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www.vds-astro.de ISSN 1615-0880 II/2018 Nr. 65 Zeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V.

Schwerpunktthema: Totale Sonnen- Deutscher Preis für Astronomie Astronomisches Sommerlager Marsopposition 2018 Seite 6 Seite 75 Seite 98 finsternis 2017 Editorial 1

Liebe Mitglieder, liebe Sternfreunde,

aus aktuellem Anlass haben wir das zur Marsopposition geplante Schwer­ punktthema der totalen Sonnenfinsternis vom 21. August in den USA umgewidmet. Es erwarten Sie spannende Reiseerlebnisse, wunderschöne Aufnahmen und fachkundige Auswertungen!

Damit ist die Marsopposition aber nicht vergessen, denn wird in diesem Unser Titelbild zeigt als Kompositbild Jahr erstmals seit 2003 der Erde wieder besonders nahe kommen, eine sogenannte die Phasen der Sonnenfinsternis am 21. Perihel-Opposition tritt ein. Leider steht Mars von Mitteleuropa aus gesehen dann recht niedrig am Himmel. Das ist für Teleskopbeobachtungen eher ungünstig, August 2017 über der Landschaft nahe bietet aber Gelegenheiten für schöne Stimmungsbilder. Ganz besonders am Madras, Oregon/USA. Während die Land- 27. Juli, wenn pünktlich zur Opposition sogar eine totale Mondfinsternis schaft mit einem Superweitwinkelobjektiv stattfindet, bei der sich der verfinsterte Mond nur wenige Grad von Mars entfernt mit 155° Blickwinkel abgelichtet wurde, befinden wird. Ernsthafte Beobachtungen und Aufnahmen sollen trotzdem nicht diente zur Aufnahme der Sonne ein zu kurz kommen, dazu lesen Sie in diesem Heft ab Seite 95. Teleobjektiv mit 500 mm Brennweite. Die Sonnenscheibe ist in Relation zum Nach der kalten Jahreszeit beginnen wieder die Tagungen, Messen und Hintergrundbild demnach um den Faktor Teleskoptreffen. Am 28. April laden die VdS und das Friedrich-Koenig- 4,6 zu groß wiedergegeben. Gut wieder- Gymnasium zur Würzburger Frühjahrstagung ein. Das sehr interessante Vortragsprogramm finden Sie auf Seite 5. gegeben ist das fahle Licht während der totalen Bedeckungsphase der Finsternis. Und auch sonst sind viele Veranstaltungen geplant, wie der Terminkalender ab Die Aufnahmedaten: Hintergrund, YI2K- Seite 140 zu berichten weiß. Zum Beispiel der traditionelle ATT in Essen am Actioncam mit Superweitwinkelobjektiv, 5. Mai. Oder die BAV-Veränderlichenwoche an der Sternwarte Kirchheim ab ISO 162, Blende 2,8, 1/960 s, Phasenbil- dem 26. Mai. Nicht zu vergessen zahlreiche Tagungen der VdS-Fachgruppen, der der Sonne mit Kamera Nikon D7000 bei denen natürlich auch Gäste willkommen sind. und Sigma-Spiegeltele 1:8/500 mm, ISO 640, 1/20 bis 1/1250 s. Die Redaktion Wir würden uns freuen, Sie bei der ein oder anderen Gelegenheit vor Ort zu gratuliert unserem Bildautor Ralf Schäfer treffen. Für die Zwischenzeit steht das Diskussionsforum der VdS unter forum. sternfreunde.de zum Online-Austausch zur Verfügung. Oder folgen Sie uns auf zu diesem schönen Bild. Der geneigte Facebook und Twitter (siehe Seite 4 unten). Leser beachte bitte auch seinen Text- beitrag in diesem Heft. Mit herzlichen Grüßen von Ihrer VdS

Sven Melchert

VdS-Journal Nr. 65 2 Inhalt

GESCHICHTE DER ASTRONOMIE 14. Tagung der Fachgruppe Geschichte der Astronomie in Lilienthal 69

SCHWERPUNKTTHEMA Totale Sonnenfinsternis 2017 8

ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN Wochenende der Astronomie in Münster 58

ASTROFOTOGRAFIE 1 EDITORIAL 50 Die Mathematik der Astrofotografie 52 A fish on a platter – eine fotografische Nachlese 2 INHALTSVERZEICHNIS 55 Der Rosettennebel – angepasste Falschfarbenaufnahme eines Emissionsnebels NACH REDAKTIONSSCHLUSS 57 40 Jahre Norddeutsches Astrofotografentreffen 4 Aktuelles über die VdS 5 42. Würzburger Frühjahrstagung am 28. April ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN 6 Die Verleihung des Deutschen Preises für Astronomie 58 Wochenende der Astronomie in Münster an Wolfgang Busch 6 Nordlicht-Beobachtungen im 19. und 20. Jahrhundert COMPUTERASTRONOMIE 59 CSharpFits und weitere Code-Bibliotheken für das SCHWERPUNKTTHEMA: TOTALE SONNEN- FITS-Format FINSTERNIS 2017 60 Interpolation mit kubischen Splines 60 8 Sonnenfinsternis in Wyoming Beobachtungslogger für Android: StarLog 12 Die totale Sonnenfinsternis am 21.08.2017 bei Mitchell, Oregon DEEP SKY 61 16 Haro 4-1 – ein Planetarischer Nebel im Halo der Galaxis The Great Eclipse – Totale Sonnenfinsternis über 63 Amerika Think Big – Beobachtungen über 2 Grad und mehr: Tänzelndes Pferd 21 The Great American Solar Eclipse 66 Skyguide 2018-1 (Frühling) 24 Die äußere Sonnenkorona im infraroten Licht 26 Great American Eclipse – Besuch von Nationalparks mit GESCHICHTE SoFi-Höhepunkt 69 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie 32 Erdschein und Bailey’s Beads bei der Sonnenfinsternis 69 14. Tagung der Fachgruppe Geschichte der Astronomie am 21.08.2017 in Lilienthal 34 „The Total Solar Eclipse“ bei den Cowboys in Riverton 72 Historische Sonnenfinsternisse – ein Phänomen mit 37 Die große USA-Sonnenfinsternis 2017 – Ein Last- großer Anziehungskraft Minute-Trip 40 … endlich!!! JUGENDARBEIT 41 Unsere USA-Sonnenfinsternis 2017 75 Zwei Wochen Wissenschaft für Jugendliche: das Astro- 42 Reise zur American Eclipse nomische Sommerlager

KLEINE PLANETEN FACHGRUPPENBEITRÄGE 79 Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten AMATEURTELESKOPE 80 Kleinplaneten – 3D am Nachthimmel 47 Stativ auffrischen leicht gemacht 81 Kosmische Begegnungen 48 PowerBox: für mobile Sternwarten (Version 230V) 83 Die 100. Frankfurter Kleinplaneten-Entdeckung 85 Kleinplanetentagung 2017 in Leiden (Niederlande) VdS-Journal Nr. 65 Inhalt 3

METEORE Radiant und Antiradiant 92

SPEKTROSKOPIE Softwaregestützer Entwurf eines Karbon-Echelle-Spektrografen 107

KOMETEN VDS-NOSTALGIE 87 Auffallende Kometen des dritten Quartals 2017 128 Das war’n noch Zeiten, Folge 32

METEORE VDS VOR ORT / TAGUNGSBERICHTE 88 Synchronschall – selbst beobachtet 130 36. BoHeTa mit Themenschwerpunkt „Aktive 90 Stereoskopie eines Meteorstroms mit Echtzeit-Aufnahmen Galaxienkerne“ 92 Radiant und Antiradiant ZUM NACHDENKEN PLANETEN 133 Leben im All? – II. Sehnsucht nach Kontakten 95 Marsbeobachtungen 2016 98 Beobachtungstipps zur Marsopposition 2018 SERVICE 136 Himmelsvorschau April - Juni 2018 SONNE 102 Ein frühes Ereignis des Sonnenzyklus 25 – gezeichnet, BEOBACHTERFORUM nicht geknipst 139 Sidewalk Astronomy

SPEKTROSKOPIE VORSCHAU 105 Echelle 2017 – ein Tagungsbericht 140 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen 107 Softwaregestützter Entwurf eines Karbon-Echelle- April bis Juli 2018 Spektrografen 111 Spektrentrennung von Binarsternen IMPRESSIONEN 11 Im Schatten der Erde: die partielle Mondfinsternis STERNBEDECKUNGEN vom 7. August 2017 115 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond 46 Perseiden im 2. Quartal 2018 101 Polarlicht 101 Mond und Venus über Stuttgart VERÄNDERLICHE 118 VV Cephei – Beobachtungskampagne einer seltenen Bedeckung HINWEISE 120 Veränderliche Sterne als Motivation für Schüler- 7 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie! praktikanten 11 Inserentenverzeichnis VDS-NACHRICHTEN 23 Impressum 123 Neues aus dem Vorstand 143 Wichtige Informationen für unsere Mitglieder! 124 Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e.V. 142 VdS-Fachgruppen-Redakteure 124 Jubiläen 2018 127 In Memoriam 2017 142 VdS-Fachgruppen-Verantwortliche 127 Wir begrüßen neue Mitglieder 144 Autorenverzeichnis

VdS-Journal Nr. 65 4 Nach Redaktionsschluss

Aktuelles über die VdS von Sven Melchert, VdS-Vorstand

Liebe Mitglieder und Freunde der VdS, Adressen finden Sie am Ende des Heftes. VdS-Website und Veranstaltungs- auf der Mitgliederversammlung am 21. Ansprechpartner für die Fachgruppen im termine Oktober 2017 wurde ein neuer Vorstand Vorstand sind Werner Celnik und Otto Der zentrale Kontakt für Nachrichten gewählt. Damit haben sich im Verein ei­ Guthier. ist [email protected]. Veran­ nige Zuständigkeiten geändert, über die staltungstermine bitte an termine@ wir Sie informieren möchten. Kooptierte Vorstandsmitglieder vds-astro.de schicken; sie werden dann Neben den von der Mitgliederversamm­ auch im VdS-Journal veröffentlicht. Die Geschäftsstelle lung gewählten Vorstandsmitgliedern VdS-Fachgruppen können auf Anfrage Die Geschäftsstelle der VdS wird in be­ bietet die Satzung die Möglichkeit, für selbstständig Nachrichten auf der VdS- währter Weise von Frau Eva Garbe be­ spezielle Aufgaben sogenannte kooptierte Website veröffentlichen. treut, sie ist zentrale Ansprechpartnerin. Vorstandsmitglieder zu bestimmen. Da­ Seit Februar unterstützt uns Frau Heike von hat der Vorstand Gebrauch gemacht Zukunftspläne Rader, sie kümmert sich um das VdS- und freut sich auf die Mitarbeit von Wer­ Die VdS ist ein Verein mit langer Tradi­ Journal, den Astronomietag und Mes­ ner Celnik, Rolando Dölling und Claudia tion und treuen Mitgliedern. Vieles wur­ sestände. Die Geschäftsstelle ist immer Henkel. Werner Celnik ist für das VdS- de in den vergangenen Jahren erreicht: am Montag, Dienstag und Donnerstag Journal und zusammen mit Otto Gut­ 17 aktive Fachgruppen stehen für alle besetzt. E-Mail wie gehabt: service@ hier für die Betreuung der Fachgruppen Aktivitäten der Amateurastronomie zur vds-astro.de. zuständig. Rolando Dölling bildet als Verfügung, darunter die neu gegründete Leiter der Fachgruppe Astronomische Fachgruppe der Astronomischen Vereini­ VdS-Journal Vereinigungen die Schnittstelle von den gungen. Das VdS-Journal erscheint mitt­ Bei unserem Mitgliedermagazin gibt es Sternwarten zum VdS-Vorstand. Clau­ lerweile in vier Ausgaben pro Jahr. Im derzeit keine Änderungen: Dietmar Ban­ dia Henkel ist Vorsitzende der Walter- Internet kann im VdS-Forum publiziert nuscher, Werner Celnik, Otto Guthier, Hohmann-Sternwarte in Essen; sie wird und diskutiert werden, wir stehen über Sven Melchert und Peter Riepe bilden den Vorstand bezüglich des Messestan­ Facebook und Twitter mit der Außenwelt das Team der Endredaktion. Für Anzei­ des und der Betreuung von Einsteigern in Kontakt, Pressemitteilungen erreichen genkunden ist weiterhin unser Druck­ beraten. auch die großen Medien, der Astrono­ dienstleister, die Kullmann Verlags GbR mietag hat sich etabliert, Mitglieder ge­ zuständig: [email protected]. Presse und Social Media nießen den Vorteil eines vergünstigten Für die Pressearbeit und Aktivitäten auf Abonnements von Sterne und Weltraum. VdS-Fachgruppen Facebook, Twitter & Co. ist jetzt Carolin Aber wir vermissen Nachwuchs. Wer sich Über Veränderungen bei den Fachgrup­ Liefke zuständig. Bei Facebook arbeiten für die Astronomie interessiert, kommt pen hatten wir bereits in der letzten Aus­ weiterhin Heinz Hilbrecht und Jost Jahn streng genommen ohne die VdS aus. Das gabe auf Seite 5 berichtet; die aktuellen mit. Internet bietet ausreichend Möglichkei­

Die VdS-Kontakte im Überblick:

Geschäftsstelle [email protected] Eva Garbe und Heike Rader: [email protected] Rolando Dölling, FG Astronomische Vereinigungen: [email protected] Vorstand Sven Melchert, Vorsitzender: [email protected] VdS-Journal Andreas Klug, Schatzmeister: [email protected] Artikeleinsendungen bitte an die zuständigen Fachgruppenre­ Astrid Gallus, Schriftführerin: [email protected] dakteure (Adressen am Ende des Heftes). Artikel zu anderen Dominik Elsässer, VdS-Forum: [email protected] Themen oder Bildeinsendungen an die Geschäftsstelle, Frau Otto Guthier, VdS-Fachgruppen: [email protected] Rader: [email protected] Torsten Güths, Einsteigerbroschüre: [email protected] Anzeigenkunden wenden sich bitte an die Kullmann Verlags Carolin Liefke, Presse und Social Media: carolin.liefke@vds- GbR: [email protected]. astro.de VdS-Website: [email protected] Kooptierte Vorstandsmitglieder Veranstaltungstermine: [email protected] Werner Celnik, VdS-Journal und VdS-Fachgruppen: Forum für Sternfreunde: forum.vds-astro.de [email protected] Facebook: facebook.com/sternfreunde Claudia Henkel, Messestände und Einsteiger: Twitter: twitter.com/astronomietag

VdS-Journal Nr. 65 Nach Redaktionsschluss 5

ten, um sich auszutauschen. Warum also 2. Bilddatenbank für Mitglieder: nach dem spiele muss man nicht unbedingt durch sollte man heutzutage noch Mitglied in Vorbild der Fachgruppe Kometen werden ein Teleskop schauen – das können auch der VdS werden? wir den Mitgliedern die Möglichkeit bie­ moderne Kameras und das Gesehene so ten, ihre Astrofotos bei der VdS zu publi­ mit Vielen an fernen Bildschirmen teilen. Mit dieser Frage hat sich der Vorstand be­ zieren und zu archivieren. Das hat mehre­ reits im Vorjahr ausführlich beschäftigt. re Vorteile: sicheres Speichern der Daten, Das ist längst nicht alles, aber wir müs­ Das Ergebnis: wir wollen die gute Arbeit Veröffentlichung auf der VdS-Website sen der Reihe nach vorgehen und die der VdS-Aktiven besser sichtbar machen und im VdS-Journal. Vor allem aber eine angestrebten Ziele auch auf absehbare und den Mitgliedern neue Leistungen an­ systematische Übersicht nach Objekten Zeit umsetzen. Für die oben genannten bieten. Es gibt bereits konkrete Pläne: mit der Möglichkeit, vergleichende Aus­ Themen wurden bereits Arbeitsgruppen 1. Datenbank für das VdS-Journal: Die wertungen anstellen zu können. gebildet, die bis Mitte des Jahres genaue im VdS-Journal erschienenen Artikel 3. Astronomie für alle: Beobachtungen, Konzepte entwerfen. Außerdem möchten werden einzeln online gestellt. Dazu Führungen, Vorträge und Tagungen – wir die Meinungen aller Mitglieder hören kommen die wichtigsten Schlagworte, die VdS hat viel zu bieten, doch das be­ und werden daher im Laufe des Jahres damit sie Internet-Suchmaschinen auf­ kommt man oft nur dann mit, wenn man eine Umfrage durchführen. spüren und so bei einer Internet-Suche eine lokale Veranstaltung besucht. Unser angezeigt werden. Vorteil: wer im VdS- Ziel ist es, diese Aktivitäten für alle er­ Der aktuelle Vorstand möchte das Gute Journal publiziert, wird auch im Internet reichbar zu machen. Vorträge auf Tagun­ in der VdS bewahren und um neue An­ gefunden. gen können live übertragen oder später gebote ergänzen – wie immer von Stern­ online abrufbar sein. Für Himmelsschau­ freunden für Sternfreunde! 42. Würzburger Frühjahrstagung am 28. April Die Frühjahrstagung der VdS in Würzburg findet dieses Jahr und Kuchen angeboten. Im Zentrum stehen natürlich die Vorträ­ am 28. April statt. Veranstaltungsort ist wie in den vergange­ ge – für den Fachvortrag konnten wir in diesem Jahr Dr. Ben­ nen Jahren das Friedrich-Koenig-Gymnasium (Friedrichstraße jamin Knispel vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik 22, 97082 Würzburg). Die Tagung ist auch als Lehrerfortbildung gewinnen; er wird über die neuesten Erkenntnisse zur Gravi­ registriert. Parkplätze sind ausreichend vorhanden. Die Schule tationswellenastronomie sprechen. Dazu kommen weitere zwölf bietet optimale Bedingungen für die Vorträge und den persönli­ Vorträge mit sehr interessanten Themen. Wir freuen uns auf ein chen Austausch. Es werden Kaffee, Getränke, ein Mittagsimbiss Wiedersehen in Würzburg!

09:00 – 09:15 12:05 – 12:35 16:05 – 16:35 Begrüßung und Eröffnung Der Kondensationsgrad von Kometen Kaffeepause Dr. Dominik Elsässer (VdS-Vorstand, Dr. Uwe Pilz, Leipzig Tagungsleiter) und die Schulleitung des 16:35 – 17:05 FKG 12:35 – 13:50 Glaube und Astronomie – ein Wider- Mittagspause (Essen am Tagungsort spruch? 09:15 – 10:15 möglich) P. Christoph Gerhard OSB, Abtei Müns­ Gravitationswellenastronomie: (13:25 bis 13:45 Möglichkeit, Modellko­ terschwarzach verschmelzende Schwarze Löcher und meten selbst herzustellen) Neutronensterne 17:10 – 17:40 Dr. Benjamin Knispel, Max-Planck-Ins­ 13:50 – 14:20 Automatische Aufnahme von Mond- titut für Gravitationsphysik, Hannover Astrofotografie stationär und mobil panoramen Jens Hackmann, Weikersheim Dr. Rolf Hempel, Köln 10:20 – 10:50 Helligkeitsschwankungen aktiver 14:25 – 14:55 17:45 – 18:15 Galaxienkerne ASMET – Autonomes Sensornetzwerk Aktuelle Ansätze zur Problematik der Schüler der Arbeitsgruppe „AGN-Moni­ zur Detektion und Beobachtung von Lichtverschmutzung toring“. Friedrich-Koenig-Gymnasium, Meteoren Alexander Geiss, Gardelegen Würzburg Ana Vodopivec, Universität Würzburg 18:15 – 18:30 10:55 – 11:25 15:00 – 15:30 Abschlussdiskussion, Verabschiedung Millisekunden-Astrofotografie Verleihung des Spektroskopiepreises Dr. Dominik Elsässer, Tagungsleiter, VdS P. Christoph Gerhard OSB, der VdS-Fachgruppe Spektroskopie Abtei Münsterschwarzach anschließend: Vortrag des prämierten Ab 19 Uhr Projekts Tagungsausklang im Würzburger 11:30 – 12:05 Vereinigung der Sternfreunde e.V. Hofbräukeller, Raum „Brauwerkstatt“ Das Rätsel über Johannes Keplers Lin- Jägerstraße 17, 97082 Würzburg zer Wohnort zur Zeit der Entdeckung 15:35 – 16:05 seines dritten Gesetzes vor 400 Jahren Sterne funkeln für jeden: Astronomie Erich Meyer, Linz in Schulen – Teleskope für Schüler Claudia Henkel, Oberhausen

VdS-Journal Nr. 65 6 Nach Redaktionsschluss

Die Verleihung des Deutschen Preises für Astronomie an Wolfgang Busch von Carolin Liefke

Die Tagesordnung der VdS-Mitglieder­ versammlung 2017 enthielt an zehn­ ter Stelle den unscheinbaren Eintrag !Vorschläge zum VdS-Preis!. Für einen Teilnehmer der 33. VdS-Tagung am 21. Oktober 2017 in Heidelberg sollte sich hinter diesem Tagesordnungspunkt aller­ dings eine ganz besondere Überraschung verbergen: Wolfgang Busch, Optikkenner und -konstrukteur ersten Ranges und langjähriges Mitglied der VdS, wurde der Deutsche Preis für Astronomie verliehen.

Wie bei vielen begeisterten Amateuren erwachte das Interesse für die Astrono­ mie bei Wolfgang Busch in seiner Ju­ gendzeit. Schon als Schüler machte er die Bekanntschaft der Wissenschaftler an der Hamburger Sternwarte und hatte 1 Wolfgang Busch im November 2009 bei Radienmessungen am Objektiv des Leitrohrs eine Karriere als Astrophysiker fest vor des Lippert-Astrografen der Hamburger Sternwarte Augen. Es sollte dann aber in den Wir­ ren der Nachkriegszeit anders kommen, so dass Wolfgang Busch später den Beruf richtete er Erdkunde – und Musik, seine er dennoch treu geblieben und hat im des Lehrers ergriff. Statt Physik unter­ zweite Leidenschaft. Der Astronomie ist Rahmen der von ihm geleiteten Astrono­ mie-AGs wiederum ganze Schülergene­ rationen dafür begeistern können. Nordlicht-Beobachtungen Größere Fernrohre, wie sie heute für ver­ im 19. und 20. Jahrhundert gleichsweise kleines Geld als Massenwa­ re aus Fernost zu haben sind, kosteten in Wir stellen an der Universität Jena einen neuen Katalog zu Nordlicht- den 50er- und 60er-Jahren Unsummen Beobachtungen des 19. und 20. Jahrhunderts zusammen. Wir wollen die durch und waren daher für die meisten Privat­ Nordlichter vom Erdboden aus beobachtete Ausdehnung des Aurora-Ovals personen unbezahlbar. Viele Amateuras­ zunächst mit direkten Messungen des Erdmagnetfeldes vergleichen (Feldstärke tronomen griffen daher zum Selbstbau, und Lage des Pols), die seit Anfang des 19. Jahrhunderts durchgeführt wurden. um sich ihren Traum vom Teleskop zu Danach wollen wir aus noch früheren historischen Nordlicht-Beobachtungen erfüllen. So wurde auch Wolfgang Busch das Erdmagnetfeld rekonstruieren und mit anderen Rekonstruktionen zum Spiegelschleifer und eignete sich vergleichen. die notwendigen Kenntnisse an, um die selbst hergestellten Optiken auch auf ihre Bitte senden Sie uns Ihre und andere frühere Nordlicht-Beobachtungen des 19. Abbildungsqualität hin zu prüfen. und 20. Jahrhunderts in Form von Texten und/oder Bildern zu. Bitte nennen Sie dabei Ort und Datum der Beobachtung (ggf. auch Uhrzeit, Richtung und Höhe Durch das Aufkommen der Dobson- am Himmel sowie Farbe). Montierung und damit der Möglichkeit, auch große, individuelle Teleskope zu Wir werden alle Einsender nach Ende der Studie über die Ergebnisse einem günstigen Preis für visuelle Be­ informieren. Alle Einsender werden im Katalog namentlich erwähnt (es sei obachtungen stabil zu montieren, hält denn, dass sie dem widersprechen). die Renaissance des Selbstschliffs nicht nur bis heute an, sondern gipfelt immer Kontakt: wieder von Neuem in außergewöhnli­ MSc Daniel Wagner und Prof. Dr. Ralph Neuhäuser chen Resultaten. Jedoch beschränkt sich Astrophysikalisches Institut und Universitäts-Sternwarte dies fast ausschließlich auf Teleskope in Friedrich-Schiller-Universität Jena Newton-Bauweise, und nur die wenigs­ Schillergässchen 2 | 07745 Jena | E-Mail: [email protected] ten Schleifer wagen sich heutzutage an ein Linsenteleskop.

VdS-Journal Nr. 65 Nach Redaktionsschluss 7

Nicht so Wolfgang Busch. Sein Streben Argelander die berühmte nach der bestmöglichen Optik und die Bonner intensive Beschäftigung mit den legen­ durchgeführt hat. dären Objektivkonstruktionen aus dem Hause Zeiss führte in den 70er-Jahren Mit der Verleihung des zur Entwicklung des „Halbapochroma­ Deutschen Preises für ten-Bausatzes nach Wolfgang Busch“, Astro­nomie an Wolf­ einem dreilinsigen, ölgefügten Objektiv gang Busch möchte die mit vermindertem sekundärem Spekt­ VdS zu ihren Wurzeln zu­ rum, dessen Komponenten vom zukünf­ rückkehren und Mitglieder tigen Refraktorbesitzer selbst geschliffen ehren, die sich auf beson­ und poliert werden sollten. Die letzten dere Art und Weise um Bausätze dieser Art wurden im Jahr 2009 die Amateur­astronomie verkauft. verdient gemacht haben. Sichtlich gerührt nahm der Als Lehrer ist Wolfgang Busch schon seit Preisträger die Urkunde vielen Jahren im wohlverdienten Ruhe­ und den zum Preis gehö­ 2 Wolfgang Busch und Vorstandsmitglied Carolin stand. Als Optikfachmann hingegen ist er rigen Vesta-Meteoriten Liefke bei der Preisverleihung auf der VdS-Mitglie- auch im hohen Alter – er ist nunmehr 90 entgegen. derversammlung 2017. Foto: Michael Schomann Jahre jung – umtriebiger denn je. Nicht www.wolfgangbusch.eu nur Freunde und Bekannte holen seinen Hinweis Rat ein, wenn es um die Begutachtung der Qualität einer Optik geht, und über­ lassen ihm Objektive zur Instandsetzung, Ihr Beitrag im Optimierung und Justage. Besuche haben ihn an Observatorien weltweit gebracht, VdS-Journal für Astronomie! internationale Kontakte knüpfen und Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 66 „Kosmische Dynamik“ weit über die Grenzen seiner norddeut­ abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunkt­ schen Heimat hinaus bekannt werden themen hinweisen: lassen. „Mond“ in Journal Nr. 67 Redaktionsschluss: 01.05.2018 Ein Besuch bei Wolfgang Busch in Ah­ Redakteur: P. Riepe, [email protected] rensburg nordöstlich von Hamburg wie­ derum ist ein Erlebnis für sich, bei dem „Astronomie mit dem Smartphone“ in Journal Nr. 68 aus Schubladen im Wohnzimmerschrank Redaktionsschluss: 01.08.2018 plötzlich Okulare hervorgezaubert oder Redakteur: R. Dölling, [email protected] spontan die Bäume in Nachbars Gar­ „Astronomische Vereinigungen“ in Journal Nr. 69 ten zum Test der Abbildungsqualität Redaktionsschluss: 01.11.2018 einer Optik herangezogen werden. Mit Redakteurin: Astrid Gallus, [email protected] der Werkstatt im Keller betritt man eine wahre Fundgrube voller mechanischer Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies und optischer Bauteile. Zumeist findet kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches sich auf der optischen Bank ein Objektiv, Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine das gerade auf Herz und Nieren geprüft, Galerie von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle vermessen und verbessert wird. Einsendungen!

Sein umfangreiches Wissen hat Wolf­ Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fach­ gang Busch nicht nur zu einem gefragten gruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) ge­ Kenner für die einst bei Zeiss gebauten schickt werden. Vorher empfehlen wir, als Hilfestellung die Autorenhinweise zu Optiken gemacht, auch andere histori­ nutzen (siehe www.vds-astro.de/fuer-mitglieder/vds-journal/vds-journal-autoren­ sche Objektive nimmt er gern unter die hinweise.html). Dort finden Sie in der rechten Randspalte auch einen Musterar­ tikel als Vorbild und das Artikeldeckblatt zum Eintragen der wichtigsten Daten. Lupe und geht ihrem Werdegang nach. Das war es auch, was ihn eigentlich Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Ab­ nach Heidelberg geführt hatte, denn im druck im „VdS-Journal für Astronomie“. Es besteht jedoch keine Veröffentli­ Rahmen der Tagung stellte er wenige chungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Stunden vor der Preisverleihung in einer Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte ge­ humorvollen Präsentation seine Recher­ ben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. chen und Messungen zu dem Teleskop Die Redaktion mitsamt Okular vor, mit dem Friedrich

VdS-Journal Nr. 65 8 Totale Sonnenfinsternis 2017

1 Craters of the Sonnenfinsternis in National Monument Wyoming von Thomas Payer

Unsere Reise zur SoFi in den USA stand Liga mit den besten Plätzen der Kanaren mit seiner gewaltigen Bergkulisse ist da­ komplett unter dem Motto „Gerade noch oder der Alpen spielt, bei hervorragender bei eine hervorragende Einstimmung auf mal gutgegangen“. Ende 2016, als die Dunkelheit bis zum Horizont. Aber Beob­ das Feuerwerk an Tierwelt und spekta­ Planungen konkret wurden, beschlos­ achten bis zum Morgengrauen ist beim kulären Schauspielen der Natur im Yel­ sen Vereinskamerad Lothar und ich, uns vollen Programm einer Rundreise nicht lowstone-Nationalpark (Abb. 2 und 3). gemeinsam auf den Weg in die USA möglich, so beschränkten wir uns auf die zur SoFi zu machen. Aus einer groben erste Nachthälfte. Immer wieder kam es dort zu regelrech­ Skizze erstellte uns ein kleines Reisebü­ ten Staus, weil beispielsweise ein Büffel ro mit viel Liebe zum Detail eine schöne Als nächste Höhepunkte der Reise stan­ in aller Ruhe eine mehrere Kilometer lan­ Rundreise durch einige der Highlights den die Nationalparks Grand Teton und ge Autoschlange anführte oder weil ein der Nationalparks in den östlichen Rocky Yellowstone auf dem Plan. Grand Teton Hirsch oder ein Bär nahe an der Straße Mountains.

Die Anreise war durch eine wetterbe­ dingte Verspätung beeinträchtigt, aber auch der Anschlussflug startete verspä­ tet, so dass wir gerade eben noch um eine unfreiwillige Zwischenübernach­ tung in der amerikanischen Provinz her­ umgekommen sind. Aber am Ziel, in Salt Lake City, war dann mein Gepäck nicht angekommen und wir wollten uns ja auf eine Rundreise begeben. Auch das ging am Ende gut und die Fluggesellschaft hat es zügig geschafft, das Gepäck ins Hotel nachzuliefern. Nach einem kurzen Be­ such in Salt Lake City ging es dann nach Norden zum Craters of the Moon Natio­ nal Monument. Craters of the Moon bietet eine typische Vulkanlandschaft – wer sich auf La Palma wohlfühlt, wird auch hier auf seine Kosten kommen (Abb. 1). Das gilt auch für den Himmel. Die Parkplätze auf ca. 1.800 m über dem Meeresspiegel bieten einen Sternenhimmel, der in einer 2 Old Faithful Geyser im Yellowstone-Nationalpark

VdS-Journal Nr. 65 Totale Sonnenfinsternis 2017 9

3 Abyss Pool im West Thumb Geyser Basin

die Touristen zum Anhalten brachte. Po­ ren Himmel. Weil keine Richtung deutlich ten langsam eine kompakte Bewölkung sitiver Nebeneffekt: Man selbst kann das besseren Himmel versprach, entschlossen auf, die den Anschein erweckte, länge­ Tier nicht verpassen. Wenn sich irgend­ wir uns, einfach in der Gegend zu blei­ re Zeit für Probleme sorgen zu können. wo die Autos stauen und alle am Stra­ ben und bauten schließlich unsere Geräte Also wurde beratschlagt, was zu tun sei. ßenrand in die gleiche Richtung blicken, auf einem von der lokalen Verwaltung Während die anderen drei auf das Prinzip ist dort das Tier schnell gefunden. Unsere extra ausgewiesenen Platz mit Toiletten Hoffnung setzten, entschied ich mich, vor Überlegung, dass der Bär schon von Wei­ und Kaffeeversorgung auf. den Wolken nach Osten zu fliehen. Also tem daran zu identifizieren sein dürfte, machte ich mich unter – zugegeben etwas dass die Leute anhalten, aber im Auto Die Polhöhe hatte ich bei meinem Astro­ kreativer Auslegung der örtlichen Ge­ bleiben, erwies sich als falsch. Die ruhig trac schon in einer der vorherigen Näch­ schwindigkeitsbegrenzung – auf den Weg. grasenden Bären (Abb. 4) wurden ebenso te grob eingestellt und die Nordrichtung Vier Minuten vor dem 1. Kontakt fand ich von außerhalb des Autos beobachtet und bestimmte ich per GPS. Etwa eine halbe dann einen Parkplatz am Straßenrand ließen sich von den Massen an Touristen Stunde vor dem 1. Kontakt zog aus Wes­ und bestimmte schnell die Nordrichtung, nicht im Geringsten stören.

Schließlich kam der Tag der SoFi. Um den horrenden Preisen für Übernach­ tungen in der Finsterniszone zu ent­ kommen, übernachteten wir ca. 200 km nördlich der Zentrallinie. Dort trafen wir am Abend vor der SoFi noch Thomas und Philipp, Vater und Sohn, ebenfalls Vereinskameraden auf einer längeren Rundreise. Die Überlegung, dass die dicht besiedelten Regionen und damit der Ver­ kehr in die Zone überwiegend im Süden zu finden sein müssten, erwies sich als völlig richtig. Die Fahrt zur Zentrallinie am Morgen verlief absolut unspektaku­ lär. Allerdings war der Himmel zunächst komplett bewölkt, erst während der Fahrt konnte man eine von einem Wolkenhalo umgebene Venus schwach erkennen. In Shoshoni (Wyoming) war dann der Be­ reich nahe der Zentrallinie erreicht, der Blick zum Himmel zeigte größere Wol­ kenfelder und dazwischen etwa 3/8 kla­ 4 Grizzly-Weibchen mit fast ausgewachsenem Jungtier

VdS-Journal Nr. 65 10 Totale Sonnenfinsternis 2017

5 Zweiter Kontakt der SoFi: 1/400 s belichtet mit Kamera Nikon D7200 bei ISO 100 am TeleVue-Refraktor 70 mm/480 mm

6 Totalität: Kombination aus Belichtungen von 1/400 s bis 1/5 s mit der gleichen Ausrüstung wie für Abb. 5

VdS-Journal Nr. 65 Totale Sonnenfinsternis 2017 11

stellte das Teleskop auf und pünktlich und wurde von hektischem Piepsen des zum 1. Kontakt hatte ich an einem Son­ Astrotrac angekündigt. Die Spindel nä­ Inserentenverzeichnis nenfleck die Kamera fokussiert. Also ge­ herte sich dem Ende. Aber auch hier galt: rade noch einmal gutgegangen. Gerade noch mal gutgegangen. astronomie.de, Neunkirchen 51 ATT, Essen 103 Die Finsternis war über die komplette Nach dem kurzen Abbauen der Technik Länge einwandfrei zu beobachten, und zurück zu den anderen Dreien. Sie hat­ Baader Planetarium, U4 Mammendorf einige wenige Wolken tief im Westen ten Wolken während der partiellen Pha­ bildeten eine perfekte Projektionsfläche, se, aber was die Totalität betraf: Gerade Gerd Neumann jr., Entwicklung 15 um den heranziehenden Kernschatten zu noch mal … und Herstellung feinmechanischer & optischer Instrumente, Hamburg verfolgen. Neben der Fotografie mit dem 70mm/480mm-Refraktor war für mich Damit näherte sich die Reise auch lang­ Sahara Sky, Fritz G. Koring, 30 die visuelle Beobachtung der Korona mit sam dem Ende, mit einer weiteren Zwi­ Marocco dem Feldstecher zentrales Ziel. Und auch schenübernachtung fuhren wir nach Salt Kosmos Verlag, Stuttgart 15 hier wurde ich nicht enttäuscht. Hel­ Lake City, und von da ging es dann mit le, rote Protuberanzen am Sonnenrand dem Flugzeug zurück in die Heimat, zu­ Optical Vision Ltd., UK U3 (Abb. 5) und rundherum die Korona, die rück in ein Land, in dem es weder Waffen Optische Geräte Wolfgang Lille, 93 bis zu mehreren Sonnendurchmessern im Supermarkt noch Munition im Tank­ Heinbockel Abstand vom Rand klar zu erkennen war stellen-Shop zu kaufen gibt. Spektrum der Wissenschaft Ver­ 31 (Abb. 6) und dazu Regulus nahe bei der lagsgesellschaft mbH, Heidelberg Sonne – ein Anblick wie ihn Fotos nur Spektrum der Wissenschaft ansatzweise wiedergeben können. Un­ Spektrum der Wissenschaft Ver­ 39 mittelbar nach dem 3. Kontakt machten lagsgesellschaft mbH, Heidelberg sich alle anderen Beobachter auf dem Sterne und Weltraum Parkplatz auf den Heimweg. Aber was Vesting e.K., Fachhandel für U2 wäre eine SoFi, ohne den 4. Kontakt ge­ Astronomie, Hamburg sehen zu haben? Der gehört einfach dazu

Impression Im Schatten der Erde: die partielle Mondfinsternis vom 7. August 2017

Aufgenommen von Franz-Xaver Kohlhauf mit einem 300-mm-Teleobjektiv.

VdS-Journal Nr. 65 12 Totale Sonnenfinsternis 2017

Die totale Sonnenfinsternis am 21.08.2017 bei Mitchell, Oregon

von Robin Hegenbarth

Nachdem bei der totalen Sonnenfinster­ nis am 11.08.1999 (beobachtet in Bei­ merstetten bei Ulm mit der Astro-AG der Kopernikusschule Freigericht als Schüler) so schlechtes Wetter war, dass man die Totalität mit Korona nur etwa 30 Sekun­ den lang beobachten konnte, hatte ich schon lange den Wunsch, mal eine totale Sonnenfinsternis unter guten Bedingun­ gen zu beobachten und zu fotografieren. Darüber hinaus hatte ich den Ehrgeiz, in der kurzen Zeit der Totalität zusätzlich zu den Fotos auch eine Skizze der Korona anzufertigen.

Die Standortwahl Die totale Sonnenfinsternis am 21.08.2017 (übrigens zum gleichen Saros-Zyklus ge­ hörig wie die im Jahr 1999) verlief quer durch die USA und damit über ein recht einfach zugängliches Gebiet mit teilweise guten klimatischen Bedingungen. Statis­ tisch gesehen sollten die Bedingungen im zentralen Oregon mit am besten sein [1]. Daher hatte ich schon seit einigen Jahren 1 Die Ausrüstung des Autors zur Fotografie der Sonnenfinsternis. die Idee, diese totale Sonnenfinsternis Nähere Erläuterungen s. Text. von Oregon aus zu beobachten. lich der Standortwahl von Vorteil sein Die Reise Im Januar 2016 rief ich fast alle Hotels konnte. Doch nun zur Reise selbst. Neben einigen in der Stadt Madras in Oregon an, die Wandertouren in der Cascade Range ver­ ich in Google Maps finden konnte. Fast Die Vorbereitungen brachte ich auch eine Nacht auf der Ore­ alle davon sagten damals, sie seien schon Im Vorfeld übte ich ausführlich die au­ gon Party, die im Totalitätspfad der seit 2 Jahren ausgebucht. Allerdings gab tomatisierte Fotografie mit der kostenlos Sonnenfinsternis lag. Dieses Teleskop­ es noch die Möglichkeit, zu zelten. Ich erhältlichen Version der Software Eclipse treffen findet alljährlich im August auf meldete mich zur Oregon Star Party (öst­ Orchestrator [3]. Mit dieser Software, die einer sehr abgelegenen Wiese inmitten lich von Prineville inmitten des Ochoco auf Microsoft Windows läuft, kann man des Ochoco National Forest östlich von National Forest) und zum Total Eclipse skriptbasiert die Belichtungseinstellun­ Prineville statt. Ab dem Nachmittag zog Camping (30 km nördlich von Mitchell, gen und Auslösezeitpunkte festlegen und der Rauch der weit entfernten Wald­ Oregon) an und wäre notfalls bereit ge­ automatisch die Belichtungen der Kame­ brände über dem Platz auf, was zu einer wesen, als Plan B woanders hinzufahren, ra steuern. Die automatische Steuerung stark geröteten Sonne führte. Manch­ falls das Wetter dort schlecht sein sollte. der Aufnahmen hat den großen Vorteil, mal roch es dann sogar wie nach einem Ein Straßenatlas, in dem der Totalitäts­ dass man sich die Sonnenfinsternis in Holzfeuer. Leider ist der genaue Verlauf pfad angezeigt war, sollte hier bei der Ruhe anschauen kann, ohne während der Rauchschwaden sehr schwierig über Planung helfen [2]. der Totalität nach der Kamera schauen mehrere Tage vorhersagbar. Ich konnte zu müssen. dennoch ausführlich die Sonne durch In den Wochen vor der Sonnenfinsternis Ha-Teleskope und einige Deep-Sky-Ob­ stellte sich heraus, dass der Himmel über Zur Vorbereitung gehörte auch die Teil­ jekte durch Dobson-Teleskope anderer großen Teilen des Totalitätspfads in Ore­ nahme an einem Workshop zur Foto­ Hobby­astronomen beobachten. Immer gon immer wieder von Rauch eingetrübt grafie totaler Sonnenfinsternisse an der wieder wechselte die Sicht von „Milch­ war, der aufgrund mehrerer Waldbrände Sternwarte Limburg, durchgeführt von straße kaum erkennbar wegen Rauch in in die Atmosphäre gelangte. Auch dies Stefan Pinkert. der Atmosphäre“ zu klarer Sicht mit ei­ führte dazu, dass Flexibilität hinsicht­ ner freiäugigen Grenzgröße von 6,7 mag

VdS-Journal Nr. 65 Totale Sonnenfinsternis 2017 13

2 Diamantring vor dem 2. Kontakt. Nähere Erläuterungen s. Text. S. a. http://www.astrobin.com/310479/

im Zenit. Die Grenzgröße war leider ein­ geweckt. Ich fragte mich, ob Leute die die auf einem Carbon-Stativ stand. Die geschränkt durch restlichen Rauch in der Gegend frühzeitig verließen, um einen Montierung nordete ich grob mit Was­ Atmosphäre. besseren Standort aufzusuchen, oder ob serwaage, Polhöhenwiege und Kompass Leute von weit her über diese Nebenstre­ ein, wobei ich berücksichtigte, dass an Auch wenn ich die Option gehabt hat­ cke ankamen. Nach einer Weile kroch ich diesem Standort die tatsächliche geogra­ te, an diesem Standort die totale Son­ aus dem Zelt, um nach den Himmels­ fische Nordrichtung etwa 14° links von nenfinsternis zu beobachten, entschied bedingungen zu schauen. Siehe da, der der vom Kompass angezeigten Nordrich­ ich mich wegen der um 38 Sekunden Himmel war klar und sehr dunkel. Ich tung war. Diese grobe Einnordung sollte längeren Totalität und der dort hochin­ konnte sofort das Zodiakalband quer ausreichen. Die Kamera richtete ich am teressanten Landschaft, zu dem ebenso über den Himmel erkennen. Ich konnte Teleskop so aus, dass die Sensordiagona­ gebuchten Standort „Total Eclipse Cam­ mich also beruhigt wieder schlafen le­ le ungefähr parallel zum Sonnenäqua­ ping“ [4] 30 km nördlich von Mitchell gen. Am nächsten Morgen war im Sü­ tor war. Als Sonnenfilter für den parti­ im zentralen Oregon zu fahren (Koordi­ den und Südwesten eine horizontnahe ellen Teil der Finsternis verwendete ich naten: 44° 43’ 45’’ N, 120° 01’ 03’’ W, Schicht von Schleierwolken, die ich eine Baader-AstroSolar-Folie (ND 5) in einer 889 m ü. NN). Der Standort „Total Eclipse ganze Weile lang kritisch beobachtete. selbstgebauten Halterung aus Pappe für Camping“ war ein von den dortigen Far­ Sie schien stationär zu bleiben. Und der das Teleskop. mern abgemähtes Feld, an dem ich ins­ Wind kam entgegengesetzt aus Norden. gesamt mehr als 50 Zelte von Besuchern Nach dem Frühstück fuhr ich spontan Ich unternahm noch vor dem 1. Kontakt zählte. Ebenso wie auf der Oregon Star einige Meilen nach Norden auf eine An­ einen kurzen Testlauf der Kamerasteue­ Party gab es dort auf der Wiese weder höhe mit guter Horizontsicht in nördli­ rung mit Eclipse Orchestrator, um mich Stromanschlüsse noch fließendes Wasser. cher Richtung, um mich zu vergewissern, zu vergewissern, dass alles funktionier­ In unmittelbarer Nähe befand sich das dass keine störenden Wolken aus dieser te. Dem Laptop spendete ich mit meiner John Day Fossil Beds National Monu­ Richtung kamen. Es sah aber gut aus. Be­ Isomatte Schatten. Zur visuellen Beob­ ment mit eindrucksvollen geologischen ruhigt fuhr ich zurück, um aufzubauen. achtung legte ich eine Sonnenfinsternis- Formationen. Brille und meinen Omegon-8x56-Feld­ Die Ausrüstung stecher bereit. Am Nachmittag vor der totalen Sonnen­ Die Ausrüstung (Abb. 1) bestand aus finsternis wurde es plötzlich wolkig. Ich einer Canon-EOS-70D-Kamera (nicht Die Beobachtung konnte Nebensonnen und einen 22°-Ring modifiziert) an einem TS-Optics-Pho­ Im Laufe etwa der nächsten Stunde nach um die Sonne herum beobachten. Nicht toline-60-mm-f/5,5-FPL-53-APO mit dem 1. Kontakt konnte ich den zuneh­ gerade das, was man sich vor einer tota­ Flattener, per USB-Kabel an den Laptop menden Bedeckungsgrad der partiellen len Sonnenfinsternis erhofft. Mit einem angeschlossen und über die Software Verfinsterung beobachten und fotogra­ mulmigen Gefühl ging ich unter wolki­ Eclipse Orchestrator angesteuert. Das fieren. gem Himmel schlafen. Um 1:30 nachts Setup wurde von einer Skywatcher-Star- wurde ich plötzlich von Verkehrslärm Adventurer-Montierung nachgeführt,

VdS-Journal Nr. 65 14 Totale Sonnenfinsternis 2017

3 Komposit-Aufnahme der totalen Sonnenfinsternis mit Korona aus 20 Aufnahmen mit Belichtungszeiten von 1/3.200 s bis 4 s. Nähere Erläuterungen s. Text. S. a. www.astrobin.com/310477/

Etwa 15 Minuten vor dem 2. Kontakt fiel Im Augenwinkel betrachtete ich dann Feldstechers verfolgen. Ebenso sah ich mir auf, dass ein im Süden gelegener gro­ das wie nach und nach heruntergedimm­ Regulus und Mars. Der Himmel war nicht ßer Hügel deutlich kontrastreicher als zu­ te Licht der Sonne kurz vor Beginn der schwarz, sondern in ein mitteldunkles vor wirkte. Die Schleierwolken im Süden Totalität. Ich traute mich nicht, direkt Blau gehüllt. Mit dem Feldstecher konnte und Südwesten wirkten dunkler als zu­ ungefiltert hineinzuschauen. ich recht kontrastarme Mare-Strukturen vor und immer noch stationär. Erst jetzt auf dem Mond erkennen, die durch den fiel mir auf, dass fast der ganze Himmel, Die Abbildung 2 zeigt ein Foto des Dia­ Erdschein angeleuchtet waren. Ich fertig­ auch in Richtung der Sonne, von einer mantrings kurz vor der Totalität, als die te schnell eine Bleistiftskizze der mit dem sehr dünnen Schicht von Schleierwol­ letzten Sonnenstrahlen am Mondrand Feldstecher beobachteten Koronastruktu­ ken überzogen war. Diese sollten jedoch vorbeidrangen. Ebenso ist auf diesem ren auf Pappkarton an. nicht weiter stören. Etwa 7 Minuten vor Bild bereits die innere Korona ansatz­ dem 2. Kontakt begann ich im Poloshirt weise erkennbar (Belichtungszeit 1/800 Die Abbildung 3 zeigt ein Komposit aus zu frieren, weil es kälter wurde, und be­ Sekunde ohne Filter bei ISO 200). 20 Aufnahmen der totalen Sonnenfins­ kam Gänsehaut an den Armen. Aber die ternis mit verschiedenen Belichtungszei­ paar Minuten hielt ich das schon aus. Es Plötzlich kam der 2. Kontakt. Jetzt hatte ten von 1/3.200 Sekunde bis 4 Sekunden. gab genug zu tun und zu beobachten, ich nicht viel Zeit. Dieses Komposit habe ich aus den Einzel­ was davon ablenkte. Um diese Zeit fiel aufnahmen in Adobe Photoshop zusam­ mir auch auf, dass auf dem erwähnten Zunächst schaute ich die totale Sonnen­ mengestellt und anschließend in Anleh­ Hügel sowie an den Grasbüscheln rings­ finsternis mit bloßen Augen an. Dann be­ nung an einen Workflow der Gesellschaft um surreal scharfe Schatten waren. obachtete ich sie mit dem 8x56-Feldste­ für volkstümliche Astronomie Hamburg cher. Mir fielen insbesondere zwei lange [5] mit der Software Fitswork mit dem In den nächsten Minuten wurde die Son­ Streamer nach unten und ein breiter lan­ Larson-Sekanina-Filter bearbeitet, um nensichel immer schmaler. Etwa 20 Se­ ger sowie ein gekrümmter Streamer nach die Koronastrukturen kontrastreicher kunden vor dem 2. Kontakt entfernte ich oben auf. So stellt man sich eine Mini­ hervortreten zu lassen. Dies kommt dem den Sonnenfilter von meinem Teleskop, mumskorona vor. Links unten fiel mir visuellen Eindruck in Feldstecher oder im das ich nicht visuell benutzte. Die Kame­ eine gekrümmte Struktur in der Korona kleinen Teleskop recht nah. ra hat das offensichtlich vertragen. auf, die einen geraden Streamer über­ lappte. Von beiden magnetischen Polen Die Abbildung 4 zeigt meine Zeichnung. Etwa 15 Sekunden vor dem 2. Kontakt der Sonne gingen einige eng beieinander Diese habe ich nachträglich am heimi­ drehte ich mich um und sah die flie­ liegende Streamer aus. Das alles war ein­ schen Schreibtisch anhand der Skizze genden Schatten auf der Isomatte. Hel­ gebettet in einen diffusen Schein der Ko­ auf Pappkarton erstellt, die ich während lere und dunklere schmale Streifen, die rona um die Sonne herum. Mit indirek­ der Totalität angefertigt habe. Natürlich in hohem Tempo über die glatte Fläche tem Sehen konnte ich die Streamer fast ist es kaum möglich, innerhalb der etwa schwirrten. über den Gesichtsfelddurchmesser des 2 Minuten eine Zeichnung zu erstellen,

VdS-Journal Nr. 65 Totale Sonnenfinsternis 2017 15

die so viele Details in der Korona zeigt wie ein Foto. Dazu hätte ich die Korona gerne noch eine halbe Stunde lang be­ obachtet.

So schnell die totale Sonnenfinsternis begann, war sie aber auch schon wieder vorbei. Nach dem automatischen Ausruf des Eclipse Orchestrator „10 seconds to go“ legte ich den Feldstecher weg und platzierte kurz nach dem 3. Kontakt den Sonnenfilter auf dem Teleskop. Dann be­ obachtete ich in östlicher Richtung den wegziehenden Kernschatten, der sich durch eine Abdunkelung des Himmels in dieser Richtung bemerkbar machte. Aufgrund der Dunkeladaption wirkte der Himmel nach dem 3. Kontakt heller als vor dem 2. Kontakt.

Insgesamt empfand ich diese totale Son­ nenfinsternis als deutlich eindrucksvoller als die am 11.08.1999. Die erste Frage, die ich mir nach dem 4. Kontakt stellte, war: Wann und wo findet die nächste to­ tale Sonnenfinsternis statt?

