Kreuz Quer 2017-2
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kreuz & quer Evangelische Kirche Stargard Land Juni – September 2017 Dem Voll- treffer! Volk Gut vorbereitet 4. Juni: Konfirmation auf´s Ich pack in meinen Koffer 9. Juni: Gerhard Schöne Kirchplatz Burg Stargard 24. Juni: Festliche Einweihung Maul Da pfeif ich drauf! Fröhlich auf Luthers Spuren Bambule Ballwitz Kinderzeltlager geschaut Der Dieb von Rowa Friedhofstor geklaut Luthers Tafelrunde Rustikale Zeitreise Sommerrezept Paella auf offener Flamme Kulturnotizen Konzerte + Ausstellungen Foto: CR AUF EIN WORT Inhalt Leitthema 3-5 Unsere Konfirmanden 6 Gemeindeleben 7-9 Kinder + Jugend 10-11 Gottesdienste 12-13 Terminübersicht 14 Freud und Leid 15 Meditation 16 Gemeindeleben 17 Vom Ankommen ... Kirchliches Bauen 18 Friedhof 19 ... und Einleben Foto: privat Kulturnotizen 20-21 Magdalena Rauner Kirchenregion ... 22-23 Über den Tellerrand 24 Liebe Leserinnen und Leser, Über den Tellerrand 25 Rezept 26 „Sind Sie denn schon gut angekommen? ersten Berufsjahr), weil er so abwechslungs- Kontakt + Impressum 26 Haben Sie sich denn schon eingelebt?“ Die- reich ist. Nun nach dem ersten Jahr setzt an Vorletzte Seite 27 se Fragen habe ich in den letzten Wochen einigen Stellen die Routine ein. Was nach Landkarte 28 und Monaten oft gehört. Und ich bedan- der ganzen aufregenden Zeit des Neuen ke mich an dieser Stelle bei allen, die sich auch ein angenehmes Gefühl ist. Routine danach erkundigt haben. Meine Antwort hat ja auch durchaus ihre guten Seiten und ist inzwischen häufig folgende: „Ja, ich bin darf nicht unterschätzt werden – meiner hier in Burg Stargard gut angekommen, Meinung nach. aber eingelebt habe ich mich noch nicht. So, angekommen bin ich! Das wird einfach noch länger dauern.“ Wur- zeln schlagen, sich einleben, das dauert halt Magdalena Rauner doch erfahrungsgemäß ein paar Jahre. Viel- Pastorin in Burg Stargard leicht liest der eine oder die andere Zugezo- gene diese Zeilen und denkt sich: Das kenne ich. Das dauert. Aber es wird. Doch angekommen bin ich hier wirklich schnell. Der Empfang war an so vielen Stel- len freundlich und herzlich. Und meine Ar- beit begann ja auch sofort. Deswegen hatte Zu diesem Heft ich gar nicht lange Zeit darüber nachzu- denken, wo ich nun bin und ob ich mich as Selbstverständliche versteht hier einleben kann. Ich war plötzlich hier Dsich von selbst. Das sagt schon das und mittendrin. Wort „selbstverständlich“. Doch dass wir Vor fast genau einem Jahr bin ich nach reden wie wir reden, versteht sich eben Burg Stargard gezogen. Ich mochte sofort nicht von selbst. Schon gar nicht, dass die Landschaft und das kleine Städtchen. Zu wir deutsch reden. Das heißt: reden ja, meinem Glück durfte ich ja im Sommermo- aber schreiben? Wer konnte das schon nat Juni meinen Dienst antreten und konn- vor 500 Jahren? te gleich mit hochsommerlichen Tempera- Wer damals schreiben konnte, schrieb turen beginnen und feststellen, wie toll es Latein. Und sprach auch so, wenigstens ist, wenn man nach Dienstschluss einfach dann, wenn es darauf ankam. Also mit an einen See fahren kann zum Baden. Und den Gebildeten. Oder wenn es feierlich von den Seen gibt es hier ja so einige … wurde. Also im Gottesdienst. Nun ist mein erstes Jahr in Burg Stargard „Wieso eigentlich?