Kindler Kompakt: Skandinavische Literatur, 19. Jahrhundert
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KINDLER KOMPAKT SKANDINAVISCHE LITERATUR 19. JAHRHUNDERT Ausgewählt von Karin Hoff und Lutz Rühling J. B. Metzler Verlag Kindler Kompakt bietet Auszüge aus der dritten, völlig neu bearbei- teten Auflage vonKindlers Literatur Lexikon, herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold. – Die Einleitung wurde eigens für diese Auswahl verfasst und die Artikel wurden, wenn notwendig, aktualisiert. Dr. Karin Hoff ist Professorin am Skandinavischen Seminar der Georg- August-Universität Göttingen. Dr. Lutz Rühling ist Professor für Neuere Skandinavische Literatur an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Inhalt KARIN HOFF · LUTZ RÜHLING Die skandinavischen Literaturen des 19. Jahrhunderts 9 ADAM OEHLENSCHLÄGER Lieder und Romanzen / Digte 1803 27 HENRIK STEFFENS Einleitung zu philosophischen Vorlesungen / Indledning til philosophiske Forelæsninger 29 ERIK GUSTAF GEIJER Das historische Werk 32 ADOLF WILHELM SCHACK VON STAFFELDT Das lyrische Werk 35 BERNHARD SEVERIN INGEMANN Das lyrische Werk 38 ERIK JOHAN STAGNELIUS Das lyrische Werk 41 STEEN STEENSEN BLICHER Das novellistische Werk 44 PER DANIEL AMADEUS ATTERBOM Insel der Glückseligkeit / Lycksalighetens ö 48 ESAIAS TEGNÉR Die Frithiofs-Sage / Frithiofs saga 50 THOMASINE GYLLEMBOURG Alltagsgeschichten 52 JOHAN LUDVIG HEIBERG Der Elfenhügel / Elverhøi 55 FREDRIKA BREMER Skizzen aus dem Alltagsleben / Teckningar utur hvardagslifvet 57 HANS CHRISTIAN ANDERSEN Die Reisebücher 59 Bilderbuch ohne Bilder / Billedbog uden Billeder 61 Sämtliche Märchen / Eventyr og Historier 62 Das Märchen meines Lebens / Mit Livs Eventyr 65 HENRIK WERGELAND Das lyrische Werk 67 JOHAN LUDVIG RUNEBERG Das lyrische Werk 70 JOHAN SEBASTIAN WELHAVEN Das lyrische Werk 73 CARL JONAS LOVE ALMQVIST Das Geschmeide der Königin / Drottningens juvelsmycke 76 Die Woche mit Sara / Det går an 78 EMIL AARESTRUP Das lyrische Werk 80 JOHAN VILHELM SNELLMAN Das erzählerische Werk 82 SØREN KIERKEGAARD Über den Begriff der Ironie mit ständiger Rücksicht auf Sokrates / Om Begrebet Ironi med stadigt Hensyn til Socrates 85 Entweder – Oder. Ein Lebens-Fragment / Enten – Eller 86 Furcht und Zittern / Frygt og Bæven 88 Der Begriff Angst /Begrebet Angest 90 PETER CHRISTEN ASBJØRNSEN/JØRGEN ENGEBRETSEN MOE Sämtliche Volksmärchen und Erzählungen aus Norwegen / Norske Folkeeventyr 92 HANS CHRISTIAN ØRSTED Der Geist in der Natur / Aanden i Naturen 95 ZACHARIAS TOPELIUS Die Erzählungen des Feldschers / Fältskärns berättelser 97 PETER ANDREAS MUNCH Geschichte des norwegischen Volkes / Det norske Folks Historie 99 CAMILLA COLLETT Die Töchter des Amtmanns / Amtmandens Døtre 101 HANS EGEDE SCHACK Die Phantasten. Erzählung / Phantasterne 103 BJØRNSTJERNE BJØRNSON Die Bauernerzählungen 105 Über unsre Kraft / Over ævne I und II 108 AASMUND OLAVSSON VINJE Das sprachwissenschaft liche und literarische Werk 110 HENRIK IBSEN Peer Gynt / Peer Gynt 112 Ein Puppenheim / Et Dukkehjem 114 Gespenster. Ein Familiendrama in 3 Akten / Gengangere 115 Die Wildente / Vildanden 117 Rosmersholm / Rosmersholm 118 Hedda Gabler / Hedda Gabler 120 Baumeister Solness / Bygmester Solness 122 Wenn wir Toten