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16 Hildesheimer Allgemeine Zeitung Sonnabend, 5. September 2020 Hier kann sich der Bruchgraben endlich malwieder so richtig schön breit machen

In Stadt und Kreis gibt es viele landschaftliche Besonderheiten, um die uns Naturliebhaber aus anderen Regionen beneiden. Die HAZ stellt sehenswerte Naturreservatevor. Heute: der Bruchgraben

VonMaritaZimmerhof

Algermissen. Seit mehr als 1000 Jah- ren siedeln Menschen in Alger- HÄTZ missen. Verwunderlich ist das C E nicht, denn die Böden rings- S um gehören zu den besten und ertragreichsten der Von der Plattform des Aussichtsturms hat man einen fantas- Welt. Die intensive Bewirt- tischen Blick auf den renaturierten Bruchgraben. Und weit schaftung zumeist mit Ge- hinein in die Hildesheimer Börde. Fotos: Werner Kaiser treide, Zuckerrüben und v Mais hat jedoch tiefe Spuren o r ü hinterlassen. Üppige Felder r t u s dehnen sich bis zum Horizont, n u nur ein paar Alleebäume geben se a die sich bei pflanzen durften und nun lebens- oder die Blauflügel-Prachtlibelle. der Landschaft Kontur.Fasaneund rer H lang ernten können. Sofern nicht In- „Ein ökologischer Hotspot“, freut Radtour Bruchgraben Rebhühner gibt es kaum noch. Keine vereinen und sekten und Vögelschneller sind. sich Springmann. Gegend also, um Naturschätze zu nach 17 Kilometern bei Sarstedtin Eigens angelegte Flachwassertei- Werdie B494 am Borsumer Pass K518 entdecken? dieInnerste münden. Jetzt im Som- che sind Lebensraum für Amphibien überquert und dem Bruchgraben K519 Vonwegen! Und das ist nicht zu- mer und nach langer Trockenheit ist und Insekten, denn weil die Kleinst- weiter folgt, kommt nach wenigen letzt dem Algermisser Naturschutz- er mit seinem geringen Gefälle fast gewässer immer wieder mal trocken hundert Metern zu einem Wäldchen verein Alpe-Bruch, einer Regional- schon ein stehendes Gewässer,das fallen, können Fische ihrer Nach- mit einem Teichmittendrin, der auf L479 Clauen gruppe des Ornithologischen Ver- seines natürlichen Bachbetts be- kommenschaft nicht nachstellen. LuftbildernaussiehtwieeinMeteori- Start/Ziel Bahnhof Harsum