Weblinks und Literaturhinweise: [1] F. Espenak, J. Anderson, 2015: „Eclipse Bulletin: Total Solar Eclipse of 2017 August 21“, Astropixels Publishing [2] F. Espenak, 2015: “Road Atlas for the Total Solar Eclipse 2017”, Astropixels Publishing [3] Eclipse Orchestrator: erhältlich von Camping-406738163029592/ 4 Zeichnung der totalen Sonnen­ Moonglow Technologies, [5] www.gva-hamburg.de/sofi2006/ finster­nis. Die Zeichnung ist www.moonglowtech.com/products/ fitswork/sofi_fitswork_GER.htm ungefähr mit der Zenitrichtung EclipseOrchestrator/index.shtml (Alle Weblinks Stand: November 2017) nach oben orientiert. Nähere [4] www.facebook.com/Total-Eclipse- Erläuterungen s. Text.

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VdS-Journal Nr. 65 16 Totale Sonnenfinsternis 2017

The Great Eclipse – Totale Sonnenfinsternis über Amerika von Kerstin Rätz

Eine totale Sonnenfinsternis ist ein ein­ drucksvolles, doch leider sehr seltenes Ereignis. Die nächste in unserer Hei­ mat beobachtbare SoFi findet erst am 03.09.2081 statt. Das bedeutet: Für die Sonnenfinsternis-Freunde sind weite Reisen angesagt, und Sonne und Mond bestimmen Zeit und Reiseziel für den nächsten Urlaub. Und weil man nie si­ cher sein kann, dass das Wetter auch mitspielt, wird nicht nur die Beobach­ tung dieses astronomischen Ereignisses als Reisezweck definiert. Es soll auch ein bisher nicht kennengelerntes Land erkundet werden. Im August 2017 muss­ te es also eine USA-Reise sein! Uns war vorher klar, dass wir von diesem riesigen Land in der Zeit eines Urlaubs nur einen Bruchteil kennenlernen würden.

Vor der Finsternis So flogen wir am 14.08.2017 nach Mia­ mi. Von dort aus unternahmen wir an den folgenden Tagen Ausflüge in die Ever­ glades (Abb. 1, wo wir gleich mal von 1 In den Everglades (Bildautorin: Stefanie Rätz) Tausenden Mücken angefallen wurden), ließen uns auch das Abenteuer Airboat nicht entgehen, fuhren die Florida Keys entlang und vergaßen ebenfalls nicht, wunderschöne Badestrände zu genießen. Der erste Höhepunkt war der Besuch im Kennedy Space Center in Cape Canaver­ al. Wir hatten das Glück, am 18.08.2017 um 8:05 Uhr EDT einen Raketenstart live miterleben zu können (Abb. 2)! Der Sa­ tellit TDRS-M (Tracking Data Relay Sys­ tem) sorgt nun zusammen mit anderen Satelliten für die Kommunikation zwi­ schen der Erde und Raumfahrtmissionen wie ISS oder Hubble Space Telescope. Nach vier erlebnisreichen Tagen in Flo­ rida brachte uns ein Flugzeug quer von einem zum anderen Ende der USA – nach Seattle. Wir kamen in eine ganz ande­ re Klimazone. Während es in Florida feucht-heiß war, herrschte in der Nähe von Seattle (Bundesstaat Washington) zwar auch sommerliches Wetter, doch eher wie ein Hochsommer bei uns. 2 Raketenstart am Der zweite Teil unserer USA-Expedition 18.08.2017 von Cape begann. Zunächst erkundeten wir den Canaveral (Bildautor: Mount St. Helens (Abb. 3), dessen letzter Manfred Rätz)

VdS-Journal Nr. 65 Der rote Planet — im Visier

Mars ist der einzige Planet, auf dem man Ober ächen- details erkennen kann. Dieses Buch führt in die prak- tische Beobachtung des roten Planeten ein: Wann und wo kann man den Mars sehen? Welches Teleskop ist geeignet? Mit welcher Technik gelingen gute Fotos? Wie zeichnet man seine Beobachtungen auf und wertet sie aus? Die praktischen Anleitungen werden ergänzt durch einen ausführlichen Kalender der Mars-Sichtbarkeiten und besondere Himmelsereignisse bis zum Jahr 2035.

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Ausbruch noch gar nicht so lange her ist: Unsere Reiseroute war so geplant, dass 3 Der Vulkan Mount St. Helens Erst 1980 war er explodiert und Massen wir als Beobachtungsort für die totale im Süden des Bundesstaates von Asche und Steinen rutschten den Sonnenfinsternis am 21.08.2017 den Ort Washington (Bildautor: Manfred Berg hinab. Auf dem Weg zu unserem der günstigsten Wetterwahrscheinlich­ Rätz) Hauptziel lagen noch die Multnomah keit ausgewählt hatten, nämlich Madras Falls, ein gigantischer Wasserfall mit im Bundesstaat Oregon. Dieser Ort war Zwischenbecken. in Wissenschaftlerkreisen sehr begehrt

VdS-Journal Nr. 65 18 Totale Sonnenfinsternis 2017

4 Beobachtungslager neben der Straße nach Madras (Bildautorin: Kerstin Rätz)

5 Dunkelheit 2 Minuten vor der Totalität, aufgenommen mit digitaler Spiegelreflexkamera mit festen Einstellun- gen von Belichtungszeit und Blende. Würden wir mit diesen Einstellungen eine Aufnahme von der Totalität zeigen, dann wäre darauf außer Schwarz und den Scheinwerfern des stromgebenden Autos nichts zu sehen. (Bildautor: Manfred Rätz)

6 Die total verfinsterte Sonne, aufgenommen mit einer Canon Power Shot 590 ohne Filter (Bildautorin: Kerstin Rätz)

VdS-Journal Nr. 65 Totale Sonnenfinsternis 2017 19

7 Verlauf der totalen Sonnenfinsternis für die Sonnenfinsternis-Beobachtung. ben der Straße nach Madras, und es blieb (Bildautor: Manfred Rätz) Madras hatte (Angabe für 2016) 6.700 uns noch genügend Zeit zum Aufbauen Einwohner – doch 250.000 Besucher und Vorbereiten (Abb. 4). Das Wetter hatten sich angesagt! Es war ratsam, sich zeigte sich von seiner besten Seite. An­ der Mond langsam vor die Sonne schob. beizeiten einen Beobachtungsplatz zu si­ hand der GPS-Koordinaten wurden die Die Zeit verging schnell. Als nur noch chern. Wir wollten nicht in die Situation Kontaktzeiten noch einmal präzisiert (es wenig Licht den Mondrand passierte, kommen, im Stau zu stehen und die To­ handelte sich um ca. 1 Minute). wurde die Landschaft in ein bläulich- talitätszone gar nicht zu erreichen! fahles Licht eingehüllt (Abb. 5). Und dass Finsternisbeobachtung es scheinbar kühler wurde, war nicht Wir fanden unseren Platz an der wahr­ Um 9:07 Uhr war erster Kontakt! Wir be­ nur diesem Lichteindruck geschuldet, scheinlich letzten verfügbaren Stelle ne­ obachteten und fotografierten, wie sich sondern einer tatsächlichen Abkühlung

8 Unser Expeditionsteam vom Verein Sternwarte Kirchheim e.V.: v.l.n.r. stehend: Andreas Freydank, Ute Schulz, Carolin Schulz, Manuel Mascher, Manfred Rätz, Kerstin Rätz, Gunter Freydank, Manfred Kretschmar, Thomas Förster, Dietmar Schulz. Sitzend: Jürgen Schulz, Annette Förster, Liane Schulz, Stefanie Rätz (Bildautor: Thomas Förster)

VdS-Journal Nr. 65 20 Totale Sonnenfinsternis 2017

(Abb. 10). Während die Sonnenfinsternis u. a. mit einer Kamera Canon EOS 600D plus 300-mm-Tamron-Teleobjektiv und Thousand-Oaks-Sonnenfilter und mit einer Canon EOS 40D mit LOMO- Objektiv, Blende 8, 550 mm Brennweite, aber auch mit verschiedenen kleineren Kameras aufgenommen wurde, über­ wachte ein Helligkeits- und Tempera­ tursensor die Umgebung. Die aktuelle Landschafts- und Beobachtungssituati­ on wurde mittels einer Canon EOS 500D mit fester, nicht nachregelnder Blende und Belichtungszeit verfolgt und zeigt nicht nur das Dunkelwerden, sondern auch das geschäftige Treiben der Beob­ achter – weithin zu sehen in den gelben Sonnenfinsternis-T-Shirts! Ich hatte auch wieder ein weißes Tuch ausgelegt, um eventuell fliegende Schatten zu re­ gistrieren. Bei keiner unserer bisherigen totalen Sonnenfinsternisse war uns das gelungen. Bei der 1999er-SoFi allerdings entdeckten wir auf einer Videoaufnahme im entsprechenden Moment „verdächti­ ges“ Geflimmer in der Luft.

10:20 Uhr: 2. Kontakt. Kurz prangte ein 9 Helligkeitskurve während der Sonnenfinsternis mit Vergleich zur totalen Diamantring am Himmel, übergehend Sonnenfinsternis am 14.11.2012 in Australien (relative Helligkeit über Zeit in die total verfinsterte Phase mit einer in min). Messungen: Manfred Rätz strahlenden Sonnenkorona (Abb. 6)! Für unsere Augen erschien der Mond richtig schwarz – Fotos zeigen aber deutlich das aschgraue Mondlicht – das Reflexions­ licht von der Erde.

Ach, warum können wir diesen Anblick immer nur so kurz genießen? Eine Mi­ nute + 47 Sekunden Totalität vergingen wie im Fluge. Da war wieder der Diam­ antring und schon blitzte das Sonnen­ licht am Mondrand hervor (Abb. 7) und ergoss sich über die Landschaft. Wir ver­ harrten im fahlen Licht, und jubelndes Stimmengewirr war zu hören (3. Kon­ takt: 10:22 Uhr).

Nun wurde es schnell heller. Nur flie­ gende Schatten konnten wir wieder nicht festhalten, sie aber vielleicht ein bisschen sehen (?). Die Aufnahmeserien gingen weiter. Auch wenn viele Leute schon zusammenpackten und davon­ fuhren ... die Sonnenfinsternis war lange noch nicht zu Ende. Langsam wurde es wieder wärmer.

Um 11:41 Uhr war dann alles vorbei (4. 10 Temperaturverlauf während der Sonnenfinsternis (Temperatur in °C über Zeit in min). Kontakt). Das größte Problem kam erst Messungen: Manfred Rätz

VdS-Journal Nr. 65 Totale Sonnenfinsternis 2017 21

noch: hier wieder wegfahren ... da war Die Temperaturkurve (Abb. 10) erscheint Canyon, die urige Westernstadt Jack­ ein scheinbar endloser Stau ... überhöht, sie zeigt nicht die wahre Luft­ son, den Yellowstone-Nationalpark, den temperatur am Beobachtungsort. Viel­ West Glacier-Nationalpark, den Cascade- Die Messungen mehr misst das Gerät die im Sensor selbst Natio­nalpark und auch Seattle – um nur Interessant sind auch die Helligkeits- und herrschende Temperatur; und dieser war einige Stationen zu nennen. Ein Teil un­ Temperaturaufzeichnungen. Diese be­ ja vorher stundenlang der vollen Son­ serer Gruppe (Abb. 8) unternahm sogar gannen etwa 130 Minuten vor der Totali­ neneinstrahlung ausgesetzt. Dass das noch einen Tagesausflug nach Vancou­ tät. Die Helligkeitskurve (Abb. 9) verläuft Temperatur-Minimum nicht genau wäh­ ver/Canada. relativ glatt bis nach dem 3. Kontakt – rend der Totalität, sondern sogar über 10 nur wenige Wolken waren am Himmel Minuten verzögert eintrat, wurde nicht Wenn wir nun auch fast drei Wochen unterwegs. Später jedoch kamen mehr nur deshalb beobachtet, weil bei sin­ durch die USA getourt sind, war uns Wolken, was man in der Kurve gut sieht. kender Temperatur erst noch Wärme aus klar, dass wir eigentlich noch viel mehr Zum Vergleich ist einmal die Helligkeits­ dem Boden an die Luft abgegeben wur­ Zeit gebraucht hätten. Jedenfalls war die kurve der totalen Sonnenfinsternis am de, sondern auch weil der Sensor stark Sonnenfinsternis-Beobachtung wieder 14.11.2012 über Australien rot eingetra­ erwärmt war. mal ein Erfolg – und es soll nicht unsere gen. Hier ging die Sonne erst auf, und letzte gewesen sein … die Helligkeit war durch steigende Son­ Nach der Finsternis nenhöhe noch auf dem ansteigenden Ast. In den restlichen zwei Wochen unseres Damals hatten wir jedoch mit so starker USA-Aufenthaltes legten wir täglich Bewölkung zu tun, dass wir befürchten viele Kilometer (oder sollte ich besser mussten, von der Sonnenfinsternis gar sagen: Meilen?) zurück, um noch einige nichts zu sehen. Diesen Wolkendurchzug Nationalparks und andere landschaftli­ sieht man sehr gut in der roten Kurve. che Highlights zu erleben, so z. B. Hells The Great American Solar Eclipse von Ralf Schäfer

Nach der erfolgreichen Beobachtung der ringförmigen Sonnenfinsternis im Mai 2012 in der Nähe des Zion-Nationalparks im US-Bundesstaat Utah stellte sich für mich die Frage: Welche totale Sonnen­ finsternis beobachte ich als nächste?

Die totale Sonnenfinsternis 2015 kam aufgrund des Finsternispfades, der sich über die Färöer-Inseln und Spitzbergen zog, nicht in Frage, da mir die Wetter­ aussichten für eine erfolgreiche Beob­ achtung nicht aussichtsreich genug er­ schienen. Somit fiel meine Wahl auf die totale Sonnenfinsternis im August 2017, deren Finsternispfad quer durch die USA ging.

Vorbereitung Nach Sichtung der Wetterprognosen des kanadischen Eclipse-Wetterexperten Jay Anderson entschied ich mich für einen Beobachtungstandort im Bundestaat Oregon in der Nähe der Kleinstadt Ma­ 1 Diamantring-Phänomen, Kamera: Nikon D7000 mit Sigma-Spiegelteleobjektiv, dras. Mit ca. einjährigem Vorlauf buchte Brennweite 500 mm (f/8), ISO 640, 1/800 s belichtet ich die Flüge nach Seattle und plante eine 15-tägige, selbstgestrickte Rundreise mit einem Mietwagen entlang der Nordwest­ vorletzten Tag der Rundreise. Ca. 6 Mo­ dass die Kleinstadt Madras wohl für viele küste der USA. Planungstechnisch legte nate vor der geplanten Reise wurde mir Finsternisfans der favorisierte Beobach­ ich den Tag der Sonnenfinsternis auf den durch zufälliges Surfen im Internet klar, tungsstandort sein würde.

VdS-Journal Nr. 65 22 Totale Sonnenfinsternis 2017

rallinie lagen. Durch Recherchen meiner Arbeitskollegen in Deutschland wurde mir mitgeteilt, dass am Tag der Finster­ nis im gesamten Ort und Umgebung ca. 150.000 Eclipse-Jäger ihren Beobach­ tungsstandort gefunden hatten und das befürchtete Verkehrschaos tatsächlich eingetreten war, aber erst bei der Abreise der SoFi-Fans nach der Eclipse.

Mit Erreichen meines Beobachtungs­ standorts wurde mir klar, die richtige Wahl getroffen zu haben. Auf dem Hü­ gel traf ich nur zwei Personen an, die es mit Ihren Allrad-Autos geschafft hatten, bis zur Spitze der Erhebung vorzudrin­ gen. Da mein Leihwagen nur Frontan­ trieb hatte, war für mich 200 m unter­ halb der steilen Hügelkuppe Schluss. Im 2 Koronastrahlen, Kamera: Nikon D7000 mit Sigma-Spiegeltele, Brennweite 500 mm Laufe des Tages und der Nacht gesellten (f/8), ISO 640, 1/20 s belichtet sich noch ca. 8-10 Autos hinzu. Am Mor­ gen der Finsternis kamen nochmals 5-6 Autos, so dass wir zu Beginn der parti­ Zu diesem Zeitpunkt war ein Camp mit Am Vortag der Finsternis machte ich ellen Phase mit ca. 30-40 Personen auf einem Eclipse-Festival geplant, und die mich sehr früh auf den Weg, um den dem Hügel die SoFi beobachteten. geschätzte Teilnehmerzahl lag bei beein­ geplanten Beobachtungsstandort zu er­ druckenden mehr als 60.000 Besuchern. reichen, wobei ich verkehrstechnisch Finsternis Und das vor dem Hintergrund, dass der bedingt quer durch Madras musste. Zum Der Fernblick von hier reichte locker bis Ort Madras selbst nur ca. 6.700 Einwoh­ Glück war hier morgens um 9 Uhr das zum ca. 64 km entfernten Mount Jeffer­ ner hat. Leichte Bedenken machten sich erwartete Verkehrschaos noch nicht ein­ son, der genau auf der Zentrallinie lag. bei mir breit, ob ich mit Madras wirk­ getreten, und bei der Durchfahrt waren Der mit ca. Mach 3 heranrasende Mond­ lich den richtigen Ort für meine Beob­ drei große Finsterniscamps zu sehen, die schatten konnte eindeutig als isoliertes achtungen gefunden hatte. Auf eine fast alle schon voll belegt waren und alle Objekt in der Landschaft wahrgenommen Massenveranstaltung mit Verkehrschaos nördlich des Ortes in der Nähe zur Zent­ werden. Als der Mondschatten Madras hatte ich auf keinen Fall Lust. Darüber hinaus wurde mit einer mir bisher nicht bekannten Intensität diese Sonnenfins­ ternis multimedial im Internet regelrecht vermarktet und mit „The Great American Solar Eclipse“ auch ein griffiger Name für dieses Naturschauspiel gefunden.

Standortwahl Um ein eventuelles Verkehrschaos bzw. das Massenevent zu umgehen, plante ich nun einen Beobachtungsstandort etwas außerhalb von Madras. Nach intensi­ ver Recherche mittels Google-Maps und Google- fiel meine Wahl auf eine kleine hügelartige Erhebung mit dem Namen „Bucks Butte“, 7 km südöstlich vom Ortskern Madras. Zwar lag die­ ser Standort damit ca. 6 km südlich der Zentrallinie, und man verlor hier ca. 3,5 Sekunden von der Totalitätsdauer, dafür war man aber weit weg von den Fins­ terniscamps im Ort und hatte den Vor­ teil, von dieser Erhebung sehr weit in die 3 Dritter Kontakt, Kamera: Nikon D7000 mit Sigma-Spiegeltele, Landschaft schauen zu können. Brennweite 500 mm (f/8), ISO 640, 1/500 s belichtet

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erreichte, gingen schlagartig die Lichter im Ort an. Nur wenige Sekunden später erreichte der Mondschatten auch unseren Standort, und die Totalität setzte ein.

Wir konnten kollektiv eine perfekte Son­ nenfinsternis mit Diamantringphänomen (Abb. 1), feinen Koronastrahlen (Abb. 2) und tiefrot leuchtenden Protuberanzen erleben. Für viele der Beobachter auf dem Hügel war es ihre erste Sonnenfins­ ternis, und die meisten beobachteten nur durch eine SoFi-Brille mit dem „bloßem“ Auge den Verlauf. Einige wenige nutz­ ten Actioncams­ mit Filterfolie, um den 4 Verlauf der SoFi zu dokumentieren und Temperaturverlauf der Finsternis mit eingezeichneten Zeitdaten der Finsternis zwei Personen konzentrierten sich auf das Filmen des über die Landschaft he­ rannahenden Mondschattens. Ansons­ Luftfeuchtigkeit. Die Messungen bei­ Resümee ten zückten viele ihre Smartphones und der Datenreihen erfolgten mittels eines Ja, es war wirklich die angekündigte konnten damit auch stimmungsvolle Vi­ USB-Datenloggers im Schatten. Die Ab­ „Great American Solar Eclipse“. Unter deos erzeugen. bildung 4 zeigt den Verlauf der Tempe­ perfekten Randbedingungen und in net­ ratur während der Finsternis. Wie man ter Gesellschaft konnte eine beeindru­ Nach dem Ende der Totalität war für die sieht, wurde eine minimale Temperatur ckende Sonnenfinsternis erlebt werden. meisten Beobachter die SoFi schon ge­ von 15,6 °C ca. 15 Minuten nach Mitte Alle typischen Phänomene wurden foto­ laufen. Nur noch ich machte brav weiter der Finsternis erreicht. Danach stieg die grafisch dokumentiert. und schoss auch noch Bilder vom wei­ Temperatur rasch um ca. 10,4 °C wieder teren partiellen Verlauf der Eclipse bis an, um nach Ende der Finsternis ca. 26,0 Durch geschickte Wahl des Standorts ge­ zum Ende der Finsternis, welches um ca. °C zu erreichen. Analog dazu stieg die re­ lang es, dem Massenevent auszuweichen 11:40 Uhr Ortszeit erreicht wurde. lative Luftfeuchtigkeit von 44 % kurz vor und den Mondschatten als „isoliertes“ Beginn der Finsternis auf 56 % während Objekt, das sich über die Landschaft be­ Messungen der Finsternis an, um nach der Finsternis wegte, wahrzunehmen und zu filmen. Danach beendete ich auch meine Da­ auf 36 % abzusinken. tenaufzeichnung für Temperatur und

VdS-Journal für Astronomie · Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) e.V. Hier schreiben Mitglieder für Sternfreunde.

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IMPRESSUM gruppen-Redakteure und VdS-Mitglieder viermal pro Jahr und ist im Mitglieds­­­- beitrag von 35,- E (EU) und 40,- E Mitarbeit: Eva Garbe (außerhalb der EU) bzw. ermäßigt 25,- E pro Jahr enthalten Beiträge werden erbeten an: VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, D-64629 Heppenheim und an die Redakteure der VdS-Fachgruppen (siehe Redaktionsliste).

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Die äußere Sonnenkorona im infraroten Licht von Wolfgang Strickling

Die totale Sonnenfinsternis vom 21.08. mit Teleobjektiven zeigen üblicherweise Korona in das Zodiakallicht von Raketen 2017 hat mich, wie viele andere Fins­ nur die Korona bis in einige Sonnenra­ oder Satelliten aus durchgeführt [3]. Da ternisenthusiasten auch, in die USA dien Entfernung (Abb. 1). Celnik et al. der Himmel bekanntlich auf Infrarot­ gezogen, wo ich im Rahmen einer drei­ hatten bereits 2006 Weitwinkelaufnah­ aufnahmen jedoch nahezu schwarz er­ wöchigen Rundreise das astronomische men im visuellen Spektralbereich ge­ scheint, beschloss ich meine infrarotmo­ Ereignis des Jahres am Rande des Grand- macht und dabei die Korona bis zu ei­ difizierte Canon 650D in Kombination Teton-Nationalparks nördlich von Jack­ ner Elongation von 15 Grad nachweisen mit einem ProPlanet-742-Infrarot-Pass­ son, Wyoming, unter den besten Wetter­ können [2]. Ein besonderes Problem bei filter zur Reduktion dieses Streulichts bedingungen beobachten konnte. Neben der Beobachtung und Fotografie der äu­ einzusetzen. Als Objektiv verwendete verschiedenen Luft- und Atmosphären­ ßersten Koronaanteile ist die Aufhellung ich mein Tamron-90-mm-(f/2,8)-Macro, messungen habe ich ein umfangreiches, durch atmosphärisches Streulicht, denn das mit 17° Bilddiagonale an der 650D weitgehend automatisch gesteuertes Fo­ auch bei einer totalen Sonnenfinsternis einen ähnlichen Bereich abdeckt wie der toprogramm mit verschiedenen Kameras ist der Himmel noch relativ hell. Mes­ LASCO-C3-Koronograf auf der Sonnen­ durchgeführt. sungen mit einem Himmelshelligkeits­ sonde SOHO. Eine große Unbekannte messgerät, ähnlich dem bekannten SQM, waren die erforderliche Belichtungszeit Auf Anregung von W. E. Celnik [1] hatte ließen Werte um 12 bis 13 mag/arcsec² und Empfindlichkeitseinstellung. Eine eines meiner Experimente das Ziel, die erwarten. Das entspricht der Helligkeit weit gestreute Belichtungsreihe war des­ äußeren Ausläufer der Korona und even­ des Himmels nur 30 Minuten nach Son­ halb unumgänglich, sie reichte von 0,5 tuell den Übergang in das Zodiakallicht nenuntergang. Deshalb wurden professi­ Sekunden bei ISO 100 bis zu 2 Sekunden abzubilden. Herkömmliche Aufnahmen onelle Messungen des Übergangs von der bei ISO 6400 bei f/2,8. Da die Kamera

1 Konventionelles HDR-Komposit aus 23 Einzelbildern mit einem 500-mm-Teleobjektiv. Es zeigt die Korona bis in etwa 6 Sonnenradien Entfernung vom Sonnenmittelpunkt.

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2 Infrarotaufnahmen mit 1 s Belichtung bei ISO 400. Zur Orientierung ist die Ekliptik mit 2-Grad-Marken eingezeichnet. Das HDR-Kompositbild wurde maßstabsgerecht im Zentrum eingefügt.

auf einem Star Adventurer automatisch ich mich trotzdem voll auf andere Akti­ nachgeführt wurde und die Belichtungs­ vitäten und vor allem den überragenden Bei der Sichtung der Fotos fielen leider reihe von der Android-App EclipseDroid visuellen Eindruck dieser Finsternis kon­ zuerst die unerwartet starken Lichtreflexe selbstständig gesteuert wurde, konnte zentrieren. der hellen inneren Korona auf. Dadurch,

3 Aufnahmen mit 1 s bei ISO 400 und ISO 800 gestackt. Zusätzlich zu den Streamern zeichnet sich die F-Korona und das Zodiakallicht als diffuse Aufhellung entlang der Ekliptikebene ab.

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dass sich die Sonne wegen der ungenau­ Schon auf den kürzer belichteten Auf­ der mittleren Belichtungen kann man en Einnordung der Montierung am Tage nahmen (Abb. 2) sind deutlich die lang­ auf die sehr langen Belichtungszeiten deutlich aus dem Bildzentrum verschoben gestreckten Koronastrahlen (Streamer) bzw. sehr hohen Empfindlichkeitseinstel­ hatte, hatten sich die Reflexe auch über erkennbar, die sich bis etwa 1,5 Grad lungen verzichten und statt dessen mehr weite Bereiche des Bildes verteilt und (6 Sonnenradien) vom Sonnenzentrum Aufnahmen im Bereich 1 s ISO 400 bis mussten in der Bildbearbeitung erst ein­ nach außen erstrecken. Auf Bildern, die ISO 800 bei f/2,8 machen. mal mühsam von Hand entfernt werden. auch Belichtungen mit ISO 800 einbe­ zogen haben (Abb. 3), wurde dann auch Erwartungsgemäß zeigten die kürzesten eine entlang der Ekliptikebene diagonal Literaturhinweise und Weblinks: Belichtungen noch nicht die äußersten durch das Bild laufende diffuse Aufhel­ [1] W. E. Celnik, 2017: „Die Ausdeh- Koronabereiche. Die längsten Belichtun­ lung sichtbar. Sie ist der äußerste Aus­ nung der Sonnenkorona“, VdS- gen waren dagegen selbst in den Bild­ läufer der F-Korona, die durch Staubteil­ Journal für Astronomie 61, S. 17 ecken zu über 90 % gesättigt, also hoff­ chen hervorgerufen wird und die noch [2] W. E. Celnik, O. Guthier, U. Rei- nungslos überbelichtet. Aufnahmen mit weiter außen kontinuierlich in das Zodi­ mann, 2006: „Von der schwarzen 1 s bei ISO 400 und f/2,8 zeigen dagegen akallicht übergeht [3]. Auf dem Original­ Oase zur schwarzen Sonne“, VdS- in den Ecken eine Deckung von knapp bild sind daneben auch Sterne bis jen­ Journal für Astronomie 21, S. 50 10 %, weshalb ich die insgesamt 11 Bilder seits der siebten Größenklasse erkennbar. [3] H. Kimura und I. Mann, 1998: mit ISO 400 und ISO 800 für die weitere Bei künftigen Experimenten dieser Art „Brightness of the solar F-corona“, Auswertung verwendet und mit Regim zur sollte man auf das Vermeiden von Lin­ Earth Planets Space 50, p. 493 Rauschreduktion gestackt habe. Um die senreflexen besonderen Wert legen, also [4] W. Strickling: Webseite des Autors feinen Koronastrukturen herauszuarbei­ während der Totalität auf eine exakte mit Daten, weiteren Bildern und ten, habe ich anschließend die Kontraste Zentrierung achten und ein möglichst Links, www.strickling.net/sofi2017. mit dem Larson-Sekanina-Filter (30°, 10 reflexarmes Objektiv auswählen, eventu­ htm Pixel) von Fitswork angehoben. ell mit geringerer Brennweite. Zugunsten

1 Great American Eclipse Theodore-Roosevelt- Nationalpark – Aus- sichtspunkt Painted – Besuch von Nationalparks mit SoFi-Höhepunkt Canyon von Kai-Oliver Detken

Die „Great American Eclipse“ wurde von man von mehreren Millionen Teilneh­ mer kleiner, die uns auf der Fahrt durch den Amerikanern nicht ganz ohne Pathos mern ausgehen konnte. Daher standen, fünf Bundesstaaten begegnen sollten. so genannt, da es die erste Sonnenfins­ nachdem die Motel-Reservierungen abge­ So besaß beispielsweise der nächste Ort ternis (SoFi) war, die seit 99 Jahren quer schlossen waren, noch zwei Aspekte für Bemidji ungefähr so viele Seen wie Ein­ über den Kontinent gehen sollte. Nach ein gutes Gelingen im Raum: das Wetter wohner, nämlich um die 10.000. Auch langer Vorbereitungszeit, die teilweise be­ und der örtliche Verkehr. Es sollte daher der Bekanntheitsgrad war hier über­ reits Ende 2016 begann, konnte sich am wie immer spannend werden. Aber genau schaubar, da dieser Ort nur durch sei­ 11. August endlich eine kleine Reisegrup­ das macht ja auch eine gute SoFi aus. ne Curling-Weltmeister bekannt war. pe der Astronomischen Vereinigung Lili­ Wir waren aber grundsätzlich nicht auf enthal (AVL) [1] auf den Weg machen, um Amerikanische Sehenswürdigkeiten Stadtbesichtigung aus, sondern wollten eine totale SoFi im Land der unbegrenz­ Gestartet wurde die Reise ab Minnea­ die Nationalparks kennenlernen. Unser ten Möglichkeiten zu erleben. Auf diese polis, das mit 382.000 Einwohnern die erster Abstecher führte uns daher zum Idee waren allerdings auch andere Astro­ größte Stadt der umliegenden Region State Park Itasca [2], aus dem der Mis­ nomie-Begeisterte gekommen, weshalb darstellt. Danach wurden die Städte im­ sissippi entspringt, der sich von hier bis

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2 Überblick über den Badlands National Park

nach New Orleans quer durch das Land zieht. Wir wanderten bei schlechtem Wetter zur Mississippi-Quelle, um dort, wie viele andere Leute, ins Wasser zu steigen: eine Mississippi-Überquerung einmal anders.

Weiter ging es zum Theodore-Roosevelt- Nationalpark [3], der nach dem 26. Präsi­ denten der Vereinigten Staaten benannt ist. Im Nationalpark sahen wir uns ei­ nen kurzen Einführungsvortrag an und entdeckten, dass es Mitte September das astronomische Treffen „Dakota Nights Astronomy Festival“ geben wird. Denn im Park wird es nachts so richtig dunkel. Das war interessant, auch wenn wir dann nicht mehr hier sein sollten und bisher das Wetter eher einen norddeutschen Eindruck hinterließ. Statt Sternen beob­ achteten wir am Tag daher unterschiedli­ 3 Milchstraße über Hotsprings in Wyoming (AstroTrac, 3 min pro Bild, 12 Bilder, che Tiere wie einzelne Bisons, Truthähne, ISO 800, Objektiv Sigma 17-50 mm 1:2,8 EX DC OS HSM, Brennweite 21 mm, Wildpferde und kleine Prärie­hunde. Auf Blende 2,8, Kamera: Canon 700Da (modifiziert), Filter: CLS-Filter von Astronomik) mehreren Hochebenen ließen sich zudem tolle Überblicke über die Landschaft ge­ winnen (Abb. 1). Im Besucherzentrum, besitzt einen Durchmesser von 150 m. [5] gefahren. Dieser Nationalpark bekam welches nach einer Westernstadt auf­ Auch eine passende Astronomie-Ge­ seinen Namen von den ersten französi­ gebaut war, entdeckten wir ein kleines schichte gibt es über den Berg zu erzäh­ schen Legionären, die in das Land kamen Postamt, in dem wir SoFi-Briefmarken len: Sieben Mädchen flüchteten sich ein­ und Schwierigkeiten hatten, sich zu ori­ erstehen konnten. Selbst hier war man mal vor Bären auf diesen Berg. Nachdem entieren bzw. keine Möglichkeit für eige­ also vorbereitet. die Lage immer bedrohlicher wurde und ne Landwirtschaft sahen, was auch heute die Bären mit ihren Krallen die Bergwän­ noch nachvollziehbar ist (vgl. Abb. 2). Als nächster Nationalpark stand der De­ de bearbeiteten, baten die Mädchen den Hier veränderte sich das Wetter langsam, vils Tower (Teufelsturm) [4] in Wyoming Berg um Hilfe. Dieser hörte ihre Bitte denn die Temperatur stieg auf 40 Grad auf dem Programm. Wir waren daher und wuchs in den Himmel, um die Mäd­ Celsius. Beim Besucherzentrum trafen nach Minnesota, North und South Da­ chen dort in Sicherheit zu bringen. Dort wir einen Amerikaner aus Minneapolis, kota im vierten US-Bundesstaat unserer sieht man sie heute noch als die Pleja­ der die gleiche Strecke in zwei Tagen Reise angekommen. Der Devils Tower ist den funkeln. Eine schöne Geschichte, die zurückgelegt hatte, wofür wir ungefähr ein turmartiger Härtling magmatischen aufzeigt, dass sich auch die Indianer mit eine Woche gebraucht hatten. Auch er Ursprungs am Nordwestrand der Bear dem Sternenhimmel beschäftigt haben. wollte unbedingt die Sonnenfinster­ Lodge Mountains, der vor ca. 50 Milli­ nis sehen. Um 15 Uhr baute zudem ein onen Jahren entstand. Der Berg erhebt Bei Hotsprings in Wyoming sind wir Ranger ein Sonnenteleskop von Corona­ sich 265 Meter über die Umgebung und dann auch zum Badlands National Park do auf und richtete es auf die Sonne. Er

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4 Bedeckungsphasen der totalen Sonnenfinsternis in den USA, aufgenommen bei Douglas (Montana)

machte damit ein bisschen Werbung für machten der Lagunennebel und die An­ Während bei den Höhlen eine Reservie­ die anstehende SoFi und verteilte kosten­ dromeda-Galaxie. Letztere war mit blo­ rung der Karten angebracht war, kam los die entsprechenden Brillen. ßem Auge klar zu erkennen und nahm im man bei Mount Rushmore durch die gut Fernglas fast den gesamten Bildbereich ausgebauten Tiefgaragen sofort rein. Das Da das Wetter besser wurde, konnten ein – was für ein Anblick! Zwischen­ Bauwerk ist 1941 fertig gestellt worden, auch erste Exkursionen an den nächt­ durch zogen immer wieder Sternschnup­ nachdem es 1927 begonnen wurde. Fast lichen Sternenhimmel bei Hotsprings pen durch das Gesichtsfeld, die wohl 400 Arbeiter waren mit der Ausführung erfolgen. Bereits hier konnte man die noch Ausläufer der Perseiden waren. Ich beschäftigt, die ursprünglich noch grö­ Milchstraße in ihrer gesamten Pracht am wünschte uns Sonnenschein für die SoFi, ßer geplant war. In der Nähe gibt es ein frühen Abend bewundern. Dabei konn­ denn ab jetzt durfte sich das Wetter nicht weiteres Memorial, welches Crazy Horse ten wolkenartige Strukturen ausgemacht wieder verschlechtern. [8] gewidmet ist. Von dem Monument werden (Abb. 3). Außer dem Sternbild ist allerdings bisher nur der Kopf fertig Skorpion ließen sich auch der Planet Am nächsten Tag ging es zum National­ gestellt worden. Als Bauzeit werden wei­ Saturn und der Kugelsternhaufen M 13 park Wind Cave [6] sowie zu den Präsi­ tere 100 Jahre geschätzt, weil es sich nur sehr gut beobachten. Besonderen Spaß dentenköpfen von Mount Rushmore [7]. durch Spenden finanziert.

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Der Tag der SoFi Am Tag der SoFi war ich bereits um 5 Uhr morgens wach. Wir frühstückten nur das Nötigste, packten alle Sachen zusam­ men und setzten uns in Bewegung. Denn schließlich sollte es aus Denver zu einem Verkehrskollaps kommen, da 600.000 Leute aus dieser Richtung erwartet wur­ den. Wir selbst fuhren ohne größeren Stau los, aber die Autodichte hatte be­ reits erheblich zugenommen. Gott sei Dank gab es anfangs keine Kreuzungen 5 Beginn und Mitte der Totalitätsphase (Objektiv Sigma 70-200 mm 1:2,8 EX DG OS oder Ampeln. Das änderte sich aber, so HSM, 2-facher Telekonverter Sigma EX APO DG , Brennweite 400 mm, Öffnungsver- dass wir in den ersten handfesten Stau hältnis 1:45, Stativ mit AstroTrac TT320X-AG, Kamera: Canon 700Da (modifiziert), Filter: kamen. Die SoFi sollte um ca. 10:20 Uhr OWB Astronomik-Filter, Hoya-Filter 77 mm HMC NDX400 und Hoya-Graufilter 77 mm beginnen und wir hatten insgesamt 145 HMC ND8) Meilen zurückzulegen, weshalb wir uns langsam Sorgen machten. In Lusk er­ reichte die Masse der Beobachter ihren Höhepunkt. Als wir danach aus der Stadt herausfuhren, war die Straße aber plötz­ lich wieder frei, so dass wir wieder rich­ tig Fahrt aufnehmen konnten.

So erreichten wir Douglas in Wyoming rechtzeitig um 10 Uhr und suchten uns ein schönes Plätzchen am North Plate River aus. Nun wurde das Equipment schnell aufgebaut und die Ausrichtung auf die Sonne vorgenommen. Um 10:15 Uhr war alles fertig – das war Timing! Fünf Minu­ ten später knabberte der Mond die Sonne zum ersten Mal an und es kam Bewegung in die Beobachter. Wir hatten zusätzlich unsere Ferngläser astrotauglich gemacht und schauten damit in die Sonne. Die Fo­ lienfilter leisteten dabei wirklich Erstaun­ liches: Die Sonnenoberfläche ließ sich in Strukturen auflösen und es gab einige Sonnenflecken zu bestaunen, obwohl wir uns ja aktuell in einem Sonnenaktivitäts- 6 Blick vom Tepee am Yellowstone-Nationalpark auf die Milchstraße im Nordosten Minimum befanden.

Dann wurde es ernst: Die Totalität war in allen Facetten. Die Landschaft war Tagen kannte und sich ebenfalls dafür fast erreicht. Vorher hat man sich natür­ nun wirklich dunkel, was auch ganze interessierte, bot mir sogar Champag­ lich Gedanken gemacht, wie man diesen Mückenschwärme mitbekommen hatten, ner an, den sie aber bereits selbst schon kurzen Moment von ca. 2 min am bes­ die plötzlich aktiv wurden. Durch die stark konsumiert hatten. Ich wurde daher ten sinnvoll füllen kann. Lässt man alles Dunkelheit tauchten auf einmal Sterne nochmals willkommen geheißen in Ame­ bei den manuellen Einstellungen oder und Planeten neben der Sonne auf. So rika, obwohl ich erzählte, dass wir bereits versucht man auch einmal den Autofo­ war beispielsweise rechts unten von der seit 10 Tagen im Land waren. Zwei wei­ kus zu nutzen? Ich beließ es erst einmal Sonne Venus sehr hell und deutlich zu tere Besucher aus England zeigten sich bei der manuellen Einstellung, nahm die erkennen, während sich Regulus links ebenfalls interessiert und waren in der Filter (Sonnen- und Graufilter) ab und daneben zeigte. Vergangenheit auch bei verschiedenen machte erste Versuche. Zwischendurch SoFi-Events bereits dabei gewesen. Das wurde die Sonne auch visuell beobach­ Nach der Totalität kamen auch immer Ganze hatte eine Art Festival-Charakter, tet und es offenbarte sich speziell durch mal wieder Amerikaner vorbei und woll­ bei dem man viele neue Menschen ken­ das Fernglas ein wahnsinnig toller An­ ten wissen, ob die Bilder etwas geworden nenlernen kann, denen man in Zukunft blick! Man konnte auf einmal direkt in waren, die wir gemacht hatten. Eine äl­ aber mit fast absoluter Sicherheit nie die Sonne schauen und sah die Korona tere Frauengruppe, die sich aus College- wieder begegnen wird.

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7 Draufsicht auf die größte Thermalquelle der USA, die Grand Primatic Spring im Midway Geyser Basin

Nach der SoFi Doch dann rochen wir es: Feuer! Vor ten. Die „Great American Eclipse“ war Nun sollte uns noch ein weiterer Höhe­ uns lagen riesige Waldbrandgebiete und damit endgültig Geschichte. punkt bzw. Nationalparks erwarten wie Löschhubschrauber flogen dicht über uns u. a. Yellowstone [9] und Glacier [10]. hinweg. Trotzdem konnten wir gefahrlos Speziell im Yellowstone nahmen wir Wanderungen im Park unternehmen, der Literaturhinweise und Weblinks: uns ebenfalls vor, den Nachthimmel zu allerdings weniger spektakulär ist, als [1] Astronomische Vereinigung Lilien- erkunden, da dieser Park fern von stö­ der Yellowstone – dafür allerdings auch thal (AVL): www.avl-lilienthal.de renden Lichtquellen ist und als extrem nicht so überlaufen. [2] Itasca State Park: www.dnr.state. dunkel gilt. Da wir an einem der Park­ mn.us/state_parks/itasca/index.html eingänge in sog. Tepees (hölzernen In­ Anschließend galt es, die Strecke wieder [3] Theodore-Roosevelt-Nationalpark: dianerzelten) untergebracht waren, war zurück zum Ausgangspunkt in Minnea­ www.nps.gov/thro/index.htm der Aufwand für Nachtexkursionen auch polis zurückzulegen. Wir waren ja inzwi­ [4] Devils Tower National Monument: dieses Mal geringer. Hier blieben wir vier schen weit nordwestlich und mussten in www.nps.gov/deto/index.htm Nächte, von denen zwei astronomisch drei Tagen Dauerfahrt wieder nach Osten [5] Badlands National Park, South Da- genutzt werden konnten. Die Milchstraße zurückfahren. Das bedeutete anstrengen­ kota: www.nps.gov/badl/index.htm war in beiden sternklaren Nächten un­ des Meilenfressen, auch wenn wir immer [6] Wind Cave National Park, South glaublich wolkenartig und transparent zu wieder an interessanten Stellen halt­ Dakota: www.nps.gov/wica/index. erkennen. Der Himmel daher noch etwas machten. Der letzte Tag in Minneapolis htm besser als in Hotsprings, was man auch war aber zum Verschnaufen gut geeignet [7] Mount Rushmore National Memo­ an der Andromeda-Galaxie mit bloßem und der Rückflug, auf dem wir nachts so­ rial: www.nps.gov/moru/index.htm Auge einwandfrei beobachten konn­ gar noch Polarlichter sahen, entschädigte [8] Crazy Horse Memorial: https://cra- te. Daher wurde jeweils bis Mitternacht uns für den Reiseaufwand. zyhorsememorial.org ausgiebig mit dem Fernglas der Himmel [9] Yellowstone National Park: erkundet, während parallel weitere Auf­ Wir fuhren mit vielen neuen Eindrücken www.nps.gov/yell/index.htm nahmen gemacht wurden (z. B. Abb. 6). im Kopf nach Hause, die erst Wochen [10] Glacier National Park: www.nps. später wirklich verarbeitet werden soll­ gov/glac/index.htm Der Park selbst bietet eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten, dessen Hauptattrak­ Anzeige tionen u. a. sind: Midway Geyser Basin (Abb. 7), Old Faithful, Artist Point sowie die Terrassen Mammoth Hot Springs. Aufgrund seiner Geysire genießt der Park auch einen wirklichen Einzigartig­ keitsstatus, was wir an den steigenden Besucherzahlen leider auch bemerk­ ten. Immerhin beherbergt Yellowstone ca. 60 % aller weltweiten heißen Quel­ len! Daher waren die drei Tage Aufent­ halt schon knapp bemessen. Aber das Gesehene entschädigte alle Teilnehmer für die Strapazen. Als wir zu unserem letzten Hauptstopp weiterfuhren – dem Glacier National Park – waren wir da­ her alle etwas müde. Hier im Norden war die Luft diesiger, was wir zuerst auf die Außentemperaturen zurückführten.

VdS-Journal Nr. 65 Jetzt Das Spektrum KOMPAKT neu! WAHLABO Die Spektrum KOMPAKT-Printausgaben bündeln Artikel zu aktuellen Themengebieten und erscheinen 6-mal pro Jahr. Im Wahlabo entscheiden Sie selbst, welche davon Sie lesen möchten. Vor Erscheinen jeder neuen Ausgabe werden Sie per Mail über ihren Inhalt informiert. Falls Sie das Thema nicht interessiert, teilen Sie uns dies einfach mit. Sonst schicken wir Ihnen die Ausgabe per Post zu – es fallen keine weiteren Kosten für Sie an.*

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* Der Preis beinhaltet die Versandkosten Inland. Bei Lieferung in Länder der EU und in die Schweiz werden die Mehrkosten von € 1,50 pro Ausgabe berechnet. www.spektrum.de/aktion/wahlabo 32 Totale Sonnenfinsternis 2017

1 Landschaft unter der verfinsterten Sonne, rechts der Kondens­streifen eines Flugzeugs; Kamera: Canon EOS 5D Mark I, Objektiv: Canon EF 16-35 mm L II USM (bei f = 16 mm und Blende 2,8), 10:21:38 PDT Erdschein und Baily’s Beads bei der Sonnenfinsternis am 21.08.2017 von Gabriele und Jörg Ackermann

Die diesjährige totale Sonnenfinsternis in den USA wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Bereits ein Jahr im Voraus haben wir mit der Planung für die Reise begonnen. Aufgrund der Wet­ terprognosen entschieden wir uns für eine Beobachtung nahe Madras im US- Bundesstaat Oregon. Die erste Station unserer Reise war New York. Wir wurden dort am Freitag vor der Finsternis mit Regen und Gewitter empfangen. Sonn­ tags sind wir dann weiter nach Portland geflogen und mit einem Mietwagen über Madras nach Redmont gefahren. Bis kurz vor Portland hatten wir eine mehr oder weniger geschlossene Wolkendecke. In Oregon ist es im August immer recht trocken und es gibt deshalb relativ viele Flächenbrände. Die Rauchentwicklung ist teilweise so stark, dass sie die Sonne komplett verschwinden lässt. Wir hatten bereits geplant, in der Nacht zum Mon­ tag aufzubrechen und weiter ins Landes­ innere zu fahren, um den dichten Rauch­ wolken zu entgehen. Es zeigte sich, dass die Rauchentwicklung abends am stärks­ 2 Verfinsterte Sonne mit Gegenlicht, Erläuterung s. Text. Kamera: Canon EOS 5D ten war und über Nacht fast vollständig Mark IV, Objektiv: 1,4-fach-Konverter, Canon EF 100-400 mm f/4,5-5,6 L IS II USM verschwand. Wir hatten die Finsternisbe­ (bei f = 400 mm), Komposit aus Belichtungszeiten von 1/320 s bis 1,6 s, 10:21 PDT

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Baily’s Beads beim 2. Kontakt (unten, 10:20:03 PDT) und beim 3. Kontakt (oben, 10:21:54 PDT). Kamera: Canon EOS 5D Mark IV mit 1,4-fach Konverter, Objektiv: Canon EF 100-400 mm f/4,5-5,6 L IS II USM (bei f = 400 mm)

obachtung bei einem Reisebüro gebucht, die neuen Rauchwolken kommen. Man das schwache Mondlicht überstrahlt und welches auch vor Ort war und sich sehr sieht das gut auf der Landschaftsauf­ diese Bereiche überbelichtet sind. gut auf die Situation vorbereitet hatte. nahme, die wir während der Totalität ge­ macht haben (Abb. 1). Letztlich war der Fliegende Schatten waren leider nicht Am Montagmorgen ging es dann um Himmel klar genug, um den schwachen zu sehen. Was wir dieses Mal auch nicht 5:00 Uhr mit dem Bus zum Beobach­ Erdschein auf dem Mond einzufangen. gut gesehen haben, war der Tunneleffekt, tungsort, der Wine Down Ranch nahe Die Abbildung 2 ist ein Kompositbild, der sich durch den Mondschatten ergibt. Prineville. Anfangs gab es noch ein paar in welches wir den vom Erdlicht erhell­ Vielleicht lag es daran, dass wir etwas Rauchschleier, die sich bis zum 1. Kon­ ten Mond eingefügt haben. Der teilweise abseits der Zentrallinie standen. takt fast vollständig verzogen hatten. hellere Mondrand ist ein Artefakt, das Am Horizont sah man aber schon wieder dadurch entsteht, dass die innere Korona

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„The Total Solar Eclipse“ bei den Cowboys in Riverton von Johann Spuling

1 Sonnenaufgang am Finsternistag, Brennweite 120 mm, Verschlusszeit 1/400 s, ISO 160, Blende 8

Am 18. August ging es endlich los. Wir flogen von Frankfurt aus nach Denver, dann weiter nach Casper im US-Bun­ desstaat Wyoming. Per Mietauto ging es von Casper nach Riverton. Hier trafen wir weitere uns bekannte SoFi-Fans aus Deutschland, die sich dort das Ereignis zusammen mit uns ansehen wollten. Die Wetterprognosen für diese Region waren gut, lagen sie doch immerhin bei 85 % Sichtbarkeit für das Ereignis. Riverton wetteiferte mit dem nahe gelegenen Cas­ per: Die besseren Wetterprognosen wech­ selten zwischen den beiden Städten hin und her. 2 Unsere Beobachtergruppe Unsere kleine Gruppe suchte einen Tag vor dem Ereignis einen geeigneten Stand­ Die Sonnenfinsternis vom 21. August Der Wunsch, diese Sonnenfinsternis zu ort ca. acht Meilen nordöstlich von Ri­ 2017 in den USA war im Saroszyklus Nr. beobachten, bestand bei mir schon seit verton an der Hidden Valley Road aus. Er 145 die Nachfolgerin der Sonnenfinster­ einigen Jahren. Im November 2016 be­ lag nahe der Zentrallinie auf einem Hü­ nis vom 11. August 1999 in . Nach reiteten meine Frau und ich diese Reise gel, etwas abseits vom Highway auf einer 18 Jahren, 10 Tagen und 8 Stunden war vor, wir buchten die Hotels und den Flug. Nebenstraße. Man hatte einen 360-Grad- es wieder soweit, der Neumond schob Eine kleine Rundreise durch den Wilden Rundumblick. Der nahe gelegene High­ sich vor die Sonne. Westen sollte im Anschluss folgen. way wäre von Vorteil gewesen, wenn sich

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„The Total Solar Eclipse“ bei den Cowboys in Riverton von Johann Spuling

das Wetter verschlechtert hätte. Von dem 3 2. Kontakt: Perlschnureffekt, Brennweite 420 mm, Verschlusszeit 1/1.250 s, höher gelegenen Hügel würde man auch ISO 160, Blende 6 den Kernschatten besser herannahen se­ hen. Direkt am Highway hatten sich be­ reits viele Camper niedergelassen. obachtern. Es ging fast zu wie auf einem ten liefen unglaubliche, fast filmische kleinen Jahrmarkt. Szenen für die Beobachter hintereinan­ Am 21. August 2017 fuhren wir sehr der ab. Da waren der 2. Kontakt mit Perl­ früh zum ausgewählten Standort, um Pünktlich zum 1. Kontakt, um 10:22 schnureffekt, die Korona mit unglaublich in Ruhe unsere Ausrüstung aufzubauen. Uhr Ortszeit, hatten wir unsere Ausrüs­ langen Streamern, der 3. Kontakt mit Di­ Die Sonne war gerade aufgegangen, dem tung fertig aufgebaut. Der Himmel war amantringeffekt und gut sichtbaren Pro­ Betrachter bot sich ein wunderbares Far­ zu Beginn des Ereignisses klar, es zogen tuberanzen (Abb. 3 bis 5). Dann wurde benspiel (Abb. 1). Die Temperaturen lagen aber im Verlauf der partiellen Phase ei­ es wieder hell, einige Beobachter jubelten anfänglich bei angenehmen 18 °C, später nige hohe Schleierwolken vor die Son­ vor Begeisterung. waren es über 30 °C. Unsere kleine Grup­ ne. Näher zur Totalitätsphase hin klarte pe (Abb. 2) staunte nicht schlecht, dass der Himmel zum Glück wieder auf. Nun Fazit auch andere Beobachter diesen Standort stieg bei allen Teilnehmern die Anspan­ Eine sehr gut beobachtbare, sehr mitrei­ ausgewählt hatten. Es zeigte sich, dass nung. Man bekam gerade noch mit, dass ßende und sehr eindrucksvolle Sonnen­ wir vom nahe gelegenen Highway so ein Camper es sich auf seinem Autodach finsternis, bei der das Wetter im richtigen gut zu sehen waren, dass immer mehr gemütlich gemacht hatte. Die Kameras Moment auf den Punkt genau gepasst begeisterte Sonnenbeobachter nachfolg­ klickten in immer kürzeren Abständen. hat. ten. Das Gelände war aber so groß, dass Es wurde zunehmend dämmriger. Ja, es für alle Platz war. Wir sahen Familien, war ein merkwürdiges fahles Licht um Ausrüstung die ihr Zelt aufgebaut hatten, Camper uns herum. Um 11:41 Uhr Ortszeit war es Refraktor 70 mm / 420 mm (INED70 ED mit Komplettausrüstung, Motorradfahrer dann soweit. Es herrschte plötzlich fast APO), Fotostativ und Kamera Canon EOS und weitere Autos mit euphorischen Be­ komplette Dunkelheit. Für ca. 2,5 Minu­ 60D.

