GOTTFRIED VON EINEM DER BESUCH DER ALTEN DAME

Ludwig | Waechter Beirer | Hotter Premiere Performance Horst Stein 23. Mai 1971 zurückliegenden Vorstellungen ist eine musikalische Landkarte der Wiener Staatsoper entstanden, die viel von der einzigartigen Tradition und Klangkultur Es ist Eigenart des Theaters, des Musik- erkennen lässt. Und vor allem eines ein- theaters, dass es seine größte Wirkung drucksvoll unter Beweis stellt: Dass das in- stets im Unverfälschten, Nicht-Retuchier- ternational unvergleichliche Orchester, ten, im ununterbrochenen Fluss entfal- die größten Dirigenten, einzigartige Sän- ten kann. Hier entzünden sich die gro- gerinnen und Sänger, das unersetzbare ßen Sternstunden der Oper, die einzelne Ensemble jene über die Zeiten Verbin- Momente zur Geschichte werden las- dende sind, die der Wiener Staatsoper sen. Eben der Live-Charakter zeigt den in der Vergangenheit wie der Gegen- Künstler, den Menschen auf der Bühne wart einen unvergleichlichen Stellenwert in seinem wahrsten Ausdruck, und gera- unter den großen Opernhäusern einräu- de in diesem Live-Charakter liegt auch men. die besondere Kraft, die das Musikthea- ter einer oftmals perfektioniert dahinglei- Dominique Meyer tenden Welt entgegensetzen kann. Die Direktor der Wiener Staatsoper CD-Edition Wiener Staatsoper Live, die unvergessliche Aufzeichnungen aus der Geschichte des Hauses am Ring präsen- It is characteristic of theatre – of music tiert, ist ganz diesem unmittelbaren Aus- theatre – that it always unleashes its grea- druck verpflichtet: In regelmäßiger Fol- test impact in an unadulterated, unal- ge werden Live-Mitschnitte des Öster- tered, unbroken flow. Here, the great mo- reichischen Rundfunks aus dem Haus ments of take wing: those indivi- am Ring veröffentlicht und damit erinne- dual moments that become history. rungswürdige Aufführungen seit der Wie- When it is live, we see the truest ex- dereröffnung im Jahr 1955 für eine große pression of the artist, the human being Zuhörerschaft zugänglich gemacht. So on stage. It is precisely in the cha- können jene Abende der Wiener Staats- racter of these live moments that lies oper, die als Legende in die Geschich- the special power of music theatre in te eingegangen sind, aufs Neue erlebt the midst of a world where an easy werden. perfection seems often to dominate. Im Laufe der Jahre ist die Zahl dieser ver- The CD series Wiener Staatsoper Live, öffentlichten Einspielungen beträchtlich which presents unforgettable historical angewachsen, und im Überblick über recordings from the house on the Ring- diese so gesicherten, weiter und näher straße, is committed completely to this art of direct expression. At regular in- leurs feux, instants magiques appelés à tervals, live recordings are published rester dans l’histoire. C’est saisis sur le vif, that Austrian Radio made at the Wie- dans le feu de l’action scénique, que les ner Staatsoper. Thus a large audien- artistes, êtres de chair et de sang, ap- ce gains access to memorable perfor- paraissent dans toute leur authenticité. mances that have taken place there La force du live nous rappelle égale- since the reopening of the house in 1955. ment que le théâtre se situe bien à l’op- Those evenings at the Wiener Staatsoper posé d’un univers lisse et aseptisé. L’édi- that have become legend in the histo- tion Wiener Staatsoper Live, qui reg- ry of the art can now be experienced roupe des représentations inoubliables again anew. de la Staatsoper, en est l’exemple par- In the course of the years, the number fait: des captations réalisées par la Ra- of recordings published has grown con- diodiffusion Autrichienne se trouvent ré- siderably. The overview of these perfor- gulièrement publiées, rendant accessi- mances from recent and not-so-recent bles à un large public les plus mémo- history has created a kind of musi- rables représentations offertes par le cal map of the Wiener Staatsoper that Haus am Ring depuis sa réouverture en allows the observer to recognize much 1955. De la sorte, chaque soirée entrée of its unique tradition and musical cul- dans la légende de notre maison peut ture. And above all, it offers impressive être vécue de nouveau. proof that the Opera’s unique orchestra, Au fil des ans, le nombre de ces publi- its greatest conductors, its unique singers cations est devenu très important. Avec and its irreplaceable ensemble are what le recul, tous ces documents accumulés link the Wiener Staatsoper of the past font apparaître un paysage musical à la with the Wiener Staatsoper of today, gi- fois vaste et varié, qui se nourrit d’une ving it an incomparable position among tradition et d’un style sans équivalent. the great opera houses of the world. Une réalité s’impose également de ma- nière indiscutable: l’orchestre incompa- Dominique Meyer rable, les chefs les plus illustres, les so- Director of the Wiener Staatsoper listes d’exception, la troupe irremplaça- ble, sont les éléments qui, tous ensem- ble, ont assuré à la Wiener Staatsoper, C’est le propre du théâtre, du théâtre quelle que soit l’époque, une position musical en particulier, de pouvoir don- unique au monde. ner sa pleine mesure en direct, sans cou- pure ni retouche d’aucune sorte. Les mo- Dominique Meyer ments forts de l’opéra y brillent de tous Directeur de la Wiener Staatsoper

WIENER STAATSOPER

23. Mai 1971 Uraufführung

DER BESUCH DER ALTEN DAME Auftragswerk der Wiener Staatsoper Oper in drei Akten : Friedrich Dürrenmatt Musik von GOTTFRIED VON EINEM

Die Besucher: Claire Zachanassian, geborene Wäscher, Multimillionärin ......

