IM GLANZE DES ALL-EINEN ‑ DIE MODE DER NOVADIS

«Setz dich und lausche meinen Worten, Effendi. Denn bevor du die Wüste betrittst, musst du einiges über sie wissen… Die Wüste Khôm ist nicht so, wie die Orte, die du bisher bereist hast. Sie wird dir vieles abverlangen, wenn du dich nicht ihrer Unbarmherzigkeit beugst und Kompromisse machst, was deine Kleidung und dein Verhalten angeht. Du wirst auf deiner Reise lange Zeit keiner Menschenseele begegnen und wenn doch, dann werden es die Novadis, die Kinder Rastullahs, sein, die deine Wege kreuzen. Du würdest gut daran tun, dir zumindest ihre Kleidung anzueignen, sind sie doch die unbestrittenen Kinder der Wüste. So bedenke, dass du immer deinen Kopf bedecken solltest. Die Novadis greifen dabei zu einem sogenannten Cheich, bei manchen Stämmen auch Cheche genannt. Dazu trägt der Rechtgläubige – so bezeichnen die Novadis sich und ihre Brüder und Schwestern – meist einen Kaftan oder Kandji, wie manche Stämme ihn nennen. Die Alten und Gelehrten der Stämme tragen statt des Kaftans gelegentlich auch einen Djellabah, während die Frauen allen Alters auch gerne einen Haik oder Gandoura anlegen. Kannst du mir noch folgen, Effendi? Effendi?» –Gehört bei einem Haimamud in Mherwed, dessen Zuhörer angesichts all der fremden Wörter das Weite gesucht haben muss; im Jahre 254 n. d. O

Wer einen Tulamiden oder einen Horasier fragt, was er sich bei dem Wort „Novadi“ vorstellt, der wird fast immer die gleiche Antwort erhalten: einen Reiter mit , Khunchomer schwingend, der durch die Wüste zieht und in Zelten haust. Und auch, wenn diese Vorstel- lung nicht gänzlich fern der Wahrheit ist, so beschreibt sie doch nur einen kleinen Teil dessen, was einen Novadi ausmachen kann. Die Novadis sind die Kinder der Wüs- te, die Kinder Rastullahs. Und so, wie Rastullah ihnen die Wüste untertan machte, so schenkte er ihnen auch die fruchtbaren Oasen der sandigen Einöde. Er schenkte ihnen eine reiche Kultur, genährt aus dem tiefen Glau- ben an den Eingott, der sowohl in den Oasen Unau und Keft als auch in Mherwed und gar in Rashdul eine reiche Kultur erblühen ließ. Und so sind die Novadis mehr als nur Nomaden. Sie sind Händler, Politiker, Gelehrte, Ma- gier, Sultane und Kalifen. Und so vielseitig wie ihr Leben und Auftreten ist auch ihre Kleidung. Sowohl bei den nomadischen Novadis als auch bei de- nen, die in Städten und Oasen leben, dominieren bei den Männern natürliche Farben. Brauntöne und Sand- farben, ja auch Weiß sind vorherrschend bei der Klei- dung der Männer, denn der Rechtgläubige übt sich in Bescheidenheit und Demut dem Allgott gegenüber. Dahingegen sind es die Frauen, die in den meisten no- vadischen Stämmen zu voller Blüte erstrahlen – im wahrsten Sinne des Wortes. Je reicher ein Novadi, desto

