Ein Mythos Der Berge
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MENSCHEN Ein Mythos der Berge Fotos: Archiv Luis Trenker, Museum Gherdëina Trenker, Luis Archiv Fotos: Luis Trenker: ein Begriff, eine Legende, ein Synonym für das Abenteuer Berg. Der Südtiroler Bergsteiger, Architekt, Filmemacher, Schauspieler und Autor prägte das Genre „Bergfilm“ und verschmolz in seinen Werken bis ins hohe Alter Lebens- und Schaffenskraft. von Gloria Staud ast ein Jahrhundert“ nannte Luis Fernseherzähler aus dem Grödental, auf engen Kontakt zu den Bergen: Im Sommer Ferdinand Trenker die von ihm seine „letzte Tour“: Am 12. April 1990 rief arbeitet er als Hirte auf der Alm und mit verfasste Kurzbiografie über seinen der Herr über alles Leben Luis Trenker in acht Jahren besteigt er mit dem Vater den berühmten Vater. Auch Jürgen sein ewiges Reich. Es sind wohl auch fast 2.665 Meter hohen Sassongher. „Dieses FPanitz, Münchner Regisseur und Begleiter 100 Jahre nötig gewesen, um ein derartig Erlebnis prägte ihn tief“, schreibt Sohn des Filmemachers aus Südtirol, benann- vielfältiges und arbeitsreiches Leben zu Ferdinand in dem Curriculum vitae. Nach te einen seiner Dokumentarfilme „Luis führen. Luis Trenker wird am 4. Oktober der öffentlichen Mittelschule sowie der Trenker – Fast ein Jahrhundert“. Denn mit in St. Ulrich im Grödental geboren, in Bau- und Handwerksschule in Bozen und sage und schreibe 97 Jahren begab sich einer Zeit, als Südtirol noch zu Österreich- einem Intermezzo als Elektrikerlehrling Luis Trenker, der Architekt, Bergsteiger, Ungarn gehört. Bereits in der Volksschul- in dem vom Großvater Ferdinand Demetz Schaupieler, Regisseur, Schriftsteller und zeit in seiner Heimatgemeinde hat der Bub erbauten Werk, schreibt ihn die Mutter an 74 fiesta 04/2008 MENSCHEN und Bassano. Auf einem Erkundungsgang wird der junge Mann verletzt und erhält den Orden „Vitam et Sanguinem“. Sein bergsteigerisches Wissen beeinflusst auch seine Standorte: Eine Zeitlang ist er Ausbildungsoffizier für Gebirgstruppen in den Ötztaler Alpen, anschließend kommt er an die Dolomitenfront. Ungeachtet des Krieges schafft der begeisterte Alpinist jeweils mit Freunden in dieser Zeit die Erstersteigung der Clarkspitze (2537 Meter) sowie der kleinen Fermeda (2800 Meter) durch die Südostwand. Nach dem Kriegsende kehrt Luis Trenker in seine Heimat, die nun zu Italien gehört, zurück. Zunächst versucht er sich als Kaufmann, setzt dann das Architekturstudium fort, das er in Graz abschließt. 1922 eröffnet er gemeinsam mit dem späteren Starar- chitekten Clemens Holzmeister aus dem Stubaital ein Architekturbüro in Bozen. Das Architektenduo erarbeitet zwischen 1922 und 1924 Projekte für die neue Talferbrücke in Bozen, die Villa Pretz, für Wohnbauten, die Erweiterung des Hotel Requisiten aus den Bergfilmen Trenkers: der Nachlass im Museum de Gherdeina Adler in St. Ulrich, den Friedhof in Cortina dokumentiert sowohl die Filme als auch die primitive Ausrüstung der 30er Jahre. d’Ampezzo etc. Zwischendurch betätigt sich Luis Trenker immer wieder als Berg- der k. u. k. Realschule in Innsbruck ein. und Bergerfolge: Schon im August 1914 führer und Schilehrer. meldet sich der junge Grödner zur Artille- Der Berg ruft! rie und kommt an die