Gatte VII ...... Wolfgang Peschel

Gatte IX ...... Elmar Breneis

Der Butler ...... Heinz Zednik Toby Kaugummi ...... Erich Trachtenberg Roby kauend ...... Klaus Peters

Loby ...... Fritz Sperlbauer blind Koby ...... Karl Terkal Die Besuchten:

Ill ...... Eberhard Waechter

Seine Frau ...... Emmy Loose

Seine Tochter ...... Ana Higueras-Aragon

Sein Sohn ...... Ewald Aichberger

Der Bürgermeister ...... Hans Beirer

Der Pfarrer ...... Manfred Jungwirth

Der Lehrer ...... Hans Hotter

Der Arzt ...... Siegfried Rudolf Frese

Der Polizist ...... Alois Pernerstorfer

Erste Frau ...... Laurence Dutoit

Zweite Frau ...... Margareta Sjöstedt Kunden Hofbauer ...... Kurt Equiluz

Helmesberger ...... Harald Pröglhöf Die Sonstigen:

Bahnhofsvorstand ...... Hans Christian

Zugführer ...... Hans Braun

Kondukteur ...... Franz Machala

Pressemann ...... Wilhelm Lenninger

Kameramann ...... Hans Braun

Eine Stimme ...... Julius Suchey Chor und Orchester der Wiener Staatsoper HORST STEIN CD 1 74’17

Erster Akt

1 Einleitung Bahnhof I 3’30 „Die Gudrun” – Hamburg Neapel Chor ∙ Kondukteur

2 Mit dem einuhrdreizehn Personenzug von Kalberstadt 5’00 Bürgermeister ∙ Pfarrer · Lehrer ∙ Ill ∙ Chor

3 Ist hier Güllen? 2’13 Claire ∙ Zugführer ∙ Ill ∙ Lehrer ∙ Chor ∙ Pfarrer ∙ Bürgermeister

4 Verehrte, gnädige Frau 3’59 Bürgermeister ∙ Claire ∙ Ill

5 Gnädige Frau 4’25 Lehrer ∙ Claire ∙ Bürgermeister ∙ Polizist ∙ Ill ∙ Pfarrer ∙ Chor

6 Wir sind in Güllen. Wir riechen’s 1’53 Koby ∙ Loby ∙ Polizist

7 Zwischenspiel I – Konradsweilerwald I 5’45 Wir sind Fichten, Föhren, Buchen Chor ∙ Claire Der Konradsweilerwald,Koby und Loby, haltet mal an. Claire · Koby ∙ Loby · Ill 8 Ich schätze Zigarren. 7’02 Claire ∙ Ill · Koby ∙ Loby

9 Zwischenspiel II – Goldener Apostel 0’36

10 Der Beifallssturm gilt Ihnen, verehrte gnädige Frau 3’51 Bürgermeister ∙ Claire ∙ Arzt ∙ Ill

11 Gnädige Frau, meine lieben Güllener. 3’43 Bürgermeister

12 Bürgermeister, Güllener. Eure selbstlose Freude 6’51 Claire ∙ Bürgermeister ∙ Ill ∙ Butler · Lehrer ∙ Koby ∙ Loby

13 Es ist so. – Verjährt, alles verjährt! 4’26 Claire ∙ Ill ∙ Butler ∙ Bürgermeister

Zweiter Akt

14 Einleitung – Spezereihandlung I 2’31 Kränze. – Jeden Morgen bringen sie die Ill ∙ Sohn ∙ Tochter ∙ Hofbauer

15 Milch, Herr Ill. 4’34 Erste Frau ∙ Zweite Frau ∙ Ill ∙ Helmesberger ∙ Hofbauer

16 Zwischenspiel III – Sakristei 0’53

17 Treten Sie ein, Ill, in die Sakristei. 6’44 Pfarrer ∙ Ill 18 Zwischenspiel IV – Bahnhof II 6’06 Grüß Gott, Ill Bürgermeister ∙ Chor ∙ Ill ∙ Polizist ∙ Arzt ∙ Lehrer Bahnhofsvorstand

CD 2 61’18

Dritter Akt

1 Einleitung – Petersche Scheune 5’28 Der Arzt und der Lehrer – Sollen hereinkommen. Butler ∙ Claire ∙ Lehrer ∙ Arzt

2 Frau Zachanassian. Reden wir offen miteinander. 2’04 Lehrer ∙ Arzt · Claire

3 Es war Winter einst, als ich dieses Städtchen verließ 4’50 Claire ∙ Lehrer · Arzt

4 Zwischenspiel V – Spezereihandlung II 1’03

5 Alles neu. Modern wie dies jetzt bei uns aussieht. 2’16 Ill ∙ Tochter ∙ Sohn ∙ Frau Ill

6 Guten Abend, Ill 5’01 Bürgermeister ∙ Ill

7 Bürgermeister! Ich bin durch eine Hölle gegangen. 4’26 Ill ∙ Bürgermeister ∙ Frau Ill · Tochter · Sohn 8 Zwischenspiel VI – Konradsweilerwald II 0’56

9 Wir sind Fichten, Föhren, Buchen. 6’27 Chor ∙ Claire ∙ Ill

10 Du hattest – ich meine, wir hatten ein Kind. 3’08 Ill ∙ Claire

11 Ich danke Dir für die Kränze 6’16 Ill ∙ Claire · Gatte IX

12 Zwischenspiel VII – Theatersaal 0’52

13 Ich heiße die Gemeinde von Güllen willkommen 4’57 Bürgermeister ∙ Lehrer ∙ Hofbauer ∙ Helmesberger ∙ Chor

14 Alfred Ill, ich habe an Sie eine Frage 2’45 Bürgermeister ∙ Ill ∙ Ensemble ∙ Chor

15 Schade. Herr Bürgermeister. Die Beleuchtung streikte. 1’40 Kameramann ∙ Bürgermeister ∙ Ensemble ∙ Chor

16 Die Herren von der Presse 4’32 Bürgermeister ∙ Polizist ∙ Ill ∙ Hofbauer ∙ Helmesberger ∙ Pfarrer

17 Was ist denn hier los? – Herzschlag. 2’44 Pressemann ∙ Arzt ∙ Bürgermeister · Claire Er ist wieder so, wie er war, vor langer Zeit Claire