1 bunter kleidet er seine Frau ein, und so tragen novadi- sie geschaffen wurden. Allen anderen gegenüber – sogar sche Frauen häufig von Gold durchwobene Kleider aus eigenen Stammesmitgliedern – haben sie sich in Demut Gelb, Grün, Blau, Rot, Purpur und Orange. Wer es sich und Bescheidenheit zu üben. leisten kann, gänzlich auf harte Arbeit in der Sonne zu Doch ob man nun bei den Beni Novad, den Beni Ka- verzichten, der lässt Sklaven diese Arbeit verrichten sim oder den Beni Shadif, den Beni Avad oder den Beni und kleidet sich zudem noch in dunkle Farben, obgleich Shebt schaut, überall wird man sehen, dass sie ihre Klei- diese die Sonne anziehen. Denn wer zeigen kann, dass dung aus den gleichen Stoffen fertigen. Die nomadi- er die Hitze nicht fürchtet, der beweist damit wahren schen Stämme müssen meist auf das zurückgreifen, was Reichtum und wahre Größe. ihnen zur Verfügung steht, weshalb ihre Kleidung zu Doch nicht für alle Novadis gilt diese Regel. Es gibt kon- großen Teilen aus Kamel- oder Ziegenwolle, Leder der servative Stämme wie die Beni Novad oder die Beni selben Tiere oder aus Leinen und Baumwolle ist, welche Kasim, die der traditionellen Kefter Schule folgen. In sie an den Oasen ertauschen. Lediglich die reicheren diesen Schulen sind Demut und Unauffälligkeit die Novadis in den Städten und Oasen, die an Handelsrou- Kredos, denen die Rechtgläubigen folgen. Die Frauen ten liegen, können sich auch Kleidung aus Brokat, Seide sollen hierbei noch weniger auffallen als die Männer, und Damast leisten, und tun dies auch, wann immer es denn nur Rastullah ist es erlaubt, sie so zu sehen, wie ihr Geldsäckel zulässt.

Von Kopf bis Fuß

Vom Turban in all seinen Varianten selten auch Wolltuch um den Kopf gewickelt, das etwa Turbane werden fast ausschließlich von Männern getra- zweieinhalb bis drei Schritt Länge und welches vor- gen. Die Ausnahme davon sind Wüstenstämme, in de- ne auf der Stirn von einer Brosche, dem sogenannten nen auch die Frauen gelegentlich einen Cheche/Cheich Sarpech, zusammengehalten wird. Häufig haben Stäm- tragen. me, welche Zugriff zu Farbe haben, dieselbe Farbe für Als allererste Form des sei hier der sogenannte ihren Turban, weshalb man einem Novadi oft anhand Cheche, bei manchen Stämmen auch Cheich genannt. der Farbe seines Turbans ansehen kann, welchem Stam- Dies ist der Reiseturban der no- mesverband er angehört. So tragen zum Beispiel die madischen Stämme, welcher Beni Kasim bevorzugt schwarze Turbane, die Beni Der- rein auf Funktionalität bedacht vez tragen ein blutiges Rot, während die Beni Shadif ist. Für diese Art des Turbans meist an reinweißen Turbanen zu erkennen sind. spannt sich der Rechtgläubi- Die nächste gängige Form des Turbans wird Keski ge- ge ein Tuch (Kaffiy) von etwa nannt. Der Keski ist eine “kleine” Form des Turbans, drei Schritt Länge um den welche häufig bei körperlicher Ertüchtigung oder auch Kopf und um das Gesicht, so- im Krieg zum Einsatz kommt. Hierbei wird der Turban dass es sowohl auf dem Haupt so eng wie möglich an den Kopf gebunden, um mög- eine schöne Form ergibt als lichst wenig Gewicht zu erzeugen und möglichst auch auch das gesamte Gesicht und bei schwerer körperlicher Arbeit oder im Kampf nicht den Bereich um den Nacken zu verrutschen und an Ort und Stelle zu bleiben. und die Schlüsselbeine vor Für junge Männer und Achmad‘sunni gilt ab dem fünften Wind und Sand schützt. Lebensjahr, dass sie einen Turban tragen müssen. Um ei- Die Beni Novad und die nem kleinen Kopf gerecht zu werden, wickelt man bei Beni Kasim kennen eine Kindern und heranwachsenden Jungen einen sogenann- besondere Form dieser ten Patka, bei dem wenig Stoff ausreicht und der um ein Cheche Kopfbedeckung, die sich zusammengebundenes Bündel Haare gewickelt wird. nennt. Die männ- Eine ganz spezielle und regionale Besonderheit des Tur- lichen Mitglieder des Stammes erhalten ihren Tagel- bans stellt der sogenannte Dhamala dar. Diese Art der must am Tag der Reife, dem Tag, an dem sie zum Mann Wicklung wird man nur in Mherwed vorfinden und be- werden. Der erste Tagelmust, den sie erhalten, hat eine ruht auf der Geschichte der Stadt. Die Stadt litt unter Länge von etwa zweieinhalb Schritt und sie dürfen ihn den Skorpionkriegen, welche die Magiermogule vom verlängern, wann immer sie sich für ihren Stamm be- Gadang mit dem Sultanat Khunchom ausfochten, und wiesen haben. So ist es nicht unüblich, dass verdiente musste sich auch bereits zuvor der Tyrannei durch die Krieger einen Tagelmust von vier oder gar fünf Schritt Mogule beugen. Diese verboten das Tragen von Turba- Länge besitzen. nen, da diese zu jener Zeit noch ein Symbol der Macht Als nächster Turban sei hier der genannt. Der Pag- – und damit der Mogule – war. Nachdem die Tyrannei ri ist die Grundform des Turbans, die allen novadischen der Magiermogule ihr Ende gefunden hatte, entwickel- Stämmen gemein ist. Hierbei wird ein Leinen- oder te man in Mherwed die Wickeltechnik des Dhamala

