Julian Dawson

NICKY HOPKINS EINE ROCK-LEGENDE

DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1 117.03.107.03.10 08:0208:02 DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 2 117.03.107.03.10 08:0208:02 Julian Dawson

NICKY HOPKINS EINE ROCK-LEGENDE

Aus dem Englischen von Kristian Lutze

Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann

DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 3 117.03.107.03.10 08:0208:02 Verlagsgruppe Random House fsc-deu-0100 Das für dieses Buch verwendete fsc-zertifizierte Papier EOS liefert Salzer, St. Pölten, Austria.

Die Bücher der Edition Elke Heidenreich erscheinen im C. Bertelsmann Verlag, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House.

1. Auflage © der deutschen Erstausgabe 2010 by Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH © der Originalausgabe 2010 by Julian Dawson Satz: Uhl + Massopust, Aalen Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck Printed in Germany ISBN: 978-3-570-58001-1

www.edition-elke-heidenreich.de

DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 4 117.03.107.03.10 08:0208:02 »Nicky war ein sehr ruhiger Typ, aber er hatte auch eine manische Seite. Hinter dieser ungemein stillen, eifrigen Persönlichkeit lauerte ein unartiger, kleiner Teufel.«

DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 5 117.03.107.03.10 08:0208:02 Für Hanne

DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 6 117.03.107.03.10 08:0208:02 Inhalt

Vorwort von Klaus Voormann ...... 9 Einleitung ...... 11

Baby’s House ...... 21 Nickys Kindheit Flip Flop & Bop Till You Drop ...... 40 Savage, Rebel Rouser, All Star Wing And A Prayer ...... 71 Im Krankenhaus All Day ...... 80 Die Londoner Jahre (Teil I) And All Of The Night ...... 91 Die Londoner Jahre (Teil II) Session Man ...... 102 The Who & The Kinks Blues de Luxe ...... 123 Die Group Their Satanic Majesties Request ...... 139 Die Rolling Stones (Teil I) ...... 170 Die Rolling Stones (Teil II) Revolution ...... 188 Die Beatles Brave New World ...... 212 Mill Valley und darüber hinaus

DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 7 117.03.107.03.10 08:0208:02 Revolutionary Piano ...... 235 Die Hopkins-Soloalben Where Am I Now ...... 260 Verloren im Niemandsland (Teil I) ...... 273 Verloren im Niemandsland (Teil II) Your Saving Grace ...... 292 Genesung The Up Escalator...... 306 Die späten Jahre Long Journey Home...... 325 Der Weg nach Nashville Diamond Tiaras ...... 347 Der Stil des Nicky Hopkins

Nachwort von Wolfgang Niedecken ...... 359 Dank ...... 361 Bibliografie ...... 365 Diskografie ...... 369 Namensregister...... 390 Bildnachweis ...... 400

DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 8 117.03.107.03.10 08:0208:02 Vorwort

Da kommt ein kleines, schmächtiges Männchen mit sensiblen, blassen Gesichtszügen zur Tür herein, als ob es gerade eben aus Alices Wunderland entsprungen sei. Er setzt sich ans Klavier, greift in die Tasten und spielt mit verschmitztem Lächeln »Teddy Bears’ Picnic«. Dieses Bild schießt mir sofort in den Kopf, wenn ich an Nicky Hopkins denke. Das Kinderlied wurde zum Hop- kins’schen Themasong über viele Jahre hinweg. Es war Nickys ganz persönlicher Pausenfüller oder Session-Warm-up der kom- pletten Rhythmusgruppe. Nicky war der Prototyp eines echten und wahrhaften Sideman. Still, zurückhaltend und immer hun- dertfünfzigprozentig bei der Sache, wenn es um die Arbeit ging. Wenn er nicht am Klavier saß, wartete er geduldig auf seinen Ein- satz, blickte meist zu Boden und konnte herzhaft lachen, wenn Johns Wortwitz uns wieder einmal überrollte. Nicky strebte nie den Mittelpunkt an. Er widmete seine geniale Musikalität den Großen der Popmusik. Ein Klassik-Pianist mit Rock-’n’-Roll-Fin- gern. Er spielte mit der Popmusik-Elite, und seine Diskografie ist gefüllt mit großen Namen: The Beatles, , The Who, Tom Jones, Dusty Springfield … alle Namen und Songs würden ein Buch füllen. Wir spielten oft zusammen, und wir lach- ten gern zusammen. Ob bei Georges »Give me Love«, bei Harrys »Without You« oder bei Johns »Jealous Guy«, es war immer ein Hochgenuss, mit Nicky zu arbeiten. Ein grandioser Künstler, der nie vergaß, ein lieber Mensch und guter Kumpel zu sein. Und so denkt der Sideman Klaus wieder einmal wehmütig zurück, dies- mal an den Sideman Nicky. An die gemeinsame Zeit mit John und George oder an die wunderbar verrückten Momente mit Harry (Nilsson), und an Nickys unvergessliche Teddybär-Picknicks.

