Systemimmanente Funktionsmängel Der Sozialistischen Zentralplanwirtschaft in Der SBZ/DDR 1949 Am Beispiel Des Volkseigenen Industriellen Sektors
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Systemimmanente Funktionsmängel der sozialistischen Zentralplanwirtschaft in der SBZ/DDR 1949 Am Beispiel des volkseigenen industriellen Sektors Inaugural-Dissertation in der Fakultät Geschichts- und Geowissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg vorgelegt von Thomas Martin aus Pfullendorf, Kreis Sigmaringen Tag der mündlichen Prüfung: 25. Juli 2001 Dekanin: Universitätsprofessorin Dr. Bärbel Kerkhoff-Hader Erstgutachter: Universitätsprofessor Dr. Jürgen Schneider Zweitgutachter: Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Protzner Thomas Martin Systemimmanente Funktionsmängel der sozialistischen Zentralplanwirtschaft in der SBZ/DDR 1949 Am Beispiel des volkseigenen industriellen Sektors ORDO Unter ‘Wirtschaftsordnung’ verstehen wir eine konkrete, positiv gegebene Tatsache. Sie ist die Gesamtheit der realisierten Formen, in denen in concreto jeweils der alltägliche Wirtschaftsprozeß abläuft. [...] ‘Ordnung’ hat aber noch einen anderen Sinn: als Ordnung, die dem Wesen des Menschen und der Sache entspricht; das heißt Ordnung, in der Maß und Gleichgewicht bestehen. [...] Dieser Ordo-Gedanke [...] bedeutet die sinnvolle Zusammenfügung des Mannigfaltigen zu einem Ganzen. Vor allem zu Zeiten versagender oder ungerechter positiver Ordnungen gewinnt diese Idee der Wesensordnung oder Naturordnung oder des Ordo regelmäßig eine große Kraft. Die Absurdität der konkreten Zustände gibt den Anstoß dazu. [...] Beide Begriffe sind unentbehrlich: Ordnungen als individuelle, wechselnde Tatbestände der Geschichte und Ordnung als Ordo. [...] Beide Begriffe kontrastieren miteinander: die konkreten, unbefriedigenden Ordnungen, in denen die Menschen faktisch leben, und die brauchbare und gerechte Ordnung. 1 1 EUCKEN, Walter (1952/90), Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Tübingen 61990, S. 372f. Inhalt DANKSAGUNG 7 EINFÜHRUNG, FORSCHUNGSLEITENDE THESE, FORSCHUNGSSTAND, VORGEHENSWEISE 8 VOM GEBRAUCH DER SPRACHE IN DER SBZ/DDR 41 1 HISTORISCHER HINTERGRUND 46 1.1 DIE STALINISIERUNG DER SOWJETISCHEN BESATZUNGSZONE AB 1945 48 1.2 DIE RADIKALISIERUNG DER SED ZUR „PARTEI NEUEN TYPUS “ 51 1.3 DER ZWEIJAHRPLAN 1949/50 - ERSTER ZENTRALPLAN FÜR DIE GESAMTE SBZ/DDR 58 1.3.1 ZIELVORGABEN 60 1.3.2 FEHLSTART DER SBZ-ZENTRALPLANWIRTSCHAFT 61 2 DIE VOLKSEIGENE WIRTSCHAFT - BASIS KOMMUNISTISCHER UTOPIE UND HERRSCHAFTSSICHERUNG 64 2.1 DAS „VOLKSEIGENTUM“ - KUNSTBEGRIFF OHNE REALITÄTSBEZUG 64 2.1.1 VERSUCH EINER BEGRIFFSBESTIMMUNG 65 2.1.2 CHRONOLOGIE DER ENTEIGNUNG 66 2.1.3 DAS PRINZIP DER „UNANTASTBARKEIT“ - MAßNAHMEN ZUR „SICHERUNG“ DES VOLKSEIGENTUMS 72 2.1.4 DIE ORGANISATION DES VOLKSEIGENTUMS - VOLKSEIGENE BETRIEBE (VEB) UND VEREINIGUNGEN VOLKSEIGENER BETRIEBE (VVB) 74 2.2 AUFGABEN DER VOLKSEIGENEN WIRTSCHAFT 89 2.2.1 DIE ENTSCHEIDENDE AUFGABE: PLANERFÜLLUNG IN DER PRODUKTION 90 2.2.2 POLITISCHE, IDEOLOGISCHE UND SOZIALE AUFGABENBEWÄLTIGUNG - SOZIALISTISCHER MAßSTAB FÜR DEN „ERFOLG“ VOLKSEIGENER BETRIEBE 92 2.2.3 DIE SCHWIERIGSTE AUFGABE: VORANTREIBEN DER WIRTSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG - DES TECHNISCHEN FORTSCHRITTS 96 2.3 INSTRUMENTE DER