Shakespeare Im Spiegelkabinett Schaff (Hg.) / Alam
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ie Jahre 2014 und 2016 sind die beiden großen Shakespeare-Jahre des noch jungen 21. Jahrhunderts. Mit Lesungen, Inszenierungen, Ausstellungen,D Filmen und akademischen Veranstaltungen zum 450. Geburtstag beziehungsweise dem 400. Todestag gedenkt die Welt in diesen Sarah Alam und Barbara Schaff (Hg.) Jahren ihres größten Dichters. Durch seine Werke bleibt William Shakespeare in der kulturellen Erinnerung der Welt nicht nur präsent, sondern lebendig. Die Ringvorlesung, mit der das Englische Seminar der Universität Göttingen Shakespeare im einen Beitrag zu den weltweit stattfi ndenden Shakespeare-Feiern geleistet hat, hat die andauernde Faszination William Shakespeares als Spiegelkabinett Herausforderung begriffen und sich die Frage nach der produktiven Vielfalt der Rezeptionsweisen seines Werks gestellt. Shakespeares Werk und Leben haben in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder die literarische, Zur produktiven Vielfalt künstlerische und musikalische Imagination inspiriert und sind weltweit zum Ausgangspunkt ästhetischer Neuschöpfungen geworden: in Form von seiner Rezeption Theateraufführungen und Filmadaptionen, von literarischen Bezugnahmen, von musikalischen oder bildlichen Umsetzungen Shakespeare’scher Szenen. So hat eine jede Zeit „ihren“ Shakespeare hervorgebracht und spiegelt die ihr eigenen Ideen, Identitäten, Konfl ikte und Probleme in der produktiven Aneignung seiner Dramen. Alam / Schaff (Hg.) Shakespeare im Spiegelkabinett Schaff (Hg.) / Alam ISBN: 978-3-86395-282-2 Universitätsverlag Göttingen Universitätsverlag Göttingen Sarah Alam, Barbara Schaff (Hg.) Shakespeare im Spiegelkabinett Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. erschienen im Universitätsverlag Göttingen 2016 Sarah Alam, Barbara Schaff (Hg.) Shakespeare im Spiegelkabinett Zur produktiven Vielfalt seiner Rezeption Universitätsverlag Göttingen 2016 Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.dnb.de> abrufbar. Kontakt Prof. Dr. Barbara Schaff Abteilung für Anglistische Literatur- und Kulturwissenschaft Seminar für Englische Philologie der Universität Göttingen Käte-Hamburger-Weg 3 D - 37073 Göttingen +49 551 39-7552 [email protected] http://www.uni-goettingen.de/de/199071.html Dieses Buch ist auch als freie Onlineversion über die Homepage des Verlags sowie über den Göttinger Universitätskatalog (GUK) bei der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (http://www.sub.uni-goettingen.de) erreichbar. Es gelten die Lizenzbestimmungen der Onlineversion. Satz und Layout: Sarah Alam Umschlaggestaltung: Jutta Pabst Titelabbildung: Bruno Rothe (Rothe Grafik, www.rothe-grafik.de) © 2016 Universitätsverlag Göttingen http://univerlag.uni-goettingen.de ISBN: 978-3-86395-282-2 Inhaltsverzeichnis Vorwort BARBARA SCHAFF ................................................................................................. 7 Shakespeares Hamlet und die Frauen: Rezeptionsgeschichte als Emanzipationsgeschichte INA SCHABERT ..................................................................................................... 9 Shakespeare und England im 16. Jahrhundert ARND REITEMEIER ............................................................................................. 33 The Words of Mercury, the Songs of Apollo: Collaboration and the Making of Shakespeare JOHN JOWETT .................................................................................................... 47 Shakespeares gleichzeitige Konstruktion und Dekonstruktion des (früh)modernen Menschen in Timon of Athens und Pericles RAINER EMIG ..................................................................................................... 67 ‚Bardolatry‘ und Shakespeare-Tourismus von 1769 bis heute BARBARA SCHAFF ............................................................................................... 99 Shakespeare im deutschsprachigen Musiktheater des 18. und 19. Jahrhunderts ANDREAS WACZKAT ........................................................................................ 117 ‚Teasing the Bard‘. Ben Jonson als erster produktiver ‚Leser‘ Shakespeares ANDREAS MAHLER ........................................................................................... 131 Julias Balkon MANFRED PFISTER ........................................................................................... 