18 Jubelfinale 1’41 Ensemble ∙ Chor Die Oper im allgemeinen interessiert Vertonung des Stücks. Der Dichter mich zunächst von der Sprache her, habe, so berichtete von Einem, Fi- schrieb Gottfried von Einem in seiner delio und Così fan tutte als Auffüh - Autobiografie. „Mich reizt vor allem, rung erlebt und beides als grauen - einen Stoff zu componieren, der ei - haft empfunden. Eine Aufnahme ne Dichtung ist – und nicht eine „lite - von Einems Oper als rarische Hervorbringung“. Eine Dich- Beweis der theaterkompositorischen tung, so befand der Komponist bald Qualität? Nein, das wolle er nicht, so nach der Lektüre des Theaterstücks, Dürrenmatt. Wenn schon, dann eine sei jedenfalls Der Besuch der alten Live-Aufführung... Dame von Friedrich Dürrenmatt. Auf der Bühne hatte er das Stück zu - Das allerdings war leichter ver - vor nie gesehen, aber gelesen, sehr langt als getan. Denn zwar wurden früh und sehr aufmerksam; und: Einems Der Prozess und Dantons Tod Ich habe ziemlich scharfe Ohren. von mehreren Theatern gespielt, Und so wurde der Wunsch, diesen doch just nicht an jenen Tagen, an berühmten Stoff für eine Oper zu ver - welchen Dürrenmatt frei hatte. Da wenden, rasch geboren. Von Einem sprang die Wiener Staatsoper in wandte sich zunächst an seinen Person des Direktors Egon Hilbert Lehrer , der ihm aller- als rettender Engel ein. Um Dürren - dings abriet: zu groß wären die matt zu ermöglichen, eine Einem- Schwierigkeiten, Werke lebender Oper zu hören und damit die Kom - Autoren zu vertonen – schon der position von Der Besuch der alten Rechte wegen. Doch Von Einem Dame zu fördern, wurde eine ge - hatte Feuer gefangen: Trotz seiner plante Don Giovanni-Vorstellung Warnung war ich jedoch besessen, im Haus am Ring kurzerhand mit ei- von der Verwirklichung dieses heiß - nem Dantons Tod-Abend ersetzt. geliebten Planes. Die Weichen waren also gestellt, man wartete auf den Autor Dürren - Also wandte er sich an den Autor matt. Dieser kam, erlebte Eberhard Dürrenmatt, der zunächst von dem Waechter als Danton, schwieg, sin - Plan alles andere als angetan war. nierte – und sagte schließlich zu. Bei Bündnerfleisch und Perrier er- Und nicht nur das, er erklärte sich läuterte der Komponist dem Schrift- sogar bereit, das Libretto zu verfas - steller in Neuchâtel seine Ab- und sen. Ansichten. Doch umsonst. Dürren - matt verwehrte sich gegen eine Wer glaubt, dass nun der Weg zur erfolgreichen Premiere geebnet terwerk Rondo (1979) und 1985 das gewesen sei, irrt. Denn am Beginn Ballett Radz-Datz mit dem Lieder- der gemeinsamen Arbeit erkrank - zyklus op. 69 als musikalische Basis.) te der Komponist schwer an einer Gelbsucht, musste ins Krankenhaus Dirigent der Staatsopern-Urauffüh- und führte die konzipierenden Ge - rung war Horst Stein, Otto Schenk spräche vom Krankenbett aus. Wäh- inszenierte die Produktion, das rend der nächsten sechs Wochen Bühnenbild stammte von Günther besuchte mich Dürrenmatt regel - Schneider-Siemssen. Zu erleben mäßig in der Klinik, und wir führten waren unter anderem Ikonen des auch zahlreiche lange Telefon - Wiener Staatsopern-Ensembles: gespräche, sowohl in der Nacht Christa Ludwig, die eine lange Auf- als auch tagsüber, so Einem. Die- trittsgeschichte – von Octavian bis se Nachtgespräche waren wirk- Marschallin, von Dorabella bis lich herrlich, sie handelten nicht nur Klytämnestra – mit dem Haus verbin- von Musik, es ging auch eigentlich det, sang die Claire Zachanassian. garnicht so sehr um Literatur, son - Und Eberhard Waechter, der nicht dern wir unterhielten uns über das nur als Sänger das Haus prägte, son- Leben. dern der Staatsoper auch kurzzeitig als Direktor vorstand, gestaltete den Die Arbeit schritt voran. Bald war Ill. Eingerahmt wurden sie von Sän - das Libretto fertig und man machte gern wie Heinz Zednik, Karl Terkal, sich daran, die Uraufführung an Emmy Loose, Hans Beirer oder Hans der Wiener Staatsoper vorzube - Hotter. reiten. Der Komponist war freilich – wie schon oben erwähnt – für Uneingeschränkter Jubel in der das Haus so etwas wie ein alter Be - Wiener Staatsoper – das hat man kannter. 1947 war erstmals die Oper in den letzten Jahren nicht bei Dantons Tod erklungen, 1952 das „Don Carlos“ und nicht bei „Mada- Ballett Das Rondo vom goldenen ma Butterfly“ erlebt. Erst jetzt wie - Kalb, 1953 die Oper Der Prozess, 1957 der, bei Gottfried von Einems neu - das Ballett Medusa, 1960 das Bal- estem Werk. Jubel für die Protago - lett Prinzessin Turandot und dann, nisten, für Bühnenbildner, Regis - nach längerer Pause eben Der Be- seur und Dirigent, Jubel für Librettist such der Alten Dame. (Es folgten und Komponist, nichts als Jubel, las später noch Kabale und Liebe man in der Presse, und auch in der (1976), sowie das „vertanzte“ Orches- Kronen Zeitung stand nach der Ur - aufführung geschrieben: Gut zwan- nen oder anderen ein wenig zum zig Minuten lang überschüttete das Nachdenken gebracht? Meinte der Publikum alle Beteiligten mit Beifall: Komponist doch: Ich halte es nicht Damit stand zweifelsfrei fest, dass mit Schiller und dem erzieherischen Gottfried von Einem zum zweiten Moment der Bühne, „das Theater als mal der große Wurf geglückt war: moralische Anstalt“, trotzdem habe „Der Besuch der alten Dame“, sei- ich es ganz gerne, wenn man durch ne vierte und jüngste Oper, hat alle ein Stück, das man componiert, ge - Aussichten, an die nachhaltige Wir- sehen oder gehört hat, etwas be - kung von „Dantons Tod“ anzuknüp- scheidener wird. Zum Beispiel sollte fen. […] Überragend Christa Ludwig in man nach dem Anhören der „Alten der Titelpartie. Verführerisch in ihrem Dame“ doch in Bezug auf seinen ei- Charme. Selbstsicher, gefährlich. Ihr genen Reichtum – geistig, körper - ebenbürtig Eberhard Waechter, der lich, finanziell – etwas bescheidener den schlichten Krämer in jedem Mo- werden. ment glaubwürdig porträtiert. Fa - Oliver Láng belhaft Hans Beirer als Bürgermei - ster. Und in der Wiener Zeitung: Je- denfalls hat die Staatsoper weder Aufwand noch Mühe gescheut, Die damals noch gar nicht so um Einems Werk optimal zu dienen. […] Hans Hotter stellt den Lehrer als ALTE DAME ein Musterstück aus dem Marionet - tenkabinett menschlicher Schäbig- Es ist immer aufregend eine Oper ur- keit hin. Und zum Dirigenten noch- aufzuführen. Aber leider muss man mals Franz Endler in der Presse: Horst sie lernen. Zeitgenössische Musik ist Stein hat als musikalischer Leiter aus- meistens schwerer zu erlernen als gezeichnet gearbeitet und am Pre - vertraute Harmonien. mierenabend das Orchester nicht gedämpft, sondern mit voller Anteil - Als Gottfried von Einem mich für die nahme in den Kampf geworfen. ALTE DAME wollte, fragte er mich, wo meine beste Gesangslage sei. Die Produktion erklang insgesamt 39-mal im Haus am Ring und ging Ich antwortete: so wie bei einer auch als Publikumserfolg in die „Amneris“ (in Aida). Er schickte mir Geschichte ein. Und wer weiß, viel - so lange große grüne „FAHNEN“ leicht hat die Oper gar den ei - und ich sah mit Schrecken, in wel - dass man den Text von Friedrich Dür- renmatt verstehen konnte. In ho - hen Lagen ist ein Sänger total un - verständlich. So war mir diese wun- dervolle Partie der Claire Za - chanassian quasi auf den Leib ge - schrieben. Alle meine Kollegen und ich sangen und spielten un - sere Rollen mit Inbrunst! Mein Part - ner war der wundervolle Eber - hard Waechter, der sich genau wie ich ALT schminken musste. Und da ich im Stück eine Zigarre rauchen musste, brachte er mir immer eine bessere Zigarre mit als die, die die Staatsoper spendierte. Der Unterschied der sehr aufregenden Musik zu den sehr zärtlichen Stel - len ist ja ein Merkmal Gottfried von Einems. Das Publikum hat es auch sehr genossen und uns allen großen Erfolg beschert.

