Beobachtungen Zum Auftreten Des Arealerweiterers Pieris Mannii

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Beobachtungen Zum Auftreten Des Arealerweiterers Pieris Mannii Nachr. entomol. Ver. Apollo, N. F. 37 (1): 27–40 (2016) 27 Beobachtungen zum Auftreten des Arealerweiterers Pieris mannii (Mayer, 1851) im Gebiet der unteren Nahe (Rheinland-Pfalz) mit Nachweisen dreier Raupennahrungspflanzen im Freiland (Lepidoptera: Pieridae) Thomas Geier Dr. Thomas Geier, Kaiser­Wilhelm­Straße 17, D­55543 Bad Kreuznach, Deutschland; thomas­[email protected] Zusammenfassung: Es wird über vermehrte Beob ach tun gen ar tig im äußersten Süden, im Walliser Rhônetal und im des Arealerweiterers Pieris mannii (Mayer, 1851) im Spät­ Süd tessin (Lepidopterologen­Arbeitsgruppe 1987), in sommer und Herbst des Jahres 2015 im Gebiet der un te ren Süd tiroler Alpentälern (Forster & Wohlfahrt 1955), Nahe (Rheinland­Pfalz) berichtet. Um Ver wech se lun gen von Faltern mit solchen der ähnlichen und verwandten Art sehr lokal in Niederösterreich (Kromer 1963), in Süd­ Pie ris rapae (Lin naeus, 1758) zu vermeiden, wurden wenn mäh ren, in der Südslowakei und im nordungarischen immer mög lich Fotos gemacht, gefangene Falter lebend Bükk­Gebirge (Ziegler & Eitschberger 1999) vor. Die inspiziert, Samm lungsbelege entnommen oder auch Nach­ iso lierten Vorkommen in Südmähren und in der Süd­ zuchten aus ge hend von Eiablagen gefangener Weib chen slo wakei gelten nach Slamka (2004) als inzwischen er lo­ durch ge führt. Bei letzterer Gelegenheit wurde die Eignung schen. ver schie de ner Pflanzenarten als Eiablage­ und Rau pen nah­ rungs pflanzen orientierend geprüft. Des weiteren konnt en Im Sommer 2008 kam es, offenbar ursprünglich aus ge­ im Freiland Eier von Pieris mannii an Iberis semper virens hend von Frankreich (Dept. Ain) über den schon zuvor und Diplotaxis tenuifolia sowie eine Raupe von Pie ris man­ (wie der­)besiedelten Genfer Raum, zu einer über ra­ nii im L5­Stadium an Lepidium graminifolium (al les Bras si ca­ ce ae) gefunden werden. Die Fundorte werden be schrie ben, schen den Ausbreitung von Pieris mannii durch das Habitatansprüche und insbesondere die Rolle ver schiede­ Schwei zer Mittelland nach Nordosten und Norden bis in ner nachgewiesener und potentieller Raupennah rungs­ die Region Basel mit ersten Funden auch im un mitt el­ pflan zen für die schnelle Ausbreitung von Pieris man nii in bar benachbarten Deutschland (Ziegler 2009). Dar über Südwestdeutschland werden diskutiert. hinaus wurde die Art im Spätsommer desselben Jah res von Herrmann (2008) auch schon 50 km weiter nörd lich Observations on the occurrence of the range- expanding butterfly species Pieris mannii (Mayer, 1851) in Freiburg im Breisgau und Umgebung festg e stellt. Im in the lower Nahe area (Rhineland-Palatinate) with Jahr 2009 gelang es dann demselben Autor im Rahmen proof of three larval host plant species (Lepidoptera: einer umfassenden Erhebung im Zeitraum von April bis Pieridae) November, Pieris mannii auf nicht weniger als 92 MTB­ Abstract: Increasing observations of the range­expanding Quadranten im gesamten südwestlichen Viertel Ba den­ but terfly species Pieris mannii (Mayer, 1851) that were Württembergs nachzuweisen, zum Teil an Standor ten made during late