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4 Korona, Brennweite 420 mm, Verschlusszeit 1/8 s, ISO 160, Blende 6

5 3. Kontakt: Diamantringeffekt und Protuberanzen, Brennweite 420 mm, Verschlusszeit 1/1.250 s, ISO 160, Blende 6

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Die große USA-Sonnenfinsternis 2017 – Ein Last-Minute-Trip von Astrid Gallus

Bei uns ging die Reise zur SoFi buch­ stäblich erst in letzter Sekunde los. Mei­ ne Tochter Ruth, reiseerfahren und son­ nenfinsterniserprobt – 1999 in Ungarn – überredete mich Anfang August zu­ sammen mit ihr nach Chicago zu fliegen, um von dort aus in den Süden zur Kern­ schattenzone des Mondes am 21.08.2017 zu gelangen. Meinen Einwand, dass wir viel zu spät dran seien und kein Hotel in der Nähe der Finsterniszone mehr be­ kommen würden, ließ sie nicht gelten. Tatsächlich ergatterte Ruth die wahr­ scheinlich letzten freien Zimmer in ganz St. Louis!

Der Start Wir flogen frühmorgens am 17.08.2017 nach Chicago und verbrachten zweiein­ halb Tage in dieser faszinierend schönen Stadt am Michigansee. Am Samstag fand 1 Ein Aus-der-Hand-Schnappschuss der Sonnenkorona (Bildautorin: Ruth Gallus) in Chicago die berühmte jährliche „Air and Water Show“ statt, die wir am Ufer des Sees noch für anderthalb Stunden Die Suche beginnt Wetter, die sicherste Prognose gab es tat­ beobachteten, bevor wir unseren Leihwa­ Dann plötzlich, am 20.08.2017, ver­ sächlich für Carbondale, wo die Wolken gen in der Union Station abholten, um schlechterten sich die Wettervorhersagen erst einige Zeit nach der Finsternis auf­ nach St. Louis aufzubrechen. Das Wetter für den 21.08.2017 nachhaltig und je kommen sollten. Carbondale war mit 162 war hervorragend und die Prognosen für mehr Zeit verging, desto drastischer wur­ Meilen der von St. Louis am weitesten die Orte in der Kernschattenzone südlich de es. Wir verglichen sechs oder sieben entfernte Ort. Wir waren auch getrieben sowie südöstlich von St. Louis ebenfalls. Wetter-Apps ständig miteinander. Beim von dem erwarteten Verkehrschaos und Wir hatten uns noch nicht entschieden, abendlichen Fotoshooting des Gateway brachen dann gegen 06:30 Uhr nach Car­ ob wir in Festus (Missouri), Chester oder Arch am Ufer des Mississippi trafen bondale auf. Der Verkehr floss normal in Carbondale (beide Illinois) die Finster­ wir Jeff, der mit seinen beiden Kindern auf der Interstate, ebenso auf den High­ nis beobachten wollten – alle drei hat­ wegen der Wetterprognose noch in der ways. Allerdings staute es sich an den ten in etwa die gleiche und die für diese Nacht weiter bis nach Nashville/Ten­ Kreuzungen innerhalb der Ortschaften Finsternis fast maximale Dauer. Auf dem nessee zur SoFi fahren wollte, dort war mächtig. Außerhalb jedoch verlief der Weg durch das „Land of Lincoln“ nach klarer Himmel vorausgesagt. Wir wären Verkehr ganz normal. So kamen wir um St. Louis machten wir standesgemäß in auch noch bis Tennessee gefahren, aber 10:20 Uhr in Carbondale an und waren Springfield einen Stopp und erwiesen dann hätten wir unseren Rückflug am überrascht, wie wenig dort los war – wir Abe Lincoln und seinem Grab unsere 22.08. aufs Spiel gesetzt und eine sichere hatten deutlich mehr Trubel erwartet. Ehre. Später, in St. Louis, tauchten wir Prognose war das auch nicht, also ließen Auch die Straßen in Carbondale waren unsere Hände in den warmen Mississip­ wir diesen Gedanken wieder fallen. Wäh­ frei, es gab Parkplätze überall, vor allem pi. Wir trafen in der Stadt bereits einige rend des Abendessens waren wir schon an den Supermärkten. Die große Veran­ SoFi-Fans, erkennbar an ihren T-Shirts bereit, Carbondale, SoFi- und NASA- staltung in Carbondale, zu der 14.000 und tauschten uns bezüglich der Beob­ Hochburg und deshalb eigentlich allseits Menschen gekommen waren, fand in ei­ achtungsorte aus. Aber es waren bei Wei­ gemieden, in die engere Wahl zu ziehen. nem großen Sportstadion statt, aber das tem nicht so viele Astro-Touristen dort, Von unserem ursprünglichen Ziel Festus, war nicht unser Ziel. Wir suchten nach wie wir angenommen hatten. Und das, 39 Meilen südlich von St. Louis, waren SoFi-Fans, die sich in kleinen Gruppen obwohl der südlichste Teil von St. Louis wir zunehmend weniger überzeugt. versammelt hatten und fanden tatsäch­ sogar selbst für einige Sekunden in der lich auch eine nette Truppe, zu der wir Totalitätszone lag. Um 06:00 Uhr morgens zeigten die Apps uns gesellten. Wir packten unsere Sa­ zu unserer Erleichterung wieder besseres chen aus, auch die Campingstühle, die

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ewig in unser Gedächtnis einzuprägen. Dann blinkte fast an der gleichen Stel­ le, wo die Protuberanz war, ein zweiter Diamantring auf und deutete damit das Ende der Finsternis an.

Aufatmen Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Ruth fotografiert hatte, sie hat nicht nur freihändig ein erstaunlich gutes Foto von der Totalität gemacht, es ist auch ihr al­ 2 Das Ziel war nur die Beobachtung und das Erleben der SoFi … lererstes Astrofoto überhaupt (Abb. 1)!

Es stellte sich heraus, dass sich in Car­ wir uns in St. Louis noch gekauft hatten Dort lehnten wir uns an unseren Leih­ bondale tatsächlich Wolken vor die Son­ (in der Eile Kindercampingstühle wohl­ wagen und beobachteten, wie es jetzt ne geschoben hatten, und die Finsternis gemerkt – das Ninjaturtle-Muster hätte schnell immer kühler und dunkler wur­ dort konnte nur sekundenlang in wie­ uns eine Warnung sein können …) und de, wie diese unglaubliche Aschfahlheit derkehrenden Wolkenlücken beobachtet waren glücklich, rechtzeitig, lange vor von einem großen Ereignis kündete und werden. Wie gut, dass wir spontan genug dem Ereignis und unter rundum blauen plötzlich Tausende von Grillen anhoben, gewesen waren, so kurzfristig den Stand­ Himmel, angekommen zu sein. Die Grup­ laut ihr abendliches Lied zu schmettern! ort zu wechseln. pe lagerte im Schatten eines Baumes auf Diese einzigartige Stimmung bringt kei­ dem Grünstreifen eines Parkplatzes, es ne normale Abenddämmerung hervor, Tja, die angesagten Staus kamen dann gab noch so viel weiteren freien Platz, niemals, diese Stimmung und diese Far­ doch noch, aber eben erst nach der Fins­ und immer noch waren alle Straßen frei. ben kann man nur kurz vor einer totalen ternis, und so waren wir sechseinhalb Von dem in Deutschland beschworenen Sonnenfinsternis erleben. entspannte Stunden für 169 Meilen bis Chaos auf dem Weg in die Finsterniszone zu unserem Motel nach Springfield un­ keine Spur. Und dann blinkte in der Gegend von terwegs, wo wir die letzte Nacht ver­ 7:00 Uhr auf der fast bedeckten Sonne brachten, um am nächsten Tag die Heim­ Während wir entspannt die partielle ein perfekter Diamantring auf, und die reise über den Atlantik anzutreten. Finsternis verfolgten, achteten wir zu­ Sonne verfinsterte sich. Der Mond hat­ nächst gar nicht auf den Himmel, der ja te sie vollständig bedeckt. Der Himmel Im Motel trafen wir einen vom Erlebten bei unserer Ankunft so klar und bis zum wurde durchsichtig dunkelblau und Ster­ noch ganz überwältigten Vater mit Sohn Horizont frei war. Meine Tochter mach­ ne kamen heraus. Die Korona erstrahlte aus Wisconsin, die ihre Begeisterung te mich dann auf die Wolken aufmerk­ weiß mit Spitzen in vier Richtungen und kaum in Worte fassen konnten. Ein Blick sam. Statt der Sonne beobachteten wir die wenigen anderen Menschen auf dem in ihre Gesichter sprach aber Bände ... zwei von nun an nur noch die Wolken Parkplatz jubelten und riefen tief bewegt und deren Bewegung und stellten ent­ von diesem einzigartigen Schauspiel. setzt fest, dass es gar nicht mehr gut für Carbondale aussah! Wir hatten noch eine Wir beobachteten die schwarze Sonne knappe halbe Stunde bis zur Totalität. die ganze Zeit mit dem bloßen Auge Alarmiert beschlossen wir unser liebge­ und genossen diese unglaublich schöne, wonnenes Lager abzubrechen, unter dem ja, ästhetische Finsternis, begleitet vom drohenden Wolkenband durchzutauchen Gesang der Grillen. Sie war der 1999er- und auf ein großes blaues Wolkenloch Finsternis sehr ähnlich; auch der orange­ Comic im Norden zuzusteuern. Unsere neuen farbene flammende, beinah unheimliche Astro­freunde versuchten uns zum Da­ Saum unterhalb des kristallklaren, tief­ bleiben zu überreden, weil sie meinten, blauen Himmels um den ganzen Horizont es würde schon noch gut gehen, aber un­ herum leuchtete so wie damals in Ungarn ser Entschluss stand fest. (in Sambia und später in der Türkei ist mir das nicht so deutlich aufgefallen). Die Straßen waren erfreulich frei und Wir vergeudeten auch keine Zeit damit, wir fuhren den Weg, den wir gekommen Sterne zu erkennen und zu identifizieren, waren, uns an einen Walmart-Parkplatz stattdessen lehnten wir einfach mit tief erinnernd, wieder zurück, passierten das empfundener Freude an unserem Wagen Wolkenband und nach knapp 15 Minu­ und genossen jede der 2:38 Minuten. Ich ten Fahrt fuhren wir mit quietschenden erkannte bei etwa 4 Uhr eine kleine, ru­ Reifen auf den fast leeren Walmart-Park­ binrote Protuberanz, und wir versuchten, platz. uns diese wunderschönen Minuten für

VdS-Journal Nr. 65 JETZT ZUM VORZUGSPREIS ABONNIEREN! Nutzen Sie Ihre Vorteile als VdS-Mitglied!

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... endlich!!! von Bernd Flach-Wilken

Nach dem großen Wetterpech sowohl bei den totalen Sonnenfinsternissen 2009 in China, 2013 in Uganda, 2016 in In­ donesien und auch der ringförmigen SoFi 2016 über La Réunion (hohe Bewöl­ kung beim Maximum) bestand zur gro­ ßen nordamerikanischen Finsternis am 21.08.2017 die Hoffnung, dass es dieses Mal endlich klappen würde.

Am Morgen dieses Tages sah der Himmel allerdings noch nicht optimal aus: Teils starke Bewölkung trübte zusammen mit Rauchschwaden nahegelegener Wald­ brände den Himmel über dem Beobach­ tungsort bei Prineville/Oregon bedenk­ lich ein. Diese Beeinträchtigungen aber verschwanden nahezu vollständig mit näher kommender Finsternis, die dann nahezu ohne Beeinträchtigungen erlebt 1 Der Autor mit Ehefrau und einer kleinen Ausrüstung auf der Wine Down Ranch und beobachtet werden konnte.

Nur mit einem 420-mm-Teleobjektiv ausgerüstet, hatte ich mir vorgenommen, die rund 2,5 Minuten Totalität auch visu­ ell zu genießen, was allerdings nur ein­ geschränkt gelang. Trotzdem war es ein Genuss der Extraklasse, die verfinsterte Sonne mit Venus nahebei an dunkelblau­ em Himmel zu sehen. Suchtfaktor: Wei­ terhin und andauernd sehr, sehr hoch!

Moderne DSLRs vermögen zwar im RAW-Modus 14 Bit tiefe Aufnahmen zu erhalten, aber die damit bewältigbaren 9-10 Blenden Dynamik reichen noch im­ mer nicht aus, um die Sonnenkorona in einem einzigen Bild in ihrer ganzen Dy­ namik zu erfassen. Um die nötigen 14-15 Blenden Helligkeitsdynamik abzubilden, muss mit Serienaufnahmen bei ver­ schiedenen Belichtungszeiten gearbeitet werden. Eine solche Bracketing-Serie allerdings misslang mir: typischer Be­ dienfehler in Phasen erhöhter Aufregung trotz ausgiebiger Tests zu Hause. So blieb mir nichts anderes übrig, als zu versu­ chen, aus einer einzigen RAW-Aufnahme mittels Bildbearbeitung wenigstens die mittleren Koronastrukturen einigerma­ ßen ästhetisch „herauszuholen“. Ob mir dies gelang, müssen die Leser dieses 2 Die verfinsterte Sonne, Einzelaufnahme, Kamera: Pentax K3 (APS-C), Belichtungszeit Journals entscheiden. 1/3 s, Blende 6,3, ISO 100, 300-mm-Teleobjektiv mit 1,4-fach-Konverter = 420 mm Brennweite

VdS-Journal Nr. 65 Totale Sonnenfinsternis 2017 41

1 Perlschnurphänomen und Chromo- sphäre in einem Kompositbild. Unten: Kurz vor dem 2. Kontakt, 10:20:45 Uhr Ortszeit, 1/4.000 s, schickt sich der Mond an, den letzten Rest der Photosphäre zu bedecken. Oben: 10:22:47 Uhr Ortszeit, 1/2.500 s, das fantastische Rot der Chromo- sphäre und der Protuberanzen.

Unsere USA-Sonnenfinsternis 2017 von Carolin Liefke und Dominik Elsässer

Schon am Abend vor der Finsternis ver­ während die Kameras Aufnahmen anfer­ Foto­stativ. Objektiv war ein Canon-EF- ließen wir unsere Unterkunft, um mög­ tigten, an denen wir uns noch ganz lange 70-200L bei 200 mm Brennweite. Mit lichem Verkehrschaos zu entgehen und erfreuen werden. einem Canon-2x-Extender ergab sich einen schönen Beobachtungsort zu su­ effektiv eine Aufnahmebrennweite von chen. Diesen fanden wir ein kleines Stück Einige Highlights unserer Sonnenfins­ 400 mm. Belichtet wurde mit Blende 9 südlich der Zentrallinie und in der Nähe ternis-Bilder möchten wir an dieser bei ISO 100. Aufnahmestandort war die von Mitchell/Oregon. So konnten wir das Stelle präsentieren. Die Kamera, eine Gable Creek Road nahe Mitchell/Oregon. wunderbare Naturschauspiel einer tota­ Canon EOS 100D, war montiert auf ei­ Die Aufnahmesteuerung erfolgte mit So­ len Sonnenfinsternis in Ruhe genießen, ner Nachführeinheit Star Adventurer auf lar Eclipse Maestro.

2

Komposit zahlreicher verschieden belichteter Einzelaufnahmen der Korona. Großteil der Bearbeitungs- schritte mit Fitswork, zur Anwendung kam dabei auch ein Larson-Sekanina-Filter, um die feinen Strukturen in der Korona hervorzuheben.

VdS-Journal Nr. 65 42 Totale Sonnenfinsternis 2017

1 Reise zur American Eclipse Die Finsternis-Felsen, 17:38:24 UT, Kamera: von Sebastian Voltmer Sony a7s, Objektiv 1:2,8/14 mm, 1/60 s bei ISO 1250, Ort: Pavillion, Wyoming (USA)

Am 11. August 2017 sitzen wir im Flug­ zeug auf dem Weg zur totalen Sonnen­ finsternis über den USA – 18 Jahre nach der verregneten Sonnenfinsternis 1999 über Deutschland! Die Finsternis vom 21. August 2017 wird für mich im Grunde zur „wiederholten“ Finsternis vom 11. August 1999 (Saroszyklus Nr. 145), doch diesmal hoffentlich ohne Regen.

Von Frankfurt geht es über Detroit nach Denver. Mit Zwischenstopp in Detroit sind es fast 30 Stunden, die unser sechs­ köpfiges Team bis Denver, der Hauptstadt von Colorado, unterwegs ist. Denver liegt auf rund 1.600 Meter Höhe am östlichen Fuß der Rocky Mountains, wo wir bereits

2 Die innerste Korona, 17:38:51 UT, Teleskop: Celestron 80D, Kamera: Nikon D800, Brennweite 600 mm, f/7,1, ISO 160, 1/250 s, Ort: Pavillion, Wyoming, USA

VdS-Journal Nr. 65 Totale Sonnenfinsternis 2017 43

VdS-Journal Nr. 65 44 Totale Sonnenfinsternis 2017

3 Vorige Seite: Die ausgedehnte Korona mit aschgrauem Mond- licht und Hintergrundsternen, HDR-Komposit aus 35 Einzelauf- nahmen verschiedener Belich- tungen zwischen 1/250 und 4 s, Bearbeitung mit PixInsight und Photoshop CC 2017, Anwendung mehrerer Larson-Sekanina-Filter- Ebenen, Teleskop: Celestron 80 ED, Kamera: Nikon D800, Montie- rung: AstroTrac TT320X-AG, Ort: Pavillion, Wyoming, USA (Norden links)

Firmament, umrahmt von den dunklen Wäldern. Viele Deep-Sky-Objekte kön­ nen wir beobachten, bei einer gemesse­ nen Himmelshintergrundhelligkeit von 21,8 Größenklassen pro Quadratbogen­ sekunde.

Mein Sky Quality Meter (SQM) zeigt ab­ seits der Milchstraße auch höhere Werte bis 21,92 mag an. Das Limit wird wohl nur durch das natürliche Leuchten der Luft (Airglow) hervorgerufen. Stunden später brilliert die Venus am Osthorizont, 4 Chromosphäre und Protuberanzen kurz vor dem 3. Kontakt, 17:40:53, Kamera: Canon während die schmale Mondsichel folgt. 5D MkII, Teleskop: Celestron NexStar 4SE, Brennweite 1.325 mm, f/13, ISO 100, 1/500 s, Schon zwei Tage später wird Neumond Ort: Pavillion, Wyoming, USA sein – „The Great American Eclipse“.

Spätestens jetzt steigt bei uns allen die am nächsten Tag den 4.347 Meter hohen hin und wieder Bisons, die durch ihr Spannung und wir brechen nach Son­ Mount Evans erkunden – eine Straße Schritttempo regelrecht den Verkehr be­ nenaufgang in Richtung Finsternis-Zone führt bis knapp unterhalb des Gipfels. stimmen. Sogar ein Grizzlybär lässt sich auf. Uns verblüfft, dass wir in dieser Höhe bei an einem Flussufer beobachten. Wir se­ einem extrem scharfen Wind sogar auf hen die mächtigen Fontänen des Geysirs Trip in die Finsternis-Zone Schneeziegen treffen. In der Ferne gehen und bestaunen die schillernden Farben Das frische Grün der Landschaft schwin­ Regenschauer nieder, und ein Regenbo­ des „Grand Prismatic Spring“. Doch un­ det auf der Fahrt recht schnell – bis wir gen schmückt die tiefer gelegenen Berge. verwechselbar ist das dampfende Gelän­ gegen Mittag in der kargen, felsigen Wettersorgen haben wir keine – liegt de im Norris-Geysir-Becken, dem eine Landschaft des Zielgebiets eintreffen. unser Zielgebiet doch deutlich weiter im ringförmige Bruchstelle aus Zeiten des Nordwesten im Wind-River-Basin mit den Vulkanausbruchs vor 640.000 Jahren zu­ Wir erkunden mehrere Orte im größe­ besten Wetterstatistiken, und wir haben grunde liegt. Zwischen den Rauch- und ren Umfeld von Riverton, wo es im In­ noch genügend Tage bis zur Finsternis. Nebelschwaden bestaunen wir zur blau­ dianer-Reservat der Schoschonen neben Zeit, um vor allem den ältesten Natio­ en Stunde Mond und Venus und sehen, kleineren Tafelbergen auch einige Seen nalpark der Welt zu besuchen: den Yel­ wie die aufgehende Sonne die Szenerie gibt. Unweit von Riverton entdecken wir lowstone-Nationalpark, der für seine geo­ in ein warmes, zauberhaftes Licht taucht an einem See, dem Ocean Lake, maleri­ thermalen Quellen und Geysire bekannt … sche Felsen, die für die Finsternis Wind­ ist, und in dem Bisons, Grizzlybären und schutz und zugleich eine attraktive Vor­ Wölfe leben. Begrenzt durch Bergketten Diese Atmosphäre lockt uns auch ein dergrundkulisse für die Sonnenfinsternis der mittleren Rocky Mountains liegt das weiteres Mal an. Zwei aus unserem Team bieten. UNESCO-Weltnaturerbe auf einem Hoch­ verbringen die folgende Nacht auf ei­ plateau von 2.400 Metern Höhe. ner Anhöhe unweit des Norris-Geysir- Auf der anderen Straßenseite liegt das Beckens. Hier zeigt sich der Himmel Haus einer Farmerfamilie, die wir an­ Der älteste Nationalpark der Welt von seiner schönsten Seite! Die Som­ treffen, und die unseren Plan tatkräftig Bereits auf der Straße begegnen uns mermilchstraße überspannt das gesamte unterstützt. Sie stellen uns elektrischen

VdS-Journal Nr. 65 Totale Sonnenfinsternis 2017 45

Strom und WLAN zur Verfügung und bieten zweien von uns, die über Nacht das Equipment aufbauen wollen, sogar zwei Betten an! Eine ganz besondere Gastfreundschaft, für die wir mit mehr als nur ein paar Sonnenfinsternis-Brillen danken.

In dem kleinen Städtchen Riverton wer­ den wir am Folgetag im Rathaus erwartet und als Team empfangen, das den weiten Weg zur „Great American Eclipse“ an­ getreten hat. Im Rathaus stellt man uns den Kontakt zum örtlichen Meteorologen her, der uns die Wettersituation zur Zeit der Finsternis im Detail zu beschreiben versucht. Cirren werden vorausgesagt, die sich aber auflösen würden. Doch er spricht auch von weit entfernten Wald­ bränden, deren Rauch wegen der un­ gewöhnlichen Windverhältnisse nach Riverton gelangen würde. Ein Ausweich­ manöver entlang des Finsternis-Pfades wäre bei diesen diffusen Wetterverhält­ nissen nahezu zwecklos. Also stellen wir uns auf das ein, was kommen wird.

Eine kurze Nacht Für den Aufbau des umfangreichen Equipments bleibt nicht mehr viel Zeit. 5 Der dritte Kontakt, 17:40:56, Kamera: Canon 5D MkII, Teleskop: Celestron NexStar Noch am Vorabend baue ich meine Tele­ 4SE, Brennweite 1.325 mm, f/13, ISO 100, 1/500 s, Ort: Pavillion, Wyoming, USA skope auf und justiere die Montierungen auf den Polarstern. Was ich in der Dun­ kelheit nicht sehe, sind die zahlreichen Opuntien, mit denen der Boden auch und Björn Voss bleiben mit mir in Pavil­ Man merkt, dass hier etwas Ungewöhnli­ zwischen den Felsen übersäht ist. Die lion am Ocean Lake. ches passiert, während der Himmel mehr langen Nadeln des Gliederkaktus dringen und mehr aufklart. Rund 10 Minuten vor fast ungehindert durch Schuhe und Hose. Der erste Kontakt beginnt. Durch die dem 2. Kontakt bemerke ich: Der Himmel Zum Glück brechen nur die wenigsten halbtransparenten Wolken kann ich die ist klar – die Wolkenbank hat uns über­ Stacheln beim Herausziehen ab, was die angebissene Sonne sehen. Auf den Fel­ quert und liegt jetzt über dem Südhori­ Nacht erträglicher macht. Als bereits die sen haben es sich inzwischen etliche zont. In Schritten wird es dunkler. Die Venus am Himmel steht, wird mir klar, Sonnenanbeter gemütlich gemacht (Abb. Sonne ist schon zu einer hauchzarten Si­ dass schon der Morgen angebrochen 1) und mehr und mehr Teleobjektive und chel geschrumpft. Anders als bei bisheri­ ist. Leichte Cirren und Dunst trüben den Ferngläser füllen das Gelände. Die parti­ gen Sonnenfinsternissen sehe ich keine Morgenhimmel. Ich bin fertig und lege elle Phase findet hinter wechselnder Be­ fliegenden Schatten, was für eine sehr mich schlafen. wölkung statt. ruhige Luft und gutes Seeing spricht. Kein Finsterniswind – absolute Wind­ Kaum drei Stunden später werde ich Im Nordwesten ist der Himmel fast wol­ stille. Die Korona schält sich aus dem wach, als die anderen Teamkollegen kenfrei geworden. Wird das Wolkenband Himmelsblau, die letzten Sonnenstrahlen eintreffen. Eine fast geschlossene Wol­ rechtzeitig zur Totalität den Himmel fallen durch die Mondtäler: Diamantring, kendecke führt zu dem Entschluss, den überquert haben? Ich habe bereits mein Perlschnur – Totalität! Ort zu verlassen und in Richtung Casper Notfallskript mit rasch aufeinanderfol­ auszuweichen. Jetzt ist es 9 Uhr Ortszeit. genden Belichtungswerten über meinen Feinste Streamer durchziehen die silbrig Um die Chancen auf eine erfolgreiche PC geladen, um eine der Kameras darü­ glänzende Sonnenkorona (Abb. 2 und 3). Beobachtung der Sonnenfinsternis zu er­ ber zu steuern. Die Wolken über dem Südhorizont leuch­ höhen, teilt sich die Gruppe. Lutz Claus­ ten in irisierenden Gelb- und Rottönen nitzer und Erwin Raupp fahren mit dem Im Kernschatten des Mondes (Abb. 1). Venus glänzt weit rechts neben Reiseorganisator Reinhardt Wurzel nach Die Schatten auf dem Boden erscheinen der Sonne, und unmittelbar links neben Osten in Richtung Casper, Bernd Gährken schärfer, das Licht ist gelblich und fahl. der schwarzen Sonne sehe ich Regulus.

VdS-Journal Nr. 65 46 Totale Sonnenfinsternis 2017

Mit den Augen verweile ich auf diesem Range-Komposit (HDR), das eben dieses Die Saroszyklus-Finsternis Nr. 145 hat­ Lichtpunkt, dem Hauptstern des Löwen. Erdlicht und die Korona mit feinsten te es in sich! 1999 im Regen über Saar­ Plötzlich nehme ich dunkle Strukturen Strahlen zeigt (Abb. 3). Ich bemerke, dass brücken; 2017 ganz knapp unter besten auf dem Mond wahr! Vielleicht, weil ich es wieder etwas heller wird. Das Farben­ Bedingungen! Unsere Teamkollegen, nach dem Prinzip des indirekten Sehens spiel am Horizont ändert sich rasch. Eine die am frühen Morgen der Wolkensup­ knapp daran vorbei schaue? Zum ersten riesige Protuberanz schiebt sich rechts pe Richtung Casper entflohenen waren, Mal sehe ich das Erdlicht während einer über den Mondrand, während die rosa­ hatten übrigens auch Glück – sie sahen totalen Sonnenfinsternis – völlig ohne rote Chromosphäre den 3. Kontakt ein­ die Finsternis östlich auf einem Wüsten­ technische Hilfsmittel. Die Luft muss läutet (Abb. 4). plateau mit Rundumsicht und 2:25 Mi­ sehr klar geworden sein, und die Rauch­ nuten Totalität bei wolkenlosem Himmel. schwaden sind vergessen. Die Kameras Und schon quillt eine gleißend helle Perle Also drei Sekunden länger als wir, da sie steuere ich unterdessen via PC und lasse in einem Mondtal hervor (Abb. 5), dann es noch näher in die Totalitätszone ge­ mehrere Belichtungsserien laufen. noch eine und weitere, bis sie sich zu schafft hatten. einem fulminanten Diamantring-Effekt So kann ich in den 2:22 Minuten Tota­ verbinden, der das Licht zurückbringt lität genügend unterschiedliche Belich­ und die Korona verblassen lässt. tungen sammeln für ein High-Dynamic-

Impression

Perseiden

Am 14. August 2017 um 3:17 Uhr erwischte Franz-Xaver Kohlhauf einen Perseiden über der vom Mond beschienenen Landschaft.

VdS-Journal Nr. 65 Amateurteleskope / Selbstbau 47

Stativ auffrischen leicht gemacht von Andreas Berger

Es gibt viele schlechte und gute Stative Wer nicht sandstrahlen kann, jedoch gebraucht zu kaufen. Ich persönlich be­ handwerkliches Feingefühl besitzt, dem vorzuge Vermessungsstative, da sie güns­ sei die Flex mit einem Drahtbürstenauf­ tig, stabil und hoch genug für mich sind. satz empfohlen. Bitte auf den Schutz für Doch oft sieht man ihnen ihr vorheriges die Augen achten, eine Schutzbrille ist hartes Leben durch erhebliche Gebrauchs­ hier ein Muss! spuren an. Mit ein wenig Mühe bekommt man wieder ein ansehnliches Stück dar­ Verzinken? aus gezaubert. Stahlteile empfehle ich, nach dem Ent­ lacken in einer benachbarten Galvanik Zerlegen verzinken (bevorzugt Gelb-Verzinken/ Die verwendeten Materialen sind oft Chromatieren) zu lassen. Das kostet nur Holz, Aluminium, Messing, Stahl, Kunst­ wenige Euro für die Kaffeekasse und stoff und Leder. Zuerst zerlegt man das es gibt einen dauerhaften und schönen Stativ, was sehr einfach mittels handels­ Rostschutz. üblichem Werkzeug gut vonstatten geht. Es ist ratsam, Fotos von der Zerlegung Entfetten und Lackieren zu machen, da nach Wochen schnell ver­ Anschließend können sämtliche Metall­ gessen wird, wie die Teile in ihrer Lage teile entfettet und in einer Wunschfarbe zusammengesetzt waren. Da heutzutage lackiert werden. Wer es haltbarer mag, fast jeder im Besitz eines fototauglichen gibt die Teile zum Pulverbeschichten in Smartphones ist, kann dies leicht erledigt Auftrag. werden.

1 Stativ vor der Schönheits-OP

Reinigen 2 Die Stativfüße, wie sie nach Jahren Nach diesem Schritt werden die Teile ge­ des Gebrauchs aussehen reinigt. Spätestens an dieser Stelle lässt 4 Teile vom Sandstrahlen zurück sich erkennen, ob unrentable Schäden am Stativ vorhanden sind. Wenn alles gut aussieht, kann es weitergehen.

Entlacken Entlacken ist der nächste Schritt. Wer die Teile sandstrahlen lässt, oder dies selbst kann, ist im Vorteil. Sämtliche Teile aus Metall lassen sich so gut von Lack befrei­ en. Mit chemischen Lackentfernern habe ich eher schlechte Erfahrungen gemacht, da diese (aus dem Baumarkt) aufgrund 3 Die zerlegten Einzelteile liegen zur umweltschutztechnischer Regelungen zu 5 Teile nach dem galvanischen Begutachtung bereit. „harmlos“ für den Lack geworden sind. Verzinken

VdS-Journal Nr. 65 48 Amateurteleskope / Selbstbau

Lederpflege Die geraden Holzteile müssen dann bis Die Lederschnallen pflegt man am besten auf die blanke Holzoberfläche herun­ mit handelsüblichen Lederpflegemitteln, tergeschliffen werden. Die nun frei ge­ was vollkommen ausreicht. wordene Holzoberfläche des Stativs lässt sich in vielen Farben nach Wunsch bei­ Holzbearbeitung zen und anschließend entweder mit ei­ Doch nun zu den lästigsten Teilen, den nem Holzschutzöl oder Schutzlack ver­ Stativbeinen aus Holz. Hier habe ich siegeln. Zuletzt kommt das Schöne, der Vieles versucht, um diese vom Lack zu Zusammenbau, jene Entlohnung für befreien. Am schnellsten ging es mit all die Mühen. einem selbstgebauten „Rundschaber“, den ich aus einer (ca. 3-5 mm) dünnen Weblinks: Metallplatte hergestellt habe. Die Metall­ [1] A. Berger, 2017: Video auf VdS- platte (Alu oder Stahl) wird mit einem Server, http://selbstbau.fg-vds.de/ nicht gestuften Blechschälbohrer soweit Stativbearbeitung.mp4 durchbohrt, bis sich die runden Holzsta­ tivbeine locker durchstecken lassen. Das Blech nun in einen Schraubstock span­ nen und die runden Holzbeinchen zügig darin durchziehen, um Rattermarken zu verhindern. Ich habe ein Video auf den VdS-Server hochgeladen, welches man sich dort gerne anschauen darf [1].

6 Auch die Schrauben sollten eine 7 Der frisch wirkende Stativfuß 8 Das fertige Stativ Behandlung erfahren. PowerBox: für mobile Sternwarten (Version: 230V) von Bernhard Suntinger

Astronomen, die ihre Sternwarte nicht stationär betreiben, sondern ihre Ausrüs­ tung vor und nach jeder Beobachtungs­ sitzung mühselig auf und wieder abbau­ en, kennen die Thematik. Stunden bevor mit den eigentlichen astronomischen Tätigkeiten gestartet werden kann, muss das Equipment aufgebaut, verkabelt, in Betrieb genommen und justiert werden. Arbeiten, um die man besonders bei der Astrofotografie nicht herumkommt.

Aber man kann sich mit einfachen Bas­ tellösungen behelfen, um die Setup-Zei­ ten wesentlich zu verkürzen. Dadurch 1 Die Schnittstellen an der Box

VdS-Journal Nr. 65 Amateurteleskope / Selbstbau 49

2 erhält man mehr wertvolle Beobach­ tungszeit am Teleskop. Konkretes Bei­ Praktisch: die spiel: Ich betreibe eine Balkonsternwarte, Fernbedienung die aus mehreren Gründen nicht statio­ när aufgestellt bleiben kann. Sprich, jede Beobachtungsnacht starte ich ganz von vorne. Equipment vom Wohnzimmer auf den Balkon tragen, aufstellen, verkabeln, Teleskop austarieren, Kommunikation mit den Softwareprogrammen herstellen, Montierung initialisieren, Fotoequip­ ment justieren … 3

Bis alles einsatzbereit ist, hat es mich an­ Die Hauptstrom- fänglich 2-3 Stunden harte Arbeit gekos­ versorgung tet. Definitiv zu lange, um mal schnell ein paar Astrofotos zu machen. Mittler­ weile benötige ich für einen Vollaufbau 30-40 Minuten (je nachdem, wie schnell ich greife). Möglich wurde diese Zeitop­ timierung durch diverse selbstgebaute Hilfsmittel. Eines möchte ich Ihnen in diesem Bericht näher beschreiben.

Wie so oft bin ich im Baumarkt fün­ dig geworden und habe einen räumlich 4 gut durchdachten Werkzeugkoffer aus Kunststoff gekauft. In diesen lassen sich Ein Beispiel für unkompliziert mittels Bohrmaschine Lö­ Zubehör cher und Ausnehmungen einarbeiten. Diese PowerBox ist für den Einsatz auf meiner Balkonsternwarte abgestimmt. Da ich am Balkon eine 230V-Steckdose zur Verfügung habe, ist die Box für diese Spannung konzipiert. Es ist selbstver­ ständlich möglich, eine PowerBox für andere Spannungsversorgungen herzu­ stellen. Jedoch ist zu beachten, wo die Box während der Beobachtungsnacht aufgestellt wird.

Da mein Balkon überdacht ist, ist sie vor Taunässe gut geschützt. Soll die Po­ 5 werBox jedoch unter freiem Himmel in feuchter Wiese aufgestellt werden, muss Das Innenleben der Box man damit rechnen, dass diese sehr nass werden kann. Besonders beim Betrieb mit 230V ist Vorsicht geboten (!!! Strom­ schlaggefahr !!!).

Anm. d. Red.: Elektroarbeiten müssen durch einen fachkundigen Elektriker vor der Erstinbetriebnahme geprüft werden.

VdS-Journal Nr. 65 50 Astrofotografie

Die Mathematik der Astrofotografie von Peter Köchling

– Teil 2 –

Im Teil 1 dieses Artikels [1] haben wir die grundlegenden statistischen Kenngrößen des Mittelwerts, des Medians und der Standardabweichung kennengelernt und erste Erfolge bei der Rauschreduzierung erzielt. In diesem Teil stelle ich dar, wie Qualitätsverbesserungen astronomischer Aufnahmen über die nachträgliche Op­ timierung am PC hinaus grundlegend zu verstehen sind. Denn die Wirkung des Rauschens ist nicht etwa ein rein zufäl­ liger Prozess, sondern ein vorausbere­ chenbarer und kontrollierbarer Faktor.

Die Wirkung vieler Aufnahmen Die Wahrscheinlichkeitstheorie sagt, dass sich die Standardabweichung des arith­ metischen Mittelwertes um den Faktor √N 1 Der Mittelwert (ohne Sigma-Clipping) aus insgesamt 315 Aufnahmen lässt den verringert, wenn N die Anzahl der gemit­ Quallennebel gegenüber dem rauschenden Hintergrund deutlich heraustreten. telten Aufnahmen ist. Oder anders gesagt, Oben links und rechts sind jedoch noch wandernde grüne Pixelfehler zu erkennen. mit jeder Vervierfachung der Aufnahmen halbiere ich die Standardabweichung des gemittelten Bildes. Gleiches gilt analog für Aufnahme von einem Pixel zum nächs­ Himmelshintergrund. Mit dieser zuge­ die Belichtungszeit. Mit dem Mittelwert ten gleich ist zum Rauschen einer Pixel­ geben etwas willkürlichen Definition ist aus 6 Aufnahmen müsste sich also die position über viele Aufnahmen gleicher sichergestellt, dass weniger als 0,00003 % Standardabweichung gegenüber nur einer Aufnahmebedingungen. der rauschenden Pixel zufällig heller wer­ Aufnahme um den Faktor √6 = 2,45 ver­ den als das Objekt selbst. Ich habe diese ringern. Mit 315 Aufnahmen (Abb. 1) so­ Das Sigma-Clipping Definition dem Prozessfähigkeitsindex gar um den Faktor √315 = 17,74. Wer mei­ Nun kann man das Bild aber noch weiter entlehnt, der in der produzierenden In­ nen Ausführungen aus Teil 1 und Teil 2 optimieren, indem man das Histogramm dustrie weit verbreitet ist. genau gefolgt ist, wird festgestellt haben, über die vielen gemittelten Aufnahmen dass ich an dieser Stelle zwei verschiedene links und rechts abschneidet. Die weni­ Schritt 1: Standardabweichungen vermischt habe: gen extrem dunklen und extrem hellen Fotografieren Sie das gewünschte Objekt Werte je Pixelposition bleiben bei der mit einer Testaufnahme. Es ist erforder­ Erstens: Das Helligkeitshistogramm stellt Mittelung unberücksichtigt (Abb. 2). lich, die Aufnahme zu ebnen (flatten), die Verteilung der Pixelwerte in einer In der Software „Fitswork“ heißt dieser da starke Vignettierung das Histogramm Aufnahme dar. Die Breite der Verteilung Algorithmus „Sigma“, in der Software künstlich zu dunkleren Werten verbreitert. ergibt sich also aus der Unterschiedlich­ „PixInsight“ „Sigma-Clipping“. Auf die­ keit des Pixelrauschens an verschiedenen se Weise kann man wie zuvor mit dem Schritt 2: Positionen des Chips einer Aufnahme. Median auch Satellitenspuren entfernen. Bestimmen Sie an dieser Testaufnahme Je Aufnahme ergibt sich somit nur eine die mittlere Helligkeit des Hintergrundes

Standardabweichung. Vorausberechnung der notwendigen IHintergrund. Dies ist der Helligkeitswert der Zweitens: Beim Mitteln reduziere ich das Gesamtbelichtungszeit Spitze (Median) der Normalverteilung am Rauschen, also die Standardabweichung, Abschließend stelle ich mit Hilfe der linken Rand des Histogramms. jeder einzelnen Pixelposition über viele Statistik ein einfaches Verfahren in 9 Aufnahmen. Viele Aufnahmen mit bei­ Schritten vor, wie man mit nur wenigen Schritt 3: spielsweise je 18 Megapixeln ergeben Testaufnahmen vorhersagen kann, wie Lesen Sie an dieser Spitze die Anzahl der insgesamt 18 Millionen Standardabwei­ viele Aufnahmen bzw. eine wie lange Pixel im Histogramm ab (y-Achse). Bei­ chungen, die bei der Bildbearbeitung zu Gesamtbelichtungszeit man für ein Ob­ spielsweise 1.300.000 Pixel. berechnen sind. jekt grenzwertiger Helligkeit braucht, um ein ordentliches Bild zu bekommen. Or­ Schritt 4: Um von erstens auf zweitens zu folgern, dentliches Bild heißt für mich, dass das Fahren Sie im Histogramm weiter nach habe ich schlichtweg angenommen, dass Objekt mehr als 5 Standardabweichun­ links zu dunkleren Pixeln, bis Sie nur das Rauschen der Pixel innerhalb einer gen des Chiprauschens heller ist als der 2,3 % der Pixelanzahl des Spitzenwertes

VdS-Journal Nr. 65 Astrofotografie 51 Anzeige

2 Der Mittelwert mit Sigma-Clipping aus 315 Aufnahmen verbessert das Signal gegenüber dem Hintergrund nochmals. Zudem verschwinden die Pixelfehler.

erreichen. Beispielsweise 29.900 Pixel. Lesen Sie an dieser Stelle (minus 2 Stan­ dardabweichungen) den Helligkeitswert (x-Achse) der Verteilung ab.

Schritt 5: Subtrahieren Sie diesen Wert vom Median und teilen Sie ihn durch 2. Dies ergibt die Standardabweichung des Chiprauschens.

Schritt 6:

Lesen Sie nun die Helligkeit des Objektes IObjekt in der Testaufnahme ab. Wenn es ein flächiges Objekt wie ein Nebel oder eine Galaxie ist, so können mehrere Pixel gemittelt werden. Selbst wenn das Objekt auf der Testaufnahme stark verrauscht ist, sollte dieser Wert der tatsächlichen Helligkeit des Objektes recht nahe kommen.

Schritt 7: Bestimmen Sie nun, wie viele Standardabweichungen σ zwischen den Median des Hintergrundes und der Objekthelligkeit passen. Beispielsweise nur 1 Stan­ dardabweichung.

Schritt 8: Bestimmen Sie nun, um welchen Faktor diese Standardabweichung σ verkleinert werden muss, damit mindestens 5 Standardabweichungen zwischen Median und Objekthelligkeit passen. In diesem Beispiel um den Faktor 5.

Schritt 9: Quadrieren Sie diesen Faktor und Sie erhalten die Anzahl der Aufnahmen N, die gemittelt werden müssen, um ein ordentliches Bild zu erhalten. In diesem Beispiel 25 Aufnahmen. N = ( 5 ∙ σ / (IObjekt - IHintergrund) )²,

wobei IObjekt > IHintergrund

An dieser Stelle wird davon ausgegangen, dass sich IObjekt aus dem Licht des ei­ gentlichen Objektes (z. B. der Galaxie) und des Hintergrundes (z. B. Lichtver­ schmutzung) zusammensetzt. Durch Subtraktion des Hintergrundes erhält man die eigentliche Helligkeit des Objektes (IObjekt - IHintergrund).

Reduzierung des Aufwandes Sollte die Anzahl der notwendigen Aufnahmen N bzw. die Gesamtbelichtungs­ zeit nun den akzeptablen Rahmen übersteigen, so muss man andere Maßnahmen ergreifen, um dieses Objekt noch ordentlich abzubilden. Dazu gehören Maßnah­ men zur Steigerung von (IObjekt - IHintergrund) oder zur Reduzierung der Standard­ abweichung σ. Mit Hilfe der Sigma-Clipping-Funktion in der Software kann

VdS-Journal Nr. 65 52 Astrofotografie

man die Standardabweichung meiner ich mir einen dunkleren Standort suchen zung. Die Herausforderung der Grenz­ Erfahrung nach etwa halbieren. Alterna­ oder Lichtverschmutzungsfilter verwen­ größe ist es nun, die wenigen Photonen

tiv sind auch Maßnahmen zur Senkung den, um IHintergrund zu senken und so (IObjekt der Galaxie gegenüber dem Rauschen

der Helligkeit des Himmelshintergrundes - IHintergrund) zu erhöhen. Wahrscheinlich und dem Hintergrund herauszuarbeiten.

IHintergrund denkbar. Der Vorteil dieses oben sind die Kamerakühlung und der Licht­ Die Grenzgröße ist also entscheidend von beschriebenen Verfahrens ist, dass man verschmutzungsfilter in den meisten dem Signal-zu-Rausch-Verhältnis ab­ die Wirkung der Verbesserungsmaßnah­ Fällen die kostengünstigere Alternative. hängig. Um es auf die Spitze zu treiben, men erneut mit nur einer oder wenigen Und bevor man eine Sternwarte in einer Deep-Sky-Fotografie ist theoretisch am Testaufnahmen abschätzen kann. der wenigen dunklen Regionen der Welt hellen Tage möglich, würde der Kamera­ errichtet, sollte man auch über eine licht­ chip nicht so stark rauschen und wäre Wie man mit der Formel oben den Auf­ stärkere Optik nachdenken. die Belichtungszeit nicht so lang. wand in der Astrofotografie reduzieren kann, möchte ich an einem kleinen Re­ Ein neues Verständnis der Fazit chenbeispiel klar machen: Grenzgröße Die Mathematik gibt uns mit der Wahr­ Mit der Grenzgröße beschreibt man die scheinlichkeitstheorie ein Werkzeug in Ziel sei es, die Ausbeute von Deep-Sky- scheinbare Helligkeit eines Objekts, das die Hand, mit dem wir astronomische Objekten einer Nacht um den Faktor 4 man am Himmel gerade noch sehen oder Aufnahmen besser verstehen und gezielt zu steigern, also 8 statt 2 Objekte zu fotografisch abbilden kann. Fälschlicher­ optimieren können. Diese Optimierung fotografieren, ohne Qualitätseinbußen weise nehmen viele an, dass bei einem zielt nicht nur darauf ab, die Qualität der hinzunehmen. Dazu muss ich also die stark aufgehellten Himmel lichtschwache Aufnahmen zu verbessern, sondern auch Anzahl der notwendigen Aufnahmen N Objekte „verschluckt“ werden, und so den Aufwand in der Astrofotografie zu um den Faktor 4 reduzieren. Dazu könnte unmöglich zu fotografieren sind. Verin­ begrenzen. ich die Standardabweichung σ mit einer nerlicht man die obige Formel, so wird geeigneten Kamerakühlung halbieren. klar, dass kein Licht verloren geht, und Stattdessen könnte ich auch die Fläche auch das Licht schwächster Objekte uns Literaturhinweis:

des Objektivs verdoppeln, um (IObjekt - immer erreicht. Denn IObjekt in der Formel [1] P. Köchling, 2018: „Die Mathe-

IHintergrund) zu verdoppeln. Dazu muss der besteht genau genommen aus Photonen matik der Astrofotografie (Teil 1)“, Öffnungsdurchmesser um den Faktor √2 beispielsweise einer schwachen Galaxie VdS-Journal für Astronomie 64, = 1,41 größer werden. Alternativ kann und aus Photonen der Lichtverschmut­ S. 69 A fish on a platter – eine fotografische Nachlese von Hans Jürgen Mayer Der in der Ausgabe III/2017 des Journals lichtschwache Strukturen und Farben, Einige besonders dunkle Areale fallen erschienene Artikel „A fish on a platter“ von helleren Sternen einmal abgesehen, ins Auge. Neben dem Bereich am oberen [1] bezieht sich auf einen wenige Grad weitgehend verschlossen. Beobachtung Bildrand, der den Kopf des Fisches bildet, großen Ausschnitt der Milchstraße um und Fotografie sind also komplementäre und der auch als LDN 862 in Lynds „Ca­ den Stern Eta Cygni. Dort erstreckt sich Ansätze, die sich ergänzen und gegensei­ talogue of Dark Nebulae“ verzeichnet ist, die Dunkelwolke Barnard 144, die auf­ tig befruchten können. erkennt man eine sehr dunkle bogenför­ grund ihrer Form auch unter der Be­ mige Struktur dort, wo man die Kiemen zeichnung „Fish on a platter“ bekannt Das Bild verorten würde. Tief schwarz und nur ist. Exakt diese Region hatte ich im Som­ Die Aufnahme bildet einen Ausschnitt von wenigen Vordergrundsternen besie­ mer 2016 fotografiert, die Bildbearbei­ des Himmels von etwa 6,5° x 4° ab, Nor­ delt, erscheint auch der Bereich direkt tung kurz vor Erscheinen der Ausgabe den liegt links, Osten unten. Das flächen­ unterhalb und um die hellste Flächen­ beendet. Es erschien mir reizvoll, den mäßig größte Objekt im Bild ist Barnard im Artikel geschilderten Beobachtungen 144 selbst, der „Fish on a platter“. Die dieses Himmelsausschnittes die „fotogra­ Dunkelwolke zieht sich von Südwesten 1 Rechte Seite: Aufnahme des „Fish fische Sicht“ an die Seite zu stellen. kommend diagonal über das Bildfeld und on a platter“ im Sternbild Schwan. endet in einer relativ scharf begrenzten Mittenkoordinaten (2000.0): Rektasz. Natürlich kann keine Aufnahme den un­ Rundung links der Mitte am oberen Bild­ 20h 01m 23,7s, Dekl. +35° 09’ mittelbaren visuellen Eindruck ersetzen, rand. Eine Notiz zu Barnards Katalog [2] 51’’. Norden ist links, Osten unten. den der Beobachter mit bloßem Auge verzeichnet eine Größe von etwa 6 x 3 Aufnahme in mehreren Nächten in oder beim Blick durch ein Fernglas oder Quadratgrad mit unterschiedlich dichten RGB und Hα mit DSLR-Kameras, ein Teleskop erfährt. Andererseits bleiben Bereichen. Objektivbrennweite 200 mm. dem Auge, im Gegensatz zur Kamera, Details s. Text.

