-FEST „WIR IRREN ALLESAMT, NUR JEDER IRRET ANDERS.“

BEETHOVEN | AN der Wien | DENKEN Ausstellung Zum 250. Geburtstag ein Beethoven-Fest in dem weltweit einzigen Theater 15. Februar 2020 bis 9. Mai 2020 zu planen, in dem der Jubilar je engagiert war, ist ein faszinierendes wie fast Theatermuseum (im Souterrain) des unmögliches Unterfangen. Es bietet a priori viel Irrtumspotential. EGMONT (UA) Oper in 15 Szenen (2020) Die Geschichte zwischen und dem Theater an der Musik von Christian Jost | Libretto von Christoph Klimke Wien ist bekannt, er lebte und arbeitete hier rund zwei Jahre als Composer Uraufführung: 17. Februar 2020 im Theater an der Wien in residence. Aber auch über diese Zeit hinaus blieb die Verbindung zu- nächst eine enge. Mit dem Schritt an ein Theater wollte Beethoven die LOOKING 4 LUDWIG Wandlung vom komponierenden Pianisten zum „richtigen“ Komponisten Stationen-Konzert mit Musik von Ludwig van Beethoven schaffen. Maßgeblich daran beteiligt war der Erbauer des Theaters an der 20. & 23. Februar sowie 19., 24. & 26. März 2020 im Theater an der Wien Wien: – Theatermensch durch und durch. Seine Lei- EIN BRIEF / CHRISTUS AM ÖLBERGE denschaft waren kostspielige Bühnenshows, was sich auf Dauer als sein Konzert größtes (finanzielles) Handicap erwies. Obwohl Beethoven bis dahin noch Musik von Manfred Trojahn & Ludwig van Beethoven keine größere Vokalkomposition vorgelegt hatte, engagierte ihn Schikane- 29. Februar 2020 im Theater an der Wien der. Aber ausgerechnet Schikaneders Libretto Vestas Feuer inspirierte Beet- hoven einfach nicht und so legte er dieses zugunsten des Leonore-Stoffes GENIA (UA) bald zurück. Schikaneder irrte also, als er dachte, auf die Schnelle eine Oper in zwei Teilen (2020) Beethoven-Oper präsentieren zu können. Und falls Beethoven je dachte, Musik von Tscho Theissing | Libretto von Kristine Tornquist mit seiner ersten Fassung des Erfolg haben zu können, irrte auch er. Uraufführung: 5. März 2020 in der Kammeroper FIDELIO Zweifelsfrei muss ein Beethoven-Fest im Theater an der Wien auch eine Oper in zwei Akten (1806) Neuproduktion der einzigen Beethoven-Oper enthalten. Mit Manfred Musik von Ludwig van Beethoven Honeck am Pult der Wiener Symphoniker und Christoph Waltz als Regis- Libretto von Joseph Sonnleithner & Stephan von Breuning seur wollen wir Ihnen einen außergewöhnlichen Fidelio in der Fassung von Premiere: 16. März 2020 im Theater an der Wien 1806 bieten. Da Beethoven nur eine Oper geschrieben hat, wird er in der Regel nicht als Opernkomponist assoziiert. Aber er war Zeit seines Lebens EGMONT / EROICA auf der Suche nach dem perfekten Opernstoff und prüfte zahlreiche Libretti Konzert (unter anderem Macbeth und Ulysses Wiederkehr) auf deren Bühnentaug- Musik von Ludwig van Beethoven lichkeit. Obwohl sich unser Kernrepertoire vorwiegend aus bekannten und 9. Mai 2020 im Theater an der Wien unbekannteren Werken der letzten 4 Jahrhunderte zusammensetzt, trete ich – seit ich das Theater an der Wien 2006 als Intendant übernehmen durf- te – vehement für neue und zeitgenössische Werke ein, selbstverständlich auch im Beethoven-Jahr 2020. Damals wie heute ist die Wahl des richtigen Hauptsponsor Stoffes wichtig. Nach langen Überlegungen beauftragte ich den Schriftstel- ler Christoph Klimke und den Komponisten Christian Jost, auf Beethovens Egmont als Grundlage, mit einer neuen Oper für das Theater an der Wien.

