1

Hörspiel Feature Radiokunst

Freistil Klick, Klick, Klack Leben mit Automaten Von Andi Hörmann

Produktion: Deutschlandfunk 2017 Redaktion: Klaus Pilger

Sendung: Sonntag, 7.3.2021, 20.05-21.00 Uhr

Regie: Uta Reitz

Es sprachen: Martin Bross und Sigrid Burkholder Ton und Technik: Eva Pöpplein und Roman Weingart

Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © - unkorrigiertes Exemplar -

2

Atmo: Jukebox-Mechanik // Plattenauflegen // Vinyl-Knistern Musik-1: Joasihno „Temporary Parallel“ Atmo-1: Klangbild diverser Automaten zum Einstieg und zwischen den O-Tönen

O-Ton-1: Paul Brühl „Meine Augen gingen ja auch immer über, wenn ich dann vorbeiging an den Automaten, und da war der kleine Ring, oder so ein kleines Mini-Auto - das wollte ich doch haben.“

Atmo-1: Kaugummiautomat (Münzeinwurf / Drehen)

O-Ton-2: Jasmin Link „Ich denke, dass uns die Automaten im Stadtbild noch sehr lange erhalten bleiben. Vielleicht sind sie mal nicht mehr so die Kiste, wo man oben Geld rein wirft und unten was raus kommt.“

O-Ton-3: Oliver Sturm „Der Kniff des Automaten ist ja, dass er quasi a-personal ist. Er ist ja keine Person.“

O-Ton-4: Andrea Durry „Das war ja bahnbrechend um die Jahrhundertwende, dass jetzt plötzlich man auf der Straße ein Produkt kaufen konnte - außerhalb der Öffnungszeiten natürlich.“

O-Ton-5: Thomas Geissler „Der Kunde fühlt sich sehr, sehr gut behandelt durch den Automat. Es gibt kein Gegenüber, der unfreundlich ist, der einen warten lässt. Der Automat macht genau das, was der Kunde will - und das sehr schnell.“

O-Ton-6: Michaela Melián „Bis heute ist es halt ein wahnsinniges Thema: Wie gehe ich mit der Maschine um? Leitet die Maschine mich schon? Oder ist die Maschine noch ein Versprechen?“

Musik-2: „Automatic“ („I’ve got a feeling / It’s automatic / It’s a physical feeling…“)

3 Sprecher-1: Moment mal: Ein Gefühl, automatisch? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Gefühle haben doch nichts mit Automation zu tun - und Automaten haben keine Gefühle. Aber sie lösen vielleicht welche aus!

O-Ton-7: Michaela Melián „Ob es jetzt das Handy ist, oder was auch immer: Es zwingt uns ja gewisse Bewegungen und Abläufe auf, und gleichzeitig ist es halt dieser schöne Schauer.“

O-Ton-8: Christian Heiß „Ich hatte die Idee, dass man mit Musikmaschinen in der digitalen Welt wieder echte Klangkörper zum Schwingen bringen sollte.“

Sprecher-2: Klick, Klick, Klack - Leben mit Automaten. Ein Feature von Andi Hörmann.

Musik-3: Jethro Tull „Pan Dance“

Sprecherin-1: „Ist es denn nur allein der aus dem Munde strömende Hauch, der dem Blasinstrumente, sind es nur allein die gelenkigen geschmeidigen Finger, die dem Saiteninstrumente Töne entlocken, welche uns mit mächtigen Zauber ergreifen, ja in uns die unbekannten unaussprechlichen Gefühle erregen, welche mit nichts Irdischem hienieden verwandt, die Ahndungen eines fernen Geisterreichs und unsers höhern Seins in demselben hervorrufen? Ist es nicht vielmehr das Gemüt,… ((welches sich nur jener physischen Organe bedient, um das, was in seiner tiefsten Tiefe erklungen, in das rege Leben zu bringen, daß es andern vernehmbar ertönt und die gleichen Anklänge im Innern erweckt, welche dann im harmonischen Widerhall dem Geist das wundervolle Reich erschließen, aus dem jene Töne wie entzündende Strahlen hervordrangen?))“

Sprecher-3: (Über in (())-gesetztem Zitat) Aus E.T.A. Hoffmanns Erzählung „Die Automate“, aus dem Jahr 1814: Der Titel gebende Automat ist eine mechanische Puppe. Zwei Jahre später, 1816, erscheint Hoffmanns berühmte Erzählung „Der Sandmann“: In ihr ist der Automat in Menschengestalt weiblich

4 und hört auf den Namen „Olimpia“. Jaques Offenbach macht aus ihr in „Hoffmanns Erzählungen“ ein halbes Jahrhundert später eine Arien singende Opernfigur.

Musik-4: Jacques Offenbach - Les contes d’Hoffmann (Dirigent: Brad Cohen / Orchestre Philharmonique de Monte Carlo / Olimpia: Emma Matthews)

Sprecher-4: 200 Jahre nach Veröffentlichung von „Der Sandmann“ projiziert die Musikerin und Künstlerin Michaela Melián in ihre „Olimpia“ das ewige Hickhack im Diskurs Mensch und Maschine. „Electric Ladyland“ nennt sie 2016 ihre Hörspielproduktion für den Bayerischen Rundfunk zur gleichnamigen Ausstellung im Münchner Lenbachhaus.

Audio: Electric Ladyland // „Olimpia“

O-Ton-9: Michaela Melián „Die singt natürlich so einen totalen Bullshit-Text, das ist auch der Witz bei E.T.A. Hoffmann oder auch bei Jaques Offenbach, dass sie sich über diese wahnsinnige Euphorie dieser Maschinen auch ein bisschen lustig machen.“

Audio: Hörspiel // Electric Ladyland „Ein Automat ist eine Maschine, die vorbestimmte Abläufe selbsttätig, automatisch, ausführt. Automatus, lateinisch freiwillig, aus eignem Antrieb handelnd…“

O-Ton-10: Michaela Melián „Ich habe immer ein Problem damit, wenn alle Technik böse ist - was wir heute in Diskursen auch oft erleben. Ich finde das auch eine unheimliche Möglichkeit. Alleine wenn man von der elektronischen Musik ausgeht: Das sind ja wahnsinnige Versprechen und unglaublich tolle Sachen, die man machen kann.“

Sprecher-5: Manche Interpreten von Hoffmanns kryptischem Text „Die Automate“ vermuten, dass der Autor eigentlich über den idealen Klang von Instrumenten, über den perfekten Ton der musikalischen Interpretation grübelt - und nicht so sehr über Wunder und Wirken von Automaten. Doch das eine schließt vielleicht das andere nicht aus: Die Maschine, die

5 Musik - dazwischen der Mensch. Das Instrument Mensch-Maschine. Klar, ! Die vielgerühmten Pioniere der elektronischen Musik. 1978 haben sie sich als Automaten- Androide inszeniert.

