Deutscher Drucksache 19/15921

19. Wahlperiode 12.12.2019

Antrag der Abgeordneten Christian Khn (Tbingen), , Claudia Mller, , Dr. , Britta Haßelmann, Stefan Schmidt, , , , , , , Dr. Bettina Hoffmann, Sylvia Kotting-Uhl, , Stephan Khn (Dresden), Renate Knast, Dr. , , Dr. , Gerhard Zickenheiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Altschulden – Existenzgefährdung fr ostdeutsche Wohnungsunternehmen vermeiden

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit der Wiedervereinigung haben ostdeutsche Wohnungsmärkte einen tiefgreifenden Wandel vollzogen: Weg von sozialistisch organisiertem Wohnungsbau und -bewirt- schaftung hin zu kapitalmarktorientierten Wohnungsmärkten. Innerhalb krzester Zeit hat die ostdeutsche Wohnungswirtschaft auch mit Untersttzung durch Bundesmittel eine 180-Grad-Wende vollzogen und den Wohngebäudebestand in einer massiven Kraftanstrengung umfassend modernisiert und zum Teil zurckgebaut. Die Altschulden entstammen den Zuweisungen der ehemaligen Staatsbank der DDR an die Wohnungsunternehmen zur Finanzierung des volkseigenen und genossenschaft- lichen Wohnungsbaus. Im Ergebnis des Staatsvertrages ber die Wirtschaft-, Wäh- rungs- und Sozialunion und dem Aufkauf der DDR-Staatsbank durch Privatbanken wurden die frheren Wohnungsbaudarlehen in privatrechtliche Kredite umgewandelt und in Wert gesetzt. Kommunen oder Wohnungsgenossenschaften wurden Schuldner. Wohnungen und Schulden wurden in der Regel von den Kommunen auf die neu ge- grndeten kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen in Rechts- nachfolge bertragen. Die betroffenen ostdeutschen Wohnungsunternehmen sind durch die Altschulden und den Leerstand einer doppelten Belastung ausgesetzt. Die Altschulden mit ihren Zinslasten reduzieren darber hinaus zusätzlich die Kreditfähig- keit der Unternehmen. Heute stehen die Wohnungsmärkte Ostdeutschlands vor den gleichen Herausforderun- gen, wie andere Wohnungsmärkte auch, wenn auch mit eigenen Ausprägungen. Städ- ten wie Leipzig, Dresden, Rostock und Greifswald sind von Wohnraummangel ge- prägt, gleichzeitig gibt es ein paar Kilometer entfernt Leerstandsquoten im zweistelli- gen Bereich. Durch diesen stark ausgeprägten Unterschied muss sowohl der Rckbau als auch die Neugrndung von Initiativen Rechnung getragen werden. Drucksache 19/15921 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

II. Der Deutsche Bundestag wolle beschließen,

1. einen Altschuldenfonds in Hhe von zunächst 10 Mio. € fr ostdeutsche Woh- nungsunternehmen aufzulegen, der nach einer Laufzeit von 15 Jahren in seiner Hhe und Ausgestaltung berprft wird, um a. es Wohnungsunternehmen mit hoher, demografisch bedingter Leerstands- quote wirtschaftlich zu ermglichen, leerstehende Gebäuderuinen zu- rckzubauen, und den Sanierungsstau in den bewohnten Gebäuden abzu- bauen, so dass auch in Regionen mit zurckgehender Bevlkerung Woh- nungsunternehmen attraktive Wohnungen vorhalten knnen; b. knftig die Altschuldenentlastung per Anschlussregelung dann zu gewäh- ren, wenn ein Wohnungsunternehmen dauerhaft nicht mehr nachgefragte Wohngebäude oder Wohngebäudeteile ab Baujahr 1949 abreißt und der Ent- lastungsbetrag vollständig in den Erwerb und die Sanierung von Wohnge- bäuden in den Innenstädten und in Sanierungsobjekte in Stadtquartieren, die gemäß städtebaulicher Entwicklungskonzepte als dauerhaft notwendig fr die Wohnraumversorgung ausgewiesen sind, investiert (Koppelungsrege- lung). Denn der Rckbau leerstehender Gebäude nach dem Prinzip in der Peripherie zurckbauen, im Ortskern investieren ist der geeignete Weg zur Revitalisierung von Regionen mit zurckgehender Bevlkerung. Eine Ku- mulation der Altschuldenentlastung bei Rckbau mehrerer Gebäude auf ein Sanierungsobjekt ist mglich; c. die Umwidmung von Gebäuden fr gemeinwohlorientierte Zwecke und Pro- jekte frderfähig zu machen; d. ein Brgschaftsprogramm fr ostdeutsche Wohnungsunternehmen und Ge- nossenschaften nach Schweizer Vorbild mit hohem Altschulden-Verschul- dungsgrad aufzulegen, und einen Teil der Verwaltungskosten und bei Ver- lusten bis zu 65 Prozent des Ausfalls der Brgschaftsgenossenschaften zu bernehmen; 2. auf die betroffenen Bundesländer hinzuwirken, die Rckbaufrderung auskmm- lich auszugestalten, um den Verschuldungsgrad der Wohnungsunternehmen durch Rckbau nicht zusätzlich zu erhhen; 3. die KfW-Grnder-Programme fr die Grndung neuer Genossenschaften zu ff- nen und so Brgerinnen und Brgern vor Ort die Mglichkeit zu geben, neue Formen des Zusammenlebens, des Wiederaufbaus und der Umnutzung von leer- stehenden Gebäuden, Gemeinwohl im Quartier und Kulturinitiativen in Städten und Regionen voranzubringen; 4. Konzepte zu entwickeln, wie Kommunen mit Haushaltssicherungskonzepten am Stadtumbau wieder stärker beteiligt werden knnen und auch die Mglichkeit zu schaffen, dass der verpflichtende kommunale Eigenanteil auch durch Dritte er- bracht werden kann, wenn Projekte sonst nicht zustande kommen; 5. Kommunen besser zu beraten und vom hohem Verwaltungsaufwand bei der Fr- dermittelbeantragung und -abrechnung zu entlasten; 6. integrierte Stadtentwicklungskonzepte und qualifizierte Brgerbeteiligung als frderfähige Voraussetzungen festzulegen, die dann die verbindliche Grundlage fr Abriss-, Umbau- und Aufwertungsmaßnahmen bilden.

Berlin, den 25. Juni 2019

Katrin Gring-Eckardt, Dr. und Fraktion

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