| 3 Auf den ersten Blick ist das vielleicht nicht der naheliegendste Stoff, aber Auf ganz besondere Art öffnen sich unsere Pforten – nämlich ausnahms- aus unserer Sicht genau der richtige: In Egmont geht es um nichts Gerin- weise diejenigen des Papageno-Tores – für Sie bei unserem Stationen-Kon- geres, als um die Idee einer freien, selbstbestimmten Gesellschaft. Freiheit zert Looking 4 Ludwig. Aus „berufenstem Munde“ (das kann nur Emanuel ist ein zentrales Thema in Beethovens Werken, und das Gut der Freiheit Schikaneder sein) erfahren Sie abseits des roten Teppichs, vor, hinter und kann auch heute nicht überschätzt werden. Mit Genia entsteht eine zweite, unter der Bühne Fakten über Haus und Historie sowie über unseren Jubilar. vom Theater an der Wien in Auftrag gegebene Komposition für die Kam- Christoph Wagner-Trenkwitz und Ksenija Zadravec haben ein witziges wie meroper. Im Gegensatz zur großen Bühne, wo es um „die Idee“ geht, steht informatives Buch dazu geschrieben. Musikalisch mitgestaltet wird dieses hier „die Person“ Beethoven im Mittelpunkt. Das Libretto von Kristine Torn- Stationen-Konzert von Studierenden der Universität für Musik und darstel- quist evoziert sowohl Beethovens technische Innovationslust, zeigt aber lende Kunst Wien. auch humoristisch zahlreiche Facetten seiner Persönlichkeit. Musikalisch wird Beethoven in Form von Versatzstücken in Tscho Theissings Partitur Rund 100 Jahre vor Beethovens Tod schrieb der Schweizer Universalgelehr- präsent sein und damit nicht nur sicht-, sondern auch hörbar. te Albrecht von Haller folgendes Gedicht:

Zwei spezielle Konzerte erweitern unser Beethoven-Fest: Ein Brief / Christus „Unseliges Geschlecht, das nichts aus Gründen tut! am Ölberge und Egmont / Eroica. Möglicherweise stellen Sie sich die Frage, Dein Wissen ist Betrug und Tand dein höchstes Gut. warum ausgerechnet diese Werke? Warum nicht die 5.? Warum nicht die 6.? Du fehlst, sobald du glaubst, und fällst, sobald du wanderst, Warum nicht das Violinkonzert? Wenn auch nicht so betitelt, konnten Sie Wir irren allesamt, nur jeder irret anderst.“ in der letzten Dekade einer permanenten Beethoven-Verehrung beiwohnen, denn in jeder Spielzeit wurde auf die Bedeutung Beethovens musikalisch Beethoven schrieb über diesen letzten Vers eine kleine, aus nur 13 Noten hingewiesen. Diese beiden Festkonzerte replizieren allerdings auf beson- bestehende Komposition. Es steckt viel Wahrheit in diesem radikalen Irr- dere Weise das Theater an der Wien als Erinnerungsort seines Wirkens: tumspostulat und eine tiefe Einsicht über das Menschsein. Neben seiner Christus am Ölberge kann eindeutig als Vorgänger der Fidelio-Fassungen ge- faszinierenden Musik sind es seine Werte, Ideale und Erkenntnisse, die sehen werden – es war zugleich seine erste größere Vokalkomposition. Und Beethoven in unsere Zeit holen. Ob früher „Titan“ oder heute „Superstar“ mit der Eroica bringen wir auch eine der berühmtesten Beethoven-Sym- – in Wahrheit ist beides das gleiche, nur die Rhetorik hat sich über die phonien auf unsere Bühne, die hier 1805 in einer Akademie von Franz Cle- Jahre geändert. „Wir irren allesamt, nur jeder irret anders“ war Beethovens ment erstmals der zahlenden Öffentlichkeit präsentiert wurde. Für viele letzte vollendete Komposition. gilt das Theater an der Wien als weltberühmte Mozartbühne. Welch großer Irrtum! Für mich war immer klar, dass es zuerst ein Beethoven-Haus ist. Glückliches Theater an der Wien, dass Emanuel Schikander eben nicht irrte, als er Beethoven an sein neu eröffnetes Theater engagierte. Feste feiern heißt auch immer zusammenarbeiten: So freut es mich, dass in Kooperation mit der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Herzlich, Ihr konkret mit dem von Frau Prof. Melanie Unseld geleiteten Forschungs- projekt Erinnerungsort Beethoven: Theater an der Wien folgende Ausstellung in unserem Pausenraum zu sehen sein wird:

Intendant Roland Geyer

4 | | 5 BEETHOVEN | AN der Wien | DENKEN Kooperationsprojekt der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien mit dem Theater an der Wien. Konzept: Melanie Unseld & Julia Ackermann

Das Publikum verbindet mit dem Theater an der Wien seit je Emanuel Schikaneder und Die Zauberflöte. Weniger im Gedächtnis geblieben ist dagegen, dass der umtriebige Schikaneder auch Ludwig van Beethoven ans Haus geholt hatte. Dieser brachte hier in der Folge nicht nur seinen Fidelio, sondern auch zahlreiche Symphonien und Konzerte zur Urauffüh- rung. Dass Beethoven am Theater gar gewohnt und gearbeitet hat, ist vielen nicht mehr bewusst.