Musik-5: Kraftwerk „Die Roboter“

Sprecher-6: Die Krux der Mensch-Maschinen-Musik, schon 1814 formuliert sie E.T.A. Hoffmann in seiner Erzählung „Die Automate“:

Sprecherin-2: „Durch Ventile, Springfedern, Hebel, Walzen und was noch alles zu dem mechanischen Apparat gehören mag, musikalisch wirken zu wollen, ist der unsinnige Versuch, die Mittel allein das vollbringen zu lassen, was sie nur durch die innere Kraft des Gemüts belebt und von derselben in ihrer geringsten Bewegung geregelt ausführen können. Der größte Vorwurf, den man dem Musiker macht, ist, daß er ohne Ausdruck spiele, da er dadurch eben dem eigentlichen Wesen der Musik schadet, oder vielmehr in der Musik die Musik vernichtet, und doch wird der geist- und empfindungsloseste Spieler noch immer mehr leisten als die vollkommenste Maschine, da es nicht denkbar ist, daß nicht irgend einmal eine augenblickliche Anregung aus dem Innern auf sein Spiel wirken sollte, welches natürlicherweise bei der Maschine nie der Fall sein kann.“

Musik-6: Sophia Kennedy „Something Is Coming My Way“ Atmo-2: Deutsches Museum

O-Ton-11: Rebecca Wolf „Meine Name ist Rebecca Wolf, wir befinden uns im Deutschen Museum in der Abteilung für Musikautomaten im zweiten Obergeschoß. Ich bin Musikwissenschaftlerin und habe hier im Haus am Forschungsinstitut ein Forschungsprojekt mit dem Namen „Materialität der Musikinstrumente“. Und ich freu mich hier jetzt, einen kleinen Einblick zu geben in die Geschichte der Musikautomaten.“

Autor: „Und wir beginnen mit diesem Walzeninstrument. Wie sieht es denn aus? Es sieht aus wie ein Klavierkasten.“

6 O-Ton-11: Rebecca Wolf „Klavierkasten klingt schon mal gut. Sehen sie noch weitere Instrumente?“

Autor: „Eine Trommel. Also eine Kombination aus Klavier…“

O-Ton-11: Rebecca Wolf „…eine Trommel, ein Becken, so eine Art Mini-Xylophon.“

Atmo-3: Piano-Orchestrion (Anfang, dann drunter)

O-Ton-12: Rebecca Wolf „Bei diesem Piano-Orchestrion haben wir jetzt eben ein Beispiel für die Stiftwalze, die es wahrscheinlich auch schon seit dem 9. Jahrhundert nach Christus gab. Da wird im arabischen Raum schon beschrieben als Programmträger, der eben mechanisch abläuft und auch abgetastet wird, um dann die - sagen wir mal in unserer heutigen Sprache - die Kodierung zu dekodieren oder umzusetzen und dadurch ein Instrument zu spielen.“

Atmo-3: Piano-Orchestrion (Ende)

O-Ton-13: Rebecca Wolf „Die Geschichte der Musikautomaten geht zurück bis zum 1. Jahrhundert nach Christus: Heron von Alexandria hat beschrieben, wie Objekte selbsttätig in Bewegung gesetzt werden können. Und dabei hat er eben auch Klingendes hervorgebracht. Da könnte man sagen: Das waren die ersten Musikautomaten. Heute definieren wir das so, dass solche Objekte einen Antrieb brauchen, einen Programmträger und eine Tonerzeugung.“

Atmo-4: Ausstellung

O-Ton-14: Rebecca Wolf „Das hier ist eine Art frühe Jukebox, heißt Zungenspielwerk, ist wahrscheinlich nur fünf Jahre nach dem Piano-Orchestrion gebaut worden. Sie sehen schon, da sieht es jetzt hier ganz anders aus. Das hat mehr so die Anmutung von einer großen Standuhr. Und der Programmträger ist jetzt auch ein ganz anderer: Es ist keine Stiftwalze mehr, sondern eine Metallplatte. Also deutlich mobiler, viel dünner. Es gibt auch mehrere. Man kann das auch aufmachen…“

7 Atmo-4: Zungenspielwerk

O-Ton-14: Rebecca Wolf „Das ist jetzt hier der Programmträger. Also man kann deutlich besser auswechseln. Man hat eine ganze Vielfalt an Musikstücken, die man auf diesen einem Instrument abspielen kann.“

Autor: „Also wie so eine überdimensionale Schallplatte aus Metall mit Löchern drin.“

O-Ton-14: Rebecca Wolf „Genau. So sieht es eigentlich aus. Mit Löchern. Die haben aber nach hinten so kleine Noppen dran. Ähnlich wie die Stifte auf der Stiftwalze reißen die dann den klingenden Teil an. Und hier vorne drauf sehen sie wenn es zu ist, also man kann durch eine Glasscheibe durchgucken, hier vorne haben sie dann verschiedene Musiktitel. Das ist bisschen wie bei einer Jukebox, man konnte sich dann eben einen Titel aussuchen und der wurde dann gespielt. Hier links ist auch das Entscheidende, hier ist ein Münzeinwurf. Solche Instrumente standen eher in öffentlichen Restaurants, Kneipen, wo dann die Besitzer noch ein bisschen Geld dazu verdient haben.“

Autor: „Also eine Urform der Jukebox um Neunzehnhundert.“

O-Ton-14: Rebecca Wolf „Letztendlich, ja.“

Autor: „Aber die läuft jetzt nicht mehr.“

O-Ton-14: Museumswärter „Die läuft. Brauchen wir erst mal Federkraft, wir müssen eine Feder spannen.“

Atmo-4: Feder

O-Ton: Rebecca Wolf „Das ist jetzt auch ein wirklicher Automat, mit Antrieb, nämlich mit Federantrieb.“

8 O-Ton: Museumswärter „Und man braucht Geld dazu.“

Atmo-5: Zungenspielwerk // Musik

O-Ton-15: Rebecca Wolf „Hinten die Noppen an der Metallscheiben reißen eben diese Metallzungen direkt an und die werden in Schwingung versetzt und erklingen dann. Also hier ist die Übertragung ziemlich direkt.“

Atmo-6: Metallkamm Musik-7: Nosaj Thing „1685Bach“

Sprecherin-3: „Heute versteht man unter einem Automaten ein elektronisch, hydraulisch oder pneumatisch arbeitendes System, das nach einer Schalterbetätigung einen vorprogrammierten Prozeß mehr oder weniger selbständig ausführt.“

Sprecher-7: Schreibt Henner Schneider - emeritierter Professor der Fachhochschule Darmstadt - in dem Aufsatz „Wissenschaftliche Grundlagen: reale und abstrakte Automaten“, undatiert publiziert auf der Homepage des Fachbereichs Informatik. Doch was ist bitte ein „abstrakter Automat“?

Sprecherin-4: „Das grundsätzliche Verhalten eines Automaten ist immer gleich: Dem Automaten wird von außen eine Eingabe als Folge von Zeichen vorgelegt. Der Automat befindet sich in einem bestimmten Zustand. Jedes Mal, wenn ein Eingabezeichen eintrifft, kann sich abhängig vom Eingabezeichen und dem gegenwärtigen Zustand ein neuer Zustand, der Folgezustand, einstellen. Man kann die Menge der möglichen Zustandsübergänge, die das Verhalten des Automaten definiert, als das Programm des Automaten verstehen.“

Atmo-7: Kaugummiautomat / Münzeinwurf / Drehen

9 Sprecher-8: Jedes System ist demnach irgendwie „Automat“, das dem Prinzip „Eingabe - Prozess - Ausgabe“ folgt: Fertigungsautomaten in der Industrie, Computer und ihre Algorithmen im Allgemeinen, die Sprache und ihre Grammatik im Speziellen. Henner Schneider schreibt dazu:

