Bekanntes Und Neues Zum Markgröninger Schloss
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Peter Fendrich, Günter Frank und Erich Viehöfer Bekanntes und Neues zum Markgröninger Schloss Bekanntes und Neues zum Markgröninger Schloss A Die Burg und das Schloss in bisheriger Sicht geln der Burggraf Gottfried von Nürnberg, Markgraf B Neue Aspekte zur Baugeschichte Hermann von Baden, Graf Emicho von Württemberg C Das Markgröninger Schloss als Gefängnis: und andere weniger bekannte Adlige des Reiches die- 1808-1873 ses Schriftstück. D Vom Waisenhaus und Lehrerinnenseminar zum Es ist kaum anzunehmen, dass der König seine Ge- Helene-Lange-Gymnasium: 1873 bis heute) folgschaft in ein unbedeutendes Dorf ohne eine stan- desgemäßen Unterkunft bestellt hatte, wobei allerdings auch ein entsprechend ausgebauter Gutshof als Ver- A Die Burg und das Schloss in bisheriger sammlungsort gedient haben könnte. Sicht: Von der Burganlage bis zum Helene- Die erste sichere Erwähnung finden wir im Jahr 1252. Lange-Gymnasium (Günter Frank) Der von den Staufern abgefallene Graf Hartmann von Am höchsten Punkt der Altstadt Markgröningens Grüningen wurde vom Gegenkönig Wilhelm mit Stadt liegt das heutige Helene-Lange-Gymnasium auf dem und Burg Gröningen belehnt. Dieser Graf, der sich Gelände der ehemaligen Reichsburg und des späteren später gegen den König Rudolf von Habsburg erhob, Schlosses der württembergischen Grafen und Herzö- von dessen Schwager Albrecht von Hohenberg gefan- ge. Obwohl die Befestigung des Schlosses nicht mehr gen wurde, auf dem Hohen Asperg starb und dessen erkennbar ist, setzt sich dieses Bauensemble so klar Grabplatte in der Stadtkirche zu sehen ist, wollte wahr- von der Stadtanlage ab, dass eine Sonderstellung bis scheinlich die Stadt als Residenz ausbauen und wird heute besteht. Dieser wohl geschichtsträchtigste Ort dementsprechend auch die Burganlage gestaltet haben. unserer Stadt soll Gegenstand der folgenden Ausfüh- Stadt und Burg gingen nach dem Tod Hartmanns an rungen sein. Graf Albrecht von Hohenberg über, dessen Sohn am 1. Weil es über die Ursprünge Markgröningens keine August 1284 in der Reichsburg Markgröningen seine Urkunden gibt, lässt sich erst im Jahre 1139 eine burg- Hochzeit feierte. Es muss ein glänzendes Fest gewe- ähnliche Anlage in der Stadt annehmen, zu der es sen sein, denn unter den Gästen befand sich auch der allerdings kaum mehr als Vermutungen gibt. Onkel des Bräutigams, König Rudolf von Habsburg Der erste Stauferkönig Konrad III. rief in diesem mit Gefolge. Jahr die Reichsfürsten nach Markgröningen und hielt In den Jahren 1295/96 lassen sich kurze Aufenthalte am 14. Oktober hier einen Gerichtstag ab. Aus einer König Adolfs von Nassau in Markgröningen nachwei- dabei entstandenen Urkunde, die das Kloster Denken- sen, der jeweils am Ende seiner Reisen durch Süd- dorf betraf, lässt sich feststellen, welch illustre Ge- deutschland die Stadt besuchte. sellschaft sich versammelt hatte. Neben den Bischö- Sein Nachfolger, Albrecht I. von Habsburg, verpfän- fen von Regensburg, Würzburg und Brandenburg sie- dete Stadt und Burg Gröningen als Gegenwert für eine 173 Markgroeninger-Bauwerke-II_S173-208.pmd 173 15.10.2004, 12:13 Schuld von 12000 Pfund Heller am 