2 Im Glanze des All-Einen – Die Mode der Novadis (Urtulamidya: Dha = „zwei“, Mala = „Stoff“), um sich da- oder anderen kleinen Spielereien verziert. Nur reiche ran zu erinnern, dass man zu lange unterdrückt worden und wohlhabende Frauen können es sich leisten, den war. Vorher war es den Novadis verboten, einen Turban Dupatta ihrem Alltagsgewand hinzuzufügen, doch jene, zu tragen, weshalb sie nun, als Zeichen der Freiheit, zwei die es können, tun es auch häufig – dabei ist er dann trugen. Dieser Turban ist besonders durch seine Höhe auch meist aus Seide oder Brokat gefertigt. auffällig, da ein erster Turban direkt eng am Kopf ge- Ausschließlich von den traditionelleren Frauen der Kef- bunden und dann ein zweites Stück Stoff genutzt wird, ter Schule getragen wird die Bushiyya. Man findet die- um den Turban in die Höhe aufzubauen. se Kopfbedeckung also beinahe ausschließlich bei den Alle verschiedenen Arten von Turbanen werden meis- Beni Novad und den Beni Kasim. Ähnlich wie ein Niqab tens mit einem Tarbus darunter getragen. Ein Tarbus bedeckt dieses Tuch die gesamte Haarpartie, rahmt das ist ein kleines, flaches Hütchen, welches aus Stoff oder Gesicht ein und fällt dann vor das Gesicht. Hier ist je- seltener auch aus Leder besteht, und dem Turban Stabi- doch kein Augenschlitz freigelassen, dafür ist das ge- lität und Standfestigkeit bieten soll. wählte Tuch (meist Leinen, sehr selten Seide) so dünn, Als letzte Kopfbedeckung der männlichen Novadis sei dass es durchsichtig wird. hier noch die Keffiyah angeführt. Die Keffiyah nutzt das sogenannte Kaffiy, das Tuch, aus dem auch die Turbane Oberbekleidung gewickelt werden. Dieses wird zu einem Dreieck gefaltet Denkt man daran, was die Novadis an ihrem Oberkör- und mit jeweils einer der Ecken hinten, links und rechts per tragen, denkt man in den allermeisten Fällen wohl vom Kopf abfallend mit einem Agal befestigt. Ein Agal zuerst an einen Kaftan, von manchen Stämmen auch ist ein Stirnband aus geflochtenem Seil oder Filz, wel- Kandji genannt. Der Kaftan ist ein langes, einfaches Ge- ches das Kaffiy auf dem Kopf befestigt und so eine leich- wand, welches meist aus Wolle oder Leinen, selten ein- te, Schatten spendende Kopfbedeckung bietet. mal aus Brokat oder Seide gefertigt ist. Er geht bei Män- nern gewöhnlich bis zu den Knien, bei Frauen hingegen Kopfbedeckungen für weibliche Novadis bis zu den Fesseln. Bei Männern wird der Kaftan auf Als wichtigste und bekannteste Kopfbedeckungen für Bauchhöhe mit einer Schärpe fixiert, an welcher häu- die weiblichen Novadis seien hier zuerst die Shayla und fig die Waqqif- und andere Waffenscheiden angebracht der genannt. Diese sind