassischen Bewirtung der Gäste und sein dürfte. Der Autor des Buches Alexander Sever, „Basst scho!“ finden. Wichtig ist daher in einer der Übernachtung seien die Aktionen „Musi- geboren 1973, hat Sportwissenschaft und Informa- Zeit der Globalisierung und des Aussterbens kantenfreundliches Wirtshaus“, Beherbergung tik studiert und arbeitet seit seiner Studienzeit ne-

12 Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013) benberuflich als Skilehrer. Seit 2005 ist er hauptbe- rächt, weil einem rechtschaffenen Menschen hin- und eine Übersichtskarte für die bessere Verständ- ruflich Lehrer im Bereich Sportgerätetechnik und terhältig Unrecht zugefügt und Macht demons- lichkeit der Ortsbeschreibungen. Das Layout des -design. Klar, dass er da so manches mitbekommt triert wird. Und es ist ein Täter, der selbst am Rande Kriminalromans und die Kapitelstruktur (insge- – bei dem Buch handelt es sich auch um einen Tat- der Gesellschaft steht, in ärmlichen Verhältnissen samt 16 plus Prolog und Epilog) weisen die besten sachenroman. groß geworden ist, vom Leben nicht verwöhnt, Voraussetzungen auf, um im Ganzen gelesen zu Und darin wird deutlich, dass das Verhältnis des sondern wegen der Herkunft ausgeschlossen wur- werden. Wer aber die Spannung unterbrechen Skilehrers zur Damenwelt – ganz egal ob jung oder de. Weil er keine anderen Mittel kennt, vergilt er muss, kann Pausen einflechten. Der Krimi ist sehr schon etwas älter, ob blond, ob braun – er liebt Gewalt mit Gewalt. empfehlenswert für all diejenigen, die neben dem einfach alle Fraun‘ – schon fast suchthafte Züge Das tragische Geschehen trägt sich im Jahr 1930 Mord noch etwas anderes über den Schauplatz annehmen kann. Zwar stoppt der Autor diskret, in der kleinen Ortschaft Buchenau im Bayerischen und die Zeit erfahren wollen – und er hat noch wenn es nach dem Anbaggern richtig zur Sache Wald zu. Um die großen Schäden des Unwetters keine vorgefertigten Prototypen! geht. Doch die verschiedenen Herangehenswei- von 1929 zu beseitigen, hat der Forstmeister der Irmgard Schroll-Decker sen und Taktiken, mitunter auch zwischendurch Forstdienststelle Buchenau zusätzlich drei Holz- aufkommende (Selbst)Zweifel des Skilehrers, das hauer aus Rosenheim beschäftigt. Auf dem Weg zu Verhältnis – ja fast Ausnützen – seines besten ihrer Einsatzstelle machen sie den ersten Leichen- Freundes, wird detailliert geschildert. Ebenso aber fund. Neben dem Entsetzen, das ein Mord in dem auch die Liebes- bzw. Partnerschaftshintergründe abgeschiedenen Örtchen und in der Umgebung der Damen, die diese letztendlich in die Hände auslöst, gedeihen auch die Spekulationen, wem bzw. das Separee des Skilehrers treiben. eine solche Tat zuzutrauen wäre. Dass die Frem- „Skilehrer kriegen jede rum – Alexander Sever den zuerst verdächtigt werden, gehört zur trüge- erlaubt einen aufregenden Blick hinter die Kulissen rischen Dorfidylle, welche gerne aus sozialer Nähe des Wintertourismus. In seinem neuen Tatsachen- und Solidarität gewoben wird. Das soziale Leben roman ‚Schneeverhältnisse‘ beschreibt er die Ma- im Dorf beinhaltet auch dunkle Seiten, nämlich chowelt auf der Piste und beim Après-Ski, die Seele Kontroll- und Zuweisungsprozesse. eines Mannes, der jede Frau eine Skiwoche lang Zur Aufklärung des Mordes tragen der Haupt- haben kann und das Wesen der ‚Skihasen‘“. So war wachtmeister vom Gendarmerie-Posten Zwiesel in einem PR-Text des Verlags zu lesen. Nun könnte und zwei Regensburger Kripo-Beamte bei. Neben man natürlich die alte Weisheit entgegenhalten, dem, was sie ermittlungstechnisch leisten können, dass zu so einem „gschlamperten Verhältnis“ im- tauchen sie in das Dorfleben ein und erfahren ei- mer zwei gehören. Sicher ist in diesem Roman niges. Der Kriminalinspektor versteht es gut, die die eine oder andere Szene, Person oder Situation Dörfler zu hinterfragen und auf diese Weise aus überspitzt dargestellt oder eben stilistisch ausge- den Gesprächspausen und dem Nicht-Ausgespro- staltet. Doch ein Funken Wahrheit mag sicher auch chenen mindestens ebenso viele Hinweise zu zie- bleiben, auch wenn man natürlich