Christa Ludwig cher Lage sich meine Partie befand. Viel zu hoch – ich fragte ihn, für wen er das komponiert hatte – für Bir - git Nilsson oder ?! Darauf kam die Antwort, dass ich die Stellen, die zu hoch liegen, ja transponieren könnte. Ein Korre- petitor der Oper, der selbst auch komponierte, transponierte mir die heiklen Stellen in eine Mezzoso - pran-Lage. Natürlich mit hohen Tö- nen. Aber es war ja sehr wichtig, In der heruntergekommenen in den Genuss des zachanassian - Kleinstadt Güllen, Gegenwart schen Geldes kommt. Denn Ill hat- te vor vielen Jahren eine intime Her- zensbindung mit Klara Wäscher. Eine CD 1 74’17 recht stürmische Jugendliebe war es. Ill denkt nicht ungern an die da - malige Zeit, aber „das Leben“ habe Erster Akt ihn und Klara auseinandergebracht. – Man erwartet die Zachanassian mit 1.Bild (Bahnhof I) dem Personenzug. Mittlerweise soll alles für einen festlichen Empfang Güllen, eine kleine Stadt – herunter - vorbereitet werden. 3 Aber Claire, gekommen, verwahrlost. Den Ein - die alte Dame, erscheint vorzeitig, wohnern geht es schlecht. Sie le - sozusagen außerfahrplanmäßig. Sie ben von der Arbeitslosenunterstüt - hat im D-Zug die Notbremse gezo - zung und von der „Suppenanstalt“. gen. Ihr unerwartetes Auftreten ver - Früher, da hatten es alle besser, da ursacht einiges Durcheinander. Der war man eine Kulturstadt, die Indus- erboste Zugführer wird mit Tausen - trie gedieh und die Fernzüge hielten dern besänftig. 4 – 5 Die Güllener an. Jetzt ist die Industrie ruiniert, die improvisieren das Willkommen, Ill Schnellzüge brausen durch die Sta- bringt die gemeinsame Jugendzeit tion, und nur noch ein paar Perso - ins Gespräch. Claire antwortet im - nenzüge bleiben stehen. Nun hof - mer wieder mit sarkastischen Wen - fen die Güllener auf ein Wunder, dungen, was die Verwirrung oder und zwar in Gestalt einer Milliardä - die Betroffenheit der also Angespro - rin, die in den Nachbarorten bereits chenen nicht gerade mindert. Zumal deutliche Zeichen ihrer Wohltätig- der von Claire mitgeführte Sarg und keit hinterlassen hat. 1 Auf dem die hintan tappenden zwei Blinden Bahnhof wird die Milliardärin erwar - (Koby und Loby) verursachen einiges tet. Sie heißt Claire Zachanassian. Befremden. 6 Man arrangiert sich, Früher trug sie den Namen Klara Wä- in die Stadt zu gehen. Zuvor aber will scher. Und da sie aus Güllen stammt, Claire mit Ill die alten Liebesorte be - erhoffen sich die Güllener umso suchen. mehr Unterstützung. 2 Der Bürger- meister macht keinen Hehl aus der 2. Bild (Konradsweilerwald I) tristen Situation. Alfred Ill, jetzt Kauf- mann, soll helfen, dass auch Güllen 7 Claire und Ill frischen Erinnerungen auf, erzählen aus ihrem Leben. Der Aber ist das ihr Glück? Auf Ills Klage, Aufstieg der Zachanassian begann, er lebe in einer Hölle, sagt sie: „Und nachdem sie Güllen verlassen hatte, ich bin die Hölle geworden“. Je - in einem Hamburger Bordell. Der - denfalls wird sie das Städtchen ihrer zeit ist sie bei ihrem siebenten Gat - Jugend finanziell großzügig unter - ten angelangt. Ill hat es nicht weit stützen. gebracht. Er heiratete nach der Trennung von Claire die Kleinwaren- 3. Bild (Hotel Goldener Apostel) händlerin Mathilde Blumhard und ist kaum je aus Güllen herausgekom - 9 – 10 Ärmlicher Empfang, für Claire men. Er habe, so behauptet er, auf Zachanassian. Sie quittiert ihn mit Claire verzichtet, um ihrem Glück makabren Bonmots. Ill, bestgelaunt, nicht im Wege zu stehen. 8 Claire berichtet dem Bürgermeister von hat es zur Multimillionärin gebracht. den zugesagten Millionen. Der Bür - germeister hält nun die obligate Be- klagt, Vater ihres Kindes zu sein. Ill grüßungsansprache. 11 – 12 Claire bestritt dies damals mit Hilfe zwei - korrigiert einige Details daraus und er Zeugen. Die Zeugen aber waren verspricht eine Milliarde: 500 Millio - von ihm bestochen. Sie haben falsch nen der Stadt und 500 Millionen ver- geschworen. Aber sie entgingen teilt auf jede Familie. Aber sie stellt nicht der Rache der Zachanassian, eine Bedingung: Claire, die sich nun die damals eines Fehlurteils wegen alles kaufen kann, will sich in Güllen Güllen verlassen musste und zur Dir- die Gerechtigkeit kaufen. Dieser Ge - ne wurde: 13 Diese Zeugen sind nun rechtigkeit wegen wird nun eine Epi - im Gefolge Claires, Koby und Lo - sode aus der Vergangenheit aufge - by, kastriert und geblendet. – Heute rollt. Claires Butler entpuppt sich als will die alte Dame Gerechtigkeit, sie früherer Oberrichter in Güllen. Vor kann sich diese leisten: „Eine Milliar - ihm hatte Klara Wäscher Ill ange- de für Güllen, wenn jemand Alfred Ill tötet.“ Der Bürgermeister lehnt im Namen der Stadt das Angebot ab. Claire: „Ich warte…“.