Warum ist das so? Wie entstehen diese starken Konturen eines Erinnerungs- ortes? Seit wann ist das Theater an der Wien überhaupt als Beethoven- Stätte ins kulturelle Gedächtnis eingegangen?

Diesen Fragen stellt sich die Ausstellung BEETHOVEN | AN der Wien | DENKEN: Wie wurde das Theater an der Wien zum Erinnerungsort, und in welcher Form wurde der Komponist des Fidelio hier erinnert? Offenbar stand die Vorstellung von Beethoven als „Theatermensch“ quer zu den gän- gigen Bildern des einsamen „Genies“. Doch hier am Theater war Beethoven Künstler unter Künstlern: einer von vielen Akteur*innen in einem weitver- zweigten Netzwerk von Theaterschaffenden.

Die Ausstellung nimmt die Zeit um Beethovens Wirken am Theater an der Wien in den Blick: Mit wem lebte und arbeitete Beethoven im Theater zu- sammen? Wie verlief der Theateralltag zu jener Zeit – auch angesichts der französischen Besatzung Wiens? Welche Musik und theatralen Formen wurden auf der Bühne präsentiert und umgaben Beethoven bei seiner Ar- beit? Zum anderen reflektiert die Ausstellung, wie bestimmte Narrative rund um Beethoven und das Theater an der Wien im Laufe der Geschichte entstanden sind: Wie wird Erinnerungskultur anhand von klingender Musik und steinernen Gedenktafeln konkret greifbar? Ein Netzwerk-Suchbild, ein Publikums-Chat und unkonventionelle Einrichtungsideen zu Beethovens Theaterwohnung laden die Besucher*innen ein, den Komponisten aus ei- ner ganz anderen Perspektive zu betrachten und dabei ihr eigenes Beet- hoven-Bild zu hinterfragen.

Das Begleitbuch zur Ausstellung unter dem Titel BEETHOVEN | AN | DENKEN erscheint im Böhlau Verlag.

| 7 BEETHOVEN | AN der Wien | DENKEN FIDELIO-NETZWERK Es zeigt insgesamt 242 Personen rund um Beethoven, die im Zusammenhang mit dessen Fidelio stehen: An den Produktionen 1805/06 unmittelbar beteiligte ebenso wie zeitgleich am Theater tätige – vom Direktor bis zum Wachmann. Darüber hinaus sind es Personen, die für die Verbreitung des Fidelio sorgten, ihn bearbeiteten, verlegten und ver- trieben. Teil des Netzwerkes sind aber auch diejenigen Personen, durch die Theaterzettel Fidelio-Netzwerk das Ereignis Fidelio ins kulturelle Gedächtnis gelangte, die sich erinnerten, & Repertoire es aufschrieben und uns davon erzählen können. Oper im Salon OPER IM SALON Auf den Noten- THEATERZETTEL Die kommentier- Fidelio-Bearbeitungen pulten der Wiener fanden sich An- ten Theaterzettel aus der Spielzeit fang des 19. Jahrhunderts häufig 1805/06 geben Einblick in das der- Bearbeitungen beliebter Opern. So zeitige Repertoire. Zur Zeit ihrer konnte man das im Theater Erlebte Herstellung waren sie Gebrauchs- in diversen Besetzungen nachspie- medien und wurden im raschen len. Die Anzahl der Bearbeitungen Wechsel nahezu tagesaktuell ge- ist neben Aufführungszahlen, Re- druckt. Heute geben sie uns als zensionen und zeitgenössischen Erinnerungsdokument Aufschluss Berichten durchaus ein Indikator über den täglichen Spielplan, die Puppenhaus Puppenhaus für die Beliebtheit einer Oper. Besetzung sowie anderes... PUPPENHÄUSER Da sich heute Beethovens Wohnung im Theater an der Wien nicht mehr rekonstruieren lässt, laden wir Sie ein, Ihre eigene Vor- Tägliche Routine Gedenktafeln stellung von Beethovens Zimmer zu inszenieren: Dabei ist vermeintlich Vitrine 3 Authentisches ebenso erlaubt wie ein Scherz, Ironie und pure Fiktion. Bildersturz post ’68 VITRINEN In den drei Vitrinen se- GEDENKTAFEL Öffentlicher Raum: hen Sie jeweils auf der linken Hälf- Die erste Gedenktafel am Theater te, wie sich das Beethoven-Bild über an der Wien brachte der Männer- Tagebücher die Zeit veränderte: Sah man um gesangsverein zu Beethovens 100. Unsterbliche Geliebte 1800 Beethoven noch als normalen Geburtstag 1927 an der Gebäude- Vitrine 2 Bewohner des Theaters unter vielen fassade an. Erst in den 1960er Jah- Heroisierung ab 1880 anderen, so setzte sich im letzten ren wurde sie durch die heute zu Fünftel des 19. Jahrhunderts die sehende ersetzt. Vorstellung von Beethovens Woh- TAGEBÜCHER Momentaufnahme: nung als eine Art Herrenzimmer Tagebücher liefern uns heute wich- Opernpläne durch. Spätestens zu seinem 200. tige Auskünfte über Politik und Vitrine 1 Geburtstag 1970 wurden die bür- Gesellschaft. So vermitteln uns Jo- Bewohner um 1800 gerlichen Vorstellungen vom Genie seph Carl Rosenbaum und Henry Beethoven hinterfragt. Die rechten Reeve nicht nur Eindrücke von der Hälften thematisieren drei elemen- Fidelio-Uraufführung, sondern auch Einführung tare Bereiche in Beethovens Leben: Beobachtungen zur politisch ange- Opern, Frauen, tägliche Routine. spannten Situation der Stadt.

