Musikgeschichte in Mittel- Und Osteuropa
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Musikgeschichte in Mittel- und Osteuropa Musikgeschichte in Mittel- und Osteuropa Mitteilungen der internationalen Arbeitsgemeinschaft an der Universität Leipzig Heft 16 in Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der internationalen Arbeitsgemeinschaft für die Musikgeschichte in Mittel- und Osteuropa an der Universität Leipzig herausgegeben von Helmut Loos und Eberhard Möller † Redaktion: Klaus-Peter Koch Gudrun Schröder Verlag Leipzig 2015 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Für die erteilten Abbildungsgenehmigungen wird ausdrücklich gedankt. Autoren und Verlag haben sich bemüht, sämtliche Rechteinhaber der Bilder ausfindig zu machen. Sollte dies an einer Stelle nicht gelungen sein, bitten die Herausgeber um Mitteilung. Berechtigte Ansprüche werden selbstverständlich im Rahmen der üblichen Vereinbarungen abgegolten. © 2015 Gudrun Schröder Verlag, Leipzig Kooperation: Rhytmos, ul. Grochmalickiego 35/1, 61-606 Poznań, Polen Satz: Linus Hartmann Printed in Poland. ISBN 978-3-926196-72-9 Inhalt Vorwort . vi Ol’ga Bentsch Einige Beiträge zur Geschichte der ukrainischen Musikfolklore . 1 Julian Heigel Überlegungen zur musikhistorischen Aufarbeitung der DDR-Ära am Beispiel des Deutschen Verlags für Musik ............... 8 Jakym Horak und Severyn Tykhyy Die Musikbibliothek von Volodymyr Sadovs’kyj . 18 Ulyana Hrab Myroslav Antonovyč und seine wissenschaftliche Biografie . 87 Maria Kachmar Musical Structure of Byzantine Monodic Church Chants: from Sign to Principle . 96 Klaus-Peter Koch Die böhmischen Mozart-Enthusiasten in Franz Xaver Niemetscheks Mozart-Biografie von 1798 . 107 Helmut Loos „. dass in unserm Breslau wahrlich nicht die Armut an ernst stre- benden Musikmenschen herrscht“. Berichte über das Breslauer Musikleben in der Leipziger Musikzeit- schrift Signale für die musikalische Welt . 121 Tatsiana Mdivani Die Suche nach dem Modell einer neuen Ganzheit. Musik von Karlheinz Stockhausen . 133 vi Ivana Medić The Challenges of Transition: Arvo Pärt’s ‘Transitional’ Symphony No. 3 between Polystylism and Tintinnabuli . 140 Ol’ga Osadcia Musikalische Judaica unter den Materialien der L’vìver Nationalen wissenschaftlichen Bibliothek der Ukraine „Vasil Stefanik“ . 154 Rezensionen Marijana Kokanović Marković Marijana Kokanović Marković, The Social Role of the Salon Music in the Life and the Value System of the Serbian Citizens in the 19th Century, Belgrad: Institute of Musicology SASA 2014 . 165 Anna Nowak Anna Nowak, Mazurek fortepianowej w muzyce polskiej XX wieku [Piano Mazurka in 20th-century Polish Music], Kraków: Musica Ia- gellonica / Bydgoszcz: Wydawnictwo Uczelniane Akademii Muzycz- nej im. F. Nowowiejskiego 2013 . 168 Stephan Wünsche L’viv’s National Music Academy Presents a Collection of Articles on Instrumental Chamber Music and Ensemble . 174 Vorwort Die neu wieder aufgebrochenen Spannungen und Konflikte in Europa geben unseren Bemühungen um eine Verständigung über die musikgeschichtlichen Grundlagen unseres Kontinents eine besondere Aktualität. Kurzfristig sind sicher keine Ergebnisse zu zeitigen, aber langfristig ist eine Einwirkung auf das historische Bewusstsein möglich, wenn gut fundierte und wissen- schaftlich belegte Fakten vorgelegt werden, die ein realistisches Geschichts- bild überzeugend präsentieren. Angesichts der Geschichte der Musikwis- senschaft ist dies nicht ganz einfach, müssen wir doch auf diesem Wege die ideologischen Fehleinschätzungen und Verblendungen, die in Ost und West unser Fach geprägt haben, als solche erkennen und klar benennen. Dies ist insofern brisant, als anerkannte Größen des Faches kritisch hinterfragt und in ihrer Grundausrichtung korrigiert werden müssen. Oft ist es mir begegnet, dass diese Aufgabe als Denunziation und Demontage anerkann- ter nationaler Persönlichkeiten verstanden wird. In Deutschland betrifft dies beispielsweise Hans Heinrich Eggebrecht, dessen nationalsozialistische Überzeugung und entsprechendes Engagement bis 1945 erst nach seinem Tode entdeckt und öffentlich bekannt gemacht worden sind. So groß der Schock und so kontrovers anfänglich die Stellungnahmen auch waren, so setzt sich doch in der deutschen Musikwissenschaft die Einsicht durch, dass es sich hier um eine notwendige Aufarbeitung der Fachgeschichte handelt, die über Beweggründe und Ausrichtung musikwissenschaftlicher Forschung einen unentbehrlichen Aufschluss gibt. Eine wissenschaftliche Quellenkritik gerade auch der Sekundärliteratur bedingt die Kenntnis der Grundeinstel- lung und der Absichten des jeweiligen Autors. So schmerzlich es auch sein mag, hier sind Anbiederungen hochdekorierter Musikwissenschaftler an die Mächtigen, die Führer der Nationen