erwachen / Når vi døde vågner 123 NICOLAI FREDERIK SEVERIN GRUNDTVIG Gesangbuch für die dänische Kirche / Sang-Værk til den danske Kirke 126 GEORG BRANDES Hauptströmungen der Literatur des 19. Jahrhunderts / Hovedstrømnin- ger i det nittende Aarhundredes Literatur 128 HOLGER DRACHMANN Das lyrische Werk 130 JENS PETER JACOBSEN Die Novellen 133 Frau Marie Grubbe / Fru Marie Grubbe 135 Niels Lyhne / Niels Lyhne 136 AUGUST STRINDBERG Das rote Zimmer / Röda rummet 139 Der Vater / Fadren 141 Die Hemsöer / Hemsöborna 142 Fräulein Julie / Fröken Julie 144 MATTHÍAS JOCHUMSSON Das lyrische Werk 146 ALEXANDER LANGE KIELLAND Garman & Worse. Schiff er Worse /Garman & Worse. Skipper Worse 149 JONAS LIE Die Familie auf Gilje / Familien paa Gilje 152 VICTORIA BENEDICTSSON Geld / Pengar 155 GUSTAF FRÖDING Das lyrische Werk 157 HANS JÆGER Kristiania Bohème / Fra Kristiania Bohêmen 160 HERMAN BANG Am Weg / Ved Vejen 162 Stuck / Stuk 163 Tine / Tine 164 CHRISTIAN KROHG Albertine / Albertine 166 SOPHUS CLAUSSEN Das lyrische Werk 168 OLA HANSSON Sensitiva amorosa / Sensitiva amorosa 170 VERNER VON HEIDENSTAM Kulturkritische Schrift en 172 Das lyrische Werk 173 KNUT HAMSUN Hunger / Sult 176 Pan / Pan 177 ARNE GARBORG Müde Seelen / Trætte Mænd 180 BENEDIKT SVEINBJARNARSON GRÖNDAL Die Saga von Thord Geirmundsson / Þorðar saga Geirmundssonar 182 AMALIE SKRAM Verraten / Forraadt 184 SIGBJØRN OBSTFELDER Das lyrische Werk 186 KARL ADOLPH GJELLERUP Der Pilger Kamanita / Pilgrimmen Kamanita 189 GUNNAR GUNNARSSON Das erzählerische Werk 191 Die skandinavischen Literaturen des 19. Jahrhunderts Karin Hoff · Lutz Rühling as 19. Jahrhundert ist literaturgeschichtlich nur schwer in den DGriff zu bekommen. Anders als die beiden vorangehenden Jahrhunderte, die beide mehr oder weniger ganz im Zeichen einer einzigen Epoche standen, zerfällt es in eine Vielzahl von Epochen und Strömungen, über deren Bezeichnung, Dauer und grundle- genden Eigenschaften bis heute keine Einigkeit besteht. Dies ist in verschiedenen europäischen Literaturen so; doch in Skandinavien tritt erschwerend hinzu, dass die Verläufe in den einzelnen Ländern 9 jeweils unterschiedlich sind. Spätestens ab dem 19. Jahrhundert ver- bietet es sich daher, von ›der‹ skandinavischen Literatur zu sprechen: Es gibt vielmehr die großen festlandskandinavischen Literaturen – die dänische, schwedische, norwegische – sowie die inselskandinavi- schen – die isländische und färöische. Am Anfang des 19. Jahrhunderts steht die Romantik, die aufgrund EINLEITUNG des starken deutschen Einfl usses um 1800 als erstes Land Dänemark erfasst und sich zuletzt, ab den 30er Jahren, in Norwegen bemerkbar macht – eine Reihenfolge, die von da an in gewisser Weise als typisch für die skandinavischen Literaturen angesehen werden kann. Im Anschluss an die Romantik, teilweise sogar noch während dieser Zeit, machen sich wie überall in Europa realistische Strömungen geltend, ohne jedoch die romantischen Tendenzen vollends verdrängen zu können. Diese Zeitspanne insbesondere ist extrem heterogen. In ihr werden auch erstmals die Folgen der Industriellen Revolution spürbar, die nach dem ersten Drittel des Jahrhunderts nach und nach alle europäischen, ab den 60er Jahren dann auch die skandinavischen Länder erfasst. Ihren