Peru Heute.Indb
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Iken Paap Friedhelm Schmidt-Welle (Hg.) Peru heute Politik, Wirtschaft, Kultur B I B L I O T H E C A I B E R O - A M E R I C A N A Veröffentlichungen des Ibero-Amerikanischen Instituts Preußischer Kulturbesitz Band 166 Wissenschaftlicher Beirat Peter Birle (Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin) Sandra Carreras (Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin) Ulrike Mühlschlegel (Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin) Héctor Pérez Brignoli (Universidad de Costa Rica, San José) Janett Reinstädler (Universität des Saarlandes, Saarbrücken) Friedhelm Schmidt-Welle (Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin) Liliana Weinberg (Universidad Nacional Autónoma de México) Nikolaus Werz (Universität Rostock) Iken Paap Friedhelm Schmidt-Welle (Hg.) Peru heute Politik, Wirtschaft, Kultur Vervuert Verlag • Frankfurt am Main 2016 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deut- schen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Rechte vorbehalten. © Vervuert 2016 Elisabethenstr. 3-9 D-60594 Frankfurt am Main Iberoamericana 2016 c/ Amor de Dios, 1 E-28014 Madrid [email protected] www.iberoamericana-vervuert.es ISSN 0067-8015 ISBN 978-3-95487-508-5 Depósito legal: M-30957-2016 Umschlaggestaltung: Michael Ackermann Satz: Patricia Schulze/Dinah Stratenwerth Gedruckt auf säure- und chlorfreiem, allterungsbeständigem Papier. Gedruckt in Spanien. Inhalt Einleitung 9 Iken Paap/Friedhelm Schmidt-Welle I. GEOGRAPHIE, GESCHICHTE, WIRTSCHAFT Umwelt und Mensch im Naturraum 17 Bertil Mächtle Bevölkerung und Sozialstruktur. Statistische Zahlen als eine machtvolle Erzählung 39 Martina Neuburger/Katrin Singer Die Geschichte Perus seit Fujimori 63 Thomas Fischer Die peruanische Wirtschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts 93 Carlos Contreras Carranza Landwirtschaft heute 117 Harald Moßbrucker II. POLITIK UND GESELLSCHAFT Das politische System: Verfassung, Staat und Demokratie 143 Peter Thiery Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2016 und die Perspektiven der Regierung Kuczynski 179 Peter Birle Außenpolitik und internationale Wirtschaftsbeziehungen seit Beginn des 21. Jahrhunderts 193 Peter Birle 6 Inhalt Soziale Konflikte 219 Hans-Jürgen Brandt Frauen und Frauenrechte 243 Chloé Constant Campesinos und Indigene 261 Hans-Jürgen Brandt Die Geschichte des Leuchtenden Pfades, 1980-2013 287 Sebastian Chávez Wurm Religion und Kirchen 307 Jeffrey Klaiber III. KULTUR Die Sprachensituation 325 Eva Gugenberger Peruanische Literatur seit 1990 347 Elmar Schmidt Vielfalt der Musik in einem Land der Kontraste. Ein Überblick über das Musikleben 369 Cornelius Schlicke Das peruanische Gegenwartskino: Strukturen, Geschichte und Tendenzen 389 Friedhelm Schmidt-Welle Zum Stand und Selbstverständnis der Archäologie 411 Alexander Herrera Inhalt 7 IV. ANHANG Chronologie zur Geschichte Perus 1821-2016 433 Julia Buck Sachregister 453 Personenregister 459 Autorinnen und Autoren 463 Einleitung Iken Paap/Friedhelm Schmidt-Welle Peru ist, von seinen geographischen Gegebenheiten her, ein dreigeteiltes Land. Historisch, ökonomisch, politisch und soziokulturell ist es mindes- tens zweigeteilt. Diesen Dualismus hatte José Carlos Mariátegui bereits 1928 in seinen Sieben Versuchen, die peruanische Wirklichkeit zu verstehen konstatiert, und er ist bis heute ein wichtiger Faktor zum Verständnis der Geschichte des Landes geblieben, auch wenn insbesondere die zuneh- mende Marktintegration der andinen Bevölkerung, die Ausbeutung der Bodenschätze und die massive Migration aus dem Hochland sowie dem Amazonastiefland in die Großstädte an der Küste in den letzten Jahrzehn- ten dazu beigetragen haben, dass sich die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Grenzziehungen nicht mehr so eindeutig wie ehedem gestal- ten. Das vorliegende Buch will eine Einführung in unterschiedliche Aspek- te peruanischer Realitäten geben, wobei wir uns im Wesentlichen auf den Zeitraum seit 1990, also das Datum des Amtsantritts Alberto Fujimoris als Staatspräsident, beschränken. Passagen zu früheren Jahrzehnten wer- den nur insoweit eingeflochten, als sie für das Verständnis zeitgenössischer Entwicklungen notwendig sind. Der Band erscheint in der seit 1992 in loser Folge publizierten Reihe von Länderprofilen, die das Ibero-Ameri- kanische Institut in Zusammenarbeit mit dem Vervuert Verlag herausgibt und die sich an Wissenschaftler, Journalisten, Pädagogen, Politiker, Kul- turmanager und ein allgemein am jeweiligen Land interessiertes Publikum wendet. Er umfasst ein breites Spektrum von Artikeln zu geographischen, wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Aspekten im gegen- wärtigen Peru. Es lässt sich nicht bestreiten, dass Peru in den letzten