MACHTSICHERUNG: INSTITUTIONEN ZUR DURCHFÜHRUNG UND KONTROLLE DER ZENTRALPLANWIRTSCHAFT (ZPW) 101 2.3.1 DIE DEUTSCHE WIRTSCHAFTSKOMMISSION (DWK) 101 2.3.2 DER AUSSCHUß ZUM SCHUTZE DES VOLKSEIGENTUMS 102 2.3.3 DIE ZENTRALE KONTROLLKOMMISSION (ZKK) 105 2.3.4 DIE REVISIONS- UND TREUHANDGESELLSCHAFT FÜR DIE SOWJETISCHE BESATZUNGSZONE IN DEUTSCHLAND (RTA) 105 2.3.5 DAS SOZIALISTISCHE BANKENSYSTEM UND DIE DEUTSCHE INVESTITIONSBANK (DIB) 116 2.4 DAS KREDO SOZIALISTISCHER WOHLFAHRTSLEHRE: DIE ZENTRALE WIRTSCHAFTSPLANUNG 121 2.4.1 THEORETISCHE DEFIZITE 123 2.4.2 „BETRIEBLICHE EINZELPLANUNG“ - STUMPFES WERKZEUG ZUR VORBEREITUNG, ERFÜLLUNG UND KONTROLLE STAATLICHER PLANAUFLAGEN 127 2.4.3 GÜTER-GELDMENGENVERHÄLTNIS AUßER KONTROLLE 133 2.5 DIE BESCHÄFTIGTEN - PRODUKTIONSFAKTOR ARBEIT ODER PSYCHOLOGISCHE KLIPPE DES SOZIALISMUS ? 135 3 DER VOLKSEIGENE INDUSTRIELLE SEKTOR UNTER DEM DIKTAT DER ZENTRALPLANWIRTSCHAFT 147 3.1 DIE INVESTITIONSTÄTIGKEIT IM VOLKSEIGENEN INDUSTRIELLEN SEKTOR 147 3.1.1 DAS FALLBEISPIEL VEB STAHL- UND WALZWERK RIESA 149 3.1.2 DIE INVESTITIONSPLANUNG 167 3.1.3 DIE INVESTITIONSDURCHFÜHRUNG 177 3.1.4 DIE GEBURTSSTUNDE DER MANGELWIRTSCHAFT 189 3.2 DIE PRODUKTIONSTÄTIGKEIT IM VOLKSEIGENEN INDUSTRIELLEN SEKTOR 197 3.2.1 DIE PRODUKTIONSPLANUNG 198 3.2.2 DIE PRODUKTIONSDURCHFÜHRUNG 226 3.2.3 UNSICHERHEIT UND WILLKÜR ALS KONSTANTEN SOZIALISTISCHER PRODUKTIONSBEMÜHUNGEN 247 3.3 ABSATZ - GÜTERVERTEILUNG IN DER VOLKSEIGENEN WIRTSCHAFT 254 3.3.1 STAATLICHE GÜTERALLOKATION BIS 1949 258 3.3.2 „N EUE WEGE“ DER MATERIALVERTEILUNG SEIT 1949 267 3.3.3 DIE VERWALTUNG DES SYSTEMBEDINGTEN MANGELS 290 4 SYSTEMBEDINGTE URSACHEN DES WIRTSCHAFTLICHEN SCHEITERNS 295 4.1 DIE SOZIALISTISCHE „GELD“-ILLUSION 296 4.2 WILLKÜRLICHE PREISPOLITIK IM DIENSTE DER ZENTRALPLANBÜROKRATIE 302 4.3 DAS GÄNGELBAND DES „DEMOKRATISCHEN ZENTRALISMUS “ 311 4.4 DIE UTOPIE DER ZENTRALPLANUNG 316 4.4.1 ÜBERSCHREITEN DER PLANKOSTEN 318 4.4.2 VERFEHLEN DER PLANDETERMINIERTEN ZEITVORGABEN 324 4.4.3 PRODUKTION OHNE QUALITÄTSKRITERIUM 326 4.5 DAS PRINCIPAL-AGENT-PROBLEM: ZENTRALPLAN UND STAAT GEGEN BETRIEB UND INDIVIDUUM 329 4.5.1 VERSUCHE DES SOZIALISTISCHEN STAATES, DIE ÖKONOMISCHE LEISTUNGSFÄHIGKEIT DER VOLKSEIGENEN WIRTSCHAFT ZU STEIGERN 331 4.5.2 BETRIEBLICHE MAßNAHMEN IM ZWIESPALT ZWISCHEN STAATLICHER LEISTUNGSANFORDERUNG UND ÖKONOMISCHER ERSTARRUNG 374 4.5.3 DIE SOZIALISTISCHE ZENTRALPLANWIRTSCHAFT - EIN SYSTEM GEGENSEITIGER BLOCKADE OHNE LEISTUNGSANREIZE, TECHNISCHEN FORTSCHRITT UND WACHSENDE PRODUKTIVITÄT 380 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 384 VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN, TABELLEN UND ÜBERSICHTEN 402 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 404 QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS 407 Danksagung Die Erstellung der vorliegenden Dissertation setzte die Bereitstellung üppiger Mengen von Produktionsfaktoren voraus, die mir größtenteils geschenkt wurden. Das erforderliche Kapital stellten mir großzügigerweise meine Eltern, Karin Hug und Robert Martin zur Verfügung. Dafür danke ich ihnen ganz besonders. Ohne sie wäre das Vorhaben keinesfalls möglich gewesen. Herrn Professor Dr. Dr. Jürgen Schneider habe ich die Anregung zum Thema zu verdanken. Seine fachliche Anteilnahme überbrückte die Entfernung zwischen Bamberg und Bonn. Ihm verdanke ich entscheidende Hinweise zur Anfertigung der Studie. Auch moralisch leistete er mir stets den besten Beistand; seine Herzensbildung wird mir stets zum Vorbild gereichen. Ich hätte mir keinen besseren Doktorvater wünschen können. Ebenfalls danken möchte ich Herrn Horst Hartte, der mich mit wertvollen Anregungen zum Thema versorgte. Ungeachtet seines knappen Zeitbudgets als Wirtschaftsprüfer schenkte er mir jederzeit ein offenes Ohr. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesarchivs Berlin - damals noch Außenstelle Coswig in Sachsen-Anhalt - sowie der Bibliothek zur Geschichte der DDR in Bonn einen herzlichen Dank für geduldige Beratung und jeden, zwischen Lesesaal und Magazin zurückgelegten Kilometer. Mit großer Konzentration übernahm Karin Hug die unverzichtbare externe Durchsicht des fertigen Manuskriptes, was mich sehr freute und höchste Dankbarkeit verdient. Weitere aktive Unterstützung bei der Entwicklung des Projektes lieferten dankenswerterweise Jürgen Heidenthal, Tim Klatte, Marita Janke, Hauke Reimer und Dorothea Wildenburg. Das notwendige Beispiel zum täglichen Neubeginn empfing ich von meiner lieben Tochter Selma Lyn Kalkutschke, deren Vorbild unermüdlichen Fleißes mich zum Gleichtun anspornte. Das zusätzlich erforderliche Quentchen Druck schenkte mir immer wieder aufs neue Petra Kalkutschke. Allen gemeinsam Dank für Geduld und Vertrauen. Bonn, im März 2001 Thomas Martin Einführung, forschungsleitende These, Forschungsstand, Vorgehensweise Am 9. November 1989 fiel die Grenzmauer zur Bundesrepublik Deutschland, die achtundzwanzig Jahre zuvor, am 13. August 1961, von der Regierung der DDR errichtet worden war. Die anhaltende Massenflucht in den Westen sollte endgültig unterbunden werden, um die sozialistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der sowjetischen Besatzungszone vor dem personellen Ausbluten zu bewahren. Mit Inkrafttreten der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion von Bundesrepu- blik Deutschland und DDR am 1. Juli 1990 sowie dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Ar- tikel 23 am 3. Oktober 1990 fand der „real existierende Sozialismus“ und damit auch die Phase der „wirtschaftspolitischen Experimente“ 1 in Deutschland nach langen Jahren ihr Ende. Schon seit 1918 wurde hier auf unterschiedlichste Weise um eine Wirtschaftsord- nung gerungen, die vor allem das Verhältnis zwischen Staat und Ökonomie klären sollte. 2 Dabei wurde u.a. die Ansicht vertreten, „die Politik des Laissez-faire sei zu Ende“ 3, der Kapitalismus wäre überlebt und mache unweigerlich einem zentral geplanten Wirtschaftssystem Platz. Im Mittelpunkt der diesbezüglichen theoreti- schen Auseinandersetzung stand die wissenschaftliche Debatte darüber, ob im Sozialismus, d.h. unter den Bedingungen fehlenden Privatbesitzes an Produkti- onsmitteln, eine Wirtschaftsrechnung überhaupt möglich wäre. Jürgen Schneider 1 SCHNEIDER, Jürgen, Von der Kriegswirtschaftsordnung zur sozialistischen Zentral- planung, in: SCHNEIDER, Jürgen und HARBRECHT, Wolfgang (Hrsg.), Wirtschafts- ordnung und Wirtschaftspolitik in Deutschland (1933-1993), Stuttgart 1996, S. 26. 2 Walter Eucken legt seiner Interpretation des Begriffs „Wirtschaftsordnung“ insbe- sondere das Verhältnis von Produktions- und Konsumsektor, bzw. Angebots- und Nachfrageseite,