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SWR2 Tandem Mit offenen Ohren durch die Welt Der Musiker zwischen Deutschland und Japan Von Grace Yoon

Sendung: Freitag, 15. Dezember 2017, 10.05 Uhr Redaktion: Katrin Zipse Regie: Grace Yoon Produktion: SWR 2017

Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.

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Musik: Rockpalace Live/ Marsch-Salto Motadella

O-Ton OT Mani: Ich wusste am Anfang garnicht was das bedeutet, das Wort Guru Guru, das war von den Tauben, oder einfach phonetisch weil ich das schön fand und Guru, wir haben uns auch lustig gemacht über die Gurus, weil die Beatles hatten ihren Guru und so weiter, und wir hatten keinen….wir mussten das selber für uns machen…. Am Anfang hieß es ja „The Guru Guru Groove Band“ und nachher wars nur noch „Guru Guru“…und so hat sich das dann gehalten.

O-Ton OT Ezko: Musik heißt auf japanische Ongak…ich liebe Ongak

Musik: Mani & Ezko singen ein japanisches Lied

O-Ton OT Mani: Ja, das war natürlich sehr hilfreich, wir haben ja alles immer zusammen gemacht, Ezko und ich, sie hat mich mit Musikern zusammengebracht, und das ging natürlich ganz flott weil sie sprechen konnte, und ich hätte auch die Clubs manchmal garnicht gefunden…das ist so groß und schwierig manchmal. Und so hat das alles geklappt und die Musiker schätzen Ezko in Japan genauso wie hier in Deutschland und wir sind vom Norden, also von Hokkaido, bis runter nach Okinawa sogar und hatten da viele Begegnungen und Konzerte mit anderen Musikern, zum Teil auch die wirklich guten, auch Jazz-Musiker da unten, hier bin ich ja nur Rockmusiker für die Deutschen, da würde mich nie einer holen für den Jazz....

Musik: I'm Rolling Through The City / Globetrotter

O-Ton OT Mani: Ich bin in München geboren, 1940, an Sylvester auch noch, und bin dann in meiner Kindheit am Starnberger See groß geworden, dann sind wir in die Schweiz gezogen, dann musste, durfte ich eine Lehre bei meinem Onkel als Installateur machen, das wollte ich eigentlich garnicht, aber das war halt so, und ich sollte mal das Geschäft übernehmen, aber ich hatte kein Interesse dran, ich wollte immer schon Musik machen.

Ich bin zum Jazz gekommen durch Luis Amstrong der mich fasziniert hat, ich fing an Schlagzeug zu spielen mit 17 Jahren, und war begeisterter Jazz-Fan, erst hat man ne Dixieland Band, dann wurde es moderner, Swing, und dann Modern Jazz und Bebop, bis ich dann endlich mal eine gute Musikerin traf, das war die Irene Schweizer, und wir hatten ein tolles Trio zusammen mit Ulli Trepte, mit dem ich dann später Guru Guru gegründet hatte, und das ging so 2,3 Jahre lang sind wir in Deutschland und Belgien und Europa rumgetourt, und hatten schon ziemlich Aufsehen erregt weil wir gleich zu den paar guten Bands gehörten, haben dann mit Leuten wie Peter Brötzmann, Gunter Hampel, Manfred Schoof, Schlippenbach, gespielt und 1968 haben wir dann Guru Guru gegründet, wir wollten hin zur elektrisch 2 verstärkten Musik, wir waren angeturnt vom Hendrix und seinem Sound, und so fing das dann an.

O-Ton OT Ezko: Guru Guru bedeutet auf japanisch –rotating-Spirale.

Musik: Hinten (Irene Schweizer Trio)