Musik-7: Nosaj Thing „1685Bach“

Sprecherin-5: „Der amerikanische Linguist Avram Noam Chomsky stellt 1959 die nach ihm benannte Hierarchie von Grammatiken und deren Einschränkungen in Sprachklassen auf. Dabei können eingeschränkte Grammatiktypen nur eingeschränkte Sprachen erzeugen. In der Informatik ist die Chomsky-Hierarchie im Bereich der Automatentheorie von Bedeutung, da sie Sprachen und die entsprechenden Automaten zur Verarbeitung dieser Sprachen gegenüberstellt und entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit ordnet.“

Musik-8: Radiohead „Fitter Happier“ („Fitter, happier / More productive / Comfortable / Not drinking too much / Regular exercise at the gym, three days a week…“)

Sprecher-9: Die Maschine wird als Automat zur Imitation des Menschen - und bestimmt unser Leben. Vernetzung durch Technik, Vereinzelung des Menschen. Die Dominanz durch Automation, der Skeptizismus in der Kultur. Okay Computer: Du versprichst Gutes, wir befürchten Böses. Alles ist in Bewegung, die Welt rauscht an uns vorbei. Der Automat als konkrete Konstante - auch wenn er mal „abstrakte Transzendenz“ vermittelt, wie hier in einer Berliner Markthalle:

Atmo-8: Markthalle Berlin Atmo-9: Gebetomat (Musik)

O-Ton-16: Oliver Sturm „Man kann es auch - wenn man so will - als Sound-Installation sehen, weil es ja ein Automat ist, in dem man sich das Beten der Welt anhören kann. Man kann sich reinsetzen und hat automatisch das, was man heutzutage Soundscape nennt. Der Automat hat

10 vorweg eine Begrüßungsmusik und wenn man ihn dann zum ersten Mal berührt, den Touch-Screen, dann wird man auch mit einer Frauenstimme begrüßt, die einem erklärt, was das hier ist und wie es los geht.“

Atmo-10: Gebetomat (Begrüßung)

O-Ton-17: Oliver Sturm „Ich bin Oliver Sturm, ich bin studierter Literaturwissenschaftler und mache seit 1996 Theaterregie und Hörspielregie, und habe im Jahr 2008 den Gebetomat erfunden und gebaut. Das heißt: Erfunden habe ich ihn eigentlich schon 1999, es hat aber sehr lange gedauert, bis ich zum ersten Mal einen realisieren konnte - bis ich einen bauen konnte.“ O-Ton-18: Oliver Sturm „Die Idee selbst, die ist sozusagen plötzlich vom Himmel gefallen. Ich habe nicht in irgendeinem Raum gesessen und mir die Fingernägel zerbissen, was mir jetzt mal für ein Kunstwerk einfallen könnte. Sondern, ich bin in New York konkret auf einem Bahnsteig gewesen, wo ich umsteigen musste, U-Bahn, und ich wollte ins jüdische Viertel von Williamsburg in Brooklyn, um mir das mal anzusehen. Und dort auf dem Bahnsteig war in einer Ecke ein Automat an der Wand. Da kam so eine monotone Frauenstimme heraus. Ich verstand die Funktion des Automaten nicht, ich verstand auch die Frauenstimme nicht so richtig. Es kam mir vor wie so ein Orakel - Delphi, der sprechende Mund, wo man sich davor stellen kann und fragen kann: Wie alt werde ich, wie viele Kinder bekomme ich? Und dann als ich dann diese New Yorker Mischung von unterschiedlichen Herkünften, Hautfarben und Religionen und so weiter sah, da war dann diese Kombination: jüdisches Viertel, Singsang des Automaten, das führte dann zu dieser Idee, da müssten Gebete raus kommen.“

Sprecher-10: Die Arminius-Markthalle in Berlin-Moabit: Obst, Gemüse, Fleisch und Backwaren, Delikatessen und der dazu passende Wein - inmitten kulinarischer Genüsse steht an einer Backsteinmauer einer der bis 2017 entstandenen insgesamt sechs „Gebetomaten“ von Oliver Sturms - eine umfunktionierte Fotokabine.

O-Ton-18: Oliver Sturm „Also die ersten drei Gebetomaten sind Kabinen der Marke Fotofix, die wir einfach umgebaut und umgestrichen haben und mit einer leuchtenden Plexiglas-Haube versehen

11 haben, die wie so ein Heiligenschein über dem Ganzen vor sich hin leuchtet. Wir haben es in ein sehr modernes Design gesteckt, relativ zeitlos mit einer modernen Schrift und einem Touch-Screen versehen.Auf dem Touchscreen sind die Weltreligionen abgebildet - und auch weitere Religionen: Christentum, Hinduismus, Buddhismus, Islam, Judentum. Wir haben auch polytheistische Religionen, wir haben ethnische Religionen - beispielsweise die Jesiden oder die Bahai - wir haben Naturreligionen aus Zentral-Himalaya oder Polynesien, Südsee.“

Autor: „Wollen wir denn mal rein gehen? Passen zwei Personen rein?“

O-Ton-18: Oliver Sturm „Es ist sogar theoretisch für zwei.“

Atmo: Vaterunser auf Lateinisch

O-Ton-19: Oliver Sturm „Wir haben das Vaterunser auf Dänisch, Schwedisch, Serbisch, Russisch, Syrisch, Spanisch, Ungarisch, Indonesisch, Ägyptisch, Koreanisch, Italienisch, Lettisch, Deutsch sowieso, und auch auf Englisch, in amerikanischem Englisch und in britischem Englisch.“

Autor: „Man kann ja hier so ein bisschen Sprachen studieren. Ich würde gerne mal Lettisch hören.“

Atmo: Vaterunser auf Lettisch

O-Ton-20: Oliver Sturm „Bei dem Automat haben wir immer wieder überlegt, ob wir nicht zum Beispiel eine App daraus machen. Also um ganz zeitgenössisch zu sein. Dass man die Gebete sich auf einer App besorgen kann. Also meine Mitarbeiter und ich haben neulich darüber gesprochen und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine App furchtbar schnöde wäre und dass der Charme des Automaten eigentlich in diesem etwas Antiquiertem besteht, dass er also tatsächlich eine Kabine ist, die analog ist - nicht digital, sondern analog. Man setzt sich hinein und hat dann diese Abgeschlossenheit und kann sich das dort anhören, die Gebete. Und man kann auch nach Innen gehen. Deswegen haben wir davon Abstand

12 genommen, den Automaten noch irgendwie in Richtung Digitalisierung weiter zu entwickeln. Also es muss dieses leicht Antiquierte haben.“

Musik-9: Roman Flügel „All That Matters“

Sprecher-11: Der Reiz des Antiquierten, klassische Automaten versprühen diesen unwiderstehlichen Charme aus Kindheitstagen - und irgendwie nimmt uns das heute immer noch gefangen. Ist das Nostalgie, ist es der Abgesang auf die unaufhaltsame Digitalisierung, ist es ein Hauch von Kitsch aus dem Kasten?

O-Ton-21: Oliver Sturm „Der besondere Dreh des Gebetomaten ist ja, dass er eben kein Zigarettenautomat ist, oder keine Kondomautomat, dass man sich nicht irgendwas mal eben abholen kann, sondern dass er sozusagen ein innerliches Geschenk macht und man diese Innerlichkeit im normalen, banalen Alltag erfährt. Das heißt: Der Automat steht hier in der Markthalle in Berlin, oder er steht in Stuttgart auf dem Flughafen: Trubel ist um uns herum, das banale Geschehen des gegenwärtigen Alltags. Ich gehe in den Gebetomat und ich habe für Momente so einen Weg nach Innen. Ich höre, ich lausche, ich bin vielleicht durch bestimmte Gebete angesprochen, ich schweife ab. Es ist ein Moment des Aussteigens aus dem Alltag.“

Musik-10: Pollyester „Voices“

Sprecher-12: Gebete aus dem Automaten. Unsere Kindheitserinnerungen sind banaler: Ein glitzernder Plastik-Ring, ein Miniatur-Klappmesser als Schlüsselanhänger, eine zuckersüße Kugel zum Kauen. Der Kaugummiautomat mit seiner mattroten Lackschicht - ein abblätternder Abglanz von Früher.