Klaus Voormann, Dezember 2009

DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 9 117.03.107.03.10 08:0208:02 DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1010 117.03.107.03.10 08:0208:02 Einleitung

»All right, friends, you have seen the heavy bands, now you will see morning maniac music. Believe me, yeah, it’s a new dawn … the regu- lar guys … and Nicky Hopkins!«

Es war um acht Uhr am Morgen des 17. August 1969, als Grace Slick einer halben Million Zuschauer in Bethel, New York, Jeffer- son Airplane ankündigte. Ihre Band hatte die ganze Nacht ge- wartet, um am Ende des zweiten von »Three Days of Peace and Music« bei einem Festival die Bühne zu betreten, das unter dem Namen einer kleinen, vierzig Meilen entfernten Künstlerkolonie in die Geschichte eingehen sollte – Woodstock. Auf einer Seite der Bühne saß, eingeklemmt hinter einem Flügel, eine schmäch- tige Gestalt und streute plätschernde Fills in die LSD-seligen Airplane-Songs – der einzige Musiker, den Grace namentlich er- wähnt hatte: Nicky Hopkins. Fünfundzwanzig Jahre später saß ich in derselben Stadt in einem der besten Studios Woodstocks und lauschte einer Auf- nahme meines Gesangs, begleitet am Klavier von – Nicky Hop- kins. Ich verdankte diese Zusammenarbeit einer Folge unwahr- scheinlicher Zufälle, die mich bis heute glauben lässt, dass das Schicksal die Hand im Spiel gehabt haben muss. Und das kam so: 1994 war ich als einigermaßen erfolgreicher Singer-Songwriter exklusiv bei BMG unter Vertrag und sollte mein achtes Album machen. Vor den eigentlichen Aufnahmen traf ich meinen Pro- duzenten Stewart Lerman in seinem Haus in der 14th Street in Manhattan, wo wir die bereits fertigkomponierten Songs durch- gingen, Arrangements skizzierten und versuchten, zusätzliches neues Material zu schreiben, bevor wir mit meiner Band in die Dreamland Studios gehen wollten.

