Isolierte Neutronensterne Und Ihre Sub-Stellaren Begleiter
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Isolierte Neutronensterne und ihre sub-stellaren Begleiter Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor rerum naturalium (Dr. rer. nat.) vorgelegt dem Rat der Physikalisch-Astronomischen Fakult¨at der Friedrich - Schiller - Universit¨at Jena von Dipl.-Phys. Bettina Posselt geboren am 7. Juni 1977 in Bernburg Gutachter: 1. Prof. Dr. Ralph Neuh¨auser, Friedrich-Schiller-Universit¨at Jena 2. Prof. Dr. Gunther¨ Hasinger, Max-Planck-Institut fur¨ extraterrestrische Physik Garching 3. Prof. Dr. Klaus Werner, Eberhard-Karls Universit¨at Tubingen¨ Tag der letzten Rigorosumsprufung:¨ 1.12.2006 Tag der ¨offentlichen Verteidigung: 21.12.2006 Zusammenfassung Neben den Radiopulsaren, die die Mehrheit der gegenw¨artig beobachteten Neutronenster- ne ausmachen, gibt es radioleise junge Neutronensterne mit rein thermischer R¨ontgenstrahlung. Diese Neutronensterne haben ihr Emissionsmaximum unterhalb von 1 keV, sind also weiche R¨ontgenquellen. Diese Gruppe ist sehr interessant fur¨ die Forschung, weil man bei ihnen direkt die Emission der Neutronensternphotosph¨are beobachtet im Gegensatz zur magnetosph¨arischen Emission, die z.B. bei nahezu allen bekannten Radiopulsaren uberwiegt.¨ Man kennt nur sieben, vermutlich sehr nahe (< 500 pc) gelegene Vertreter die- ser Neutronensterne. Innerhalb der nahen Sonnenumgebung repr¨asentieren diese Objekte jedoch etwa ein Viertel der bekannten Neutronensternpopulation. Es stellt sich die Frage, wo und wieviel weitere, ¨ahnliche Neutronensterne auffindbar sind. Die vorliegende Arbeit widmet sich zum einen dieser Frage, sowohl in Form von Simula- tionen der erwarteten, beobachtbaren Anzahl dieser Objekte als auch mittels einer Kan- didatensuche. Zum anderen besch¨aftigt sich diese Arbeit mit m¨oglichen sub-stellaren Be- gleitern um junge Neutronensterne. Populationssynthese junger kuhlender¨ Neutronensterne In dieser Arbeit wird unter- sucht, wie gut die unter Anwendung verschiedener Annahmen simulierte Anzahl von Neu- tronensternen mit den Beobachtungen ubereinstimmt¨ und wieviel mehr Neutronensterne man unter den detektierten, schwachen R¨ontgenquellen aufgrund dieser Simulationen er- warten kann. Wichtige Fragen sind der Einfluss der Verteilung der Vorg¨angersterne und der Absorption durch das Interstellare Medium auf die vorhergesagten Neutronenstern- zahlen. Massereiche Sterne, die sich zu einem Neutronenstern entwickeln k¨onnen, sind besonders h¨aufig in OB- oder Sternenassoziationen zu finden. Dies wird erstmals in die- ser Arbeit im Detail berucksichtigt¨ und fuhrt¨ im Ergebnis zu einer Konzentration von jungen kuhlenden¨ Neutronensternen in Richtung dieser Assoziationen. Die Absorption der R¨ontgenstrahlung in besonders dichten Gebieten des Interstellaren Mediums (ISMs) fuhrt¨ dagegen in der entsprechenden Richtung zu weniger erwarteten Neutronensternde- tektionen. Die Absorption durch das ISM nimmt auch Einfluss auf die Gesamtzahl der Neutronensterne fur¨ eine bestimmte R¨ontgenflussempfindlichkeit. In dieser Arbeit wer- den zur Bestimmung der Absorption zwei unterschiedliche dreidimensionale Modelle fur¨ die Verteilung des ISMs entwickelt, getestet