Atmo: Kaugummiautomat

Sprecher-13: Seit jeher stromlos, hat sich der Zauber der Dreh-Mechanik mit dem Überangebot an elektronischem bis digitalem Spielzeug verflüchtigt: Pausensnacks und Getränke sind

13 nach wie vor die Waren schlechthin in den elektrischen Verkaufsautomaten an Schulen, Bushaltestellen, Flughäfen und Bahnhöfen.

Atmo-11: Hauptbahnhof München

Sprecher-14: Das Gebrummel aus den Lautsprechern. Klick-Klick-Klack, Summen und Brummen technischer Gerätschaften. Mensch und Maschine, Technik und Emotion. Am Münchner Hauptbahnhof herrscht wuselndes Chaos: Sprachfetzen eilender Passanten, Ankunft und Abfahrt. Überall schrill-bunte Reklame auf Prospekten und Plakaten, digitale Info-Screens und QR-Codes der Werbeindustrie. Dazwischen: Der altmodische Selbstbedienungsautomat.

O-Ton-22: Reisender-1 „Pflaster, Desinfektion, Taschentuch, Kondome, Mundspray, Alkohol-Abbautabletten, sogar.“

O-Ton-23: Reisender-2 „Irgendwie geht es um Erste Hilfe. Es gibt Kondome, Schwangerschaftstest, Schmerzsalben, ja. Also ich bräuchte diese Geschichten jetzt nicht aus einem Automaten. Vielleicht ist das am Sonntag praktisch…“

Sprecher-15: Reisende wundern sich über die Drogerie-Artikel aus dem Med-o-mat, einem 24-Stunden- Erste-Hilfe-Automaten im Zwischengeschoss am Münchner Hauptbahnhof.

O-Ton-24: Reisender-3 „Also Pflaster, Verband und Desinfektion macht Sinn. Kondome könnte wahrscheinlich auch dazu gehören, aber die anderen... Da sind ein paar dabei, die sind beim näheren Nachdenken nicht ganz einleuchtend. Gerade Alkoholabbau. Alkoholtest macht vielleicht Sinn. Schwangerschaft, ob das hier passend ist?

O-Ton-25: Reisender-4 „Ich finde das mit dem Verband ziemlich praktisch - und mit der Desinfektion. Und das mit den Taschentüchern ist auch praktisch. Aber sonst: Ich denke mal Kondome und

14 Schwangerschaftstest, das braucht man jetzt nicht so ganz dringend beim Vorbeigehen mal. Das kann man sich genauso gut aus der Drogerie auch besorgen.“

Sprecher-16: Aber nur, wenn die noch auf hat!

Musik-11: Von Spar „λ (Lambda)“

Sprecher-17: Sonnenbrillen, Schwangerschaftstests, Schläuche für Fahrräder: Es gibt kaum etwas, das sich nicht über einen Automaten an den Kunden bringen lässt. Der Selbstbedienungsautomat erlebt eine regelrechte Renaissance durch findige Verkäufer. In München gibt es etwa in manchen Clubs der Stadt Automaten mit modisch, locker leichtem Schuhwerk - den Ballerinas. Gegen die schmerzenden, von High-Heels geplagten Füße.

O-Ton-26: Isabella Fendt „Jedes Mädchen, das hohe Schuhe trägt, kennt das Gefühl wie es ist, wenn man auf seinen Füßen einfach nicht mehr laufen kann. Man muss die Schuhe ausziehen oder man sitzt den ganzen Abend nur noch rum.“

Musik-12: Jamie XX „Gosh“

Sprecher-18: Im zweiten Semester Medienmanagement gründet Isabella Fendt ihr Automaten- Unterthemen „Ballerina2Go“. Bis zum Abschluss ihres Studiums hatte sie bereits 15 Automaten im deutschsprachigen Raum etabliert. Samstagabends trifft man sie im Club mit dezentem Make-Up, klimpernden Armreifen und Stilettos. Seit 2010 gibt es die Ballerinas-to-go-Automaten von Isabella Fendt in verschiedenen Münchner Clubs: Es sind umfunktionierte Zigarettenautomaten, bestückt mit faltbaren Ballett-Schläppchen in Schwarz und Violett, Gold und Silber.

O-Ton-27: Isabella Fendt „Wie Du hier siehst hat man die Wahl zwischen vier verschiedenen Farben und auch vier verschiedenen Größen. Dann sucht man sich Farbe und Größe aus. Zum Beispiel ich würde jetzt mit meinen großen Füßen „Lila, 42“ nehmen.

15 Das wäre Nummer 18. Das tippst Du ein, wirfst Deine Münzen ein - beziehungsweise einen Schein. Und dann kommt Dein Päckchen unten raus.“

Autor: „Schön verpackt. Aufreißen und anziehen.“

O-Ton-27: Isabella Fendt „Dann ist da noch sogar ein Tütchen dabei. Wenn Du irgendwie doch noch bleiben möchtest, kannst du Deine High-Heels an der Garderobe abgeben. Oder Du packst die High-Heels rein und trägst Deine Schuhe an der Hand nach Hause.“

Musik-13: Stabil Elite „Gold (L.A. Crack Mix)“

Sprecher-19: Die High-End-Variante der neuen Automaten-Kultur heißt „Gold-to-go“. 60 Automaten mit Goldstücken von einem bis zu 250 Gramm hatte die Betreibergesellschaft Ex Oriente Lux bis Ende 2010 weltweit aufstellen lassen.

O-Ton-28: Thomas Geissler „Für den Konsumenten ist es wirklich angenehm. Es ist teilweise ein Kauferlebnis, auf einen Knopf zu drücken. Zwei, drei Sekunden später kommt ein Goldbarren in einer Prozedur heraus. Die Quittungen kommen sofort.“

Sprecher-20: Acht Goldautomaten standen bis 2014 in deutschen Großstädten - auch einer in München. Nun gibt es sie nicht mehr! Die Idee schien gut, doch die Welt schien noch nicht ganz bereit dafür. Der Goldautomat war ein imposanter, gepanzerter Kasten verziert mit Blattgold. Für Thomas Geissler von Gold-to-go sind Automaten aber die attraktiven und preiswerten Verkäufer mit Zukunft. Funktioniert hat das mit dem Edelmetall zwar nicht, doch Geissler ist nach wie vor überzeugt vom Automaten als funktionales und ansprechendes Verkaufssystem.

O-Ton-29: Thomas Geissler „Der Kunde fühlt sich sehr, sehr gut behandelt durch den Automat. Es gibt kein Gegenüber, der unfreundlich ist, der einen warten lässt. Der Automat macht genau das, was der Kunde will - und das sehr schnell.“

16 Sprecher-21: Automat - Du stummer wie stoischer Verkäufer, Du Verkörperung unseres Strebens nach Perfektion, mit Dir treiben wir unsere Optimierung auf die Spitze. Dein Wesen wird uns zur akademischen Disziplin.