nicht alle Skileh- hen wie aus den Aussagen. Stück für Stück setzt rer über einen Kamm scheren sollte. Unter dieser er sein Mosaik zusammen. Spätestens nach dem Prämisse ist der Roman „Schneeverhältnisse“ ein zweiten Mord, der nach dem gleichen Tatmuster locker zu lesender, bisweilen natürlich auch etwas verübt wird, ist es dem Leser klar, wohin die Spur anzüglicher Stoff, der gerade bei Skifahrerinnen führen muss. und Skifahrern jeden Alters auf Interesse stoßen Die beiden Morde sind zwar das treibende dürfte, ob‘s in der Realität auch so ist. Motiv, jedoch enthält der Krimi viel mehr Wis- Helga-Maria Junghans: Wo ist Bethlehem? Markus Bauer senswertes aus dieser Zeit und aus dieser Region. Kreuzer schildert beispielsweise mit viel Detail- ... und andere Geschichten zur Weihnachts- zeit. Pettendorf 2013. best-off-verlag. ISBN kenntnis die Arbeitsgeräte der Holzhauer und die 978-3-942427-66-1. 96 Seiten. 10,50 Euro der Kriminaler. Er zeichnet die Charaktere der wenigen Personen so, dass sie ein Abbild des so- Die Menschen sollten der hektischen Alltags- zialen Gebildes darstellen. Er fügt das Geschehen welt entfliehen, zur Ruhe kommen, Stille und ihr in den Rhythmus zwischen Arbeit an den Werkta- Gleichgewicht finden. Das sind allgemeingültige gen und Ruhe an den Feiertagen ein. So entsteht und traditionelle Inhalte des November sowie der ein Einblick in das „uralte Ritual“ (S. 14) eines Advents- und Weihnachtszeit, die auch Helga- Dorfes, welches stark von den Jahreszeiten geprägt Maria Junghans unterstreicht. Doch sie vertieft ist. Zeitlich sind die Ereignisse umgeben vom auf- dies noch mit einem weiteren Gedanken. „Es ist kommenden Nationalsozialismus und der Kriegs- auch die Zeit, in der wir in uns hineinhören, ja zeit bis zum Jahr 1940, wobei die „Weltpolitik“ nur in uns gehen und uns hinterfragen können. Und eine ganz marginale Rolle spielt. so erfahren können: Wo stehe ich in diesem hek- Der Autor ist ein Kenner der Region und der tischen, chaotischen Weltgefüge?“ Und da könne Leute und macht sich das zu Nutze. Er versteht der Mensch die Geburt Christi in sich als Neuan- es vorzüglich, mit seiner ihm eigenen, dialektale fang erfahren. Strukturen beibehaltenden Sprache Stimmungen Und so vermittelt etwa das „Gespräch zweier einzufangen, sie hörbar zu machen. Die Dialoge Christbäume“ die Konfrontation des Echten mit zwischen den Personen wirken so echt, man kann dem Unechten bzw. den Aspekt, dass auch jeder sich die Figuren lebhaft imaginieren. Sie sind nicht Baum ein Geschenk Gottes ist mit dem Verweis fremd, sondern sie gehören zum Ort, sie sprechen auf die Ewigkeit bzw. das Paradies („ewiger Gar- keinen Satz zu viel, meiden Gefühlsausbrüche und ten“). Die Erzählung „Alle Jahre wieder“ will ver- wenn sie etwas nicht sagen, dann hat das auch eine deutlichen, dass Weihnachten auch dazu aufrüt- Bedeutung. Der Autor legt zwar einen Krimi vor, teln kann, sich von starr gewordenen Traditionen er verzichtet aber auf das grauenhaft Genaue, er zu lösen und den vom Weihnachtslicht und der benennt die Fakten und wendet sich dem zu, was entsprechenden Stimmung ausgehenden Gefüh- damit zum Ausdruck gebracht wird. Manches len zu folgen – auch um Neues zu wagen. In der lässt er bewusst offen, greift auf Symbole zurück, Phantasiewelt der Engel spielt das Märchen „Der um Stimmungen und Emotionen zu beschreiben Engel mit dem gebrochenen Flügel“, von einer und stellt es dem Leser und der Leserin anheim, letztlich Freude verbreitenden Begegnung mit ei- Eberhard Kreuzer: Mord in Buchenau. Ein weiter zu denken. Kreuzer hat seine eigene Art, die ner ängstlichen Katze die sehr kurze Geschichte Krimi aus dem Bayerischen Wald. Grafenau Gattung Kriminalroman auszugestalten. „Das Weihnachtsgeschenk“. 2013. Morsak Verlag. ISBN 978-3-86512-089- 2. 295 Seiten. 