“, fragte sich schon vorüber. Wie im Fluge ist es ver- Martin Luther. „Wenn ich will, dass gangen: Gerade war doch erst noch Winter man mich versteht, dann muss ich so und Weihnachten und jetzt haben wir schon reden, dass man mich versteht.“ Und Ostern gefeiert und – schwupp – steht unser so „schaute er dem Volk auf´s Maul“. Johannesfest mit der Einweihung unseres Sprach deutsch und übersetzte ins Kirchplatzes vor der Tür! Ich habe unwahr- Deutsche – die Bibel und den Gottes- scheinlich viel erlebt im vergangenen Jahr: dienst. Freudiges und Trauriges, Leichtes und An- Viel Freude beim Lesen wünscht das strengendes, Lautes und Leises. Und gerade Redaktionsteam! deswegen mag ich meinen Beruf auch so Christian Rudolph gerne (und das immer noch nach meinem kreuz + quer THEMA: SCHLÜSSELERLEBNIS Foto: privat Foto: CR Foto: CR Die Bildzeitung widmete dem Reformator eine Sonderausgabe Dem Volk auf´s Maul geschaut Luthers sprachliche Volltreffer provozieren Diese vier Buchstaben sind ein Fall für den Verfassungsschutz“. Denn Lu- Wenn man heiraten will, Bild Begriff in der deutschen Pres- ther hatte einen mächtigen Gegenspieler: soll man nicht nach dem selandschaft. Bekannt für plakative Spra- Papst Leo X. Gekonnt verkürzt die „Bild“ hi- Vater, sondern nach che. Überspitzt. Provokant. Einseitig. Aus- storische Zusammenhänge auf die Formel: der Jungfrauen Mutter gewogene Berichterstattung darf man von „Prügel, Prunk und Papas Geld. Dieser Papst Geruch fragen. Warum? der auflagenstärksten Tageszeitung nicht brachte Luther auf die Palme.“ Weil das Bier im Allge- erwarten. Ihre Stärke ist die sprachliche Natürlich ersetzen diese Sprachfetzen kei- meinen nach dem Fass Prägnanz, dicht an Volkes Stimme. Keine ne wissenschaftliche Auseinandersetzung, riecht. Kantine ohne Bildzeitung. Sie ist das In- aber sie setzen sie voraus und bringen sie Martin Luther formationsorgan des Bauarbeiters und der meisterhaft auf den Punkt. Jeder versteht, Verkäuferin, des Fernfahrers und der Sekre- was die „Bild“ sagen will. Hierin ist sie mit tärin. Selbst Intellektuelle lesen sie regel- dem großen Reformator seelenverwandt, mäßig, um zu wissen, „wie das Volk tickt“. denn das war seine herausragende Stärke: Schlagzeilen wie „Wir sind Papst“ oder „Bum sich so auszudrücken, dass Hinz und Kunz Bum Boris“ sind unvergessen. und Tante Lieschen ihn verstanden. Dazu Pünktlich zum Reformationsjubiläum politisch alles andere als korrekt. Luther brachte die Bildzeitung nun eine Son- wäre heute Chefredakteur der „Bild“, denn derbeilage heraus. „Martin Luther 500 er traf den (Sprach-) Nerv der Zeit. – Deutschlands erster Popstar.“ Mit knal- Kein Wunder also, dass ein weiterer Arti- ligen Überschriften nähert sie sich dem kel in dem Regenbogenblatt mit der Frage Phänomen Luther. „Der Star im Talar. Wa- aufmacht: „Sprechen Sie Luther? Warum der rum war Luther so erfolgreich?“, fragt die Reformator ein neues Deutsch erfand.