unmittelbaren Ausdruck fi ndet sie in dem so genannten Modernen Durchbruch der 1870er Jahre. Das Jahrhundert geht wiederum mit einer Vielzahl von Strömungen zu Ende, die zum Teil bereits auf die Literatur des 20. Jahrhunderts vorausweisen und die man am einfachsten unter dem rein pragmatischen Begriff ›Literatur der Jahrhundertwende‹ zusammenfasst. er Legende nach beginnt die Romantik in Skandinavien mit Deinem angeblich sechzehnstündigen Gespräch des jungen Adam Oehlenschläger mit dem Norweger Henrich Steffens, in dem dieser den später von seinen Zeitgenossen als ›Nationaldichter‹ verehrten Dänen mit den Grundzügen der deutschen Romantik bekanntmacht. 1803 veröffentlicht Oehlenschläger einen umfangreichen Band mit dem schlichten Titel Digte (1803; Gedichte), der als erstes Werk der skandinavischen Romantik gilt und mit seinem Konglomeratcharak- ter aus verschiedenen Gattungen für diese sogleich paradigmatische Funktion besitzt. In ihm findet sich auch das berühmte Programm- gedicht »Guldhornene« (»Die Goldhörner«), das den Fund und Verlust 10 der beiden Bildhörner von Gallehus thematisiert und romantisch ausdeutet: Gefunden werden die Goldhörner, ein Geschenk der Göt- ter an die Menschheit, von naiven Naturkindern; verloren gehen sie, weil die philiströse Gegenwart dieses Geschenk nicht zu würdigen weiß, sondern in ihnen lediglich den materiellen Gegenwert oder eine antiquarische Kuriosität verkörpert sieht. Trotz seiner Intitialfunktion passt »Guldhornene« nicht so recht zu den beiden von der deutschen entborgten Hauptströmungen der skandinavischen Romantik: der Universal- bzw. Transzendental- romantik auf der einen und der Nationalromantik auf der anderen Seite. Bei anderen Werken Oehlenschlägers ist dies anders. Ein Grundtext der Universalromantik ist das ebenfalls bereits in Digte ent- haltene Lesedrama Sanct Hansaft en-Spil (1803; Johannisnacht-Spiel), das in Anlehnung an Tiecks Der gestiefelte Kater (1797) und Shakespeares A Midsummer Night’s Dream (ca. 1600) eine typisch universalromantische, polyphone Gattungs- und Stillagenmischung bringt. Doch bereits das Märchenspiel Aladdin (1805), das einer eher klassizistisch inspirierten Synthese von Phantasie und Verantwortungsgefühl das Wort redet, bereitet Oehlenschlägers Abkehr von der Universalromantik vor. Die meisten seiner Texte sind denn auch der Nationalromantik zuzurech- nen. Dies äußert sich insbesondere in seiner Vorliebe für das histori- sche Drama, das er für Skandinavien begründet und das bis weit in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein für viele andere Dramatiker Skandi- naviens sowohl Vorbild als auch Zielscheibe war, an der es sich abzu- arbeiten galt. Diese historischen Dramen haben ihrerseits als Vorbild Friedrich Schiller, als dessen legitimer Nachfolger in der deutschen Literatur sich Oehlenschläger gerne gesehen hätte – ein Rang, der ihm verwehrt blieb, obwohl nahezu alle seiner Werke auch auf Deutsch erschienen und er mit seinem Corregio (1811) gar ein deutschsprachiges Originalstück schuf. eben Oehlenschläger haben noch drei weitere dänische Roman- Ntiker in der Literaturgeschichte Spuren hinterlassen: B. S. Inge- mann, der neben heute noch als kanonisch geltenden Kirchenliedern auch bedeutende