Beethoven-Fest „Wir Irren Allesamt, Nur Jeder Irret Anders.“
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BEETHOVEN-FEST „WIR IRREN ALLESAMT, NUR JEDER IRRET ANDERS.“ BEETHOVEN | AN der Wien | DENKEN Ausstellung Zum 250. Geburtstag ein Beethoven-Fest in dem weltweit einzigen Theater 15. Februar 2020 bis 9. Mai 2020 zu planen, in dem der Jubilar je engagiert war, ist ein faszinierendes wie fast Theatermuseum (im Souterrain) des Theater an der Wien unmögliches Unterfangen. Es bietet a priori viel Irrtumspotential. EGMONT (UA) Oper in 15 Szenen (2020) Die Geschichte zwischen Ludwig van Beethoven und dem Theater an der Musik von Christian Jost | Libretto von Christoph Klimke Wien ist bekannt, er lebte und arbeitete hier rund zwei Jahre als Composer Uraufführung: 17. Februar 2020 im Theater an der Wien in residence. Aber auch über diese Zeit hinaus blieb die Verbindung zu- nächst eine enge. Mit dem Schritt an ein Theater wollte Beethoven die LOOKING 4 LUDWIG Wandlung vom komponierenden Pianisten zum „richtigen“ Komponisten Stationen-Konzert mit Musik von Ludwig van Beethoven schaffen. Maßgeblich daran beteiligt war der Erbauer des Theaters an der 20. & 23. Februar sowie 19., 24. & 26. März 2020 im Theater an der Wien Wien: Emanuel Schikaneder – Theatermensch durch und durch. Seine Lei- EIN BRIEF / CHRISTUS AM ÖLBERGE denschaft waren kostspielige Bühnenshows, was sich auf Dauer als sein Konzert größtes (finanzielles) Handicap erwies. Obwohl Beethoven bis dahin noch Musik von Manfred Trojahn & Ludwig van Beethoven keine größere Vokalkomposition vorgelegt hatte, engagierte ihn Schikane- 29. Februar 2020 im Theater an der Wien der. Aber ausgerechnet Schikaneders Libretto Vestas Feuer inspirierte Beet- hoven einfach nicht und so legte er dieses zugunsten des Leonore-Stoffes GENIA (UA) bald zurück. Schikaneder irrte also, als er dachte, auf die Schnelle eine Oper in zwei Teilen (2020) Beethoven-Oper präsentieren zu können. Und falls Beethoven je dachte, Musik von Tscho Theissing | Libretto von Kristine Tornquist mit seiner ersten Fassung des Fidelio Erfolg haben zu können, irrte auch er. Uraufführung: 5. März 2020 in der Kammeroper FIDELIO Zweifelsfrei muss ein Beethoven-Fest im Theater an der Wien auch eine Oper in zwei Akten (1806) Neuproduktion der einzigen Beethoven-Oper enthalten. Mit Manfred Musik von Ludwig van Beethoven Honeck am Pult der Wiener Symphoniker und Christoph Waltz als Regis- Libretto von Joseph Sonnleithner & Stephan von Breuning seur wollen wir Ihnen einen außergewöhnlichen Fidelio in der Fassung von Premiere: 16. März 2020 im Theater an der Wien 1806 bieten. Da Beethoven nur eine Oper geschrieben hat, wird er in der Regel nicht als Opernkomponist assoziiert. Aber er war Zeit seines Lebens EGMONT / EROICA auf der Suche nach dem perfekten Opernstoff und prüfte zahlreiche Libretti Konzert (unter anderem Macbeth und Ulysses Wiederkehr) auf deren Bühnentaug- Musik von Ludwig van Beethoven lichkeit. Obwohl sich unser Kernrepertoire vorwiegend aus bekannten und 9. Mai 2020 im Theater an der Wien unbekannteren Werken der letzten 4 Jahrhunderte zusammensetzt, trete ich – seit ich das Theater an der Wien 2006 als Intendant übernehmen durf- te – vehement für neue und