Zweiter Akt

4. Bild (Spezereihandlung I)

14 Der Sohn und die Tochter Ill s ge- hen auf Arbeitssuche. In den dürf - tigen Laden Ills kommen Kunden, die offensichtlich jeden Kreuzer umdre - hen müssen, bevor sie ihn ausgeben. 15 Dennoch wird mehr und besse - re Ware eingekauft als früher. Frei - lich: alle lassen aufschreiben. Zwar wird beteuert, man stehe felsenfest zu Ill, aber diesem, der zunächst nur um sein Geld bangt, da die Kunden auch noch neue, gewiss unbezahl - te Schuhe tragen, wird nun doch all- mählich bewusst, dass die verspro - chene Milliarde der alten Dame zu ne neue, „positiv“ tönende Glocke wirken beginnt, dass die Güllener angeschafft. Der Pfarrer sieht sich der Versuchung anheimfallen, auf durchschaut und fordert Ill auf, zu Kredit zu leben, und dass auf diese fliehen. Weise er zwangsläufig das Opfer sein muss. 6. Bild (Bahnof II)

5. Bild (Sakristei) 18 Allenthalben merkt man, wie aus dem schäbigen Güllen auf Grund 16 – 17 Ill sucht Hilfe beim Pfarrer. Die- der versprochenen Milliarde eine ser will ihn mit Gedanken an das Stadt des Wiederaufbaus und der Er- ewige Leben trösten. Aber Ill muss neuerung geworden ist. Wohlhaben- erkennen, dass auch der Pfarrer heit bahnt sich an. Ill möchte verrei- dem verheißenen Geld gegenüber sen. Aber da begleiten ihn auf ein - schwach geworden ist: er hat ei - mal die Güllener zum Bahnhof, der Bürgermeister, der Lehrer, der Arzt, Arzt kommen zur Einsicht, dass nur der Pfarrer, der Polizist. Sie alle wol - noch der Tod Ills eine Lösung brin- len sein Misstrauen zerstreuen, be - gen kann. teuern, wie beliebt er in Güllen ist. Ill wirft den Güllenern die Neuanschaf- 8. Bild (Spezereihandlung II) fungen vor. Aber seine Mitbürger finden nichts daran. Der Zug fährt 4 – 5 Auch bei Ill ist der Wohlstand ein. Die Aufforderung, einzusteigen, eingezogen, vor allem bei seiner kann er nicht mehr wörtlich verste - Familie. 6 Der Bürgermeister bringt hen. „Einer wird mich zurückhalten“ ein geladenes Gewehr. In gewun - sind Ills Worte. Seine Gewissensnot denen Erklärungen legt er Ill nahe, hält ihn zurück, seine Angst, die Ah - das Nötige zu tun, sich des Gewehrs nung, seinem Schicksal nicht auswei - zu bedienen. Ill lehnt ab. Er spricht chen zu können. Der Zug fährt ohne davon, wie mit dem Wachsen des Ill ab. Wohlstandes seine Angst immer grö- ßer geworden ist und dass man ihn mit seiner Angst allein gelassen ha - CD 2 be. Er besteht darauf, dass nicht er zu handeln habe, sondern die Ge - meindeversammlung und das Ge - Dritter Akt meindegericht, dessen Urteil er sich 7. Bild (Petersche Scheune) unterwerfen werde. 7 Ill ist mit sich ins Reine gekommen, weiß, dass sein 1 Claire erholt sich von ihrer Hoch - Tod bevorsteht. Einmal nur möchte er zeit im Güllener Münster mit Gatte noch mit seiner Familie im Auto fah- Nummer IX. Der Lehrer und der Arzt ren – in den Konradsweilerwald. wollen mit Claire wegen Ill reden. 2 Sie gestehen, dass sich die Gül - 9. Bild (Konradsweilerwald II) lener vieles angeschafft haben und nun hoffnungslos verschuldet sind. 8 – 9 Ill ist allein zurückgeblieben. Sie bieten ihre alten Industrieunter- Claire begegnet ihm. 10 Noch ein- nehmungen zum Kauf an. Aber die - mal werden Erinnerungen an die Ju - ses Geschäft ist undurchführbar. gendzeit ausgetauscht. Sie sprechen 2 Die alte Dame hat längst Güllen von ihrem (kurz nach der Geburt mit allem Drum und Dran aufkau - verstorbenen) Kind. 11 Ill bedankt fen und dann gewissermaßen künst- sich für die vielen Kränze, mit denen lich aushungern lassen. Lehrer und Claire den mitgebrachten Sarg hat schmücken lassen. Claires Liebe zu remonie muss freilich wegen eines Ill ist in all den Jahren nie gestorben. Kameradefektes wiederholt werden. Aber diese Liebe ist etwas Böses ge- 16 Danach verlassen die Presseleute worden. Beide nehmen voneinander und die Frauen den Saal. Nur die Abschied. Männer von Güllen bleiben. Die Tü - ren werden geschlossen, die Lichter 10. Bild (Theatersaal) verlöscht… . Ill fürchtet nichts mehr. Er ermahnt den Pfarrer, für Güllen 12 – 13 Die Gemeindeversammlung zu beten. Das Urteil an Ill wird voll- übt bezüglich der bislang versäum- streckt… . 17 Die Öffentlichkeit wird ten Gerechtigkeit Selbstbezichti - über die Todesursache informiert: gung. Der Lehrer plädiert für die An- Herzschlag. Claire lässt den Toten in nahme der Milliarde und damit für den Sarg legen – ein Mausoleum auf das Auslöschen der Ungerechtig - Capri ist bereit. Sie überreicht dem keit. 14 Ill erklärt sich bereit, den Ent - Bürgermeister den Scheck… . 18 Sich scheid über Annahme oder Ableh - allmählich in einen Tanz steigernd, nung der Zachanassian-Stiftung zu scheint sich in den Güllenern die respektieren. Es wird in aller Öffent- Überzeugung festzusetzen, etwas für lichkeit im Beisein von Presse und die Gerechtigkeit getan zu haben. Film abgestimmt. Die Stiftung wird einstimmig angenommen. 15 Die Ze- Lothar Knessl