14,99 Euro Das Buch ziert ein Foto mit einem Eingang zu Auch diese Erzählung, die Junghans im Grund- einem Kellerverlies. Dieses Foto hat einen Bezug stock bereits im Jahr 2009 zu Papier gebracht hat, In diesem Kriminalroman gibt es weder ein zum Inhalt und passt insofern hervorragend. Der verweist auf die Botschaft, die Geschöpfe Gottes zu Geständnis, noch wird ein Täter überführt. Je wei- Morsak-Verlag hat sich für eine Hardcover-Ausga- achten. Aber auch der Trost, den Tiere Menschen ter der Leser und die Leserin in das Buch eintau- be und eine sehr leserfreundliche größere Schrift geben können, soll damit angedeutet werden. Die chen, umso klarer wird es aber, wer der Täter ist entschieden. Der Anhang enthält eine Worter- weiteren Geschichten sind dann zwischen Som- und welches Motiv ihn treibt. Es ist einer, der sich klärung, Quellennachweise, Angaben zum Autor mer 2012 und Früjahr 2013 entstanden – mit ei-

13 Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013) ner Hauptarbeitszeit natürlich um Weihnachten schrockene Krieger“, „Geister“ oder der „Zei- 2012. In die Geschichten fließen – wie auch bei tenspringer“ seine Leser hat. Mit dem neuen Junghans‘ bisherigen Werken – Erfahrungen und Roman „Brot und Unwetter“ greift er sein Erlebnisse sowohl ihrer Kindheit und Jugendzeit Lieblingsthema „Bar“ wieder einmal auf, nach im Salzburger Land (Alltag der Bergbauern, aber „Bar Sport“ (1976), „Bar 2000“ (1987) und „Bar auch im Hotel des Vaters) als auch aus ihrer Arbeit auf dem Meeresgrund“ (1997). Im Mittelpunkt als Therapeutin ein. steht dabei wieder eine „Bar Sport“, und zwar So finden sich in den weiteren Erzählungen im kleinen Dorf Montelfo. Dort treffen sich alle auch Anklänge zur Bedeutung von Reichtum und bei Trincone dem Wirt. Beispielsweise Opa Se- Geld im Kontrast zu Menschlichkeit, Wärme, Mit- her, strahlender Siebzigjähriger (und Alter Ego gefühl und Liebe. Die kleinen Freuden des Lebens des Autors), der jeden Morgen zum Frühstü- rückt die Autorin ebenso in den Vordergrund wie cken die dreihundert Schritte in die Bar geht, die Bereitschaft zum Helfen. Und wichtig ist ihr nachdem er die siebenundzwanzig Tätigkeiten immer wieder auch der Aspekt, dass der Mensch verrichtet hat, die ein erwachsener Mensch ver- sich seiner selbst gewahr wird und sich nicht an richten muss, um seinen Platz in der Welt wie- die Außenwelt verraten soll. der einzunehmen: sich wieder auf zwei Beine Letztlich will dies alles auch, so Helga-Maria stellen, sich waschen, sich ankleiden usw. usw. Junghans, das Weihnachtsfest, die Geburt Christi Im Gegensatz zum primitiven Menschen, der verdeutlichen. „Das Licht wird zu Weihnachten nur drei Dinge tun muss, sich vorsichtig erhe- geboren“, lautet ihre Interpretation, und daher ben, um sich den Kopf nicht an der Höhlen- sei es auch wichtig, Lichter – die Lichter in einem wand anzustoßen, pinkeln und sich den Schädel selbst – anzuzünden. Und auf einen anderen As- kratzen. „Der Übergang von den drei grundle- pekt weist sie ebenfalls hin: Mit dem Kind in der genden Tätigkeiten des Pythekanthropus zu den Krippe wie auch mit jeden anderen neugeborenen siebenundzwanzig des Durchschnittsmenschen Kind dürfen wir Hoffnung verbinden. Licht sein nannte sich Kultur.“ Dann der alte Archivio, der und Hoffnung geben, um diese weihnachtlichen sich an alles erinnert und noch einmal ans Meer Engelbert Huber: Muren. München 2010. Li- Gedanken weiterzutragen bzw. die Gedanken und will. terareon im Herbert Utz Verlag. ISBN 978-3- 8316-1470-7. 137 Seiten. 16,80 Euro das Handeln des Lesers anzuregen - dazu wollen Ab Seite 230 geht’s dann auch tatsächlich los, die Geschichten Helga-Maria Junghans‘ beitragen. das halbe Dorf fährt mit. Dann die vom Glück Der geneigte moderne Leser eines mo- Kurzum, mit der Autorin gesprochen: „Weihnach- verwöhnte Spielerin Carmela Dusella, die Fri- dernen Kriminalromans, der gleichzeitig ein ten ist ein unendliches Licht in der Dunkelheit!