O-Ton OT Mani: Erstes Konzert war in Heidelberg am 4.August 1968. Wir haben dann auch an größeren Events gespielt, wie z.B. Donaueschingen, zusammen mit „Jazz meets India“, und auch am Jazz-Festival in Berlin, wo ich dann auch mit Leuten wie Philly Joe Jones gespielt hatte und mit dem Gloibe Unity Orchester. Wir waren wo`s ging am Spielen und am Anfang war das von vielen Leuten noch nicht so anerkannt und die fragten, ja, ist das denn Musik und so.....aber für viele war das schon dann auch was richtig Neues, Gutes. Wir haben 2 Marshall-Türme gekauft und waren sehr laut. Nachdem wir anderthalb Jahre mit dem Bus herumgefahren sind in Deutschland und bei befreundeten Gruppen wie Amon Düül oder Xhol Caravan oder bei Freunden oder Freundinnen übernachtet hatten, haben wir dann endlich ein eigenes Haus gemietet und haben eine WG gegründet. Keiner durfte in einer anderen Band spielen oder keiner durfte was arbeiten, es war fast wie im Kloster, nur bisschen wilder und lustiger, aber auf eine Art auch streng, und das hats auch voll gebracht, es war nur ein Ding, nur GuruGuru, und ich hab 24 Stunden am Tag überlegt, was kann ich für die Gruppe tun, weil wir hatten ja alles aus eigener Hand gestampft, wir hatten ja keine Sponsoren oder Manager, es war selfmademan…

Musik: WAS FÜR NE WELT... VERFLIXT ES IST DOCH WIE VERHEXT, ICH BRÄUCHTE NOCH MEHR DEUTSCHEN TEXT, S, IST ERST EIN SATZ DER MIR GEFÄLLT, UND DER GEHT SO: WAS FÜR NE WELT.

DER PLATTENMANAGER IST FIT, DER DENKT,DAS WIRD EIN GROßER HIT, MIR FÄLLT UND FÄLLT UND FÄLLT NIX EIN, DRUM SING WA NOCHMAL DEN REFRAIN:

WAS FÜR NE WELT,WAS FÜR NE WELT,WAS FÜR NE WELT, WAA WAA WAA WAA.....

(Text: Mani Neumeier / Musik: Neumeier, Bischof, Schaeffer)

O-Ton OT Mani: Wir spielten dann überall in Deutschland, auch auf Festivals, später kam dann unser eigenes Festival, das Finkenbach-Festival dazu, das gibts ja heute immer noch. Wir waren natürlich auch im Ausland, viel zu spät leider, in Amerika in den achtziger Jahren und im Ganzen haben wir ungefähr 3400 Konzerte gespielt bis jetzt und haben auch immer von der Musik leben können, obwohl, man konnte sich nicht die

3 dicken Autos kaufen aber zum leben hats gereicht und wir waren zufrieden und glücklich.

Musik: Was für´ne Welt

WAS FÜR NE WELT,WAS FÜR NE WELT,WAS FÜR NE WELT,WAA WAA WAA WAA..... DER PRODUZENT KUCKT AUF DIE UHR, WO BLEIBEN DIE IDEEN NUR, VERDAMMT,DAS WIRD EIN TEURER SPUK, DIE BAND STEHT SCHAURIG UNTER DRUCK, DA MÜSSEN NOCH N PAAR VERSE REIN, ZUM GLÜCK HAM WIR NOCH DEN REFRAIN:

WAS FÜR NE WELT,....

O-Ton OT Mani: Guru Guru war ja auch eine der Erfinder vom , aber wir mochten das Wort ja nie, das haben sie uns nachher aufgepappt, die Engländer, aber im Ausland ist es ein Etikett so wie Blues oder Reggae…aber ich hatte den Vorteil, dass ich schon durch die Platten bekannt war, in Australien z.B. als „Godfather of Krautrock“ haben sie mich da betitelt in der Zeitung, das ist aber weniger wichtig, aber die Leute haben mich gekannt und haben gewartet, bis ich da komm und haben gern mit mir gespielt überall, also ich hatte offene Türen und dann war ich plötzlich mit den besten Musikern zusammen…betrifft auch die USA wo ich mit Jürgen Engler von den „Krupps“ dann auch mit amerikanischen Musikern zusammen gespielt habe..in Australien auch und am meisten in Japan.

Musik: Wonderland (guru guru 45 years live)