summer and autumn of the year 2015 in bis um 1000 m Meereshöhe (Herrmann 2010). In den the lower Nahe area (Rhineland­Palatinate, south­western seitdem vergangenen Jahren setzte sich die Arealer wei­ Ger many) are reported here. In order to avoid confusion of te rung unvermindert fort, und es kam zur Besie de lung imagines with those of the similar and related Pieris rapae (Lin naeus, 1758), photographs were taken whenever possi­ von großen Teilen Südwestdeutschlands. In zwi schen ble, cap tur ed imagines inspected alive, specimens collected, liegen Nachweise aus sieben deutschen Bun des län dern or rear ings were conducted, starting from oviposition of cap­ vor. tured fe males. On the latter occasion, suitability of dif fe rent plant spe cies for oviposition and as larval host plants was In Bayern wurde Pieris mannii erstmals im Jahr 2010 in tested on a preliminary scale. Further, eggs of Pieris man nii Lindau am Bodensee festgestellt, ebenso im unmittelbar were found in the wild on Iberis sempervirens and Di plotaxis be nachbarten Vorarlberg (Österreich) und später an wei­ te nui folia as well as one L ­stage caterpillar of Pie ris mannii 5 teren Lokalitäten im südwestlichen Bayern bis in den on Lepidium graminifolium (all Brassicaceae). Lo ca li ties are Raum Ulm/Augsburg (Kratochwil 2011, Bolz & Kra­ de scribed and habitat requirements discussed, lay ing par ti­ cu lar emphasis on the importance of different known and tochwil 2013). Auch in Nordbayern (Franken) konn te po tential larval host plants in the rapid sprea d ing of this but­ schon im Jahr 2012 ein Nachweis durch Köst ler (2012) terfly species in south­western Germany. im Stadt gebiet von Nürnberg erbracht wer den. Im selben Jahr wurden Falter von Pieris mannii erstmals auch in Rhein land­Pfalz in der Pfälzischen Rhein ebene nördlich Einleitung bis in den Raum Bad Dürkheim ge sichtet, nachdem Pieris mannii (Mayer, 1851) ist mit einer Reihe von be reits 2011 Eier und Raupen in der Umg ebung von Lan­ Unt er ar ten von Iran über Kleinasien durch das medi t er­ dau in der Südpfalz gefunden wor den waren (Ochse & ra ne Europa bis Marokko verbreitet (Tshikolovets 2011). Schwab 2012, Hensle 2012). Wenig später wurde Pieris In Frankreich sind außerhalb der Mediterranzone ein­ man nii auch aus dem Saarland ge meldet (Schmidt­ zel ne isolierte Teilareale weiter nordwestlich und nörd­ Koehl 2013, 2014). Inzwischen hat die Art in Rhein land­ lich bekannt (Lafranchis 2000). Im mitteleuropäischen Pfalz die Untermosel (Lehmen, un weit Koblenz) er reicht Ber eich kam die Art bis vor wenigen Jahren nur insel­ (Müller 2015). © 2016 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main 28 Im benachbarten Hessen er folg te der Erstfund im Jahr orien tierend geprüft. Die Fundorte werden beschrieben, 2012 durch D. Kahlheber in Villmar­Weyer im unteren Ha bitatansprüche und Bedeutung verschiedener Rau­ Lahn tal (s. Schurian & Siegel 2016; in diesem Heft). Wei­ pen nahrungspflanzen für die schnelle Ausbreitung von tere Funde im Jahr 2015 werden aus Nordhessen (Tren­ Pie ris mannii in Südwestdeutschland werden diskutiert. del burg­Sielen/Diemel: H. Dudler; zitiert nach Mül ler 2015) und Nordrhein­Westfalen (Köln­Porz: K. Ha nisch; Freilandbeobachtungen Willebadessen/Ostwestfalen: H. Biermann; bei de zitiert nach Müller 2015) gemeldet. Bereits 2014 konnt e (Dazu Tabelle 1.) Meineke (2015) die Art im südlichen Nie der sach sen in Meine erste Begegnung mit Pieris mannii hatte ich wäh­ Ebergötzen bei Göttingen nachweisen. Eine zeitnahe rend einer Urlaubsreise im Jahr 1988 im voralpinen Verbreitungskarte von Pieris mannii in Deutschland Hü gel land der italienischen Provinz Varese (Lombardei). wurde von Wiemers (2015) präsentiert, in der allerdings Oberhalb der Ortschaft Caravate beobachtete ich am noch nicht die zuletzt genannten, 2015 pub lizierten 22. viii. im Umfeld eines Kalksteinbruchs am Monte Funde berücksichtigt sind. San giano ein Weibchen bei der Eiablage an Diplotaxis mu ralis Die seit 2008 in der Schweiz und in Südw est deutsch­ (Mauer­Doppelsame, Brassicaceae). Laut land gemachten Beobachtungen von Pieris mannii La fran chis et al. (2015) ist diese auch in weiten Teilen er folgt en ganz überwiegend in Siedlungsbereichen, in Deutsch lands vorkommende Pflanzenart (Bundesamt de nen Imagines und Präimaginalstadien im Umfeld für Naturschutz 2015) als Raupenahrungspflanze von be ziehungsweise an dort in Hausgärten kultivierten für Pie ris mannii in Spanien nachgewiesen, nicht aber Schlei fenblumen­Arten (Iberis sp., Brassicaceae; über­ in Ita lien. Es gelang mir, zwei Eier einzusammeln und wie gend an Im mer grü ner Schleifenblume, Iberis sem per­ die Fal ter daraus aufzuziehen. Die nach vier Tagen vi rens) gefunden wur den; vergleiche zum Beispiel Zieg­ ge schlüpf ten Räupchen mit den für die Art charak te­ ler (2009), Herr mann (2010) und Hensle (2012) sowie ris ti schen schwarzen Köpfen fütterte ich zunächst noch Schu rian & Siegel (2016). Die starke Affinität zu Schlei­ mit Di plotaxis muralis, nach meiner Rückkehr aus dem fenblumen und das vielfach üppige Angebot an Nek­ Ur laub ab dem 31. viii. dann mit Diplotaxis tenuifolia tarquellen in Haus gärten bewirken eine relative Orts­ (Abb. 9), die an meinem damaligen Wohnort (Geisen­ treue der Falter und bieten somit eine bequeme Be ob­ heim am Rhein, Hessen) in größerem Umfang ver füg bar ach tungs mög lich keit der Art, „da man für den Nach weis war und die von den inzwischen im L2­Stadium be find li­ von P. mannii ... nicht einmal den eigenen Garten ver­ chen Raupen völlig problemlos angenommen wur de. lassen muß!“ (wört lich zitiert aus Hensle 2012). Nachdem Pieris mannii in Deutschland aufgetaucht Wohl hauptsächlich aus diesem Grund liegen ver gleichs­ (Herr mann 2008) und bis nach Rheinland­Pfalz vorge­ weise sehr wenige In for mationen vor über Falter vor­ drun gen war (Ochse & Schwab 2012), begann ich, mit den kommen und ins be son dere über Rau pen nah rungs­ oben beschriebenen Erfahrungen „im Hinterkopf“, in pflan zen von Pieris mannii in siedlungsfernen, mehr der Umgebung meines jetzigen Wohnortes (Bad Kreuz­ oder weniger naturnahen Be reichen. Für Deutschland nach [KH], Rheinland­Pfalz) im Umfeld von Be stän den scheint in solchen Ber ei chen bisher lediglich der Schmal­ von Diplotaxis tenuifolia zunächst gelegentlich, spä ter blättrige Doppelsame (Stinkr auke, Diplotaxis tenui­ in tensiver nach der Art Ausschau zu halten. Ein ers ter folia, Brassicaceae) als Wirtspflanze
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