zeitgenössische Werke ein, selbstverständlich auch im Beethoven-Jahr 2020. Damals wie heute ist die Wahl des richtigen Hauptsponsor Stoffes wichtig. Nach langen Überlegungen beauftragte ich den Schriftstel- ler Christoph Klimke und den Komponisten Christian Jost, auf Beethovens Egmont als Grundlage, mit einer neuen Oper für das Theater an der Wien. | 3 Auf den ersten Blick ist das vielleicht nicht der naheliegendste Stoff, aber Auf ganz besondere Art öffnen sich unsere Pforten – nämlich ausnahms- aus unserer Sicht genau der richtige: In Egmont geht es um nichts Gerin- weise diejenigen des Papageno-Tores – für Sie bei unserem Stationen-Kon- geres, als um die Idee einer freien, selbstbestimmten Gesellschaft. Freiheit zert Looking 4 Ludwig. Aus „berufenstem Munde“ (das kann nur Emanuel ist ein zentrales Thema in Beethovens Werken, und das Gut der Freiheit Schikaneder sein) erfahren Sie abseits des roten Teppichs, vor, hinter und kann auch heute nicht überschätzt werden. Mit Genia entsteht eine zweite, unter der Bühne Fakten über Haus und Historie sowie über unseren Jubilar. vom Theater an der Wien in Auftrag gegebene Komposition für die Kam- Christoph Wagner-Trenkwitz und Ksenija Zadravec haben ein witziges wie meroper. Im Gegensatz zur großen Bühne, wo es um „die Idee“ geht, steht informatives Buch dazu geschrieben. Musikalisch mitgestaltet wird dieses hier „die Person“ Beethoven im Mittelpunkt. Das Libretto von Kristine Torn- Stationen-Konzert von Studierenden der Universität für Musik und darstel- quist evoziert sowohl Beethovens technische Innovationslust, zeigt aber lende Kunst Wien. auch humoristisch zahlreiche Facetten seiner Persönlichkeit. Musikalisch wird Beethoven in Form von Versatzstücken in Tscho Theissings Partitur Rund 100 Jahre vor Beethovens Tod schrieb der Schweizer Universalgelehr- präsent sein und damit nicht nur sicht-, sondern auch hörbar. te Albrecht von Haller folgendes Gedicht: Zwei spezielle Konzerte erweitern unser Beethoven-Fest: Ein Brief / Christus „Unseliges Geschlecht, das nichts aus Gründen tut! am Ölberge und Egmont / Eroica. Möglicherweise stellen Sie sich die Frage, Dein Wissen ist Betrug und Tand dein höchstes Gut. warum ausgerechnet diese Werke? Warum nicht die 5.? Warum nicht die 6.? Du fehlst, sobald du glaubst, und fällst, sobald du wanderst, Warum nicht das Violinkonzert? Wenn auch nicht so betitelt, konnten Sie Wir irren allesamt, nur jeder irret anderst.“ in der letzten Dekade einer permanenten Beethoven-Verehrung beiwohnen, denn in jeder Spielzeit wurde auf die Bedeutung Beethovens musikalisch Beethoven schrieb über diesen letzten Vers eine kleine, aus nur 13 Noten hingewiesen. Diese beiden Festkonzerte replizieren allerdings auf beson- bestehende Komposition. Es steckt viel Wahrheit in diesem radikalen Irr- dere Weise das Theater an der Wien als Erinnerungsort seines Wirkens: tumspostulat und eine tiefe Einsicht über das Menschsein. Neben seiner Christus am Ölberge kann eindeutig als Vorgänger der Fidelio-Fassungen ge- faszinierenden Musik sind es seine Werte, Ideale und Erkenntnisse, die sehen werden – es war zugleich seine erste größere Vokalkomposition. Und Beethoven in unsere Zeit holen. Ob früher „Titan“ oder heute „Superstar“ mit der Eroica