und angewendet. Eine wichtige, gemeinsame Grundlage fur¨ diese Modelle ist das Natriumdichtemodell aus Messungen von Lallement et al. (2003). Die beiden Modelle, ein analytisches und ein auf Sternenextinktionsmessungen beruhendes Modell, erweisen sich als realistisch bezuglich¨ der Wiedergabe von bisherigen Beobachtungsergebnissen von Sternhaufen oder Neutronensternen. Es sind jedoch groß- skalige Modelle, die bei gr¨oßeren Entfernungen im Detail ungenau werden. Ein Unterschied von einem Faktor zwei in der vorhergesagten Gesamtzahl von Neutronensternen mit sehr schwacher R¨ontgendetektion bei Verwendung dieser beiden Modelle verdeutlicht die Not- wendigkeit einer Weiterentwicklung dieser ISM-Modelle. Als Nebenprodukt sind unter Verwendung der ISM-Modelle und R¨ontgenspektren erstmals die Entfernungen zu zwei radioleisen Neutronensternen (grob) bestimmt worden. Demnach hat RX J0720.4-3125 eine Entfernung von 250 25 pc und RX J0806.4-4123 eine Entfernung von 240 25 pc. ± ± Kandidatensuche Wie die Ergebnisse der Populationssynthesesimulationen zeigen, sind weitere Neutronensterne mit vorwiegend thermischer R¨ontgenemission am Himmel zu er- warten, allein in der ROntgenSATelliten¨ Himmelsdurchmusterung, dem ROSAT All Sky Survey (RASS), etwa noch einmal ebenso viele wie gegenw¨artig bekannt. Das Problem bei ihrer Identifizierung sind die großen R¨ontgenpositionsfehler und die ben¨otigten tie- fen, optischen Beobachtungen. Zur (teilweisen) L¨osung des letzteren Problems ist die neue optische Durchmusterung von etwa einem Viertel des Himmels, der Sloan Digital Sky Survey (SDSS), in dieser Arbeit erstmals fur¨ die Kandidatensuche verwendet wor- den. Fur¨ die R¨ontgenquellen des RASS, deren Positionen im Bereich des SDSS liegen, fuhren¨ sorgf¨altig gew¨ahlte Auswahlkriterien zu neun neuen Kandidaten fur¨ radioleise Neutronensterne. Diese werden gegenw¨artig mit dem amerikanischen R¨ontgensatelliten Chandra nachbeobachtet. Fur¨ die Suche nach Kandidaten in tiefen ROSAT- oder XMM- Newton-Einzelbeobachtungen mussen¨ die optischen, SDSS-basierten Auswahlkriterien weniger streng gew¨ahlt werden. Die hier uberpr¨ uften¨ R¨ontgenquellen sind deutlich schw¨acher als die RASS-Quellen, weswegen tiefere optische Beobachtungen n¨otig w¨aren, um ¨ahnlich hohe Flussverh¨altnisse wie fur¨ RASS/SDSS erreichen zu k¨onnen. Die tiefen ROSAT- oder XMM-Newton-Einzelbeobachtungen haben jedoch den Vorteil von durchschnittlich klei- neren R¨ontgenpositionsfehlern. Zusammen mit dem Kriterium eines weichen R¨ontgenspektrums k¨onnen daher auch fur¨ die tiefen Einzelbeobachtungen insgesamt zw¨olf neue Neutronens- ternkandidaten identifiziert werden. Der Anteil von St¨orquellen“ in der Kandidatenliste, ” wie beispielsweise Aktiven Galaxien, ist vermutlich recht hoch, wenn man die Lage der Kandidaten am Himmel (hohe galaktische Breiten) und die Ergebnisse unserer Populati- onssynthese berucksichtigt.