11. März 1301 an Gefolge. Sie muss entsprechend ausgebaut gewesen den Grafen Eberhard I von Württemberg, der vier Jah- sein, um die Menschen zu beherbergen oder Belage- re später, nachdem er in kriegerische Auseinander- rungen standzuhalten. Lange konnte man sich jedoch setzungen mit dem König geriet, von diesem vergeb- kein Bild von ihrem Aussehen machen. Im folgenden lich in Markgröningen belagert wurde. Zum Abzug Beitrag sieht dies jedoch Peter Fendrich anders (unten des Königs bemerkt eine zeitgenössische Chronik: der 2.2). winter in [ihn] vertraib [vertrieb]1. Trotzdem muss- Unter den württembergischen Grafen und Herzö- ten Stadt und Burg entsprechend stark befestigt ge- gen wurde die Burg zum Schloss ausgebaut. Haupt- wesen sein, denn immerhin dauerte die Belagerung sächlich geschah dies unter Eberhard im Bart, dessen vom 28. Oktober bis zum 21. November des Jahres Wahlspruch attempo („ich wag’s“), zusammen mit der 1305. gemalten Dattelpalme, die Eberhard im Wappen führ- In der Auseinandersetzung zwischen den Gegen- te, den Rittersaal schmückte. Sowohl Heyd als auch königen Ludwig von Bayern und Friedrich von Ös- Römer, die Stadthistoriker, geben dafür als Quelle terreich, in denen die württembergischen Grafen eine Fabers Landbuch an. Weitere Quellen, die diese Aus- wichtige Rolle spielten, wurden auch Stadt und Burg malung belegen, sind nicht bekannt. Eberhard erhielt Markgröningen immer wieder hinein gezogen. So erneut, dieses Mal von Kaiser Maximilian am 23. Juli weilte König Friedrich vom 15. Oktober bis 1. No- 1495 einen Lehensbrief, der ihm Gruningen statt und vember 1320 selbst in Markgröningen, um einen An- burg als Lehen übergab. griff auf Ludwig vorzubereiten. Das nächste herausragende Ereignis, das uns zeigt, Ludwig von Bayern, der Sieger in diesem Streit, dass das Schloss durchaus für repräsentative Zwecke belehnte seinen Bannerträger Konrad von Schlüssel- geeignet war, fand im Jahre 1511 statt. Auf ihrem Weg berg für dessen treuen Dienste im Kampf um die Kro- zur Hochzeit mit Herzog Ulrich wurde die Braut Sab- ne mit Stadt und Burg. Daz wir dich fürbaß deste be- rina, eine Nichte des Kaisers, zuerst in Knittlingen und reiter haben mit trewe und dienst, verleihen wir dir danach in Markgröningen vom Bischof von Konstanz und deinen Erben zu rechten und ewigem lehen Grü- und Herzog Heinrich von Braunschweig neben wei- ningen stadt und burch mit all ihren rechten....2 Die- teren Angehörigen des Adels feierlich im Schloss be- ses Erblehen, verbunden mit der Pflicht, zu gegebe- grüßt. ner Zeit das Reichsbanner zu führen, wird in einer Das Lagerbuch von 1523 beschreibt den herrschaft- weiteren Urkunde bestätigt. lichen Besitz in der Stadt wie folgt: ain schloss in der Ob freiwillig oder auf Befehl des zwischenzeitlich statt und ummauert und am selben schloß ain korn- zum Kaiser gekrönten Ludwig verkaufte Konrad die haus mit keller, aine zehendscheuer, daran in ainem Stadt im Jahre 1336 an den Grafen Ulrich III. von hof zwu keltern und ain bindhaus (Küferei)...4. Württemberg. Der Kaiser bestätigte dies, indem er in Von Gröningen aus leitete der kaiserliche Feldherr einer Lehensurkunde Grüningen stat und burch dem Herzog Alba, der mit seiner Kriegskanzlei in das edlen mane [Mann] Ulrichen graven ze wirtenberg Schloss eingezogen war, die Belagerung des Hohen- unserem lieben oheim und lantvogt 3 verlieh. aspergs während der Auseinandersetzungen zwischen Eine wechselvolle Geschichte also, welche die Burg dem Kaiser Maximilian und Herzog Ulrich (1546),und bis zum endgültigen Übergang an Württemberg er- auch sein Nachfolger, Kaiser Karl V., hielt sich für lebte. Kaiser und Könige des Reiches haben sie be- zwei Tage im Schloss auf. Er führte hier Gespräche sucht, ebenso die Grafen von Württemberg mit ihrem mit Herzog Christoph über die Aufhebung der Beset- 174 Markgroeninger-Bauwerke-II_S173-208.pmd 174 15.10.2004, 12:13 zung des Hohenaspergs, die dann 11 Monate später mit einem Waschkessel, Backofen, Brennhafen samt im August 1553 erfolgte. Kuppel [Destillierblase zum Brennen von Branntwein], Unter Christoph wurde das Schloss letztmalig er- ein Holz und ein Schafstall. weitert und ausgebaut. Christoph ließ den Mittelbau Im Wohnstock Sechs piecent [Zimmer], wovon 4 errichten. Welche weiteren Maßnahmen für die Sum- heizbar, dann eine Küche und eine Speiskammer. Hin- me von 7097 Gulden noch erfolgten, lässt sich heute ter dieser wieder piecen, wovon drei heizbar und auf nicht mehr feststellen. Nur der Geldbetrag ist verbürgt. der Seite gegen den Hof herein eine schmale Speis- Dieser Anbau muss vor 1556 geschehen sein, denn und Magdkammer. der Herzog ließ in diesem Jahre mit Ausnahme des Im oberen Stock Eine große Bühne, eine Sommers- Alten Schlosses in Stuttgart alle Baumaßnahmen ein- tube mit Alkoven stellen, weil sonst nur fremde Vögel darin nisten.5 Im obersten Stock Eine Bühne und ein gemaltes mit In den folgenden 170 Jahren fanden im Schloss keine 2 Wandkästen versehenes Sommerstübchen.8 besonderen Ereignisse statt, im Gegenteil: langsam Dazu kommen noch ein in der ehemaligen Schloss- aber sicher wurde es dem Verfall preisgegeben. Am kirche eingerichteter Fruchtkasten, ein Keller, meh- 20. September 1724 berichtete der Markgröninger rere Ställe für Schweine, Hühner, Pferde und Rind- Vogt, dass die herrschaftlichen Gebäude, besonders vieh sowie eine Remise, ein Heuboden und eine au- das Schloss, sich in einem sehr schlechten Zustand ßerhalb des Hofes stehende große Scheuer. befänden und schlägt den Abriss vor, um die Kosten Im gleichen Jahr war durch die Regierung in Stutt- der Reparatur zu sparen. Die Baumaterialien sollten gart verfügt worden, dass jeder Kreis ein Zwangsar- verkauft oder für andere herrschaftliche Gebäude ver- beitshaus einzurichten hätte. Für den Kreis Ludwigs- braucht werden. Auch der Geheime Rat stimmte für burg wurde dafür das Spital mit seinen Gebäuden be- den Abbruch, die Materialien sollten in Ludwigsburg, stimmt. Auf dem Grundstock des 1724 abgerissenen als von Gröningen nicht gar weit entfernt, zum herr- Schlosses wurde 1809 ein Gebäude errichtet und das schaftlichen Bauwesen 6 verwendet werden. Der Ab- Spital musste 1811 einen Teil seines kurz zuvor er- riss erfolgte, allerdings wurde das Schloss nicht in worbenen Besitzes an das Land zurückverkaufen. Gänze, sondern nur der Oberstock abgetragen. 1. Das nun seit 2 Jahren zu einem Zwangsarbeitshaus Im Jahre 1807 wurde das Oberamt Markgröningen eingerichtete große Gebäude