| 9 LOOKING 4 LUDWIG Stationen-Konzert mit Musik von Ludwig van Beethoven Buch: Christoph Wagner-Trenkwitz & Ksenija Zadravec

Seit der Wiedereröffnung des Theater an der Wien als Opernhaus im Jahr 2006 ist nicht nur Ludwig van Beethovens einzige Oper Fidelio, sondern auch seine in den Musikalischen Akademien aufgeführte Musik reger Be- stand des Spielplans. Obwohl heute Orchesterkonzerte und die Auffüh- rungen großer Symphonien nicht primär auf Theater-Bühnen verortet wer- den, war dies Anfang des 19. Jahrhunderts gelebte Praxis. Es existierten schlicht noch keine Konzertsäle wie wir sie heute kennen.

Was Sie erwartet: Ein Theaterdirektor aus längst vergangener Zeit öffnet sein Haus und bringt anekdotenreich Licht in die Beziehung zwischen sei- nem Theater und seinem wohl prominentesten Composer in residence. Dabei führt der Weg nicht nur in den Zuschauerraum und auf die mit rotem Teppich ausgelegten Gänge, sondern auch hinter verschlossene Türen, in Nebenräume und tief in die Eingeweide des Theaters. Die aufgesuchten Örtlichkeiten koppeln relevante Ereignisse rund um vier bedeutende Musi- kalische Akademien, die auf der Bühne des Theaters an der Wien stattfan- den – und durch die unsere Bühne auch abseits des Fidelio mit Beethoven in Verbindung gebracht wird. Selbstverständlich ist es auch Beethovens Musik, die dieses Stationen-Konzert begleitet. Aus berufenem Munde erfahren Sie sowohl historische als auch gegenwärtige Details – und so manches Geheimnis – über Haus, Geschichte und nicht zuletzt den Jubilar.

Emanuel Schikaneder Georg Wacks Akkordeon Bojana Popovicki Klavier Christina Renghofer Studierende der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Artel Quartett Janay Tulenova, Zarina Imayakova Lilyia Nigamedzyanova, Melchior Saux Solo-Violine Maxim Tzekov Flöte Kathrin Waldner EXIT Gitarre Anna Lesjak Termine: 20. und 23. Februar 2020 | 19., 24. und 26. März 2020

