Die Hofmühle Högerle in Goppertshofen Bei Ochsenhausen Im Spiegel Der Mühlengeschichte Des Rotturntales

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Die Hofmühle Högerle in Goppertshofen Bei Ochsenhausen Im Spiegel Der Mühlengeschichte Des Rotturntales Von Dr. Lutz Dietrich Herbst, Ummendorf Er 26·27 ----- Die Hofmühle Högerle in Goppertshofen bei Ochsenhausen im Spiegel der Mühlengeschichte des Rotturntales Neben der Schmalspurbahn zwischen Warthausen und Ochsenhausen weist das Ochsenhauser Stadtgebiet eine weitere technikgeschichtliche Rarität von landes­ weiter Bedeutung aus: die kleine Hofmühle der Familie Högerle am westlichen Ortsrand von Goppertshofen. Ihre Besonderheit lässt sich so begründen: Zum einen sind Hofmühlen für das Nördliche Oberschwaben völlig untypisch. Selbst im Südlichen Oberschwaben ist mit der kleinen Lesesteinmühle von Rohrmoos am Rande des Altdorfer Waldes nur noch eine einzige weitere erhalten gebliebene Hofmühle bekannt, wenn man ein­ mal von einigen wenigen Kleinstsägewerken und Kno­ chenstampfen im Altkreis Wangen absieht. 1 Ebenso untypisch und in Oberschwaben nur noch im Pumpwerk der Heinrichsburg zu Eberhardzell auf­ findbar ist das einfache Strauberrad (straub = igelig) der Mühle, mit dessen Hilfe bis zum Jahre 1960 die ver­ schiedenen Mühlen- und landwirtschaftlichen Maschi­ nen bei einem minimalen Nutzgefälle von annähernd einem Meter Fallhöhe angetrieben wurden. Goppertshofen mit Hofmühle im Jahre Ihren guten Erhaltungszustand verdankt sie dem 1960. jahrzehntelangen generationenübergreifenden Engage­ ment der Eigentümerfamilie Högerle, die sie zuletzt vor rer Beitrag für die Präsentation Oberschwabens außer• wenigen Jahren mit Hilfe der Herren Ernst Schädle halb der mit öffentlichen Mitteln finanzierten Ober­ (Zimmermeister aus Goppertshofen) und Hans Angele schwaben-Tourismus GmbH. Im Oktober 20 13 wurde (Mechanikermeister aus Reinstetten) aufwendig restau­ daher Herr Josef Högerle aufgrund seiner vorbildlichen riert und funktionsfähig gemacht hat. 2 Dies hat sie der Leistungen von der Arbeitsgemeinschaft Mühlenstraße Rohrmooser Hofmühle voraus, obgleich das Rad in Oberschwaben mit dem erstmals vergebenen Ober­ Rohrmoos jederzeit wieder laufen könnte; ist doch dort schwäbischen Mühlenpreis ausgezeichnet. der Mahlweiher noch immer angestaut. Gemeinsam mit der Sägemühle Eiberle im fünf Kilometer entfernten Die Stellung der Hofmühle Högerle unter den Zillishausen, der früheren Mahlmühle Gropper (jetzt Mühlen an der Rottum Glaser) in Schönebürg und der Hammermühle Ihle in Laupheim gehört die Hofmühle Högerle zu den einzi­ Die Hofmühle Högerle gehört zu den ehemals min­ gen Mühlen an der Rottum, bei denen noch ein Was­ destens 24 Rottum-Mühlen und acht weiteren an den serrad erhalten geblieben ist. Könnte der im Jahre 1960 Nebenbächen befindlichen Mühlen, die der Autor im aufgefüllte Mühlgraben wieder hergestellt und regelmä• Rahmen seiner Arbeit am „Mühlenatlas Landkreis 3 ßig gepflegt werden, so wäre Oberschwaben um ein Biberach" bisher nachweisen kann • Die Rottum gehört funktionierendes technisches Denkmal seiner vielseiti­ mit ihren 24 km Flußlänge zu den kleineren Flüssen gen Wirtschaftsgeschichte reicher. des nördlichen Oberschwaben. Nach Vereinigung der Zudem liegt die Hofmühle Högerle ausgesprochen