m eins, zu verdanken, der mit seinen raubt und in einen engen Kanal ge- Die Ländereien am Borsumer Pass tenkrater.Ist es aber nicht. Günters i alternativeabalgermissen e h 140 Mitgliedern um den Vorsitzen- zwängt wurde. Das war nicht immer gehören oftmals kleinteilig parzel- Tränke ist ein idyllischer Tümpel, in s e Distanz 9,27 km d l den Ernst-August Springmann an- so:Bevor der Bruchgraben ab etwa liert zum Teil dem Naturschutzver- dem sich Amphibien und Wasservö- i 3 Höhenmeter 159m H l getreten ist, Landwirtschaftund Na- 1850 vertieft und begradigt wurde, ein, zum Teil Privatleuten oder dem gel wohlfühlen –und in dem neben a n a turschutz wieder zu versöhnen. Alles um im Auenbereich neues Acker- Rohr-und Igelkolben die seltene k B494 g i begann in der 1980-er Jahren an der land zu gewinnen, mäanderte der Schwanenblume wächst. Und auch e w 4 Z Wätzumer Tonkuhle, die nach ihrer damals wahrscheinlich fischreiche hier haben die Naturschützer Rich- 2 Schließung zur Deponie für Indust- Bördefluss durch ausgedehnte Au- tung Bruchgraben als grüne Brücke 5 K517 B ruc rieabfälle werden sollte. Eine Bür- wälder mit sumpfigen Wiesenund eine Streuobstwiese angelegt. hg rab gerinitiative machte mobil, verhin- Weiden, Büschen und Bäumen. Und Am HorizontRichtung Bahnstre- en derte die Pläne erfolgreich. Die das wohl schon seit Ende der letzten cke Harsum-Algermissen zeichnet 1 Keimzelle für den 1986 gegründeten Eiszeit. sich mitten in der Ebene bereits ein Verein war gelegt. NachergiebigenRegenfällenfeh- seltsames Bauwerk ab: Es ist eine Heute ist die Wätzumer Tonkuhle, len dem sonst eher unscheinbaren Aussichtsplattform, 33 Meter lang, 5 nördlich von Ortschaft und Alpebach Bächlein heute aber die natürlichen Meter hoch, 8Tonnen schwer–und K203 gelegen, wertvolles Rückzugsgebiet Überschwemmungsflächen, dann 275 000 Euro teuer. Voreinem Jahr für viele Tier-und Pflanzenarten. tritt er mit Wucht über die Ufer,flutet wurde sie gebaut, um „Natur erleb- Kein vernünftiger Mensch käme Wiesen und Äcker manchmal wo- bar zu machen“, wie es damals hieß. 1 Borsumer Pass mehr auf die Idee, in dem von zahllo- chen- oder sogar monatelang. Im Und das ist nicht zu viel versprochen, 2 Günters tränke / sen Wasservögeln bevölkerten Teich Jahr 2000 wurde seine Wasserquali- denn der Bruchgraben wurde hier alter Bruchgraben Müll versenken zu wollen. Doch die- tät wegen des hohen Nährstoffein- renaturiert, darf wieder frei fließen. L467 3 schützenhaus ser Schatz ist nicht der einzige, den trags aus der Umgebung zudem als Ernst-August Springmann, Vorsitzen- Ein beeindruckender Anblick. Harsum 4 Hamsterfreundliche die Naturschützer hüten. „kritisch belastet“ eingestuft. der desNaturschutzvereins. Schon haben sich Sumpf- und K204 Bewirtschaftung Sie schlagen als Treffpunkt den In vielen kleinen Schritten versu- Brunnenkresse angesiedelt, wie Uta Saubecksholz 5 aussichtsplattform Borsumer Pass vor.Ernst-August chen die Naturschützer nun, dem Realverband. Inzwischen aber ent- Striebl, Botanikerin im OVH, er- Springmann, sein Stellvertreter Bruchgraben neues Leben einzu- stehen über Katasteramtsgrenzen kennt, Binsenarten, Flohknöterich, HAZ-Grafik sally Wittig | Quelle oVH/BUnD Christoph Rack und ihre Mitstreiter hauchen. Frisch gepflanzte Bäume hinweg immer größere grüne Inseln, Schwanenblume. Im Wasser tum- 500m Wolfgang und Werner Deppe lassen am Ufer reduzieren die Sonnenein- die untereinander vernetzt sind. Tie- meln sich Fischschwärme, Frösche maps4news.com/©here das verwaiste Lokal allerdings links strahlung und damit die Planktonbil- re und Pflanzen sind damit nicht nehmen Reißaus miteinem Sprung liegen, folgen dem Pfad entlang des dung.Zuden Anpflanzungen gehö- mehr auf winzigen Eilanden isoliert, ins Wasser,Heuschrecken mit einem Bruchgrabens. Uralte Pappeln säu- ren als Rarität auch vier Schwarz- sondern können über Verbindungs- Hüpfer auf den nächsten Halm. Fuß- men den Weg. Dazwischen immer pappeln, Baum des Jahres 2006, von korridore aus Buschwerk, Bäumen spuren am Ufer lassen erkennen, wieder Eichen, genauer gesagt 500 denen es in jener Zeit in Deutschland und Tümpeln wandern. Das ermög- dass allerdings auch der Waschbär ZurHAZ-Serie Eichen, die aus dem „1000-Eichen- gerade noch 3000 Exemplare gab. licht den Gen-Austausch innerhalb sich hier bärig wohl fühlt. Für die vie- Spendenprojekt“ stammen, das in Immer wieder wird das üppig wu- der Arten und sorgt so für eine Stabi- len fleißigen Hände im Naturschutz- Man muss nichtindie und dem Bund für Um- mentumderen erhalt den 1980er Jahren der damalige chernde Schilf beseitigt. Jeder Ein- lisierung der Populationen. Heute verein ist der wieder vitale Bruchgra- Ferne schweifen,umna- welt undnaturschutz kümmern. Zugleich gibt Landrat Heinrich Biermann ins Le- satz kostet 150000 Euro. Auf der an- fühlen sich hier wieder Nachtigallen ben Entlohnungfür viele Stunden tur vonihrer schönsten Deutschland(BUnD) es anregungen für spa- ben gerufenund auch finanziert hat- deren Seite des Weges sind Streu- und Eisvögel wohl, Steinkäuze, ehrenamtliche Arbeit. Wermag, seitezuerleben. in Zu- stellt die HaZ im Laufe ziergänge im Gebiet. te. obstwiesen angelegt, auf denen Bür- Turmfalken, Milane. Aber auch kann die Hotspots einzeln ansteuern sammenarbeitmit dem dessommersschutzge- aber schön auf den We- Der Bruchgraben entspringt als ger für 50 Euro einen Obstbaum aus Abendsegler,eine Fledermausart, oder zu einer Radtour verbinden. ornithologischen Verein biete undMenschenvor, genbleiben und Hunde Dingelber und Dinklarer Klunkau, der üppigen Palette alter Sorten Siebenschläfer,ein kleiner Bilch, Schon ein Naturschatz, diese Börde. zu Hildesheim(oVH) diesichmit vielengage- an die Leine nehmen.

VersteckthinterBüschenund Bäumen liegt mitteninder Feldmark dasKlein- Regenhat denPegelimBruchgrabensteigen lassenund denBlütenstand der Ein Turm mitten in der Landschaft:33,5 Meterlang,8Tonnenschwer, 5Meter od Günters Tränke. Hierstillen sicherlich viele Tiereihren Durst. ebenso hübschen wieseltenenSchwanenblume unterWasser gesetzt. hoch. Im Oktober 2019 wurdedas Bauwerkaus vorgefertigten Teilenerrichtet.