“ seurin Frida Fon, die Schneiderin Simone Abbild von Sozialstrukturen und einer An- Markus Bauer Bell’Eugele, der Tierarzt Rettganso, der Tank- sammlung komplexer Charaktere in einer nie- wart und Dichter Diogenes usw., lauter skur- derbayerischen Kleinstadt ist, dieser geneigte rile Gestalten mit sprechenden Namen. Auch Leser muss sich auf allerhand gefasst machen. die nachwachsende Generation trifft man dort Und so springt ihm gleich vorangestellt ein an, des Tierarztes Töchterlein Alice (dreizehn) Sonett ins Auge, im altertümlichen Deutsch, beispielsweise mit ihren beiden Verehrern verfasst von Andreas Gryphius. Von dem man Zwille, Neffe des Wilderers Garbe, und Gianni, – ja wann denn gleich wieder – schon mal ge- Laufbursche und Sänger und Bandleader ei- hört hat und mit dem auch heute noch diverse ner Rockgruppe. So weit so gut, doch der Bar Schülergenerationen erfreut werden. Dieser droht Gefahr: Sie soll weg (samt umliegender besagte Gryphius lebte zur Zeit des 30-jährigen Wälder), an ihrer Stelle ein Einkaufszentrum Krieges, erlebte und überlebte 1000-fachen entstehen, ein „polyfunktionaler, multivalenter, Mord, Hungersnöte, Pestilenz – die Ausrottung hypermarktischer Komplex zur wohnlichen, halb Europas und hatte dementsprechend auch gewerblichen und geldrecyclenden Nutzung“. eine etwas depressive Weltsicht. Mit den üblichen Begleiterscheinungen: Bau- Und sofort hofft der Leser, dass doch nicht spekulation, Korruption, Fortschritts- und Pro- Ähnliches in besagter niederbayerischer Klein- fitsucht, falsche Versprechungen, Verrat. Selbst stadt (vielleicht Riedenburg, dem Lebensmit- der linke Bürgermeister erweist sich ferngesteu- telpunkt des Autors) an der Tagesordnung sei. ert vom großen Investor namens Mediamogul. Und wenn doch, warum davon so wenig in der Doch der Angriff auf die Bar und damit auf die Zeitung steht?! (Die geneigte Rezensentin ist alten Strukturen und Lebensformen scheitert Journalistin und von daher berufsgemäß sehr letztlich, es ist einfach kein Geld mehr da für interessiert an außergewöhnlichen Umständen Bauvorhaben und Investitionen, die doch nur in der Region). Nichtsdestotrotz stellt sich im wenigen Privilegierten nützen. Laufe der Lektüre heraus, dass in dem Werk Das ist mit Witz, Fabulierlust und über- „Muren“ tatsächlich niemand mit seinem Le- bordender Fantasie erzählt, mit Seitenhieben ben zufrieden ist: ein VWL-Student mit Welt- auf Zeitgeist, Politik, Wirtschaft und Medien, verbesserungs-Ideen begeht einen Banküberfall Und vor allem mit zahllosen Geschichten und mit Geiselnahme. Die Geisel, eine vornehme Anekdoten angereichert, die im Grunde die und moralisch auf ihre alten Tage anscheinend Hauptsache sind, Geschichten vom Holzfäller doch etwas labile Dame (die sich wünscht, dass Grandocca oder vom Ziegenhirten Tore, der dem Verbrecher die Flucht gelingen möge) und Stefano Benni: Brot und Unwetter. Berlin den berühmten Käse „Belzebrie“ macht, den ihre ebenfalls adelige, aber verarmte Freundin 2012. Verlag Klaus Wagenbach. ISBN 978-3- mit Abstand stinkigsten des Kosmos, und eines und Gelegenheits-Dichterin stehen für eine 8031-3243-7. 288 Seiten. 21,90 Euro Tages per Internet auf Brautschau geht; oder Frauengeneration, die im Rahmen ihrer Bio- Solange es die Bar in Italien noch gibt, ist die Geschichte der schönen Zeilene, die erst- grafie und der Zeitumstände ein relativ eman- nichts verloren. Solange diese nationale Insti- mal operativ „descrupoliert“, mühelos Karrie- zipiertes Leben führen. Eine junge Frau, die in tution noch nicht durch amerikanische Coffee re macht, oder die von den beiden Starköchen der DDR aufwuchs und mit ihrer guten Kombi- Shops oder ähnliche Einrichtungen verdrängt Sofronia und Rasputin und ihrem gnadenlosen nationsgabe dem ermittelnden Beamten auf die ist, besteht Hoffnung. Die Bar als Ort der Ent- Rezepte-Duell. „Es wäre schön, so lange zu le- Sprünge hilft, steht für einen modernen Frauen- spannung, des Kartenspiels, der Kommunikati- ben, wie die Geschichten, denen wir zugehört typus, der selbstbewusst vielleicht auch mal zu on, der Debatten über Politik, Fußball und die haben und die wir erzählen. Aber sie werden illegalen Mitteln greift, um ans Ziel, sprich an anderen wichtigen Dinge des Lebens, der Ort länger leben als wir.“ den Mörder ihres Freundes zu gelangen. Hatte für Klatsch, Tratsch und Geschichten ist ein Bi- Randolf Jeschek ihr Freund doch beobachtet, dass während des otop, ein Refugium italienischer Alltagskultur. Banküberfalls einer der Schalterangestellten Und das soll auch so bleiben, meint der er- das Geld nicht nur in den Sack des Bankräubers folgreiche italienische Satiriker und Geschich- steckte, sondern sich gleich mal selbst bedien- tenerzähler Stefano Benni, der nicht nur ein Bei Rückfragen und Informationen te, um eigene Schulden begleichen zu können. www.pr-bauer.de Millionenpublikum in seiner Heimat, sondern Dieser spontan die gute Gelegenheit nutzende auch bei uns mit Romanen wie „Komische er- Banker ist Konrad Ohlfeld. Er lässt nicht nur