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struktur im Bild, Sh2-101. Wegen seiner 101 genannt [4]. Hauptverantwortlich ist astromodifizierte DSLR-Kameras vom Form, die durch die angrenzende Mole­ HD 227018, ein heißer blauer O6.5-Stern. Typ Canon EOS 1100D. Im September külwolke bestimmt wird, wird er auch Im Bild wirkt er eher unscheinbar, da sei­ kamen im Tessin noch zusätzlich Auf­ Tulpennebel genannt. ne Helligkeit durch auf der Sichtlinie lie­ nahmen im Hα-Bereich hinzu, ebenfalls genden Staub geschwächt wird. Er findet mit zwei Kameras gleichen Typs, bei de­ Während die umgebende Sternwolke, sich direkt vor dem Tulpenkelch, wo er nen außerdem die Bayermatrix entfernt auf die der Fisch gebettet ist, vorwie­ mit einem sehr viel näher gelegenen, nur worden war. Als Optik diente das bei gend aus blauen Sternen besteht, weisen etwa 500 pc entfernten gelben K5-Stern Astro­fotografen beliebte Canon-Objektiv die meisten Sterne im Bereich von Bar­ ein optisches Paar bildet. Auch der Dop­ EF 1:2,8/200 mm, abgeblendet auf 1:3,5. nard 144 die typische gelbliche Färbung pelstern HD 226868, ein O9-Stern, besser Belichtet wurde in Farbe insgesamt 13 auf, die durch die stärkere Streuung des bekannt unter der Bezeichnung Stunden mit jeweils 10 Minuten pro Ein­ blauen Lichts bei der Passage durch die X-1, trägt zur Anregung bei. -1 zelaufnahme. Für die Schmalbandauf­ davor liegende Dunkelwolke hervorgeru­ ist von der Erde aus gesehen eine der nahmen kamen noch einmal 7 Stunden fen wird. Dadurch erklärt sich auch die stärksten Röntgenquellen am Himmel. dazu. Die Kameras wurden über ein Pel­ von den Autoren des zitierten Artikels Für die extreme Röntgenemission wird tierelement während der Aufnahme von geschilderte Beobachtung, dass die Ver­ ein Schwarzes Loch von ca. 15 Sonnen­ der Rückseite gekühlt. Mit dieser Technik wendung von [OIII]- und UHC-Filtern massen verantwortlich gemacht, welches erreicht man eine Temperaturabsenkung den Kontrast zwischen Dunkelwolke und den Zentralstern umkreist und Materie des aktiven Chips auf etwa Außentem­ Himmelshintergrund im Visuellen deut­ von ihm abzieht, die sich in einer Ak­ peratur, was das Dunkelrauschen schon lich zu erhöhen vermag. kretionsscheibe um das Schwarze Loch deutlich verbessert, ohne dass man be­ ansammelt. Dabei heizt sich die Scheibe fürchten muss, dass der Chip ohne weite­ Der hellste Stern im Bild, nahe des Rand­ im Innenbereich derart auf, dass es zur re Maßnahmen beschlägt. es der Dunkelwolke, ist Eta Cygni im Emission von Röntgenstrahlung kommt. Hals des Schwans. Er ist etwas heller als Im Bild ist Cygnus X-1 der untere des Die Verarbeitung der Einzelaufnahmen 4 mag und vom Spektraltyp K0, was sei­ engen blauen Sternpaares etwa auf der wurde mit „theli“ [5, 6] durchgeführt. Die ne gelblichweiße Farbe erklärt. Mit einer Mitte der Verbindungslinie zwischen Eta Farbbilder werden dabei zunächst in die Entfernung von nur ca. 40 pc liegt er al­ Cygni und HD 227018. drei Grundfarben zerlegt, die Farbauszü­ lerdings weit vor den hier besprochenen ge werden einzeln mit Hilfe von Dark- Strukturen. Zwei lockere offene Sternhaufen, NGC und Flataufnahmen in bekannter Manier 6871 und NGC 6883, auffällig vor allem kalibriert. Nach Astrometrie und Coad­ Östlich der Dunkelwolke Barnard 144 durch die vorwiegend blaue Farbe ihrer dition hat man für jeden der drei Farb­ wird das Gewimmel der Sterne durchzo­ Mitglieder, finden sich in der östlichen kanäle ein gestacktes Schwarzweißbild. gen von einem Geflecht rötlich schim­ Bildhälfte, knapp nördlich der Mitte. Bei Aus den gestackten Farbauszügen lässt mernder Nebelfilamente. Hierbei handelt beiden handelt es sich um junge Haufen sich zusätzlich ein synthetisches Lumi­ es sich um die südlichen Ausläufer der mit ca. 50 bzw. 30 Mitgliedern, die sich nanzbild erzeugen, so dass die Weiter­ riesigen HII-Region, die im Sharpless- vor dem dichten Sternhintergrund aber verarbeitung dann dem LRGB-Schema Katalog unter der Nummer 109 ver­ kaum abheben. NGC 6871 gehört zur As­ folgen kann. zeichnet ist. Allerdings ist Sh2-109 keine soziation Cygnus OB3, zu der auch der räumlich zusammenhängende Struktur. extrem heiße O4-Doppelstern HD 190429 Als Luminanzkanal wurde hier allerdings Stattdessen überlagern sich entlang der gehört (im Bild als heller blauer Stern der Rotkanal verwendet, zusätzlich wur­ Sichtlinie in dieser Region verschiedene nördlich der Kiemen des Fisches gelegen). de der Hα-Kanal selektiv dazugemischt. Objekte in unterschiedlichen Entfernun­ Er ist ein weiterer, für die Anregung des In verarbeitungstechnischem Sinne han­ gen. Von der linken Bildseite drängen Tulpennebels mitverantwortlicher Stern. delt es sich hier also um ein [R, Hα] machtvoll die Ausläufer des Great Rift HαRGB-Bild. Besonderer Wert wurde bei ins Bild. Diese gewaltige Dunkelwol­ Zu erwähnen wären noch die beiden der Bildverarbeitung auf den Erhalt des kenstruktur, die sich in diesem Bereich räumlich zusammengehörigen HII-Regi­ Breitbandcharakters der Aufnahme ge­ bis in eine Entfernung von 2.000 pc [3] onen Sh2-99 und Sh2-100 in der Mitte legt. Die Farben der Sternwolken und die ausdehnt, teilt die Milchstraße zwischen etwas nördlich des südlichen Bildrandes. Strukturen in den Dunkelwolken sollten dem Schwan und dem Sternbild Schütze Diese bereits im Perseusarm beheimatete durch den Hα-Kanal möglichst wenig schon für das bloße Auge unter dunklem Sternentstehungsregion liegt jedoch mit verändert werden. Der Hα-Kanal wurde Himmel eindrucksvoll wahrnehmbar in ca. 8.000 pc in weit größerer Entfernung deshalb nur sehr dezent dem Rotkanal zwei schimmernde Bänder. als die hier beschriebenen Strukturen, die beigemischt. Die Beimischung zum Lu­ dem lokalen Orionarm zuzuordnen sind. minanzkanal erfolgte lediglich selektiv Die bereits angesprochene HII-Region mit Hilfe einer Maske. Dadurch sollten Sh2-101 liegt mit etwa 2.500 pc Entfer­ Aufnahmetechnik und Bild- vornehmlich Kontrast und Zeichnung in nung hinter den Staubwolken des Great bearbeitung den helleren (Hα-)Strukturen verbessert Rifts. Sie wird der Assoziation Cygnus Die Aufnahmen zum Bild entstanden im werden. OB3 zugerechnet. Mehrere ionisierende August 2016 in Stolac/Kroatien in meh­ Sterne werden für die Anregung von Sh2- reren Nächten. Verwendet wurden je zwei

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Literaturhinweise und Weblinks: source=VII/220 and mid-infrared imaging data”, [1] C. Haye, R. Merting, 2017: „Think [3] B. Uyaniker, 2001: „The Cygnus Astrophys. J. Suppl. 209, p. 21 big - Beobachtungen über zwei Grad superbubble revisited“, Astron. [6] T. Erben et al., 2005: “GaBoDS: und mehr, Fish on a platter, Astrophys. 371, p. 675 The Garching-Bonn Deep Survey. Barnard 144 und LDN 862“, [4] gemäß V. S. Avedisova auf: http:// IV. Methods for the image reduction VdS-Journal für Astronomie 62 galaxymap.org/cat/view/sharpless/ of multi-chip cameras demonstrated (III/2017), S. 54 101 on data from the ESO Wide-Field [2] ADC catalogue VII/220A: http:// [5] M. Schirmer, 2013: “THELI GUI Imager”, Astron. Nachr. 326, vizier.u-strasbg.fr/viz-bin/VizieR?- Convenient reduction of optical, near- S. 432 Der Rosettennebel – angepasste Falschfarbenaufnahme eines Emissionsnebels von Mark Schocke Der Rosettennebel (NGC 2237 mit dem zentralen Sternhaufen NGC 2244) ist ei­ ner der auffälligsten und bekanntesten Nebel am Nachthimmel und befindet sich im Sternbild Einhorn. Die südliche Lage und die niedrige Deklination machen es an einem lichtverschmutzen Ort wie dem Ruhrgebiet allerdings schwierig, ihn als reines RGB-Farbbild mit einem passab­ len Signal-Rausch-Verhältnis abzubilden (Abb. 1). Da es sich bei dem Objekt vor­ wiegend um einen Linienstrahler han­ delt, bietet sich eine zusätzliche Belich­ tung durch die Schmalbandfilter αH und [OIII] an. Hierdurch werden die einzelnen Elemente (in diesem Fall Wasserstoff und Sauerstoff) und deren Verteilung sicht­ bar. Als angenehmer Nebeneffekt erge­ ben sich dabei a) eine kontrastreichere Darstellung des Nebels, b) eine kleinere Sternabbildung sowie c) eine stärkere Unterdrückung des Streu­ lichts.

Entsprechend ist diese Vorgehensweise nur bei Objekten sinnvoll, die vorwie­ gend Licht spezieller Linien abstrahlen. Bei der Kombination der Einzelaufnah­ men aus diesen fünf Filtern hat man nun verschiedene Möglichkeiten. Eine Möglichkeit besteht darin, den Nebel als reine Schmalbandkombination abzubil­

1 Oben: Rosettennebel mit fünf- stündiger RGB-Belichtung

2 Rechts: Rosettennebel, vier Stunden belichtet mit Hα- und [OIII]-Filter sowie fünf Stunden RGB für die Sternfarben

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3 Vergleich zwischen reinem RGB (links) und LRGB (rechts) aus allen fünf Filtern

Aufnahmedaten den (R = Hα, G = [OIII], B = [OIII]). Eine Zweck wird aus den fünf Einzelaufnah­ solche Abbildung liefert zwar den bes­ men (Hα, [OIII], R, G, B) ein künstliches Optik: Newton 200 mm/ ten Kontrast des Objekts, führt aber zu Luminanzbild erzeugt, das gegenüber 800 mm einer nennenswerten Farbverschiebung, den reinen RGB-Kanälen ein deutlich Kamera: Moravian G2 8300 weil die Schmalbandfilter den größten verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis (Mono-CCD) Teil des sichtbaren Lichts nicht durch­ aufweist. Dieses Luminanzbild wird nun Filter: Astronomik Hα lassen, sondern nur die engen Wellen­ mit der Farbinformation des reinen RGB- (12 nm Breite), längenbereiche um die Emissionslinien. Bildes zu einem LRGB-Bild kombiniert, [OIII] (12 nm), Als zweite Möglichkeit kann man daher was die charakteristische Farbdifferen­ Rot, Grün, Blau den Schmalbandaufnahmen noch weite­ zierung weitestgehend erhält und trotz­ Aufnahmeort: Oberhausen re RGB-Aufnahmen beifügen, wobei das dem die Vorteile eines Schmalbandbildes (Rhein-Ruhr-Gebiet) RGB-Signal nur für die Sternfarben ver­ nutzen kann. Der Unterschied zwischen Belichtungszeit: 9h (Hα 2h, [OIII] 2h, wendet wird (Abb. 2). dem reinen RGB-Bild und dem LRGB- RGB 5h) Bild wird in der Abbildung 3 noch ver­ Im vorliegenden Fall ist es das Ziel, eine deutlicht. Die Abbildung 4 zeigt das farbrichtige aber dennoch tiefere Auf­ angestrebte, fertige Bild in der oben be­ 4 Das fertige Bild in der oben nahme des Objekts zu zeigen. Zu diesem schriebenen Technik. beschriebenen Technik

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1 Gruppenfoto des Jubiläums-NAFTs 40 Jahre Norddeutsches am 4.11.2017 in Neumünster, Bildautor: Uwe Freitag Astrofotografentreffen von Marco Ludwig

NAFT – vier Buchstaben, die vielen ren Fotografen mit eigenen Ergebnissen NAFT eingestuft. Das zweite NAFT ließ Astro­fotografen ein Lächeln ins Gesicht zu übertrumpfen. jedoch auf sich warten. Erst 1979 fand es zaubern. Aber was hat es mit einer der offiziell und wieder in Neumünster statt. ältesten Astrofachtagungen in Deutsch­ Bei den sporadischen Begegnungen und Und wie in den Jahren zuvor zeigte man land überhaupt auf sich? dem postalischen Austausch der Ordner neueste Bilder und tauschte sich aus über blieb es jedoch nicht. Im Sommer 1977 Filme, Optiken, Entwicklung, Techniken Angefangen haben soll alles in den ist im Gästebuch der vhs-Sternwarte usw. 1970er-Jahren. Überliefert ist leider nur Neumünster der Besuch der Sektion wenig, aber es begann wohl mit gegen­ Astro­fotografie der GvA verzeichnet. Heutzutage findet das NAFT zweimal seitigen Besuchen von Mitgliedern der Dabei waren unter anderem so nam­ jährlich im Frühjahr und Herbst statt. Hamburger und der Kieler Gesellschaft hafte Astrofotografen­ wie Klaus-Peter Dabei gibt es aber mehrere Besonderhei­ für Volkstümliche Astronomie (GvA) und Schröder, Bernd Schatzmann und Franz ten. So gibt es z. B. keinen festen Stand­ den dazwischen liegenden Neumünste­ Haar. Heute wird es als das erste offizielle ort oder gar einen übergeordneten Orga­ ranern. Bei Vereinsabenden zeigte man sich die neuesten Bilder oder Dias des Sternenhimmels, was zur damaligen Zeit außergewöhnlich war. Gerade die analoge Astrofotografie war damals ei­ gentlich nur in Verbindung mit einer eigenen Dunkelkammer und guten astro­ nomischen sowie fotografischen Kennt­ nissen möglich. Heute reicht da, salopp ausgedrückt, ein Computer. Bücher über Astrofotografie waren ebenfalls nicht vorhanden, weshalb das Teilen eigener Erfahrungen unter Experten sofort be­ geistert aufgenommen wurde.

Die Treffen der Astrofotografen im äu­ ßersten Norden der Republik führten zu einem Vorläufer der heutigen Astro- Internetforen: Man legte Ordner an und legte dort seine neuesten Bilder inkl. Bilddaten ab. Die Ordner wanderten von Sternwarte zu Sternwarte und füllten sich schnell. Schließlich war ja auf ein­ 2 Die Jubiläumstorte mit einer Collage zahlreicher legendärer NAFT-Fotos von mal auch eine Motivation da, die ande­ unterschiedlichen Fotografen

VdS-Journal Nr. 65 58 Astronomische Vereinigungen

nisator. Auch eine Dozentenliste oder gar gezaubert. So zeigte Bernd Schatzmann Ohnehin wurden auf dem Jubiläums- Anmeldelisten sind den NAFTlern fremd. doch tatsächlich einen echten Dia-Vor­ NAFT neben NAFT-Highlights und be­ Wer ein NAFT organisiert, sorgt für den trag mit dem Besten aus rund 40 Jahren eindruckenden Deep-Sky-Bildern viele Raum, Vortragstechnik und vor allem ein Astrofotografie. Zu sehen gab es neben Sonnenfinsternisbilder gezeigt. So hatte leckeres Catering (natürlich zum Selbst­ Komet West, der Venus-Regulus-Bede­ gut ein Dutzend der anwesenden Foto­ kostenpreis). Der Rest ergibt sich schon. ckung von 1980 auch zahlreiche Bilder grafen die US-Eclipse besucht und na­ von Polarlichtern, Komet Hale-Bopp oder türlich auch eindrucksvoll im Bild fest­ Die Dozentenliste füllt sich zu Beginn Hyakutake. Allesamt Bilder, die auch gehalten. Langweilig wurde es bei den eines NAFTs meist so schnell, dass es heute noch das Herz vieler Astrofotogra­ vielen Geschichten rund um den Schat­ am Ende kaum genug Zeit gibt, alles fen höher schlagen lassen. ten des Mondes somit sicherlich nicht. zu hören und zu sehen. Auch die Pau­ sen sind meist zu kurz, um all die vielen Ein weiteres NAFT-Urgestein ist der Das nächste NAFT soll im April 2018 Fachgespräche wirklich ausgiebig zu ei­ Hamburger Hartwig Lüthen. Er erinnert stattfinden. Die Sternwarte Braunschweig nem Ende zu bringen. Eines aber haben sich an ein NAFT Anfang der 1980er- möchte sich dann endlich in die lange alle NAFTs der vergangenen 40 Jahre Jahre, auf dem Bilder einer totalen Son­ Liste der Austragungsorte einfügen. gemeinsam: Die Besucher verlassen ein nenfinsternis gezeigt wurden. Das führte NAFT immer mit einem Lächeln. für den damals noch sehr jungen Hart­ wig zu einer SoFi-Expedition in die So­ Auch das Jubiläums-NAFT am 4.11.2017 wjetunion, und die SoFi-Sucht hält bis in Neumünster hat den rund 70 Besu­ heute an. chern wieder ein Lächeln ins Gesicht Wochenende der Astronomie in Münster von Michael Dütting

Im November 2017 fand im LWL-Mu­ seum für Naturkunde das „Wochenende der Astronomie“ der Sternfreunde Müns­ ter statt. Traditionell veranstaltet das Museum am Samstag zusätzlich einen „Familien­tag“ mit ausgewählten Pro­ grammen im Planetarium, die von den Sternfreunden mit Führungen über den Planetenweg ergänzt wurden.

Bei trübem Novemberwetter erfreute sich ein neues Ausstellungskonzept bei astro­ nomisch interessierten Besuchern und der „Laufkundschaft“ großer Resonanz. Wer selbst den Sternenhimmel erkunden und sich ein Fernrohr anschaffen möchte, der hatte an beiden Tagen Gelegenheit, sich vor einem geplanten Kauf ausführ­ lich beraten zu lassen. Die Möglichkeit, Geräte unterschiedlicher Bautypen und 1 Wochenende der Astronomie in Münster. Blick in die Ausstellung. Preiskategorien in Augenschein zu neh­ Bildautor: Michael Dütting men, bot eine Teleskop-Ausstellung im Foyer des Museums. Die Palette reich­ te vom klassischen (langen) Fraunhofer kumentation visueller Beobachtungen VdS-Fachgruppe „Astronomische Verei­ bis zum 24-Zoll-Selbstbau-Dobson oder am Teleskop mit Zeichnungen. nigungen“. Eines der neuen Rollups, das dreilinsigen Doppelrefraktor. Ein Teil der während der VdS-Mitgliederversamm­ Ausstellung zeigte Fotografien aus den Auf Rollups informierte der Verein über lung in Heidelberg von Michael Scho­ Bereichen Deep Sky, Startrails und Ob­ seine lokalen Aktivitäten und überregio­ mann (Sternwarte Braunschweig-Honde­ jekte des Sonnensystems sowie die Do­ nale Vernetzung im Rahmen der neuen lage) vorgestellt wurde, hatte hier seine

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Premiere. Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Thema Lichtverschmutzung, präsentiert von der Arbeitsgemeinschaft Dark Sky, die auch mit dem örtlichen NABU kooperiert. Am Samstag konn­ ten wir außerdem Peter Riepe (Leiter der VdS-Fachgruppe Astrofotografie) und Daniel Fischer (Wissenschaftsjournalist, Abenteuer Astronomie) begrüßen, und am Sonntag waren gute Bekannte von den Nachbarvereinen aus Osnabrück (Astro-OS) und der Grafschaft Bentheim (AVGB) zu Gast.

Das „Wochenende der Astronomie“ 2018 findet wieder im November statt. Der ge­ naue Termin wird zeitnah auf der Web­ seite der Sternfreunde Münster angekün­ 2 Zeit zum Fachsimpeln: Peter Riepe, Daniel Fischer, Otto Kerkhoff und Daniel Spitzer (v. digt: www.sternfreunde-muenster.de. r.). Bildautor: Michael Dütting

++++++++++ Computer-Ecke ++++++++++

CSharpFits und weitere Code- Bibliotheken für das FITS-Format von Helmut Jahns

Das FITS-Datenformat (Flexible Image Transport System) für Bilder und Daten existiert seit mehr als 35 Jahren. Mit den Jahren ist glücklicherweise auch die Unterstützung der Programmierung in Form von fertigen Softwarebibliotheken für das Bearbeiten von FITS-Dateien stetig angewachsen.

Eines der interessantesten Projekte ist das CSharpFits Package, einer Bibliothek für die .NET-Plattform. Es bietet eine Schnittstelle zum Lesen und Schreiben von FITS-Dateien an. Des Weiteren ist eine Funktion zum direkten Schreiben von Datenstreams, z. B. aus einer Daten­bankabfrage, in die Binärtabelle einer FITS-Datei vorhanden.

Das Paket beinhaltet eine Schnittstellendokumentation und ist sowohl im Source Code als auch binär (wenn man es in Programmen integrieren möchte, die in einer anderen .NET-Programmiersprache als C# geschrieben wurden) verfügbar. Vorausgesetzt wird die Version 2.0 von .NET.

Literaturhinweise und Weblinks: [1] http://vo.iucaa.ernet.in/~voi/CSharpFITS.html [2] http://skyservice.pha.jhu.edu/develop/FitsLib/ [3] http://fits.gsfc.nasa.gov/fits_libraries.html, listet weitere Bibliotheken­ für diverse Sprachen und Umgebungen (C++, Python, MatLab, Mathematica etc.) auf [4] O. Nickel, 2006: „FITS - Das Bilddatenformat für die Astronomie“, VdS-Journal für Astronomie 19, S. 62

VdS-Journal Nr. 65 60 Computerastronomie

++++++++++ Computer-Ecke ++++++++++ Interpolation mit kubischen Splines von Helmut Jahns

Beim astronomischen/naturwissenschaft­ man zusätzliche Freiheitsgrade, um die lichen Programmieren trifft man gele­ Ausgleichskurve besser an die Messwer­ gentlich die Aufgabenstellung, innerhalb te anschmiegen lassen zu können. In der einer gegebenen Menge von Messwerten Regel hat man nicht nur zwei, sondern bestehend aus Wertepaaren (x,y) Zwi­ viele Messwerte. Ein Polynom dritter schenwerte berechnen zu können (In­ Ordnung terpolation). Im einfachsten Fall ist die S(x) = a ∙ x3 + b ∙ x2 + c ∙ x + d Interpolation linear, d. h. man denkt sich leistet meist schon gute Dienste. eine gerade Linie zwischen den beiden 1 Aufgrund der hohen Krümmung der nächsten Messwerten zu demjenigen Um über den gesamten Messwertebe­ Kurve kann die lineare Interpola- Punkt x, für den ein Zwischenwert be­ reich interpolieren zu können, müssen tion eine unzureichende Näherung rechnet werden soll, und berechnet den für alle Abschnitte solche Polynome de­ für den Graphen sein. zugehörigen y-Wert über den linearen finiert werden. Je nachdem, in welchem Zusammenhang (s. rote Linien in der Abschnitt der Zwischenwert zu bilden Abb. 1). ist, wird das entsprechende Polynom alle Abschnitte Gleichungssysteme auf­ ausgewählt, d. h. für eine vollständige stellen, die nach den Parametern a, b, c Ist die Messkurve stärker gebogen, so Beschreibung werden mehrere Polynom­ und d auflösbar sind und so stößt man mit der linearen Interpolation abschnitte aneinandergesetzt. An den S(x) = a ∙ x3 + b ∙ x2 + c ∙ x + d an Grenzen. Man braucht einen Algo­ Übergängen (sprich: genau auf den Mess­ ergeben. rithmus, der diese Krümmung besser be­ punkten) wird gefordert, dass die Splines rücksichtigt. Hier bieten die kubischen die gleichen Funktionswerte besitzen, Eine ansprechende Herleitung der Re­ Splines einen interessanten Lösungsan­ also stetig ineinander übergehen, dass sie chenvorschrift findet sich auf einer Seite satz. die gleiche Steigung haben, also in der von Arndt Brünner [1], wo man zudem ersten Ableitung S'(x) Übereinstimmung einen Online-Rechner für Splines aus­ Grundgedanke ist das Hineinlegen ei­ und dass sie das gleiche Krümmungsver­ probieren kann. Ein Teil des Verfahrens nes Polynoms höherer Ordnung in einen halten aufweisen, also in der zweiten Ab­ ist die Lösung eines linearen Gleichungs­ Abschnitt zwischen zwei Messwerten. leitung S"(x) übereinstimmen. Anhand systems. Dies kann in der Implementie­ Durch die höhere Ordnung bekommt dieser Randbedingungen kann man für rung z. B. mit der Matrixbibliothek Max­ Lite geschehen.

Die Namensgebung Spline geht aus dem Beobachtungslogger englischen Wort für Straklatte hervor (s. auch [3]). Dies führt zu einer wichtigen Eigenschaft von Splinefunktionen: Sie für Android: StarLog minimieren die Krümmung. von Helmut Jahns Selbstverständlich wendet man kubische Es gibt so einige Möglichkeiten, StarLog unterstützt das OpenAstro­ Splines dann an, wenn zu erwarten ist, über seine Beobachtungen Logbuch nomyLog-Format, d. h. die Beob­ dass die theoretische Kurve durch die zu führen. Eine Möglichkeit hierfür achtungsdaten können mit anderen Stützstellen verläuft oder zumindest durch sie gut angenähert wird. Ver­ ist StarLog, eine Software, die auf Softwareanwendungen zum Beobach­ rauschte Daten sollten hingegen besser Smartphones und Tablets mit dem tungslogging, wie z. B. Eye&Telescope­ mit einem Fit-Algorithmus bearbeitet Betriebssystem Android läuft. Die oder DeepSkyLog, die auf stationä­ werden. App bietet eine Datenbank für Tele­ ren PCs laufen, abgeglichen werden. skope und Zubehör, anhand derer StarLog kann über den Android Store Literaturhinweise und Weblinks: eine Vorschau des Objekts im Ge­ von Google Play bezogen werden. [1] Kubische Splines: http://www. sichtsfeld erstellt werden kann. Zu arndt-bruenner.de/mathe/scripts/ den Beobachtungen kann eine Viel­ kubspline.htm zahl an Begleitdaten (Seeing, SQM- [2] Matrix TCL Pro. www.techsoftpl. Werte, vis. Grenzgröße, Vergrößerung com/matrix/index.php u.v.m.) hinterlegt werden. Volltextsu­ [3] Wikipedia-Artikel zu Splines: che und Sortierfunktionen gehören https://de.wikipedia.org/wiki/Spline (Alle URLs sind vom Stand November ebenfalls zum Leistungsumfang. 2017)

VdS-Journal Nr. 65 Deep Sky 61

Haro 4-1 – ein Planetarischer Nebel im Halo der Galaxis von Christian Weis

Historie und physikalische Eigen- schaften 1 Verteilung des molekularen Im Juni 1951 stellte der damalige Di­ Wasserstoffs, die Pfeile rektor des mexikanischen „Observatorio geben die Positionen der Astrofísico de Tonantzintla“, Guillermo Bögen an, die Linien Haro, in [1] ein 16 mag helles Objekt mit beziehen sich auf ver- ziemlich starker Hα-Emission und wei­ schiedene Schlitzpositionen teren klaren und hellen Emissionslinien, beim Spektroskopieren. aber ohne Kontinuum, vor. Es wurde mit Quelle: Otsuka et al. [10] der 30-Zoll-f/3-Tonantzintla-Schmidt- Kamera aufgenommen. Eine Beson­ derheit des Objektes ist die Position: Es befindet sich am Rande des Coma-Gala­ xienhaufens und wurde nur wenige Mo­ nate zuvor im Februar 1951 von Harlow Shapley als Haros Entdeckung mit dem Hinweis publiziert, dass es sich anstelle Haros Deutung als Planetarischer Nebel [nachfolgend: PN] auch um eine Galaxie mit starker nuklearer Emission handeln könnte (heute als Seyfert-Galaxie be­ kannt) [2].

Dies griff Haro in [1] auf: Aufgrund Shapleys Vermutung spektroskopierte er mehrere Galaxien aus Seyferts Kata­ log, um herauszufinden, ob das Objekt 2 Eruierte Pseudo-3D-Struktur von Haro 4-1 nach [10], je dunkler die Farbe, desto zur Gruppe der Seyfert-Galaxien gehört. dichter der Wasserstoff. Quelle: Otsuka et al. [10] Während alle Seyfert-Galaxien in jedem Fall ein Kontinuum aufwiesen, so fehlte ein solches bei dem neu entdeckten Ob­ Dichte schließen ließen. Er fand nur ein 1967 erhält der PN in [5] seine bis heu­ jekt. Haro schloss den Artikel ab, indem schwaches Kontinuum. Weiterhin wurde te ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung er das Objekt provisorisch als PN klas­ die Radialgeschwindigkeit zu -141 km/s PK 49+88.1, in welcher die galaktischen sifizierte und anregte, durch weitere Be­ bestimmt – unvereinbar mit einem Mit­ Koordinaten ersichtlich sind. Mittels obachtungen den Objektstatus eindeutig glied des Coma-Haufens. lichtelektrischer Messungen, welche an zu klären. einem 120-Zoll-Teleskop im Jahre 1968 Anhand der Flüsse in Hβ und im Roten gewonnen wurden, konnten die Element­ Die Klärung ließ nicht lange auf sich wurde die Distanz von Haro 4-1 1971 in häufigkeiten des Nebels im Verhältnis zu warten. Noch im Dezember 1951 veröf­ [4] zu knapp 12 kpc bestimmt. Dies ist ein Wasserstoff erstmals genauer bestimmt fentlichte Nicholas Mayall einen Artikel, für einen PN sehr hoher Wert, welcher werden [6]. So zeigte sich ein im Ver­ in welchem das Objekt definitiv als PN zusammen mit seiner Position nahe des gleich zu anderen PNs geringerer Anteil klassifiziert wurde [3]. Hierzu verwen­ galaktischen Nordpols zur Einordnung an Ne/O, aber ein Überschuss an O/H und dete er eine fünfstündige Belichtung mit als so genannter „Halo-PN“ geführt hat. Ne/H, während der Anteil an He/H in dem 36-Zoll-Crossley-Reflektor des Lick Einen noch höheren Wert besitzt nach einer üblichen Größenordnung für PNs Observatory vom 9. April 1951, aufge­ [4] der einigen Hobbyastronomen wohl­ liegt. Weiterhin wird eine Helligkeit des nommen also zwei Monate vor Haros ei­ bekannte Pease 1, ebenfalls ein Halo-PN, PNs von >15,5 mag angegeben, während gentlicher Entdeckungsmeldung – auch im Kugelsternhaufen M 15 mit knapp 25 der Zentralstern zu >18 mag berechnet damals kommunizierte man nicht nur kpc. Bis heute sind nur ein gutes Dutzend wird. Der Durchmesser wird zu 3’’±1,5’’ per wissenschaftlicher Veröffentlichung. Halo-PNs bekannt [10], es handelt sich bestimmt, die Distanz zu 18,3 kpc (Un­ Im Spektrum erkannte er mehrere Emis­ also um eine sehr exklusive Objektunter­ sicherheit: +9,4 kpc/-3,9 kpc). Die Masse sionslinien, welche auf eine moderate klasse. Der moderne Wert für die Distanz des Wasserstoffs von Haro 4-1 ergibt sich Anregung des Nebels mit relativ geringer von M 15 beträgt übrigens ca. 10 kpc. bei 20 kpc zu 0,3 Sonnenmassen – ein

VdS-Journal Nr. 65 62 Deep Sky

3 Übersichtsaufnahme aus dem DSS, der PN befindet sich an der markierten Stelle am südlichen Ende des Coma-Galaxienhaufens. Der eingezeichnete Kreis markiert den in Abb. 4 gezeichneten Ausschnitt.

durchaus üblicher Wert für PNs. Luboš Lage ist, einen PN zu bilden, hätte jedoch ausreichende Apertur verfügen, Haro 4-1 Kohoutek und Wilhelm Martin verbes­ im galaktischen Halo nicht „erst jetzt“ dem Himmel nicht nur mit indirektem sern den Wert für die Winkelausdehnung einen PN entwickeln können bzw. hät­ Sehen zu entlocken, werden viele weitere in [7] zu 2,7’’±0,5’’. te aufgrund fehlender Materie im Halo Galaxien offenbaren, davon auch man­ der Galaxis nicht spät genug entstehen che im gleichen Bildfeld. Die französische Astrophysikerin Agnes können, um heute als PN zu erscheinen. Acker gibt in [8] mittels einer neuen sta­ Diese Unstimmigkeit erklären die Auto­ Bei der Beobachtung von Haro 4-1 im tistischen Distanzskala eine Entfernung ren folgendermaßen: Der gefundene er­ März 2012 nutzte ich ein selbstgebautes von nun nur noch 9,9 kpc für PK 49+88.1 höhte Kohlenstoffwert in Haro 4-1 deutet 18-Zoll-f/5-Teleskop nach Newton und an. Ergänzt wird dies einige Jahre später eine Umwälzung („dredge-up“) an, wel­ hatte an meinem Wohnort im Voralpen­ durch die Angabe einer Maximalentfer­ che auftritt, wenn der sehr massereiche land sehr gute Himmelsbedingungen. nung von 12,7 kpc in [9]. Weitere, auch Stern den asymptotischen Riesenast (im Die Literaturangaben mit Helligkeiten modernere Literaturwerte schwanken wie­ Farben-Helligkeits-Diagramm) betritt. um 15,5 mag halte ich für zu schwach der zwischen 10 und 20 kpc. Es wird daher geschlussfolgert, dass – man möge sich also nicht abschrecken der Vorgängerstern von Haro 4-1 einen lassen. Eine Helligkeit um 14 mag dürfte In jüngerer Zeit wurden hoch aufgelös­ massiven Begleiter hat oder hatte, wel­ eher an den tatsächlichen visuellen Wert te Bilder und Spektralanalysen mit dem cher Materie auf den Stern übertrug. So herankommen. Bei 226-fach war der PN 8,2 m durchmessenden Subaru-Teleskop konnte Letzterer spät genug die erforder­ direkt zu sehen, der schönste Anblick durchgeführt [10]. Hierbei wurde u. a. liche Masse erreichen, um den PN heute ergab sich jedoch bei 161-fach. Neben eine Ausströmung entlang der Sichtlinie zu entwickeln. einer detaillierten Aufsuchkarte ist ein entdeckt, welche sich mit über 40 km/s in Nebelfilter erforderlich, um den richtigen etwa auf uns zu bewegt. Weiterhin konn­ Visuelle Beobachtung „Stern“ zweifelsfrei als PN identifizieren te molekularer Wasserstoff nachgewie­ Kann ein simpler stellarer PN überhaupt zu können. Hierbei nutzte mir ein UHC- sen werden, welcher das Licht des hinter eine interessante Beobachtung ergeben? mehr als ein [OIII]-Filter, da Letzterer das ihm liegenden Zentralsterns abschwächt. Ich denke, ja. Allein die Tatsache, einen Feld recht stark abdunkelte. Neben dem Zwei schwache Bögen aus molekula­ der wenigen Halo-PNs live vor Augen zu PN konnte ich noch zwei Galaxien im rem Wasserstoff wurden entdeckt (Abb. haben, dürfte dem geneigten Beobach­ gleichen Gesichtsfeld ausmachen, näm­ 1). Basierend auf diesen Erkenntnissen ter warm ums Herz werden lassen. Wem lich CGCG 160-73 (= Seyfert-Galaxie konnten die Autoren eine Pseudo-3D- das nicht genügt, der muss sein Auge Mrk 58, 15,2 mag) und CGCG 160-79 Struktur des Nebels eruieren (Abb. 2). nur aufmerksam durch das Bildfeld und (15,5 mag), siehe die Abbildungen 3 und ein wenig darüber hinaus gleiten lassen, 4. NGC 4854 befindet sich gerade außer­ PNs sind im kosmischen Maßstab gese­ denn am Rande des Coma-Haufens und halb des Gesichtsfeldes bzw. erscheint hen Eintagsfliegen. Durch die ständige natürlich inmitten ihm selbst, zeigt sich noch in diesem, wenn der PN am gegen­ Expansion sind sie nur einige tausend eine Unmenge Galaxien. Allein die Regi­ überliegenden Rande positioniert wird. Jahre nachweisbar. Ein einzelner Stern on um die Galaxie NGC 4889 ist ein Au­ Die Galaxien sieht man selbstverständ­ der Halo-Population II, welcher in der genschmaus. Teleskope, welche über eine lich ohne Filter am besten.

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Ausblick Wenn sich verschiedenartige Objektklas­ sen zu einem Rendezvous treffen, dann ist das Ergebnis meist ein überwältigen­ der Anblick unseres prachtvollen Univer­ sums (vgl. [11]). Unsere Augen sind zwar nicht in der Lage, dem Raum Informati­ onen über die unterschiedliche Tiefe der Objekte abzuringen, aber die Errungen­ schaften der Wissenschaft lehren uns sehr 4 wohl, welches Objekt nah und welches fern ist. Ist es nicht großartig, zu wis­ Zeichnung des Autors sen, dass wir nicht nur in der Lage sind, von Haro 4-1 zwischen nah und fern zu unterscheiden, sondern auch noch zumindest ungefähre Entfernungen angeben können? Inner­ halb von nicht einmal 70 Jahren konnte Literaturhinweise: of Selected Stellar Planetary Nebulae”, nicht nur die Objektklasse von Haro 4-1 [1] G. Haro, 1951: “Emission Object in Astron. Astrophys. 94, p. 365-372 zweifelsfrei geklärt, sondern auch dessen Coma”, PASP 63, p. 144 [8] A. Acker, 1978: “A New Synthetic Lage in der Galaxis angegeben und sogar [2] H. Shapley, 1951: Harvard College Distance Scale for Planetary Nebu- eine plausible Angabe über die Herkunft Observatory Card 1110 lae”, Astron. Astrophys. Suppl. Ser. gemacht werden. Hierzu wurden stetig [3] N. U. Mayall, 1951: “Haro’s Emis- 33, p. 367-381 größere Öffnungen und weiterentwickel­ sion Object in Coma”, PASP 63, [9] W. J. Maciel, 1984: “A Catalogue te Sensoren verwendet. p. 294 of Distances of Planetary Nebulae”, [4] J. H. Cahn, J. B. Kaler, 1971: Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 55, Die technische Entwicklung steht nicht “The Distances and Distribution of p. 253-258 still, so darf man gespannt sein, welche Planetary Nebulae”, Astrophys. J. [10] M. Otsuka, A. Tajitsu, S. Tamura, interessanten Erkenntnisse über dieses Suppl. 22, p. 319-368 2006: “High Resolution Spectrosco- Objekt in weiteren 70 Jahren vorliegen [5] L. Perek, L. Kohoutek, 1967: “Cata­ pic Study of the Halo PNe: the Case werden. Vielleicht wird bis dahin der logue of Galactic Planetary Nebulae”, of H 4-1”, Proc. IAU Symp. 234 Begleitstern von Haro 4-1 bereits direkt Academia Publishing House, Prag Vol. 2, p. 235-238 abgebildet worden sein? [6] J. S. Miller, 1969: “Abundances in [11] F. Leiter, C. Weis, 2015: „Planetari- a Halo Planetary ”, Astron. sche Nebel in kosmischer Nachbar- J. 157, p. 1215 schaft“, VdS-Journal für Astrono- [7] L. Kohoutek, W. Martin, 1981: “Study mie 52 und 53, I+II/2015 Think Big – Beobachtungen über 2 Grad und mehr: Tänzelndes Pferd von Christopher Hay und René Merting

Groß-Ferngläser und kleine Teleskope ser noch tänzelnden Pferdes erkennen. Die „Pfeife im Pferd“ verdient eine ein­ sind Geräte mit ganz speziellen Möglich­ In der amerikanischen Astronomieszene gehende Betrachtung: Barnard 78 bildet keiten, sprich mit Gesichtsfeldern zwi­ wird diese Struktur auch gern als „Great den Kopf der Pfeife. Das Mundstück, schen 2 und 4 Grad in Verbindung mit Dark Horse Nebula“ oder auch „Prancing Barnard 59, wird als Bok-Globul geführt, mehr Öffnung als Handferngläser. Für Horse“ bezeichnet. d. h. als physikalisch besonders dichter diese Öffnungsklasse gibt es kaum Beob­ Dunkelnebel, und er ist der einzige Ort achtungsempfehlungen für Objekte mit Die Reise im Norden beginnend liegt ne­ aktueller Sternentstehung in der gesam­ dieser Ausdehnung. ben dem Kugelsternhaufen Messier 9 (M ten Pfeife. Der Stiel zwischen Barnard 59 9) der Dunkelnebel Barnard 64 (B 64), und 78 trägt die Bezeichnung Barnard Unweit des galaktischen Zentrums, im der als Atemhauch des Pferdes aufgefasst 65, 66 und 67. Der Pfeifennebel ist einer südlichsten Bereich von Ophiuchus, werden kann. Barnard 259, gut 1° südöst­ der uns am nächsten liegenden Dunkel­ kann man auf Fotografien mit etwas gu­ lich, bildet die Nüstern, Barnard 63, etwa wolkenkomplexe. Er liegt am Innenrand, tem Willen, ach was, man braucht nicht 3° südlich, markiert das geschwungene d. h. am zum galaktischen Zentrum wei­ wirklich viel Fantasie, in den dortigen Vorderbein. Der bekanntere Pfeifennebel senden Rand des lokalen Orion-Arms der Dunkelnebelstrukturen die Konturen ei­ etwa 6° südlich von Barnard 64 bildet den Galaxis. nes nach Norden schreitenden oder bes­ Rumpf und die Hinterbeine des Pferdes.

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1 Das Foto von Johannes Schedler zeigt deutlich B 72 und 68 sowie die NGC-Kugelsternhaufen. Es zeigt auch sehr schön, wie der einsame Stern 6. , den wir im Text erwähnen, vor dem Kopf der Pfeife schwebt. Auch zeigt es den rötlichen Begleiter dicht nordwestlich von Theta Ophiuchi. Diesen Stern benutzen wir oft, um uns im Feld zu orientieren. Das Foto enthält also alles, was der visuelle Beobachter zur Orientierung braucht, und ist gleichzeitig extrem detailliert in den feinsten Verästelungen der Dunkelnebel. (Quelle: CCD-Guide, mit freundlicher Genehmigung)

In südlicheren Gefilden soll es gut mög­ Vergrößerung Barnard 64 nach allen Sei­ Rauch nach Norden aus dem Pfeifen­ lich sein, bei ausreichender Transparenz ten gut von seiner Umgebung abgesetzt, kopf aufsteigt - dies ist Barnard 77. Der das Pferd in seiner Gesamtheit tänzeln besonders nach Westen. Die zwei auf berühmte Schlangennebel B 72 ist ein zu sehen. Vielleich möchte es jemand im Fotos auffälligen Hauptkondensationen westlicher Fortsatz von B 77, begleitet nächsten Fernurlaub probieren? Wir wa­ verschmelzen visuell zu einem einzigen von der ebenso bekannten Bok-Globule ren bislang auf Beobachtungen innerhalb Oval. B 68. Die Winkelgröße dieser beiden Ob­ Deutschlands begrenzt. Hierauf beziehen jekte macht nur wenige Bogenminuten sich daher die folgenden Kommentare. Das Prachtstück in unseren Breiten ist aus, was bei Dunkelnebeln visuell kaum fraglos die Pfeife. Im Fernglas 25 x 80 zu erfassen ist. B 72 und 68 sind wohl Im nördlichen Bereich des Pferdes ist mit 3° Sehfeld ist der Kopf der Pfeife sehr rein fotografische Genüsse. Barnard 64 jener Teil, der sich am ehes­ beeindruckend. Ein Himmelsareal von 2° ten für eine erfolgreiche Beobachtung in x 2° ist fast komplett sternfrei. Nur in der Im Fernglas 25 x 80 mm ist der Stiel der unseren Breiten eignet. Dieser Dunkel­ Mitte dieses Areals steht ein einzelner Pfeife, B 67, B 66 und B 65, zu erahnen, nebel bildet mit dem Kugelsternhaufen Stern 6. Magnitude. Dieser Stern ist hilf­ aber schwer zu fassen. Beim Mundstück M 9 ein einmaliges Kontrast-Paar. Die reich bei der Orientierung unter subopti­ der Pfeife B 59 angekommen, wird die Hinterbeine des Pferdes werden zwar malen Bedingungen oder bei einer ersten Sache interessanter. Wir sehen hier ein von Kugelsternhaufen umschwirrt (NGC Annäherung an Barnard 78. Nach Osten dunkles Areal von gut einem halben Grad 6293, NGC 6304 und NGC 6316 sowie ist der Kopf besonders gut abgesetzt von Ausdehnung. Der Zusammenhang mit unweit M 19 und M 62), doch nirgend­ der Sternumgebung. dem Stiel ist visuell weniger handfest, wo sonst am Himmel kontrastieren jene als Fotos und Karten es nahelegen. Dies beiden Objektarten so eindrucksvoll. Wir Unter Landhimmel gewinnen wir im liegt nicht zuletzt an der Störung durch sehen mit 8 Zoll Öffnung bei 50-facher 80-mm-Fernglas den Eindruck, dass einige Sterne der 7. und 8. Magnitude.

VdS-Journal Nr. 65 Deep Sky 65

2 Foto von Gerald Rhemann (Quelle: CCD-Guide, mit freundlicher Genehmigung)

Obwohl visuell viel weniger beeindru­ nach Osten abgesetzt. Stiel und Mund­ die visuell am einfachsten zugänglich ckend als der Kopf, macht die Betrach­ stück sind nur zu erahnen. Im Fernglas sind. Wir hoffen, dass jene Gesegnete, tung des Mundstücks der Pfeife doch 15 x 45 mit 4,5° Sehfeld ist der Eindruck die unter Alpenhimmel oder weiter süd­ Freude, wenn wir uns vergegenwärtigen, ganz ähnlich. Dieser für uns interessante lich beobachten dürfen, hier eine Anre­ dass wir hier auf den Ort aktueller Stern­ Befund zeigt, dass in diesem Himmels­ gung erhalten, das Tänzelnde Pferd in entstehung in der Pfeife schauen. areal bei geringer Horizonthöhe die Ver­ seiner Gesamtansicht zu betrachten! größerung schwerer wiegt als die Öff­ Nach solchem angestrengten „Schauen nung. Dunkelnebel leben nämlich von nach nichts“ finden wir es immer wie­ ihrer Abgrenzung zu den umliegenden der erholsam, im 80-mm-Fernglas einen Sternen (oder, idealerweise, von ihrer Blick auf die nahen Messier-Kugelstern­ Abgrenzung zum Hintergrundglühen haufen M 19 und M 62 zu werfen. Der der Milchstraße – dies ist jedoch bei so Versuch, im Fernglas die Kugelsternhau­ geringer Horizonthöhe leider nicht das fen NGC 6293, 6304 und 6316, welche Thema). Die Zahl der sichtbaren Sterne den Pfeifenstiel umrahmen, zu sehen, wird in dieser speziellen Situation mehr wird schon wieder eine kleine Herausfor­ durch die Vergrößerung als durch die derung. Öffnung bestimmt.

Im Fernglas 16 x 70 mit 4° Sehfeld kann Wie gesagt, beziehen sich die obigen der Kopf Barnard 78 in seiner Gesamt­ Ausführungen auf die Beobachtung in heit erfasst werden, und er zeigt sich Deutschland bei suboptimalen Bedingun­ wie schon im 80-mm-Glas am besten gen und somit auf jene Teile des Pferdes,

VdS-Journal Nr. 65 66 Deep Sky

Skyguide 2018-1 (Frühling) von Robert Zebahl und René Merting

Unser Skyguide soll in erster Linie An­ ne bis zu einer Größenklasse von ca. 8,0 regungen für eigene Beobachtungen mag zeigt. Telradkreise (0,5°; 2°; 4°) auf geben und wird dabei jährlich für jede der Karte markieren die Position des Ob­ Jahreszeit 5 Objekte kurz beschreiben. jekts. Im Allgemeinen empfehlen wir aber, Es werden dabei sowohl leichte als auch eigene Aufsuchkarten zu erstellen. Die vi­ schwierige Objekte ausgewählt, welche suelle Beschreibung des Objekts basiert nach Schwierigkeitsgrad sortiert sind. weitestgehend auf eigenen Beobachtun­ Wie schwer ein Objekt letztlich ist, hängt gen und soll lediglich als Anhaltspunkt natürlich von verschiedenen Faktoren dienen. ab, vor allem der Himmelsqualität, der Teleskop-Öffnung und der persönlichen Erfahrung.

Zu jedem Objekt werden die wichtigsten Informationen in Kurzform und gege­ benenfalls ein DSS-Bild (Digitized Sky Survey) angegeben. Des Weiteren ist eine Karte, erstellt mit der freien Software „Cartes du Ciel“ (Skychart), für die gro­ be Orientierung vorhanden, welche Ster­

Übersichtskarte der Objekte für Skyguide 2018-1

Karte erstellt mit Cartes du Ciel

VdS-Journal Nr. 65 Deep Sky 67

Xi UMa (53 UMa, Alula Australis) Lalande 21185 (HD 95735)

Typ: Doppelstern Typ: Stern Sternbild: UMa Sternbild: UMa Koordinaten (2000.0): 11 h 18m 10,9s, +31° 31’ 45,0’’ Koordinaten (2000.0): 11 h 03m 20,19s, +35° 58’ 11,57’’ Helligkeit: 4,33 mag/4,8 mag Helligkeit: 7,52 mag Winkelabstand: 1,9'' Positionswinkel: 164° (im Jahr 2017)

Xi UMa ist ein Mehrfachsternsystem in einer Lalande 21185 ist visuell vielleicht nicht unbedingt at­ Entfernung von etwa 27 Lichtjahren. Die beiden traktiv, eine Beobachtung mit etwas Hintergrundwissen Hauptkomponenten A und B sind auch unter der macht diesen Stern dann aber doch interessant. Immer­ Katalogbezeichnung STF 1523 aufgeführt. Beide hin ist er mit einer Entfernung von 8,3 Lichtjahren der Komponenten sind spektroskopische Doppelster­ sechstnächste bekannte Stern zur Sonne. Es handelt sich ne, also visuell nicht trennbar. Es kommen hier­ dabei um einen Roten Zwerg. Seine Leuchtkraft beläuft für Methoden der Spektroskopie zum Einsatz. Die sich auf nur 1/40 der Leuchtkraft der Sonne, seine Mas­ Umlaufzeit der Hauptkomponenten beträgt knapp se liegt bei weniger als der Hälfte der Sonnenmasse. 60 Jahre, wobei diese von der Erde aus gesehen Ähnlich verhält es sich mit seinem Durchmesser, wel­ elliptisch verläuft. Der Winkelabstand schwankt da­ cher nach Messungen mit dem „Palomar Testbed Inter­ bei zwischen knapp 1 Bogensekunde und nahezu ferometer“ ca. das 0,4-fache des Sonnendurchmessers 3 Bogen­sekunden. Zurzeit nimmt der Winkelab­ beträgt. Lalande 21185 wurde zudem intensiv bezüglich stand zu und erreicht ungefähr im Jahr 2030 sein potenzieller Planeten untersucht. Obwohl Rote Zwerge Maximum. Aufgrund der fast gleich hellen Kom­ aufgrund der geringen Leuchtkraft nicht mit dem bloßen ponenten sollte eine Trennung in den kommenden Auge von der Erde aus beobachtet werden können, ist Jahren selbst mit kleinerem Teleskop machbar sein. Lalande 21185 visuell hell genug, um zumindest mit ei­ Ich werde diesen schönen Doppelstern mit einem nem kleinen Fernglas gesehen zu werden. 70-mm-Refraktor beobachten.

NGC 4151 (H 1.165, Saurons Auge)

Typ: Galaxie Sternbild: CVn Koordinaten (2000.0): 12h 10m 32,58s, +39° 24’ 21,03’’ Helligkeit: 11,48 mag Winkelausdehnung: 6,8’ x 5,3’

Eine visuell und fotografisch sehr interessante Galaxie ist NGC 4151 (UGC 7166) im Sternbild Jagdhunde. Die Galaxie zeigt neben dem hellen Kern und dem inne­ ren Spiralarm noch deutlich schwächere, weitreichende Spiralstrukturen, welche auf dem DSS-Bild kaum zu erkennen sind. Diese dürften nur fotografisch erfassbar sein. Im Zentrum befindet sich ein sehr massereiches Schwarzes Loch. Untersucht wurde außerdem die von der Galaxie ausgehende Röntgenstrahlung. Visuell sind die Helligkeitsunterschiede in der inneren Ringstruk­ tur sicher beeindruckend. Teleskope ab 8 Zoll Öffnung sollten dafür ausreichend sein, wobei die Sichtung der Galaxie auch mit deutlich weniger Öffnung gelingt.