Kopftücher, die den gan- werden. Bei Frauen wird die Schärpe etwa auf Hüfthöhe zen Kopf einrahmen und bedecken und oft bis zur Brust angebracht. herunterreichen. Dabei sitzt die Shayla oft etwas locke- Gelehrte, Händler oder ältere Männer, die keine körper- rer und bedeckt nicht immer alle Teile des Halses und liche Arbeit mehr verrichten müssen, entscheiden sich der Schulterpartien, während häufig statt desKaftans für einen Djellabah. Dies ist ein der Hijab sehr enganliegend langer Überwurfmantel, der selten auch mal eine Kapu- getragen wird. ze hat, und der meist bodenlang und weit geschnitten Eine erweiterte Form dieser ist. Häufig wird dieser mit einer sogenannten Waskat beiden Bedeckungen ist der kombiniert, einer ärmellosen und meist hüft- oder kni- sogenannte Niqab. Dieser elangen Lederweste, die zwar manchmal mit Knöpfen rahmt ebenfalls das ge- versehen ist, meist aber offen getragen wird. samte Gesicht ein und Der sogenannte Burnus ist ein Kapuzenmantel, der dem bedeckt mit einem zwei- Djellabah ähnelt, aber aus fest gewebtem Kamelhaar ten Tuch, welches oft besteht und meist für die Nächte und Regenzeiten an- mit einem Stirnband gezogen wird. befestigt wird, auch Was den Männern der Djellabah, das ist den Frauen noch die Stirn, die Abayah. Sie ist eine Art Umhang, der wie eine Robe während ein mit einer Aussparung für den Kopf versehen ist und drittes Tuch übergeworfen wird. Dabei hat sie keine oder sehr weit die Mundpartie geschnittene Ärmel und wird meist nur von wohlha- bedeckt und so benden Städtern getragen, auch wenn manche Noma- nur die Augen- denfrauen ebenfalls eine Abayah besitzen, die sie dann Novadifrau mit Niqab partie freilässt. zu Hochzeiten oder ähnlichen Festivitäten tragen. Ein erweiterter Hijab ist die sogenannte Al-Amira. Dies Zwei weitere Varianten der Oberbekleidung für Frau- ist ein Schleier, der, ähnlich wie der Hijab, das Gesicht en bieten der Djador und die . Der Djador ist ein einrahmt, allerdings noch aus einem zweiten Teil beste- Ganzkörperschleier, welcher die Haare und den Körper hend auch den gesamten Brustbereich und die Oberar- bis zu den Fußspitzen bedeckt und der meist in Kombi- me bedeckt. nation mit einem Mundschleier getragen wird. Die Bur- Der Dupatta hingegen ist ein Schal, der von Frauen qa hat bereits ein feines, schmales Gitternetz eingear- meist aus modischen Gründen angelegt wird. Bei feierli- beitet, welches die Augen und das Gesicht bedeckt, ist chen Anlässen wird er locker um den Hals gelegt und ist ansonsten aber gleich geschnitten wie ein Djador. häufig in schönen Farben gehalten und mit Goldfäden Als letztes Oberteil für Frauen sei hier der Sari genannt.