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1111 117.03.107.03.10 08:0208:02 In einer noch unvollendeten Songskizze ging es um meinen Vater, der ein paar Tage vor meiner Abreise in die USA ziem- lich plötzlich, aber nicht unerwartet gestorben war. Dad war ein leidenschaftlicher Liebhaber klassischer Musik gewesen, hatte jedoch jede Form von Popmusik erfolgreich gemieden, bedau- erlicherweise inklusive meiner eigenen musikalischen Anstren- gungen. Ich dachte, dass er vielleicht im Jenseits nachholen könnte, was er ein Leben lang verpasst hatte, und wollte einen Song für ihn schreiben. Eines Abends entspannten wir uns nach einem intensiven Ar- beitstag in Stewarts Wohnung und legten eine der frühen Steve- Miller-Platten auf, die wir beide so mögen, Your Saving Grace – ein Album, auf dem Nicky Hopkins prominent an Klavier und Orgel zu hören ist. Meine Lieblingsnummer ist »Baby’s House«, ein neunminütiges Epos von barocker Schönheit, bei dem Nicky für seine betörenden Keyboard-Kaskaden sogar als Kokomponist gewürdigt wurde. »Was ist eigentlich aus Nicky Hopkins gewor- den?«, fragte ich. »Wäre es nicht fantastisch, wenn jemand wie er auf ein paar Tracks des neuen Albums mitspielen könnte?« Es war möglicherweise das erste Mal, dass mir Nickys Name über die Lippen kam, aber ich dachte dann nicht weiter darüber nach. Zwei Tage später musste ich unsere Vorbereitungen unterbre- chen, um einen Promotiongig beim South-By-Southwest-Fes- tival in Austin, Texas, zu spielen, da ich kürzlich eine CD bei einem texanischen Label veröffentlicht hatte. In Austin wim- melte es von Vertretern der Musikindustrie und hoffnungsvol- len Bands, die alle gekommen waren, um bei einem der zahl- reichen Konzerte aufzutreten. Mein Auftritt war im Cactus Café angesetzt, einem Singer-Songwriter-Club auf dem Campus der Universität, im Schatten des Turms am Hauptgebäude, von dem aus ein einsamer studentischer Amokläufer 1966 wahllos Pas- santen erschossen hatte. Mein halbstündiger Gig lief gut, danach folgte der erste von sechs weiteren Acts des Abends: der texanische Songwriter und Sänger Jerry Williams, begleitet am zweiten Keyboard von … NICKY HOPKINS!

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1212 117.03.107.03.10 08:0208:02 Hinterher schaffte ich es, mich in eine Party für geladene Gäste zu schmuggeln. Gastgeber war zu meinem Glück Ralph Murphy, der Vertreter der ASCAP (American Society of Compo- sers, Authors and Publishers) in Nashville, der mich mit Nicky und seiner schottischen Frau Moira bekannt machte. Mit seiner spindeldürren Gestalt, den langen Haaren und der überdimen- sionierten Brille sah Nicky nicht aus wie ein Rockstar, sondern eher wie ein nachdenklicher, gutmütiger Lehrer. Ich erzählte Ni- cky, dass ich in New York unlängst zufällig von ihm gesprochen hatte, und fragte ihn kurzerhand, ob er sich vorstellen könne, mit uns ins Studio zu gehen. Er wies mich höflich darauf hin, dass er weder mich noch meine Musik kenne, und bat darum, vorher ein paar meiner Stücke hören zu dürfen. Ich drückte ihm eine kurz zuvor von BMG in Europa veröffentlichte Compilation meiner Songs in die Hand. Dann half das Schicksal ein weiteres Mal: Nicky zog auf der Flucht vor den sich häufenden Erdbeben gerade von Los Ange- les nach Nashville. Ich hatte im Laufe der Jahre selbst viel Zeit in der Hauptstadt der Countrymusik verbracht, dort zwei mei- ner Alben aufgenommen und regelmäßig mit einer Reihe loka- ler Songwriter zusammengearbeitet. Am nächsten Morgen sollte ich dorthin fliegen, um vor den Aufnahmen für das neue Album in letzter Minute noch ein paar Songs aus dem Ärmel zu schüt- teln. Die perfekte Gelegenheit, meine Zufallsbekanntschaft mit Nicky zu vertiefen. Er und Moira hatten sich übergangsweise eine Wohnung ge- mietet und waren auf der Suche nach einem Haus zum Mie- ten oder Kaufen. Nicky lebte zwar seit zwanzig Jahren in den Staaten, war aber offensichtlich durch und durch Brite geblie- ben, denn obwohl nur das Allernotwendigste ausgepackt war, hatte die Wohnung ein ausgeprägt englisches Flair. In einer Ecke stand ein Keyboard, die übrigen freien Flächen waren mit Bü- chern und Blechdosen aus Nickys berühmter Sammlung be- deckt, zwischen denen der Hausherr in bequemen Pantoffeln umherschlurfte. Bei einer Tasse Tee erklärte er mir, dass ihm meine Songs und