14 Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013) nichts anbrennen, sondern unternimmt für sei- Insgesamt ist „Muren“ ein gut zu lesendes lungen in die heutige Zeit an verschiedene Orte, ne berufliche und finanzielle Karriere wirklich Buch, bei dem man so manchen netten Seiten- Plätze oder Häuser in Prag, um ihr Schicksal zu alles: von der Unterschlagung am Bankschalter hieb entdeckt. Aber dennoch ist es keine leichte rächen, zu büßen oder auch nur der Öffentlich- über ein Weinproben-Seminar bis zum Mord. Lektüre nach langen Tagen. keit bekanntzumachen. Auch sein Kollege und Mord-Opfer ist kein un- Vielen Dank an Engelbert Huber, dass ich Damit gibt Heißig indirekt auch Einblicke beschriebenes Blatt, sondern lebt ebenfalls mit sein Werk rezensieren durfte. Es ist schließlich in die böhmische Geschichte sowie in die da- dem ihm anvertrauten Geld sehr angenehm. nicht so einfach, von seiner ehemaligen Schüle- maligen Lebensumstände und -verhältnisse. In dieser Hinsicht gelang Engelbert Huber ein rin kritisch unter die Lupe genommen zu wer- Die Gespenstergeschichten entführen etwa in nahezu prophetischer Blick in die Zukunft den – aber vielleicht durchaus gerecht...?! Und die Hussitenzeit, beinhalten aber durch die Be- („Stoppt den Wahnsinn des unkontrollierten dank seiner Bewertung meiner Schulleistungen gegnung historischer Figuren mit Personen der Finanzmarkts!“), denn „Muren“ entstand vor hatte ich mich schließlich auch entschlossen, Jetztzeit auch Aspekte der Zeitgeschichte wie dem internationalen Bankencrash dank glo- Journalistin zu werden. Was er übrigens selbst den Nationalsozialismus und die Judenverfol- baler Finanzjongleure. Und so stellt sich am auch mal werden wollte (Sportjournalist) … gung, den Kommunsismus bzw. postkommu- Ende des Buches heraus, dass der Bankräuber aber ein netter Krimi über die Zu- und Miss- nistischen Atheismus, die Kirchenverfolgung (und Geiselnehmer) schließlich der eigentlich stände im Sportbereich (Fußball! Radsport!) während des Kommunsismus oder die Exil- anständige und einzige Gutmensch ist. wäre mal was für das nächste Werk aus seiner problematik. „Muren“ ist ein flüssig geschriebenes, sehr Feder, seit kurzem ja im gymnasialen Ruhe- Zur chronologischen Einordnung der böh- gut durchkonzipiertes Werk. Allerdings blei- stand. mischen Geschichte hat der Autor eine detail- ben dem Leser trotz ausführlichster Darlegung Agnes 0. Eisenreich lierte Zeittafel im Anhang zusammengestellt, der biografischen Hintergründe oder einer die von etwa 620 (Gründung des westslawischen sehr kompetenten und sinnlichen Beschrei- Reiches) bis 2004 (Beitritt Tschechiens zur Eu- bung einer Weinprobe inklusive Menüfolge ropäischen Union) reicht. Mit einfühlsamen und Erotikexkurs („Ich liebe den Wein, aber und zugleich düsteren Zeichnungen hat die man muss das Trinken zelebrieren, zelebrie- Passauer Künstlerin Adelheid Brandhuber die ren, ganz langsam muss er eindringen, dass 20 Geschichten passend illustriert. Auch wenn man alle Tropfen einzeln spüren kann.