| 11 12 | | 13 EGMONT

CHRISTIAN JOST EGMONT Seit seiner Umwidmung zum Opernhaus im Jahr 2006 vergibt das The- ater an der Wien regelmäßig Kompositionsaufträge. Das Beethoven-Jahr Oper in 15 Szenen (2020) 2020 ist nun erneut Anlass für einen solchen Auftrag. Der Bezug dieser Libretto von Christoph Klimke neuen Oper zu Beethoven ergibt sich aus der Wahl des Sujets: Es geht um Prinz Egmont von Gaure als Verfechter von Freiheit, Frieden und In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln Gerechtigkeit. Diese Themen lagen Beethoven sehr am Herzen: Seine einzige Oper Fidelio kreist um sie wie auch viele seiner weiteren Werke, Musikalische Leitung Michael Boder die entstanden, während Europa unter den Napoleonischen Kriegen litt. Inszenierung Keith Warner Beethoven verehrte Johann Wolfgang von Goethe zeitlebens, er vertonte Ausstattung Ashley Martin-Davis mehrere seiner Gedichte und schrieb für das Burgtheater 1810 die Licht Wolfgang Göbbel Schauspielmusik zu dessen Trauerspiel Egmont. Choreografie Ran Arthur Braun Egmont, Prinz von Gaure Edgaras Montvidas Religionsfreiheit und größere Selbständigkeit fordern die unterdrückten Clara Maria Bengtsson Niederländer von dem machhabenden spanischen Herrscherhaus, dem Margarete von Parma Angelika Kirchschlager Philipp II. vorsteht. Seine Halbschwester Margarete von Parma ist Spa- Macchiavell, ihr Sekretär Károly Szemerédy niens Statthalterin in den Niederlanden – sie versucht immer wieder Kom- Herzog Alba Bo Skovhus promisse zu finden und das Land zu beruhigen. In ihr hoffen die nieder- Ferdinand, Albas Sohn Theresa Kronthaler ländischen Adligen eine Verbündete für eine diplomatische Lösung zu haben. Vor allem Prinz Egmont von Gaure ist einer derjenigen, der mit ORF Radio-Symphonieorchester Wien ihrer Hilfe einen für die Niederlande und Spanien befriedigenden, ge- Arnold Schoenberg Chor (Ltg.: Erwin Ortner) rechten Frieden aushandeln will. Die Hoffnung darauf vergeht aber, als Philipp II. den als gnadenlos bekannten Herzog von Alba in die Nieder- Ein Auftragswerk des Theater an der Wien lande entsendet, er soll das Taktieren beenden und mit Waffengewalt Ruhe schaffen.

Der mehrfach ausgezeichnete Schriftsteller und Librettist Christoph Klimke zeichnet für das Libretto verantwortlich, das neben lyrischen Passagen auch von Beethoven inspirierte Momente enthält. Der Kompositionsauf- trag erging an den Komponisten und Dirigenten Christian Jost, der aus- gehend von Beethovens Orchesterbesetzung der Schauspielmusik seiner Uraufführung: 17. Februar 2020 eigenen Sicht auf Prinz Egmont musikalisch Raum gibt. Mit dieser Ur- Aufführungen: 19. | 21. | 24. und 26. Februar 2020 | 19.00 Uhr aufführung ensteht die erste Egmont-Oper überhaupt. Einführungsmatinee: Sonntag, 16. Februar 2020 | 11.00 Uhr EIN BRIEF / CHRISTUS AM ÖLBERGE MANFRED TROJAHN EIN BRIEF Mono-Oper (2020) Österreichische Erstaufführung In dem fiktiven Dokument Brief des Lord Chandos an Francis Bacon von Libretto nach Hugo von Hoffmannsthals Hugo von Hofmannsthal (1902) berichtet ein bis dato erfolgreicher Brief des Lord Chandos an Francis Bacon junger Dichter über den Verlust seiner sprachlichen und damit seiner dichterischen Fähigkeiten. Zweifel plagen ihn, auch bezüglich des Medi- Aufführung in deutscher Sprache ums Sprache generell. Hofmannsthal selber war nach der Jahrhundert- Musikalische Leitung Dirk Kaftan wende auf der Suche nach einer neuen Sprache, nach neuen Wegen, seine Kunst auszudrücken. Auf der Grundlage dieses Textes erarbeitet Bariton Holger Falk der renommierte deutsche Komponist Manfred Trojahn einen Prolog zu einer Aufführung von Beethovens Oratorium Christus am Ölberge. Hofmannsthals Text thematisiert die Künstler-Krise und damit auch LUDWIG VAN BEETHOVEN den Schaffenshintergrund, den Beethoven bei der Verfassung seines CHRISTUS AM ÖLBERGE Oratoriums hatte. Oratorium (1803) Von Beethovens persönlicher Krise berichtet sein Heiligenstädter Testa- Libretto von Franz Xaver Huber ment, geschrieben im Oktober 1802. Er beklagte hierin seine fortschrei- Aufführung in deutscher Sprache tende Taubheit, die er als Demütigung empfand und die ihn immer weiter von der Gesellschaft ausschloss. Er hegte sogar Suizidgedanken. Seine Musikalische Leitung Dirk Kaftan Stelle als Opernkomponist im Theater an der Wien trat er, obwohl er wenig Erfahrung mit Vokalwerken im Allgemeinen, geschweige denn mit Jesus Rainer Trost Opern hatte, im darauffolgenden Jahr an. Seine erste Oper sollte er auf Seraph Ilse Eerens Schikaneders Libretto Vestas Feuer schreiben. Da das Oratorium eine der Petrus Seokhoon Moon Oper verwandte Gattung ist, war der Christus möglicherweise eine Art Übungsterrain für ihn – jedenfalls gilt es als sicher, dass sein erst drittes Vokalwerk in recht kurzer Zeit Anfang des Jahres 1803 entstanden ist. Beethoven Orchester Bonn Die Uraufführung fand in einer musikalischen Akademie am 5. April d.J. Chor und Extrachor des Theater Bonn im Theater an der Wien statt. Es war eines von Beethovens ersten groß- en Werken nach seinem Heiligenstädter Testament. Hofmannsthals Text ermöglicht einen neuen Blick auf das Oratorium wie auch Beethovens biografische Situation zur Schaffenszeit.