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1313 117.03.107.03.10 08:0208:02 vor allem meine Texte sehr gefallen hätten – schließlich schrieb er selbst nur Instrumentalmusik. Deshalb würde er sehr gerne mit uns ins Studio gehen – für ein Honorar von 1500 Dollar pro Tag sowie Erste-Klasse-Flügen für sich und seine Frau. Das war für einen Musiker seines Rangs auf gar keinen Fall zu viel verlangt, aber es war klar, dass es unser Budget überschreiten würde, weshalb ich mit großem Bedauern ablehnen musste – eine Entscheidung, die ich seither bereut habe. Trotzdem fragte ich ihn, ob er vielleicht ein Stück habe, für das er noch einen Text brauche. Er gab mir eine Kassette mit einem wunderschönen Klavierstück, das er kurz zuvor komponiert und aufgenommen hatte, und versprach, bei unserem nächsten Wiedersehen ein paar alte Fotos und Rolling-Stones-Anekdoten hervorzukramen. Ich verabschiedete mich, schob im Wagen die Kassette in den Rekorder und hatte, als ich zwölf Minuten später im Büro meines Verlegers eintraf, beinahe den kompletten Text zu einem Song über meinen Dad fertig im Kopf. Ich musste ihn nur noch aufschreiben, und das ist mir in dreißig Jahren Song- schreiben erst ein- oder zweimal passiert. »You’re Listening Now« ist gewissermaßen aus mir heraus- geflossen, und ich wusste sofort, dass es eins meiner besseren Stücke war. Am nächsten Tag fuhr ich noch einmal zu Nicky und Moira und spielte ihnen den fertigen Song vor. Sie waren begeistert. Ich hatte im Castle Studio noch ein paar Stunden Studiozeit gut, deshalb flog ich zwei Wochen später wieder nach Nash- ville, holte Nicky ab und fuhr mit ihm nach Franklin. Der im- posante Bösendorfer-Flügel in der Ecke des großen Aufnahme- raums fand überraschenderweise nicht seinen Gefallen, aber da wir keine andere Wahl hatten, legten wir los. Nicky spielte Kla- vier, und ich sang dazu. Ein perfekter Take wurde ruiniert, weil der unerfahrene junge Toningenieur während der Aufnahme das Band auslaufen ließ (seinerzeit ein qualvoller Moment für mich), aber bald hatten wir eine Version im Kasten, die uns beiden gefiel und die ich zur Endproduktion mit nach Woodstock nahm. Wir mussten

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1414 117.03.107.03.10 08:0208:02 nur noch eine Hammond-Orgel (als Reminiszenz an »Baby’s House«) und die zweite Gesangsstimme von Curtis Stigers hin- zufügen, und der Track war fertig. Ich hatte das Gefühl, einen großartigen neuen Freund kennen- gelernt zu haben, und Nicky und ich verabredeten, bei meinem nächsten Aufenthalt in Nashville wieder zusammenzuarbeiten. Da ich bereits monatelang nicht mehr zu Hause gewesen war, unterbrach ich das Abmischen der Aufnahmen und flog nach . Bei meiner Heimkehr fand ich meine schwangere däni- sche Frau in Tränen aufgelöst auf dem Sofa vor, weil sie gerade erfahren hatte, dass ihr Vater plötzlich gestorben war. Sie wollte unser Kind unbedingt in Dänemark zur Welt brin- gen, also verbrachten wir den Sommer dort, um auf das Baby zu warten. Ich war gerade dabei, meine Londoner Wohnung zu verkaufen, und hatte all meine irdischen Besitztümer eingelagert und nur das Notwendigste mitgebracht. Direkt nach meiner An- kunft schloss ich CD-Player und Kassettenrekorder an, um das fertige Album für alle mitwirkenden Musiker zu kopieren. Es war an einem Septembermorgen in unserer winzigen Einzim- merwohnung, draußen lag hoher Schnee, das Equipment war kaum angeschlossen, als das Telefon klingelte. Es war mein Bru- der, der mich aus anrief und fragte: »Hast du die Zei- tung gesehen? Nicky Hopkins ist gestorben.« Ich war völlig entsetzt. Warum musste er so früh von uns ge- hen? Ich versuchte mich zu trösten, indem ich mir wieder und wieder »Baby’s House« anhörte und Nickys Witwe und andere Freunde anrief, die genauso traurig waren wie ich. Die gemein- same Session mit mir sollte Nickys letzte Aufnahme gewesen sein. Unsere Tochter kam termingemäß Anfang Oktober zur Welt, und mein Album Travel On erschien mit einer Widmung für un- sere beiden Väter und Nicky. Ich ging mit meiner Band auf eine längere Promotiontour für das Album und machte die Erfah- rung, dass die Menschen, wenn wir »You’re Listening Now« ge- spielt hatten, hinterher jedes Mal sofort am Verkaufsstand da- nach fragten und nach dem Song manchmal reihenweise Tränen in den Augen hatten.

