Die Sibirische Winterlibelle Sympecma Paedisca (Brauer, 1877) in Vorarlberg Mit Besonderer Berücksichtigung Des Rheindeltas»
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Niederer, W. & Schmidt, B. (2016): «Die Sibirische Winterlibelle Sympecma paedisca (Brauer, 1877) in Vorarlberg mit besonderer Berücksichtigung des Rheindeltas». inatura – Forschung online, Nr. 33: 11 S. Die Sibirische Winterlibelle Sympecma paedisca Nr. 33 - 2016 (Brauer, 1877) in Vorarlberg mit besonderer Berücksichtigung des Rheindeltas Walter Niederer1 & Bertrand Schmidt2 1 Mag. Walter Niederer Im Wiesle 12, A-6974 Gaißau; E-Mail: [email protected] 2 Dipl.-Biol. Umwelttech. Bertrand Schmidt Alpenstraße 27, D-88045 Friedrichshafen; E-Mail: [email protected] Abstract Sympecma paedisca, an endangered damselfly is reported for Vorarlberg and its extension in Vorarlberg is shown. The nature re- serve Rhine delta, a marsh and lowland moor habitat mosaic provides many different nessessary reproduction sites and habitate structures. Also other rare dragonflies of marshes like Sympetrum depressiusculum were reported. Aspects of nature conversa- tion are discussed. Key words: dragonflies, damselflies, Sympecma paedisca, wetland, Natura 2000, nature conservation, Austria, Vorarlberg Zusammenfassung 1 Einleitung mit isolierten Vorkommen entlang des nördlichen Alpenrands über die Die Situation der Sibirischen Winter- Die Sibirische Winterlibelle Sympecma Schweiz bis nach Frankreich und Nord- libelle (Sympecma paedisca), eine Art paedisca (Brauer, 1877) ist europaweit italien (JÖDICKE 1997). des Anhangs IV der FFH-Richtlinie, in bedroht und hat so Eingang in den An- Der Bestand der Sibirischen Winterli- Vorarlberg wird beschrieben. Anga- hang IV der FFH-Richtlinie gefunden. belle (Abb. 1, Abb. 2) in Vorarlberg mit ben zur Lebensweise und Verbreitung Das geschlossene Verbreitungsgebiet dem Rheindelta als Kerngebiet gehört in Europa werden gemacht. dieser Art reicht von Japan bis Ost- zu diesem südlichen Arealausläufer In Vorarlberg beschränken sich die europa. In Mitteleuropa ist es in zwei und ist innerhalb Österreichs von he- bodenständigen Populationen auf Teilareale aufgeteilt: Das nördliche rausragender Bedeutung (RAAB et al. den Bereich des Bodenseeufers und Teilareal erstreckt sich von Nordpolen 2006). Übersichtsarbeiten behandeln des Unteren Rheintals. Alle Fundorte bis nach Holland, das südliche verläuft die ökologische Situation und die Po- in Vorarlberg und den benachbarten Gebieten werden genannt. Das Kern- gebiet der Metapopulation ist das Naturschutzgebiet Rheindelta. Sämtli- che im Jahresverlauf notwendigen Le- bensräume werden genannt und do- kumentiert. Die Gefährdungsursachen und die notwendigen Erhaltungs- und Fördermaßnahmen werden diskutiert. Abb. 1: Paarungsrad von Sympecma pae- disca am rechten Rheindamm in Hard. (Foto: Manfred Loner) Eingegangen: 08.06.2016; Publiziert: 11.11.2016 1 Erfassung erfolgte mittels Handfän- dern, die den Imagines als Überwinte- gen und Fotodokumentation, wobei rungsquartier dienen. zusätzliche Begehungen im Winter- Die Arten der Gattung Sympecma sind halbjahr bis Ende April, einer ansons- die einzigen Libellen in Mitteleuropa, ten libellenfreien Zeit, erfolgten. Dazu die im Adultstadium