Atmo-12: Uni Stuttgart

O-Ton-30: Jasmin Link „Mein Name ist Jasmin Link, ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IAO in der Abteilung „Mensch-Computer-Interaktion“. Wir beschäftigen uns seit 2010 mit dem Thema Automaten im engeren und weiteren Sinne.“

Sprecher-22: Stuttgart, Universitätscampus: Das „Frauenhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation“.

O-Ton-31: Jasmin Link „2010 hat ein zweijähriges Forschungsprojekt angefangen bei dem verschiedene Verbundpartner aus der Industrie - zum Beispiel Bahnunternehmen, Verkehrsunternehmen - sich zusammengeschlossen haben, um die Zukunft der Automaten zu beleuchten. Seit da ist uns dieses Thema erhalten geblieben.“

Sprecher-23: Die Vorteile von Automaten sind offensichtlich: Sie sind schnell, kontrolliert, anonym und zuverlässig. Die Mensch-Maschine Automat, liegt ihre Zukunft nicht auf der, nein, in der Hand?

O-Ton-32: Jasmin Link „In dem Projekt wurde oft gesagt: Ja, der Automat, der wandert doch in die Hosentasche und wird durch das Smartphone ersetzt. Also inzwischen heißt das Verbundprojekt auch „Future-Self-Service“, weil es eigentlich um Selbstbedienung in jeglicher Form geht.“

Sprecher-24: Automaten, diese Sinnbilder der urbanen Geschäftskultur. Sie wirken vielleicht manchmal ein wenig steril und gespenstisch, doch in guten Momenten sind sie aufgeladen mit

17 Dingen voller Emotionen: Süßwaren, Schuhe, Gold. Das Spektakel per Knopfdruck! In Stuttgart am Fraunhofer IAO trägt das Verbundprojekt von Jasmin Link den verheißungsvollen Titel „Erlebnis Automat“.

O-Ton-33: Jasmin Link „Das lebt so von dieser Zweideutigkeit: Ist es ein Automat, der ein Erlebnis ausspuckt? Oder hat man Erlebnisse mit Automaten? Es greift auch die in Deutschland oft geäußerte Kritik an Automaten auf, die denke ich auch manchmal zu unrecht die Automaten trifft. Nehmen wir mal den Bahnautomaten, das ist ein sehr gut designtes User-Interface, was einfach eine ganz komplexe Produktpalette verkaufen muss.“

Autor: „Bei eurem Forschungsprojekt, was war so die Hypothese?“

O-Ton-33: Jasmin Link „Die Hypothese war, dass Automaten ein positives Benutzungserlebnis bieten sollen. Jetzt steht so ein Automat natürlich auch eine Zeit lang. Also wir treffen heute noch auf Automaten, die vor 20 Jahren aufgestellt wurden. Das sind natürlich nicht die derzeitigen Standards, was die Gestaltung von Benutzungsschnittstellen angeht. Und da lässt sich aber einiges machen und ändern: Mit einem guten Design kann man da Benutzern, die den ja meistens auch nicht regelmäßig, sondern in so einer einmaligen Situation bedienen, auf die Sprüngen helfen und dazu beitragen, dass es ein positives Erlebnis ist.“

Sprecher-25: Welche Technologien spielen zukünftig für Automaten eine besondere Rolle? Welche Einflussfaktoren von Seiten des Marktes gibt es? Welche Leistung von Automaten erwarten die Nutzer? Mit über 1000 Befragten zählt diese Trendstudie zu den größten Untersuchungen, die im deutschen Sprachraum zum Thema „Zukunft der Automaten“ durchgeführt wurde. Dabei ist deutlich geworden, dass es für die Akzeptanz von Automaten unterschiedlichste Gründe gibt. Wichtigste Motivation für die Automatennutzung ist natürlich der Zeitgewinn. Die Entwickler sehen die Maschine dabei den Bedürfnissen des Konsumenten angepasst: schnell, übersichtlich, benutzerfreundlich. Automaten werden zur Schnittstelle zwischen Dienstleistung und Konsumbedürfnis. Stichwort: adaptives Interface.

18 O-Ton-34: Jasmin Link „Das adaptive Interface steht für uns schon so für die Zukunft und dass eben meinen Vorlieben entsprechend, oder meinen Anforderungen entsprechend das System konfiguriert ist, ohne dass ich viel Aufwand damit habe.“

Sprecher-26: Der Automat im Dienst des Kunden. Unkompliziert, ergebnisorientiert, effektiv. Die Forscher haben dabei wenig überraschend herausgefunden, dass das A und O die „Usability“, die Benutzerfreundlichkeit ist. Die Zukunft liegt für Jasmin Link dabei in der Vernetzung: Der Automat und das Internet, der Konsument liefert die Daten.

O-Ton-35: Jasmin Link „Wir stehen jetzt hier vor einem Automaten, der im Raum Hannover im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt wird. Der Automat stammt aus einem EU-Forschungsprojekt Cloud-for-all. In diesem Projekt wurde die GPII, die Global Public Inclusive Infrastruktur, entwickelt. Das ist ein weltweit zugänglicher Internet-Service, in dem User-Interface-Profile gespeichert werden können. Also zum Beispiel wenn jemand eine schwache Sehkraft hat, ist es sinnvoll, dass der Bildschirm die Schrift in schwarz-weiß oder in hohem Kontrast darstellt. Und jetzt wäre das natürlich sehr umständliche, wenn man am Automaten sich jeder einstellen würde, wie es denn aussehen soll, das würde viel zu lange dauern. Deshalb hat der Automat vorne ein NFC-Lesegerät, wo man seine Karte dran halten kann. Dann weiß der: Aha, das ist jetzt hier die Jasmin, die braucht Schriftgröße 14 mindestens und gelb auf schwarz. Dann stellt der sich um und bietet mir die Information so dar.“

Sprecher-27: Vom Dienstleistungs- zurück zum Warenautomat, von der bloßen Funktionalität zur betörenden Sinnlichkeit.

Atmo: Kaffeeautomat Musik-14: Sam Prekop „So Shy“

O-Ton-36: Paul Brühl „Wenn es duftet. Schön! Aha, da werden die Sinne angesprochen. 900 Aromen sind im Kaffee. Die sprechen mich an. Wenn ich ihn trinke und die füllen meinen Mund mit wohligem Geschmack. Dann kann ich sagen: Aha, angekommen, das ist Kaffee.“

19

Atmo: Kaffeetrinken / Tasse / Schlürfen

O-Ton-37: Paul Brühl „Mein Name ist Paul Brühl, ich bin der Geschäftsführer des VAFA, der Verband Automaten Fachaufsteller. Wir sind herstellerunabhängig und vornehmlich auf die Aufsteller orientiert - beraten sie, was Marketingfragen angeht, sorgen dafür, dass sie vernünftig versichert sind.“

Sprecher-28: Nach Schätzungen von Paul Brühl gibt es in Deutschland mehr als zwei Millionen Selbstbedienungsautomaten. Und ja, die Kaugummiautomaten! Sie hängen immer noch an Hausfassaden der Großstädte und den Gartenzäunen der Dörfer. Kaugummi und Krimskrams aus dem Automat, das bringt laut Paul Brühl einem Verkäufer nur etwa mickrige 20 bis 100 Euro im Jahr - manche Betreiber sind da auf bis zu 10.000 Geräte angewiesen, damit sich ihr Businessmodell rentiert. Die Automaten-Aufsteller müssen da schon findig und kreativ sein, mit ihrer Geschäftsidee.