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1515 117.03.107.03.10 08:0208:02 Inzwischen habe ich das Lied Hunderte von Malen gespielt, darunter einmal im (heute schmerzlich vermissten) Bottom Line in New York, als Nickys Nichte im Publikum saß – eine von zwei Gelegenheiten, bei denen ich es nicht geschafft habe, ihn zu Ende zu singen. Ich habe einen Mann kennengelernt, der in einem Sterbehospiz arbeitet und mir erzählte, dass er den Song schon Dutzenden todkranker Patienten vorgespielt und ihnen damit geholfen hatte. Nicky und ich haben also offenbar nicht nur unbewusst Nickys eigenes Totengedicht geschrieben, son- dern den Menschen etwas gegeben, das sie benutzen können wie ein vernünftiges Paar Schuhe.

You’re Listening Now

It must have been a silent place, without a soul around The morning sunlight creeping in, a clock the only sound I hope you heard a symphony as you left that room behind Now every note that touches me calls you to mind

The house filled up with music the minute you’d come home You set a spark that helped me start some fires of my own But trying to please everybody on earth’s Not an easy thing to do When all the time I was only trying to please you

It seems to me that dying has set you free somehow And I know you’re out there somewhere And you’re listening now

We said goodbye a long, long time before you had to go And why that heart stopped beating i’ll never know

A strong and silent teacher you let the music talk I learned to sing in harmony as soon as i could walk And trying to please everybody on earth’s

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1616 117.03.107.03.10 08:0208:02 Not an easy thing to do When all the time I was only trying to please you

It seems to me that dying has set you free somehow And I know you’re out there somewhere And you’re listening now Yes I know you’re out there somewhere And you’re listening now

© 1994 by Julian Dawson/Nicky Hopkins

Ich bin mein Leben lang eingefleischter Plattensammler gewe- sen, habe Liner-Notes und Biografien verschlungen. Nachdem ich die Ehre hatte, von Nicky auf seiner allerletzten Session begleitet zu werden, wurde mir klar, dass niemand seine Ge- schichte aufschreiben würde, also beschloss ich, es selber zu tun. Hätte ich geahnt, worauf ich mich einlasse, ich hätte es mir zwei- mal überlegt. Von meinem ersten Interview mit Carlo Little in seinem Haus in bis zum letzten Telefongespräch mit Yusuf Islam am Abend vor der Manuskriptabgabe sind zehn Jahre vergan- gen. Ich habe Fotos und Erinnerungsstücke gesammelt, habe mit Musikern, Produzenten, Freunden und Verwandten über diesen großen, unbesungenen Helden der Rockgeschichte gesprochen, einen Mann, der sicher auf mehr wichtigen Alben gespielt hat als jeder andere Sessionmusiker der Welt und trotzdem bis zu seinem tragisch frühen Tod eine rätselhafte Figur im Schatten des Rampenlichts geblieben ist. Das bekannte Bonmot »Niemand hat gesagt, es würde gerecht zugehen« gilt besonders für die Musikindustrie. Es gibt so viele Gründe, eine musikalische Karriere zu beginnen, wie es Men- schen gibt, die sich daran versuchen: Einige werden Millionäre, während andere vor dem Stadion Hotdogs verkaufen, in dem ihre ehemaligen Bandkollegen vor Fans auftreten, die ein Ver- mögen bezahlen, um ihre Helden für ein oder zwei kostbare Stunden mit hingebungsvoller Verehrung zu überschütten.