“) die es im Untertitel „20 Gespenstergeschichten für handelnden Personen seltsam distanziert und Erwachsene“ heißt – vor dem Einschlafen soll- etwas blässlich. Was vielleicht auch an der ten zumindest sanfte Gemüter diese nicht un- Sprache liegen mag. Einem Deutschlehrer am bedingt lesen. Gymnasium angemessen ist natürlich die ein- Markus Bauer wandfreie Benutzung des Konjunktivs, kompli- zierter Ausdrücke, langer Relativsätze. Jedoch dem Rezipienten menschlich näher kommen die Personen, wenn sie sich einer differen- zierten Ausdrucksweise bedienen, ebenfalls im Denken. Denn so lässt sich nicht nur leicht Lokalkolorit erzeugen, sondern auch den un- terschiedlichen sozial-intellektuellen Hinter- grund quasi nebenbei schildern. Das Buch ist eine typische Schreibe, keine Spreche, was ich mir stellenweise gewünscht hätte. Denn auch der Leser möchte doch gern etwas erzählt be- kommen, damit im Kopf das Kino anläuft… Die formale Konstruktion und der Aufbau des Werks mit Lebensstil-Gruppierungen, Vanitas- Idee, Spiegelungstechnik etc. hat vielleicht zur Folge, dass hier eventuell ungewollt dem Kor- sett der Form zu viel Einfluss auf den Inhalt eingeräumt wird. Und ganz ehrlich, für einen Wald- und Wiesen-Krimi-Leser, wenn er nicht gleichzeitig Deutschlehrer ist und automatisch die Struktur analysiert, sind das praktisch ger- manistische Perlen vor die Säue geworfen. Au- Kurt Heißig: Die Unerlösten von Prag. ßerdem sind die 137 Seiten doch ganz schön 20 Gespenstergeschichten für Erwachsene. Mit 20 Illustrationen von Adelheid Brand- vollgepackt mit Soziologie- und Geschichts- huber. München 2012. Verlag Dr. Friedrich wissen, als da sind u.a. die (Nach-)Kriegsge- Pfeil. ISBN 978-3-89937-151-2. 231 Seiten. schichte mit Vertreibung und Nachkriegsalltag, 16,95 Euro Patriarchatsschelte, Atheismus und Werte- verfall, DDR-Sozialisation, Globalisierungs- Schaurig-schummrig geht’s zu in den 20 kritik und Vereinsamung im Alter. Die Hälfte Erzählungen Kurt Heißigs. Bis 2006 war der der Themen, und diese dann als rote Fäden Wissenschaftler Konservator an der Baye- durch das Buch gezogen, hätte leicht ausgerei- rischen Staatssammlung für Paläontologie cht. Was sich dagegen immer wieder wie ein und Geologie. Und nebenbei – vor allem eh- Faden durch das Werk zieht, ist das Interesse renamtlich – engagiert er sich dank seiner aus Ralf Rothmann: Shakespeares Hühner. Er- des Autors für die Geografie (Engelbert Huber Böhmen stammenden Gattin Gudrun, die als zählungen. Berlin 2013. Suhrkamp Taschen- buch Verlag. ISBN 978-3-518-46434-2. 212 war bis vor kurzem am Gymnasium Parsberg Tschechisch-Dolmetscherin tätig ist, für die Seiten. 19.95 Euro Lehrer für Deutsch, Soziologie und Erdkun- Verständigung zwischen (Sudeten)Deutschen de). Angefangen beim Titel „Muren“ (wie auch und Tschechen. Im Laufe der Jahre hat er bei Stiere, Rehe, Hirsche, Hunde, Mäuse … schon in seinem Erstlingswerk „Hopfenblut im zahlreichen Besuchen natürlich auch die tsche- Tiere aller Art und Größe gehören seit jeher Eozän“ ein Begriff, den jeder sofort aus seinem chische Hauptstadt Prag sowie deren Sagen und zum festen Bestand in Ralf Rothmanns Ro- Erdkundeunterricht parat haben müsste…), Mythen kennengelernt. manen und Erzählungen. Meist sind sie dann über die genaue Beschreibung des märkischen In diesem Kontext sind auch die 20 gruseligen zur Stelle, wenn weder Begriffe noch Bilder Meeres aus der letzten Eiszeit, in dessen tou- Erzählungen angesiedelt, die aber alle auch in greifen, wenn es gilt, etwas Unerklärliches, Un- ristisch reizvoller Gegenwarts-Landschaft das historische Zusammenhänge bzw. Ereignisse bewusstes fassbar zu machen. Auch in seinem sehr amüsant zu lesende, schon oben kurz zi- gestellt sind oder geschichtliche Figuren bein- neuen Erzählungsband „Shakespeares Hüh- tierte Weinverkostungs-Seminar stattfindet. halten. Die Gespenster waren alle einmal le- ner“ begegnet man auf Schritt und Tritt allerlei Ach ja, das Weinseminar: wer bisher glaubte, bendige Menschen aus Fleisch und Blut, die ir- Viechern: Fröschen, Fischen, Katzen, Hunden, Gymnasial-Lehrpersonal kennt sich nicht im gendwann ein mehr oder weniger gewaltsames Ziegen, Pferden … und dann natürlich Hüh- feucht-fröhlichen Lebensalltag aus, der wird Ende gefunden haben. In anderer, geisthaft-ge- nern, die sind aber ursprünglich ein Missver- hier eines Besseren belehrt! spenstischer Form kommen sie in den Erzäh- ständnis. Fritzi, die Protagonistin in „Othello