155 Vorwort Barbara Schaff (Universität Göttingen) 2014 und 2016 sind die beiden großen Shakespeare-Jahre des noch jungen 21. Jahrhunderts. Mit Lesungen, Inszenierungen, Ausstellungen, Filmen und akademischen Veranstaltungen zum 450. Geburtstag beziehungsweise dem 400. Todestag gedenkt die Welt in diesen Jahren ihres größten Dichters. Was sein Zeitgenosse Ben Jonson im Nachruf auf Shakespeare formulierte gilt damals genauso wie heute: Thou art a monument without a tomb, And art alive still while thy book doth live And we have wits to read and praise to give. Durch seine Werke bleibt William Shakespeare in der kulturellen Erinnerung der Welt nicht nur präsent, sondern lebendig. Besonders die deutsche Kultur ist seit der Romantik maßgeblich von Shakespeare geprägt worden. Nicht zuletzt zeigt sich dies an der ungebrochenen Präsenz von Shakespeare auf den deutschen Bühnen. Kein anderer toter weißer Dichter bedarf so wenig der Re-aktualisierung wie Shakespeare, denn die Themen seiner Werke und seine bis in die tiefsten Ecken ihrer Psyche ausgeloteten Charaktere sind uns immer noch und immer wieder aufs Neue schockierend fremd-vertraut. Fremd, weil Shakespeares Welten 8 Barbara Schaff eben nicht die unseren sind, weder die zauberhaft entrückten Märchenwelten der Komödien noch das England, Schottland, Dänemark oder Venedig der blutigen Konflikte um Macht, Familien, Liebe und dynastische Nachfolge. Fremd aber auch deshalb, weil Shakespeares uns diese Welten in einer intellektuell fordernden, oft derben, oft poetischen, immer anspielungs- und bildreichen, in den Exzess überschießenden Sprache vermittelt. Schockierend vertraut vor allem deshalb, weil in diesen Geschichten moderne Individuen auftreten, deren Ängste, Nöte, Selbstzweifel, Begehren, Leidenschaften und Handlungen wir ungeachtet der historischen Distanz mitempfinden und verstehen können. Die Ringvorlesung, mit der das Englische Seminar der Universität Göttingen einen Beitrag zu den weltweit stattfindenden Shakespeare-Feiern geleistet hat, hat diese andauernde Faszination William Shakespeares als Herausforderung begriffen und sich die Frage nach der produktiven Vielfalt der Rezeptionsweisen seines Werks gestellt. Shakespeares Werk und Leben haben in den vergangenen Jahrhun- derten immer wieder die literarische, künstlerische und musikalische Imagination inspiriert und sind weltweit zum Ausgangspunkt ästhetischer Neuschöpfungen geworden: in Form von Theateraufführungen und Filmadaptionen, von literari- schen Bezugnahmen, von musikalischen oder bildlichen Umsetzungen Shake- speare’scher Szenen. So hat eine jede Zeit „ihren“ Shakespeare hervorgebracht und spiegelt die ihr eigenen Ideen, Identitäten, Konflikte und Probleme in der produktiven Aneignung seiner Dramen. Die in dieser Publikation gesammelten Vorträge widmen sich der historischen Vielfalt dieser Rezeptionstradition. Sie schlagen einen Bogen von der Kontextualisierung Shakespeares in der Theaterwelt und dem Autorschaftsbegriff der frühen Neuzeit über dessen Resonanz in der Malerei, der Lyrik, der klassischen Musik und im Pop, im Tourismus, der Frauenemanzipation bis hin zur postkolonialen Rezeption und zeitgenössischen Aufführungspraxen. Shakespeares Hamlet und die Frauen: Rezeptionsgeschichte als Emanzipationsgeschichte Ina Schabert (Universität München) Wenn man die gängigen Geschichten der Shakespeare-Rezeption konsultiert, oder die Textausgaben zum Shakespeare-Criticism, so findet man für die ersten drei Jahrhunderte, bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein, kaum Namen von Frauen. Bestenfalls die Autorin Madame de Staël, ferner die Mitübersetzerin der Schlegel- Tieck-Ausgabe, Dorothea Tieck, und einige Starschauspielerinnen werden erwähnt. Dies gilt auch für die Rezeptionsgeschichte in dem von mir herausgege- benen Shakespeare-Handbuch, denn wir wollten hier ja nicht unsere eigenen Positionen und Wertungen dokumentieren, sondern den allgemeinen Wissens- stand. Mein Vortrag bringt also eine Korrektur am Handbuchwissen an, eine Korrek- tur, die durch zahlreiche Arbeiten der Frauenforschung, vor allem des letzten Jahrzehnts, vorbereitet wurde und die überfällig ist. Denn Shakespeare ist für literarisch interessierte und ambitionierte Frauen seit dem 17. Jahrhundert wichtig gewesen, und umgekehrt haben Frauen dazu beigetragen, den Dramatiker im frühen 18. Jahrhundert gegenüber dem Klassizismus zu rehabilitieren, und ihn sodann aus immer neuen Blickwinkeln zu betrachten und lebendig zu halten. 10 Ina Schabert 1 Frauen solidarisieren sich mit Shakespeare Sehr früh schon hat Shakespeare, vermutlich ohne dies zu beabsichtigen, weibliches intellektuelles Selbstbewusstsein zu stärken vermocht. Ein neidischer Zeitgenosse, Ben Jonson, hatte ihm bescheinigt, er kenne kaum Latein und noch weniger Griechisch – „small Latin and less Greek“1 – und dieser sprichwörtlich gewordene (obgleich, wie die Forschung aufgezeigt hat, eher unberechtigte) Vorwurf mangelnder klassischer Bildung wurde für englische Frauen bald zum freudig genutzten