Jahren trotz der weltweiten Finanzkrise eine positive wirtschaftliche Entwicklung erfahren hat, die mit der steigenden Nachfrage nach Rohstoffen und Lebensmitteln zusammenhängt, für die Peru ein bedeutender Exporteur ist. Die daraus resultierenden Gewinne sind (im Unterschied zu früher) zum Teil auch der Bevölkerung zugutegekommen, was sich in einem steigenden Lebens- standard insbesondere städtischer Mittelschichten widerspiegelt. Damit ist 10 Iken Paap/Friedhelm Schmidt-Welle aber auch eine Reihe von ökologischen und sozialen Problemen verbunden. Verschiedene Vulnerabilitätsstudien zeigen, dass infolge des Klimawandels ein beschleunigter Rückgang der Andengletscher zu erwarten ist – und das bei einer Abhängigkeit von 60 % der Bevölkerung vom Gletscherwasser sowie einer wasserintensiven Agrarwirtschaft. Soziale Auseinandersetzun- gen gibt es vor allem im Bereich der Ausbeutung von Bodenschätzen, die ebenfalls mit großen Umweltproblemen verbunden ist. Seit Juli 2006 bis Juli 2009 lässt sich (trotz eines in Kraft getretenen Konsultationsgesetzes) ein steiler Anstieg der Konflikte von 82 auf 272 feststellen; seitdem werden monatlich regelmäßig über 200 Auseinandersetzungen beobachtet. Wie lange der wirtschaftliche Boom angesichts der fortbestehenden Grundstruktur, nämlich einer Zweiteilung in exportorientierte und Sub- sistenzwirtschaft (besonders ausgeprägt in der Landwirtschaft), anhalten wird, ist allerdings schwer abzusehen. Betrachtet man die Anzeichen dafür, dass der Zyklus des Exportaufschwungs sich dem Ende zuneigt, so muss man sich fragen, wie die Möglichkeiten der Inangriffnahme von Reformen einzuschätzen sind, welche die Motoren des Wachstums diversifizieren und es gerechter verteilen würden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie die Wirtschaft unabhängiger vom Weltmarkt für Rohstoffe und engagier- ter auf dem Binnenmarkt gemacht werden könnte, wofür sie eine bessere Verteilung des Reichtums garantieren müsste. Bereits seit der Unabhängigkeit ist Peru durch einen beständigen Kampf zwischen wirtschaftlichem und politischem Liberalismus geprägt, der auch für die Gegenwart des Landes kennzeichnend ist. Neoliberale Maßnahmen wie die Privatisierung von Staatseigentum bilden wie in an- deren lateinamerikanischen Ländern die Maxime politischen Handelns. Präsident Alan García hinterlässt seinem Nachfolger Alberto Fujimori 1990 ein Land, das von Korruption, Verschuldung, Hyperinflation, Ter- ror (seitens der Guerilla und des Staates), Mafia und Drogenkrieg völlig zerrüttet ist. Fujimori errichtet daraufhin bis 2000 eine autokratische Re- gierung, die zunächst gegen das politische Establishment gerichtet ist und eine teilweise wirtschaftliche Erholung verzeichnet. Doch abgesehen von den Erfolgen in der Bekämpfung der terroristischen Guerilla Leuchtender Pfad ändert die Regierung Fujimori wenig an den politischen Strukturen, sie höhlt sie vielmehr aus. Fujimori hinterlässt einen Staat mit inexisten- ter Gewaltenteilung und einer dünnen rechtsstaatlichen Grundlage, ein Parlament mit geringem Einfluss, ein fragiles Parteiensystem, systemati- sche Korruption auf allen Ebenen, Armee- und Polizeieinheiten, die sich Einleitung 11 gravierende Menschenrechtsverbrechen zuschulden kommen ließen, eine Verwaltung, in der Technokraten eine bedeutende Rolle spielen, eine ge- schwächte Zivilgesellschaft, eine oligarchisch strukturierte Medienland- schaft, ungelöste ethnische Fragen, eine Wirtschaft, in welcher der Staat seine Rolle als wichtiger Akteur an private Unternehmen abgegeben hat sowie deregulierte Finanz- und Arbeitsmärkte. Auch die auf Fujimori folgenden Präsidenten Alejandro Toledo, Alan García und Ollanta Humala bekommen die sozialen und politischen Kon- flikte nicht in den Griff, da sie in erster Linie darum bemüht sind, wirt- schaftliches Wachstum zu generieren. Trotz ideologischer Differenzen ist die Kontinuität ihres politischen Handelns erstaunlich groß. Die Probleme des schwachen Staates und das Fehlen eines stabilen institutionellen Rah- mens bleiben; insgesamt kann man auch diesbezüglich mehr Kontinuitä- ten als Brüche feststellen. Allerdings wird eine Demokratisierung erreicht, deren Grundlage eine neue Verfassung bildet, welche die Gewaltenteilung und freie Wahlen gewährleistet, auch wenn eine deutliche Kluft zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit bestehen bleibt. Die Außen- und insbesondere die Außenwirtschaftspolitik sind ebenfalls von Kontinuität gekennzeichnet. Präsident Humala hatte zwar im Wahlkampf vollmundig eine “große Transformation” der peruanischen Außenpolitik angekündigt, in der Praxis herrschte dann jedoch weitgehend Kontinuität zu seinen Vor- gängern. Die peruanische Nation wird seit 1993 als pluriethnisch und multi- kulturell definiert. Der Staat ist verpflichtet, die Diversität