sowie an dominante Zeitströmungen in hohem Maße zu verzeichnen. Dies gilt übrigens auch für weltberühmte Künstler wie Richard Strauss . Mehrfach schon habe ich auf den geistigen ‚Weltkrieg nationaler Mu- sikkulturen‘ in Europa hingewiesen, der in diesem Zusammenhange aus- getragen worden ist. Ja, es hat ihn gegeben, zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Zusammenhängen, vor allem im 20. Jahrhundert. Aber er prägt keinesfalls die Gesamtheit europäischer Musikgeschichte. Die Hero- en unseres Faches waren wie die Künstler zeitbedingten Prägungen unter- worfen, wie wir heute selbstverständlich auch. Diese Bedingungen müssen viii Vorwort wir uns bewusst machen, um von unserem Standpunkt aus die Situation realistisch einschätzen und Musikgeschichte möglichst wertfrei beschreiben zu können. Bereits Immanuel Kant hat diese Bedingung umschrieben und ebenso die Kenntnis der Gegenpositionen gefordert. Er schreibt, dass es einen „Mann von erweiterter Denkungsart anzeigt, wenn er sich über die subjektiven Privatbedingungen des Urtheils, wozwischen so viele andere wie eingeklammert sind, wegsetzt und aus einem allgemeinen Standpunkte (den er dadurch nur bestimmen kann, daß er sich in den Standpunkt ande- rer versetzt) über sein eigenes Urtheil reflectirt“. (Kritik der Urteilskraft, § 40, Z. 10.) Wissenschaftliche Aufarbeitung der Fachgeschichte bedeutet keinen Enthüllungsjournalismus mit hämischer Herabsetzung historischer Persönlichkeiten, sondern eine nüchterne Benennung der Positionen und ihrer zeitgeschichtlichen Bedingtheit. Eine Wissenschaft, die sich dieser Aufgabe verweigert, verrät ihre eigenen Ideale und macht sich schwerer Versäumnisse schuldig. Unter diesem Aspekt stellt dieser Band unserer Mitteilungen eine sehr bunte Mischung dar, in der die verschiedensten Ansätze der Musikwissen- schaft zu erkennen sind. (Aus diesem Grunde sind die Beiträge diesmal al- phabetisch nach Autoren sortiert, nicht wie sonst chronologisch.) Es nützt wenig, sie kommentarlos zur Kenntnis zu nehmen, es sollte eine aktive Aus- einandersetzung damit unser Ziel sein. Die Mythenbildung Jahrtausende alter Nationalmusik muss ebenso auf den kritischen Prüfstand wie entspre- chende Glorifizierung neuer Avantgardemusik. Die positivistische Auflis- tung historischer Materialien ist ebenso auf ihren Sinn hin zu befragen wie die analytische Werkmonografie. Dabei muss vollkommen klar sein, dass es nicht um persönliche Angriffe geht, sondern um ein Ringen um eine Mu- sikwissenschaft nach historisch-kritischen Maximen. In diesem Sinne steht eine Beschäftigung mit den europäischen Diktaturen des 20. Jahrhunderts noch aus, die bislang nur in Ansätzen erkennbar ist. In unseren Mitteilungs- heften spielen sie bislang keine Rolle, ansatzweise haben wir die Thematik in Symposien angesprochen.1 Es ist höchste Zeit, sie näher zu behandeln. In Leipzig verfolgen wir Überlegungen, die Musik in europäischen Dikta- turen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einmal in einem Projekt mit internationaler Kooperation zu bearbeiten. Grundlage dafür könnte 1Z. B. Nationale Musik im 20. Jahrhundert. Kompositorische und soziokulturelle Aspekte der Musikgeschichte zwischen Ost- und Westeuropa. Konferenzbericht Leipzig 2002, hrsg. von Helmut Loos und Stefan Keym, Leipzig 2004. Vorwort ix ein Vergleich des Repertoires sein, das an bestimmten Orten zu bestimm- ten Zeiten aufgeführt worden ist. Hier wäre unser Ansatz ‚Musica migrans‘ neu zu beleben. Vorarbeiten und exemplarische Studien zu diesem Thema sind für unser nächstes Heft hoch willkommen. Dank ist allen Autoren und Helfern auszusprechen, die an diesem Heft mitgearbeitet haben, insbesondere Stephan Wünsche und Linus Hartmann. Wie wertvoll ihr Engagement ist, wird schmerzlich bewusst angesichts un- ersetzlicher Verluste. Ein treuer und als Mitherausgeber unserer Mittei- lungen im Hintergrund stets engagiert unterstützender Mitstreiter ist im November 2015 verstorben: Eberhard Möller. Wir werden ihm wie so vie- len Kolleginnen und Kollegen, die in den Jahren des Bestehens unserer Arbeitsgemeinschaft schon von uns gegangen sind, ein ehrendes Angeden- ken erhalten. Dezember 2015 Helmut Loos Ol’ga Bentsch (L’vìv / Ukraine) Einige Beiträge zur Geschichte der ukrainischen Musikfolklore Die rituelle Volkstradition bildet eine der ältesten Schichten der ukraini- schen Musikkultur. Sie geht auf vorchristliche Zeiten zurück, durchlebte teilweise schwierige historische Etappen, doch bewahrte sie trotz allem das historische Gedächtnis des Volkes. Ukrainische rituelle Volkslieder verkörpern eine Tradition von an die fünftausend Jahre. Sie überdauerten dank der ununterbrochenen münd- lichen Kommunikation von einer Generation zur nächsten, wobei sie auf diese Weise ewige Volksweisheiten