3 NGC 4151 (Quelle: DSS)

VdS-Journal Nr. 65 68 Deep Sky

Arp 294

Typ: Galaxiengruppe Sternbild: UMa Koordinaten (2000.0): 11 h 39m 42,0s, +31° 55’ 30,0’’ Mitglieder: NGC 3786 (12,3 mag, 2,1’ x 1,1’) NGC 3788 (12,5 mag, 2,1’ x 0,7’)

Während meiner visuellen „Himmelsdurchmuste­ rung“ ist mir im Frühjahr 2013 dieses Galaxienpaar aufgefallen. Die nördliche Galaxie ist dabei NGC 3788, welche einen sehr langen und ebenso schwa­ chen Ausläufer nach Norden aufweist. Beide Gala­ xien lassen sich unter Landhimmel (Bortle 4) prob­ lemlos mit 8 Zoll Teleskopöffnung beobachten und erscheinen dann beide als elongierte Aufhellungen, die sich beinahe berühren und fast senkrecht zuei­ nander stehen. NGC 3788 erscheint dabei deutlich langgestreckt, während NGC 3786 eher oval wirkt. Beide Galaxien in dieser Anordnung zusammen zu sehen, ist für mich ein Erlebnis.

4 Arp 294 (Quelle: DSS)

Hickson 61 („The Box“)

Typ: Galaxiengruppe Sternbild: Com Koordinaten (2000.0): 12h 12m 22,0s, +29° 11’ 09,0’’ Mitglieder: NGC 4169 (12,3 mag, 1,8’ x 0,9’) NGC 4173 (12,7 mag, 5,0’ x 0,7’) NGC 4174 (13,6 mag, 0,8’ x 0,3’) NGC 4175 (13,4 mag, 1,8’ x 0,4’)

Ähnlich wie Arp 294 verhält es sich mit der Galaxien­ gruppe Hickson 61, wobei hier 4 längliche Galaxien beobachtbar sind. Der Name „The Box“ wurde aus der Ausrichtung der Galaxien zueinander abgeleitet. Bei Hickson 61 darf man sich auf unterschiedliche Schwie­ rigkeitsgrade einstellen. Die linsenförmige Galaxie NGC 4169 ist dabei das hellste Mitglied und mit 12,3 mag Gesamthelligkeit noch etwas einfacher als Arp 294. Die­ se fällt visuell meist zuerst auf und kann unter dunklem Landhimmel (Bortle 3-4) bereits mit 8 Zoll Teleskopöff­ nung und höherer Vergrößerung direkt gesehen werden. Etwas schwieriger sind NGC 4174 und 4175, aber kei­ 5 Hickson 61 (Quelle: DSS) nesfalls herausfordernd für den erfahrenen Beobachter. NGC 4173 ist die visuell größte und schwächste Galaxie zugleich und erfordert Geduld, Erfahrung und dunklen Himmel. Unter einem Bortle-3-Himmel war eine Sich­ tung mit 8 Zoll Teleskopöffnung erfolgreich.

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14. Tagung der Fachgruppe Geschichte der Astronomie in Lilienthal von Wolfgang Steinicke

Von 27. bis 29. Oktober 2017 fand die 14. Tagung der VdS-Fachgruppe „Geschich­ te der Astronomie“ statt. Treffpunkt war diesmal Lilienthal bei Bremen. Der Ort ist bekannt durch die historische Sternwar­ te von Johann Hieronymus Schroeter, Erbauer eines Spiegelteleskops mit 50 cm Durchmesser und „27 Fuß“ Brenn­ weite (ca. 8 m). Es entstand 1793 und beeindruckte insbesondere durch seine ungewöhnliche Montierung nebst Be­ obachtungsturm. Mittlerweile wurde das Gerät nachgebaut und an einem neuen Standort (nahe dem Fluss Wümme) er­ richtet. Ergebnis ist das „Telescopium- Lilienthal“, dessen feierliche Eröffnung im November 2015 stattfand (Abb. 1).

Wie üblich trafen sich einige Teilnehmer schon am Freitagabend im Borgfelder 1 Telescopium-Lilienthal (alle Bilder: W. Steinicke) Landhaus, das sich unmittelbar gegen­ über dem Telescopium befindet. Wie gewohnt lud die familiäre Atmosphäre zu Gesprächen ein. Für das Vortragspro­ gramm am Samstag stand der „Schroe­ tersaal“ im modernen Tagungszentrum Murkens Hof zur Verfügung; es liegt im Zentrum von Lilienthal, etwa einen Kilo­ meter vom Telescopium entfernt.

Der Saal war mit insgesamt 47 Teil­ nehmer gut gefüllt (Abb. 2). Nach ei­ nem Grußwort von Klaus-Dieter Uhden, dem Geschäftsführer des Telescopiums, begann das Programm pünktlich um 10:00 Uhr. Traditionsgemäß ist der ers­

2 Blick in den Schroetersaal Neues aus der Fachgruppe te Beitrag dem Tagungsort und seiner Geschichte gewidmet. Diesen Part über­ Geschichte der Astronomie nahm Hans-Joachim Leue, Mitglied der von Wolfgang Steinicke Astronomischen Vereinigung Lilienthal (AVL) und anerkannter Schroeter-Exper­ In diesem Heft lesen Sie den Beitrag von Konrad Wolfram über „Historische te (Abb. 3). Sei Thema war „Zusammen­ Sonnenfinsternisse“. Ende Oktober 2017 fand die 14. Tagung der Fachgruppe gehörige Schwestern einer gleichzeitigen in Lilienthal bei Bremen statt. Es war wieder eine schöne Veranstaltung mit Geburt – Johann Hieronymus Schroeter interessanten Vorträgen. Höhepunkt war die Besichtigung des Telescopium- und die Lilienthaler Astronomie“. In allen Lilienthal. Lesen Sie dazu meinen Bericht. Die 15. Tagung wird am Sams­ Einzelheiten wurden die relevanten zeit­ tag, den 27. Oktober 2018, in Tübingen stattfinden. Näheres dazu auf unserer geschichtlichen Orte und Personen vor­ Webseite http://geschichte.fg-vds.de. Sie enthält auch Informationen zur gestellt, darunter Olbers, Bessel, Harding Fachgruppe. Versorgen Sie mich auch weiterhin mit interessanten Artikeln! und Schrader. Schwerpunkt war Schroe­ ters Sternwartenanlage, die Beobach­

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pelmayr und sein Hauptwerk, den „Atlas Coelesti“. Dessen Bedeutung für die For­ schung und Lehre wurde an ausgewähl­ ten Blättern, insbesondere zu den inne­ ren Planeten, aufgezeigt. Der lateinische Text wurde dazu übersetzt. Das bedeu­ tende Werk war übrigens als Faksimile- Nachdruck am Stand des -Verlags (neben anderen bibliografischen Kost­ barkeiten) zu sehen.

Die anderthalbstündige Mittagspause wurde von einigen Teilnehmern genutzt, um das Grab von Schroeter (Abb. 5) 3 sowie dessen ursprünglichen Beobach­ Hans-Joachim Leue erläuterte die astronomische Geschichte von Lilienthal tungsplatz zu besuchen. Beide Orte be­ finden sich an der Lilienthaler Kirche, nur wenige Schritte vom Murkens Hof entfernt.

Das Nachmittagsprogramm begann mit einem Vortrag von Regina Umland über „Friedrich Nölke (1877-1947) – Päda­ goge, Astronom, Mitbegründer der Olbers-Gesellschaft“. Die Person dürfte nur wenigen bekannt sein. Nölke war

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Der beindruckende Nachbau von Schraders Herschel- Reflektor

tungsergebnisse und seine Kontakte zu schen Paradox“. Nach Darstellung der anderen Astronomen, insbesondere zu Verdienste und Entdeckungen des Bre­ William Herschel. 1800 wurde die Lili­ mers Arztes und Astronomen ging es enthaler Societät gegründet. Im Saal war um den Artikel von 1823. Hier zeigte der Nachbau eines 7-füßigen Spiegelte­ Olbers mit einfachen Überlegungen, dass leskops ausgestellt, das nach Herschels der Nachthimmel nicht dunkel, sondern Prinzipien von Schrader konstruiert wor­ sonnenhell sein müsse. Er bot auch eine den war (Abb. 4). Lösung für dieses Paradoxon an, die aber nicht befriedigt. Zum Glück gibt es eine Im nächsten Vortrag machte Arnold moderne Lösung. Im Vortrag von Karl 5 Grabstein von Johann Hieronymus Oberschelp „Bemerkungen zum Olber­ Benz ging es um Johann Gabriel Dop­ Schroeter an der Lilienthaler Kirche

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6 Gruppenfoto vor dem Tagungszentrum Murkens Hof

im Schuldienst tätig und schrieb einige wichtige astronomische Abhandlungen. Sein Hauptwerk „Der Entwicklungsgang unseres Planetensystems“ erschien in drei Auflagen. Interessant war, dass ei­ nige Nachfahren von Friedrich Nölke anwesend waren. Das Spezialgebiet von Laetitia Rimpau ist die literaturwissen­ schaftliche Untersuchung von Keplers Werken. Im Vortrag „Dante und Kepler“ wurde der Frage nachgegangen, was den berühmten Astronomen an den Plane­ tenmodellen, die Dante im Gastmahl (um 1304-08) und in der Göttlichen Komödie (um 1320) beschreibt, interessiert haben könnte. Kepler verstand sich zeitlebens als Astronom und Dichter-Philosoph. Anschließend gab Joachim Ekrutt „Kuri­ oses um die Sommerzeit“ zum Besten. Sie wurde 1916 (zum ersten Mal) in Deutsch­ 7 Stets begehrt: das Kuchenbuffet land eingeführt. Auf unterhaltsame Wei­ se stellte der Referent die eher unbe­ kannte und ausgesprochen merkwürdige gehalten von Wolfgang Steinicke, ging te Klaus-Jochen Stepputat „Spuren und Geschichte der Sommerzeit an Hand von es um „William Herschel und die Struk­ Schicksale bemerkenswerter astronomi­ Karikaturen und ungewöhnlichen Ge­ tur der Milchstraße“. Zwischen 1783 und scher Teleskope“ – von vergessen, verfal­ setzblättern vor. Die nachfolgende Ab­ 1802 entdeckte der deutschstämmige len, verbrannt, zerstört oder zerlegt bis stimmung ergab übrigens eine Mehrheit Astronom mit seinem großen Reflektor erhalten, in Stand gesetzt, restauriert, re­ für deren Abschaffung. nicht nur viele Nebel und Sternhau­ konstruiert und wieder in Gebrauch war fen, sondern führte auch systematische hier alles vertreten. Vorgestellt wurden Pünktlich um 16:00 Uhr entstand das Sternzählungen durch – und begründete unter anderem Galileis erste Röhre, die obligatorische Gruppenfoto vor dem Ein­ die Stellarstatistik. Unter der Annahme, Instrumente von Herschel und Schroeter, gang von Murkens Hof – leider bei trü­ dass schwächere Sterne weiter entfernt Schraders „Astro-Bockwindmühle“ sowie bem Wetter (Abb. 6). Die nachfolgende sein müssen, versuchte er deren räum­ Lord Rosses Riesenspiegel. Abschließend Kaffeepause fand im Foyer statt. Dort liche Verteilung in der Milchstraße zu – und als Vorbereitung auf den Besuch waren leckere Kuchen gerichtet, die aus bestimmen. Diskutiert wurde seine Ab­ des Telescopiums am Sonntagmorgen – dem Bistro Boccia unmittelbar nebenan bildung, die einen Schnitt durch unser referierte Hans-Joachim Leue über den stammten (Abb. 7). Im nächsten Vortrag, Sternsystem darstellt. Als nächstes zeig­ „Wiederaufbau des 27-füßigen Teleskops

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aus dem Jahr 1793“. Die Abschlussbesprechung endete um 18:30 Uhr und man traf sich anschließend zum Abendessen im Borgfelder Landhaus.

Über Nacht zog der Orkan „Herwart“ übers Land. Das neue Schroeter-Te­ leskop hielt natürlich stand (Abb. 8) – es kann sich frei um seine vertikale Achse drehen und nach dem Wind ausrichten. Ab 9:00 Uhr drängten die Teilnehmer in den engen Beobachtungsturm, auf der Treppe war kaum noch ein Durchkommen. Auch die Wümme-Zeitung war hier vertreten. Auf dem Dach war es windig, einzelne Schauer taten ihr Übriges (Abb. 9). Trotz al­ ler Widrigkeiten wurde der Besuch des Telescopiums zum beeindruckenden Erlebnis. Das galt weniger für die Rückreise: Einige Teilnehmer fielen dem Chaos der Bahn zum Opfer – völliger Stillstand in Norddeutschland!

Die 14. Tagung war wieder ein Highlight – und Lilienthal ist immer einen Besuch wert. Der nächste Ort steht auch schon fest: 2018 wird Tübingen zum Treffpunkt der 15. Auflage. Näheres dazu finden Sie auf der Webseite der Fachgruppe „Geschichte der Astronomie“ (siehe: Neues aus der Fach­ gruppe).

8 Der Tubus des 27-füßigen Spiegelteleskops

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Besucher auf dem Beobachtungsturm des Telescopiums Historische Sonnenfinsternisse – ein Phänomen mit großer Anziehungskraft von Konrad Wolfram

Eine Sonnenfinsternis, gemeinhin oft nur liebevoll „Sofi“ genannt und in Fachkreisen als Eklipse bezeichnet, ist zweifellos ein Event, das viele Menschen vom Hocker reißt. Begeistert, aber auch mit gewissem Schaudern erlebt man meist nur einmal im Leben ein solches Naturschauspiel am Himmel. Angesichts der medial weltweit verbreiteten und do­ kumentierten Sonnenfinsternis vom 21. August 2017, die in weiten Teilen der USA beobachtet werden konnte, ergibt ein Vergleich mit lange zurückliegenden 1 Auszug aus der Übersetzung des Schu-King von Legge ([2], S. 162) Ereignissen dieser Art, dass diese schon praktisch seit Bestehen der Menschheit faszinierend und auch erschreckend erschienenem Buch „Aus fernen Wel­ auf folgende bemerkenswerte Überliefe­ wirkten. Eigentlich wollte ich nur kurz ten“ [1] nachlesen, was dort zum Thema rung aus der Frühzeit des chinesischen in Bruno Bürgels vor etwa 100 Jahren Finsternisse zu finden ist und stieß dort Reiches:

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„Es waren einmal – wie eine uralte chi- nesische Chronik berichtet –, im Reiche der Mitte zwei Herren Hi und Ho, ihres Zeichens Astronomen und Sterndeuter am Hofe des Kaisers Tschung-kangh. Aber sie lebten in Saus und Braus und vergaßen über ihre Völlerei die Würde ihres Amtes, so dass sie nicht Acht gaben auf den Lauf der Sterne und Verwirrung brachten in die Zeitrechnung. Ja, ihre Pflichtvergessenheit ging so weit, dass sie es unterließen, eine große Sonnenfinster- nis voraus zu verkünden, so dass alles Volk plötzlich unvorbereitet von dem Er- eignis überrascht wurde.“

In diesem von Bürgel in einem Stil ge­ schriebenen Text, der an Grimms Mär­ 2 AstroWin-Grafik mit den Kontaktphasen der Eklipse vom 22.10.2137 v. Chr., chen erinnert, fährt er fort und schildert, wie sie über der chinesischen Stadt Kaifeng zu sehen gewesen wäre wie das Volk in Angst geriet, weil man glaubte, ein „mächtiger Drache“ würde die Sonne verschlingen, weshalb man wurde, ist die Sonne doch noch glücklich scheinlich zutreffende dieser Anekdote. diesen mit ohrenbetäubendem Lärm ver­ entronnen, und die beiden unglückseligen Diese müsste dann am Montag, den 2. treiben und zur Freilassung seines Opfers Sterngucker waren die einzigen Geschöp- Oktober, stattgefunden haben. Tatsäch­ bewegen wollte. Der erboste Kaiser soll fe, denen die ganze Affäre zum Unheile lich fand eine solche, im Raum des alten darauf die beiden nachlässigen Herren, ausgeschlagen. Man hat zu berechnen chinesischen Reiches beobachtbare Fins­ vermutlich hohe Beamte, wegen der ver­ vermocht, daß sich diese Finsternis am ternis nach meiner Berechnung mit dem säumten Vorhersage der Finsternis dem 22. Oktober 2137 vor Christi in den Mor- Programm AstroWin [3] an diesem Tag Henker empfohlen haben. genstunden ereignet haben muß.“ statt. Allerdings ist im Schu-King auch noch vom „ersten Tag des letzten Herbst­ „Man hat die interessante Historie, die Diese Schilderung hat mich zur Überprü­ monats“ und vom chinesischen Sternbild zugleich die älteste Erwähnung einer fung dieses so konkret genannten Datums ‚Gemach‘ die Rede, in dem Mond und Sonnenfinsternis ist, aus dem chinesi- veranlasst. Die Quelle dieser datierten Sonne aufeinandergetroffen sein sollen. schen Original übersetzt; sie findet sich Finsternis ist bei Bürgel ja genannt: das Dieser Hinweis spricht eher für das 3 im sogenannten ‚Schu-king‘, einem der chinesische Historien-Buch Schu-King, Wochen spätere Datum, da Ende Oktober ältesten Werke, das wir kennen, und das dessen Inhalt von einigen Sprachkun­ die Sonne dem genannten Sternbild na­ alle wichtigen Ereignisse, die sich im digen des Westens im 19. Jahrhundert hesteht, das in unserem Kulturkreis dem Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausen- übersetzt und interpretiert wurde. Einer Skorpion zugehört. Beide Sonnenbede­ de ereigneten, erwähnt.“ der Übersetzer des Schu-King, James ckungen fanden in den Morgenstunden Legge von der Londoner Missionarsge­ statt, wobei die ältere mit einem etwa Weiter bemerkt Bürgel: sellschaft (Abb. 1) [2], hielt in seinem 92-prozentigen Bedeckungsgrad die grö­ „Trotzdem die dem Drachen zugedachte Kommentar eine Eklipse im Jahre 2127 ßere von beiden war (Abb. 2). Katzenmusik etwas verspätet dargebracht v. Chr., also 10 Jahre später für die wahr­

3 Ausschnitt aus der Schedelschen Weltchronik mit dem Hinweis auf eine Eklipse im Jahr 1238 n. Chr.

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penak führt diese in seinen Tabellen und Dokumenten auf [7]. Es handelte sich um eine Totalverfinsterung mit 1,16-fachem Verdunklungsquotienten (Mondfläche zu Sonnenfläche), d. h. der Mond war fast gleichzeitig in Erdnähe in einer sehr ge­ ringen Entfernung von 358.000 km, daher visuell um 16 % größer als die Sonnen­ scheibe. Die Zentrallinie dieser mit ihrem Maximum etwa gegen 12 Uhr Weltzeit erfolgten Finsternis verlief fast um den halben Erdball, ausgehend von Caracas (Venezuela) über die nördlichen Mittel­ meerländer, das Schwarze Meer und Russ­ land bis nach Delhi in Nordindien. 4 AstroWin-Grafik mit den Kontaktphasen der Eklipse vom 3.6.1239 n. Chr., bezogen auf Barcelona Derlei Hinweise auf Finsternisse der Son­ ne und des Mondes finden sich an eini­ gen Stellen in der berühmten Weltchro­ Auch der Finsternisexperte des 19. Jahr­ Berge bei Rom?] sowie eine Überflutung nik, wobei die Datumsangaben wie im hunderts, Theodor v. Oppolzer, Herausge­ von Friesland, bei dem Hunderttausend vorigen Beispiel schon aufgezeigt, etwas ber des ‚Canon der Finsternisse‘ [4], hielt Menschen ihr Leben verloren haben sol­ vom wirklichen Geschehen abweichen diese Finsternis von 2137 für die wahr­ len, auf diese Sonnenfinsternis zurück­ können, das mit den oben genannten scheinlich im chinesischen Geschichts­ geführt haben. Tabellenwerken und dem AstroWin-Pro­ werk gemeinte. Er hat 1880 eine Abhand­ gramm recht gut zu rekonstruieren ist. lung über seine Recherche zu dieser über Wieder habe ich versucht, diese im his­ Um noch ein paar willkürlich herausge­ 4000 Jahre zurückliegenden Erscheinung torischen Werk genau datierte Finsternis griffene Beispiele zu nennen: veröffentlicht [5]. Weitere Autoren haben per AstroWin zu ermitteln, und es fand sich damit beschäftigt und hielten den demgemäß in Wirklichkeit am Freitag, Vor Papst Innozenz‘ Tod (12.9.1362) soll 7.5.2165 v. Chr. für den Tag der damals den 3. Juni 1239, also ziemlich genau eine Sonnenfinsternis stattgefunden ha­ schon so wichtig erachteten Sonnenfins­ ein Jahr später als bei Schedel angege­ ben, die man auf den 5.5.1361 datieren ternis. Wer auch recht haben mag, Fakt ben, eine in Mitteleuropa sichtbare Son­ kann und die in Rom am Vormittag die­ ist, dass man offenbar in China damals nenbedeckung statt, deren Zentrallinie ses Tages partiell zu sehen war (erwähnt bereits in der Lage war, Finsternisse recht von Madrid über Barcelona, Florenz und auf Blatt CCXXIX). genau vorauszuberechnen. Von den Ma­ Belgrad verlief (Abb. 4). Auch in Oppol­ yas wird diese astronomische Rechen­ zers Finsternistabellen ist sie verzeichnet Auf der Rückseite des Blattes CCXL­ kunst „erst“ ab etwa 500 Jahre vor unse­ und der derzeitige „Eclipse-Man“ Fred Es­ VIII der Chronik wird eine Eklipse am rer Zeitrechnung berichtet.

Solange ein derartiges Ereignis nicht naturwissenschaftlich erklärbar war, sa­ hen viele Menschen (nicht nur in Chi­ na) die Verdunkelung der Sonne als bö­ ses Omen, das Pest, Krieg, Hungersnot, Überschwemmung, Erdbeben oder ande­ re Übel ankündigte. In der Schedelschen Weltchronik von 1493 [6] finden sich da­ für einige Beispiele (etwa auf Blatt CCIX unten, Abb. 3). Demnach soll es im Jahre 1238 n. Chr. am 6. Juni „um die neunte Stund so finster wie die Nacht“ gewor­ den sein. „Dies bedeutet (wie man meint) den Tod Papst Gregors IX.“ [Anm.: die­ ser starb im Jahr 1241] und „Unterdrü­ ckung der Kirche durch Kaiser Friderich“ [gemeint ist Friedrich II., der 1194-1250 lebte]. Zudem scheint man dazumal auch ein späteres großes Erdbeben und Hagel in den „Salvinischen Bergen“ [= Sabiner 5 Foto vom Maximum der Eklipse am 11.8.1999 n. Chr., Bildautor: K. Wolfram

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1.9.1448 erwähnt, die aber real bereits oder die IS-Terroranschläge auf den Ein­ Literaturhinweise und Quellenangaben: am Donnerstag, 29.8., stattgefunden fluss einer verfinsterten Sonne zurück­ [1] B. H. Bürgel, 1910: „Aus fernen haben müsste und ringförmig (annular) führen. Die Faszination steht bei solchen Welten“, Berlin gewesen ist. Deren Zentrallinie begann seltenen Schauspielen am Himmel an [2] The Chinese Classics, Vol. III, gemäß Oppolzers Angaben etwa bei erster Stelle und deren Bedeutung für die ‘The Shoo-King’ or The Book Of Neufundland (Amerika war übrigens zu Wissenschaft ist längst anerkannt. Historical Documents, Translation diesem Zeitpunkt noch gar nicht „ent­ by James Legge, D. D. of the London deckt“!), erreichte bei Tunis gegen Mit­ Die nächste totale Sonnenfinsternis, die Missionary Society, 1865, Hong- tag ihr Maximum und endete etwa bei im süddeutschen Raum zu sehen sein kong und London den Malediven. Dieser Verfinsterung un­ könnte, findet übrigens am Mittwoch, [3] W. Strickling: „AstroWin 32, Astro­ terstellte man wie üblich wieder einige den 3.9.2081, vormittags statt. Die Jün­ nomie-/Ephemeriden-Programm“, üble Folgen, vor allem Kriege. Tatsäch­ geren unter den Lesern können sich in www.strickling.net/astro.htm lich fand in diesem Jahr im Oktober die aller Ruhe darauf freuen und hoffen, [4] Th. v. Oppolzer, 1887: „Der Canon zweite Schlacht auf dem Amselfeld statt, dass der Himmel dann nicht durch Wol­ der Finsternisse“, Wien bei der die christliche Koalition erneut ken bedeckt ist. Bis dahin wird es aber [5] Th. v. Oppolzer, 1881: „Über die den osmanischen Kriegern unterlag, was auch bei Bewölkung möglich sein, das Sonnenfinsterniss des Schu-King“, die Furcht der Abendländer vor den Tür­ Ereignis mit Kameras über den Wolken in: Monatsberichte der königl. ken erheblich verstärkte, aber – wie man einzufangen und auf die Smartphones Preussischen Akademie der Wissen- heute weiß – nichts mit der vorangegan­ oder Videobrillen live zu übertragen, um schaften, Berlin, S. 166-185 genen Eklipse zu tun hatte. das aufregende Event auch bei schlech­ [6] H. Schedel, 2013: „Weltchronik von tem Wetter wenigstens indirekt genießen 1493“, deutsche Ausgabe, Reprint, Heute würde kaum noch jemand die vie­ zu können. Taschen-Verlag len schrecklichen Ereignisse wie etwa [7] F. Espenak: www.eclipseWise.com/ Wirbelstürme, den Irak- und Syrienkrieg solar/SEprime/1201-1300 ff

Zwei Wochen Wissenschaft für Jugendliche: das Astronomische Sommerlager von Lina Landwehr, Marvin Ruder und Louise Kluge

Was ist das ASL? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten — einfach, weil es so vielfältig ist. Im Astronomischen Sommerlager kommen für zwei Wochen Physik-, Mathe-, Chemie-, aber vor al­ lem Astronomiebegeisterte ab 14 Jahren zusammen und tauschen sich in Arbeits­ gruppen (AGs), Workshops und Vorträ­ gen aus. Doch das ASL ist viel mehr als das. Hier entstehen Freundschaften, und viele Jugendliche nehmen nicht zum ers­ ten Mal teil, sondern schon seit vielen Jahren, um einmal wieder eine fantasti­ sche Zeit zu erleben.

Im Zentrum des Camps: die AGs Hauptprogrammpunkt des Camps sind 1 Uuund wusch! Wasserrakete beim Start die AGs. Hier gab es eine große Auswahl an Themen, so dass die Wahl der AG vor dem Camp schon Kopfzerbrechen, aber fangen wurden, oder von der Raumfahrt- finden. Mathematisch interessierte Teil­ auch große Vorfreude auslöste. Am Ende AG, in der dem Leiter zwischendurch mit nehmer wurden von der AG „Klassische konnte man einfach keine falsche Wahl Wasserbomben gedroht wurde, wenn er Mechanik“ nicht enttäuscht. Um einen treffen, denn von jeder AG hört man die die Pause schon wieder ausfallen ließe. besseren Einblick in die AGs zu gewähr­ lustigsten Geschichten. Ob nun aus der Auch neue Teilnehmer konnten mit der leisten, berichten uns Lisa, Hannah und Kosmologie-AG, bei der die Teilnehmer AG „Grundlagen der Astrophysik“ einen Lina nun aus der Raumfahrt-AG. am ersten Tag im Kängurukostüm emp­ guten Einstieg in das (Camp-) Universum

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des Mondes. Nach dem Entwurf der Teil­ nehmer erzeugten wir noch ein kleines, aber cooles 3D-Modell. Alles in allem war es eine geniale AG, am Ende konnten wir sogar viele Fragen des Vortrages eines Experten problemlos be­ antworten, da wir die gesamte Thematik bereits in Pauls AG behandelt hatten. Der Besuch der AG ist nur jedem zu empfeh­ len, sie war einfach toll!

Wissenschaftler zu Besuch im Camp Die Vorträge von Menschen, die in der Astrophysik und angrenzenden Gebie­ ten arbeiten – ein Kernstück des ASLs – waren auch in diesem Jahr vielfältig. Sie boten Einblicke in sehr unterschied­ liche Themen: Ann Mao sprach über 2 Nasser Spaß bei der Wasserschlacht Radioastro­snomie, Jürgen Schleppi be­ richtete über die Raumfahrtprojekte der ESA und Daniel Rahner, ein alter ASL- Hoch hinaus mit Pauls Raumfahrt-AG Anderen Teilnehmern gelang die Rake­ Hase, sprach darüber, was die Sterne tun, In der ersten Woche des ASLs besuchten tenkonstruktion sehr schnell, so dass sie wenn „wir nicht hinsehen“. Dabei ging es insgesamt 7 Teilnehmer die Raumfahrt- anschließend noch viel experimentieren um Simulationen langfristiger Prozesse AG des frischgebackenen Leiters Paul konnten und eine simulierte Rakete zum der Sternentwicklung. Ziegler, der Luft- und Raumfahrttechnik Mond schickten. Wir beschäftigten uns studiert. für den Rest dieses AG-Tages wieder mit Immer gut informiert — die Camp- Satelliten. Zeitung Wir setzten uns im Laufe der AG mit Auch wenn dieses Jahr leider einige Ge­ zahlreichen spannenden Fragen der Wir durften sogar selbst einen Satelliten sichter der Zeitung nicht kommen konn­ Raumfahrt auseinander. Am ersten Tag entwerfen, und natürlich auch eine pas­ ten oder nur in der zweiten Woche das beschäftigten wir uns mit grundlegenden sende Rakete. Nachdem viele Projektvor­ Camp besuchten, erschien jeden Tag (fast) Aspekten der Raumfahrt, wie zum Bei­ schläge (z. B. „Wir fliegen in die Sonne“) pünktlich um Mitternacht die Zeitung. spiel dem Aufbau der Atmosphäre und konsequent von Paul abgewiesen wur­ Sie informierte über Workshops, Vor­ der Kartoffelform der Erde. Danach be­ den, entschieden wir uns schließlich für träge, Essenszeiten — kurz gesagt, über handelten wir die Keplerschen Gesetze, ein Radioteleskop auf der dunklen Seite den Verlauf des nächsten Tages. Aber die den meisten Teilnehmern allerdings schon bekannt waren. Daher wurden zahlreiche Fragen gestellt, so dass unser Leiter an seine Grenzen kam und das all­ mächtige Internet zu Rate ziehen musste und schlussendlich (fast) alle Fragen be­ antworten konnte.

Die Beantwortung der Fragen war am nächsten Tag schon schwieriger. Die Teilnehmer waren viel zu sehr damit beschäftigt, den schnellen, aber sehr präzisen Erläuterungen von Paul zur Ziolkowski-Raketengleichung zu folgen. Es stellte sich als große Herausforderung heraus, eine Rakete mithilfe einer Excel- Tabelle zu simulieren. Auch nach Pauls ausgiebiger Hilfestellung erzeugten eini­ ge eine besondere Rakete, die mit mehr Nutzlast signifikant schneller wurde. Immerhin war die Geschwindigkeit dann nicht mehr negativ. 3 Pause bei schöner Aussicht am Wandertag

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neben den praktischen Informationen, wie einer Wetterprognose oder Aufgaben für den Tag, fasste die Zeitung vielmehr die witzigen Erlebnisse des Tages für alle zusammen — sei es durch Munkeleien, Zitate oder eine Weisheit des Tages. Zu­ sammen mit den ASL-Live-Berichten auf der Webseite der VEGA e.V. macht die Zeitung es möglich, auch Daheimgeblie­ bene am Camp teilhaben zu lassen.

Von Ballett bis Ungarisch — die Workshops „Vielfältig“ wird hier großgeschrieben, denn die Themen der Workshops hatten nicht nur astronomischen Bezug. Jeder hatte die Möglichkeit, sein eigenes Hob­ by selbst vorzustellen oder wiederzufin­ den. Ein paar Highlights wollen wir hier vorstellen: 4 Wer baut den höchsten Turm? Basteln beim Construction Game Den Anfang machte ein Workshop über ein dezimales Zeitsystem, das sich Teil­ nehmer ausgedacht hatten. Tatsächlich lich statt. Ob das wirklich geholfen hat Die Natur der Rhön erkunden – am behielt die Zeitung dieses sogar bis zum oder nur noch mehr Ohrwürmer verur­ Wandertag Schluss in ihrem Tagesplan bei. Für die sacht hat, weiß keiner. Definitiv kann Für den Wandertag hatten sich die Lei­ Unglücklichen, die diesen Workshop ver­ man nur sagen, dass unter der Leitung ter etwas ganz Besonderes ausgedacht: passt hatten, waren im Tagesplan aber von Sabrina und Franca einige Lieder Jeder, der sich in den letzten Jahren auch die normalen Uhrzeiten angegeben. wie z. B. der Shoop-Shoop-Song und gelangweilt hatte, konnte sich jetzt de­ Wie jedes Jahr fanden Matheseminare „Sweet Dreams“ erfolgreich zur Auffüh­ finitiv nicht mehr beklagen, denn die statt, um Oberstufenmathematik aufzu­ rung gebracht wurden. Wanderung ähnelte einer Mischung aus frischen oder im Fortgeschrittenen-Kurs Geocaching und Schatzsuche. Wir wur­ von Fabian Heimann reinen Spaß an der Ein besonders anspruchsvoller Workshop den in mehrere Gruppen aufgeteilt und Mathematik zu haben. Wem danach der war „Allgemeine Relativitätstheorie“ von haben mit Hilfe von Rätseln die Koordi­ Kopf brummte, der konnte sich im Zirkel­ Frederic Schuller, der bei den Teilneh­ naten für die nächste Station herausge­ training und beim Selbstverteidigungs- mern alle Klarheiten beseitigte und ihnen funden. Dort galt es dann, die nächsten Workshop austoben. Man munkelt, man­ zuletzt noch einige mathematische Me­ Rätsel zu finden und zu lösen. Weder che seien trotzdem noch morgens joggen thoden an die Hand gab. So verständlich, das Finden der Dosen noch das Lösen gegangen. wie Relativitätstheorie eben sein kann, der Rätsel war einfach. Auch wenn man und in bunter Kreide. Für alle Teilneh­ munkelt, dass sich eine Gruppe zwi­ Auch gab es wieder einen Nebelkammer- mer war es auf jeden Fall eine wertvolle schenzeitlich verlaufen hat, kamen alle Workshop, der einen Haufen Spaß mit Erfahrung. Wanderer am Ende wohlbehalten an ei­ Trockeneis mit sich brachte. Von selbst­ gemachtem Slush-Eis bis zu explodie­ renden Flaschen war alles dabei.

Weniger destruktiv war der Raketenbau- Workshop, wie jedes Jahr ein Highlight im Camp. Auch dieses Jahr flogen die Wasser- oder Feststoffraketen unter der Leitung von Fabian Glogiewicz wieder hoch hinaus. Zumindest, wenn sie den Schleudertest bestanden hatten, der die Flugstabilität testet.

Um die Musikbegeisterten davon abzu­ halten, mit ihrem unermüdlichen Ge­ sangsdrang ihre Zimmermitbewohner allzu sehr zu nerven, fand der Chor täg­ 5 Relativitätstheorie-Workshop von Frederic Schuller

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6 Die Teilnehmer des ASL 2017

nem kleinen See an. Der Weg war alles praktisch jede freie Minute im Camp für lehrreichen AGs, Vorträgen und Work­ andere als langweilig. Er führte uns über die zahlreichen Filmdrehs genutzt, sehr shops. Ein großes Dankeschön gilt den einen kleinen Fluss mit Wasserfall, an zum Verdruss der anderen Teilnehmer. Leiter*innen des Camps, insbesondere einem verlassenen Haus entlang, hinein Die mussten beim Abendessen nur allzu denen, die im nächsten Jahr leider nicht in einen alten Bergbaustollen und vor oft auf die Schauspieler, Maskenbildner, mehr dabei sein können. Vor allem aber den neugierigen Augen von Kühen vor­ Kameraleute und Kabelträger warten möchten wir der Organisatorin und Lei­ bei. Mit der Wanderung haben wir einen und saßen mitunter auch noch mit ver­ terin des Camps, Aliona Solomonova, schönen Einblick in die Gegend bekom­ kleideten Mumien und Leichen zu Tisch. danken, die nach vier Jahren erfolgrei­ men und sie brachte den einen oder an­ Schließlich waren die Dreharbeiten ab­ cher Camporganisation den Staffelstab deren Teilnehmer dazu, zum ersten Mal geschlossen und alle Freiwilligen kamen an Lucia Härer abgegeben hat. Wir sind das Campgelände zu verlassen. wieder pünktlich zum Essen. umso mehr gespannt und freuen uns auf das nächste Astronomische Sommerla­ „Tempel of the Beuteltier“ — der Alle Freiwilligen? Nein! Ein kleines Team ger, das vom 28. Juli bis zum 11. August ASL-Film aus Videoschnittexperten und -neulin­ 2018 im Schullandheim Heubach in Mas­ Nach alter Tradition fanden sich auch gen saß von nun an in einem kleinen serberg (Thüringen) stattfinden wird. in diesem Jahr viele Freiwillige, die un­ Hinterzimmer des Schullandheims und ter der Regie von Stefan, Lucia und Ali­ war rund um die Uhr damit beschäftigt, son in wahnsinnig kurzer Zeit ein neu­ aus den Filmaufnahmen rechtzeitig ei­ es Meisterwerk in der langen Reihe der nen waschechten ASL-Film zu basteln. ASL-Filme geschaffen haben. „Tempel of In letzter Minute wurden diese Arbeiten the Beuteltier“ handelt von einem For­ dann fertiggestellt, so dass es am letzten scherteam, das auf einer Expeditions­ Abend des Camps heißen konnte: Film mission im Dschungel strandet und dort ab! einige Abenteuer erlebt. Von Ureinwoh­ nern über uralte Tempel bis zu einem ur­ Vielen herzlichen Dank … (Marvin) komischen Känguru ist alles dabei. … an alle, die das ASL 2017 zu dem ge­ macht haben, was es war: ein rundum Nachdem die fleißigen Autoren das gelungenes Sommercamp mit viel Spaß Drehbuch fertiggestellt hatten, wurde sowie zahlreichen interessanten und

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Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten von Gerhard Lehmann

Schon in wenigen Wochen wird die Fachgruppe „Kleine Planeten“ der VdS ihre 21. Kleinplanetentagung am 2. und 3. Juni 2018 in der Starkenburg-Stern­ warte in Heppenheim [1] durchführen. Als Leser des VdS-Journals für Astrono­ mie sind Sie recht herzlich eingeladen. Weitere Informationen unter www.kleinplanetenseite.de.

Der Amor-Kleinplanet (3122) Florence [2] näherte sich Anfang September ver­ gangenen Jahres der Erde. Bei seinem nahen Vorbeiflug wurden mit Radarbe­ obachtungen zwei Monde entdeckt. Un­ sere FG-Mitglieder Markus Griesser (Abb. 1) von der Eschenberg-Sternwarte in der Schweiz und Gerhard Dangl (Abb. 2) aus Österreich konnten den Kleinplaneten er­ folgreich ablichten.

Auf die 100. Kleinplanetenentdeckung kann unser FG-Mitglied Erwin Schwab, Beobachter am Taunus-Observatorium des Physikalischen Vereins Frankfurt/ Main, zurückblicken. Über seine Ent­ deckertätigkeit berichtet er in diesem VdS-Journal. Dazu passt aber auch die 1 Der Kleinplanet (3122) Florence mit einem 24-zölligen Astrografen (f/3,8) und einer Benennung von (278141) Tatooine. Wem Apogee-ALTA-F42-CCD-Kamera, fotografiert am 29.08.2017 von 19:20 bis 20:20 UT mit dieser Name nichts sagt, der sei auf das Einzelbelichtungen im Minutentakt von je 2 s. Beobachtet von Markus Griesser auf Star-Wars-Universum [3] verwiesen. der Sternwarte Winterthur. Bildautor: Markus Griesser

Besonders gefreut habe ich mich über eine gescannte Zeichnung der visuellen Beobachtung eines hellen Kleinplaneten. Sie erfolgte aber nicht im stillen Käm­ merlein, sondern diente der Öffentlich­ keitsarbeit. Auf meine Bitte hin erhielt ich lesenswerte Zeilen, die ich nieman­ den vorenthalten möchte. Aber bitte le­ sen Sie selbst den Artikel von Alex Geiss.

2 Der Kleinplanet (3122) Florence mit einem 10-zölligen Newton (f/4,7) und einer Atik-314L+-S/W- CCD-Kamera. Fotografiert am 30.08.2017 von 19:58 bis 20:53 UT mit Einzelbelichtungen von je 5 s. Beobachtet von Gerhard Dangl auf seinem Grundstück in Nonndorf. Bildautor: Gerhard Dangl

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An dieser Stelle möchte ich mich bei Weblinks: (278141) Tatooine = allen Autoren dieser Rubrik in unserem [1] Starkenburg.Sternwarte: 2007 CS61 VdS-Journal für Astronomie herzlich be­ www.starkenburg-sternwarte.de/ danken. [2] (3122) Florence: https:// Discovered 2007 Feb. 15 by S. de.wikipedia.org/wiki/(3122)_ Karge and E. Schwab at Taunus. Wenn Sie Lust bekommen haben, viel­ Florence leicht auch einmal Kleinplaneten zu [3] Jedipedia: http://jedipedia.wikia. Tatooine is a desert planet in the beobachten, dann sind Sie herzlich ein­ com/wiki/Tatooine fictional Star Wars universe. It is the geladen. Als Mitglied in der Fachgruppe home planet of Anakin and Luke Kleine Planeten werden Sie Gleichge­ Skywalker. sinnte treffen und von den Erfahrungen der anderen profitieren. Kleinplaneten – 3D am Nachthimmel von Alex Geiss

Das Center der IAU (In­ gefährlicher Himmelskörper der Erde passierte, lediglich drei Wochen zuvor ternational Astronomical Union) mel­ nähert, hat man nach Einschätzung von entdeckt worden und doch mindestens det immer wieder nahe Vorbeiflüge von Experten mit den aktuellen Kontrollmög­ 400 m groß war [5]. Rauch und Schleier­ NEOs. Normalerweise sind diese Klein­ lichkeiten in der Regel mehrere Jahre bis wolken verhinderten damals meine visu­ planeten so lichtschwach, dass sie visuell Jahrzehnte Vorlaufzeit, um Schutzmaß­ elle Beobachtung. nicht erfasst werden können, und meist nahmen zu treffen“ meldete trotzdem so weit entfernt, dass ihre Bewegungen 2017 die Süddeutsche Zeitung [4]. Aber Seither wurde bei mir bei ähnlichen Kon­ sowieso nicht wahrgenommen werden Größe ist relativ und „spooky“ war, dass stellationen und ihrer theoretisch mögli­ können. Beim Anblick im Okular sind ein anderer Kleinplanet am Halloween- chen Tragweite immer wieder die Neugier Kleinplaneten wie Sterne nichts anderes Abend am 31. Oktober 2015 unter der of­ und der Anreiz geweckt, dass doch diese als Lichtpünktchen und scheinen häufig fiziellen Bezeichnung 2015 TB145 mit 22 interessanten Himmelskörper grundsätz­ nicht attraktiv für die visuelle Beobach­ km/s in 480.000 km Entfernung die Erde lich auch per Zeichnung festgehalten tung zu sein.

Am 20. Juli 2017 wurde gemeldet, dass drei Tage zuvor ein NEO von etwa 50 m Größe die Erde im Abstand von zehn Erd­ durchmessern passiert hatte und gleich unter der Bezeichnung 2017 OO1 regis­ triert wurde [1, 2]. Wieso nicht vor der Passage? Ein anderer Kleinplanet, der später als „Tscheljabinsk-Meteorit" be­ rühmt wurde, war mehrere Monate lang parallel zur Erde unterwegs, jedoch auf der Tagseite, so dass kein Teleskop auf ihn gerichtet werden konnte [3]. Erst beim Eintauchen in die Erdatmosphäre wurde er sichtbar, als es für eine Erfas­ sung zu spät war. Wäre er vorbei geflo­ gen, hätte man ihn auf der Nachtseite wohl eher entdeckt. Das wäre auch eine mögliche Erklärung für die späte Entde­ ckung von 2017 OO1 gewesen, aber die­ ser kam einfach nur aus weit südlicher Richtung, was relativ ungewöhnlich ist. Wer sagt da noch, nur Deep Sky wäre in­ teressant?

Diese einfachen Zusammenhänge zei­ gen so ein bisschen unsere Hilflosigkeit. 1 Der Kleinplanet (89) Julia vom 23.-26.08.2017, visuell beobachtet an einem „Wenn sich ein großer und potenziell 6-zölligen Newton (f/7). Bildautor: Alex Geiss

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werden könnten. Und ihre Besonderheit Damit wurde für etwa 25 Personen ein [2] Rheinische Post: würden auch größere Kleinplaneten zei­ Vergleich des visuellen Eindrucks im www.rp-online.de/panorama/ gen, wenn sie an mehreren aufeinander­ 6-zölligen Newton (f/7) mit der Zeich­ wissen/weltraum/- folgenden Nächten erfasst würden. Auf nung im Rotlicht und damit die tatsäch­ schrammt-knapp-an-der-erde- diese Weise sollte es möglich sein, im liche Bewegung des Objekts nachvoll­ vorbei-drei-tage-spaeter-entdeckt- Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit diese ziehbar. Die Beobachtung eines solchen aid-1.6977030 Objekte des Sonnensystems dem Publi­ Körpers stieß mit den erwähnten Hin­ [3] Meteor von Tscheljabinsk: https:// kum sehr einfach nahe zu bringen - qua­ tergrundinformationen doch auf relativ de.wikipedia.org/wiki/Meteor_von_ si als „3D am Nachthimmel“ im Teleskop. großes Interesse. Die Nachführung ge­ Tscheljabinsk schah durch manuelles Drehen der Stun­ [4] Süddeutsche Zeitung: Gezeichnet wurde die Position des Klein­ denachse in Absprache mit dem Beob­ www.sueddeutsche.de/news/ planeten (89) Julia mit etwa 9,1 mag visu­ achter. Die Grenzhelligkeit der Zeichnung wissen/wissenschaft-asteroid- eller Helligkeit und seine Sternumgebung ist etwa 11,5 mag, die Grenzhelligkeit des 2012-tc4-fliegt-knapp-an-der- im Pegasus während der Oppositions­ Himmels lag bei 5,8 mag. Zusammenfas­ erde-vorbei-dpa.urn-newsml-dpa- phase 2017 auf Tonpapier mit weißem send war es für alle Beteiligten inklusive com-20090101-171006-99-341077 Buntstift. Vor dem Start des Bayerischen mir ein großartiges Erlebnis. [5] The Guardian: www.theguardian. Teleskopmeetings am 24. August 2017 com/science/2015/oct/28/spooky- war lediglich geplant, die Position des the-asteroid-due-to-give-earth-a- Asteroiden des mittleren Hauptgürtels in Literaturhinweise und Weblinks: halloween-fright der vorhergehenden Nacht zu zeigen. Die [1] MPEC 2017-O52: Wetterbedingungen ließen dabei eine täg­ www.minorplanetcenter.net/mpec/ liche Aktualisierung der Zeichnung zu. K17/K17O52.html Kosmische Begegnungen von Klaus Hohmann, Manfred Simon und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroauf­ gegnungen vertreten. Er schickte mir sei­ tionierte tadellos, bis er auf die Som­ nahmen von Deep-Sky-Objekten kurze ne Aufnahme mit der Bemerkung „Alles, brero-Galaxie M 104 schwenkte. Routi­ Strichspuren. Der Verursacher ist meist was schiefgehen kann, wird auch schief­ niert wurde ein Leitstern eingestellt und ein Kleinplanet, der sich während der gehen“, getreu Murphys Gesetz. Ich fand mit dem Photonensammeln begonnen. Belichtungszeit ein kleines Stück auf die Hintergründe der Geschichte so gut, Doch plötzlich fing die Nachführung seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt dass ich ihn bat, das Bild in einer Früh­ an zu „spinnen“. Die Montierung schien hat. Für viele Astrofotografen sind sol­ lingsausgabe verwenden zu dürfen. Dem ständig wegzudriften. Nach vier Einzel­ che zufälligen kosmischen Begegnungen stimmte er dankenswerterweise gerne zu. aufnahmen brach Wolfgang entnervt ab eine Bereicherung des Bildes. Besonders und fuhr testweise ein anderes Objekt dann, wenn man nach einiger Recherche Diese Nacht wird Wolfgang so schnell an. Hier funktionierte die Nachführung herausfindet, wer der Verursacher der nicht vergessen. Er fotografierte im Mai wieder problemlos und die Montierung Strichspur war. 2008 auf der Rooisand Desert Ranch in lief wieder wie am Schnürchen. Auch bei Namibia. Das Equipment bestand aus ei­ den nachfolgenden Objekten gab es kei­ Wolfgang Bodenmüller ist heute, nach nem Zeiss-APQ-150 mm/1.200 mm-Re­ ne Probleme mehr. der letzten Winterausgabe [1], mit sei­ fraktor auf einer GTO-1200-Montierung nem zweiten Bild in den kosmischen Be­ von Astrophysics. Die Ausrüstung funk­

Ausgewählte kosmische Begegnungen im 2. Quartal 2018

Datum Uhrzeit Kleinkörper mag Objekt Art mag Abstand 09.04.2018 24:00 (1558) Jarnefelt 15,4 M 84/86 Gx 9,2 / 8,9 6’ / 10’ 19.04.2018 22:00 (22) Kalliope 11,1 NGC 4754/62 Gx 10,5 / 10,1 2’ / 7’ 06.05.2018 24:00 (415) Palatia 14,3 NGC 5496 Gx 12,2 2’ 09.05.2018 22:00 (3800) Karayusuf 15,4 NGC 5951/53/54 Gx 12,9 / 12,0 / 12,2 8’ / 12’ 05.06.2018 23:00 (1127) Mimi 16,0 M 5 GC 5,7 1’ 10.06.2018 24:00 (3131) Mason-Dixon 16,0 M 80 GC 7,3 4’

Abkürzungen: Gx = Galaxie, GC = Kugelsternhaufen

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1 Die Galaxie M 104 und der Kleinplanet (7) Iris, fotografiert von Wolfgang Bodenmüller mit sechszölligem Refraktor (f/8) und einer ALccd6c-Kamera in Namibia.

Später fand Wolfgang die Ursache für das unterwegs. Das reichte aus, um bei der len, um eine passende Konjunktion für merkwürdige Verhalten während der M- Nachführung als Drift aufzufallen, aber sich zu finden. 104-Aufnahmen heraus. In seinem Pla­ bei den verwendeten 5 Minuten pro Ein­ netariumsprogramm entdeckte er, dass zelbelichtung blieben die Sterne noch Wir möchten Sie im Namen der Fach­ er zufällig den Kleinplaneten (7) Iris als annähernd punktförmig und Wolfgang gruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Leitstern eingestellt hatte. Seither lässt konnte aus den Einzelbildern diese tolle Ihre kosmische Begegnung einzusenden, er sich dort immer die aktuellen Astero­­ Aufnahme [2] erstellen. Hätte er 10 oder um zukünftige Ausgaben des VdS-Jour­ iden anzeigen. Ich finde, das sollten alle gar 15 Minuten pro Bild belichtet, wären nals für Astronomie mit Ihren Bildern zu Astro­fotografen machen. Auch wenn die Sterne schon länglich geworden. bereichern. Schicken Sie die Bilder per es sehr unwahrscheinlich ist, dass man Mail mit dem Betreff „Kosmische Begeg­ einen hellen Kleinplaneten als Leitstern Kosmische Begegnungen finden täglich nung“ an ries@sternwarte-altschwendt. erwischt, kann es doch passieren. Au­ statt. Die Tabelle auf Seite 81 enthält eine at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnah­ ßerdem fällt so dem einen oder anderen kleine Auswahl interessanter Begegnun­ medatum, die fotografierten Objekte und vielleicht eine kosmische Begegnung auf, gen zwischen Kleinplaneten und Deep- die Daten des Teleskops bzw. der Kamera die er uns zur Verfügung stellen kann. Sky-Objekten, die von uns erstellt wurde. mitzuteilen. Der Autor eines ausgewähl­ Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönli­ ten Bildes wird anschließend aufgefor­ Der Vollständigkeit halber hier die Da­ chen Bild einer kosmischen Begegnung dert, eine unkomprimierte Version des ten der allseits bekannten Galaxie. Sie erleichtert werden. Bildes für den Druck zur Verfügung zu ist 8,3 mag hell und ca. 30 Mio. Licht­ stellen. jahre von uns entfernt. Ihre scheinbare Eine Möglichkeit, sich täglich über ak­ Ausdehnung am Himmel beträgt ca. 8x5 tuelle kosmische Begegnungen zu in­ Bogenminuten. formieren, finden Sie auf der Homepage Literaturhinweise und Weblinks: von Klaus Hohmann unter: http://astro [1] K. Hohmann, W. Ries, 2017: „Kos- Der Kleinplanet (7) Iris wurde 1847 von fotografie.hohmann-edv.de/aufnahmen/ mische Begegnungen“, VdS-Journal dem britischen Astronomen John Russell kosmische.begegnungen.php. Dort kann für Astronomie 63 (IV-2017), S. 77 Hind entdeckt. Benannt wurde er nach sich der interessierte Astrofotograf in [2] Homepage: http://www.sternwarte- einer griechischen Götterbotin. Der Aste­ dem von Klaus geschriebenen Tool kos­ singen.de/vss-foto-galerie---deep- roid ist ca. 200 km groß und braucht drei mische Begegnungen anzeigen lassen. sky-1/m104---ngc4594---sombre- Jahre und 250 Tage für die Umrundung Interaktiv hat man die Möglichkeit, ver­ ro-galaxie/index.php der Sonne. Zum Zeitpunkt der Aufnahme schiedene Parameter wie die Helligkeit war (7) Iris 10 mag hell und mit ca. 0,4 des Deep-Sky-Objektes oder die Hellig­ Bogensekunden pro Minute am Himmel keit des Kleinplaneten selbst auszuwäh­

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Die 100. Frankfurter Kleinplaneten- Entdeckung von Erwin Schwab

Im Jahr 2006 wurde an der Hans-Lud­ wig-Neumann-Sternwarte des Physi­ kalischen Vereins am Standort Taunus- Observatorium mit der astrometrischen Vermessung von Kleinplaneten begon­ nen. 10 Jahre später wurde die 100. Kleinplaneten-Entdeckung offiziell an­ erkannt.