Samstag, 29. Februar 2020, 19.30 Uhr

16 | GENIA TSCHO THEISSING GENIA ODER DAS LÄCHELN DER MASCHINE Oper in zwei Akten (2020) Die Person Ludwig van Beethoven steht im Fokus dieser Oper, die das Libretto von Kristine Tornquist zweite Auftragswerk für das Beethoven-Jahr 2020 darstellt. Neben den aufklärerischen Ideen von Freiheit und Gerechtigkeit interessierte sich In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln Beethoven auch sehr für Wissenschaft, Technik und Fortschritt. Kein Wunder, dass er sich sofort für das von den Gebrüdern Mälzel entwi- Musikalische Leitung George Jackson ckelte Metronom begeistern konnte. Inszenierung Kateryna Sokolova Bühne Erich Uiberlacker Beethoven wohnt der Probe einer seiner Symphonien bei – die Probe Kostüm Alexandra Burgstaller allerdings läuft nicht gut, denn Beethoven ist sehr unzufrieden: Die Licht Franz Tscheck Tempi entsprechen so gar nicht seinen Vorstellungen. Die Lösung des Beethoven Kristján Jóhannesson * Tempoproblems erscheint in Gestalt der Erfinder Johann und Leonhard Elise Jenna Siladie * Mälzel und ihrer neuesten Arbeit. Sie präsentieren Beethoven eine Johann Nepomuk Mälzel Ivan Zinoviev Tempo-Maschine, die unbeirrbar objektiv einen festen Schlag vorgeben Leonhard Mälzel Quentin Desgeorges kann und damit alle Streitigkeiten zwischen Orchester und Komponist Anton Schindler Johannes Bamberger * ein für alle Mal erledigen soll – sie nennen ihre Erfindung „Metronom“. Genia Ilona Revolskaya * Beethoven interessiert sich jedoch noch mehr für die begabte Assisten- tin der Mälzels, für Elise. Auch Elise scheint angetan von dem kauzigen Wiener KammerOrchester Komponisten. Die Mälzels planen eine lukrative Zusammenarbeit mit Beethoven und entwickeln dafür ein mechanisches Orchester mit 259 * Junges Ensemble Theater an der Wien Instrumenten, das Panharmonicon. Doch es gibt Streit. Lediglich die Ein Auftragswerk des Theater an der Wien in der Kammeroper verliebte Elise will für ihren bewunderten Ludwig ein besonderes Werk erfinden, das Technik und Kunst vereint. Sie ahnt nicht, dass sie sich Mit freundlicher Unterstützung der damit eine mächtige Konkurrenz erschafft und die Musikgeschichte nachhaltig beeinflussen wird…