3 Dies ist ein langes Wickelgewand aus einem einzigen Schuhwerk Stück Stoff von sechs bis neun Schritt Länge. Dieses wird Beim Schuhwerk der Novadis seien zuerst die Balghas in vielen Lagen um den Körper gewickelt, wobei eines genannt. Balghas sind hackenlose Schuhe aus Leder, der Enden meist über der Schulter drapiert und dort mit welche vor allem zu formellen Anlässen und von Män- einer Fibel und um die Hüfte mit einer Schärpe befestigt nern und Frauen getragen werden, die nicht körperlich wird. Der Sari wird von wohlhabenden Frauen meist arbeiten müssen. Durch das Fehlen einer Hacke sind sie mit einem Dupatta kombiniert. für alle anderen Anlässe ungeeignet. Mojari hingegen sind einfache Sandalen mit einer Le- Beinkleider dertasche für die Zehen und einer sehr flach zulaufen- Was der Kaftan für die Oberbekleidung ist, das ist der den Sohle, bei der die Hacken nur noch auf einem klei- Chalvar für die Beinkleidung aller Novadis. Der Chal- nen Stück der Sohle aufliegen. Sie sind definitiv nur für var besteht aus einem Stück Stoff, das so lang wie die formelle Zwecke gedacht und werden auch meist nur Beine und oft zwei Schritt breit ist. An in geschlossenen Räumen getragen, da man sonst seine der Taille wird der Stoff mit einem Gür- baren Füße dem heißen Sand aussetzt. tel oder einer Schärpe trotz der enor- Zarabil sind lederne Stiefel mit Leder- oder Holzsohlen, men Breite zusammengebunden, welche von den meisten einfachen Novadis und fast al- genauso wie mit einfachen Leder- len Nomaden getragen werden. Sie sind robust und auch und Stoffschnallen an den Knö- für arbeitende Novadis gedacht. In der höheren Schicht cheln, was die Hose dazu bringt, werden sie meist nur im Alltag und auf Reisen getragen. sich aufzupludern. Daher wird Jutti sind voll umschließende Lederschuhe mit niedri- sie auch häufig – meist abfäl- ger Hacke und offenem, weitem Einlass. (Orientieren Sie lig – “Pluderhose” genannt. Der sich hierbei an den modernen „Ballerinas“) Chalvar wird von Männern und Tarkasin sind formelle Schuhe, die von beiden Ge- Frauen aller Schichten getragen schlechtern getragen werden, aber je nach Geschlecht und kann von einfacher Machart unterschiedlich aussehen. Bei Männern sind es harte, oder sehr aufwändig und reich ver- feste Schuhe mit Holz- oder Ledersohle und leichtem ziert sein. Absatz sowie festem Leder, das nicht sehr flexibel oder Als Alternative zum Chalvar gibt biegsam ist. Bei Frauen ist die Sohle meist eher aus Le- es für Männer noch den Dho- der und deutlich flexibler und weicher, ebenso wie auch ti. Dies ist eine Art Wickelho- das Hauptmaterial nicht so starr ist wie bei der männli- se, welche aus verschiedenen chen Variante. Tarkasin sind Schuhe, die ausschließlich Stoffbahnen um die Beine ge- zur Hochzeit (entweder von anderen oder einem selbst) wickelt wird und dadurch en- getragen werden und häufig sehr reich verziert sind. ger anliegt als der Chalvar es Neben den Zarabil sind die Jowalim die am meisten tut. Dadurch eignen sich diese getragene Art von Schuhwerk bei den einfachen Nova- Beinwickel vor allem für Krie- dis. Jowalim sind lederne Sandalen mit einer Holzsoh- ger, welche zwar oft die Bewe- le und einfachen Metallschließen, welche vor allem gut gungsfreiheit, aber weniger win- für Krieger und Reiter geeignet sind, da sie einen festen dresistente Beinkleider als den Stand, aber dennoch sehr gute Beweglichkeit bieten. Derwisch mit Chalvar Chalvar benötigen. Für Frauen gibt es als Al- ternative noch den Mekhela. Dieser Wickel- rock wird vor allem von städtischen No- vadis bevorzugt, da er sich absolut nicht für die Reise durch die Wüs- te eignet. Wenn Frauen zu diesem Kleidungsstück greifen, wird es im- mer mit einer Abayah, einem verlängerten Djador oder einem verkürzten Kaf- tan getragen, damit weiterhin sämt- liche Haut bedeckt bleibt.