WIENER STAATSOPER LIVE Herausgegeben vom österreichischen Bundestheaterverband und der Wiener Staatsoper GmbH Artistic Supervision: Gottfried Kraus Aufnahme des Österreichischen Rundfunks Aufnahmeleitung · Recording Supervision · Directeur de l’enregistrement: Kurt Tenner Toningenieur · Recording engineer · Ingénieur du son: Rudolf Tremmel Remastering: Ton Eichinger / Harald Huber Sound Design: Othmar Eichinger Redaktion · Literary Editing · Rédaction: Christiane Delank · Michael Barenius Verlag: Boosey&Hawkes Music Publishers Ltd. Fotos: Archiv der Wiener Staatsoper und Foto Fayer www.orfeo-international.com © 2018 ORFEO International Music GmbH, München · Trademark(s) Registered }8175 “Opera in general interests me pri - sic. The writer had, according to Ei - marily on account of its language,” nem, seen productions of Fidelio wrote Gottfried von Einem in his and Così fan tutte and found both autobiography. “What intrigues me horrific. Nor would Dürrenmatt ac - most of all is the idea of composing cept a recording of Einem’s opera something that is poetic and not just Dantons Tod (Danton’s death) as a ‘literary creation’.” One such poet - proof of the composer’s quality in ic work, or so the composer decid - the field of music drama. Dürren - ed soon after reading the play, was matt would listen only to a live per - Der Besuch der alten Dame (the old formance, and to stage a produc - lady’s visit) by Friedrich Dürrenmatt. tion for him was a rather tall order: He had never seen a staged pro - Einem’s Der Prozess () and duction of the play but had read it Dantons Tod were being performed “at a very early stage” and “very at- at several theatres but not on the tentively”. Einem added that he had days on which Dürrenmatt was “quite a keen ear”. And so his desire available. It was eventually the Vi - to use the famous play for an op - enna State Opera, represented by era was soon kindled. Einem initial - its director Egon Hilbert, that came ly turned to his teacher Boris Blach - to the rescue. In a bid to show Dür - er, who actually discouraged him renmatt an Einem opera and thus from setting the works of live authors sway him to permit an operatic ver- to music. So great were the com - sion of Der Besuch der alten Dame, plications, he warned, not least in a production of Don Giovanni that the legalities. Nonetheless, Einem was scheduled to take place at remained ardently determined: the Haus am Ring was replaced at “Despite his warning, I was obsessed short notice by a production of Dan- with the plan that I so fervently tons Tod. So the scene was set, and longed to implement”. Dürrenmatt was keenly awaited. The author came, saw Eberhard Waech - So he turned to the author Friedrich ter as Danton, initially said nothing Dürrenmatt, who was initially any- and contemplated before eventu - thing but enthusiastic about the ally giving his consent. And not on - plan. During a meal with the writ - ly that: he was even willing to write er in Neuchâtel, the composer ex - the libretto. plained his intentions and views. But to no avail: Dürrenmatt refused Anyone believing that the composer permission to set the play to mu - now had a clear path to a successful premiere would be mistaken: at the The premiere at the Vienna State start of the joint project, the compos- Opera was conducted by Horst Stein er fell seriously ill with jaundice, was and staged by Otto Schenk, with admitted into hospital and conduct- the scenery configured by Günther ed the preliminary talks from his hos- Schneider-Siemssen. The cast fea - pital bed. “During the next six weeks, tured some iconic figures of the Vi - Dürrenmatt regularly visited me in enna State Opera’s ensemble: Chris- hospital, and we had a number of ta Ludwig, who is linked to the opera long telephone conversations, both house by a long stage career in roles at night and during the day,” wrote ranging from Octavian to the Mar - Einem. “These night-time conversa - schallin and from Dorabella to Kly - tions were really wonderful. We dis - taemnestra, portrayed Claire Zach - cussed more than just music, or lit - anassian. And Eberhard Waech- erature for that matter; in fact, we ter, who gained prominence not talked about life.” just as a singer but, for a short peri - od, also as director of the Staats- Progress was swift: once the libret - oper, played the part of Alfred Ill. to was ready, the next step was to Other cast members included Heinz prepare for the premiere at the Vi - Zednik, Karl Terkal, Emmy Loose, Hans enna State Opera, with which the Beirer and Hans Hotter. “Such unre - composer already had ties. The op - served jubilation at the Vienna State era Dantons Tod was staged for the Opera has not been seen at pro - first time in 1947; the ballet Das Ron- ductions of Don Carlos and Mada- do vom goldenen Kalb (the rondo ma Butterfly in recent years. Not till of the golden calf) in 1952; the op - now, for Gottfried von Einem’s latest era Der Prozess in 1953; the ballet work. Jubilation for the protagonists, Medusa in 1957; the ballet Prinzessin stage designers, director and con - Turandot (Princess Turandot) in 1960 ductor; jubilation for the librettist and and then, after a prolonged break, composer; sheer jubilation,” ran a finally Der Besuch der Alten Dame. review in Die Presse, whereas the (There later followed Kabale und Kronen Zeitung reported after the Liebe (known by the English title premiere: “For over twenty minutes, “Intrigue and Love”) in 1976, the the audience showered its applause choreographed orchestral work upon all those involved. It was un - Rondo in 1979 and the ballet Radz- doubtedly clear that Gottfried von Datz, based on the song cycle of op. Einem was enjoying his second great 69, in 1985.) success: Der Besuch der alten Dame, his fourth and latest opera, looks cer- posed, seen or heard. For examp- tain to build on the lasting effect of le, my intention was that anyone Dantons Tod. … Christa Ludwig was who has heard the Alte Dame might outstanding in the title role: seduc - adopt a somewhat humbler attitude tive in her charm; self-confident, towards his or her own prosperity, dangerous. She was matched by whether that be mental, physical or Eberhard Waechter, whose portray- financial.” al of the unassuming shopkeeper was credible at every moment. Hans Beirer made a marvellous mayor. The The singer who was then not Wiener Zeitung reported as follows: such an “At all events, the Staatsoper held nothing back in giving the best pos - OLD LADY sible account of Einem’s work. […] Hans Hotter presented the school - It is always exciting to premiere a master as a prototype from the pup- new opera. The only snag is that one pet show of human sleaziness.” And has to learn it. Contemporary music Franz Endler summed up the con - is usually harder to learn than famil - ductor in Die Presse: “Horst Stein iar harmonies. performed superbly as music direc- tor and, on the evening of the pre - When Gottfried von Einem wanted miere, far from stifling the orches- me for DER BESUCH DER ALTEN DAME tra, he whole-heartedly threw it into (The Old Lady’s Visit) he asked me battle.” what my best register would be.

