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Berichte und Kommentare 545 jen’s article on Rotinese birds, access to which I did not ser verstehen, mehr vertrauen und besser zusam- have when I began writing this article. menleben” (Herlitz und Herlitz 2006: 8) sind nahe dem Brandenburger Tor Bärenskulpturen mit erho- benen Händen ausgestellt worden, die jeweils ein References Cited konkretes Land repräsentieren (Abb. 1). Die Bären wurden durchgehend von Künstlern aus dem je- Coates, Brian J., and K. David Bishop weils dargestellten Land gestaltet. Deren Aufgabe 1997 A Guide to the Birds of Wallacea. Sulawesi, the Moluc- cas, and Lesser Sunda Islands, Indonesia. Alderley: war es, einen normierten “Bärenrohling” durch Be- Dove Publications. malen – und bisweilen auch durch Applikation von Gegenständen – zu einem Botschafter des eigenen Forth, Gregory 2007 Pigeon and Friarbird Revisited. A Further Analysis of Landes zu machen. Die illustre Runde ist zudem an Eastern Indonesian Mythico-Ornithological Contrast. durch Bären ergänzt worden, die zu einer friedli- Anthropos 102: 495–513. chen Koexistenz aller (Welt-)Religionen bzw. al- Hicks, David ler Menschen auffordern. Ein weiterer Bär erinnert 1997 Friarbird on Timor. Two Mambai Myths of Avian Ri- auch daran, dass man nicht nur mit Menschen, son- valry. Anthropos 92: 198–200. dern mit allem Leben respekt- und verantwortungs- Hull, Geoffrey voll umgehen sollte. 2001 Standard Tetum-English Dictionary (Revised and Ex- Das Projekt der “United Buddy Bears” hat je- panded). Crows Nest: Allen and Unwin in association doch nicht nur einen rein symbolischen Charakter, with the University of Sydney. [2nd ed.] denn regelmäßig werden einige Bären versteigert Jonker,J.C.G. und der Erlös an UNICEF und viele kleine lokale 1908 Rottineesch-Hollandsch woordenboek. Leiden: E. J. Brill Kinderhilfsorganisationen weitergegeben. Die ver- 1913 Bijdrage tot de kennis der Rottineesche Tongvallen. Bij- kauften Exemplare werden laufend ersetzt und ge- dragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde 68: 521–622. meinsam mit den anderen Bären um die Welt ge- Kleiweg de Zwaan, J. P. schickt. Die Ausstellung der “United Buddy Bears” 1916 Dierenverhalen en dieren-bijgeloof bij de inlanders van war bereits in anderen Ländern Europas, in Asien, den Indischen Archipel. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Australien und Afrika zu sehen. Erwähnenswert ist Volkenkunde 71: 447–471. auch der Umstand, dass die Bären immer in alpha- Morris, Cliff betischer Ordnung der jeweiligen Gastlandsprache 1984 Tetun-English Dictionary. Canberra: The Australian Na- aufgestellt werden und sich daraus oftmals neue tional University. (Pacific Linguistics, C, 83) und, unter einem politischen Aspekt betrachtet, Peterson, Roger Tory, Guy Mountfort, and Philip Arthur sehr interessante Nachbarschaften ergeben (Herlitz Dominic Hollom 1993 Birds of Britain and Europe. London: HarperCollins. und Herlitz 2006: 9). [5th rev. and enlarged ed.] Bereits bei einer flüchtigen Betrachtung der Ex- Verheijen, Jilis A. J. ponate fällt auf, dass einige Künstler bei der Ge- 1976 Some Data on the Avifauna of the Island of Roti, Lesser staltung der Bären sehr viel mit landesüblichen Kli- Sunda Islands, Indonesia. Zoologische Mededelingen schees gearbeitet haben, die einen hohen Wieder- 50/1: 1–21. erkennungswert versprechen. Dies ist z. B. beim Irland-Bären der Fall, der dem Betrachter als grün- gefärbter, mit Kleeblättern (shamrock) und dem für Irland typischen keltischen Hochkreuz verzier- ter Leprechaun1 entgegentritt. Die Benutzung solch allgemein bekannter Symbole erleichtert zwar sehr die Zuordnung eines Bären zu einem konkreten Anmerkungen zu einer tätowierten Land, doch geht dies ein wenig auf Kosten des Rei- Bärenskulptur als Ausdruck zes, der eine intensivere Auseinandersetzung mit eines bikulturellen Neuseelands dem Objekt als lohnend erscheinen lässt. Im Ge- gensatz zu solch “Stereotypen-Bären”, die gera- Georg Schifko dezu einem Fremdenverkehrsbüro entsprungen zu sein scheinen, gibt es vereinzelt auch Exemplare, die aus ethnologischer Perspektive viel interessan- Im Jahre 2002 wurde in Berlin das völkerverbin- ter sind. So macht z. B. der mit einem Feder- dende Projekt der “United Buddy Bears” aus der kopfschmuck ausgerüstete Vertreter Brasiliens als Taufe gehoben. Unter dem Motto “Wir müssen uns “Indianer-Bär” ganz explizit auf den Schutz der besser kennenlernen . dann können wir uns bes- Rechte der indigenen Völker aufmerksam. Ebenso Anthropos 103.2008 https://doi.org/10.5771/0257-9774-2008-2-545 Generiert durch IP '170.106.202.58', am 29.09.2021, 05:56:37. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. 