Der Komponist Tscho Theissing und die Librettistin Kristine Torn- quist haben sich nicht nur mit dem historischen Beethoven, den Kli- schees und Anekdoten, beschäftigt, sondern auch mit seinen großen Uraufführung: 5. März 2020 Lebensthemen wie Kunst, Freiheit und Zukunft. Entstanden ist eine Aufführungen: 8. | 10. | 12. | 24. | 29. und 31. März 2020 | 19.00 Uhr fiktive und fantastische Geschichte aus Dichtung und Wahrheit in der 2. April 2020 | 19.00 Uhr zeitweise auch Beethovens Musik aufblitzt. Einführungsmatinee: Sonntag, 1. März 2020 | 11.00 Uhr Spielort: Kammeroper, Fleischmarkt 24, 1010 Wien LUDWIG VAN BEETHOVEN FIDELIO FIDELIO ODER DIE EHELICHE LIEBE Oper in zwei Akten (1806) Libretto von Joseph Sonnleithner und Stephan von Breuning In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln Erschreckend aktuell ist der Einstieg in Beethovens einzige Oper Fidelio: Florestan gilt seit zwei Jahren als vermisst. Seine Gattin Leonore be- Musikalische Leitung Manfred Honeck fürchtet, er sitzt unrechtmäßig im Gefängnis. Getarnt als Mann unter Inszenierung Christoph Waltz dem Decknamen Fidelio macht sie sich auf die Suche und findet Flores- Bühne Büro Barkow Leibinger tan schließlich in Roccos Kerker. Damit ist er aber noch nicht gerettet, Kostüm Judith Holste denn der korrupte Gouverneur Don Pizarro will Florestan noch vor der Licht Henry Braham Ankunft des Ministers töten. Leonore Nicole Chevalier Willkürherrschaft und deren Überwindung waren im Nachgang der Fran- Florestan Eric Cutler zösischen Revolution beliebte Bühnenstoffe. Auch Beethoven begeisterte Don Pizarro Gábor Bretz sich sofort für die Geschichte. Zu ihren Gunsten legte er das schon Rocco Christof Fischesser begonnene Schikaneder-Libretto Vestas Feuer nieder. Die erste Premiere Marzelline Anna Lucia Richter am 20. November 1805 im Theater an der Wien blieb erfolglos, denn Jaquino Benjamin Hulett Wien war gerade eine Woche zuvor von Französischen Truppen besetzt Don Fernando, Minister Károly Szemerédy worden. Der Legende nach verschenkte der Theaterdirektor Peter von Erster Gefangener Johannes Bamberger * Braun sogar Tickets auf der Straße, damit überhaupt jemand im Zu- Zweiter Gefangener Dumitru Mădăraşăn * schauerraum saß. Der Großteil der Anwesenden waren französische Militärs und diese konnten sich für ein deutschsprachiges Stück nicht Wiener Symphoniker begeistern, eines mit Befreiungsthematik schon gar nicht. Für eine Arnold Schoenberg Chor (Ltg.: Erwin Ortner) Wiederaufnahme ließ Beethoven das Buch von seinem Freund Stephan * Junges Ensemble Theater an der Wien von Breuning überarbeiten – er straffte das Stück und aus drei Akten wurden zwei. Beethoven besorgte die musikalische Umarbeitung und Neuproduktion des Theater an der Wien schrieb eine neue Ouvertüre – die berühmte Leonore III. Die Premiere Unterstützt von der zweiten Fassung auf der Bühne des Theaters am 29. März 1806 war einigermaßen erfolgreicher, wurde aber wegen Zwistigkeiten zwischen Beethoven und der Hausleitung nur zweimal gespielt. Erst in der dritten Fassung von 1814 war der Fidelio ein Erfolg.

Zu Beethovens 250. Geburtstag inszeniert der zweifache Oscar-Gewinner Christoph Waltz die zweite Fassung aus dem Jahr 1806. Premiere: 16. März 2020 Aufführungen: 18. | 20. | 23. | 25. und 27. März 2020 | 19.00 Uhr Einführungsmatinee: Sonntag, 15. März 2020 | 11.00 Uhr EGMONT / EROICA

In Graf Egmont, dem Protagonisten des gleichnamigen Goetheschen Ludwig van Beethoven Dramas, fand Beethoven seinen Idealtypus des Freiheitskämpfers. Vor allem die Ouvertüre zu der 1810 am Burgtheater aufgeführten Schau- EGMONT spielmusik avancierte zu einem seiner berühmtesten Stücke überhaupt. Schauspielmusik (1810) Wer sie hört – beginnend mit den schweren Streicher-Akkorden – spürt, zu Johann Wolfgang von Goethes Trauerspiel Egmont welche Last die Unterdrückten zu tragen haben, aber auch welcher Sopran Marlis Petersen Kampfesmut sich regt. In dieser Ouvertüre komprimiert Beethoven auf Sprecher NN unvermittelt emotionale Art die gesamte Handlung des Trauerspiels in nur acht Minuten. Überlieferungen zufolge entstand sie am Ende des Kompositionsprozesses und es heißt, sie antizipiere die Ereignisse EROICA des folgenden Dramas. Da aber im weiteren Verlauf der musikalische Symphonie Nr. 3 Es-Dur (1804/05) Bezug zu den Figuren fehlt, bleibt es spekulativ, welcher Charakter mit I. Allegro con brio welchem musikalischen Motiv ausgedeutet wird. II. Marcia funebre – Adagio assai