The production was staged 39 times I told him like “Amneris” (in Aida). in all at the Haus am Ring and went He sent me these great long green down in history as a popular success. “proof sheets” and I was horrified And who knows: perhaps the op - to see what register my part was in. era even gave some people cause Much too high – I asked him who for reflection? After all, the compos- he had composed it for – maybe er made his intention quite clear: Birgit Nilsson or Lisa Della Casa?! “I am not advocating Schiller and Then I was told that I could always his educational use of the stage as transpose the passages that were a ‘moral institution’, but I do find it pitched too high. A rehearsal pianist pleasing when someone is humbled at the opera house, himself a com - somewhat by a play they have com- poser, transposed the tricky pas- sages down into a mezzo register. With some high notes, of course. But it was really very important for peo - ple to be able to follow the text by Friedrich Dürrenmatt. In high pas - sages a singer is totally incompre - hensible. So this wonderful part of Claire Zachanassian was prac - tically “made to measure” for me. All my colleagues and I and sang and played our parts with gusto! My partner was the wonderful Eber - hard Waechter, who had to make himself up to look OLD just as I did. And as I had to smoke a cigar on stage, he always brought me a bet- ter cigar than the Staatsoper could afford. The difference between this very exciting music and the very tender passages is completely in character for Gottfried von Einem. The audience enjoyed it a lot and made it a great success for us all.

Christa Ludwig

Oliver Láng (Translation: Fred Maltby for JMB Translations, London) bad way. They live on the dole and CD 1 off the soup-kitchen. There were times when things were better, Gül - Act I len was a cultural centre, where in - dustry thrived and the internation - Scene 1 (The Station 1) al trains stopped. Today the indus - try is ruined, the express trains race Güllen – a small town, run down, through the station, only a few local neglected. The population is in a trains stop. Now the people of Gül - len hope for a miracle – to be worked (Toby and Koby) tapping behind it. 6 by a multi-millionairess who already Before going into town, Claire wants has left visible signs of her charity in to go with Ill and revisit their old tryst- the neighbouring towns. 1 She is ex- ing-places. pected to arrive at the station. Her name is Claire Zachanassian, former- ly she was known as Klara Wäscher. And as she was born in Güllen, the hopes for some substantial sup - port are great. 2 The Mayor speaks quite openly about the sad state of affairs. Ill who is now a shopkeeper should help to obtain some of the Zachanassian money for Güllen, for there were sentimental bonds be - tween him and Klara Wäscher many years ago. It was quite a tempestu - ous young love, a time that Ill recalls with some pleasure, but “life” has driven him and Klara apart. Mad - am Zachanassian is expected to ar - rive with the local train and mean - while a great reception should be prepared. 3 But Claire, the Old La - dy, arrives before her time, she has pulled the express train’s emergency brake. Her unexpected appearance causes some confusion. The furious guard is pacified with some big bills. 4 – 5 The townspeople improve a welcoming ceremony, and Ill starts to talk about the days of their youth. Again and again Claire answers sar - castically shocking and bewildering everyone. Considerable consterna- tion is caused by the coffin, carried after Claire and the two blind men Scene 2 (Konradsweiler Wood I) but is she happy? Wen Ill complains that he is living in hell, Claire answers 7 Claire and Ill talk about old times, “And I have become hell”. But in any and tell the stories of their lives. case she will grant generous finan - Claire’s career, after having left Gül- cial support to the town of her youth. len, began in a brothel in Hamburg. She is now married for the seventh Scene 3 (Hotel “Goldener Apostel”) time. Ill did not achieve much. After he and Claire separated, he married 9 – 10 A meagre reception for Claire Mathilde Blumhard who owned a Zachanassian for which she finds small shop, he hardly ever left Güllen. some macabre comments. Ill is in He renounced Claire, so he says, so high spirits and tells the Mayor about as not to bar her way to happiness. the promised millions. The Mayor 8 Claire is a multi-millionairess now – now makes his welcoming speech. 11 – 12 Claire corrects him in some to be the father of her child. At that details and promises a billion: 500 time Ill denied it and was supported million for the town, and another by two witnesses. These witnesses, 500 million to be distributed among however, had been bribed by Ill and the families. But there is one condi - gave false testimony. They did not tion: Claire brings up a story from the escape Claire’s revenge who at the past. Her butler turns out to be the time had to leave Güllen because former chief justice of Güllen. In his of this miscarriage of justice and be- court Klara Wäscher had claimed Ill came a prostitute: 13 they belong to her suite now, Koby and Loby, cas - trated and blinded. Now the Old La- dy wants justice, she can afford it: “A billion for Güllen, if someone kills Al - fred Ill. “Speaking for the town, the Mayor refuses this offer. Claire: “ I am waiting…”