¨ Nur mit Nachbeobachtungen im Optischen und bei R¨ontgen- Wellenl¨angen l¨asst sich die Kandidatenzahl weiter eingrenzen. Fur¨ die Suche nach weichen R¨ontgenquellen in den XMM-Newton-Beobachtungen wurde erstmals das Verfahren von Dennerl et al. (2004) zur Berucksichtigung¨ von Detektor- energien von 150 eV bis 200 eV konsequent angewandt. Dafur¨ wurden außerdem bisher unberucksichtigte,¨ auff¨allige Pixel in den Detektor-CCDs (Charge Coupled Devices) − gesucht und von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Drei neue Neutronensternkandida- ten (im SDSS-Himmelsbereich), die mit der Standardanalyse (ab 200 eV) nicht gefunden wurden, sind das Resultat dieser Berucksichtigung¨ niedriger Detektorenergien. Es ist je- doch anzumerken, dass trotz deutlicher Rauschunterdruckung¨ durch das Verfahren von Dennerl et al. (2004) in einigen F¨allen Rauschstrukturen zuruckbleiben,¨ so dass dieses Verfahren nicht ohne anschließende genaue Uberpr¨ ufung¨ zur Identifizierung von weichen R¨ontgenquellen genutzt werden sollte. Suche nach sub-stellaren Begleitern Seit Wolszczan & Frail (1992) die ersten Neutro- nensternplaneten durch Variationen in Radiopulssignalen entdeckt haben, stellt sich die Frage, ob es weitere sub-stellare Begleiter um Neutronensterne gibt und wie h¨aufig Beglei- ter um Neutronensterne sind. In dieser Arbeit wird erstmals das Verfahren der direkten Abbildung im Nahen Infrarot (NIR) zur Suche nach warmen sub-stellaren Begleitern um junge, nahe Neutronensterne verwendet. Dies schließt auch zum ersten Mal radioleise Neu- tronensterne in die Begleitersuche ein. So gefundene sub-stellare Begleiter w¨aren direkt weitergehend beobachtbar, beispielsweise durch Spektroskopie. Die durch die Radiopuls- variationen gefundenen Planeten k¨onnen bisher nicht direkt beobachtet werden, da sie vermutlich zu alt und zu weit weg sind. Im Rahmen unseres langfristigen Projektes sind erste Beobachtungen fur¨ zehn Neutronensterne in dieser Arbeit dokumentiert, insbeson- dere m¨oglicherweise interessante Begleiterkandidaten, ausgew¨ahlt nach NIR-optischen- Farbkriterien. Fur¨ alle Neutronensterne sind obere Grenzen der NIR-Helligkeiten be- stimmt worden. Zwei Neutronensterne haben eine ausreichend hohe Eigenbewegung, so dass bereits jeweils eine Wiederholungsbeobachtung analysiert werden konnte. Es wird keine gemeinsame Mit- bewegung von detektierten Objekten mit den Neutronensternen festgestellt. Daher kann man fur¨ den radioleisen RX J1856.6-3754 sub-stellare Begleiter mit mehr als etwa 10 Jupi- termassen ausschließen, wenn man ein Neutronensternalter von 106 a und eine Entfernung von 161 pc annimmt. Fur¨ PSR J1932+1059 (3.1 106 a, 361 pc) k¨onnen sehr wahrschein- · lich sub-stellare Begleiter mit mehr als 52 Jupitermassen ausgeschlossen werden. Aufgrund großer instrumentenbedingter Fehler ist hier eine weitere Nachbeobachtung sinnvoll. Abstract Most known neutron stars are radio pulsars, but there are also radio-quiet neutron stars with pure thermal X-ray emission. Their X-ray emission maximum is below 1 keV, thus they are soft X-ray sources. These radio-quiet neutron stars are of special interest because their thermal X-ray spectra are caused by photospheric emission – allowing a direct view onto the stars’ surfaces – in contrast to the magnetospheric emission which is dominating in case of e.g. most of the radio pulsars. Only seven sources are known of this fascinating radio-quiet neutron star type. However, they represent about one fourth of the known neutron stars in the solar neighbourhood. How many more