III. Scherzo – Allegro vivace – Trio Untrennbar mit dem Topos der Freiheit ist Beethovens dritte Symphonie IV. Finale – Allegro molto – Poco andante – Presto Eroica verbunden. Zahlreiche Anekdoten ranken sich um ihre Entste- hung und die politischen Einflüsse, die Beethoven zu einer seiner be- kanntesten Symphonie haben inspirieren können. Ihre Entstehungszeit Musikalische Leitung Ivor Bolton liegt hauptsächlich im Jahr 1803 – Krisenzeiten für Europa, Krisenzeiten Wiener Symphoniker für den langsam ertaubenden Komponisten. Anfang 1803 begann Beet- hoven sein Engagement als Composer in residence am Theater an der Wien. Es entwickelte sich schnell eine Freundschaft zwischen ihm und dem Ausnahmegeiger und Konzertmeister des Orchesters Franz Cle- ment. Beide Künstler veranstalteten regelmäßig Musikalische Akademien – Konzerte, die in der Fastenzeit gespielt und von dem veranstaltenden Künstler selbst programmiert wurden. Auch die Einnahmen kamen dem Veranstalter zugute. Beethovens dritte Symphonie wurde am 7. April 1805 in einer Musikalischen Akademie von Franz Clement zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert.

Samstag, 9. Mai 2020, 19.30 Uhr IMPRESSUM

TEXTNACHWEISE Den Text BEETHOVEN | AN der Wien | DENKEN vefasste Melanie Unseld für diese Publikation.

BILDNACHWEISE Umschlag © beyond | Leopold Kogler | Nadine Dellitsch S. 2 Theaterzettel der beiden k.k. Hoftheater und des k.k. priv. Theaters an der Wien und ihrer Nachfolgerinstitutionen Signatur: 147.449-D.1806, Fidelio-Theaterzettel vom 29. März 1806 © Österreichische Nationalbibliothek S. 6 B: Christian Jost © Joe Qiao | Quentin Desgeorges © Jérôme Pourrat Theresa Kronthaler © Tom Wagner | Edgaras Montvidas © Monika Penkute Dumitru Mădăraşăn © Peter M. Mayr | Michael Boder © Alexander Vasiljev E: Maria Bengtsson © Monika Rittershaus | Ilse Eerens © Sarah Wijzenbeek | Manfred Trojahn © Dietlind Konold E: Károly Szemerédy © unbezeichnet | Kristján Jóhannesson © Peter M. Mayr | Ilona Revolskaya © Peter M. Mayr T: George Jackson © unbezeichnet | Kateryna Sokolova © Amélie Chapalain Tscho Theissing © Christoph A. Hellhake H: Christoph Waltz © Karl Schöndorfer | Gábor Bretz © László Emmer | Johannes Bamberger © Peter M. Mayr Rainer Trost © Arnt Haug | Christof Fischesser © Jens Fischesser | Jenna Siladie © Peter M. Mayr O: Keith Warner © Monika Forster | Georg Wacks © Herwig Prammer | Angelika Kirchschlager © Nikolaus Karlinsky Manfred Honeck © Felix Broede | Eric Cutler © Dario Acosta | Bo Skovhus © Roland Unger V: Benjamin Hulett © Clive Barda | Marlis Petersen © unbezeichnet Holger Falk © Wonge Bergmann | Seokhoon Moon © unbezeichnet E: Nicole Chevalier © Gunnar Geller | Christoph Klimke © Jörg Landsberg | Kristine Tornquist © Armin Bardel N: Ivor Bolton © Ben Wright Photography | Ivan Zinoviev © Maria Zhadanova Anna Lucia Richter © KaupoKikkas | Dirk Kaftan © Irene Zandel S. 8 Ausstellungsplan © Nadine Dellitsch S. 10 Orchestergraben © Peter M. Mayr | Pausenraum © Armin Bardel | Backstage © Herwig Prammer S. 12/13 Theater an der Wien © Werner Kmetitsch

Theater an der Wien – Intendant Prof. DI Roland Geyer Medieninhaber und Herausgeber: Vereinigte Bühnen Wien Ges.m.b.H. – Geschäftsführer Prof. Dr. Franz Patay Theater an der Wien, Linke Wienzeile 6, 1060 Wien Tel. (+43/1) 588 30-1010 | Fax DW 99 2000 | [email protected] | www.theater-wien.at Für den Inhalt verantwortlich: Intendant Prof. DI Roland Geyer Redaktion: Karin Bohnert, Ksenija Zadravec Grafik: Nadine Dellitsch Herstellung: Gerin Druck GmbH, Wolkersdorf Änderungen vorbehalten | DVR 0518751

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