546 Berichte und Kommentare Abb. 1: Die “United Buddy Bears” in Berlin (aus Herlitz und Herlitz 2006: 18). wird dem am Regionalgebiet Ozeanien interessier- flugunfähigen Vögel haben im Verhältnis zu ihrer ten Ethnologen insbesondere der vom neuseelän- Körpergröße die größten Eier im Vogelreich (Wolfe dischen Künstler Peter Hoffmann gestaltete Bär – 1991: 7; Taborsky 1995: 107). nicht nur wegen seiner geradezu als Blickfänger Die Abbildungen auf den erhobenen Armen fungierenden Gesichtstätowierung – auffallen. Im weisen auf ein bikulturelles Neuseeland hin. Auf Folgenden soll auf die Ikonographie dieses Bären dem linken Arm sieht man Neuseeland, wie es – und der mit ihr einhergehenden Botschaft einge- von geringfügigen Abweichungen einmal abgese- gangen werden. hen – bereits vom Seefahrer James Cook karto- An den Füßen erkennt man zwei Brückenech- graphiert wurde (MacLean 1973: 81), und daneben sen (Abb. 2) die sich als sog. “lebende Fossi- steht “New Zealand”, der englische Name der Dop- lien”, seit 200 Mio. Jahren kaum verändert ha- pelinsel, der auf die holländische Provinz Zeeland ben. Die Brückenechsen2 sind die letzten überle- zurückgeht. Am rechten Arm liest man “Aotearoa”, benden Vertreter einer sonst nur aus dem Mesozoi- den Maori-Namen für Neuseeland, dessen Überset- kum (Erdmittelalter) bekannten Tiergruppe (Theni- zung “lange weiße Wolke” (Reed 1972: 14) bedeu- us 2000: 154). Die archaischen Reptilien erinnern tet. Ebenso ist er mit einem geschnitzten tiki3 aus- daran, dass Neuseeland geologisch betrachtet kei- geschmückt worden. Den eindringlichsten Hinweis neswegs ein junges Land ist, sondern einen vor 80 auf die Maori-Kultur bildet jedoch die Tätowierung Mio. Jahren abgespalteten Teil des (Ur-)Kontinen- (moko)4, mit der das Gesicht des Bären verziert ten Gondwana darstellt. Die Beine und der Rumpf wurde. Diesem auffälligen Kulturmerkmal wurde sind ausschließlich mit auf Neuseeland endemisch sogar attestiert, dass es das “most characteristic lebenden Vogelarten ausgeschmückt worden, de- race-emblem of old Maoridom” (Cowan 1921: 245) ren Bestände heutzutage zum Teil sehr gefährdet sei. Während der Künstler Peter Hoffmann für die sind. Den am linken Oberschenkel abgebildeten Darstellung des tiki und einer Schnitzerei am Hin- Takahe hielt man sogar für bereits ausgestorben, bis man ihn 1948 auf der Südinsel wiederentdeckt 3Eintiki ist eine menschenähnliche Figur, die einen Vorfah- hat (Smith 1952: 396f.). Am Bauch befinden sich ren, einen Gott oder ein anderes spirituelles Wesen darstellt zwei Kiwi-Exemplare, der Nationalvogel Neusee- (Barrow 1984: 32). lands, der auch als Namenspatron für die oftmals 4 In Neuseeland entwickelte sich die Tätowierkunst (ta mo- “Kiwi” genannten Neuseeländer fungiert. Das Ei ko) zu einer Hochblüte. Dort kam auch eine Methode zur Anwendung, die nirgendwo sonst praktiziert wurde. Anstatt im Hintergrund steht mit den Kiwis in unmittelba- die Tätowierfarbe mit einem kammähnlichen Instrument in rem Zusammenhang, denn diese nachtaktiven und die Haut zu stechen, schnitt man nämlich in Neuseeland die Haut mit einem dechselartigen Gerät (uhi) auf und trug die Farbe in die Wunden ein. Während Maori-Frauen sich zu- 1 Bei einem Leprechaun handelt es sich um einen Kobold aus meist nur Teile des Gesichts wie Kinn und Lippen tätowieren der irischen Mythologie. ließen, war das Antlitz der Männer oftmals zur Gänze mit Li- 2 Bisher sind zwei Brückenechsen-Arten bekannt (Daugherty nien, Spiralen und einem besonderen als koru bezeichneten et al. 1990: 177; Schifko 2004: 40). Motiv durchzogen (Schifko 2007: 561). Anthropos 103.2008 https://doi.org/10.5771/0257-9774-2008-2-545 Generiert durch IP '170.106.202.58', am 29.09.2021, 05:56:37. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. Berichte und Kommentare 547 Abb. 2: Die Vorderseite des neuseeländischen “Buddy Bear” Abb. 3: Die Rückseite des neuseeländischen “Buddy Bear” (aus (aus Herlitz und Herlitz 2006: 185). Herlitz und Herlitz 2006: 184). terkopf des Bären auf Abbildungen von realen Ar- nizität nicht ansieht, hinter zwei gekreuzten Fah- tefakten als Vorlage zurückgegriffen hat, war dies nen versammelt. Eine der Flaggen ist die offizi- bei der Tätowierung erfreulicherweise nicht der elle Fahne Neuseelands, die den Union Jack und Fall, denn dies hätte eine sehr große Taktlosig- das Sternbild vom Kreuz des Südens in sich ver- keit dargestellt. Bei den Maori ist nämlich die Ge- einigt. Diese Flagge erinnert eindringlich an die sichtstätowierung untrennbar mit der Identität jener Vergangenheit Neuseelands als Bestandteil des bri- Person verbunden, die sie trägt. Daher konnten die tischen Weltreichs. Die andere Flagge wurde vom Indigenen Neuseelands auf Verträgen Nachbildun- österreichischen Künstler Friedensreich Hundert- gen ihrer Gesichtstätowierung als bindende Unter- wasser (= Friedrich Stowasser) entworfen und ent- schrift verwenden (Schifko 2005: 182). Die Täto- hält