O-Ton-38: Paul Brühl „Was brauchen die Kinder? Gehen die auf den Esel, gehen die auf Traktor los, gehen sie auf die Feuerwehr, wollen die im Flieger sitzen, im Hubschrauber, oder was auch immer. Nicht alles funktioniert an jeder Ecke. Und das ist genau das Feingefühl des Aufstellers, das genau herauszubekommen und eine Beziehung oder Brücke zu bauen, zu dem, der den Platz gibt - nämlich zum Beispiel der Einzelhandelsladen, der jetzt… Ja, was macht der? Ist es ein Eisgeschäft, dann stelle ich eine Eistüte mit Kaugummi und Toys da hin. Es gibt einen Kaugummiautomaten, der die Form der Eistüte hat.“

Sprecher-29: Die Psychologie der Automaten, sie steckt hinter der Mechanik und in subtilen Werbestrategien. Ich sehe was, was Du nicht siehst - und das ist… Nein, nicht rot, gelb, blau - sondern ein Kaleidoskop an Farben. Köder ahoi!

O-Ton-39: Paul Brühl „Der Wurm muss nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch. Und das ist genau die Situation, die wir da auch haben. Das heißt: Kinder entwickeln Fantasie, egal wie groß,

20 wie klein das Spielzeug ist. Und der riesengroße Traktor oder Kran, der ist lange nicht so faszinierend oder verliert manchmal schneller an Faszination als ein kleines Teil, was das Herz trifft.“

Sprecher-30: Oder die Geschmacksnerven stimuliert!

Atmo-12: Schokoladenmuseum

Sprecher-31: Schon Ende des 19. Jahrhunderts stellte der Kölner Schokoladenproduzent Ludwig Stollwerck die ersten Verkaufsautomaten auf. Sie waren zunächst Teil seiner Werbestrategie, die darauf abzielte, über die Automatenverteilung preiswerter Kleinpackungen den Verkauf der Stollwerck-Produkte im Handel zu fördern.

O-Ton-40: Andrea Durry „Mein Name ist Andrea Durry, ich bin hier im Schokoladenmuseum zuständig für die Ausstellung. Wir stehen jetzt im Bereich „Werbung und Reklame“, weil man mit den Automaten auch ein bisschen Werbung für das eigene Produkt betrieben hat - das Schokoladenprodukt, was man eben darüber verkauft hat. Wir haben jetzt hier unseren ältesten Automaten, der ist aus dem Jahr 1888. Auch einer der ältesten Automaten der Firma Stollwerck, 1887 haben sie den ersten auf den Markt gebracht, und das waren dann wie dieser so kleine Tischgeräte. Und man hat Schokoladenproben darüber verkauft, weil man eben auch noch nicht wusste: Funktioniert das überhaupt, kommt das bei den Leuten an? Ja, und deswegen waren die noch besonders klein.“

Autor: „Das heißt: Wo standen die dann?“

O-Ton-40: Andrea Durry „Die standen zunächst einmal in den Läden. Und man konnte eben auf der Theke noch so ein bisschen Schokolade ziehen. Das hatte aber dann bald so einen großen Erfolg, dass man sie dann eben auf öffentlichen Plätzen fand, im Bahnhof natürlich, und man eben auch Geschäfts-ungebunden Schokolade ziehen konnte.“

21 Sprecher-32: 18 Millionen Tafeln Schokolade wurden allein 1890 über Automaten abgesetzt. Der Erfolg der Verkaufsautomaten führte dazu, dass die Süßwarenfirma ab 1890 auch Automaten im Spielzeugformat produzieren ließ.

Sprecher-33: Mit der „automatischen Chocolade Sparkasse“ wollte er die Jugend an Sparsamkeit gewöhnen und den Kindern eine „Anspornung zum Fleisse“ geben.

O-Ton-42: Andrea Durry „Hier in der Ecke haben wir noch zwei besondere Automaten: Tierautomaten, das war auch der Renner um die Jahrhundertwende. Das heißt: Man hat Tiere aufgestellt, zum einen, um Leute anzulocken, aber wir haben hier in der Vitrine zwei besondere Automaten stehen. Der eine zum Beispiel ist die Eier-legende Henne. Da warf man zehn Pfennige hinein und kurbelte, dann viel hinten am Ende dieses Blechei raus, was man dort auch schön sehen kann. In diesem Ei befand sich ein Schokoladenei und wenn man Glück hatte: In jedem zwanzigsten Ei gab es einen Zinnsoldaten und eine tolle Marmelade im Inneren und die Henne gackerte dann auch gleichzeitig noch. Und der Storch-Automat, den man da hinten siehe, da warf man auch zehn Pfennige rein, kurbelte auch wiederum und dann fiel ein kleines Schokoladenbaby raus und gleichzeitig schrie der Automat Mama.“

Musik-15: Four Tet „Daughter“

O-Ton-43: Andrea Durry „Das ist eigentlich ein Jugendstil-Automat. Wir haben diesen Automaten allerdings komplett neu gebaut. Der ist jetzt auch schon zwanzig Jahre alt, mit der Technik wie um die Jahrhundertwende, was heute ein paar Probleme mit sich führt, wenn er viel gebraucht wird, dann hat der einfach seine Macken. Und an dem Automaten kann man eben ein Stück Schokolade ziehen.“

Autor: „Sieht fast aus wie eine Standuhr, wie ein Schrank eigentlich.“

22 O-Ton-43: Andrea Durry „Man brauchte Platz, um auch eine Menge Tafeln unterzubringen, dass man nicht alle zwei Stunden hin musste, um den dann aufzufüllen. Deswegen habe es meisten zwei Schächte, drei Schächte, der hat sogar vier Schächte, wo man dann eben verschiedene Produkte ziehen konnte.“

Autor: „Und den können wir mal bedienen.“

O-Ton-43: Andrea Durry „Ja, aber dazu braucht man leider Geld.“

Autor: „Ja, ich habe natürlich Geld dabei. Ob ich jetzt einen Euro dabei habe?“

Atmo: Automat

O-Ton-43: Andrea Durry „Bitte schön.“

Autor: „Das war es schon. Also man zieht hier. Dann habe sie hier eine kleine…“

O-Ton-43: Andrea Durry „Tafel Schokolade.“

Autor: „35 Gramm.“

O-Ton-44: Andrea Durry Stollwerck hat es auch möglich gemacht, dass man auch nicht nur Schokolade ziehen konnte, sondern eben auch Seife zum Beispiel. Es gab wohl auch Toilettenpapier, es gab Nähnadeln, es gab alles mögliche, was man vielleicht benötigte, wenn die Geschäfte geschlossen hatten und man zuhause Not hatte, dann konnte man noch zu einen solchen Automaten gehen - und natürlich Schokolade ziehen.“

Sprecher-34: Bunte Schokoladentafeln, geschichtet in den Automatenschächten - unsichtbar und doch von betörender Sinnlichkeit. Mit den ineinander gestapelten

23 Instrumenten des Münchner Experimental-Pop-Duos Joasihno wird das Prinzip Automat hörbar.

Musik-16: Joasihno „Veiled Bloom“

Sprecher-35: Keyboards, Glockenspiele und Xylophone - drapiert auf dem Teppichboden im Proberaum, umgeben von Rotoren auf Stativen mit waagrechten Armen. Pling-Plong, Klick-Klick-Klack. Ein sich drehendes T aus Holzleisten, an denen kleine Kugeln baumeln und an darunter liegende Gegenstände schlagen.