Eine Auswahl von bei Novadis üblichen Schuhen

4 Im Glanze des All-Einen – Die Mode der Novadis Besonderheiten und Ausnahmen noch ästhetisch und an- Den oben bereits beschriebenen Formen des Turbans sprechend ist. Deshalb sei hier noch der hinzugefügt. Es ist ausschließ- besteht ihr Gewand meist lich Mawdliyat und Magiern erlaubt, diese besonde- aus einem Brusttuch, aus re Wickelart des Turbans zu tragen, welche sie mehreren Lagen Seide, auszeichnet. Neben diesem Privileg tragen welche – jede für sich – sowohl novadische Magier als auch die leicht durchschei- Mawdliyat häufig einen reich verzierten nend sind, überei- Djellabah. Dieser ist meist mit Inschriften nander gelegt aber in Form der geheiligten Glyphen von Unau – außer, wenn die Tän- verziert, während Magier diesem auch zerin das wünscht – kei- häufig noch alchemistische Symbole nen Einblick erlauben. oder andere Runen hinzufügen. Häufig Dieses Tuch zieht sich bis gesehen ist auch ein ebenso reich knapp unter den verzierter Waskat als Überwurf. Bauchnabel Die Mawdliyat sind außerdem die fort, ist aber einzigen Männer im Kalifat – neben nicht an dem Kalifen selbst – denen es erlaubt der dazu- ist, einen Waqqif mit goldener Legie- gehörigen rung und Diamanten als Schmuckstei- Seiden- nen zu tragen. Alle anderen Männer der schärpe Novadis müssen sich für eine dieser bei- befestigt, den Schmuckformen entscheiden. No- sodass sich vadische Magier entscheiden sich dabei das Tuch selbst meist für eine Legierung aus Mondsilber bei den kompli- und wählen Diamanten als Schmuck. Au- ziertesten Tanzfi- Novadische Sharisad ßerdem entscheiden sie sich nicht selten guren noch frei dazu, ihren Waqqif auch zu ihrem Bann- mitbewegen und mitschwingen kann. Außerdem ge- schwert zu machen. hört zum Badlah ein oft an beiden Seiten geschlitzter, Die Derwische (oder “Rufer der Macht bodenlanger Rock, der – wie auch das Brusttuch – aus Rastullahs”) tragen üblicherweise mehreren Lagen durchscheinender Seide besteht, wel- schwarze, dunkelbraune oder blutrote che übereinander gelegt jedoch blickdicht sind. Dazu Niqabs, dazu feste Zarabil. Ihr Keffiyah haben die Sharisadim bei den meisten Tänzen unzähli- ist ebenfalls zumeist rot und wird mit ge Schleier, die größtenteils aus Seide gefertigt sind. Das einem Agal oder zum Turban gebunden gesamte Badlah ist zudem noch häufig mit goldenen getragen. Fäden durchwirkt und mit bunten Perlen, Plättchen aus Mawdli mit Dastar Das Gewand der novadischen Shari- Edelmetall, kleinen Glöckchen, Glasperlen, kleinen Edel- sadim nennt man im Allgemeinen Badlah, manchmal steinen, Federn und anderen Accessoires bestückt, die es auch Baadlet Ra’as, was sich schlichtweg mit “Gewand vollenden. Die meisten Sharisadim tanzen – häufig zum (Rastullahs)” übersetzen lässt. Das Badlah umfasst im Missfallen einiger Mawdliyat – jedoch größtenteils nur Gegensatz zu den tulamidischen Sharisadim oft etwas mit einer durchscheinenden Shayla als Kopfbedeckung. mehr Stoff, denn die novadischen Sharisadim wandeln Selbiges gilt auch für den Gesichtsschleier, auf den man- zumeist auf dem gefährlichen Grat, nicht zu viel Haut che Tänzerinnen gänzlich verzichten, damit ihr Nathni zu zeigen, aber auch nicht zu wenig, damit ihre Kunst besonders zum Ausdruck kommt.

Hochzeiten und andere Festivitäten Die Feiertagsgewänder der Novadis sind zum Teil wei- Zu Hochzeiten jedoch tragen die Novadis selbst für ihre ter oben bereits beschrieben. Männer tragen meist ei- Verhältnisse meist sehr reich auf. Die Frauen tragen zu nen reich verzierten Djellabah, während Frauen auf ei- ihrer Hochzeit meist ein Diadem aus feinstem Gold, wel- nen Haik zurückgreifen. Der Haik ist ein Gewand aus ches mit vielen Perlen und Edelsteinen besetzt ist. Sel- einem einzigen Stück Stoff, welches häufig sechs bis biges gilt auch für Hand-, Arm- und Beinschmuck. Für sieben Schritt lang ist. Ähnlich einem Sari wird es um die Kleidung wählen sie meist ein Abayah kombiniert den gesamten Körper gewickelt und an den Schultern mit einem Mekhela in bunten, leuchtenden und hellen mit einer Fibel oder Brosche, um die Hüften mit einer Farben. Dominierend sind hier – so sich der Mann das Schärpe befestigt. Wichtig ist beim Haik, dass dieser nur leisten kann – Rot, Türkis und Pink, aber auch Gelb, hel- schwarz oder weiß sein darf. les Grün und helles Blau sind häufig gesehen.