bringen wir auch eine der berühmtesten Beethoven-Sym- – in Wahrheit ist beides das gleiche, nur die Rhetorik hat sich über die phonien auf unsere Bühne, die hier 1805 in einer Akademie von Franz Cle- Jahre geändert. „Wir irren allesamt, nur jeder irret anders“ war Beethovens ment erstmals der zahlenden Öffentlichkeit präsentiert wurde. Für viele letzte vollendete Komposition. gilt das Theater an der Wien als weltberühmte Mozartbühne. Welch großer Irrtum! Für mich war immer klar, dass es zuerst ein Beethoven-Haus ist. Glückliches Theater an der Wien, dass Emanuel Schikander eben nicht irrte, als er Beethoven an sein neu eröffnetes Theater engagierte. Feste feiern heißt auch immer zusammenarbeiten: So freut es mich, dass in Kooperation mit der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Herzlich, Ihr konkret mit dem von Frau Prof. Melanie Unseld geleiteten Forschungs- projekt Erinnerungsort Beethoven: Theater an der Wien folgende Ausstellung in unserem Pausenraum zu sehen sein wird: Intendant Roland Geyer 4 | | 5 BEETHOVEN | AN der Wien | DENKEN Kooperationsprojekt der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien mit dem Theater an der Wien. Konzept: Melanie Unseld & Julia Ackermann Das Publikum verbindet mit dem Theater an der Wien seit je Emanuel Schikaneder und Die Zauberflöte. Weniger im Gedächtnis geblieben ist dagegen, dass der umtriebige Schikaneder auch Ludwig van Beethoven ans Haus geholt hatte. Dieser brachte hier in der Folge nicht nur seinen Fidelio, sondern auch zahlreiche Symphonien und Konzerte zur Urauffüh- rung. Dass Beethoven am Theater gar gewohnt und gearbeitet hat, ist vielen nicht mehr bewusst. Warum ist das so? Wie entstehen diese starken Konturen eines Erinnerungs- ortes? Seit wann ist das Theater an der Wien überhaupt als Beethoven- Stätte ins kulturelle Gedächtnis eingegangen? Diesen Fragen stellt sich die Ausstellung BEETHOVEN | AN der Wien | DENKEN: Wie wurde das Theater an der Wien zum Erinnerungsort, und in welcher Form wurde der Komponist des Fidelio hier erinnert? Offenbar stand die Vorstellung von Beethoven als „Theatermensch“ quer zu den gän- gigen Bildern des einsamen „Genies“. Doch hier am Theater war Beethoven Künstler unter Künstlern: einer von vielen Akteur*innen in einem weitver- zweigten Netzwerk von Theaterschaffenden. Die Ausstellung nimmt die Zeit um Beethovens Wirken am Theater an der Wien in den Blick: Mit wem lebte und arbeitete Beethoven im Theater zu- sammen? Wie verlief der Theateralltag zu jener Zeit – auch angesichts der französischen Besatzung Wiens? Welche Musik und theatralen Formen wurden auf der Bühne präsentiert und umgaben Beethoven bei seiner Ar- beit? Zum anderen reflektiert die Ausstellung, wie bestimmte Narrative rund um Beethoven und das Theater an der Wien im Laufe der Geschichte entstanden sind: Wie wird Erinnerungskultur anhand von klingender Musik und steinernen Gedenktafeln konkret greifbar? Ein Netzwerk-Suchbild, ein Publikums-Chat und unkonventionelle Einrichtungsideen zu Beethovens Theaterwohnung laden die Besucher*innen ein, den Komponisten aus ei- ner ganz anderen Perspektive zu betrachten und dabei ihr eigenes Beet- hoven-Bild zu hinterfragen. Das Begleitbuch zur Ausstellung unter dem Titel