15 Die Besprechung – 8. Jahrgang (2013), Heft 1 (Dez. 2013) für Anfänger“, Abiturientin auf Frankreichrei- se, Gitarristin und schultheatererprobt, hatte Hörbücher / Musik-CDs Nach- bzw. Schlusswort mal als Vorbereitung ihrer Desdemona-Rolle verschiedener Stilrichtungen ein wenig in alten Büchern über die Elisabe- Es ist geschafft - fast. Denn diese Zeilen ent- thanische Epoche geschmökert, von Helden stehen traditionell erst immer ganz zum Schluss und Hünen gelesen. Das Wort „Hünen“ war der Produktion der jeweiligen Ausgabe der „Be- ihr nicht geläufig, so dass sie „Hühner“ las. Das sprechung“. In diesem Fall am 20. Dezember passte dann aber irgendwie doch, denn „ange- zwischen 12 und 13 Uhr - Teil 1. sichts der Sorgen und Nöte seiner Gestalten, die ihre finsteren Schicksale wie riesige Kreuze Und diese Ausgabe ist in vielerlei Hinsicht mit sich herumschleppen, sind wir eigentlich ganz anders als die bisherigen. Auf das neue nur Hühner, oder? Shakespeares Hühner. Wir und - so denke ich - gelungene Outfit, das sich machen ein unglaubliches Gegacker um lauter auch an meine Homepage anlehnt, bin ich Kram – Prüfungen, Lockenstäbe, Handymar- schon im Vorwort eingegangen. Aber auch in ken, Geld – und wissen insgeheim doch alle, einer anderen Sache gestaltete sich die Arbeit dass es nicht das Wahre ist. Dass nichts das dieses Mal anders. Nicht nur dass ich selbst Wahre sein kann hinterm Hühnerdraht.“ einen guten Teil meiner eigenen Rezensionen Acht Erzählungen sind es, Geschichten von erst am dritten Adventswochenende geschrie- Liebe in allen Schattierungen, von Krankheit ben habe, auch das Lektorieren und Redigieren und Tod, von Sehnsucht und Einsamkeit, aber der anderen Texte erfolgte erst bei der Endre- auch von Hoffnung. Sie spielen, wie bei Roth- daktion. mann gewohnt, im Ruhrgebiet, der Heimat seiner Kindheit (eine drastische Pubertätsge- Und da ist mir erst so richtig bewusst gewor- schichte), und in Berlin, diesmal aber auch in Tanngrindler Musikanten: Frisch ozapft ... den, wie vielfältig und bunt (auch bezüglich einer abgelegenen Ferienanlage an der Ostsee, für Wirtshaus und Tanzboden. Musik-CD. 15 der Inhalte der Bücher) diese Ausgabe tatsäch- in einem japanischen Kloster, in Frankreich. Die Euro. lich ist. Und wenn dann erst noch die Musik Protagonisten sind meist kleine Leute, Proleta- Ihr Klang mit zwei Trompeten (Robert Lang, der nebenstehenden CD auch zu hören wäre rier, nicht selten Verlierer, Zukurzgekommene, Roland Seitz), zwei Klarinetten (Hans Hierl, ... In Sachen CDs und DVDs dürfte es künf- Säufer, Kiffer, Tagediebe. Als „Deutschlands Daniela Scheuerer), zwei Basstrompeten (Hans tig durchaus etwas mehr sein! Aber da machen bester Erzähler“ ist Rothmann mal bezeich- Heigl, Hans Huber), Tenorhorn (Dr. Frieder manche Verlage (noch) nicht mit. net worden. So falsch ist das nicht, auch von Roßkopf) und Tuba (Eckhard Herda) ist un- seinen neuen Erzählungen ist man gefesselt, verwechselbar. Sie touren im gesamten baye- Eine Bitte an die Mitarbeiterinnen und streckenweise überwältigt. Die vielleicht beste rischen Raum und sind immer wieder auch im Mitarbeiter, bei künftigen Besprechungen die Geschichte steht gleich am Anfang: „Abschied Rundfunk und Fernsehen zu hören und zu se- bibliografischen Daten nicht zu vergessen und von Montparnasse“. Eine junge Frau steht nach hen: Die Tanngrindler Musikanten aus Hemau, nach dem einheitlichen Muster zu fixieren - einem anstrengenden Arbeitsjahr in Paris, im Jahr 1970 von German Roßkopf, dem Vater das erspart doch etwas Arbeit. in dem es ihr nicht gelang, persönliche Kon- des jetzigen Leiters, gegründet und mit mehre- takte zu knüpfen, kurz vor der Rückkehr nach ren überregionalen und bedeutsamen Preisen Eine weitere erfreuliche Tatsache ist, dass Deutschland. Nicht einmal vom Kellner ihres ausgezeichnet, legen mit ihrer neuen CD – wie sich die Zeitschrift - nach einer nur zwölfsei- Stammcafés wird sie so recht ernst genommen. der Titel bereits andeutet – Musik für Wirts- tigen Ausgabe im Jahr 2012 - nun wieder auf Dort sieht sie einen älteren Mann sitzen, mit haus und Tanzboden vor – Polkas, Zwiefache, 16 Seiten eingependelt hat, wie das bereits in hoher Stirn, längeren Haaren, österreichischem Walzer, Märsche, Schottisch, Landler, Mazurka. den