russische Front nach Schicksalhafte Bergwelt Galizien. Im Jahr darauf gibt Italien seine Am 16. Juli 1912 erwirbt der junge Mann Neutralität auf und beteiligt sich am Krieg Seine Leidenschaft, aber auch den Re- in seiner Heimat das Diplom eines Berg- gegen Österreich und Deutschland. Luis spekt vor den Bergen dokumentiert Luis führeraspiranten und besteht das Berg- Trenker kehrt in die Heimat zurück und Trenker nicht nur in einer Ansammlung führerdiplom. Seine Liebe und seine besucht einen Ausbildungslehrgang für von Erstbesteigungen. Sein bergsteige- Begeisterung für das Bergsteigen gehen Offiziere in Lavarone bei Trient. Anschlie- risches Talent führt den jungen Grödner weit über das Normalmaß hinaus: Im ßend wird er an die Südfront geschickt, in den 20er Jahren auch in eine völlig selben Jahr schafft er mit Hans Pescota ins Sperrfort Verle zwischen Rovereto neue berufliche Richtung. 1922 wirkt die Erstbesteigung der Nordostwand des Murfreitturmes in der Sellagruppe (2724 Meter). Ein Jahr später macht er mit den Erstersteigungen des Sass de Mesdì in der Odlesgruppe (2760 Meter, 4. Grad), des ersten Sellaturmes (2553 Meter, 4. Grad) über die Südostwand und des Sel- laturmes (2833 Meter, 3. Grad) auf sich aufmerksam. Von 1912 bis Kriegsbeginn studiert der Grödner Architektur an der Technischen Hochschule in Wien. Um das Studiengeld zu verdienen, arbeitet er im Sommer als Bergführer in den Dolomiten und gelegentlich als Kinogeiger. Im Juli 1904 unternimmt Luis Trenker mit Hans Dülfer den Erstersteigungsversuch der Furchettanordwand (3025 Meter). Nach 17 Stunden erreichen sie, nur mit Kletterpat- schen und einem Hanfseil ausgerüstet, die Dülferkanzel, etwa zwei Drittel der Wand. Diverse Preise bei Schi- und Bergläufen dokumentieren das außerordentliche sportliche Talent des jungen Trenkers am Die Berge Südtirols standen in LuisTrenkers Werken immer wieder im Mittelpunkt. Berg. Doch der Krieg unterbricht Studium Auch seine Kulturfilme versuchen, dem Zuseher die Landschaft näher zu bringen. fiesta 04/2008 75 MENSCHEN der ambitionierte Bergfan als Skifahrer- mit einem Feuereifer beim Bergsteigen ner Chefredakteur Luis Trenker an, einen Komparse bei Arnold Fancks Film „Eine und mit viel Humor ausgestattet. Doch Artikel zu seinem Film zu schreiben. „Das Fuchsjagd auf Skiern durchs Engadin“ mit. nicht nur seine Begabung und sein Interes- war für Luis Trenker der Beginn seiner Der deutsche Starregisseur zählt zu jener se am Film ziehen den jungen Mann immer schriftstellerischen Tätigkeit“, beschreibt Zeit zu den Pionieren des neuen Genres mehr in den künstlerischen Bereich. Unter die Kurzbiografie den Werdegang. „Bergfilm“. Tief beeindruckt von Fancks Mussolinis Regime verschlechtert sich die Die Berge stellen in Trenkers weiterem Arbeit macht Trenker Arnold Fanck den Lage der deutschsprachigen Bevölkerung künstlerischen Schaffen in Film- und Vorschlag, einen großen Film über die in Südtirol zusehends. 