O-Ton OT Mani: 1994 kam einmal zu einem Konzert ein japanischer Geschäftsmann, der war geschickt worden von seinem Chef, vom Direktor des Tokyoter Wachsmuseums, und er sagte mir, sie würden meine Wachsfigur aufstellen wollen, wir würden dann eingeladen, ich hab das gar nicht geglaubt zuerst alles, aber wirklich, nach einem Jahr wars dann soweit und 1996 wurden wir dann eingeladen zur Enthüllung meiner Wachsfigur. Und wir wurden da empfangen wie die Könige und alles war gecheckt und ge-timet, und da hab ich dann auch Japan entdeckt für mich und es gefiel mir so gut, dass ich jedes Jahr dahin bin und auch mit Leuten wie Damo Suzuki von Can gespielt hab und immer mehr japanische Musiker kennengelernt hab, mit denen ich dann jetzt seit 20 Jahren jedes Jahr Konzerte hatte und ne tolle Zeit verbracht und viel über Japan erfahren hab und immer noch nicht richtig japanisch kann aber ein bisschen kann ich, ich kann mich so durchwurschteln..Da waren auch schon weit über 100 Konzerte alles zusammen vom Norden bis in den Süden, und ich kenn längst noch nicht alles, aber ich hab viel gesehn von Japan und es hat mir immer gut gefallen. Und das Wichtigste, 2004 hab ich dann meine Frau kennengelernt, Ezko. Wir lernten uns in einem Klub kennen, die hat auch gepielt mit einer Band, und dann hats irgendwie gefunkt und paar Tage später war klar, dass ich meinen Aufenthalt ein bisschen verlängern muss und 3 Wochen später war sie in Deutschland, ich hab sie 4 eingeladen, und dann wars klar, dass wir zusammenbleiben und das hat wunderbar geklappt bis heute.

Musik: Talking Drums (mono no kaeru)

O-Ton OT Mani: Die Trommel ist ja eines der ältesten Instrumente auf der Welt und es hat oft mit „Magic“ zu tun, Magie…Ich habe viele Instrumente ausprobiert aber Schlagzeug und Trommel, das war eigentlich mein Ding, und ich habe auch einen indischen Meister gehabt an der Tavil, Paramashivam, und hab mir halt alles reingezogen, was es gibt, und auch versucht das mit dem Schlagzeug zu verbinden. Ich finde wichtig, dass Musik „groovt“, was ja bei der typisch deutschen leider bisschen fehlt, auch bei den „großen“ deutschen Bands. Die verkaufen zwar viel, aber grooven tut das nicht, leider, und Thelonious Monk hat einmal gesagt, Musik muss eine Leichtigkeit haben, auch wenn viel Power dahinter ist, dann ist es gut. Und wenn die fehlt und es ist nur Power und Kraft, dann ist das nicht das Richtige. Gut ist natürlich, wenn ein Musiker nicht nur ein guter Techniker ist, sondern wenn er auch noch ein bisschen zaubern kann und irgendwas vermitteln kann, was zwischen den Tönen ist oder zwischen den Zeilen. Ja, und bei mir ist vieles zwischen den Zeilen. Wichtig ist für mich, dass ich die Leute happy machen kann, und wenn die nach dem Konzert weggehen, dann muss es ihnen besser gehen wie vorher und das schaff ich jedesmal.

Musik: moroso Kraut n Rock –Guru Guru Groove

O-Ton OT Mani: Es kommen manchmal Leute aus dem Publikum und sagen, ich hab deine message verstanden, sage ich, hab ich denn eine? Ja klar, und ich weiß, das ist Natürlichkeit und es ist Witz und es ist Love und zusammen sein und das Bewusstsein, dass das nur hier und jetzt passiert, in dem Moment, und das ist, dass man das Beste draus macht, was geht, und das ist die message…

Musik ist wichtig für die Menschen find ich, weil es sehr direkt ist, es ist eine der direktesten Künste, die direkt reingeht. Musik sind Schwingung und Schwingung sind Gedanken und es ist auch eine message, und wenn das alles stimmt und die Leute auch noch zu tanzen anfangen dann ist schon mal das meiste OK und bevor man denkt, ist es schon da und man fühlt sich gut, oder wenn die Musik nicht so gut ist, fühlt man sich nicht so gut, aber Musik soll ja gut sein und für die bin ich da.

Musik: Solo Mani (mori no kaeru)

O-Ton OT Mani: Ja, ich hab vor langer Zeit mal gesagt, und das kommt immer wieder, stimmt aber auch immer noch, alles was um mich herum raschelt, klingelt, knattert, quietscht, pfeift, rauscht, poltert, kollert, schmatzt, flirrt, hämmert, brutzelt oder schnarrt, interessiert mich, ob in Japan oder hier. Ja, überall wo ich bin, ich habe auch immer mein Tonbandgerät dabei, schon als es das erste gab, damals, von Philips, der erste Kassettenrekorder, das war wie eine neue Welt, dass man das aufnehmen konnte, und wieder hören, und ich sammle Vogel-Stimmen und Frosch-Stimmen und das verwende ich auch bei meinen CDs manchmal und bau das ein, und das ist ganz 5 wichtig, dass ich die Sachen sammele so, ich fotografier auch gern, aber die Sounds, ist schon eine ganz eigene Welt, die für mich sehr wichtig ist, und die auch prägend ist für mein Spiel und für meine Musik….