5 Außerdem wird bei Frauen sehr viel Wert darauf gelegt, Bei Männern gilt hier Ähnliches wie auch im Alltag: Sie dass ihre Augen durch ein wenig Schminke betont wer- tragen edle, gute und gepflegte Stoffe, halten sich aber den. Hierbei kommen Kohlestift, zerkleinerte Edelsteine bei der Farbwahl eher im Hintergrund und überlas- und Farbe zum Einsatz. Da meist durch Kopftuch und sen die Bühne ihren Frauen. Zu beachten ist auch, dass Schleier vieles von der Frau verdeckt ist, wird versucht, die Männer ebenfalls häufig leichte Schminke tragen, mit betörenden Augen Aufmerksamkeit (vor allem die so werden die Augen oft durch einfache Kohlestriche des Bräutigams) zu erregen. betont.

Der Haarkult der Novadis Zum Haarkult der Männer sei vor allem eines gesagt: Bei den Frauen hingegen gibt es eine andere Tradition: Pflege ist alles. Ein gepflegter und wohlgestalteter Bart Alle Frauen, die es sich erlauben können, lassen ihren jeglicher Art deutet auf einen Mann hin, der mit sich Töchtern am Tag des Schmucks (mit etwa fünf Jahren) selbst und mit Rastullah im Reinen ist. Der Rechtgläu- die Haare auf Kinnlänge schneiden. Danach werden die bige hat zu jedem Zeitpunkt so auszusehen, als würde Haare nicht mehr geschnitten, bis die Frau ihre Un- er vor Rastullah selbst treten, und ein gepflegter Bart schuld verliert. Am Tag nach ihrer Hochzeitsnacht wer- ist wichtig für solch einen Augenblick. Manche Männer den ihr die Haare dann feierlich in Form geschnitten flechten sich gerne golden Ringe, einfache Perlen oder und die Frau trägt ihre Haare für den Rest ihres Lebens Ähnliches in die Bärte. Dabei vermeiden sie jedoch all- nur noch in jener Länge, die sie am Tag ihrer Hochzeit zu bunte Farben, welche meist eher den Frauen zuge- hatten. schrieben werden.

Schmuck & Accesoires Das wichtigste Schmuckstück im Leben einer Diamant oder Rubin) in der Brosche gibt den ge- novadischen Frau ist der Nathni. Dieser ist sellschaftlichen Status eines Mannes an. Da- ein, meist recht großer, Nasenring, wel- bei kann es durchaus vorkommen, dass der cher mit einer Kette zum Ohr (üblicher- berühmteste und vielverdienteste Krie- weise links) geführt wird, wo er in ei- ger des einen Stammesverbands eine ner Kreole oder einem kleinen Stecker größere Brosche trägt als der Emir des endet. Den ersten Nathni erhält das benachbarten Stammesverbandes. Dies Novadimädchen am Tag des Schmucks wird allerdings nicht als Beleidigung entweder von ihrem Vater/Bruder, angesehen, da diese “Hierarchie” meist oder sie erhält den ersten Nathni ih- nur innerhalb des eigenen Stammesver- rer Mutter, so dieser noch zu verwenden bandes gültig ist. Die einzige Größe, die ist. Erst bei ihrer Hochzeit erhält sie von niemand jemals überschreiten darf, ist die ihrem Ehemann einen neuen Nathni, legt des Kalifen und seiner Söhne, denn niemand ihren ersten ab und vererbt diesen dann steht in der novadischen Hierarchie über wiederum an ihre erste Tochter. dem von Rastullah auserwählten Hüter Ähnlich verhält es sich mit dem Sar- des Zeltes. pech (der Turbanbrosche) der Män- Wichtig ist für Männer noch der Waq- ner: Väter vererben ihre Turbanbro- qif. An dem Tag, an dem ein Novadijunge sche an den Erstgeborenen, welche dieser zum Mann wird, erhält dieser von seinem tragen sollte, bis er selbst den Rang oder ge- Vater einen besonderen, individuell angefer- sellschaftlichen Status seines Vaters überstiegen tigten Waqqif. Diesen trägt jeder Mann zu fast hat. Die Größe und der Wert des Edelsteins (meist ein jeder Zeit bei sich und er gilt mehr als Symbol der Zu- gehörigkeit denn als tatsächliche Waffe. In den leder- Wenn es um Edelsteine geht, bevorzugen die Novadis nen Griff sind häufig die Stammessymbole eingraviert, Diamanten oder Rubine, da diese als Zeichen Rastullahs in die kleine Parierstange häufig der Name des Vaters und als Inkarnation der Khômglut gelten. Meiden wird oder ein Gebet an Rastullah. Häufig lässt sich an der der Rechtgläubige jegliche Art von Smaragden, da diese Dekoration des Waqqifs und der Scheide ablesen, wie die Farbe von Echsen und Drachen haben. reich und einflussreich ein Novadi ist. Bei einer Bluts- Wenn es um Edelmetall geht, bevorzugen die Novadis verwandtschaft unter Novadis tauschen die beiden ganz klar Gold, wobei sie generell mit allem vorlieb neh- Männer ihren Waqqif aus, sodass fortan der Blutsbru- men, was sie durch Handel erlangen können. der den eigenen Waqqif führt. Bei einer der sehr selte- nen Blutsverwandschaften mit Andersgläubigen wird