Ausgaben zwischen 2009 und 2011 war Akzent, ein Buch in der Jackentasche und ei- Und dies aus ganz unterschiedlichen und meist - wobei es im Jahr 2010 sogar zwei Ausgaben nen Hut voller Schwammerl neben sich, offen- bisher unveröffentlichten Quellen. gab. sichtlich Pilzfreund Handke. Als der Mann das Natürlich gehört Liedgut aus Hemau, der Lokal verlässt, fasst sich die Vereinsamte ein Heimat der Tanngrindler Musik, zur Basis – aus Da nicht nur bei mir, sondern auch bei ei- Herz und redet ihn an: “Entschuldigung? Ich Quellen des früheren örtlichen Kapellmeisters nigen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kenne Sie!“ und fügt hinzu: „Aus einem Traum Josef Binner oder auch aus der Sammlung des zum Teil schon seit längerer Zeit noch zu re- …“ Der Mann überlegt kurz und sagt, bevor er Lahrers Otto Rammelmeier. Dazu Stücke von zensierende Bücher „herumgeistern“, sollten hinausgeht: „Ja! Ich erinnere mich …“ Sammlungen aus der Region Regensburg oder vielleicht im Jubiläumsjahr 2014 doch mehrere Randolf Jeschek auch von Albert Bichlmeier von den bekannten Ausgaben möglich sein. Zumal nun auch die Dellnhauser Musikanten bzw. des Berliner Kom- grafische Umsetzung gesichert ist und nach ponisten Max Oscheit, des Österreichers Robert Erarbeitung des neuen Layouts bei Bedarf sehr Pensch und von Franz Hoffmann. Ein guter Teil schnell eine Nummer produziert werden kann Von „Jubi-Rezensio“ zur „Besprechung“ der Stücke sind böhmischer Herkunft, d.h. vom - sofern der Content vorliegt. Ein Rückblick auf diese Zeitschrift Komponisten Josef Smasal – eine Reminiszenz an den Großvater des Trompeters Robert Lang Inzwischen ist es 16.15 Uhr. Die Freitag- Da es im Jahr 2014 bereits zwei Jahrzehnte Alois Frank, einst Kapellmeister in Beratzhau- nachmittagaufgaben und ein paar weitere Ge- sein werden, dass es diese Zeitschrift gibt, sen, dem Nachbarort Hemaus. spräche und Aufgaben sind erledigt. Zeit also, soll hier kurz zurückgeblickt werden. 23 kurzweilige Stücke – bei zwei zeigen die definitiv den Schlussstrich zu ziehen. Bis bald! Bei meiner Tätigkeit als Jugendbildungs- Tanngrindler, dass sie nicht nur musizieren, son- referent der Ackermann-Gemeinde (1988 - dern auch ordentlich singen können – vergehen Markus Bauer 1994) hatte ich viele Dienstreisen, die ich zur beim Anhören fast wie im Flug. Und es wird Buchlektüre nutzte. Um interessante Bücher, auch deutlich, dass bei dieser Art bodenstän- aber auch CDs und Spiele den haupt- und diger Blas- und Volksmusik bestimmte musika- ehrenamtlichen Kräften in diesem Verband lische Themen sich da und dort wiederfinden, Impressum und darüber hinaus bekannt zu machen, wie etwa die Titelphrase des aus der Oberpfalz gründete ich 1994 die „Jubi-Rezensio“. Vier- gut bekannten Zwiefachen „Unser oide Kath“, „Die Besprechung“ mal erschien sie mit insgesamt 30 Seiten. Rezensionsdienst – Bücher, CDs, CD-Roms, Spiele, DVDs die im „Hemauer“ zu hören ist. Wer also nicht unter die Lupe genommen Durch meinen beruflichen Wechsel 1995 die Chance hat, die Tanngrindler Musikanten war das Projekt zunächst beendet, doch in mal live zu hören und zu sehen, kann auf diese V. i. S. d. P.: von 1996 bis 1998 sowie 2000 brachte ich die Markus Bauer CD zurückgreifen. Informationen über weitere freiberuflicher Journalist und Presseberater Zeitschrift auf private Initiative wieder he- CDs, über Auftritte der Tanngrindler Musi- raus mit insgesamt 38 Seiten Rezensionen. Marktstraße 18, 93176 Beratzhausen kanten sowie über die Kapelle insgesamt auch Telefon: 01 71 / 6 50 77 99 Da mir die Zeitschrift auch als freiberuf- auf ihrer Homepage www.tanngrindler-musi- [email protected] • www.pr-bauer.de licher Journalist am Herzen liegt, beschloss kanten.de. Darüber kann die CD auch bestellt Bildbearbeitung/Layout: ich im Jahr 2006 einen Neustart als vor allem werden. digital erscheinende Zeitschrift nun mit dem Tangrintler Medienhaus Verlags GmbH Titel „Die Besprechung“. Und inklusive die- Markus Bauer Auflage: ser Ausgabe gab es 124 Seiten zu lesen. MB 1200 Exemplare

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