Um Positionsmessungen von Himmels­ körpern der Wissenschaft zur Berech­ nung aktueller Bahnen von Kleinplane­ ten, Kometen und natürlichen Satelliten zur Verfügung stellen zu können, ist es zunächst nötig, einen so genannten Observatory Code der Internationalen 1 Diagramm mit der Anzahl der Positionsmessungen von Kleinplaneten am Astronomischen Union (IAU) zu erlan­ Taunus-Observatorium pro Beobachtungsjahr. Bildautor: Gerhard Lehmann gen. Mit diesem „Gütezeichen“ ist man berechtigt, Positionsmessungen an die zentrale Sammelstelle, das Minor Planet und es ist seitdem auch die letzte von Im Jahr 2015 haben die vier größten Center (MPC) in den USA, zu schicken. deutschem Boden [4]. Die anderen Funde Surveys zusammen rund 16 Millionen Unsere im Juni 2006 am 0,6-Meter- am Taunus-Observatorium gehören fast Positionsmessungen von Kleinplaneten Cassegrain mit der CCD-Kamera SBIG alle zum Asteroiden-Hauptgürtel. Einer generiert, die bis zur 22. Magnitude rei­ STL 11000M durchgeführten Messungen gehört zur Gruppe der Marsbahnkreuzer, chen [6]. Außerdem wurde im Oktober erfüllten die geforderte Qualität, wor­ ein anderer ist vom Hungaria-Typ. Vier 2010 die Regel zur Vergabe des Entde­ aufhin die Taunus-Sternwarte den IAU- Entdeckungen sind Jupiter-Trojaner, ckungs-Credits verändert [7]. Die neue Observatory-Code B01 [1, 2] bekam. welche mit 5 bis 13 Kilometer Durch­ Entdeckungs-Credit-Regel begünstigt die messer auch unsere größten Funde sind. Suchstrategie der professionellen Him­ Genau 182 Jahre nach der Gründung Die vier Kleinplaneten-Entdecker der melsdurchmusterungen, was die Moti­ des Physikalischen Vereins ist uns am Taunus-Sternwarte, Stefan Karge, Rainer vation der Amateure zusätzlich dämpfte. 27.11.2006 die Entdeckung eines Klein­ Kling, Erwin Schwab und Ute Zimmer, Ab 2012 hat die Taunus-Sternwarte keine planeten gelungen [3]. Am 26.9.2010 übermittelten 15.396 Positionsmessun­ vorläufige Entdeckungsbestätigung (De­ bekam dieser Fund den Namen Neeffis­ gen an das vom signation) mehr erhalten. Weltweit ging is, eine Kombination aus Christian Ernst 6.6.2006 bis zum 6.9.2013. Die Vertei­ der Anteil an Amateurentdeckungen von Neeff und der Göttin Isis. Christian Ernst lung auf die einzelnen Jahre ist im Dia­ 5,3 % im Jahr 2009 auf 0,6 % im Jahr Neeff war Mitgründer des Physikalischen gramm dargestellt (Abb. 1). Des Weiteren 2015 zurück [8]. Vereins und dessen Vorsitzender. Der wird die Verteilung der Messungen auf Verein trägt in seinem Logo die Göttin die Helligkeitsklassen gezeigt (Abb. 2) Zum Zeitpunkt der Entdeckung bekommt Isis. Neeffisis war jedoch nicht der Ers­ [5]. der Entdecker seinen Fund noch nicht te, der einen Namen erhalten hatte. Eine endgültig zugesprochen, sondern erhält unserer späteren Entdeckungen, vom Nach dem Jahr 2011 nahm nicht nur auf zunächst eine vorläufige Entdeckungs­ 15.9.2007 mit der Nummer (204852), der Taunus-Sternwarte die Anzahl der bestätigung (Designation). Viele Objekte bekam bereits am 9.4.2009 den Namen Kleinplaneten-Positionsmessungen stark werden mehrmals „entdeckt“ und bekom­ Frankfurt zu Ehren der Heimatstadt des ab, sondern bei fast allen Amateurast­ men somit mehrere Designations, bis die Vereins. ronomen weltweit. Dies lag daran, dass sogenannten Identitäten gefunden wer­ mit Pan-STARRS 1 und Pan-STARRS 2 den. Hat die berechnete Bahn aufgrund Am 25.2.2009 gelang uns die Entde­ (Survey-Modus seit 2011 und 2015) so­ vieler Messungen eine hohe Genauigkeit ckung eines der Erde gefährlich nahe wie dem Space Surveillance Telescope erreicht, bekommt der Kleinplanet seine kommenden Kleinplaneten. Das Objekt (Survey-Modus seit 2014) drei weitere finale Nummerierung, der endgültige 2009 DM45 war die fünfte Entdeckung sehr effiziente Himmelsdurchmusterun­ Entdecker wird definiert und darf einen eines so genannten „Potentially Hazar­ gen an den Start gingen, die seitdem Namensvorschlag einreichen. In extre­ dous Asteroid“ (PHA), die eine deutsche den Amateurastronomen die Entde­ men Fällen kann es mehrere Jahrzehnte Sternwarte für sich verbuchen konnte, ckungen vor der Nase wegschnappen. dauern, bis der Entdecker ernannt wird.

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„Die Zeitmaschine“ ist mit dem Klein­ planeten (283142) Weena verewigt. Wer von der satirischen deutschen Science- Fiction-Serie „Ijon Tichy: Raumpilot“ begeistert ist, dürfte sich über die Benen­ nung der Kleinplaneten (343000) Ijon­ tichy und (343444) Halluzinelle freuen. Zu kurz kamen auch nicht die Freunde der Star-Wars-Episoden mit unseren Benennungen (278141) Tatooine, der Wüstenplanet, und (274020) Skywalker. Letzterer löste den größten Presserummel aus und schaffte es sogar bis in die Fern­ sehnachrichten, siehe Bildschirmfoto der TV-Übertragung (Abb. 3). 2 Diagramm mit der Anzahl der Positionsmessungen von Kleinplaneten am Taunus-Observatorium verteilt auf die Helligkeitsklassen (Magnitude). Aus der Zeit von 1913-1939, als der Bildautor: Gerhard Lehmann Physikalische Verein das professionelle Frankfurter Planeten-Institut betrieb, sei­ en noch drei historische Namensgebun­ Die Designations für die Taunus-Stern­ mit 541 und Hamburg-Bergedorf mit 104 gen zu erwähnen, nämlich (728) Leonisis, warte stammen aus der Zeit von 2006 Funden [10]. Von den über 2.000 Obser­ (761) Brendelia und (1487) Boda. Diese bis 2011. Selbst wenn uns keine neuen vatorien, die beim Minor Planet Center wurden jedoch nicht auf der Sternwar­ Funde mehr gelingen sollten, so werden (MPC) als Kleinplaneten-Astrometrie- te des Physikalischen Vereins entdeckt, uns auch weiterhin einige der bereits Sternwarten anerkannt sind [11], belegt sondern auf der Universitätssternwarte vorhandenen Designations im Laufe der das Taunus-Observatorium bezüglich der Wien und der Landessternwarte Heidel­ nächsten Jahre endgültig als Entdeckung Entdeckungsrate weltweit den 93. Platz berg. Zudem wurden im Zuge unserer zugesprochen werden. Jedoch ist seit [12]. aktuellen Aktivitäten die vier folgenden der Einführung der neuen Entdeckungs- Kleinplaneten nach Mitgliedern des Phy­ Credit-Regel das Verhältnis zwischen den Von unseren Funden haben bisher 29 sikalischen Vereins benannt: (185638) vorläufigen Entdeckungsbestätigungen, kleine Planeten einen Namen erhalten. Erwinschwab und (185639) Rainerkling, die man erhalten hat, und der Funde, die Mitglieder bzw. Mitarbeiter sowie Gön­ entdeckt am spanischen Observatorio letztendlich als Entdeckung anerkannt ner des Physikalischen Vereins haben de la Sagra, sowie (378917) Stefankarge werden, extrem ungünstig geworden. wir durch die Namensgebung folgender und (379155) Volkerheinrich, entdeckt Nur ca. 5 % der Designations werden Kleinplaneten geehrt. Beispielhaft sind am Tzec Maun Observatory in den USA. dem Entdecker, der diese Designation dies (224831) Neeffisis, (189398) Soem­ Seit der Auffindung des kleinen Planeten innehatte, dann auch endgültig als sei­ merring, (243109) Hansludwig, (251595) Ceres im Jahr 1801 durch Giuseppe Piazzi ne Entdeckung zugesprochen. Allerdings Rudolfböttger, (207687) Senckenberg, hat sich global die Anzahl der Astrono­ gilt dies für die Hauptgürtel-Objekte, bei (225250) Georgfranziska und (241136) men, die Kleinplaneten entdeckt haben, NEOs sieht dieses Verhältnis wesentlich Sandstede. bis heute auf über 1.000 summiert. Eben­ besser aus [9]. so wie die Namen der Kleinplaneten sind Nach Städten benannt wurden (204852) auch deren Entdecker im Standardwerk Mit der Nummerierung des Kleinpla­ Frankfurt, (243440) Colonia, (256813) „Dictionary of Minor Planet Names“ auf­ neten (477338) 2009 UE3, sieben Jah­ Marburg, (295565) Hannover, (266711) gelistet. In der letzten Ausgabe befinden re nach dessen Erstsichtung, wurde am Tuttlingen, (281140) Trier, (207763) Ober­ sich unter den weltweit erfolgreichsten 14.11.2016 dem Taunus-Observatorium ursel und (367436) Siena. Die Kleinpla­ 250 Entdeckern auch die Kleinplaneten- die 100. Entdeckung offiziell zuerkannt. neten (293809) Zugspitze und (293909) Jäger des Physikalischen Vereins. Erwin Das Taunus-Observatorium ist somit die Matterhorn erhielten die Namen von Schwab ist mit 78 Entdeckungen auf Rang erste von einem Verein betriebene Stern­ Bergen aus dem Alpenraum. 94, Rainer Kling mit 74 Funden auf Platz warte in Deutschland, welche die 100er- 98, Stefan Karge belegt Rang 143 mit 47 Marke geknackt hat! Der in Frankfurt geborene Nobelpreis­ Entdeckungen und Ute Zimmer ist mit ih­ träger Gerd Binnig durfte sich über ren 19 Funden auf dem 230. Platz [13]. Deutschlandweit erfolgreicher waren (216390) Binnig freuen. Die Kleinplane­ bisher die Berufssternwarte Heidelberg- ten (192220) Oicles und (221917) Opites Nach rund 10 Jahren eine beeindrucken­ Königstuhl mit 825 Entdeckungen, Wolf sind zwei von unseren vier Jupiter-Tro­ de Bilanz, die sich niemand hätte zu Bickel auf seiner Privatsternwarte in der janern. Unser Marsbahnkreuzer erhielt träumen wagen, als das Kleinplaneten- Nähe von Bergisch Gladbach mit respek­ den Namen des Bösewichtes aus „Der Projekt auf der Taunus-Sternwarte be­ tablen 649 Entdeckungen sowie die pro­ Herr der Ringe“ (378214) Sauron. Die gonnen wurde. fessionellen Observatorien Tautenburg weibliche Hauptfigur aus dem Roman

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Literaturhinweise und Weblinks: [1] E. Schwab und R. Kling, 2006: „Astrometrische Messungen an Kleinplaneten zur Beantragung ei- nes Observatory Codes der Interna- tionalen Astronomischen Union für die Taunus-Sternwarte“, vorgelegt bei der Mitgliederversammlung 2006 [2] Minor Planet Circular 57067, 2006 3 Kleinplanet (274020) Skywalker in den TV-Nachrichten am 9.8.2015. July 11, www.minorplanetcenter. Bildautor: Erwin Schwab net/iau/ECS/MPCArchive/2006/ MPC_20060711.pdf [3] E. Schwab und R. Kling, 2007: „Die center.net/iau/special/residuals.txt Neopubli Verlag, Mai 2016, ISBN erste Asteroiden-Entdeckung der [7] Minor Planet Electronic Circular 978-3741809156 Taunus-Sternwarte“, VdS-Journal 2010-U20 EDITORIAL NOTICE, [11] List Of Observatory Codes: www. für Astronomie 23 (II-2007), S. 101 2010 Oct. 19, www.minorplanet minorplanetcenter.net/iau/lists/ [4] R. Kling, E. Schwab, U. Zimmer, center.net/mpec/K10/K10U20.html ObsCodesF.html 2009: „Die Entdeckung des erd- [8] MPC-Statistik: „Break down of [12] L. D. Schmadel, 2015: „Dictionary nahen Asteroiden 2009 DM45“, amateur discoveries“, www.minor of Minor Planet Names – Adden- VdS-Journal für Astronomie 31 planetcenter.net/iau/special/ dum to 6th Edition“, Mai 2015, (IV/2009), S. 101 AmateurDiscoveries.txt Springer Verlag, ISBN 978-3-319- [5] G. Lehmann, Fachgruppenleiter der [9] E. Schwab, 2013: „Auswirkungen 17676-5, S. 273 Vereinigung der Sternfreunde e.V.: der neuen Entdeckungskredit- [13] L. D. Schmadel, 2015: „Dictionary „Kleinplanetenseite“, www. Regel“, Vortrag zur Kleinplaneten­ of Minor Planet Names – Adden- kleinplanetenseite.de/Statistik_mpl/ tagung in Falera dum to 6th Edition“, Mai 2015, B01/B01.htm [10] E. Schwab, 2016: „Kleinplaneten- Springer Verlag, ISBN 978-3-319- [6] MPC-Statistik: www.minorplanet Entdeckungen in Deutschland“, 17676-5, S. 262-263 Kleinplanetentagung 2017 in Leiden (Niederlande) von André Knöfel Bereits zum zwanzigsten Mal fand die Tagung der VdS-Fachgruppe „Kleine Planeten“ statt. Zu diesem Jubiläum lud die KNVWS, die Königliche Niederländi­ sche Vereinigung für Meteorologie und Astronomie vom 10. bis 11. Juni 2017 in die Sternwarte Leiden nach Süd-Holland ein. Die Sternwarte und ihre Mitarbeiter haben sich in ihrer Geschichte viel mit der Beobachtung von Asteroiden be­ schäftigt. Am bekanntesten dürfte der Palomar-Leiden-Survey zwischen 1960 und 1977 sein, bei dem auf der Leide­ 1 Sternwarte Leiden in Süd-Holland. Bildautor: Axel Martin ner Seite Ingrid van Houten-Groeneveld und Cornelis Johannes van Houten maß­ geblich beteiligt waren. Bereits am Vor­ Tagung aus den Niederlanden, Österreich mitglieder. Ihm folgte Mike Kretlow, der abend der Tagung trafen sich die meisten und Deutschland im Vortragsraum der in seinem Vortrag über die Beobachtung Teilnehmer in einem Hotel in Leiden zu Leidener Sternwarte. Traditionell be­ einer Sternbedeckung durch den Asteroi­ einem gemeinsamen Abendessen und ei­ leuchtete der Vorsitzende der Fachgrup­ den (10199) Chariklo, dem größten Aste­ nem ausgiebigen Erfahrungsaustausch. pe, Gerhard Lehmann, im ersten Vortrag roiden der Centauren-Gruppe, berichtete. die Entwicklung der Fachgruppe und Schon bei vorhergehenden Beobachtun­ Harrie Rutten und Nick de Kort begrüß­ zeigte Grafiken und Statistiken über die gen konnte festgestellt werden, dass der ten am Samstag die 30 Teilnehmer der Beobachtungstätigkeit der Fachgruppen­ Asteroid von einem Ringsystem umge­

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2 Teilnehmer an der 20. Kleinplanetentagung, zu Gast in der Sternwarte Leiden in Süd-Holland. Bildautor: Mike Kretlow

ben ist. Im April 2017 kam es wieder zu Sternwarte so zu modifizieren, dass die Den sonntäglichen Vortragsreigen be­ einer Sternbedeckung. Dabei führte die Steuerungen von Teleskop, Montierung gann Gerhard Lehmann, der über die Be­ Schattenlinie über das südliche Afrika. und Kuppel automatisch erfolgen. obachtungen an der Drebacher Sternwar­ In Namibia wurde an mehreren Statio­ te berichtete. Dabei legte er Augenmerk nen dieses Ereignis beobachtet, und der Unter den Namen NEODECS stellte Det­ auf die Objekte der NEOCP, die bei den Ring konnte dabei eindeutig nachgewie­ lef Koschny ein Projekt vor, verschiedene nächtlichen Beobachtungsaktionen auf­ sen werden. Quellen von Datensätzen zu erdnahen gesucht wurden. Henk de Groot berich­ Asteroiden, z. B. Lichtkurven, unter einer tete über seine Arbeit zur Fotometrie von Peter Lindner stellte seine Sternwarte vor. Oberfläche zusammenzuführen, um die­ Asteroiden. In seinem sehr informativen Auch er beschäftigt sich neben der Astro­ se Daten besser austauschen zu können, Vortrag zeigte er, wie die Bestimmung der metrie von Kleinplaneten mit der Beob­ Beobachtungsanfragen und -angebote Rotationszeiten von Kleinplaneten durch achtung von Sternbedeckungen durch zu koordinieren und Rechenleistung zu neue und genauere Beobachtungen ver­ Asteroiden. Hierbei zeigte er, dass auch verteilen. Dabei sollen an diesem Projekt bessert werden kann. Spannend auch der negative Beobachtungen, also Beobach­ auch Amateure mitwirken. Werner Ha­ Nachweis einer „Finsternis“ durch den tungen, bei denen keine Bedeckung be­ subick zeigte in seinem Vortrag seinen Begleiter von (22) Kalliope, Linus. obachtet werden konnten, wichtig für die Werdegang in Sachen Kometenbeob­ globale Auswertung des Ereignisses sind achtungen. Dabei verwies er auf häufige Dr. Adrian Raap stellte die Biografie von und unbedingt gemeldet werden sollten. Probleme bei der Astrometrie von Kome­ Karl Schwarzschild vor und berichtete Wim Nobel erläuterte im folgenden Vor­ ten und zeigte auch an Beispielen, wie von Schwarzschilds Arbeit in Göttingen. trag den Anwesenden die Geschichte der man diese umgehen kann. Sven Ander­ Martin Metzendorf zeigte an Beispie­ Leidener Sternwarte, beginnend mit der son stellte kurz das Forum der VdS vor, len, wie man Schülergruppen animieren Gründung 1633 als Observatorium der in dem auch ein Bereich für die Fach­ kann, eigene Asteroidenbeobachtungen Universität Leiden (und damit die ältes­ gruppe Kleine Planeten zur Verfügung durchzuführen und die eigenen Beob­ te Universitätssternwarte der Welt) über steht und genutzt werden sollte. Ihm achtungsergebnisse auszuwerten. Den den Neubau des Gebäudes im Jahre 1861 folgte Joachim Ekrutt, bekannt durch Schluss der Tagung bestritt André Knöfel, nach Vorbild der Sternwarte in Pulkovo sein Buch „Die Kleinen Planeten. Plane­ der über eine Expedition zur Suche von bis in die heutige Zeit. Im Anschluss hat­ toide und ihre Entdeckungsgeschichte“, Meteoriten in der Hammada in Marokko ten die Tagungsteilnehmer die Möglich­ das einige der Anwesenden zur Asteroi­ berichtete und auch die Chancen dar­ keit, die Sternwarte zu besichtigen. denbeobachtung inspirierte. Er berichtete stellte, in der lebensfeindlichen Sahara von seinen Bemühungen, „seinen“ Aste­ „Asteroiden zum Anfassen“ aufzufinden. Rudolf Le Poole stellte nach der Mit­ roiden (24713) Ekkrut, der von L. Schma­ Nach zwei ausgefüllten Vortragstagen tagspause das Projekt „Black Gem/Meer­ del und F. Börngen benannt wurde, selbst ging das Treffen der Kleinplaneten­ LICHT“ vor, ein Array von Teleskopen, aufzusuchen. Dazu verwendete er das beobachter zu Ende. In der abschließen­ die im optischen Bereich die Quellen von Instrumentarium der VdS-Sternwarte in den Runde wurde den niederländischen Schwerewellen nachweisen sollen. Das Kirchheim. Den letzten Vortrag des Ta­ Sternfreunden, die diese Tagung hervor­ System wurde in den Niederlanden ent­ ges bestritt Martin Metzendorf, der von ragend organisierten, gedankt. Nun hof­ wickelt und wird in Südafrika betrieben seinem Flug mit dem fliegenden Tele­ fen alle auf ein Wiedersehen zur nächs­ werden. Carolin Liefke berichtete von skop SOFIA berichtete. Vor allem bei den ten Kleinplanetentagung vom 2. bis 3. den Plänen, den historischen Obs-Code anwesenden Lehrern stieß er dabei auf Juni 2018 bei den Sternfreunden der 024 Heidelberg-Königstuhl, der vor al­ großes Interesse, da diese sich für einen Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim. lem durch die Beobachtungen von Wolf solchen Flug bewerben können. Der Tag und Reinmuth bekannt wurde, wieder­ klang mit einem gemeinsamen Essen aus. zubeleben. Geplant ist, ein Teleskop der

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Auffallende Kometen des dritten Quartals 2017 von Uwe Pilz

Die Überraschung des dritten Quartals 2017 war der Komet ASASSN. Er wurde am 19. Juni von einem Dienst [1] ent­ deckt, der eigentlich auf die Suche von Supernovae ausgerichtet ist. Offenbar hatte der Komet Mitte des Monats einen Ausbruch, sonst wäre er sicherlich schon von anderen Beobachtern gesehen wor­ den. Ich finde es immer faszinierend, ei­ nen Kometen kurz nach der Entdeckung selbst zu sehen: Mir gelang das am 30. Juni mit einem 7-cm-Fernglas und Breit­ band-Nebelfiltern. Der tief am Horizont stehende Komet war inzwischen 10,5 mag hell. Im Laufe des Sommers und des Frühherbstes wurde er zunehmend heller und erreichte etwa die 8. Größe. Diese Angabe täuscht über die Schwierigkeiten der Beobachtung hinweg: Die 15 Bo­ genminuten große Nebelwolke war stets eine Herausforderung für die visuellen Beobachter. Der gasreiche Komet konnte hingegen recht einfach fotografiert wer­ 1 C/2017 O1 (ASASSN), 30.09.2017, 23:50 UT, Canon-EOS-Kamera, Objektiv 105 mm den und ist mit zahlreichen Aufnahmen (f/4,5), 75 min belichtet mit ISO 1600 ASA (Bildautor: Robert Hilgendorf) in unserem Bildarchiv vertreten (Abb. 1).

Die Auswirkungen des Helligkeitsaus­ bruches von C/2015 ER61 (PANSTARRS) vom April sind im dritten Quartal nicht mehr wahrnehmbar. Die Helligkeit des Kometen nahm im Sommer rasch ab: Im Juli waren es noch 10,5 mag. Als im Sep­ tember die Nächte wieder länger wurden, blieb nur ein unscheinbares Nebelchen von 12 mag übrig. Entsprechend wenig wurde der Komet visuell beobachtet. Der Komet zog seine Bahn während des ge­ samten Quartals in der Nähe der Pleja­ den. Hiervon zeugt die sehenswerte Auf­ nahme von David Bender (Abb. 2).

Der Komet 29P/Schwassmann-Wach­ mann bewegt sich auf einer fast kreis­ förmigen Bahn um die Sonne und dies auch noch außerhalb der Eisgrenze. Er neigt zu Ausbrüchen, deren Mechanis­ mus nicht völlig geklärt ist. In der Zeit zwischen dem 26. Juni und 10. Juli wur­ de eine Folge von solchen Ausbrüchen beobachtet, welche den Kometen von 16 mag auf etwa 13 mag aktivierten. Die Messungen wurden elektronisch ausge­ 2 C/2015 ER61 (PANSTARRS), 20.08.2017, 01:02 UT, Instrument: 8-Zoll-Astrograf (f/2,8), führt, visuell erreichte Schwassmann- CCD-Kamera FLI-ML8300, 10 min belichtet (Bildautor: David Bender)

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Wachmann sogar 11,5 mag. Obwohl der Komet im Steinbock recht südlich steht, konnte der Ausbruch gut beobachtet und fotografiert werden. Das Bild von Micha­ el Jäger zeigt einen Jet, der ein Hinweis auf das Ausbruchsgeschehen ist (Abb. 3). Der Komet ist stets gasreich, visuell wirkt ein Swan-Band-Kometenfilter gut.

Weblink: [1] All-Sky Automated Survey for Supernovae: www.astronomy.ohio- state.edu/~assassin/index.shtml 3 29P/Schwassmann-Wachmann, 14.08.2017, 22:32 UT, Instru- ment: 12-Zoll-Newton (f/4), Kamera: Moravian G3-16200-SW, 24 min belichtet (Bildautor: Michael Jäger) Synchronschall – selbst beobachtet von Uwe Pilz

Am 16. Dezember 2016 ging ich abends mit meiner Frau spazieren. Wir waren kaum aus dem Haus, als eine Feuerkugel von etwa Venushelligkeit flach parallel zum Osthorizont zog: Das war 18:22 UT. Die Erscheinung währte recht lange, ich konnte meine Frau darauf hinweisen und sie hat es auch noch einige Sekunden gesehen. Während dieser Erscheinung hörten wir beide eine Art Fauchen oder Zischen, ähnlich dem Fluggeräusch einer Silvester-Rakete. Ich brach den Spazier­ gang sofort ab, ging nach Hause und machte Notizen – ehe die Erinnerung Zeit hatte, sich zu verändern. Im Nach­ hinein ermittelte ich die genaue Uhrzeit. Ich habe eine Meldung beim Feuerkugel­ netzwerk der IMO eingestellt, das Ereig­ nis hat dort die Nummer 5194-2016.

Die Bahn der Feuerkugel begann nahe Beteigeuze und endete im Kopf der Zwil­ linge. Es gab mehrmaliges Aufflammen, die Helligkeit ging zwischendrin etwas zurück, war aber stets von negativer 1 Aufnahme der Feuerkugel 5194-2016 durch die All-Sky-Cam der Adolph-Diesterweg- Magnitude. Am Ende gab es kein Auf­ Sternwarte in Radebeul flammen, eher ein Verlöschen. Dauer 5-7 Sekunden: Ich hatte Zeit, meine Frau da­ rauf aufmerksam zu machen und sie sah sich zurück, es gab aber keinen Zerfall im von mehreren fotografisch arbeitenden noch das meiste. Sie bestätigt auch den engeren Sinn. Ich habe sofort eine Skiz­ Stationen aufgenommen, so auch von Synchronschall (habe ich zum ersten Mal ze angefertigt. Im Netzwerk verzeichnet Radebeul (Abb. 1). Pavel Spurný vom gehört). Ich sah das Aufleuchten, also sind drei weitere Sichtungen [1], aber Astronomischen Institut der Akademie den Beginn der Erscheinung: sofort hell, keine weitere mit Synchronschall. Auch der Wissenschaften der Tschechischen sofort waagerecht und sofort in großer im Forum des Arbeitskreises Meteore Republik konnte aus den Fotografien Höhe. Die hellste Struktur war am An­ sind mehrere Berichte verzeichnet [2], eine Flugbahn berechnen: Der Körper fang, wie ein langgezogener Tropfen. Die wiederum keine weitere Synchronschall­ überstrich den Südteil der deutsch-pol­ Feuerkugel ließ glühende Teilchen hinter beobachtung. Die Feuerkugel wurde nischen Grenze bis kurz vor Frankfurt

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(Oder) in einer Höhe zwischen 82 und 37 Kilometern. Als Herkunft wurde der As­ teroidengürtel angegeben [3].

Aufgrund dieser Beobachtung habe ich mich mit den Theorien des Synchron­ schalls auseinandergesetzt. Eine Zusam­ menstellung von Arbeiten zum Syn­ chronschall ist von Colin Keay gegeben worden [4]. Von den Erklärungsversuchen möchte ich diejenige, welche mir am plausibelsten erscheint, hier darstellen.

Feuerkugeln werden von Objekten mit einer Größe zwischen einigen Zentime­ tern und mehreren Metern verursacht, 2 Numerische Simulation des Eintritts eines 1 Meter großen Körpers in die obere wobei Letztere eher dem Typ Tschelja­ Erdatmosphäre. Der zeitliche Abstand zwischen den Bildern beträgt 400 μs. b­insk-Ereignis zuzuordnen sind. Da sie Nach 800 μs ist ein neuer rotierender Wirbel an die Stelle des vorherigen gelangt. mit Geschwindigkeiten zwischen 10 und Den Wirbel erkennt man an seiner Rotation: An einer Seite ist die Geschwindigkeit 70 km/s in die Erdatmosphäre eintreten, gegenüber der Umgebung erhöht (rot), auf der anderen Seite verringert (blau). setzen sie während ihres kurzen Fluges Leistungen im Giga- bis Terawatt-Be­ reich frei. Beispiel: Wenn ein Eisenme­ Feldstärken schließlich zu magnetischen in mechanische Schwingungen umwan­ teorit mit einem Meter Durchmesser die Kurzschlüssen führt, die man als Sonnen­ delt, dann entstehen aus den Radiowel­ Erde mit einer Geschwindigkeit von 30 flecken beobachten kann. len mit Frequenzen im hörbaren Bereich km/s trifft, dann enthält dieser eine ki­ Schallwellen. Viele kennen das 50-Hz- netische Energie von 1,8 TJ. Wenn diese Wirbel treten bei allen „kräftigen“ Strö­ Brummen elektrischer Geräte. Dieses Ge­ Energie in 10 Sekunden abgegeben wird, mungen auf. Bei Fahrzeugen und Flug­ räusch ist ein Beispiel der direkten Um­ dann beträgt die durchschnittliche Leis­ zeugen sind sie unerwünscht, weil sie wandlung elektromagnetischer Energie tung 180 GW. Bei sehr großen Feuerku­ Energieverluste bewirken. Solche Wirbel in Schallwellen. Für die freie Natur fallen geln wird so die Leistung der gesamten lassen sich in der Natur vor allem an mir zwei Effekte ein, die hier beteiligt in Deutschland installierten Kraftwerks­ Fließgewässern beobachten, wenn ein sein können: schwingende Kondensato­ kapazität [5] freigesetzt. Hindernis (z. B. ein Stein) umströmt wird. ren und Resonanz an einer Art Antenne. Das Simulationsergebnis zeigt, dass sich Ein Kondensator besteht aus zwei leitfä­ Das Gas in der Umgebung der Feuerkugel bei den gewählten Strömungsverhältnis­ higen Platten, welche durch ein Isolier­ wird auf mehrere Tausend Grad erhitzt sen Wirbel mit einer Frequenz von etwas medium getrennt sind. Blätter, Grashal­ und erreicht den Plasmazustand, es ist über 1 kHz ablösen (Abb. 2). Diese Fre­ me, Koniferennadeln u. ä. sind wegen also elektrisch leitfähig. Diese leitenden quenz befindet sich im hörbaren Bereich, ihres Wassergehaltes leitfähig, die Luft Wirbel bewegen sich im Magnetfeld der wobei man Radiowellen nicht direkt hö­ zwischen ihnen wirkt als Isolator. Damit Erde und erzeugen damit eine elektromag­ ren kann. Es bedarf einer Umwandlung stellen sie natürliche Kondensatoren dar. netische Strahlung. Ich habe hierzu Simu­ in Schallwellen. Sie werden durch die elektromagnetische lationsrechnungen durchgeführt. Das Bild Strahlung aufgeladen, wobei sich die Po­ zeigt einen als kugelförmig angenomme­ Es ist plausibel, dass elektromagnetische larität der Ladung mit der Frequenz der nen Boliden von 1 Meter Durchmesser, Strahlung im Megawatt-Bereich erzeugt Radiostrahlung ändert. Gemäß dem Cou­ welcher mit einer Geschwindigkeit von wird, denn die Gesamtleistung liegt ja im lombschen Gesetz wirken zwischen den 20 km/s in die dünne Hochatmosphäre oberen Gigawattbereich. Ein Wirkungs­ Kondensatorflächen so genannte elektro­ der Erde eintritt (Abb. 2). Das Luftvolu­ grad von Bruchteilen eines Promilles ist magnetische Kräfte, welche dazu führen, men um den Körper herum wird nicht nur hierfür ausreichend. Diese Radiostrah­ dass die „Kondensatorplatten“ nicht nur erhitzt (was nicht Bestandteil der Simu­ lung erreicht weitgehend ungedämpft elektrisch, sondern auch mechanisch lation ist), sondern auch stark verwirbelt. und kaum zeitverzögert jeden Beobach­ schwingen. Die Schwingungen werden Nach einer Theorie von Colin Keay [6] ter der Erscheinung. In einem Abstand auf die Luft übertragen und damit even­ können diese Wirbel dazu führen, dass die von 100 km verringert sich die eintref­ tuell hörbar. Feldlinien des Erdmagnetfelds in diesem fende Leistungsdichte (also bezogen auf Plasma eingefangen werden und danach eine Fläche) um den Faktor von ca. 1015: Eine Antenne (genau: ein so genann­ selbst stark verwirbeln: Dies erhöht die Es treffen Leistungen im Mikrowattbe­ ter Viertelwellenstrahler) erfordert eine magnetische Feldstärke. Er spricht von reich je Quadratmeter auf. dünne leitfähige Struktur, welche einem „magnetischen Spaghetti“ und beschreibt Viertel der Wellenlänge entspricht. Diese damit einen Effekt, der auch auf der Son­ Wenn sich ein Mechanismus finden lässt, Struktur muss sich in der Nähe eines leit­ ne beobachtet wird und wegen der großen der einen kleinen Teil dieser Leistungen fähigen Mediums befinden. Ein Beispiel

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ist die Stabantenne eines Fahrzeugs, als Leistungsdichte der Radiostrahlung von http://forum.meteoros.de/viewtopic. leitfähiges Medium dient das Fahrzeug­ Mikrowatt je Quadratmeter werden bei 1 php?f=8&t=56983 (Stand: Dezem- dach. Hörbare Töne mittlerer Frequenzen : 1 Million Schall-Leistungen im Bereich ber 2016) haben Wellenlängen von 1 cm bis 1 m. von Pikowatt/Quadratmeter. Die Hör­ [3] Bedeutende Feuerkugel am Abend Viertelwellenstrahler dieses Frequenz­ schwelle liegt bei unter einem Pikowatt/ des 16. Dezember 2016 (tsche- bandes müssen also einige Millimeter Quadratmeter. Im Zusammenspiel zwi­ chisch): www.astro.cz/clanky/ukazy/ bis höchstens 25 cm lang sein. Auch hier schen natürlichen Kondensatoren und dalsi-vyrazny-bolid-zazaril-nad- kommen Grashalme und Koniferenna­ Viertelwellenstrahlern als „Verstärker“ ceskem-16-prosince-2016-vecer. deln in Betracht. Durch die Resonanzef­ ist es denkbar, dass dieser Wirkungsgrad html (Stand: Dezember 2016) fekte am Viertelwellenstrahler wird die erreicht wird. [4] C. Keay, 1992: „Electrophonic elektromagnetische Feldstärke erheblich sounds from large meteor fireballs“, erhöht, so dass auch die akustische Wir­ Meteoritics 27, p. 144-148 kung verstärkt wird: Denn als Konden­ Literaturhinweise und Weblinks: [5] Installierte Leistung in Deutsch- satoren wirken diese Naturobjekte eben­ [1] Feuerkugelnetzwerk der IMO: land: https://de.wikipedia.org/wiki/ falls, und auf diese wirkt die verstärkte Ereignis 5194-2016, www. Installierte_Leistung#Installierte_ elektromagnetische Strahlung. amsmeteors.org/members/imo_view/ Leistung_in_Deutschland (Stand: event/2016/5194 (Stand: Dezember November 2017) Insgesamt ist ein sehr geringer Wir­ 2016) [6] C. Keay, 1980: „Anomalous Sounds kungsgrad von etwa 1 : 1 Million ausrei­ [2] Extrem helle Feuerkugel 2016-12- from the Entry of Meteor Fireballs“, chend zur Schallwahrnehmung. Aus der 16 18:23 UT: AKM e.V. Forum, Science 210, p. 11-15 Stereoskopie eines Meteorstroms mit Echtzeit-Aufnahmen von Antonio Schmusch und Moritz Wolf

Der folgende Artikel ist eine Zusammen­ fassung unserer gleichnamigen „Jugend forscht“-Arbeit 2017, die im Rahmen der Astronomie-AG und des Meteorcamps vom Progymnasium Rosenfeld entstand. In der Kategorie Geo- und Raumwissen­ schaften belegte die Arbeit den ersten Platz in Baden-Württemberg.

Die Flugbahn von helleren Meteoren ist essenziell, um mögliche Einschlagsor­ te von interplanetarer Materie auf der Erde zu ermitteln. Die Flugbahnen kön­ nen, wie in dieser Arbeit, unter anderem durch optische Aufnahmen der Meteore bestimmt werden. Die Untersuchung des Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko durch die -Sonde zeigte, dass die Staubpartikel im Kometenschweif aus der Entstehungszeit des Sonnensystems stammen. Dies macht die Untersuchung von Meteoren allgemein besonders in­ teressant, da diese meist von Kometen abstammen.

In dieser Arbeit wurde der Meteorstrom der Perseiden zur Zeit des Maximums in der Nacht vom 12. auf den 13. August 1 Diese Grafik zeigt die beiden Beobachtungsorte „Schachen“ und „Zainingen“, von 2016 mit Echtzeit-Aufnahmen dokumen­ welchen beobachtet wurde. Deutlich wird hier das Prinzip der Parallaxe. Der Meteor tiert und die Flugbahnen von ausgewähl­ ist auf dem Bild aus Zainingen vor einem anderen Sternenhintergrund zu sehen als ten Meteoren ausgemessen. Bei kometa­ auf dem Bild vom Schachen.

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2 Dieses Bild zeigt links die Aufnahme aus dem Ort Zainingen und rechts die vom Schachen. Das Bild wurde aus den Einzelbildern der Videos zusammengesetzt, es entspricht einer Belichtungszeit von 1/25 s. Die Farbgebung im Bild ist natürlich. Bei den hellen Meteoren ist das markante, grüne Nachleuchten deutlich zu erkennen. (Anm. d. Red.: Der Betrachter wird gebeten zu versuchen, mit seinen Augen die beiden Bilder zur Deckung zu bringen, um ein 3D-Bild zu sehen. Leseabstand ca. Armlänge.)

ren Meteorströmen wie den Perseiden Triangulation wurden so aus den Win­ Bei einem anderen möglichen Verfahren kommen sie aber nie als Meteoriten auf keln die Flugbahnen von neun ausge­ wäre diese zeitliche Synchronisation der der Erde an, weil das Material zu fragil ist. wählten Meteoren rekonstruiert. Die An­ Aufnahme irrelevant. Hierbei erzeugt Als Neuheit wurden die Beobachtungs­ fangspunkte dieser Meteore erschienen der Meteor eine Ebene, die je nach Be­ punkte so gewählt, dass die Parallaxe der in einer Höhe zwischen 136 und 103 km obachtungsstandort unterschiedlich in Meteore ca. 6° betrug, wodurch 3D-Fotos und die Endpunkte lagen zwischen 99 bis der Atmosphäre liegt. Die Schnittlinie und Videos der Leuchterscheinungen er­ 78 km über dem Erdboden. Die Länge der von der einen Ebene (von Standort 1 aus stellt werden konnten. Des Weiteren ist Leuchterscheinung variierte zwischen 32 beobachtet) und der anderen Ebene (von die benutzte Kombination von hoher und 72 km. Durch die Echtzeit-Aufnah­ Standort 2 aus beobachtet) ist dann die Auflösung und extremer Lichtempfind­ men konnten auch geozentrische Ge­ Flugbahn des Meteors. Mit diesem Ver­ lichkeit bei Farbvideoaufnahmen erst seit schwindigkeiten zwischen 38 km/s und fahren, angewandt auf einen hellen Me­ etwa zwei Jahren möglich. 97 km/s bestimmt werden. Die aus unse­ teor, erhielten wir die Anfangsgeschwin­ ren Aufnahmen erstellten 3D-Fotos der digkeit von 57 km/s. Beobachtet wurde mit der lichtempfind­ Meteore können mit einer VR-Brille oder lichen Kamera Sony a7S II (ISO-Werte auf einem 3D-Monitor betrachtet werden Verbesserungsansätze bis 409.000) von zwei Standorten auf der (s. Abb. 2). Der Betrachter bekommt so Durch ein GPS-Modul oder eine Funkuhr Schwäbischen Alb mit 15 km Abstand einen räumlichen Eindruck des Meteors könnte die zeitliche Synchronisierung (s. Abb. 1). Die beiden Kameras wurden sowie des dahinterliegenden Sternen­ der Kameras auf 1/1.000 Sekunde genau auf denselben Himmelsausschnitt an­ himmels. erfolgen und die Einzelpunkte der Mete­ hand ausgewählter Fixsterne justiert, orspuren sehr genau einander zugeord­ um möglichst viele Meteore mit beiden Die berechneten Höhen der Anfangs- net werden. Kameras nachzuweisen. Wichtig war au­ und Endpunkte stimmen mit den Werten ßerdem, dass sowohl das gleiche Objektiv aus der Literatur überein, wonach Mete­ Die Messung der Azimut- und Elevati­ (Zeiss 35 mm, f/1,4) als auch dieselben ore in einer Höhe zwischen 80-140 km onswinkel durch das Programm sollte Einstellungswerte verwendet wurden, zu sehen sind. Die Geschwindigkeiten der vor allem noch in dessen Genauigkeit damit die Aufnahmen später verglichen ausgewerteten Meteore liegen zwischen verbessert werden. Durch genauere Mes­ werden konnten. Ein weiterer wichtiger 38-97 km/s, wobei der Durchschnitt der sungen würden die Abweichungen in der Punkt war die zeitliche Synchronisierung ausgewerteten Perseiden 63 km/s be­ Berechnung der Flugbahnen geringer der Kameras. Diese war mit der internen trägt. Dieser Mittelwert passt relativ gut werden. Kamerauhr nur auf die Sekunde genau zu dem Wert von 59 km/s (geozentrisch) möglich. In dem sechsstündigen Video­ aus der Literatur, jedoch streuen die ein­ Damit alle aufgenommenen Meteore material wurden so pro Standort ca. 300 zelnen Werte sehr stark. Diese Unter­ ausgewertet werden können, wäre eine Leuchterscheinungen aufgezeichnet. schiede lassen sich nur teilweise durch Automatisierung des Verfahrens mithilfe die Messungenauigkeiten sowie der nicht eines Programms hilfreich. Für die Berechnung der Flugbahnen wur­ immer eindeutigen Anfangs- und End­ den die Azimut- und Elevationswinkel punkte der Meteore im Video erklären. Um allgemein die Genauigkeit des Ver­ jeweils vom Anfangs- und Endpunkt des Der entscheidendere Fehlerfaktor ist ver­ fahrens zu erhöhen, müsste die Basislinie Meteors im Video verwendet. Diese Win­ mutlich die fehlende zeitliche Synchro­ länger sein und somit die Parallaxe grö­ kel wurden dem Programm UFO-Analy­ nisation zwischen den Kameras, welche ßer. Dadurch ist jedoch eine 3D-Darstel­ zer entnommen, in welches die Videoda­ bei dem angewandten Verfahren extrem lung mit echten Aufnahmen nicht mehr ten eingelesen wurden. Mit rechnerischer wichtig ist. möglich.

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Radiant und Antiradiant von Till Credner

Im August 2012 wurde zum ersten Mal ein mehrtägiges astronomisches Zelt­ lager auf der Schwäbischen Alb mit einigen Schülern der Astronomie-AG durchgeführt, das mittlerweile bewährte Meteorcamp des Progymnasiums Rosen­ feld. Eines der fotografischen Ziele war es, neben dem Radianten des Perseiden­ stromes den sogenannten Antiradianten zu zeigen. Bekannterweise ergibt die parallele Bewegung der Meteoroide im Raum, inkl. der Erdbewegung, den Effekt des Radianten.

Die meisten Meteore im August bzw. ihre gedachten Spurverlängerungen schei­ nen aufgrund unserer Perspektive und Relativgeschwindigkeit strahlenförmig aus einem Punkt im Sternbild Perseus zu kommen, daher der Name Perseiden. Beliebt ist das Bild vom Auto, das durch ein Schneegestöber fährt. In Fahrtrich­ tung scheinen die Flocken alle von ei­ nem Punkt auszugehen. Wenn die wahre 1 Die Perseiden in Richtung Westen am 11.08.2012 von 20:43 bis 22:08 UT erscheinen Raumbewegung der Meteoroide (oder nahezu parallel. Belichtet wurde jeweils 8 s mit 24 mm Brennweite, Blende 2,0 und auch Schneeflocken) jedoch parallel ist, Nikon D3 bei ISO 2500 auf dem VCP-Zeltplatz Schachen, Schwäbische Alb. dann sollte man den gegenteiligen Ef­ fekt an der Himmelssphäre gegenüber beobachten. Die Sternschnuppen sollten scheinbar einen Punkt unter dem Hori­ zont anstreben. So ähnlich kennt man es zum Beispiel von Dämmerungsstrah­ len bei Sonnenauf- bzw. -untergang und den entsprechenden Gegendämmerungs­ strahlen, die dem Sonnengegenpunkt zu­ streben.

Mit einem lichtstarken Weitwinkelobjek­ tiv und der empfindlichen DSLR Nikon D3 wurden in zwei klaren Nächten vom 11. bis zum 13. August viele Reihenauf­ nahmen gewonnen. In den Abendstun­ den des 11. August wurde in Richtung Westen fotografiert, zu Mitternacht Richtung Norden zum Radianten und zu Mitternacht der Folgenacht in Richtung Süden, also mit Perseus im Rücken und einer Radiantenhöhe von ca. 30 Grad.

Die Einzelbilder mit helleren Meteoren wurden mit der Software PTGui anhand des Sternenhimmels zentriert. Die Lage der gezeigten Meteore zum Sternenhin­ tergrund ist also beim Überlagern der 2 Der Radiant am 11.08.2012 von 23:06 bis 00:27 UT. 28 Belichtungen zu je 5 s mit Bilder korrekt wiedergegeben, jedoch 24 mm Brennweite, Blende 1,4 und ISO 2000 zeigen jeweils einen Meteor.

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3 In der Folgenacht wurde der gegenüberliegende Himmel von 22:01 bis 00:27 UT fotografiert. Sieben Aufnahmen zu je 6 s, Blende 1,4 und ISO 2000 sind hier zu einem Mosaik zusammengesetzt. Die Perseiden scheinen einen Punkt unter dem Horizont anzustreben, den Antiradianten.

aufgrund der Erdrotation zum Horizont Ausmessung der Spuren Foto also eigentlich leicht gekrümmt verschoben. Als Landschaftsbild wurde Zur Radiantenbestimmung haben mei­ sein. Die Meteore in Südrichtung habe jeweils ein Foto etwa aus der Mitte der ne Schüler die Spuren auf dem ausge­ ich genauer astrometrisch vermessen, Sequenz verwendet. druckten Komposit (Abb. 2) verlängert denn auf dem sehr weitwinklig zusam­ und somit eine mittlere Position der mengesetzten Mosaik sind Großkreise Bildergebnisse Schnittpunkte von α = 3,2 h und δ = am Himmel noch stärker gekrümmt, es In Richtung Westen erscheinen die Per­ 58 Grad gefunden, bei einer Genauig­ handelt sich sichtbar schon nicht mehr seiden nahezu parallel (Abb. 1). Dies ist keit von etwa ± 2 Grad. Das passt sehr um eine gnomonische Projektion (Abb. auch zu erwarten, da wir hier etwa im gut zu dem Wert aus dem IMO Shower 3). Einzelfotos der Meteore wurden unter 90-Grad-Winkel zum Radianten schauen Calendar 2012 für den 12.8. mit 3,2 h .net hochgeladen und astro­ (Boo, Com). Die Meteore bewegen sich und 57 Grad [1]. Die nicht-gnomonische metrisch reduziert [2]. Die Himmelskoor­ senkrecht zu unserer Blickrichtung. In Projektion der Weitwinkeloptik wur­ dinaten der 7 Anfangs- und Endpunkte knapp 1,5 h wurden sieben hellere Per­ de bei diesem zeichnerischen Verfahren der Meteore wurden damit ermittelt. seiden nachgewiesen, wobei das Objektiv vernachlässigt, Meteorspuren und deren Unter www.convertalot.com/metior_ auf 2,0 abgeblendet wurde. verlängerte Großkreise können auf dem shower_radiant_calculator.html (ja, mit

Anzeige In Radiantenrichtung wurden in 1 h und 20 min 28 hellere Perseiden nachgewie­ sen, bis um 00:27 UT der Mond schon deutlich über dem Horizont war (Abb. 2). Die schwachen Exemplare wurden nicht im Bildkomposit übernommen. Wie er­ wartet, streben die Meteore hier schein­ bar auseinander, sie sollten überwiegend auf uns zu kommen.

In der Folgenacht konnten sieben hellere Meteore Richtung Süden und Südwesten in etwa 2,5 h aufgenommen werden. Die Bildüberlagerung zeigt das scheinbare Zu­ streben der Meteore auf einen Punkt der Milchstraße unter dem Horizont (Abb. 3).

VdS-Journal Nr. 65 94 Meteore

Rechtschreibfehler „metior“) kann man dann alle Kombinationen von jeweils zwei Meteorspuren sich kreuzen lassen [3]. Es ergeben sich 21 Schnittpunkte mit einer Häufung bei den Koordinaten (14,5 ± 0,5) h und (-61 ± 1) Grad.