1927 erklärt der Buchform das zentrale Thema dar. Mit Dolomiten zu drehen, auf den Fanck aber Präfekt Mastromattei alle in Österreich großem Respekt setzt er sich mit den nicht eingeht . Der Kontakt bleibt aufrecht. erlangten akademischen Titel für in Italien Naturgewalten auseinander und bringt Die Dreharbeiten zu Fancks Film „Berg des ungültig. Das Architekturbüro Trenker- sein bergsteigerisches Wissen an. Im Buch „Meine Berge“ aus dem Jahr 1931 formuliert er „Die zehn Gebote des Berg- steigers“, etwa „Du sollst keine Bergfahrt unternehmen, der du nicht gewachsen bist“ oder „Du sollst in den Bergen deine Erziehung und Bildung nicht vergessen“. Anfang der 30er Jahre beginnt Trenker seinen eigenen Stil zu entwickeln. Den entscheidenden Schritt stellt der erste Tonfilm „Der Sohn der weiten Berge“ dar, eine deutsch-französische Koproduktion. In seinem ersten großen eigenen Film „Berge in Flammen“ verarbeitet der Südtiroler seine Erlebnisse an der Front im Ersten Weltkrieg. Sogar Hollywood setzt auf Trenkers Bergmania: Seine ersten beiden Tonfilme dreht er auch in englischsprachiger Version – wobei er die englische Hauptrolle selbst ohne Double oder Übersetzer spielt –, die beiden fol- genden Filme „Der verlorene Sohn“ und „Der Kaiser von Kalifornien“ spielen in Amerika. Das deutsche Filmportal schreibt über diese Arbeiten: „Dem kompetenten Blick des Alpinisten auf Wolkenkratzer und in Straßenschluchten offenbarte sich New York als Landschaft, die verborgene Kamera dokumentierte neo-realistisch Spuren der Weltwirtschaftskrise (Der verlorene Sohn). Die Wüsten des ameri- kanischen Westens hingegen erschienen ihm als Weiten, die Gefahren bergen (Der Kaiser von Kalifornien).“ Deutschland oder Italien? Büste im Grödner Museum. Dank der Bemühungen des früheren Prä Im Jahr 1933 kommt in Deutschland Hitler sidenten Moroder beherbergt das Museum den kompletten Nachlass. an die Macht. Luis Trenker dreht gerade als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller den Schicksals“ bedeutet eine Wende in Luis Holzmeister muss schließen. Während Film „Der Rebell“. Der Bildband „Berge im Trenkers Leben. Ursprünglich als Berg- Holzmeister nach Wien ging, übersiedelt Schnee“ erscheint. Wie zahlreiche andere führer vorgesehen, übernimmt der junge der Südtiroler nach Berlin, wo er am 9. Juli Künstler gerät der Südtiroler sofort ins Südtiroler die Hauptrolle des Titelhelden 1928 Hilda von Bleichert, eine Tochter des Visier der Nationalsozialisten, denen zu- Garbari, als sich herausstellt, dass der dafür Leipziger Seilbahnindustriellen Paul von nächst der grundsätzliche Stil seiner Filme engagierte Berliner Schauspieler sich im Bleichert, heiratet. behagt. Schließlich geht es bei Trenker Gebirge nicht bewegen kann. Auf diese In diesem Jahr stellt sich Luis Trenker auch um große Gefühle und Heldentaten Erstrolle folgen weitere Besetzungen in erstmals auch hinter die Kamera. Der am Berg. Im März gründet Luis Trenker mit Bergfilmen, die zu dieser Zeit in Mode Stummfilm „Der Kampf ums Matterhorn“ Carl Boese, Fritz Lang und Victor Janson sind, so etwa 1926 „Der heilige Berg“ mit in Zusammenarbeit mit Mario Bonnard eine Regiegemeinschaft. Leni Riefenstahl. Luis Trenker repräsentiert und Nunzio Malasomma ist für ihn die Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Luis genau den kernigen Bergmenschen, den erste selbständige filmische Arbeit. Nach Trenker Kollaboration mit den deutschen alle sehen wollen: braungebrannt, drahtig, der Uraufführung des Films regt ein Berli- und italienischen