Bellamonter Rottum (Untere Rottum) mit der Stein­ verkehrsgünstig und ist für Benutzer des Öchsle-Rad• hauser Rottum (Obere Rottum) im Zentrum von Och­ weges ebenso leicht erreichbar wie auch für Autofahrer. senhausen fließt sie mit leichtem Gefälle in Richtung Sie wird deshalb seit 2005 als Station der Mühlenstraße Donau und vereinigt sich wenige Kilometer nördlich Oberschwaben ausgewiesen (www.muehlenstrasse­ von Laupheim mit der Dürnach zur Westernach. Diese oberschwaben.de; Station 1.13). Die Liebe der Besitzer­ nimmt auf der Höhe von Dellmensingen über den Rau­ familie Högerle zu ihrer Hofmühle führte dazu, dass sie glen / Neuen Graben eine Überleitung der Riß südlich den Namen „Goppertshofen" europaweit bei Freunden von Rißtissen auf 4, bevor sie dann in Erbach (Alb­ alter Mühlentechnik bekannt machte - ein unbezahlba- Donau-Kreis) in die Donau mündet. Von Dr. Lutz Dietrich Herbst, Ummendorf Statistisch gesehen kommt auf jeden Flusskilometer Schwarzwaldlandschaft keinerlei befriedigende betriebs­ der Rottum eine Mühle. Die genauere Betrachtung der wirtschaftliche Grundlagen gehabt. 9 Dagegen lagen ober­ Wasserläufe zeigt jedoch, dass die Standorte der Müh• schwäbische Höfe in den Vereinödungen nur selten so len überwiegend unmittelbar an bestehende Siedlun­ exponiert, dass sie über Wochen hinweg völlig von der gen angebunden sind und sich daher in den insgesamt Außenwelt abgeschnitten und auf eigene Hofmühlen neun Orten konzentrieren, die an die Rottum grenzen angewiesen gewesen wären. bzw. von ihr durchflossen werden. Als isolierte In den quellreichen Talschaften Oberschwabens Mühlenstandorte zwischen zwei Dörfern wären noch erübrigte sich der an und für sich kostspielige Bau hofna­ die beiden Weiler „Sägmühle" zwischen Mietingen und her Mahlmühlen, betrieb doch in den Dörfern bereits Schönebürg sowie Schönebürg und Reinstetten zu die Herrschaft mindestens eine Wassermühle. Lediglich erwähnen, ferner die frühere Mahlmühle Konrad ober­ dort, wo Bäche weit außerhalb der Dörfer fließen, finden halb des letzteren Mühlenweilers. Während die Mehr­ wir abseits geschlossener Siedlungen weitere herrschaft­ heit der Mühlen ab dem 14. Jahrhundert erstmals liche Mühlenstandorte, wie dies etwa im Rotturntal am urkundlich erwähnt wird, fallen in der unmittelbaren Standort der Mahlmühle Konrad zwischen Zillishausen Umgebung des Klosterortes Ochsenhausen drei Müh• und Hürbel bis heute gut zu sehen ist. Die Mühlenbann• lenstandorte auf, die zu den frühesten Mühlenbeurkun­ gerechtigkeit versagte es außerdem den Bauern in Ober­ dungen Deutschlands gehören: Goppertshofen im Jahre schwaben, ein eigenes Wassertriebwerk zu errichten. 5 6 1128 , Goldbach im Jahre 1099 und Ochsenhausen Auf diese Weise verblüfft die Existenz einer Hofmühle im 7 selbst im Jahre 1093 • In diese Zeit fällt auch die erst­ ochsenhausischen Goppertshofen, wenn ihr Bau mit der malige Erwähnung der Mühle des kleinen Dorfes Spin­ Erstnennung einer Mühle daselbst in Verbindung 8 delwag im östlich benachbarten Flusssystem der Rot , gebracht wird. deren Standort im weiteren Verlauf dieser Abhandlung noch eine Rolle spielen wird. Mit Auflösung der Müh• Die Mühle Goppertshofen zwischen 1128 und 1600 lengenossenschaft Ochsenhausen e. G. zum 1. Januar 1984 fand die jahrhundertelange Tradition