überwintern - da- wurde die bekannte Population im her der Name «Winterlibellen». Dabei Natura-2000-Gebiet Rheindelta unter- verteilen sich die Imagines, die erst sucht. Die benachbarten Gebiete am Anfang bis Mitte August schlüpfen, im Österreichischen Bodenseeufer und Herbst um die Entwicklungsgewässer im unteren Rheintal wurden ebenfalls und suchen gezielt feuchte, vollstän- in die Betrachtungen mit eingezogen. dig beschattete Plätze auf, wo sie sich Gleichzeitig wurde die Begleitfauna absetzen und in Kältestarre fallen. Erst der Libellen erfasst. Ein besonderes im Frühjahr erscheinen die Libellen Augenmerk lag dabei auf dem Natur- wieder am Gewässer, wo dann die schutzgebiet Rheindelta, dem Gebiet Paarung erfolgt. Bei der anschließen- mit dem größten Bestand an Sympec- den Eiablage stechen die Weibchen Abb. 2: Weibchen von Sympecma paedis- ma paedisca in Vorarlberg. Sämtliche schwimmende, lebende oder tote ca an einem dünnen Schilfhalm Anfang Sammel- bzw. Fundpunkte wurden Pflanzenteile an und legen darin ihre Oktober im Höchster Ried (Foto: Bertrand verortet, und die Daten in die Daten- Eier ab. Die Larven leben in geringer Schmidt) bank der inatura Dornbirn eingespeist. Tiefe auf verschiedenen Unterlagen. Ihre Entwicklung dauert 10 bis 12 pulationsbestände in den benachbar- Wochen. Durch ihre besondere Le- ten Gebieten Schweiz (WILDERMUTH et 3 Zur Lebensweise von bensweise können die Imagines eine al. 2005), Baden-Württemberg (SCHMIDT Sympecma paedisca Lebensdauer von bis zu 11 Monaten & STERNBERG 1999; HUNGER, SCHIEL & KUNZ erreichen. 2006), Bayern (KUHN & BURBACH 1998) Die Sibirische Winterlibelle besiedelt und Tirol (LANDMANN et al. 2005). im Alpenvorland Verlandungsriede Die Erkenntnisse zur Biologie und von Seen und Weihern, deren Wasser- Ökologie der Sibirischen Winterlibel- stände schwanken, und die an Flach- le wurden von SCHMIDT (1990, 1993) moor-Pfeifengrasstreuwiesen oder im Wollmatinger Ried, Vorarlberger Über gangsmoore angrenzen. Kleine Rheindelta und Niedermooren im All- Populationen existieren in Vorarlberg gäu und Oberschwaben erhoben und und Oberschwaben auch in verschilf- dargestellt. ten leicht fließenden Niedermoorgrä- Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ben. den Wissenstand für Vorarlberg be- Die Reproduktionsgewässer zeich- züglich Verbreitung, aber auch der nen sich durch periodische Wasser- Habitatbindung zusammenzufassen, standsschwankungen mit sommer- zu dokumentieren und Vorschläge für licher Wasserführung aus. Meist sind Erhaltungs- und Fördermaßnahmen dies Bult-Schlenken-Komplexe in zu geben. Die aktuelle Situation im leicht verschilften Steifseggenrieden, Rheindelta wird beschrieben. Schneidriede und andere Großseg- gengesellschaften in Flutmulden. Ins- besondere die Bodenseeriede zeigen 2 Methodik ein Wassserregime, welches durch Frühjahrsschmelzwasser aus den Al- Alle bisher publizierten Daten wurden pen und damit höhere Wasserstände aufgenommen und digital erfasst. Zu- im Mai bis Juli gekennzeichnet ist. Die sätzlich wurden Kenner des Gebiets Fundorte liegen oft in der Nähe von befragt und deren Datensätze wurden Gehölzen und auch an Auwaldrän- ebenso eingebunden, wie die eigenen Beobachtungen der letzten Jahre, die im Zuge anderer Projekte