Diskussion Dieser gefundene Antiradiant passt grob zum Gegenpunkt der Radiantenmessung der Nacht vorher mit 15,2 h und -58 Grad (Literatur -57 Grad). Die Verschiebung beträgt 0,7 h nach Westen (5 Grad bei dieser Deklination) und drei Grad nach 4 Aufgrund der Krümmung der Erde und der Atmosphäre sollte man etwas mehr Süden (bzw. 4 Grad zum Literaturwert). Meteore in der Himmelshälfte des Radianten erwarten als auf der gegenüber- Wie kommt es zu dieser Verschiebung? liegenden Seite. Zählt man im gezeichneten Beispiel einfach nur die Schnittpunkte Die abgeschätzten Fehlerbereiche reichen der Meteoroidtrajektorien mit der 100-km-Höhe, ergibt sich ein Verhältnis von fünf nicht ganz an die Verschiebung heran. zu drei. Je tiefer der Radiant am Himmel steht, desto größer wird der Unterschied. Und die Radiantendrift innerhalb eines Zudem wirkt die Erdanziehung bei den Meteoren auf der Radiantenseite stärker in Tages beträgt nach dem IMO Shower Ca­ Flugrichtung. Auf der abgewandten Seite ist die Kraftkomponente quer zur Flugbahn lendar weniger als ein Grad total [1]. größer. Der Effekt der Verschiebung des Radianten zum Zenit bzw. des Antiradianten zum Nadir sollte dort daher etwas stärker sein. Für die Messung des Gegenradianten wurden Meteore mit mehr als 90 Grad Abstand zum Radianten benutzt. Diese treffen die gewölbte Erde streifender als was höhere Dichte an Meteoren erwartet richtungen fotografieren. Eine All-Sky- die Meteore in Radiantenrichtung (siehe als in der dem Radianten abgewandten Optik hat jedoch meist nicht die Licht­ Abb. 4). Die Gravitationswirkung der Erde Richtung (bei gleicher Höhe über dem stärke eines guten Weitwinkelobjektives. wirkt dann vermehrt quer zur Meteorbe­ Horizont). Zudem zeigen die Meteore in Ob der Antiradiant auf der radianten­ wegung und sollte somit die Richtung der Radiantenrichtung eine nur kleine Win­ abgewandten Himmelshälfte wirklich Flugbahn etwas ändern. Ich würde eine kelgeschwindigkeit, da sie ja auf den Be­ systematisch nadirnäher liegt oder ob Abweichung nach „unten“ erwarten, was obachter zukommen. Das führt zu einer es sich nur um eine Messungenauigkeit gut zu dem geringeren Deklinationswert längeren Belichtungszeit der Kamerapixel handelt, müsste man mit weiteren Beob­ passt. Die Abweichung in Rektaszension und somit zu einer erhöhten Nachweis­ achtungen nachmessen. Sieben Meteore ist jedoch noch unklar. Dieser Gravitati­ rate von Meteoren. Im 90-Grad-Winkel sind statistisch einfach noch zu wenig onseffekt auf Meteore wird auch Zenit- zum Radianten ist die Winkelgeschwin­ für einen fundierten Nachweis. Anziehung genannt, da der Radiant da­ digkeit dagegen am höchsten und Kame­ durch in Richtung des Zenits verschoben rapixel werden nur sehr kurz belichtet. wird bzw. der Antiradiant zum Nadir. Meteorspuren erscheinen schwächer und Literaturhinweise und Weblinks: Dies hat schon Schiaparelli beschrieben die Nachweisrate ist geringer. Dafür ist [1] A. McBeath, 2012: „ und wurde von Andreev 1983 präzisiert die Länge der Meteorspur in Grad am Calendar“, IMO [4]. (Anm. des Fachredakteurs: Bei der Himmel aber länger. In Richtung des [2] Astrometrie Service: www. gegebenen Meteorstromgeschwindigkeit Antiradianten, in unserem Beispiel also astrometry.net (Stand: Juli 2017) und Radiantenhöhe macht die Zenitat­ von 90 bis 150 Grad Abstand vom Radi­ [3] Online Radiantenberechnung: www. traktion jedoch weniger als 1° aus.) anten, nimmt die Winkelgeschwindigkeit convertalot.com/metior_shower_ wieder ab und die Nachweisrate sollte radiant_calculator.html (Stand: Juli Meteorzahl wieder steigen. Die Radiantenhöhe war 2017) Die Anzahl der Meteore ist nicht so ein­ bei den beiden Aufnahmen von Radiant [4] G. V. Andreev, 1983: „Correction of fach zu vergleichen, da unterschiedliche und Antiradiant etwa gleich, dadurch meteor radiants for zenith attrac- Blenden, Empfindlichkeiten und Gesamt­ sollte also kein Unterschied der Zählrate tion“, Solar System Research 17 belichtungen benutzt wurden. Auffäl­ erzeugt werden. [5] S. Molau et al., 2012: „Results of lig ist aber, dass in Südwest-Richtung the IMO Video Meteor Network - (Antiradiant) nur 7 helle Meteore in 2,5 Was man noch tun könnte August 2012“, WGN, Journal of the h erschienen (13.8.) im Vergleich zu 28 Um die Effekte von Radiantenverschie­ IMO, 40:6 Exemplaren in 1,3 h am 12.8. Das liegt bung und auch evtl. Unterschiede in wohl hauptsächlich an der stark abklin­ Zählraten zu messen, sollte man besser genden Aktivität (vgl. IMO-Journal [5]). mit einer All-Sky-Kamera den ganzen Aus der Skizze geht aber auch hervor, Himmel aufnehmen oder mit gleichen dass man in Radiantenrichtung eine et­ Kameras synchron in mehrere Himmels­

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Marsbeobachtungen 2016 von Bernd Gährken

Am 6.4.2016 entstand das erste Marsfoto der Saison. Über den Elysium-Vulkanen waren Wolken zu sehen (Abb. 1).

Am 21. und 22.04.2016 war das Seeing in München ungewöhnlich gut, so dass Auf­ nahmen entstanden sind, die für den niedrigen Horizontabstand 2016 unerwartet gut sind. Auf dem Roten Planeten sind am 21.04. viele Wolken zu sehen. Bei Olympus 1

Mars am 06.04.2016, 02:33 UT, Winkel- durchmesser 12,5’’, Instrument: 800-mm- Spiegelteleskop (f/10) der Volkssternwarte München, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPA Col, Verwendungsrate 6 % von 3679 Einzelbildern. Elysium-Vulkane oben rechts am Terminator (Norden oben)

2 Mars am 21.04.2016 um 01:22 UT (links) und am 22.04.2016 um 01:41 UT (Mitte), rechts Mons stauen sie sich am Hang, während ein simuliertes Bild mit Mars Previewer II [1], der Gipfel über die Wolken hinausragt Winkeldurchmesser 14,6’’, Instrument: 10-Zoll- (Abb. 2). Bei 14 Bogensekunden Durch­ Refraktor (f/16) der Volkssternwarte München, messer waren schon einige Strukturen Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPA Col, zu erkennen. Die drei Tharsis-Vulkane Olympus Mons links oberhalb der Bildmitte. sind nicht eindeutig zu identifizieren. (Norden oben) Der Vergleich mit einer Simulation aus HNS [2] zeigt jedoch links unterhalb von Olympus Mons eine weitläufige Struk­ tur die auf den Raumsondenaufnahmen nachvollziehbar ist, während sie im Mars Previewer II nicht angezeigt wird. Bei Ar­ cadia handelt es sich um eine Erhebung vulkanischen Ursprungs die nicht zu den drei Tharsis-Vulkanen zählt. Die Nord­ polkappe ist weitgehend abgeschmolzen. Zahlreiche weitere Strukturen sind in der Abbildung 3 markiert.

3 Mars am 22.04.2016 um 01:41 UT, Winkeldurchmesser 14,6’’. Oben links und Mitte ein simuliertes Bild mit HNS [2], unten rechts mit Mars Previewer II [1], Instrument: 10-Zoll-Refraktor (f/16) der Volkssternwarte München, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPA Col. (Norden oben)

VdS-Journal Nr. 65 96 Planeten

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Mars am 28.04.2016, Mars am 08.05.2016, 22:35 UT, 02:44 UT, Winkeldurch- Winkeldurchmesser 17,1’’, Instru- messer 15,7’’, Instrument: ment: 10-Zoll-Refraktor (f/16) der 10-Zoll-Refraktor (f/16) Volkssternwarte München, 1,6x- der Volkssternwarte Barlowlinse, Kamera: ToupTek GC- München. (Norden oben) MOS 01200 KPA Col, 30 frames/s. (Norden oben)

Ende April und Anfang Mai war der Mars schon recht groß ... und doch war er schwer zu fotografieren. Nur in zwei Nächten waren Aufnahmen möglich, und da war das Seeing schlecht (Abb. 4 und 5).

Im Juni 2016 war das Marsscheibchen noch 18 Bogensekunden groß. Dank des ADC von ZWO konnte nun auch die atmosphärische Dispersion etwas kom­ pensiert werden. Das Seeing war bei 15 Grad Horizontabstand nie gut, doch zum Glück rotiert der Planet so langsam, dass mehrere Minuten lang belichtet werden kann. Mit kleiner Sortierrate war auch bei mäßigem Seeing noch etwas zu retten (Abb. 6). Auf dem Bild vom 09.06. sind sogar zwei Marskrater zu sehen: Schia­ parelli im Sinus Meridiani und Huygens in der Großen Syrte (Abb. 7).

Zwei Wochen später, am 24.06., konnte eine weitere Marsansicht gefilmt werden (Abb. 8).

6 Mars am 07.06. und 09.06.2016, Simulationsbild unten mit Mars Previewer II [1]. Details s. Angaben im Bild. (Süden oben)

8 Unten: Mars am 24.06.2016 um 20:45 UT, Winkeldurchmesser 17,2’’, Instrument: C11 mit ADC und 1,6x- Barlow, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPB, Simulationsbild rechts mit Mars Previewer II [1]. (Norden oben)

7 Mars am 09.06.2016 um 21:58 UT, Simula- tionsbild rechts mit Mars Previewer II [1]. (Norden oben)

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Mars am 04.07.2016, 21:30 UT, Winkeldurch- messer 15,9’’, Instrument: 10-Zoll-Refraktor (f/16) der Volkssternwarte München, 1,6x- Barlow, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPB, Verwendungsrate 3 % aus 7.000 Einzelbildern. Simulationsbild oben mit Mars Previewer II [1]. (Süden oben)

Im Juli war der Mars nur noch 15 Bogensekunden groß. Dennoch gelangen ein paar Fotos, die reichlich Strukturen zeigten. Am 04.07. lag wieder Olympus Mons im Kameragesichtsfeld. Leider waren dies­ mal keine Wolken zu erkennen (Abb. 9). Am 09.07. entstand das letzte Marsbild dieser Sichtbarkeits­periode (Abb. 10).

Aus den Bildern vom 22.04., 08.05., 07.06., 09.06., 24.06., 04.07. und 09.07.2016 wurde mit dem Programm Winjupos [3] eine Marskarte berechnet. Die Karte ist qualitativ weit unter den Möglichkeiten, die es in südlichen Ländern gegeben hätte, doch für Deutschland kann man mit dem Ergebnis zufrieden sein (Abb. 11).

10 Mars am 09.07.2016 um 20:34 UT. Simulationsbild Mitte und rechts mit Mars Previewer II [1], Details s. Angaben im Bild. (Süden oben)

11 Marskarte für den Beobachtungszeitraum 22.04. bis 09.07.2016, erstellt mit Winjupos [3]. (Norden oben)

Weblinks: [1] Mars Previewer II: http://www.skyandtelescope.com/astronomy-resources/freeware-from-sky-telescope/ [2] Hello Northern Sky (HNS): Planetariums-Freeware, http://www.hnsky.org/software.htm [3] Winjupos: http://www.grischa-hahn.homepage.t-online.de/winjupos_download.htm

VdS-Journal Nr. 65 98 Planeten

Beobachtungstipps zur Marsopposition 2018 von Silvia Kowollik

Die Marsopposition 2018 ist eine der we­ nigen Sichtbarkeitsperioden, bei denen sich der Planet Mars zur Opposition we­ niger als 60 Millionen km von der Erde entfernt aufhält. Zur Opposition am 27. Juli 2018 wird er die beachtliche Größe von 24,25 Bogensekunden erreichen und viele Oberflächendetails zeigen. Eine sol­ che Gelegenheit ergibt sich nur alle 15,8 Jahre. Leider steht Mars während der ge­ samten Sichtbarkeitsperiode sehr tief am Horizont, wodurch sich die atmosphäri­ sche Dispersion stark bemerkbar macht und auch noch bodennahes Seeing eine große Rolle spielt.

Für Marsbeobachtungen ist daher der Einsatz von Keilprismen oder einem ADC (Atmospheric Dispersion Corrector) eine gute Idee. Mars wird in den Tagen um 1 Diese Zusammenstellung der besten Bilder der Marsopposition 2003, aufgenommen seine Opposition herum rund -2,8 mag mit ToUcam-Planetenkamera und 7-Zoll-Starfire-Refraktor, zeigt das Abschmelzen der hell leuchten, also rund eine halbe Grö­ Südpoleiskappe zwischen Juni und Oktober 2003 und die Größenveränderung vor, ßenklasse heller als Jupiter sein. während und nach der Opposition. Süden oben. (Bildautorin: Silvia Kowollik)

Beobachtet man Mars kontinuierlich über mehrere Monate hinweg, so kann sehr empfindlich auf bodennahes Seeing Zwischen dem 16. und 17. März 2018 man: und zeigen meist ein deutlich unruhige­ durchwandert Mars die Ekliptik und – Größenänderungen, res Bild als 5 oder 6 Zoll Öffnung. Gegen steht dann südlich von ihr im Sternbild – Phasenänderungen, das bodennahe Seeing hilft eine S/W- Schütze. In den Folgetagen läuft Mars – Abschmelzen der Südpoleiskappe, Kamera und der Einsatz von Rotfiltern, zwischen M 8 und M 20 hindurch. Am – Polhaubenveränderungen, einem Planet-Pro-642- oder gar einem 19. März 2018 hat er den geringsten Ab­ – orografische Wolken an Vulkankom- Infrarot-Durchlassfilter, enorm. stand zu diesen beiden hellen Nebeln. Da plexen, – Morgendunst, – und eventuell sogar Staubstürme verfolgen.

Mars rotiert rund 37 Minuten langsamer als die Erde, um die gesamte Marsober­ fläche zu sehen, muss man etwa einen Monat lang Mars beobachten. Im Zeit­ raum der Oppositionsschleife erscheint Mars am größten und wer kann, sollte den Jahresurlaub so legen, dass er von südlicheren Gegenden seine Marsbe­ obachtungen durchführen kann. Dafür bietet sich die Mittelmeerküste an, Inseln im Mittelmeer oder ein Urlaub auf den Kanarischen Inseln. 2 65 Einzelaufnahmen während der Marssichtbarkeitsperiode 2003 von zahlreichen Fotografisch sind diesmal Besitzer von Mitgliedern der FG Planeten wurden bezüglich der Größe der Südpoleiskappe kleinen bis mittleren Optiken deutlich im vermessen und ergaben diese Grafik, die den zeitlichen Verlauf des Abschmelzens Vorteil, denn 8 Zoll und mehr reagieren dokumentiert. (Bildautorin: Silvia Kowollik)

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3 Innerhalb eines Tages hat sich ein Staubsturm (das herzförmige, helle Gebiet rechts auf der Planetenseite) über ein größeres Gebiet auf Mars ausgebreitet. Die Südpoleiskappe (oben) ist bis auf einen winzigen Rest abgeschmolzen, über der Nordpolregion bilden sich kräftige, blaue Wolken. Aufnahmedetails im Bild. Süden oben. (Bildautorin: Silvia Kowollik)

dann Neumond ist, stört unser Trabant Bei klarem Himmel lohnen sich ein, zwei zu erkennen sein. Gegen 4:15 Uhr rotiert die Beobachtungen in keinster Weise. Tage Urlaub (Freitag und Montag) für Solis Lacus zur unbeleuchteten Planeten­ Entweder mit einem Fernglas oder aber eine spontane Exkursion in südlichere seite, die Tharsisregion bewegt sich zum einem Widefield-Refraktor mit kurzer Gefilde (z. B. Alpensüdseite), um ein paar Zentralmeridian. Brennweite ist das ein schöner Anblick Grad mehr an Beobachtungshöhe zu be­ und auch ein tolles Fotomotiv. Es muss kommen. Am 1. Mai 2018 ist das Marsscheib­ lediglich das Wetter mitspielen. chen auf 11 Bogensekunden scheinbaren Am 2. April 2018 steht Mars dann zwi­ Durchmesser angewachsen, und Mars Unglücklicherweise steht Mars bis zur schen Saturn und M 22. Vermutlich wird zeigt uns gegen 4:30 Uhr MESZ Mare nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad der fast volle Mond das Erkennen von Cimmerium und Elysium. Am 14. Mai unter dem Horizont) um 5:15 Uhr nun M 22 aber erschweren. Inzwischen hat 2018 passiert Mars in ca. 18 Bogenminu­ jedoch mit nur noch 15 Grad über dem sich die Entfernung von Mars und Erde ten Abstand den Kugelsternhaufen M 75, Horizont sehr tief, und man benötigt ei­ von anfangs 255 Millionen km auf 122 dabei zeigt er uns gegen 4 Uhr MESZ die nen freien Südhorizont, um das Schau­ Millionen km verringert, das Marsscheib­ Regionen Mare Acidalium, Niliacus Aci­ spiel genießen zu können, ehe die beiden chen ist auf 8,5 Bogensekunden ange­ dalius, Chryse, Xanthe, Mare Erythrae­ Nebel in der Dämmerung im Hintergrund wachsen und nun sollten trotz tiefem um, Argyre, Solis Lacus und die Vulkane verschwinden ... Stand auch schon erste Albedostrukturen der Tharsisregion.

VdS-Journal Nr. 65 100 Planeten

Wenige Tage danach setzt Mars zur Glück in Form ruhiger Luft kann man dem Kernschatten der Erde befreit, steht Oppo­sitionsschleife an und sinkt dabei diese bläulichen Wolken über der Nord­ Mars hoch genug und lädt nun zu aus­ immer weiter gen Horizont, was leider hemisphäre im Fernrohr zwischen Mitte giebiger Beobachtung ein. Das Licht des seine Beobachtung weiter erschwert. Juli und Ende Oktober 2018 beobachten. immer heller strahlenden Mondes kann Ab dem 28. Juni 2018 läuft Mars dann dabei störend wirken, der Winkelabstand Wer die Oppositionsschleife im Sternbild rückwärts über den Himmel. Einen Mo­ zwischen unserem Trabanten und Mars Steinbock fotografisch festhalten möch­ nat vor der Opposition ist das Mars­ beträgt nur etwa 6 Grad. Eine verlänger­ te, sollte mit einem 35- oder 50-mm- scheibchen auf rund 20 Bogensekunden te, innen mit schwarzem Velour beklebte Foto­objektiv an einer DSLR ab dem scheinbaren Durchmesser angewachsen. Taukappe kann das Streulicht und Refle­ 1. Mai 2018 beginnen und möglichst Mars kulminiert dann gegen 4 Uhr. Am xe vom Mond verringern. durchgehend bis Ende Oktober 2018 alle besten lässt sich Mars in der Zeit 1-2 3 Tage ein Bild machen. Stunden vor seiner Kulmination beob­ Da die Umlaufbahn von Mars exzentri­ achten. Später in der Dämmerung steht scher als die der Erde ist, hat Mars erst Die Rotationsachse von Mars ist um er zwar noch etwas höher, aber da wird am 31. Juli 2018 den geringsten Abstand 25,19 Grad gegen seine Umlaufbahn ge­ in der zunehmenden Dämmerung das zur Erde. Er ist dann nur 57.600.000 km neigt. Mars hat also wie die Erde ausge­ Seeing meist schlechter. von unserem Heimatplaneten entfernt. prägte Jahreszeiten. Da er jedoch rund 2 Jahre für den Umlauf um die Sonne Erst zur Opposition am 27. Juli 2018 er­ Zwischen dem 11. und 20. August 2018 benötigt, sind die Jahreszeiten doppelt reicht Mars genügend Abstand zur Son­ durchläuft Mars den tiefsten Punkt sei­ so lang wie auf der Erde. Der Frühling ne, um während seiner Kulminationszeit ner Oppositionsschleife, ab dem 28. beginnt für die Südhalbkugel des Mars in bestmöglicher Höhe beobachtet zu August 2018 bewegt sich Mars wieder am 22. Mai 2018. Dieses Jahr sehen wir werden. Den 27. Juli 2018 sollte man vorwärts, sein Durchmesser ist nun auf auf seinen Südpol und können beobach­ sich als Beobachter jetzt schon in den 21,5 Bogensekunden geschrumpft. Am 5. ten, wie die Polkappe abschmilzt. Der Terminkalender schreiben. Neben der Oktober 2018 beendet Mars die Opposi­ Nordpol liegt für uns unsichtbar hinter Marsopposition ereignet sich an diesem tionsschleife und hat dabei noch 15 Bo­ dem Marshorizont. Je weiter das Eis am Abend eine totale Mondfinsternis. Der gensekunden scheinbaren Durchmesser. Südpol abschmilzt, umso stärker entwi­ Mond geht gegen 21 Uhr MESZ im Osten Zur Kulmination gegen 21 Uhr steht er ckelt sich jedoch über dem Nordpol die teilverfinstert auf, während die Sonne dabei 19 Grad über dem Horizont. Dann Polhaube – ausgedehnte Wolken aus im Westen untergeht. Wenn der Mond zeigt das Marsscheibchen wieder eine Wasser- und Kohlendioxideis. Mit etwas sich kurz nach Mitternacht wieder aus deutliche Phase.

4 Mars-Oppositionsschleife im Sommer 2018, erstellt mit GUIDE 9.0.

VdS-Journal Nr. 65 Impressionen 101

Polarlicht

Am 4. September 2017 konnte Jan Kertzscher dieses prächtige Polarlicht von Island aus fotografieren. Im Hintergrund die Sternbilder Fuhrmann und Perseus.

Mond und Venus über Stuttgart

18. Oktober 2017: Mond und Venus schmückten den Morgenhimmel über Stuttgart. Aufnahme von Sven Melchert mit Canon 6D, f = 85 mm, Blende 2,8, ISO 400, 2,5 s.

VdS-Journal Nr. 65 102 Sonne

Ein frühes Ereignis des Sonnenzyklus 25 – gezeichnet, nicht geknipst von Alex Geiss

Wohl jeder von uns hat so etwas die bereits gehört: „Ich habe auch ein Chro­ Teleskop.“ Ein solcher Satz macht mo­ neugierig: Ob es auch verwendet sphäre wird? Oft steht es nur trocken und reicht vor Staub geschützt irgendwo he­ [1]. rum. Selbst H-Alpha-Teleskope Hier sind betroffen. Das liegt natürlich konn­ auch an unserer Zeit, die voll­ te ich gepackt ist mit Aktivitäten und schon wichtigen Dingen, die erledigt mehr­ werden müssen. Und wenn am fach Ende des Tages dann vielleicht Ge­ noch Zeit übrig ist, müssen auch noch weitere Randbedingungen stimmen, damit man sich ans Te­ leskop stellt.

Nun hatte ich bereits vor Jahren den Wunsch, die Sonne mehr als nur „hübsch anders“ zu sehen und wollte auch Veränderungen dokumentieren. Im August 2010, als die Sonnenaktivität von Zyk­ lus 24 bereits anstieg und ich zum ersten Mal durch mein Personal Solar Telescope (PST) blickte, war der Rand gesäumt von kleinen Flämmchen (Spikulen), dicht an 1 Die für Erstellung der Rohlinge und Zeichnungen verwendeten Gegenstände dicht. Sie waren mal mehr, mal weniger zu sehen und schließlich tauchten sie nicht mehr auf. Da­ schwindigkeiten deutlich über onen eingingen. Ich konnte die mals war mir noch nicht bewusst, 200.000 km/h ermitteln. Sonne beinahe den kompletten dass das etwas Außergewöhnli­ Zyklus 24 im H-Alpha beobach­ ches war und in den Jahren da­ Es kann schon mal passieren, ten, seit 2011 dokumentieren und nach nicht mehr zu sehen sein dass ich an einem trüben Tag auf­ beim Maximum in den Jahren würde. An Zeichnen hatte ich schrecke, weil ich plötzlich merke: 2013 und 2014 war es bisweilen nicht gedacht und die Fotografie „Sonne! H-Alpha!“ und sich doch schon schwierig, beim Zählen ist mir heute noch zu aufwändig. unverhofft die Möglichkeit der H- den Überblick zu behalten. Alpha-Dokumentation ergibt. Die Doch die H-Alpha-Beobachtung nehme ich dann auch wahr, denn Die H-Alpha-Relativzahl gibt es ist so spannend, weil sich der An­ Heinz Hilbrecht schreibt in [2], bereits seit 2008, und ein deut­ blick der Sonne innerhalb kürzes­ dass ein zuverlässiges Erkennen licher Unterschied zu den Weiß­ ter Zeit ändern kann. Flares und von Details erst mit fortlaufen­ lichtrelativzahlen konnte in [3] schlagartig aufschießende Son­ der Beobachtungspraxis erreicht gezeigt werden: Im Zyklus 24 neneruptionen können entstehen wird, wenn man geübt ist, das gibt es nur ein H-Alpha-Maxi­ und der eine oder andere Ama­ Sehen „gelernt“ hat und auch mit mum, und zwar im Jahr 2013, teurastronom hat schon beobach­ den äußeren und inneren Schwie­ die beiden WL-Maxima konnten tet, wie sich am Sonnenrand eine rigkeiten wie „Ärger über die Be­ Ende 2011 und 2014 beobachtet „kleine Ausbeulung“ zeigt, aus dingungen“ umzugehen weiß. werden. Und doch gibt es mehr der innerhalb von Minuten eine Nebenbei würde sich die Fach­ Gemeinsamkeiten: Wenn die Re­ stabartige Struktur erwächst, die gruppe sicher wünschen, wenn lativzahlen von H-Alpha und Zehntausende von Kilometern über noch etwas mehr Dokumentati­ Weißlicht grafisch gegenüberge­

VdS-Journal Nr. 65 Sonne 103

können in einem Aktivitätsgebiet Tage vor den Sonnenflecken auftauchen. Das bedingt aber auch, dass, falls die Bedin­ gungen zur Entwicklung von Sonnenfle­ cken nicht ausreichend sind, eben keine Sonnenflecken entstehen. Nun ist aus den Schmetterlingsdiagrammen bekannt, dass das Ende eines Sonnenaktivitäts­ zyklus dadurch gekennzeichnet ist, dass Flecken vornehmlich in äquatornahen Bereich auf der Sonne vorkommen und zu Beginn eines neuen Zyklus wiederum die ersten Flecken in höheren Breiten von 20 bis 45° entstehen.

Also muss das bedeuten, dass in einem H-Alpha-Teleskop erste Vorboten eines neuen Zyklus erkennbar sein sollten. Nur wie soll rein visuell eine Abschät­ zung der heliografischen Breite erfolgen? Natürlich mit der Durchlaufmethode: Bei abgeschalteter Nachführung wird ein Ob­ jekt aufgrund der Erddrehung immer in Richtung Westen aus dem Bildfeld lau­ fen. Zeichnet man also die Sonne, wird die Richtung, in die sie sich bewegt, mit „W“ gekennzeichnet. Rechtwinklig dazu befindet sich „N“, was durch Schwenken nach oben, jedoch rechtwinklig zu „W“, im Teleskop erkennbar ist und entspre­ 2 H-Alpha-Zeichnung des Autors vom 28.08.2017. Die Pfeile markieren das kleine chend in die Zeichnung übertragen wird. Aktivitätsgebiet des neuen Zyklus 25. Mit diesen Richtungsangaben in der Zeichnung sowie einer monatlichen Dar­ stellt werden, fällt auf, dass Änderun­ zwar in der Nähe von Sonnenflecken stellung der Lage der Sonnenpole, wie gen in den Steigungen meist gleichzeitig chromosphärische Fackeln, also hei­ man sie beispielsweise in [5] findet, lässt erfolgen, in einem Rhythmus von etwa ße Aktivitätszonen – „Plages“ genannt sich die Äquatorlage abschätzen und in sieben bis zehn Monaten. Was aber nicht (frz., sprich „plaasch“) - auftreten, aber die Zeichnung eintragen. Das ist zugege­ heißt, dass beide Relativzahlen gleichzei­ andersherum beim Auftreten von Plages benermaßen nur eine Abschätzung und tig zu- oder abnehmen müssen. nicht zwangsläufig Sonnenflecken in der für die Ermittlung heliografischer Koor­ Der Unterschied mag darin liegen, dass Nähe sichtbar sein müssen [4]. Plages dinaten wird die Genauigkeit nur gering

Anzeige 104 Sonne

sein. Trotzdem sollte eine Abschätzung, Sonne aus dem Gesichtsfeld herausläuft, Kanzelhöhe die heliografische Breite ob ein Plage äquatornah oder -fern ist, womit ich Westen und Norden markieren dieses Aktivitätsgebiet sogar zu 42° N möglich sein. kann. Damit kann ich nun die Sonne so bestimmen und es daher ebenfalls als platzieren, dass sie länger im Gesichtsfeld Aktivität des neuen Zyklus 25 zuord­ Und so hatte ich neben der Erfassung verbleibt. Mein PST ist im Kontrast über­ nen, wobei noch die Bestätigung mittels der H-Alpha-Relativzahl bei jeder Doku­ all einigermaßen gleichmäßig, so dass eines Magnetogramms aussteht. Objek­ mentation eine weitere Aufgabe: Würde innerhalb von durchschnittlich 15 Minu­ te des neuen Zyklus haben bekanntlich sich ein Plage fernab des Sonnenäqua­ ten alle Protuberanzen, Plages, Filamente eine umgekehrte Polarität (verglichen tors zeigen? Tatsächlich fanden sie sich und ggfs. Flecken möglichst exakt zuein­ mit Fleckengruppen des alten Zyklus nur in Nähe des Äquators. Doch das war ander positioniert sind. Die Dauer hängt auf derselben Hemisphäre), was zu ei­ keineswegs enttäuschend, sondern be­ natürlich von der aktuellen Aktivität ab. ner Meldung passt, die Heinz Hilbrecht stätigte meinen Entschluss, nun insbe­ Die Zeichnung wird mit Name, Wohnort, im Forum kommunizierte: Der belgische sondere auf detailarme höhere Breiten Datum, Zeitraum mit Zonenangabe und Beobachter F. Clette hatte am 20.12.2016 Augenmerk zu haben. Die Größen der H- den Angaben zu Objekt, Spektrum und einen Sonnenfleck bei 23° S gezeichnet, Alpha-Relativzahl waren ohnehin schon Instrument ergänzt (Abb. 2). dem tags zuvor ein Magnetfeld mit um­ niedrig. Außerdem überschneiden sich gedrehter Polarität zugeordnet werden aufeinanderfolgende Zyklen: Während Die Zeichnung und Meldung „Zyklus 25 konnte. Also: Los geht’s mit der Beob­ der neue Zyklus beginnt, klingt der vor­ kündigt sich an“ sorgte im VdS-Forum achtung des Zyklus 25! hergehende erst noch ab und im Sonnen­ für Diskussion bezüglich Orientierung fleckenminimum sind die Relativzahlen und Ungenauigkeiten der Positionsermitt­ beider Zyklen etwa gleich. Also müssten lung und erst Tage später konnte bestätigt Literaturhinweise und Quellenangaben: sich bereits helle Stellen in hohen Breiten werden, dass sich durch Drehen meiner [1] R. Kaltenböck, 2017: „Meine erste zeigen, während noch äquatornahe Fle­ Zeichnung die gleiche Orientierung wie Fotoreihe einer aufsteigenden Protu- ckengruppen zu sehen sind. die der im Internet befindlichen Fotogra­ beranz“, VdS-Journal für Astrono- fien ergibt. In der Zwischenzeit hatte ich mie 63, S. 86 Und dann war es endlich soweit: Am das erdumspannende GONG/NSO-Net­ [2] H. Hilbrecht, 2016: „Erfolgreich 20.08.2017 zeigte sich auf geschätzten work angeschrieben, welches ebenfalls beobachten, mit etwas Psychologie“, 30° S (südlicher heliografischer Breite) eine Dokumentation dieses Plages hatte. SONNE 138, S. 7 f ein kleines helles Aktivitätsgebiet mit Ein Mitarbeiter des Big Bear Solar Obser­ [3] M. Hörenz, 2009: „Die H-Alpha- Plage und Filament, doch wegen einer vatory, John Varsik, antwortete mir, dass Relativzahl 2008-2015“, VdS-Jour- zu kurzen Wolkenlücke blieb mir für eine solche „ephemeral regions“ seit vielen nal für Astronomie 60, S. 83 f Zeichnung keine Zeit. Als sich dann am Jahren bekannt sind und Teil eines „aus­ [4] J. Banisch, 2009: „Die Sonne“, 28.08.2017 bei guten Wetterbedingungen gedehnten Sonnen­zyklus“ wären: Oculum-Verlag, S. 95 um 11:24 Uhr MESZ auf 30° N Ähnli­ [5] H. Roth, 2016: „Der Sternenhimmel ches zeigte, konnte ich endlich mit einer ‘The concept of “extended” solar cycles – 2017“, Jahrbuch, Kosmos-Verlag, Zeichnung starten. Ich verwendete wie­ solar cycles that extend further back in S. 239 der einen meiner selbst vorgefertigten time and to higher latitudes than indica- [6] D. H. Hathaway, 2015: “The Solar Rohlinge, die ich für Sonnenzeichnungen ted by the sunspot zones – started with Cycle”, Living Rev. Solar Phys., 12, vorrätig habe: Mit einem einseitig scharf observations of ephemeral regions (Mar- S. 53 abgedrehten Edelstahlrohr schneide ich tin and Harvey, 1979) Comic ein Loch von 68 mm Durchmesser aus but gained support with schwarzem Tonpapier und beklebe eine observations of the tor- Seite mit orangefarbenem Papier - fer­ sional oscillations tig ist der Rohling. Für die Vergrößerung, (SNODGRASS, 1987) die ich standardmäßig verwende, ist das [...] SNODGRASS in angenehmem Abstand die scheinbare (1987) noted that the- Größe der Sonnenscheibe (Abb. 1). se features can be seen starting at even higher Ich beginne in meinem 15-mm-Plössl- latitudes well before the Okular (ziemlich genau 1° Gesichtsfeld) emergence of the first mit der Positionierung der Sonne am sunspots of a cycle.’ [6] rechten Rand, schwenke in der Horizon­ talen meines Fotostativs nach links und Andreas Zunker, Fach­ fixiere in der Mitte. Die vertikalen Ränder gruppenreferent der des Rohlings müssen nun beim Zeich­ Fachgruppe Sonne, nen parallel zur Teleskopachse bleiben. konnte durch Identifi­ Während ich die ersten Protuberanzen zierung des Plages auf z. B. bei „fünf Uhr“ mit Orange-Buntstift einem Foto des Son­ einzeichne, zeigt sich, wo der Rand der nenobservatoriums

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Echelle 2017 – ein Tagungsbericht von Ulrich Waldschläger

Der Begriff Echelle-Spektroskopie steht für eine instrumentelle Methode, die es erlaubt, mit einer einzigen Messung ein hochaufgelöstes Spektrum über einen re­ lativ großen Spektralbereich zu bekom­ men. Bei einfachen Gitterspektrografen muss man sich dagegen häufig für einen Kompromiss zwischen der Größe und Lage des Spektralbereiches sowie der spektroskopischen Auflösung entschei­ den. Kein Wunder also, dass Echelle- Spektrografen in der professionellen Astrospektroskopie seit vielen Jahren die Standards für die analytische Perfor­ mance definieren.

Obwohl die Echelle-Spektroskopie tech­ nologisch anspruchsvoll und relativ auf­ wändig ist, hat sie in den letzten Jahren doch schrittweisen Einzug in die Ama­ teur-Astronomie gehalten. Möglich wur­ de dies durch kommerziell verfügbare 1 Teilnehmer des Echelle-Workshops 2017 (v.l.n.r.): Lothar Schanne, Siegfried Hold, Echelle-Spektrografen für die Amateur- Ulrich Waldschläger, Jörg Weingrill, Daniel Sablowski, Christian Franik, Klaus Astrospektroskopie und durch den Kom­ Vollmann, Werner-Klaus Prietzel, Jochem Berlemann fotografiert petenztransfer für den Selbstbau solcher Systeme innerhalb der Amateur-Com­ munity. Beides führte und führt zu einer und einer „Exkursion“ zum großen Re­ es um den schrittweisen Aufbau und die wachsenden Zahl von Amateur-Astro­ fraktor auf dem Gelände des AIP in der Inbetriebnahme eines fasergekoppelten nomen, die sich abseits des Internets Mittagspause war eigentlich alles dabei. Echelle-Spektrografen, der auf Kompo­ auch mal direkt zu diesem vielschichti­ Nicht zu vergessen – das alles im Umfeld nenten des Laborspektrografen OPTIMA gen Thema austauschen möchten. und mit den Tagungsmöglichkeiten eines 2000 von Perkin Elmer basiert. Dabei modernen astrophysikalischen Institutes wurden insbesondere die Herausforde­ So kam es am 21.10. und 22.10.17 unter (Abb. 2). rungen bei der Justierung und dem Leis­ der organisatorischen Leitung von Da­ tungstest eines solchen Systems thema­ niel Sablowski und 8 weiteren Teilneh­ Was wurde nun aber eigentlich tisiert. Eine der wichtigsten Fragen für mern (Abb. 1) zum inzwischen zweiten präsentiert und besprochen? den Besitzer eines gekauften bzw. selbst­ Echelle-Workshop am Leibniz-Institut Die Vortragsreihe am Samstag begann gebauten Echelle-Spektrografen ist ver­ für Astrophysik Potsdam (AIP). Viele der mit einem Bericht von Ulrich Wald­ ständlicherweise: Wo stehe ich eigentlich Teilnehmer hatten für diese Veranstal­ schläger über ein Selbstbauprojekt eines mit meiner analytischen Leistungsfähig­ tung einen erheblichen Anreiseweg auf fasergekoppelten Echelle-Spektrografen keit im Vergleich zu anderen Systemen? sich genommen – Siegfried Hold kam z. B. und einer dazugehörigen Kalibrierlicht­ Ein exzellent abgebildetes Echelle-Spek­ extra aus Graz nach Potsdam. quelle. Dabei wurden das Konzept, die trum mit hoher Auflösung sagt noch technologische Lösung, die Probleme bei nichts darüber aus, welchen Prozentsatz Um es vorweg zu nehmen: Dieser Work­ deren Umsetzung, aber auch die ersten der mit dem Teleskop mühsam eingesam­ shop war ein voller Erfolg und auf sym­ Erfolge beim Einsatz des Messsystems melten Photonen eines Sterns ich dann pathische Art und Weise im Kleinformat präsentiert. Ein entsprechender Artikel tatsächlich für seine Analyse genutzt das, was man irgendwie auch von pro­ erscheint in Kürze im „Spektrum“ - dem habe. Ein wichtiger Beschluss dieses fessionellen Konferenzen gewohnt ist. Journal der Fachgruppe Spektroskopie. Workshops war darum auch, in nächster Angefangen bei einem ersten „Come Sowohl der Spektrograf als auch die Ka­ Zukunft einen Benchmark-Test zu ent­ Together“ am Freitagabend im „Gleis 6“ librierquelle standen vor Ort für eine ge­ wickeln, mit dem man z. B. durch Ver­ in Potsdam, dem ungezwungenen, aber nauere Betrachtung zur Verfügung. gleichsmessungen an einem Stern und doch strukturierten Ablauf, einer Reihe unter Berücksichtigung der jeweiligen von Vorträgen mit durchweg engagier­ Im nachfolgenden Beitrag von Klaus technischen Parameter eine Aussage zur tem fachlichem Austausch, bis hin zu Vollmann wurde ein weiteres Selbstbau­ Effizienz der Messsysteme erhält. einer kleinen „technischen Ausstellung“ projekt vorgestellt. In diesem Fall ging

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Simulationsergebnissen auf die Betrach­ tung verschiedener Designkonzepte für Spektrografen. Neben einem speziellen Echelle-Spektrografen im Littrow-De­ sign wurden auch diverse Varianten des White-Pupil-Konzeptes mit ihren Vor- und Nachteilen beschrieben. Man darf zu Recht gespannt sein, was hier in den nächsten Jahren noch an Ideen verwirk­ licht wird und uns möglicherweise zur Verfügung stehen wird. 2 Tagungsraum im Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) Der zweite Teil des Beitrages beschäftigte sich dagegen mit den Erfahrungen, die Die Vortragsreihe wurde dann mit ei­ Siegfried Hold präsentierte in seinem Er­ der Vortragende in den letzten Monaten nem Beitrag von Jochem Berlemann fahrungsbericht über den Echelle-Spek­ mit verschiedenen Hardwarelösungen fortgesetzt, der den aktuellen Entwick­ trografen FLISES auf beeindruckende gewinnen konnte. Dazu gehörten eine lungsstand für einen direkt gekoppelten Weise ein weiteres Amateurprojekt, das Temperaturstabilisierung des Spektro­ Echelle-Spektrografen vorstellte. Hier auf einem Design von Daniel Sablowski grafen, eine Kalibrierlichtquelle, eine lag der Schwerpunkt auf einer professi­ beruht. Die Präsentation vermittelte eine Scrambler-Faserkopplung und ein hoch­ onellen Design- und Materialoptimie­ Reihe von interessanten Hardware-De­ auflösender Echelle-Spektrograf mit R4- rung mit Hilfe von FEM-Simulationen tails, z. B. eine Temperaturstabilisierung Gitter. (Finite-Elemente-Methode) und unter für den Spektrografen. Darüber hinaus Verwendung von Kohlefaser-Verbund­ wurden anhand konkreter Beispiele me­ Der letzte Beitrag des ersten Tages von werkstoffen. Nicht weniger spannend thodische Fragen zum spektroskopischen Christian Franik beschäftigte sich dann waren dann die Präsentation von Bau­ Workflow besprochen. Dazu gehörten mit der Konzeptentwicklung für einen teilen, die in 3D-Druck-Technologie ge­ neben der Parameterwahl für die Spek­ Echelle-Spektrografen am Haupttele­ fertigt wurden und die Beschreibung der tren-Akkumulation auch das Knowhow skop der Sternwarte Dieterskirchen und Herausforderungen bei der Kopplung des für die Kalibrierung und Normierung von entwickelte sich dabei sehr schnell zu Systems mit dem Teleskop. Auch hier Spektren. Dieser Beitrag beeindruckte einem echten Workshop. Ausgehend von konnten die Hardware-Komponenten unter anderem durch die umfänglichen den Eigenschaften des Teleskops, den ge­ vor Ort in Augenschein genommen wer­ Messerfahrungen des Vortragenden und wünschten Leistungsparametern und den den (Abb. 3). Der geneigte Leser beachte die hohe Qualität der präsentierten Spek­ finanziellen Randbedingungen wurde in hierzu auch den nachfolgenden Beitrag tren. einer intensiven Diskussion um das beste in dieser Ausgabe des VdS-Journals für Konzept für dieses Projekt gerungen. Astronomie. Daniel Sablowski konzentrierte sich im ersten Teil seines Beitrages an Hand von Der fachliche Teil des ersten Tages ende­ te mit einer Inventur der noch offenen Fragen und Interessen aller Tagungsmit­ glieder und einer daraus resultierenden Themenplanung für den Vormittag des folgenden Tages.

So startete dann nach dem „Konferenz­ dinner“ (Steakhouse) am Vorabend und mehr oder weniger ausreichend Schlaf der Sonntag mit einer Software-Demons­ tration für die Echelle-Spektrenauswer­ tung unter MIDAS durch Siegfried Hold. Dieser Beitrag war sowohl für diejenigen wichtig, die sich gerade auf den Weg ma­ chen, Echelle-Spektren auszuwerten, als auch für jene, die das bereits tun und an der Optimierung des Prozesses interes­ siert sind.

3 Mit Software ging es dann auch im Bei­ Echelle-Spektrograf mit Gehäuse aus Kohlefaserverbundwerkstoff, im Hintergrund trag von Daniel Sablowski weiter, der ein Off-AXIS-Guider in 3D-Druck-Technologie und eine Fokussiereinrichtung den recht fortgeschrittenen Entwick­

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lungsstand einer eigenen Auswertesoft­ ten Teilenehmern ging es wie mir: Man Wie geht es weiter? Zwischen dem ers­ ware für Echelle-Spektren vorstellte. hat in sehr kurzer Zeit sehr viel gelernt, ten und zweiten Workshop vergingen konnte vom eigenen Wissen etwas wei­ tatsächlich vier Jahre. Die Teilnehmer Bis zum Ende des Workshops gegen tergeben und ist hoch motiviert in den waren sich einig, dass der nächste Work­ 13:00 Uhr wurden dann noch mögliche Alltag zurückgekehrt. Was kann man shop in zwei Jahren, vielleicht aber auch Beobachtungsobjekte bzw. Projekte für mehr von einem solchen Workshop er­ schon im nächsten Jahr stattfinden soll­ die nähere Zukunft diskutiert und Ziel­ warten? te. Der Standort am AIP in Potsdam ist stellungen für die weitere Zusammenar­ dabei kein Muss. Der gefühlte „Spektro­ beit definiert. Darum gilt als Teilnehmer mein Dank skopie-Schwerpunkt“ liegt ja eh südlich dem Organisator Daniel Sablowski für des 52. Breitengrads. Die vielen Details dieses Berichtes mögen die Arbeit, dem AIP für das Tagungs­ für Außenstehende etwas ermüdend wir­ umfeld und allen Fachkollegen für die ken. Am Ende sind sie noch immer kein Beiträge, Hinweise und interessanten vollständiges Bild dieser sehr intensiven Diskussionen. 1½ Tage am AIP in Potsdam. Den meis­ Softwaregestützter Entwurf eines Karbon-Echelle-Spektrografen von Jochem Berlemann

Spektrografen werden in der Astronomie entweder direkt an den Okularauszug des Teleskops angeschlossen oder abgesetzt über Lichtleitfasern betrieben. Abge­ setzte Spektrografen haben den Nachteil der geringeren Empfindlichkeit, da mehr optische Komponenten mit Verlusten im Lichtweg liegen als bei einem direkt gekoppelten Spektrografen. Außerdem verschlechtert sich das Signal-Rausch- Verhältnis durch das sogenannte Moden­ rauschen. Wenn wir den Spektrografen direkt an das Teleskop anschließen, muss das Gerät möglichst leicht sein, um den Okularauszug wenig zu belasten. Außer­ dem darf sich das Gehäuse des Spektro­ grafen bei Belastungsänderung (z. B. 1 Optisches Layout des Echelle-Spektrografen. 1: Kollimator, 2: Echelle-Gitter, durch einen Meridian-Flip) nur wenig 3: Cross-Disperser, 4: Kamera-Objektiv. Ein Umlenkprisma im Vordergrund ist nicht durchbiegen. Genaue Messungen der bezeichnet. Wellenlängen – z. B. bei der Messung von Radialgeschwindigkeiten – sind sonst nicht möglich. Simulation (Inventor [2], Autodesk Fusi­ Abb. 2 und 3) von ca. 90 μm. Die Abbil­ on 360 [3], Hyperworks [4] und andere). dung 2 zeigt diesen ersten Entwurf. Für In diesem Beitrag wird ein direktgekop­ Wir haben unser Spektrografen-Gehäuse genaue Messungen sollte die Durchbie­ pelter Echelle-Spektrograf beschrieben, mit Inventor von Autodesk simuliert. Die gung jedoch kleiner als die Abmessung der durch moderne Entwurfsverfahren Grundlage unserer Konstruktion ist die eines Pixels der angeschlossenen Kamera und Technologien besonders leicht und optische Anordnung gemäß Abb. 1, [5]. sein – also < 5 μm. biegesteif ist. Wir haben für diese Anordnung zuerst Um auf der sicheren Seite zu liegen, ha­ Der Entwurf des Gehäuses ein einfaches Gehäuse konstruiert, das ben wir uns als Ziel der folgenden Opti­ Die FEM (Finite-Elemente-Methode [1]) über eine übliche 2-Zoll-Nase mit dem mierung eine Durchbiegung von ca. 1 μm ist heute ein gebräuchliches Tool zur Si­ Okularauszug verbunden ist. Mit Alu­ gesetzt. mulation von Materialspannungen, Tem­ minium als Material und mit einer Ka­ peraturverteilungen und Durchbiegun­ meralast von 30 N (ca. 3 kg) ergab die Das Gehäuse-Material gen. Viele 3D-Konstruktionsprogramme Simulation eine Durchbiegung des Ge­ Hierzu haben wir zunächst nach einem bieten heute die Möglichkeit der FEM- häuses am Ort der Kamera (gelber Pfeil in Material gesucht, das eine geringe Dichte

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Tabelle 1: Materialkonstanten von 5 Materialien im Vergleich

Material ρ/g/cm³ E/GPa 4,5 103 Stainless steel 8 193 Aluminium 2,7 70 CFRP 1,43 133 ABS 1 2,2

CFRP (Carbon Fiber Reinforced Plastics) ist ein mehrschichtig verleimtes Karbon-Material [6].

ρ [g/cm³] sowie einen großen E-Modul 2 Simulation des ersten Entwurfs des Gehäuses mit einer 2-Zoll-Nase als Anschluss E [GPa] (hohe Steifigkeit) besitzt. Kar­ an das Teleskop. Mit z-deflection ist die Durchbiegung des Gehäuses in negativer bonfaser-Platten erfüllen diese Anfor­ z-Richtung (Kraftrichtung) bezeichnet. derungen und haben für unseren Zweck deutlich bessere Eigenschaften als z. B. Aluminium, Titan oder rostfreier Stahl [6]. Positiv ist auch der geringe Wärme­ ausdehnungs-Koeffizient (Faktor 40 ge­ ringer als bei Aluminium).

Die Tabelle 1 zeigt die Eigenschaften von 5 Materialien im Vergleich. ABS ist ein Material für den 3D-Druck, der unten er­ klärt wird.

Die Formsteifigkeit Eine weitere Möglichkeit, die Durchbie­ gung eines Gehäuses zu minimieren, ist die Optimierung der Geometrie. Eine ge­ ringe Durchbiegungen eines Bauteils bei Belastung erreichen wir (neben einem großen E-Modul als Materialeigenschaft) durch ein großes Flächenträgheitsmo­ ment [8]. Mit großen Querschnitten (die 3 Simulation des optimierten Karbon-Gehäuses [7] aber das Gewicht erhöhen) und geeigne­ ten Kraftrichtungen erreichen wir gerin­ ge Durchbiegungen. Die technischen und tung wurde in das Gehäuse integriert deshalb immer mit Feinstaubmaske und mathematischen Grundlagen zu diesem und erhöht die Steifigkeit. Bei einer an­ Staubsauger arbeiten! Thema finden wir in [7]. genommenen Kameralast von 30 N (3 kg Masse) haben wir so eine Durchbiegung Wir hatten die Gelegenheit, die Platten Wir haben zur Optimierung des Gehäuses von 0,5 μm am Ort der Kamera erreicht. mit einer Wasser-Schneidemaschine bei in verschiedenen Geometrien Wandstär­ Die Masse des Gehäuses beträgt in dieser 3.000 bar zu schneiden. Firmen bieten ken verändert und Verstärkungs-Streifen Ausführung 1,7 kg. In [7] finden wir wei­ diese Dienstleistung an. Die Platten wur­ angebracht und bei jeder Version die tere Gehäuse-Varianten mit geringerem den dann vorwiegend verklebt. Durchbiegung simuliert. Eine Gehäuse- Gewicht, aber größerer Durchbiegung. Version, die unseren Forderungen ent­ Zubehörteile aus dem 3D-Drucker spricht und sich auch mit einfachen Die Fertigung des Gehäuses Wer sich als Amateur-Astronom seine Mitteln fertigen lässt, sehen wir in der Karbon ist leider ein schwierig zu ver­ mechanischen Komponenten selber baut, Abbildung 3. arbeitender Werkstoff. Prinzipiell kann benötigte früher eine gut ausgestattete man Karbon-Platten mit normalen Werk­ mechanische Werkstatt: Ständerbohr­ Die Ankopplung des Spektrografen- zeugen wie Stichsägen und Bohrmaschi­ maschine, Fräse, Drehbank gehörten zur Gehäuses an den Okularauszug erfolgt nen bearbeiten. Die Werkzeuge werden Grundausstattung. Ein umfangreiches großflächig über eine M68-Schraubver­ jedoch schnell stumpf und es entsteht ein Materiallager mit verschiedenen Alupro­ bindung. Die Einheit zur Spaltbeobach­ gesundheitsschädlicher Staub. Man sollte filen war notwendig, um die benötigten

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Komponenten zu fertigen. Der 3D-Druck bietet heute die Möglichkeiten, mit we­ niger Material- und Zeitaufwand Kom­ ponenten herzustellen. Benötigten wir früher ein Bauteil, erstellten wir zunächst eine Zeichnung, bestellten fehlendes Ma­ terial, drehten, bohrten, frästen und mo­ difizierten, bis das Teil den Ansprüchen genügte.

Im Bereich des Prototypenbaus (Rapid Prototyping [9]) ist in der Industrie heute der 3D-Druck eine anerkannte Alterna­ tive. Es gibt keinen Grund mehr, diese Technik nicht auch im privaten Bereich einzusetzen. Die Drucker und das Mate­ 4 Der 3D-Drucker, mit dem die Adapter und Halterungen des Spektrografen gedruckt rial sind erschwinglich (Bausätze ab 150 wurden. Hier wird gerade der Halter für den Cross-Disperser mit dem Material ABS Euro, eine Rolle Material ab 20 Euro). Die gedruckt. Abbildung 4 zeigt einen Prusa i3 Mk2- Drucker, der als Bausatz angeboten wird. Man benötigt ca. 15 h für den Aufbau Die Ergebnisse und Probleme und die erste Inbetriebnahme. Ähnliche Die Abbildung 6 zeigt die geöffnete .stl- Geräte sind auch fertig aufgebaut erhält­ Datei eines Teils des gedruckten Off- lich. Foren, die bei Problemen helfen, Axis-Guiders für den Spektrografen mit gibt es in großer Anzahl [10]. einem M68x1-Gewinde.