6 Im Glanze des All-Einen – Die Mode der Novadis der Novadi vorher fordern, dass der zukünftige Bluts- Frauen der Beni Ankhara und der Beni Terkui haben bruder sich einen Waqqif anfertigen lässt, welchen durch den Handel mit dem Horasreich den Fächer für er dann eintauscht. Der Verlust des eigenen Waqqifs sich als Accessoire entdeckt. In dunklen Farben und mit – vor allem im Krieg – gilt als starker Ehrverlust und vielen rastullahgefälligen Motiven gehört er hier zum nicht wenige Novadis sind bisher bei der geschwore- alltäglichen Werkzeug jeder Frau und jeder Mann dieser nen Blutrache umgekommen, um ihren Waqqif wie- Stämme ist bemüht, seiner Frau einen solchen zu erhan- der zu erhalten – was dann aber ihre Ehre posthum deln oder erschaffen zu lassen. wiederherstellte.

Der Sonderfall der Beni Avad und anderer Novadis „in der Ferne“ Wer „Novadi“ hört, wird vermutlich immer direkt an vorliegenden Kapitel aber auch an dem Kapitel der Tu- die nomadischen Wüstenbewohner, Kamele und tief lamidenlande, bei der Darstellung eines Novadi der Beni verschleierte Männer wie Frauen denken. Doch gibt es Arrat oder der Beni Szelemjati zugleich an der Beschrei- auch außerhalb der Wüste, sogar noch östlicher und bung der Kleidung des Szintotals. Bei den Beni Szintaui, südlicher als Mherwed und Unau, die Novadis „in der die in Mengbilla leben, können Sie sich an der Beschrei- Ferne“. Dazu gehören unter anderem die bekanntesten bung im Kapitel über Askanien orientieren. ihrer Art, die Beni Avad unter der Führung von Sultan Ähnliches gilt auch für den Fall der Beni Schebt. Diese Hasrabal ben Yakuban, welche sich in Gorien angesie- sind ein sehr liberaler und toleranter Novadistamm,der delt haben, aber auch noch andere Novadis, die das Szin- den Südwesten der Khômwüste bewohnt. Sie sind häu- total und Mhanadistan – darunter auch Rashdul und Fa- fig sehr liberal in ihrer Auslegung der 99 Gebote, gerade sar – bewohnen. Diese Novadis haben häufig einen sehr in Bezug auf die Kleiderordnung der Frauen und dulden eigenen Lebensstil entwickelt, der sich nicht selten sehr dort deutlich mehr als andere Novadis es tun. Für die weit von den Traditionen des Kalifen und erst recht den Darstellung eines Novadi der Beni Schebt können Sie Kefter Traditionen entfernt hat. Da diese Lebensstile durchaus auch einige der tulamidischen Kleidungsstü- sehr häufig sehr individuell sind, würde es den Rahmen cke einbringen, gerade wenn es um die Kleidung der dieses Kapitels sprengen, sie alle hier zu beschreiben weiblichen Stammesmitglieder geht. Auch ist anzuneh- und näher zu beleuchten. Die Kleidung und Mode der men, dass der Haarkult der Novadis bei den Beni Schebt Novadis „in der Ferne“ hat sich in allen vorgenannten nicht ganz so streng gesehen wird und Frauen durch- Fällen mit Einflüssen ihrer jeweiligen Lebensumgebung aus mit ihren Haaren – die sie nicht immer unter einem vermischt. Orientieren Sie sich bei der Darstellung ei- Kopftuch verbergen – experimentieren und ungewöhn- nes Novadi der Beni Avad oder der Beni Gadang an dem liche Frisuren ausprobieren.

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