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1717 117.03.107.03.10 08:0208:02 Einige wenige kommen mit der göttlichen Gabe der reinen Musik auf die Welt. Weil ihnen der Sinn fürs Geschäftliche fehlt, schreiben sie häufig nicht die größten Erfolgsgeschichten, von denen wir in Klatschblättern lesen, aber ihre Seele und ihr Genie bereichern unser Leben. Man stelle sich nur den Voodoo-Groove von »Sympathy For The Devil« von den Rolling Stones ohne das treibende Klavier vor, »Angie« oder »She’s a Rainbow« ohne die wunderbaren Pianoparts; »Revolution« von den Beatles ohne das perfekte Kla- viersolo oder das Debütalbum von The Who ohne die halsbre- cherischen Keyboard-Fills; man stelle sich Joe Cocker vor, der seinen Hit »You Are So Beautiful« a cappella singen müsste, den schrillen Waffenruf von Jefferson Airplanes »Volunteers« ohne Pianoriffs. Man stelle sich Lennons »Crippled Inside« ohne die maßgeschneiderten Honkytonk-Schnörkel vor, oder »Jealous Guy« ohne die verstörend zarte Pianoverzierung. Und das ist nur eine Handvoll klassischer Tracks, bei denen ein und derselbe Mann in die Tasten greift. Nicky Hopkins hat in seinem Leben mit so vielen Musikern ge- spielt, dass sich eine vollständige Diskografie wahrscheinlich gar nicht erstellen lässt, aber auf einer Liste seiner bekannteren Auf- traggeber würden die Beatles stehen – sowohl gemeinsam als auch einzeln –, die Rolling Stones, The Who, die Kinks, David Bowie, Steve Miller, Jefferson Airplane, Quicksilver Messenger Service, Van Morrison, Rod Stewart, Donovan, die Jeff Beck Group, Harry Nilsson, Joe Cocker, die Yardbirds, Alexis Korner, Ella Fitzgerald, die Easybeats. Nun, man bekommt eine Ahnung … Wo immer sich das Zentrum des Pop-/Rockuniversums zu einem bestimmten Zeitpunkt auch befinden mochte, Nicky schaffte es irgendwie, dort zu sein: Im England der frühen sech- ziger Jahre zur Geburtsstunde des Rhythm-&-Blues-Booms und auf dem Höhepunkt der Beatexplosion, die dem kometenhaften Aufstieg der Beatles folgte, war Nicky ein integraler Bestandteil der Musik, die »Swinging London« um 1965 zum Epizentrum der Popkultur machte. Und rechtzeitig zur Blüte der psychedeli- schen Westcoast-Musik, die den Soundtrack der Flower-Power-