Atmo-13: Proberaum

Sprecher-36: (!! Info: Cico wird Giko gesprochen) Nico Sierig und Cico Beck bauen ihre Instrumente auf. Joasihno nennen sie ihr Musik- Projekt. Analog trifft dabei auf digital, Mensch auf Maschine - ihre am Boden geschichteten Musikinstrumente werden durch Midi-Interfaces, durch Schnittstellen zwischen digitalem Computer und analogem Instrument, auch zu einer Art Musik-Automat, oder besser: Die Automatisierung wird Teil der Musik.

O-Ton-45: Nico Sierig „Diese Motoren, die gibt es zu kaufen, und diesen Schlegel haben wir einfach selber dran gebaut. Einfach mit Kabelbinder. Aber diese Halterung, die wurde für uns von einem Schlosser konstruiert, dass man die auch im Winkel verstellen kann. Das ist jetzt vor allem bei dieser Konstruktion für das Xylophon wichtig, dass man die Abstände der Motoren zueinander verschieben kann, damit man unterschiedliche Töne am Xylophon spielen kann.“

O-Ton-46: Cico Beck „Ich habe hier im Computer schon Midi-Spuren vorbereitet, und die spielt er dann ab.“

Atmo: Xylophon

Sprecher-37: Der Musiker Cico Beck sitzt vor seinen Instrumenten: Glockenspiel, Tamburin, Xylophon - präpariert mit kleinen Elektromotoren, verkabelt mit dem Laptop -

24 und Controller der „Dada Machines“. 2015 haben sie Christian Heiß und Johannes Lohbihler in München entwickelt: In einem Kellerstudio in München-Schwabing sind die ersten Prototypen entstanden. Mit den „Dada Machines“ bringen Johannes Lohbihler und Christian Heiß ein wenig Modellbau-Romantik in die experimentelle Musik. Johannes ist Produktdesigner, Christian Theatermacher und Musiker beim Weilheimer Notwist-Ableger Lali Puna.

Musik-17: Lali Puna „50 Faces Of“ Atmo-14: Stecker in Buchse

Sprecher-38: Johannes Lohbihler knibbelt Stecker in ein kleines, schwarzes Kästchen im CD-Format, dem Herzen der „Dada Machines“, der Audioschnittstelle zwischen dem Computer und den Elektromagneten.

O-Ton-47: Johannes Lohbihler „Der wandelt Midi-Signale, die wir in fast allen Musikprogrammen haben, in Stromstöße um.“

Sprecher-39: Stecker in die Buchse, Plug and Play - das Innenleben digitaler Musik-Instrumente bleibt im Verborgenen, mit seinen „Dada Machines“ macht der Musiker und Klangtüftler Christian Heiß sichtbar, ja geradezu sinnlich erfahrbar, was im Inneren tatsächlich geschieht.

O-Ton-48: Christian Heiß „Ich habe sofort einen Zugang, wenn ich sehe, da haut ein Stock auf eine Trommel. Ganz anders, als wenn nur eine Box wackelt und es macht bumm.“

Sprecher-40: Im Prinzip ist „Dada Machines“ nur eine Audioschnittstelle über die sich herkömmliche Analog-Instrumente und Alltagsgegenstände mit dem Rechner steuern lassen: Blechbüchse, Teller und Tassen, Legosteine - auf unzähligen Dingen lässt es sich hämmern und klöppeln. Alles wird zur Klangquelle, zu Impulsen für die Software, der Controller wandelt sie in Stromstöße um und lässt die Motoren klicken und klacken.

25 Atmo: Dada Machines im Studio / Sequenzer / Motor Atmo: Theater // Applaus

Sprecher-41: Ortswechsel: Jugendtheater „Schauburg“ in München-Schwabing. Hier setzt Christian Heiß das Prinzip der „Dada Machines“ seit 2015 in diversen Stücken auf der Bühne um - etwa in Jules Vernes „20.000 Meilen unter dem Meer“.

Atmo-15: Glockenspiel

O-Ton-49: Christian Heiß „Das ist ein Glockenspiel und da sind Drehmagnete angebracht. Da habe ich jede einzelne Halterung selber gefräst und hab da den Klöppel dran gemacht. Immer wenn der 24 Volt bekommt, der Motor, dann dreht der. Und eine Feder holt das zurück.“

Sprecher-42: Was Christian Heiß nicht möchte: Echte Musiker aus Fleisch und Blut durch seine „Dada Machines“ ersetzen. Denn menschliche Emotionen können seine Maschinen nicht transportieren.

O-Ton-50: Christian Heiß „Kein Computer dieser Welt kann dir eine Chopin-Etüde spielen wie ein guter Pianist. Nur Maschinen sind an anderer Stelle einfach viel leistungsfähiger, die fragen nicht nach: Hast du zehn Finger oder hundert? Sondern die machen das, was man ihnen rein schreibt. Die große Idee wäre sozusagen, das zu kombinieren: Also menschliches Gefühl mit den Möglichkeiten der Computertechnik so zu verbinden, dass man nicht computergenerierte Sounds hat, also keine Taschenrechner-Sounds, keine 8-bit-Sounds, sondern ich will einfach eine Trommel hören. Das macht ein anderes Gefühl, wenn die Luft echt scheppert.“

Atmo: Theater / Applaus

Sprecher-43: Alte Musikautomaten haben in Zeiten der am Computer erzeugten Klänge einen besonderen Reiz: Es ist ein Hauch von analoger Wärme, den Automaten-Musik in unserer digitalisierten Welt versprüht.

26

Audio-1: Electric Ladyland „Have you ever been to Electric Ladyland? The magic carpet waits for you. So don`t you be late...“

O-Ton-51: Michaela Melián „Das ist natürlich so eine Art anderes Land, das Electric Ladyland - auch eine Utopie, vielleicht.“

Sprecher-44: Die Utopie aus Tönen und Bildern, die Verheißung im Zwischenreich von Mensch und Maschine. Klängen und Zerwürfnisse in Zeiten der Automation. Die Mensch-Maschine als Versprechen für: Die Verbesserung der Welt.

Audio-2: Electric Ladyland „Ein Automat ist eine Maschine, die vorbestimmte Abläufe selbsttätig, automatisch, ausführt. Automatus, lateinisch freiwillig, aus eignem Antrieb handelnd...“

Sprecher-45: In Anlehnung an E.T.A. Hoffmanns Erzählung „Der Sandmann“ eröffnet Michaela Melián mit ihrer Version der Arien singenden Puppe „Olimpia“ einen Diskurs zwischen Mensch und Maschine. In der Ausstellung „Electric Ladyland“ im Münchner Lenbachhaus liefen dabei 2016 ihre künstlerischen Forschungsfelder zusammen und wurden zu einer Art begehbarem Hörspiel.

Audio-3: Electric Ladyland „Wie sie sich dreht, sich neigt, den Kopf hebt, ihre Augen aus Emaille öffnet und ganz einfach sagt: Ach, ach, ach...“

Sprecher-46: Die bildende Künstlerin, Kunstprofessorin und Komponistin verhandelt ihre Themen seit mehr als 30 Jahren auch in ihrer legendären Band F.S.K.: Popkulturelle Dekonstruktion, Brüche in Gesellschaft und Politik.