Musik: Dark blue star....

YOU ARE SOOO FAR,AWAYYY, ...... ELEVEN LIGHTYEARS, WE ARE ON THE WAY. WE STAY OUT THERE, OUT OF NOWHERE, FOR EVER. WE NEVER COME BACK.

Telefon klingln …. Umeda Subway

O-Ton Mani am Telefon: Ich bin jetzt in Tokyo, eigentlich komme ich immer ins Schwärmen, aber man könnte natürlich auch ein paar Punkte nennen, die ich nicht so gut find, z.B. dass die unheimlich viel Energie verbrauchen nachts auch noch, da sind nachts um eins immer noch Neon-Reklamen und alles hell und toll und schön bunt, müsste aber eigentlich nicht sein, dass man soviel Energie verbraucht, was noch ein Punkt ist, wo ich denk die arbeiten soviel, also hier in Deutschland sind wir ja schon zu fleißig, 9 Stunden und mehr, und dort arbeiten viele 12 oder 14 Stunden…weiß garnicht, ob man das unbedingt machen muss...

Atmo Japan Umeda Subway

O-Ton OT Werner Penzel: In der Zeit, wo ich in Japan gelebt hab, tauchte plötzlich Mani Neumeier auf. Wie ich dann erfahren hab, macht er jedes Jahr im Frühling eine Tour durch Japan, dann hat er da gespielt in Osaka in einem Underground-Club, sund ich hatte erwartet, naja, das sind halt so die älteren Herrschaften, die GuruGuru Mani Neumeier kennen, aber das war alles Publikum zwischen 20 und 30. Und das ging ab, die waren alle völlig hin und weg, hat japanische Musiker gehabt mit denen er zusammengespielt hat, und er schafft es, da die Japaner aus dem Häuschen zu bringen, was ja nicht so einfach ist, weil die meistens ein bisschen reserviert sind. Aber das schafft er da den Funken überspringen zu lassen in Japan.

Sprecherin: Werner Penzel, Film Regisseur

O-Ton OT Werner Penzel: Krautrock, sogenannter Krautrock, war in Japan schon immer sehr beliebt, Can und eben auch GuruGuru, das hat da ne Basis. Das hat auch japanische Pop-Musik beeinflusst.

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Musik: Konzert Ansage Live

O-Ton OT Werner Penzel: Hilfreich ist natürlich sicher auch, dass er schon seit vielen Jahren mit einer japanischen Frau zusammen ist, und dadurch natürlich die doch sehr andere, von uns aus gesehen, japanische Alltagskultur, und wie Menschen miteinander umgehen, ihm vertraut ist, und das hilft ihm sicherlich auch da so einzutauchen wie er das tut.

Musik: Mani & Ezko singen ein japanisches Lied

O-Ton OT Mani: Das war ein altes Ainu-Lied, Ainu sind die Ureinwohner Japans, die`s schon fast nicht mehr gibt und das ist ein altes Lied, ein Arbeitslied.

O-Ton Musik: om mani tom

O-Ton OT Mani: Wenn man mich fragt, wie ich das schaff, noch so wie ein junger Hirsch so zu spielen, also, ich schlaf gerne lange, ich esse gut, und nicht zuviel, wenig Fleisch und ich übertreibe nicht, Alkohol und Drogen in geringen Maßen, nicht übertreiben, kein Raubbau mit dem Körper, und mit der Natur leben, im Einklang leben, die Musik selber hält mich auch jung, das ist glaub ich das Wichtigste an allem. Wenn ich nicht spielen würde, wäre ich schon ein alter Herr, ein ziemlich eingerosteter, aber so, ist das nicht viel anders wie mit 50. Den 77igsten, die Zahl ist eine Schnapszahl, das ist dann 2017, Sylvester, den werde ich feiern, und ich hoff, dass ich dann noch viele Jahre weiter spielen kann, und vielleicht auch meinen 88igsten noch auf der Bühne feiern kann..

Musik: om mani tom

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