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1818 117.03.107.03.10 08:0208:02 Ära bildete, siedelte er nach Kalifornien um, trat in Woodstock auf und zog weiter zu einer schier endlosen Folge von Super- starsessions und Welttourneen. In einer Medienlandschaft, die sich beinahe ausschließlich auf eine winzige Minderheit von Musikern konzentriert, die Schlag- zeilen machen oder Millionen scheffeln, ist Nickys Weg typisch für Tausende von Musikern, die im Hintergrund stehen und de- ren Talent den Erfolg anderer erst möglich macht. Ich hatte die Ehre, viele von Nickys engsten Freunden ken- nenzulernen und im Haus der Cippolinas in Mill Valley im sel- ben Bett zu schlafen, in dem Nicky und seine erste Frau Dolly geschlafen haben; oder auch in Berlin und München »Jealous Guy« und »Give Me Love (Give Me Peace On Earth)« mit Klaus Voormann aufzuführen, der auf den Originalaufnahmen mit John Lennon, George Harrison und Nicky Bass gespielt hat. Es war eine gewaltige Herausforderung, fünfzig Jahre Le- bensweg eines komplexen, mutigen und ausgeprägt privaten Menschen vom London des Zweiten Weltkriegs, durch eine le- bensbedrohliche Krankheit, zwei Ehen und diverse Romanzen, durch schwindelerregende Höhen und Tiefen über die musika- lische Zusammenarbeit mit zahllosen Musikern bis zu seinem viel zu frühen Tod in Nashville zu verfolgen. Aber dank der im- mensen Hilfsbereitschaft von Nickys engsten Verwandten und Freunden war es auch eine Reise voller Offenbarungen. »Nicky hat die Bibel des Rockpianos geschrieben«, sagte Nils Lofgren einmal. Ich habe ein Buch darüber geschrieben, wie er es gemacht hat …

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 1919 117.03.107.03.10 08:0208:02 DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 2020 117.03.107.03.10 08:0208:02 Baby’s House Nickys Kindheit

»Man hörte immer fantastische Musik aus dem Wohnzim- mer. Ich dachte, es wäre eine Platte, aber er spielte selbst.« DEE HOPKINS

Es gab bessere Orte als London, um am 24. Februar 1944 auf die Welt zu kommen, doch es war an jenem Tag – oder genauer ge- sagt in der Nacht – im Londoner Vorort Perivale, als Freda Hop- kins ihr viertes Kind gebar und es Nicholas Christian Hopkins nannte. Die massiven Bombenangriffe der Deutschen, die die Stadt 1940 terrorisiert hatten, waren sporadischer geworden, was bei den trotzigen Bewohnern eine gefährliche Gleichgültigkeit her- vorrief. Nickys ältere Schwestern Deirdre (genannt Dee) und Julia haben deutliche Erinnerungen an ihre hochschwangere Mutter in den letzten Monaten des Jahres 1943. »Wir hatten keinen Schutzraum im Garten gegraben«, erzählt Julia Hopkins, »deshalb sind wir immer alle unter den riesigen Eisentisch gekrabbelt, den sogenannten Morrison Shelter, den ei- nem die Regierung zugeteilt hatte. Meine Mutter passte nicht unter den Tisch, also hat sie sich einfach danebengesetzt und ge- dacht, wenn’s passiert, dann passiert’s eben.« Während die Alliierten in Italien vorrückten und Deutsche und Russen sich an der Ostfront im eisigen Winter erbitterte Schlachten lieferten, wurde die arglose Gemütsruhe der Lon- doner Ende Januar 1944 durch eine Reihe von Bombenangrif- fen der deutschen Luftwaffe jäh erschüttert, die später als »The Little Blitz« bekannt wurden. Sie trafen die Londoner Docklands und forderten allein in der ersten Nacht mehr als tausend Tote. Das Dauerbombardement setzte sich bis in den April fort, wobei die Bombennacht vom 19. Februar offiziell als »der schwerste

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 2121 117.03.107.03.10 08:0208:02 1. Die Geschwister Paul, Dee, Nicky und Julia Hopkins.

Luftangriff seit 1941« eingestuft wurde. Während eines solchen Luftangriffs kam Nicky Hopkins zur Welt. Julia beschreibt ihren Bruder als »süßes Baby mit goldener Haut und riesigen braunen Augen«, und wie viele unerwartete Nachzügler war Nicky sofort der Liebling der Hopkins-Familie. Die Geschichte der Familie ist im Detail schwer zu ermitteln, selbst die Erinnerungen der Familienmitglieder scheinen ver- worren. Nickys Vater Alfred Edward Hopkins wurde 1901 gebo- ren und war halb walisischer Abstammung. Julia erinnert sich, dass zu Hause eine Tante erwähnt wurde, die Musikerin war und »recht gut Klavier spielte«. Über seinen Vater sprach Alfred nur ungern, denn der war Alkoholiker und nach Australien ab- gehauen, sodass Alfred sich als ältester Sohn um seine Mutter, seinen Bruder und seine Schwester kümmern musste. Der mütterliche Zweig der Familie lässt sich ungleich leich- ter verfolgen. Freda Laursen wurde 1908 als Tochter einer dä- nischen Familie in England geboren. Ihr Vater Mogens Christen Laursen stammte von einfachen Bauern in Dänemark ab, wan- derte jedoch mit seiner dänischen Frau nach England aus. Sie ließen sich zunächst in der Nähe von Birmingham nieder, wo sie aber nicht lange blieben, weil es »so dreckig war, dass man

