Universität Zürich IPMZ – Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung

SRG-Online-Angebot: Beobachtung der Konzessionskonformität von Websei- ten und elektronischen Verbindungen

Im Rahmen der kontinuierlichen Analyse der Radio- und Fernsehprogramme der SRG SSR idée suisse erfolgt nun auch die Analyse des SRG-Online-Angebots. Basierend auf der Studie SRG Online Beobachtung aus dem Jahr 2009, die unter der Leitung von Prof. Michael Latzer von der Universität Zürich durchgeführt wurde, soll regelmässig kontrolliert werden, inwieweit das On- line-Angebot der SRG den Konzessionsbestimmungen entspricht.

Untersucht werden die Online-Auftritte von (SF) und Schweizer Radio DRS (DRS), jene von Télévision Suisse Romande (TSR) und Radio Suisse Romande (RSR) so- wie der Auftritt von Radiotelevisione svizzera di lingua italiana (RSI). Dabei werden Inhaltsana- lysen und Linkanalysen durchgeführt.

Ergebnisse der Analysen von 2009 Die Inhaltsanalysen zeigen unter anderem, dass etwa die Hälfte der SRG Online-Angebote aus klassischen redaktionellen Inhalten besteht, wohingegen Internet-typische interaktive Gestal- tungsformen lediglich ein Sechstel des Gesamtangebots ausmachen. Das Webangebot der SRG ist weitgehend konzessionskonform gestaltet, für etwa ein Zehntel der untersuchten Webseiten kann die Einhaltung von Konzessionsvorgaben jedoch nicht abschliessend belegt werden (Grau- zone). Diese Grauzone ist vor allem im Bereich der interaktiven Angebote (Blogs, Publikums- portale) überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Mit ein Grund dafür ist, dass die Konzession SRG bislang keine dezidierten Vorgaben für nutzergenerierte Inhalte enthält, was unter anderem zu Schwierigkeiten bei der Bewertung von Publikumsportalen führt. Andere Angebote (redaktionel- le Inhalte, Verkaufshop, etcetera) sind weniger problemanfällig als interaktive Angebote. Über alle untersuchten SRG-Unternehmenseinheiten hinweg zeigen sich jedoch kaum übergreifende Muster für die Grauzone. Abhängig von der unternehmensspezifischen Struktur des Onlineauf- tritts ergeben sich jeweils spezifische Problembereiche. Insgesamt ist der Anteil der Grauzone in den Jahren 2006 und 2007 grösser als 2008 und 2009. Dieser Unterschied kann als Effekt des In- Kraft-Tretens der Konzession SRG interpretiert werden.

Mit der Linkanalyse werden die Verbindungsstrukturen der SRG-Online-Auftritte gezeigt, die vor allem durch die umfassende Einbindung von Technologie-Dienstleistern geprägt sind. Die differenzierte Analyse der Links zeigt unterschiedliche Kommerzialisierungspotenziale in unter- schiedlichen Gruppen von elektronischen Verbindungen. Generell dürfen Links zu Online- Angeboten Dritter nicht kommerzialisiert, also gegen Geld oder geldwerte Leistungen vorge- nommen werden. Hohes Kommerzialisierungspotenzial besteht bei Verbindungen mit Ad- Servern und E-Shops, also Webseiten, deren Hauptzweck Online-Werbung, beziehungsweise der Online-Verkauf von Produkten ist. Die Linkanalyse zeigt keine unerlaubten Verbindungen mit Ad-Servern, jedoch etliche Verbin- dungen mit e-Shops, die in Einzelfällen auf technischer Partneridentifizierung basieren und auf formelle Internet-basierte Vertriebslösungen hindeuten. Über elektronische Verbindungen wer- den zudem Technologien und/oder Inhalte Dritter in die SRG-Webauftritte integriert mit denen die Funktionalität der SRG-Webauftritte erweitert wird. Die Einbindung ist für gewöhnlich kos- tenlos, erfolgt aber im Tausch gegen die Platzierung von Markennamen, Logos oder Links. Hierbei ist unklar, ob diese für die Internet-Ökonomie charakteristischen Partnerschaften und nicht-monetären Gegengeschäfte geldwerte Leistungen darstellen, die gemäss der Konzession

SRG verboten sind. Die Untersuchungen verdeutlichen die Problematik der Erfassung von fakti- scher Kommerzialisierung, die ohne Einblick in Verträge nicht abschliessend belegbar ist.