Act II

Scene 4 (Grocery Store I)

14 Ill’s son and daughter are looking for work. The customers that come into Ill’s miserable store obviously have to turn over every penny before spending it. 15 But still, people buy more and better things than before. Sure: nobody can pay cash. They all assure Ill of their unfailing loyalty. At first he only fears for his own money, but when he sees new shoes, cer - tainly still unpaid-for, on his custom - er’s feet, it begins to dawn upon him that Claire’s billion is having its effect, Güllen is giving in to living on credit and he will, of necessity, be the vic - tim. Scene 5 (Sacristy) Scene 6 (The Station II)

16 – 17 Ill seeks the Priest’s help who 18 It is quite evident that the prom - wants to comfort him with words ised wealth is transforming misera - about eternity. But Ill soon realizes ble Güllen into a place of renova - that the Priest, too, has been tempt- tion and reconstruction. Opulence is ed by the money’s promise, he has within reach. Ill wants to leave. But bought a new bell with a “Positive” suddenly all of Güllen is there to see sound. The Priest realizes that Ill has him off – the Mayor, the Teacher, the been through his pretensions and Doctor, the Priest, the Policeman. All advises him to flee. want to scatter his suspicions and to assure him of his great popularity in Scene 8 (Grocery Store II) Güllen. Ill reproaches them for their purchases, but they cannot see 4 – 5 Ill’s family has also been get- anything wrong with that. The train ting it’s share of the new-found pros- arrives. When asked to board the perity. 6 The Mayor enters carrying a train, he cannot take this literal - loaded gun. With longwinded phras- ly any more. “Somebody will hold es he tries to persuade Ill to submit to me back” are his words. His con - the inevitable, to use the gun. Ill ex- science is holding him back, his fear plains how, with the growing wealth and the premonition that he will his fears have also grown and how not escape his fate. The train leaves he’s been left alone with the fears. He without Ill. insists, that it is not he who has to act, but the town council and the court, to shoes justice he will submit. 7 Ill CD 2 has made up his mind, he knows that his death is immediate. Only once more he would like to take his fami - Act III ly out – to the Konradsweiler Wood.

Scene 7 (Peter’s Barn) Scene 9 (Konradsweiler Wood II)

1 Claire is recovering from her wed- 8 – 9 Ill has remained behind by ding to husband No. 9 at Güllen himself. He meets Claire. 10 Once Münster. The Teacher and the Doctor more they talk about the times of want to talk to her about Ill. 2 They their youth, and about their child – confess that everybody in Güllen it died soon after birth. 11 Ill thanks has been buying things and is now her for the many wreaths with which hopelessly in debt. They offer their Claire had the coffin decorated that old industrial enterprises for sale, she is carrying with her. Claire’s love but that is no deal – 3 the Old Lady for Ill has never died in all the years, has bought Güllen – lock, stock and it has, however, been transformed in- barrel – long before and then had it to something evil. They bid each oth- starved artificially. Teacher and Doc- er farewell. tor realize that the only remedy will be Ill’s death. Scene 10 (The Theatre)

12 – 13 The town-council, in self-re - crimination, deplores the long de - lay of justice. The Teacher pleads for acceptance of the billion and to ex- punge the miscarriage of justice. 14 Ill declares to abide by the decision about the acceptance or rejection of the Zachanassian-Foundation. The vote is taken in public, in front of the journalists and the cameras, the Foundation is accepted unanimous- ly. 15 The ceremony has to be repeat- ed because of a camera-break - down… . 16 Thereafter the journalists and the women leave the hall. Only the men of Güllen remain. The doors are closed, the lights switched off … . Ill is no longer afraid. He coun - sels the Priest to pray for Güllen. The sentence on Ill is executed… . 17 The public is informed about the cause of death: heart failure. Claire has the body placed into the coffin – a mau- soleum on Capri has been prepared. She presents a cheque to the May - or… . 18 The people of Güllen slow- ly begin a celebration dance, they seem increasingly convinced, that justice has at last prevailed.

OPERNDISKOGRAFIE GOTTFRIED VON EINEM

Dantons Tod op. 6 Oper in zwei Teilen C 102 842 Text nach Georg Büchner Theo Adam · Wilfried Gahmlich Horst Hiestermann Werner Hollweg Kristina Laki ∙ Marjana Lipovšek Kurt Rydl Chor und Symphonieorchester des ORF Lothar Zagrosek

Der Prozeß op. 14 Uraufführung 17. August 1953 C 393 952 · Walter Berry Lisa Della Casa Ludwig Hofmann Wiener Philharmoniker Karl Böhm C 930 182 I