gemacht Abb. 3: Verbreitung der Sibirischen Win- worden sind. Die projektbezogene terlibelle in Vorarlberg inatura – Forschung online 33 (2016) 2 et al. (2009) sichteten im Jahr 2003 am Mehrerauer Ufer 5 Individuen und bewerteten das Vorkommen als wahr- scheinlich bodenständig (Abb. 4). Bei Begehungen im Jahr 2010 wurde Sym- pecma paedisca von B. Schmidt nach- gewiesen. W. Niederer konnte Sym- pecma paedisca bei Untersuchungen zum Vorkommen von Wasserkäfern im Jahr 2014 im Bereich zwischen Be- obachtungssteg und Yachthafen (Abb. 5) feststellen. Eine Nachsuche im Jahr 2015 war ebenfalls erfolgreich. Nachweise im Gemeindegebiet Lus- tenau erfolgten hauptsächlich durch E. Hämmerle und sind in den Arbei- ten von WUST & ALGE (1999), HOSTETTLER (2001) und HÄMMERLE (2007) dargestellt. Abb. 4: Mehrerauer Seeufer im Spätsommer Im Jahr 2014 gelang W. Niederer im Rahmen einer Wasserkäferunter- In Vorarlberg kommt neben Sympec- degebiet von Gaißau vor. Entlang des suchung ein Nachweis im Gebiet des ma paedisca noch die Gemeine Win- Alten Rheins auf dem Gemeindege- Alten Rheins auf Höhe des Schreber- terlibelle (Sympecma fusca) vor. Diese biet von Höchst (vom Bruggerloch bis gartenloches (Abb. 6). ist weiter verbreitet und nicht selten. zum Eselschwanz) wurde Sympecma Im Bericht des OFEV (2015) zum Stand Detaillierte Informationen zur Aut- paedisca im Jahr 2015 nicht gefunden. der Arbeiten an der Roten Liste der ökologie der Sibirischen Winterlibelle HOSTETTLER hatte die Sibirische Winter- Libellen der Schweiz wird Sympecma finden sich in SONNTAG (2005), STALDER libelle 1996 in einem Einzelexemplar paedisca für 2015 auch aus Lustenau (2013) und SCHMIDT (1993). am Bruggerloch gemeldet. gemeldet. A. Rotach (mündl. Mitt.) be- Neben dem Rheindelta als Untersu- richtete von Sichtungen entlang der chungsschwerpunkt konnte auch Rheindämme im Bereich Lustenau. 4 Verbreitung und Bestand in Bregenz im Naturschutzgebiet Die Sibirische Winterlibelle nutzt die- in Vorarlberg Mehrerauer Seeufer - Bregenzer Ach- teilweise nicht gemähte, hohe Halmve- mündung eine kleine bodenständige getation (vergilbter Altgrasstreifen) an Der Verbreitungsschwerpunkt der Si- Populationen der Sibirischen Winter- den Rheindämmen als Herbstlebens- birischen Winterlibelle liegt im Natur- libelle ausgemacht werden. CHOVANEC raum (Abb. 7). Hier ist sie gut getarnt schutzgebiet Rheindelta (HOSTETTLER 1993, 1996a, 2006), dies gilt für den Untersuchungsraum Vorarlberg eben- so wie für das gesamte Bundesgebiet Österreich. Fundmeldungen liegen von weiten Teilen des Naturschutzge- biets vor und verteilen sich auch alle Jahreszeiten. Außerhalb des Naturschutzgebie- tes kommt Sympecma paedisca im Rheindelta noch im Bereich der weiter flussaufwärts gelegenen Hinterwas- ser am AIten Rhein in Gaißau und im angrenzenden Ried auf dem Gemein- Abb. 5: Die Situation im Naturschutzge- biet Mehrerauer Seeufer - Bregenzer Ach- mündung östlich der Beobachtungsplatt- form im Sommer inatura – Forschung online 33 (2016) 3 Abb. 6: Das Schrebergartenloch in Lusten- au. Im Bereich des Dammes ist das Gebiet für Sympecma paedisca sicher nicht op- timal. Ob sich im Schilfgürtel geeignete Larvalhabitate befinden, konnte nicht ermittelt werden. Abb. 7: Die Situation am Inneren Wuhr-