Zusammenfassung und Ausblick Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass das Online-Angebot der SRG durch externe Dritte systematisch überprüft werden kann. Grenzen der Überprüfung ergeben sich aber aufgrund von Interpretationsspielräumen bei den Konzessionsvorgaben und aus unterschiedlich ausgeprägter Intransparenz bezüglich des Sendungsbezugs. Insgesamt steht ein Analyseinstrumentarium zur Verfügung mit dem die kontinuierliche Pro- grammanalyse der Radio- und Fernsehprogramme der SRG für den Online-Bereich sinnvoll er- gänzt werden kann. Beispiele aus anderen Regulierungsbereichen zeigen, dass solche periodi- schen Ex-post-Kontrollen die Anstrengungen der Industrie erhöhen, Regulierungsstandards adä- quat umzusetzen.

Problem- und Fragestellung Problem- und Fragestellungen der Studie lauteten wie folgt: Die Online-Auftritte öffentlicher Rundfunkanbieter sind europaweit umstritten, da sie in direkter Konkurrenz zu privaten Angebo- ten stehen. Trotz ähnlicher Diskussionspunkte variieren die regulatorischen Bestimmungen in den einzelnen Ländern. In der Schweiz wurde mit der Konzession SRG eine Lösung gewählt, welche die Online-Auftritte auf eine Ergänzungs- und Vertiefungsfunktion zum Fernseh- und Radioangebot beschränkt. Sie dienen somit der Unterstützung und nicht der Auslagerung des Programmauftrags. Die Studie SRG Online Beobachtung untersucht die Konzessionskonformität des SRG-Online-Angebots und bietet zusätzlich einen Überblick über die Angebots- und Vernet- zungsstruktur der SRG-Online-Auftritte. Im Zentrum der Analyse stehen folgende Fragen:

1. Können die einzelnen Teile des Online-Angebots einer der in Artikel 13 Absatz 1 der Konzession SRG umschriebenen Kategorien zugeordnet werden? 2. Welche Bereiche des Online-Angebots sind als kritisch im Sinne einer Grauzone zu be- trachten? Gibt es Angebote, die weder direkt noch indirekt (thematische Verwandtschaft) mit den Programmen in Verbindung gebracht werden können? 3. Enthält das Online-Angebot Links, die nicht nach publizistischen Kriterien zu begründen, sondern rein kommerziell zu beurteilen sind?

Methode Aus regulatorischer Perspektive stellt sich vor allem die Frage nach der Überprüfbarkeit der Ein- haltung dieser Konzessionsvorgaben, wobei die spezifischen Anforderungen an Analysen von Online-Auftritten (extreme Tiefe und Breite des Angebots, dynamischer Aufbau, starke Verlin- kung, interaktive Kommunikationsformen) auf etliche methodische Herausforderungen verwei- sen, für deren Bewältigung keine Standardlösungen vorliegen. Im Jahr 2009 wurde von der Abteilung für Medienwandel & Innovation des IPMZ der Universi- tät Zürich ein Analyseinstrumentarium für eine systematische Kontrolle der Online-Aktivitäten des öffentlichen Rundfunks in der Schweiz entwickelt und angewendet. Dieses Verfahren bein- haltet eine Inhalts- und eine Linkanalyse, wobei die Daten für die Untersuchung softwaregestützt – mittels Webcrawler – erhoben werden. Die Inhaltsanalyse basiert auf einer repräsentativen Zufallsstichprobe von 2000 Seiten und die Linkanalyse auf einer bewussten Auswahl von 500 elektronischen Verbindungen (URLs), die im SRG-Online-Auftritt die stärkste Verbindungsin- tensität aufweisen. Das Instrumentarium wird nun für die Fortsetzung der SRG-Online- Beobachtung im Jahr 2010 weiterentwickelt und angewendet. Zusätzlich wird eine Vergleichs- untersuchung durchgeführt, um zu zeigen, ob und welche Veränderungen im Online-Angebot der SRG im Unterschied zur Ersterhebung 2009 belegbar sind.

Projektleitung: Prof. Michael Latzer, Abteilung Medienwandel & Innovation, IPMZ – Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung, Universität Zürich, [email protected], http://www.mediachange.ch

Auskünfte: Mag. Dr. Natascha Just * Senior Research and Teaching Associate * Division on Media Change & Innovation * IPMZ-Institute of Mass Communication and Media Research, University of Zu- rich, * Andreasstrasse 15 * CH-8050 Zurich t :+41 (0)44 635 20 47 f: +41 (0)44 634 49 34 e: [email protected]