27 Musik-18: F.S.K. „The Blues And The Abstract Truth“

O-Ton-52: Michaela Melián „Ob es jetzt das Handy ist oder was auch immer. Es zwingt uns ja gewisse Bewegungen und Abläufe auf, und gleichzeitig ist es halt dieser schöne Schauer.“

Audio-4: Electric Ladyland „Erster Schritt: Er, rechter Fuß vor. Sie, linker Fuß rück. Zweiter Schritt: Er, linker Fuß vor. Seitwärts. Sie, rechter Fuß rück. Seitwärts…“

O-Ton-53: Michaela Melián „Bis heute ist es halt ein wahnsinniges Thema: Wie gehe ich mit der Maschine um? Leitet die Maschine mich schon? Oder ist die Maschine noch ein Versprechen.“

Sprecher-47: Mit einem auf 40 Schläge pro Minute herunter gedrosselten Walzer komponiert Michaela Melián einen Soundtrack zur Dominanz unserer mechanisierten Welt. Wie ein fliegender Teppich liegt dieser aus der Zeit gefallene Gesellschaftstanz unter dem Hörspiel. Der Tanzkurs wird zum Taktgeber einer hypermodernen Welt - analog trifft auf digital. Die Automation im popkulturellen Kontext, der Automat als kulturgeschichtliche Pop-Skizze, die Automatisierung unserer Emotionen.

Musik-2: Zoot Woman „Automatic“ („I`ve got a feeling, it`s automatic...“)

Sprecher-48: Ein Automat, der Emotion transportiert: In der Musik wird dieses Paradox hörbar.

Atmo-16: Mechanik der Jukebox

Sprecher-49: Präzise greift die Mechanik der Jukebox nach einer Vinyl-Single: So klingt es, wenn sie eine Platte auflegt, die antiquierte Jukebox von Benjamin Mathias aus München. Ein richtiges Möbelstück - aus der Zeit gefallen, verchromt und kantig.

28

O-Ton-54: Benjamin Mathias „Eine Rock-Ola von 1964. Das ist schon mehr so der nüchterne Stil. Die fasst 80 Singles. Man sagt dann 160er, weil jede Single zwei Seiten hat. Also 160 Lieder kann die spielen.“

Atmo-17: Münzeinwurf

Sprecher-50: Benjamin Mathias bestückt seine Jukebox gerade mit alten Singles, ausgegraben aus zerfledderten Flohmarkt-Kisten. Trashige Popnummern, Evergreens, schmalzige Ohrwürmer - die einen sortiert er ein, die anderen fliegen raus:

Autor: „Der erste Klassiker, den ich kenne. Salt´n`Pepper.“

O-Ton-55: Benjamin Mathias „Let`s talk about sex. Kommt raus...“

Musik-19: Salt´n`Pepper „Let`s talk about sex“

O-Ton-56: Benjamin Mathias „Es sind auch immer wieder Schätze dabei. Wie hier zum Beispiel „Reality“. Dreams are my reality. La Boum.“

Musik-20: Richard Sanderson „Reality“

O-Ton-57: Benjamin Mathias „Ich mache jetzt noch den letzten Check nach dem neu Bestücken. Einfach, ob er alles spielt, ob er richtig einordnet. S, 6, hat er vorhin nämlich falsch einsortiert. Schauen wir mal, ob er es jetzt richtig macht...“

Atmo-18: Jukebox festzurren

O-Ton-57: Benjamin Mathias „So, gut. Dann packen wir es ein...“

29 Sprecher-51: Eigentlich steht die Jukebox von Benjamin Mathias in einer kleinen Szene-Bar in München. An heißen Sommerabenden zurrt er sie mit Freunden auf einem Fahrrad- Anhänger fest und karrt sie in nur 20 Minuten runter an die Isar - Jukebox-Party unter freiem Himmel, Einladung per SMS.

O-Ton-58: Benjamin Mathias „Wir haben ja früher schon viele illegale Partys gemacht an der Isar. Das war immer ein riesiger Aufriss, mit dem Sprinter voll Zeugs. Und jetzt haben wir einen Fahrradanhänger, die Jukebox, und bestellen dort vor Ort ein paar Kästen Bier. Das ist halt super entspannt.“

Autor: „Ist ja schon irgendwie skurril, weil hier jetzt so eine Art Disco entsteht - mitten in der Natur, in den Isar-Auen.“

O-Ton-58: Benjamin Mathias „Aber eine sehr sanfte Disco. Wir sind sehr mit der Natur hier. Eine grüne Disco. Ich will da auch nicht so einen Rave veranstalten. Es soll klein, gemütlich sein mit maximal 200 Leuten. Das ist mir fast schon zu viel. Ich bin voll happy, wenn 50, 100, 150 Leute da sind. Weil ich mache es ja auch nicht zum Geld verdienen, sondern wir machen es, weil wir selber dran Spaß haben. Und ich will da nicht Leute bedienen, die das gar nicht schätzen. Also das ist wirklich im kleinen Kreis für Liebhaber.“

Sprecher-52: Die Isar rauscht. Im Gestrüpp surrt ein kleiner, gelber Camping-Generator: Strom für die Jukebox. Der mitgebrachte Baustrahler wird mit grüner Folie beklebt und beleuchtet das Blätterdach einer wuchtigen Buche. An einem Ast auf drei Meter Höhe baumelt eine Disco-Kugel.

O-Ton-59: Benjamin Mathias „Jetzt müssen wir mal kucken, jetzt schmeißen wir sie mal an.“

Jukebox-Atmo-19: The Knack „My Sharona“

Autor: „Ja, langsam wird es jetzt auch dunkel.“

30 O-Ton-59: Benjamin Mathias „Wenn man früher anfängt, dann ist es schon so picknickig. Und je später es dann wird, dann wird es schon so dancy.“

Sprecher-53: Zum Sonnenuntergang sitzen die ersten Gäste noch auf mitgebrachten Decken. Ihre Blicke sind auf die 50 Jahre alte Jukebox gerichtet. Wie ein goldener Schrein leuchtet dieser analoge Musik-Klotz in der schwülen Party-Nacht mitten in der Natur. Nicken und Wippen im Takt der Musik. Gegen Mitternacht tanzen gut 100 Leute. Ganz ohne Verstärker!

O-Ton-60: Weiblicher Gast „Es ist so ein verwunschener Ort. Und es sind nette Menschen. Gute Musik. Musik, die man selten hört. Man zahlt für gute Musik, nämlich mit 50 Cents pro Song. Und das ist eine der wenig Sommernächte. Das alles zusammen ist doch wunderbar.“

Sprecher-54: Nur das mit dem Münzeinwurf an der Jukebox gestaltet sich nach ein paar Bier zu später Stunde etwas schwierig.

O-Ton-61: Männlicher Gast „Was! Ich hab es verloren. Ach, da ist es. Moment. Sieben...“

Sprecher-55: Ungelenk der Mensch, präzise der Automat - es verbindet sie die euphorisierende Wirkung der Musik. Die Mensch-Maschine im Spiel mit der Emotion.

Atmo-20: Jukebox / Beatles „Hey Jude“

Extra-Sprecher: Das war: „Klick, Klick, Klack - Leben mit Automaten“. Ein Feature von Andi Hörmann. Es sprachen: Martin Bross und Sigrid Burkholder Ton und Technik: Eva Pöpplein und Roman Weingart Regie: Uta Reitz Redaktion: Klaus Pilger Produktion: Deutschlandfunk 2017