“ Ja, „Bild“. Antwort: Weil er eine „gigantische richtig gelesen: Luther erfand das Deutsch Fan-Gemeinde“ hatte. Nur deshalb habe er neu. Als er die Bibel von den biblischen als Ketzer überleben können, denn der In- Sprachen Hebräisch und Griechisch ins stitution Kirche galt er als gefährlich. Tho- Deutsche übersetzte, war er sprachschöp- mas de Maizière, Bundesinnenminister und ferisch tätig, seien es einzelne Wörter oder Fortsetzung auf Seite 4 gläubiger Christ, bekennt: „Luther wäre ein Redewendungen. Vor Luther waren Lockvo- Juni – September 017 THEMA: VOLLTREFFER Spruch am Schülerwaschbecken Diana Voß, Schulleiterin der Anderen Grund- schule in Groß Nemerow, mit einigen ihrer Schützlinge. Fotos (3): CR Kein Boom fällt auf den irsten Hau Diana Voß pflegt Klönschnack mit Gefühl und Liebe zum Plattdeutschen Frau Voß, Sie unterrichten Plattdeutsch. Wa- Gesichter, oft aber mit dem Bedauern: „Ich rum? Genügt es nicht, dass sich die Kinder auf verstehe alles, kann es aber nicht sprechen“. Hochdeutsch gut ausdrücken können? Man muss einfach nur die Hemmschwel- So kann man die Frage nicht beant- le überwinden. Dann ist es halt mal „Mis- worten. Ich habe keinen Auftrag für den singsch“, wie Fritz Reuter sagt. PlattdeutschunterrichtFoto: CR bekommen, wie die Unterrichten würde ich das also gar nicht Europäische Charta der Regional- und Min- nennen. Ich strukturiere nicht, ich benutze derheitensprachen das vielleicht vorsieht. die Sprache einfach. Das sind keine Lekti- Für mich ist das einfach ein Stück Lebens- onen mit Vor- und Nachsprechen. Vielmehr gefühl. Durch meine Großeltern habe ich ist es ein Sprachbad. Der Effekt ist: Die Kin- die Liebe zum Plattdeutschen entwickelt. der erkennen, dass die Sprache der Mut- Das hat für mich etwas mit Verwurzeltsein tersprache sehr ähnlich ist. Auch wenn ich zu tun. Die Sympathie für die Sprache muss sie nicht kann, erkenne ich, worum es geht. einfach da sein. Sprachen machen ja vor Grenzen nicht Halt. Schulregeln „op Platt“ Wenn ich bei Elterngesprächen Platt- Wenn ich frage: „Wat is de Klock?“, merken deutschGestaltung: rede, Luther-Verlag geht ein Strahlen über die die Kinder: Das hatten wir ja gerade in Eng- Fortsetzung von Seite 3 gel, Lästermaul und Lückenbüßer genauso sagt. Es fehlte ihnen an Sprachgewalt. wenig bekannt wie Richtschnur, Rotzlöffel Luther jedoch landete einen sprachlichen und Rüstzeug. Niemand sprach ein Macht- Volltreffer nach dem anderen., häufig in wort, hielt das Maul oder bekam selbiges Form des Stabreims: Stecken und Stab, Rat Wenn ich auf die Kanzel gestopft. Niemand tappte im Dunkeln, und Tat. Das blieb im Gedächtnis haften. komme, so beabsichtige erhielt einen Denkzettel oder war einem Für die große Verbreitung von Luthers ich, nur den Knechten anderen ein Dorn im Auge. Niemand warf Schriften sorgte eine technische Innovati- und Mägden zu predi- Perlen vor die Säue, baute auf Sand oder on: der Buchdruck mittels beweglicher Let- gen. ... Wenn man aber war ein Sündenbock. All diese Begriffe und tern, erfunden von Johannes Gutenberg aus den Hochverständigen Formulierungen gab es schlichtweg nicht. Mainz. Als seine Krönung gilt die sogenann- predigen und bloß Luther suchte diese Worte und fand sie, te Gutenberg-Bibel, ein zweibändiges Werk Lehren und Meisterstücke denn er wollte vom gemeinen Volk ver- mit insgesamt 1282 Seiten von je 42 Zei- von sich geben will, so standen werden. Ganz bewusst wählte der len, gedruckt mit Hilfe von