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 2222 117.03.107.03.10 08:0208:02 die Gardinen nicht sauber hal- ten konnte«. Das Paar zog nach Süden und siedelte sich mit sei- nen drei Töchtern in Norwood an. Eine von ihnen führte später zusammen mit ihrem Ehemann jahrelang erfolgreich das London Apprentice-Pub an der Themse in Isleworth. Julia hat ihren Großvater nie kennengelernt, jedoch von ih- rer Mutter gehört, dass er einen Ruf als Frauenheld hatte. Ein- mal stand sogar eine Frau mit ei- nem Kind vor der Tür, ein gro- ßer Skandal, der ihre Großmutter sehr aufregte. Alfred Hopkins absolvierte eine Ausbildung zum Buchhal- ter und blickte voller Zuversicht in die Zukunft, als er Freda am 12. September 1931 in der All- Saint’s-Kirche in Isleworth zum Altar führte. Anschließend gab es einen Empfang im Lokal ihrer Schwester. Fotos aus einem Ur- laub ein paar Jahre zuvor zeigen das junge Paar, das zum Spaß die Kleider getauscht hat: Alfred ganz in Weiß mit Hütchen (und ein Ebenbild seines berühmten Sohnes), Freda mit Schirmmütze, Kniebundhose und Pfeife. Die

2. Freda und Alfred Hopkins im Urlaub, 1928.

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DDawson_Nickyawson_Nicky Hopkins.inddHopkins.indd 2323 117.03.107.03.10 08:0208:02 UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Julian Dawson Nicky Hopkins Eine Rock-Legende

ORIGINALAUSGABE

Gebundenes Buch, Pappband mit Schutzumschlag, 400 Seiten, 13,5 x 21,5 cm 27 farbige Abbildungen, 32 s/w Abbildungen ISBN: 978-3-570-58001-1

Edition Elke Heidenreich

Erscheinungstermin: April 2010

Die erste Biografie über den größten Rockpianisten aller Zeiten, der mit den erfolgreichsten Rockbands spielte: Beatles, Who, Kinks, Rolling Stones, Jeff Beck ...

Wenn man die Plattencover der großen Rockbands der 60er bis 80er Jahre studiert, taucht immer wieder ein Name auf: Nicky Hopkins. Kaum ein Sessionmusiker war so gefragt wie dieser Rockpianist, der Hits wie »Sympathy for the Devil«, »Revolution« oder »You Are so Beautiful« prägte und damit Rockgeschichte schrieb. In diesem reich bebilderten Buch kommen u.a. Keith Richards, , Pete Townshend und Rod Stewart zu Wort, denn neben den Beatles und den Rolling Stones gehörten Who, Kinks und Jeff Beck zu Nickys Hauptklienten. Dawson entwirft das lebendige Porträt eines »unbesungenen Helden« der Rockmusik, das einen spannenden Einblick in das Leben der Stars jenseits des Rampenlichts gibt: Hinter den Kulissen, bei der Entstehung der Hits, mit ihren persönlichen Stärken und Schwächen. Ein »must« für alle Rockfans.

Der Musiker Julian Dawson kannte Nicky Hopkins persönlich und interviewte zehn Jahre lang Popstars, Musikproduzenten und Vertraute des Pianisten.

Mit zahlreichen bisher unveröffentlichten Fotos der Rolling Stones und anderer Rockgiganten und mit einem Vorwort von Wolfgang Niedecken.