der Getrei­ Die Mühle Goppertshofen wurde bereits in vorklö• demüllerei an der Rottum ihr Ende. Heute nutzen die sterlicher Zeit erbaut. Sie ging unter dem welfischen Wasserkraft der Rottum nur noch wenige Triebwerke Herzog Heinrich von Bayern am 20. April 1128 in den 10 zur Stromerzeugung. Besitz des Klosters Ochsenhausen über • In dieser Zeit war Oberschwaben klimatisch recht begünstigt. Es war Eine Hofmühle in Zeiten der herrschaftlichen warm und trocken, so dass ein erfolgversprechender Mühlenbanngerechtigkeit? Antrieb des Wasserrades nur dann erfolgen konnte, wenn das Wasser der Rottum aufgestaut und bedarfsge­ Im Gegensatz zu allen übrigen Mühlen an den Fließ• recht auf das Rad gelassen wurde. Die Topografie des und Stillgewässern des Nördlichen Oberschwabens trägt Geländes sowie der damals übliche unkorrigierte Fluss­ die Mühle von Goppertshofen den Namen „Hofmühle". lauf lassen einen solchen Stautrieb jedoch nur mittels Wie aber kommt ein in sich geschlossener Ort wie Gop­ eines langen Mühlgrabens zu. Dieser konnte in der pertshofen zu einer Hofmühle, die einem einzelnen Bau­ anmoorigen Aue leicht gegraben werden. Er musste ern gehört, kennen wir doch Hofmühlen gewöhnlich jedoch aus Gründen des Speichervolumens und des zu nur in Gebirgslandschaften? So mussten beispielsweise erzielenden Nutzgefälles weit oberhalb der Mühle von in den Talzügen des Schwarzwaldes die klösterlichen der Rottum abgeleitet werden, um überhaupt das nöti• und adeligen Grundherren ab der Zeit um 1620 mit ge Wasser für die Betriebsdauer von einigen Stunden ausgegliederten Hofmühlen das autonome bäuerliche aufspeichern zu können. Ein gesonderter Quellaustritt Wirtschaftssystem in der weit verzweigten Flur stärken. in der Hangflanke von Goppertshofen hätte dies natür• Die dortige Vereinödung erfolgte in Zusammenhang mit lich auch leisten können; doch ist ein solcher nicht der um 1600 in Süddeutschland erfolgten zunehmenden nachweisbar. Bedeutung des Getreideanbaus. Dieser erschloss Acker­ So dürfen wir annehmen, dass Goppertshofen sei­ böden weit außerhalb der Dörfer. Ohne eigene Hofmüh• nerzeit noch als Mühlenort dieselbe Bedeutung hatte len hätten die vereinödeten Höfe in der topografisch wie der nur ein Kilometer flussaufwärts gelegene Müh• stark bewegten und von langen Wintern geprägten lenweiler Goldbach, und das jeweils zwei Kilometer a: 28·29 flussaufwärts gelegene Ochsenhausen und das flussab­ und städtebaulich eine Insel inmitten von Ochsenhau­ wärts gelegene Reinstetten (Erstnennung einer Mühle sen ermöglicht. Der Ausbau der Klostermüllerei in Och­ 1304 11 ). Im Gegensatz zu Goppertshofen und Gold­ senhausen erfolgte übrigens zum selben Zeitpunkt wie bach hatte sich die Besiedlung von Ochsenhausen und der Ausbau der Müllerei des anderen großen ober­ Reinstetten jedoch wesentlich stärker in die Aue des schwäbischen Benediktinerklosters in Weingarten. Rotturntales ausgeweitet. Auf diese Weise setzten dort Dort hatten die Äbte durch geschicktes Verhandeln mit wasserbauliche Maßnahmen unmittelbar im Umfeld den Erbtruchsessen von Waldburg ihren Wirtschaftska­ des Flusslaufes an mit dem Vorteil, dass nach einem nal, den Stillen Bach, auf die doppelte Länge erweitern Hochwasser weder ein langer Mühlgraben noch
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