Die Technologie und der Workflow Gewindeadapter werden häufig in der Wir beginnen mit einer 3D-Konstruktion Astronomie benötigt (z. B. M69 auf des benötigten Bauteils in einem Pro­ M68). Sie sind im Zubehörhandel relativ gramm wie Inventor oder Fusion 360 teuer oder müssen gar speziell angefer­ von Autodesk. Wir bekommen eine Vor­ tigt werden. Wenn wir uns ausführlich ansicht des Bauteils, können alle Maße mit den geltenden Gewindetoleranzen kontrollieren und sogar mithilfe der von DIN-Gewinden [13] beschäftigen FEM-Analyse eine Steifigkeitsberech­ und das Verhalten der Druckmaterialien nung machen. Die Abbildung 5 zeigt verstanden haben, ist auch der Druck 5 3D-Modell des Halters für den die Ansicht eines Halters für den Cross- von Feingewinden – wie M42 x 0,75 – Cross-Disperser (Rechteck-Gitter Disperser des Spektrografen in Inventor. kein Problem mehr. Die Maße des M68- 50 mm x 50 mm) in Inventor Exportiert wird eine .stl-Datei, die von nachfolgenden 3D-Druckprogrammen verarbeitet wird.

Für ein befriedigendes Druckergebnis müssen relativ viele Parameter im Dru­ cker eingestellt werden. Default-Werte ergeben für einfache Teile wie z. B. Wür­ fel schon ein gutes Ergebnis. Bei kompli­ zierten Teilen, wie Gewinden und filigra­ nen Teilen, müssen die Parameter wie Düsentemperatur, Druckgeschwindigkeit und Schichtdicke optimiert werden. Auch hier können die Foren Ratschläge geben. Separate Druckprogramme wie Cura [11] oder Repetier-Host [12] haben vie­ le Möglichkeiten, über die Parameter das Ergebnis zu beeinflussen. Sie übersetzen dann die .stl-Datei in den G-Code, das Steuerprogramm für den Drucker. 6 Ansicht einer .stl-Datei des Off-Axis-Guiders im Druckprogramm Repetier-Host. Unten ist das M68x1-Gewinde zu erkennen. Kritische Stellen können hier vor dem Druck anhand des Gitternetzes identifiziert werden.

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Das fertige Gerät (ohne Deckel gezeigt). Mit dem 3D-Druck entstanden die Kompo- nenten: Halter für Cross-Disperser, Halter für Kollimator, Halter für Kamera und Kamera-Objektiv sowie der Off-Axis-Guider mit M68-Gewinde und T2-Gewinde. Die Kameras (rechts im Bild von oben nach unten): Kamera für das Spektrum, Kamera für die Spaltbeobachtung, Anschluss für den Autoguider.

Außengewindes am Off-Axis-Guider betrachten. Meistens wird es notwendig Es belastet den Spektrografen und über betragen 66,82 mm im Kerndurchmesser sein, zusätzliche Maßnahmen zur Erhö­ einen relativ langen Hebelarm auch den (zulässige Toleranz ist 66,57 mm … 66,75 hung der Stabilität des Aufbaus vorzu­ Okular­auszug. Als eine gute Alternative mm) und 67,63 mm im Außendurchmes­ nehmen, siehe [5]. zu CCD-Kameras bieten sich seit einiger ser (zulässige Toleranz ist 67,79 mm … Zeit gekühlte CMOS-Kameras an. Am vor­ 67,97 mm). Die Abweichungen von der Die Kosten für das gedruckte Bauteil aus gestellten Spektrografen wird eine ZWO- zulässigen Toleranz von ca. 1/10 bis 2/10 der Abbildung 6 liegen bei 20-30 Cent. ASI 1600MM-Cool eingesetzt. Sie wiegt mm hatten in der Praxis keinen negati­ 440 g, hat ein geringes Ausleserauschen, ven Einfluss auf die Passung. In jedem Die Spaltbeobachtung und das 16 Megapixel und kann ca. 40 °C unter Fall haben wir bei dem Programm In­ Guiding Umgebungstemperatur gekühlt werden. ventor (und anderen) die Möglichkeit, Mit einer Beobachtungskamera kontrol­ Angenehm ist auch die Möglichkeit eines eigene Gewindemaße zu definieren [14]. lieren wir die Positionierung des Sternab­ Live-View-Bildes mit einem Programm So können wir z. B. Schrumpfungen des bildes auf dem Spektrografenspalt. In der wie Firecapture. Das erleichtert den Ab­ Materials beim Druck kompensieren. In Abbildung 7 ist dieses eine Lodestar. Die­ gleich des Spektrografen erheblich. Lei­ jedem Fall müssen wir ein 3D-Konstruk­ se Kamera sollte empfindlich sein, da die der sind der Quantenwirkungsgrad und tions-Programm beherrschen und bei der Reflexion des Sternbildes auf dem ver­ die Dynamik heute noch nicht auf dem Konstruktion der Teile umdenken und spiegelten Spalt-Plättchen häufig recht Stand einer CCD-Kamera. Dieses wird Rücksicht auf den Druckprozess und das dunkel ist. Prinzipiell kann man mit der­ gerade in den Foren diskutiert [15]. verwendete Material nehmen. selben Kamera auch guiden. Wir würden jedoch zum Guiden einen getrennten Der Spektrograf Die geringe Steifigkeit des Druckmateri­ Off-Axis-Guider oder ein Leitrohr einset­ Die Abbildung 7 zeigt den aufgebauten als PLA oder ABS (s. Tab. 1) müssen wir zen. Wir haben dann zum Guiden mehr Echelle-Spektrografen. Er wiegt mit den durch größere Wandstärken kompensie­ Sterne zur Verfügung und sind nicht auf Kameras 3,3 kg. Die Abbildung 8 zeigt ren. Für den Off-Axis-Guider aus ABS wenige, dunkle Sternabbildungen auf das Roh-Spektrum eines Halogen-Lichts, haben wir in dem Aufbau gemäß der Ab­ dem Spalt-Plättchen des Spektrografen das mit dem Spektrografen aufgenom­ bildung 7 bei einer Wandstärke von 10 angewiesen. men wurde. mm eine Durchbiegung von ca. 2 μm si­ muliert, für das Material Aluminium bei Die Kamera Zusammenfassung einer Wandstärke von 3 mm nur 0,1 μm. Die Kamera, die das Spektrum aufnimmt, Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Der Okularauszug des Teleskops kann muss bestimmten Anforderungen genü­ mechanischen Entwurf und der Ferti­ auch beträchtlich zur Durchbiegung gen. Pixelgröße und Chip-Abmessung gung von Komponenten eines direkt der ganzen Anordnung beitragen. Wir sind von den technischen Daten des an das Teleskop gekoppelten Echelle- müssen also alle Komponenten unseres Spektrografen abhängig. Wichtig ist Spektro­grafen. Mithilfe der Finite-Ele­ Aufbaus vom Teleskop bis zur Kamera auch ein geringes Gewicht der Kamera. mente-Methode haben wir ein Spektro­

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grafen-Gehäuse entwickelt, das sich im Betrieb nur ca. 1 μm durchbiegt und den Okularauszug mit 3,3 kg belastet. Als ge­ eignetes Gehäusematerial hat sich Kar­ bon herausgestellt.

Mit der vorgestellten 3D-Drucktechnik haben wir die mechanischen Zubehör­ teile für das Spektroskop kostengünstig hergestellt.

Wir haben als Kamera eine neue CMOS- Kamera eingesetzt. Sie bietet gegenüber CCD-Kameras den Vorteil eines deutlich geringeren Gewichts und eines kleinen 8 Spektrum eines Halogen-Lichtes. Die maximale Intensität liegt im roten Bereich. Ausleserauschens mit dem Nachteil ge­ Im linken Teil der Abbildung ist der blaue Teil des Spektrums der 2. Ordnung des ringerer Dynamik und eines kleineren Cross-Dispersers zu erkennen, das nicht benötigt wird. Deutlich wird auch die Quantenwirkungsgrades. Die technische Vignettierung durch das Kamera-Objektiv, das hier eine zu geringe Lichtstärke Entwicklung gibt Hoffnung, dass diese aufweist. Dieser Effekt kann durch eine Division durch ein korrektes Flat-Spektrum Defizite bald abgebaut werden. teilweise korrigiert werden. Außerdem ist bei der gewählten Anordnung jede Wellenlänge mehrfach in den senkrechten Streifen vertreten (Überlappung). Dadurch können wir in der Postproduktion ein lückenloses Spektrum zusammensetzen. Literaturhinweise und Weblinks (alle Quellen von September 2017): [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Finite- [7] J. Berlemann: “The Mechanical [14] https://knowledge.autodesk.com/ Elemente-Methode Stability of Spectroscopic Setups, support/inventor-products/learn- [2] www.autodesk.de/products/inventor/ Part II”, http://spektroskopie.fg-vds. explore/caas/CloudHelp/cloud- overview de/pdf/Spektrum52.pdf help/2015/ENU/Inventor-Help/files/ [3] www.autodesk.de/products/ [8] https://de.wikipedia.org/wiki/ GUID-5A1C03DE-8294-4554- fusion-360/overview Flächenträgheitsmoment B3EB-50C393659D01-htm.html [4] www.altairhyperworks.de [9] https://de.wikipedia.org/wiki/ [15] http://spectro-aras.com/forum/ [5] J. Berlemann: “The Mechanical Rapid_Prototyping viewtopic.php?f=8&t=1803 Stability of Spectroscopic Setups, [10] www.3d-druck-community.de/ Part I”, http://spektroskopie.fg-vds. [11] https://ultimaker.com/en/products/ de/pdf/Spektrum51.pdf cura-software [6] Materialbibliothek des Programms [12] www.repetier.com/ Inventor von Autodesk [13] www.iso-gewinde.at Spektrentrennung von Binärsternen von Daniel P. Sablowski, Lothar F. Schanne und Ulrich Waldschläger

Mindestens die Hälfte aller Sterne sind Systemen eine besondere Rolle, da diese thode, also das Entwirren von Spektren Doppel- oder Mehrfachsysteme. Dop­ insbesondere die Mischprozesse im Inne­ so genannter spektroskopischer Doppel­ pelsterne sind für die Stellarphysik von ren beeinflussen kann. sterne (SB2), ist Thema dieses Aufsat­ besonderer Bedeutung. Dies liegt an der zes. SB2 sind also Doppelsterne, welche Möglichkeit der genauen Massenbestim­ Um die Massen zu bestimmen, bedient visuell im Teleskop nicht getrennt wer­ mung, solange das System auch bede­ man sich spektroskopischer Messungen den können, da sie aufgrund der Luft­ ckungsveränderlich ist oder interfero­ zur Bestimmung der durch die Bahnbe­ turbulenz (Seeing) oder dem limitierten metrisch beobachtet werden kann. Für wegung hervorgerufenen Verschiebun­ Auflösungsvermögen des Teleskops zu Sternaufbau und Entwicklungsmodelle gen von Spektrallinien. Daneben wird einem einzigen Punkt verschmelzen. In ist die Sternmasse die wichtigste Größe noch die Bahnneigung (Inklination) be­ manchen Fällen können sie von orbita­ – Vogt-Russell-Theorem. Daneben ist die nötigt, welche man bei bedeckungsver­ len Teleskopen dennoch getrennt werden chemische Zusammensetzung des Objek­ änderlichen Systemen aus der Fotometrie und damit die einzelnen Komponenten tes noch von ausschlaggebender Bedeu­ erhalten kann. Alternativ können Bahn­ separiert untersucht werden. Der in­ tung. Rotation und Magnetfelder können parameter u. U. auch interferometrisch teressierte Leser sei hierzu auf z. B. [1] in manchen Fällen vernachlässigt wer­ bestimmt werden. Die in der Fachlitera­ verwiesen. Nichtsdestotrotz werden die den. Die Rotation spielt jedoch in einigen tur als „Disentangling“ bezeichnete Me­ meisten Daten natürlich von bodenge­

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1 Screenshot des GUI von Spectangular. Links werden alle Dateien gesetzt und die Strategie gewählt. Rechts werden das Ergebnisspektrum (oben) und die Differenzen zu den Beob- achtungen (unten) bei jeder Verbesserung durch die Optimierung aktualisiert.

bundenen Observatorien gewonnen. Das Als Ergebnis des Disentanglings er­ Die Matrix hat eine Breite, welcher der aufgezeichnete Spektrum ist aus genann­ hält man also nicht nur die getrennten Länge der beobachteten Spektren ent­ ten Gründen also eine Überlagerung der Spektren, sondern auch die Orbitelemen­ spricht, zuzüglich der maximalen Ra­ Spektren aller Komponenten des Sys­ te. Spectangular kann jedoch auch auf dialgeschwindigkeit beider Komponen­ tems. Um eine möglichst genaue chemi­ die einzelnen Radialgeschwindigkeiten ten, und eine Länge, die der Anzahl der sche Analyse oder gar eine so genannte optimieren. Dies ist bei Systemen vor­ beobachteten Spektren mal ihrer Länge Linienprofil-Analyse durchzuführen, ist teilhafter, welche eine evtl. dritte, nicht entspricht. Bei Spektren mit gerade mal man stark daran interessiert, die jeweili­ sichtbare Komponente besitzen oder re­ 2.000 Pixeln und 20 Messungen hat die gen Spektren zu trennen. Für eben diese lativistischen Effekten unterliegen (z. B. Matrix daher 4.000 x 40.000 = 160 Mio. Aufgabe wurde die Software „Spectan­ Periheldrehung wie bei Merkur). Elemente, wobei dies noch als klein zu gular“ [2] entwickelt, welche im nächsten betrachten ist. Ultrahoch aufgelöste Abschnitt vorgestellt werden soll. Um die Spektren also zu separieren, Spektren haben gut und gerne eine Län­ werden alle Messungen in einen Vektor ge in der Größenordnung von 100k. Da Spectangular geschrieben und eine Transformations­ die um eine Geschwindigkeit v verscho­ Der Unterschied des Disentangling im matrix konstruiert, welche die jeweili­ bene Wellenlänge von der Wellenlänge Vergleich zu „simplen“ Separations­ gen Lösungsspektren um die Radialge­ selbst abhängt, werden die Spektren auf methoden besteht darin, dass man hier schwindigkeit verschiebt und auf die eine logarithmische Skala gebracht (dort „nur“ auf einen Satz an Spektren zurück­ Messungen abbildet. Harmlos sieht diese entspricht dann eine Multiplikation einer greift, der möglichst gleichmäßig über Gleichung dann so aus: Addition), und ist dadurch eine additive die orbitale Periode des Systems verteilt , Konstante, was die Konstruktion von ist. Die Separationsmethoden hingegen wobei hier setzen meist bekannte Orbitelemente vo­ erleichtert. raus oder stützen sich auf so genannte die Transformationsmatrix, „Templates“, also „Musterspektren“ für Das Gleichungssystem wird mittels Singu­- die jeweiligen Sterntypen (ob aus Da­ der Lösungsvektor mit den Spektren der lärwertzerlegung (SWZ) gelöst. I. A. ist tenbanken oder gemessen an ähnlichen Komponenten und dies ein sehr rechenintensives Verfahren Feldsternen). und benötigt daher lange Rechenzeiten. der Vektor mit allen Messungen ist. Vorteil von Matrix und Vektoroperatio­

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nen ist jedoch ihre einfache Parallelisier­ barkeit, wodurch auf vielen Prozessor­ kernen gleichzeitig gerechnet werden kann. Des Weiteren ist in der Numerik die Strategie des „Teilens und Eroberns – divide and conquer“ aus dem militä­ rischen Sprachgebrauch übernommen worden. Hier wird die Matrix von also in kleinere Untermatrizen zerlegt, diese separat gelöst und dann die Lösun­ gen wieder kombiniert. Dies alles führt letztlich zu vertretbarem Rechenauf­ wand. Andere Ansätze verwenden die Fouriertransformation, welche jedoch zu stärkeren Bedingungen der Beobachtun­ gen und der Lösung führen. Nichtsdes­ toweniger müssen alle Daten und auch die Matrizen in den Arbeitsspeicher gela­ den werden. Dies führt zu einem relativ großen benötigten RAM. Kern des Pro­ 2 Alle gemessenen und hier verwendeten Spektren von Mizar A. Die ersten 15 gramms ist ein globaler mehrdimensio­ von unten wurden von U. Waldschläger, die oberen von L. Schanne gewonnen. naler Optimierungsalgorithmus, welcher die Orbitelemente bzw. Radialgeschwin­ digkeiten optimiert, so dass das „beste“ logue of Spectroscopic Binary Orbits [6] I- Linien (rot) zeigen am roten Rand einen Ergebnis erzielt wird. dar. Mizar selbst ist ein visuelles Vier­ flacher auslaufenden Flügel als am blau­ fachsystem. Die hier gewonnenen Daten en Rand. Es ist aufgrund des erhöhten Dieses beste Ergebnis ist so definiert: von Mizar A sind in der Abbildung 2 Rauschens in einigen Spektren nicht klar Die Lösungsspektren werden von allen geplottet und wurden mit zwei unter­ zu sagen, ob eine solche Asymmetrie nun Beobachtungen subtrahiert (Abb. 1 un­ schiedlichen Spektrografen gewonnen. Rückschlüsse auf den Temperatur- oder ten rechts) und dann aufsummiert. Ist in Es handelt sich dabei um das Si II Doub­ Druckverlauf in der Atmosphäre zulässt. den Differenzen nur noch Rauschen vor­ let mit seinen Linien bei 6347 und 6371 Weiterhin sei noch die signifikante Ver­ handen, sollte diese Differenz gegen Null Å. Diese Linien entstehen in der Photo­ besserung des Signal/Rausch-Verhält­ streben. Eben diese Summe aller Diffe­ sphäre und unterliegen daher weniger nisses in den Ergebnis-Spektren im Ver­ renzen wird vom Optimierungsalgorith­ den Effekten einer Atmosphäre, die nicht gleich zu den Messungen herausgestellt. mus minimiert. Ein kleines Filmchen zu im thermodynamischen Gleichgewicht Dies ist ein weiterer Vorteil des Disent­ diesem Optimierungsprozess findet man (NLTE) ist (Chromosphäre etc.). Daher anglements im Vergleich zu Separations­ in [2] unten. eignen sich solche Linien besser für die methoden. Bestimmung der Radialgeschwindigkei­ Bei diesen theoretischen Betrachtungen ten bzw. der Orbitparameter als z. B. Hα, Weiteres Vorgehen soll es an dieser Stelle auch bleiben und dessen Linienkern­ in der Chromosphäre Wie würde also nun ein weiteres Vor­ der interessierte Leser sei für mehr De­ entsteht. Allerdings handelt es sich bei gehen aussehen? Zunächst können die tails auf [3] verwiesen. Sehen wir uns Mizar A um zwei ähnliche A-Sterne, wel­ Ergebnis-Spektren für eine Linienprofil­ also im nächsten Abschnitt einige Bei­ che also keine ausgeprägte NLTE Atmo­ analyse verwendet werden. Hier kann spiele für das Disentanglement an. sphäre besitzen sollten. beispielsweise der so genannte „Bisektor“ berechnet werden, also die Mittellinie Ergebnisse Die Ergebnis-Spektren des Disentanglings der Spektrallinie zu jedem Intensitäts­ Die Software Spectangular ist als freies sind dann zusammen mit einem gemes­ wert. Für eine symmetrische Linie wäre Programm für Linux auf der GitHub-Sei­ senen Spektrum in der Abbildung 3 ge­ dies dann eine gerade Linie parallel zur te [4] zu finden. Ein Screenshot des GUI zeigt. Die Qualität des Ergebnisses hängt y-Achse. Sind Temperaturgradienten in sei in der Abbildung 1 gezeigt. Auf eine natürlich stark von der Qualität der dem Bereich der Atmosphäre, in der die erste Publikation, in welcher das Pro­ Messungen ab und zwar in dem Sinne, Linie entsteht, vorhanden (was i. A. im­ gramm erfolgreiche (und vom Entwickler dass die Messungen möglichst gleiches mer der Fall sein wird), so wird sich dies ungeahnte) Anwendung bei WR-Sternen Signal/Rausch-Verhältnis besitzen und in einer entsprechenden Krümmung des fand, findet man in [5]. Hier zeigen wir identisch normiert werden sollten. Da die Bisektors zeigen. die Anwendung auf von Amateuren ge­ verwendeten Spektren von zwei Personen wonnene Daten vom Doppelstern Mizar mit zwei unterschiedlichen Messsystemen Daneben können durch Vermessen der (ζ UMa). Eine gute Quelle für Orbital­ erstellt wurden, ist das Ergebnis dennoch Halbwertsbreite (FWHM) der Linie und parameter von SB2 stellt der 9th Cata­ als gut zu werten. Die Linienprofile der Si- ihrer Korrektur um das Instrumentenpro­

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fil die Rotationsgeschwindigkeiten der beiden Komponenten bestimmt werden. Wenn man annimmt, dass sich die Kom­ ponenten auf diesem 20,5-tägigen Orbit synchronisiert haben, d. h. die Kompo­ nenten rotieren einmal je Orbit um ihre Achse, so berechnet man aus den Radi­ en der Komponenten (2,4 Sonnenradien) eine Rotationsgeschwindigkeit von ca. 5,9 km/s. Die Inklination der Bahn wur­ de zu ca. 60° bestimmt, was eine proji­ zierte Rotationsgeschwindigkeit von ca. 5,2 km/s ergibt. Diese Geschwindigkeit 3 Ergebnis des Disentangling (blau und rot für die beiden separierten Komponenten) lässt sich dann wiederum in eine Halb­ sowie ein gemessenes Spektrum zum Vergleich. wertsbreite der Linie umrechnen, welche in diesem Beispiel ca. 0,18 Å betragen würde. Diskussion [6] http://sb9.astro.ulb.ac.be/ Die Methode des Disentanglings ist zwar [7] K. G. Strassmeier: „Aktive Sterne“, Da das System eine relativ hohe Ex­ ein sehr rechen- und damit zeitaufwän­ in: „Laboratorien der solaren zentrizität der Bahn besitzt, kann auch diges Verfahren, aber es zeigt doch we­ Astrophysik“, Springer Verlag, der Effekt der Pseudosynchronisation sentliche Vorteile gegenüber anderen Wien 1997, ISBN 3-211-83005-7 eintreten. Hier gleicht sich die Rotati­ Separationsmethoden. Keine Templates [8] www.alcyone.de/SIT/mainstars/ onsgeschwindigkeit der Bahn-Winkelge­ und keine Vorkenntnisse der Orbital­ SIT000811.htm schwindigkeit im Periastron an. Im Fall parameter sind notwendig. Als Ergeb­ von Mizar A würde dies eine Rotations­ nis erhält man getrennte Spektren, die periode von ca. 6,32 Tagen bedeuten und im Signal/Rausch-Verhältnis auch den damit 19,21 km/s betragen. Zur Berech­ Messungen überlegen sind (solange alle nung siehe z. B. [7]. Messungen in der Normierung und dem Signal/Rausch-Verhältnis ähnlich sind), Die gemessenen Linienbreiten betragen sowie die Radialgeschwindigkeiten bzw. im Mittel 1,26 Å. Die publizierten Ro­ Orbitparameter. tationsgeschwindigkeiten gelten als re­ lativ unsicher und belaufen sich auf ca. Die Bestimmung der Rotationsgeschwin­ 32 km/s [8]. Die Auflösung der hier ver­ digkeit aus diesen Spektren in dem hier wendeten Spektren liegt im Mittel bei ca. verwendeten Beispiel von Mizar A er­ 0,53 Å. Korrigieren wir die mittlere Lini­ fordert jedoch weitere Messungen. Die enbreite von 1,26 Å um die Auflösung Komponenten des Systems sind sehr (angenommen als Instrumentenprofil) ähnlich und eine Variabilität der Rota­ und berechnen dann die Rotationsge­ tionsgeschwindigkeit (verursacht durch schwindigkeit, so erhalten wir 32,5 km/s. evtl. Pulsation) ist nicht ausgeschlossen. Die Linienbreite der blauen Si-I-Linien Des Weiteren wurde auch das Potenzial liegt etwas höher, womit man ca. 34,6 (Rotationsperioden, Synchronisation) ei­ km/s erhält und aus der rotwärtigen Linie ner bisher der Profiwelt vorbehaltenen eher auf 30,3 km/s kommt. Dies könnte Analyse-Methode auf Messungen dar­ nun vorhandenen Blends (nicht auflös­ gelegt, welche von Hobbyastronomen baren benachbarten Linien) oder einer erstellt wurden. Degradation des Auflösungsvermögens geschuldet sein. Literaturhinweise und Weblinks: In jedem Fall jedoch würde es eine [1] P. Young, A. Dupree, 2002: Vergrößerung der gemessenen FWHM Astrophys. J, 565, p. 1 bedeuten, wodurch unser gemessener [2] https://dpsablowski.wordpress.com/ kleinster Wert von 30,3 km/s schon fast disentangling/ als obere Grenze angesehen werden [3] D. P. Sablowski, M. Weber, 2017: müsste. Unsere Messungen zeigen also Astron. Astrophys. 597, A125 eine gute Übereinstimmung mit der Li­ [4] https://github.com/DPSablowski teratur, und demnach ist eine Synchroni­ [5] T. Shenar, N. Richardson, D. P. sation der Rotation und der Bahn (noch) Sablowski et al., 2017: Astron. nicht eingetreten. Astrophys. 598, A85

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Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 2. Quartal 2018 von Eberhard Riedel

Die drei interessantesten streifenden Be­ Karte mit den Grenzlinien der Streifungsereignisse deckungen von Sternen durch den Mond im 2. und beginnenden 3. Quartal dieses Jahres sind im Folgenden dargestellt. Die Landkarte zeigt die Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere Mondrand während des Vorbei­ zuges am Stern beschreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns bereits in einem kleinen bis mittleren Fernrohr zu verfolgen. Alle Streifungen finden am unbeleuchteten Mondrand, teilweise aber in der Nähe des hellen Mondterminators statt und sind daher nicht in allen Phasen leicht zu beobachten.

Grundlage der hier veröffentlichten Pro­ fildaten sind Laser-Messungen des ame­ rikanischen Lunar Reconaissance Orbi­ ters, die vom Chemnitzer Sternfreund Dietmar Büttner in ein dichtes Netz von librationsabhängigen Profilwerten um­ gerechnet wurden. Die Sternpositionen stammen überwiegend aus der 1. Veröf­ fentlichung der hochgenauen Messungen der europäischen Raumsonde Gaia.

Um streifende Sternbedeckungen erfolg­ reich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Asso­ ciation (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software GRAZPREP des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auf­ listung aller interessanten Ereignisse Hierzu können höhenkorrigierte Grenzli­ de) zu beziehen. Weiterführende Infor­ als auch für jedes Ereignis die genauen nien automatisch in eine Google-Earth- mationen, z. B. über die Meldung der Koordinaten der Grenzlinien und viele Karte übertragen werden, mit der es dann Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls weitere Informationen liefert. Darüber einfach ist, die besten Beobachtungssta­ erhältlich. Die VdS-Fachgruppe Sternbe­ hinaus kann von jedem Standort aus das tionen festzulegen. deckungen informiert ferner über Beob­ Profil des Mondes und die zu erwarten­ achtungs- und Aufzeichnungstechniken de Sternbahn grafisch in verschiedens­ Die Software kann kostenlos unter www. dieser eindrucksvollen Ereignisse. ten Vergrößerungen dargestellt werden, grazprep.com heruntergeladen und in­ um so den besten Beobachtungsstandort stalliert werden (Password: IOTA/ES). Ereignis 1: 20.04.2018 auswählen zu können. Letzterer muss Zusätzlich benötigte Vorhersagedateien Am 20. April zieht ab 23:15 MESZ der auch unter Berücksichtigung der Höhe sind dort ebenfalls herunterzuladen oder nur zu 27 % beleuchtete zunehmende optimiert werden, weil diese einen Ein­ direkt vom Autor ([email protected]) Mond mit seinem zerklüfteten Südrand fluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. oder über die IOTA/ES (www.iota-es. am 7,8 mag hellen Stern 95402

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vorbei. Trotz der geringen Helligkeit des Sterns ist dieses Ereignis wegen des zunächst großen Abstandes zu den be­ leuchteten Mondstrukturen auch in ei­ nem kleinen Fernrohr gut zu verfolgen. Die Bedeckung beginnt in Ostfriesland und läuft durch das nördliche Nieder­ sachsen, Sachsen-Anhalt, weiter nach Osten nahe an Brandenburg und Cottbus vorbei.

Die Abbildung 1 zeigt für die Länge 10° Ost, dass die scheinbare Sternbahn (blau- 1 Die scheinbare Sternbahn von SAO 95402 (blauweiß gestrichelte Linie) bei weiß gestrichelte Linie mit Minutenanga­ Beobachtung genau von der vorhergesagten Grenzlinie, mit 6-facher Mondhöhen- ben) den Mondrand ein Stück weit vom dehnung, rote Begrenzungslinien bei ± 3 km. Terminator entfernt berührt, so dass die Mondhelligkeit bei diesem Ereignis, auch wegen des geringen Beleuchtungsgrades des Mondes, nicht stören wird.

Die Streifungsline bei 10° Ost, bezogen auf das mittlere Mondrandniveau, ist mit N 53° 10’ 49’’ berechnet. In der Grafik ist das Mondrandprofil in 6-facher Über­ höhung dargestellt, weshalb auch die Krümmung der scheinbaren Sternbahn grafisch erforderlich ist. Auf diese Wei­ se kann besser beurteilt werden, wann und wie viele Bedeckungsereignisse im Einzelnen zu erwarten sind. Tatsächlich können von dieser Position zwischen 23:15:55 und 23:19:53 MESZ mindes­ tens 6 Kontakte verfolgt werden (s. Inset). Einen Anhalt über die Verlagerung der scheinbaren Sternbahn, wenn man die in der Grafik angegebene geografische Breite verlässt, geben die roten Begren­ zungslinien. Diese zeigen einen Abstand von der Grenzlinie von ± 3 km an, wel­ cher senkrecht zur auf der Erde verlau­ fenden Grenzlinie angetragen wird. Hier­ durch ist erkennbar, wie unterschiedlich die zu erwartenden Kontaktzeiten inner­ halb dieses Streifens sein können. Einen weiteren Einfluss auf die zu beobach­ tenden Kontakte hat allerdings auch die Höhe des Beobachtungsortes, für die die aufzusuchende Beobachtungsposition korrigiert werden muss. 2 Oben die scheinbare Sternbahn von SAO 98245, 6-fache Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei ± 1 km. Unten die scheinbare Sternbahn von SAO 98245 bei SAO 95402 ist nicht als Doppelstern be­ Beobachtung ca. 1.000 m südlich der Grenzlinie, 24-fache Mondhöhendehnung; rote kannt, weshalb sein Verschwinden am Begrenzungslinien bei ± 1.000 m. Mondrand jeweils schlagartig erfolgen müsste. Nicht selten wurden jedoch bei Sternbedeckungen durch den Mond enge Ereignis 2: 20.05.2018 Bei Beginn des Ereignisses knapp süd­ Doppelsterne entdeckt. Zu beobachten Am Abend des 20. Mai bedeckt der zu lich von Aachen steht die Sonne erst 5 wäre dann ein langsameres oder nur teil­ 34 % beleuchtete zunehmende Mond Grad unter dem Horizont. Im weiteren weises Verschwinden und Wiederauftau­ den 6,2 mag hellen Stern SAO 98245 Verlauf der Streifungslinie über Mann­ chen des Sternlichtes. mit seinem unbeleuchteten Nordrand. heim, Heilbronn, Augsburg und südlich

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an München vorbei ist aber die Him­ melshelligkeit soweit reduziert, dass eine Beobachtung bereits im kleinen Fernrohr möglich wird.

Der Mondrandausschnitt in der Abbil­ dung 2 zeigt oben die Situation bei der geografischen Länge von 10° Ost und verdeutlicht den ausreichenden Abstand der Bedeckungszone zum Terminator. Auf der vorausberechneten Zentrallinie werden jedoch keine Kontakte zu sehen sein. Die Grafik zeigt, dass die Mond­ oberfläche an dieser Stelle deutlich un­ terhalb des mittleren Mondniveaus (weiß gepunktete Linie) liegt, weshalb ein Stück weit nach Süden ausgewichen werden muss, um Bedeckungen des Sterns sehen zu können. Die roten Begrenzungslini­ en deuten den Versatz der scheinbaren Sternbahn in einem Abstand von ± 1.000 m von der berechneten Streifungslinie an.

Unten zeigt die Abbildung 2 die schein­ bare Sternbahn bei einem Abstand von 1.000 Metern südlich der mittleren Strei­ 3 fungslinie in starker Vergrößerung und Oben die scheinbare Sternbahn von ξ2 Ceti bei Beobachtung genau von der lässt bei dieser Position zwischen 22:02 vorhergesagten Grenzlinie, mit 6-facher Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien und 22:04 MESZ eine Vielzahl von Kon­ bei ± 1 km. Unten die scheinbare Sternbahn von ξ2 Ceti bei Beobachtung ca. 2,5 km takten erwarten. Das Mondrandprofil ist südlich der Grenzlinie, 24-fache Mondhöhendehnung; rote Begrenzungslinien bei hier in 24-facher Überhöhung darge­ ± 1.000 m. stellt.

SAO 98245 ist ebenfalls nicht als Dop­ Abstand von ± 1.000 Metern deuten an, Die Grafik ist, wie alle anderen, für Mee­ pelstern bekannt. wie weit man mindestens nach Süden reshöhe gerechnet. Bei deutlich höher wandern muss, um das mehrfache Ver­ gelegenen Beobachtungsstationen muss Ereignis 3: 08.07.2018 schwinden und Wiederauftauchen des deren Höhe ebenfalls in die Berechnung Die am einfachsten und spektakulärsten Sterns verfolgen zu können. einbezogen werden, um eine genügend zu beobachtende streifende Sternbe­ genaue Vorhersage zu erhalten. (Zur deckung am 8. Juli findet leider in den Beginnend südlich von Trier läuft die Software s. Haupttext) frühen Morgenstunden um 4 Uhr MESZ Schattengrenze des Mondes in annä­ statt. Alle sonstigen Bedingungen sind hernd nordöstlicher Richtung quer durch aber optimal: Der abnehmende Mond Deutschland und überquert schließlich ist nur zu 38 % beleuchtet und die hel­ die Stadt Brandenburg zentral. Comic len Mondstrukturen genügend weit vom Bedeckungsort entfernt. Der Stern ist ξ2 Im unteren Teil der Abbildung 3 sind die Ceti (= 73 Ceti) mit einer Helligkeit von Profilhöhen 24-fach gedehnt dargestellt. 4,3 mag, im kleinen Fernrohr am Mond­ Abgebildet ist die Streifungssituation bei rand bequem auszumachen. Bei 10° Ost einer Beobachtung 2,5 km südlich von ist die Sonne noch mehr als 8 Grad unter der berechneten Grenzlinie bei 10° östli­ dem Horizont und stört die Beobachtung cher Länge, von wo entlang der blauweiß ebenfalls nicht. gestrichelten scheinbaren Sternbahn zwischen ca. 04:05:20 und 04:06:49 Die Abbildung 3 lässt oben erkennen, MESZ mindestens vierzehn Mal das Ver­ dass erneut wegen tiefliegender Mond­ schwinden und Wiederauftauchen des randstrukturen auf der vorausberechne­ Sterns zu sehen sein dürfte. Die roten ten Grenzlinie keine Bedeckung statt­ Begrenzungslinien sind wie oben für ± findet. Die roten Begrenzungslinien im 1.000 m am Erdboden dargestellt.

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VV Cephei – Beobachtungskampagne einer seltenen Bedeckung von Frank Walter 1

Der Stern VV Cephei ist der Bedeckungs­ Schematische veränderliche mit der zweitlängsten be­ Darstellung des kannten Periode. Sie beträgt mehr als 20 Bedeckungssystems Jahre. Eine Bedeckung ist also ein sel­ VV Cep (Quelle: tenes Ereignis, das die Veränderlichen­ Beobachtungsaufruf beobachter auf der nördlichen Hemi­ der SAS (Society of sphäre zu eifriger Beobachtung anregt. Astronomical Die Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft Sciences) [3]) für veränderliche Sterne (BAV) hat be­ reits 2015 eine Kampagne zur regelmä­ ßigen, möglichst lückenlosen Erfassung zirkumpolar und deshalb ganzjährig zu gleichsterne mit dem Label 43 und 55 der Sternhelligkeit gestartet (s. [1]). Bis­ beobachten. Die Helligkeiten betragen verwendet werden (Abb. 2): her sind Beobachter aus Deutschland und V = 4,91 mag und B = 6,68 mag. VV Österreich der Aufforderung gefolgt. Die Cephei ist also auch für visuelle Beob­ erzielten Ergebnisse werden hier vorge­ achter gut geeignet. Beobachtungen in AUID 000-BCP-877 B = 4,630 stellt. den verschiedenen Farbbereichen sind V = 4,29 Rc = 4,001 (Label 43) sehr erwünscht. Um Messergebnisse ver­ AUID 000-BCP-370 B = 7,040 Bei VV Cephei handelt es sich um einen gleichbar zu machen, sollten die Ver­ V = 5,52 Rc = 4,281 (Label 55) kühleren roten Überriesen, der von einem kleineren, heißen, blauen Stern umkreist wird (Tab. 1). Beide sind sehr massereich (ca. 19 Sonnenmassen). Das System ist getrennt, es findet kein Massenaustausch statt, jedoch bläst von der Komponente 1 ein starker Sternenwind, der sich in einer Akkretionsscheibe um die Komponente 2 sammelt. Die Ausdehnung dieser Scheibe beträgt 650 Sonnenradien (s. Abb.1).

Wohl nur dreimal in einem Menschenle­ ben können wir das packende Schauspiel der Verfinsterung des Doppelsternsys­ tems VV Cephei erleben. Alle 20,35 Jahre bedeckt der kolossale rote Überriese sei­ nen viel kleineren Partner. Beide Sterne haben ähnliche Massen, allerdings ist der eine Stern im Rahmen seiner Entwick­ lung zu einem Überriesen aufgebläht (an die Stelle der Sonne gesetzt würde er bis zur Jupiterbahn reichen). Sein Begleiter leuchtet blau und ist fast 100-mal klei­ ner. Aus diesem Grund dauert die ganze Bedeckung ca. zwei Jahre (650 Tage). Die Helligkeit schwankt im visuellen Bereich zwischen 4,9 und 5,4 mag. Der Stern ist somit auch für visuelle Beobachter gut geeignet.

Hinweise und Vorhersagen für Beobachter Die Koordinaten (2000.0) des Sterns lauten Rektasz. = 21h 56min 39,14s und Dekl. = +63° 37’ 32,01’’. Der Stern ist 2 Umgebungskarte VV Cep mit Vergleichsternen (Quelle: AAVSO)

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Für Beobachtungen mit längeren Brenn­ weiten werden Vergleichssterne näher an Tabelle 1: Systemparameter VV Cep benötigt. Wir empfehlen: Komponente 1 Komponente 2 BD +63 1784 = HD 20843 B = 7,612 V = 7,601 R = 7,600 (label C1) Sonnenmassen (geschätzt) 18,0 - 19,7 19,8 - 20,0 Sonnenradien (geschätzt) 1000 - 1800 13 - 25 BD +62 2004 = HD 208713 B = 7,759 Spektraltyp M2 (rot) B0 (blau) V = 7,235 R = 6,890 (label C2)

Der zeitliche Verlauf der aktuellen Be­ deckung sollte den Vorhersagen nach so Datenpunkten wurden 5-er-Mittel gebil­ Dass die Helligkeit etwa 35 Tage nach ablaufen, wie in der Tabelle 2 dargestellt. det und die blaue Kurve wurde parallel dem Beginn der Bedeckung wieder an­ Weitere Beobachtungen bis zum Ende an die grüne herangeschoben. Es zeigen stieg, löste bei vielen Beobachtern Über­ der Bedeckung und darüber hinaus sind sich deutlich Helligkeitsschwankungen raschung aus. War der 2. Kontakt bereits sehr erwünscht. Auch Sternfreunde, die des Gesamtsystems außerhalb der Bede­ am 28.09.2017 erreicht? Vorhergesagt bisher nicht an der Kampagne teilge­ ckung. Sie verlaufen in beiden Farbberei­ war dieses Ereignis für den 27.10.2017. nommen haben, sind sehr willkommen. chen sehr genau parallel. Betrachtet man den Verlauf der Licht­ kurve für die Zeit vor der Bedeckung, Bisher erzielte Beobachtungs- Wir können außerdem den Beginn der so stellt man eine ziemlich regelmäßige ergebnisse Bedeckung (1. Kontakt), ablesen. Er er­ Schwankung fest (s. Abb. 3, Lichtkurve Obwohl die Bedeckung erst im Sommer gibt sich zu ungefähr JD = 2457987, V). Die Periode dieser Schwingung lässt 2017 begonnen hat, haben wir bereits im 21.08.2017, 17 Tage später als die Vor­ sich ablesen, sie beträgt ca. 180 Tage. Jahr 2015 (s. [1]) auf das seltene Ereignis hersage (04.08.2017). Bei der letzten Eine Pulsation des Überriesen kann ver­ hingewiesen und zur möglichst dichten Bedeckung 1997/98 haben D. Graczik, mutet werden, und es ist verständlich, Beobachtung aufgerufen. Der Aufruf M. Mikolajewski und J. L. Janowski einen dass sich diese Helligkeitsschwankung stieß auf eine große Resonanz. Bis zum sprunghaften Anstieg der Periode gegen­ auch während der Bedeckung zeigt. Sie 25.11.2017 wurden nahezu 2.500 Hellig­ über früheren Bedeckungen festgestellt führt zum deutlichen Anstieg der Licht­ keitsmessungen (CCD, DSLR, Fotometer) [4]. Unsere Beobachtung des verspäte­ kurve nach dem 1. Kontakt. und Helligkeitsschätzungen (vis) von ten 1. Kontaktes stimmt damit recht gut insgesamt 19 Beobachtern gemeldet. überein. Die polnischen Astronomen ver­ Die Vermutungen und Abschätzungen muten als Ursache einen Massentransfer sind durch weitere Beobachtungen in den Die Abbildung 4 der Lichtkurve zeigt vom roten Überriesen zum Begleiter. nächsten zwei Jahren kritisch zu prüfen alle erfassten Daten in den Farbbereichen und durch genaue Kurvenanalysen zu R, V, B, U. Die Abbildung 3 zeigt einen Der Helligkeitsabfall im V-Bereich be­ präzisieren. Wir sind sehr gespannt, wie Auszug der Gemeinschaftslichtkurve trägt ca. 0,3 mag und im B-Bereich ca. 0,4 es weitergeht. Die BAV berichtet laufend vom April 2016 bis Ende November 2017 mag. Das ist naheliegend, denn der blaue auf ihrer Webpage [2] über die Hellig­ in den Farbbereichen V und B. Aus den Begleiter wird vom Überriesen bedeckt. keitsentwicklung.

3 BAV-Gemeinschaftslichtkurve Farbbereiche V und B (Details)

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4 Gemeinschaftslichtkurve der BAV-Beobachter in allen Farbbereichen

Literaturhinweise und Weblinks: Symposium on Telescope Science, p. [4] D. Graczyk, M. Mikolajewski, [1] F. Walter, 2015: „Ein Projekt für 83-89, http://astrospectroscopy.de/ J. L. Janowski, 1999: “The Sudden mehrere Jahre: Beobachtungskam- media/files/SAS_2015.pdf Period Change of VV Cephei”, IBVS pagne VV Cep“, www.bav-astro.eu/ 4679 rb/rb2015-4/233.pdf [2] BAV-Webpage zur VV-Cep-Beob- achtungskampagne, 2017: Tabelle 2: Der zeitliche Verlauf der aktuellen Bedeckung www.bav-astro.eu/index.php/ veraenderliche/bedeckungsveraen Ereignis Datum JD derliche/vv-cep-kampagne Beginn der Bedeckung (1. Kontakt) 04. August 2017 2 457 970 [3] J. L. Hopkins, P. D. Bennett, E. Beginn der totalen Bedeckung (2. Kontakt) 27. Oktober 2017 2 458 054 Pollmann: “VV Cep Eclipsing Mitte der Bedeckung 01. Juni 2018 2 458 288 Campaign 2017 / 2019”, in: Ende der totalen Bedeckung (3. Kontakt) 06. Februar 2019 2 458 521 Proceedings for the 34th Annual Ende der Bedeckung (4. Kontakt) 16. Mai 2019 2 458 620 Conference of the Society for Astro- nomical Sciences, SAS-2015, The JD ist die Zeitangabe im so genannten Julianischen Datum, einer fortlaufenden Tageszählung. Veränderliche Sterne als Motivation für Schülerpraktikanten von Michael Geffert

In meinem Leben gab es zwei Ereignisse, ten haben wir dort selbst die Lichtkurve die mich stark motivierten, die berufliche eines Cepheiden abgeleitet. Das Ergebnis Laufbahn eines Astronomen einzuschla­ nach einigen Stunden Arbeit in den Hän­ gen. Das eine war mein erster Blick durch den zu halten, war schon ein bewegender ein astronomisches Fernrohr auf Saturn Moment! Die damals empfundene eigene als Schüler, und das zweite Ereignis war Begeisterung für diese Art astronomi­ die Messung der Lichtkurve eines verän­ scher Tätigkeit hat mich veranlasst, mit derlichen Sterns während meines Studi­ unseren Schülerpraktikanten heute ver­ ums in Bonn. Nach einer Woche voller änderliche Sterne zu bearbeiten. Theorie, Formeln und Rechnungen wirk­ 1 Lichtkurve eines veränderlichen te das Astronomiepraktikum bei Profes­ Die Lichtkurve eines Sterns ist zunächst Sterns (RR-Lyrae-Stern vom Typ AB) sor Geyer am Freitagnachmittag damals mal nur ein Diagramm, bei dem man die im Kugelsternhaufen Omega Cen- auf mich immer wie eine Belohnung für Helligkeit des Sterns gegen die Zeit oder tauri. Die Zeiten wurden mit einer die Arbeit in der Woche. Mittels visueller bei bekannter Periode gegen den Bruchteil Periode von 0,63564 Tagen in die Schätzungen von Sternen auf Fotoplat­ der Periode (die Phase) aufträgt (Abb. 1). Phase umgerechnet.

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2 Zwei Aufnahmen des Mirasterns V388 Lac vom 8. August 1969 (links) und vom 14. Juli 1970. Durch Vergleich der beiden Aufnahmen kann der veränderliche Stern in der Mitte des Feldes gefunden werden. Der Helligkeitsunterschied beträgt mehrere Größenklassen.

Sie kann aus vorhandenen Beobachtungs­ konnte ich pro Jahr etwa 15 Schüler­ von veränderlichen Sternen im Prakti­ daten, auch ohne größere Hilfsmittel, in praktika betreuen. Wichtig ist, dass man kum. Bevorzugte Objekte waren solche, recht kurzer Zeit hergestellt werden. Wäh­ immer mindestens zwei Praktikanten deren Lichtkurve sich über deutlich kür­ rend die Mehrheit der Sterne für unsere gleichzeitig betreut, damit die Praktikan­ zere Zeit als eine Beobachtungsnacht Messmethoden eher gleich hell leuchtet, er­ ten sich nicht unter den Wissenschaftlern erstreckte wie z.B. CY Aqr. Nicht im­ lebt man bei veränderlichen Sternen, dass zu einsam fühlen. In der Regel beträgt mer war es möglich, Jugendliche auch sich deren Helligkeit signifikant ändert. der Zeitraum eines solchen Praktikums selbst mit beobachten zu lassen, weil Das macht sie zunächst einmal attraktiv, zwei bis drei Wochen. Zuerst bemühten das Observatorium mit 85 Kilometern weil das Registrieren von Veränderungen wir uns um eine Praktikumstätigkeit, doch in einer beträchtlichen Entfernung immer spannender ist als die Beobachtung bei der die Betreuung nicht zu viel Zeit von Bonn liegt. Andererseits konnte ich gleich bleibender Phänomene (Abb. 2). Die kosten, aber den Schülern doch auch in­ selbst verstärkt gezielt Material aufneh­ Lichtkurve eines Sterns bietet aber vor al­ teressante Aspekte der Arbeit eines Wis­ men, das die Schülerpraktikanten dann lem auch die Möglichkeit, etwas über die senschaftlers vermitteln sollte. Beliebte auswerten konnten. Natur der Sterne zu erfahren. Wegen der Aufgaben in dieser Zeit waren die Erstel­ großen Entfernungen der Sterne erschei­ lung einer Webpage oder eines Vortrags. Mit der Schließung des Observatoriums nen sie ja auf fast allen Aufnahmen nur als Damit hatte die Arbeit der Praktikanten vor einigen Jahren schien die Möglich­ Punkte. Über den Verlauf der Helligkeits­ auch noch eine gewisse weitere sinnvolle keit, mit Schülerinnen und Schülern variationen kann man herausbekommen, Verwendung. im Laufe eines Praktikums aktuelle Be­ ob es sich bei dem Stern um einen dop­ obachtungen zu bearbeiten, zu versie­ pelten, einen pulsierenden oder explodie­ Junge Menschen, die sich mit der Astro­ gen. Dafür ergab sich aber eine Lösung, renden Stern handelt. Es ist ein bisschen nomie beschäftigen, drängt es aber auch welche die jungen Menschen vielleicht so, als ob man dem Lichtpunkt ein kleines nach eigener astronomischer Beobach­ noch näher an die aktuelle Forschung Geheimnis entreißt! tung. In der damaligen Zeit gehörte zu heranführt. Mit der Aufgabe des Obser­ der Bonner Universität auch noch das vatoriums kam das ganze Fotomateri­ Dazu bieten veränderliche Sterne zu­ Observatorium Hoher List in der Eifel. al der astro­nomischen Beobachtungen sätzlich noch sehr gute didaktische Neben größeren Teleskopen gab es dort nach Bonn. Da Fotoplatten eine enorme Möglichkeiten. Man kann mit ihnen auch einige kleinere Geräte, die für die Datenmenge speichern können, die man grundlegende Messmethoden wie z.B. die Arbeit mit Schülern sehr geeignet waren. vollständig erst allmählich mit modernen Entfernungsbestimmung von Galaxien Die Entwicklung leicht handhabbarer Methoden auswerten kann, bieten sie vermitteln. CCD-Kameras, wie z.B. die SBIG-Serie, heute noch eine Menge an Informatio­ zusammen mit dem Programm Astroart nen, die noch nicht erfasst worden sind. Vor knapp 20 Jahren begannen Schüle­ ermöglichte dann eigene kleine Beob­ Außerdem gibt es Serienaufnahmen be­ rinnen und Schüler aus Gymnasien ver­ achtungsprojekte, die nun mit Jugend­ stimmter Himmelsregionen (Abb. 3), wo stärkt in unserem Institut nach Prakti­ lichen ausgewertet werden konnten. Wir mehr als 50 Fotoplatten unter möglichst kumsstellen zu fragen. In der letzten Zeit begannen damals mit der Verwendung identischen Bedingungen aufgenommen

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zu bearbeiten. Aus verständlichen Grün­ den können Schülerinnen und Schüler natürlich nur einen Teil der wissen­ schaftlichen Arbeit übernehmen.

Als Vorbereitung zum Praktikum wer­ den zunächst einmal einige Fotoplatten eines Sternfeldes gescannt. Dann erfolgt die astrometrische und fotometrische Eichung der Aufnahmen mit Astroart durch die Praktikanten (Abb. 4). Die ka­ librierten Daten werden mit eigenen Pro­ grammen weiter bearbeitet, bis das Ma­ terial für Lichtkurven einzelner Sterne im Feld vorliegt. Die Darstellung der Licht­ kurve und die Periodensuche mit dem Programm PERSEA können dann wieder die Jugendlichen übernehmen. Bei der anschließenden Arbeit mit dem Daten­ zentrum von Strasbourg (CDS) oder der Homepage der American Association of Variable Star Observers (AAVSO) machen die Jugendlichen dann ihre ersten Erfah­ rungen mit elektronischen Archiven, was für die zukünftige wissenschaftliche Ar­ beit ja immer wichtiger wird.

Zu Beginn der Bearbeitung eines Feldes ist keineswegs klar, wie das Resultat der Reduktionen aussehen wird und ob man 3 Sternfeld um den Nordamerikanebel. Von diesem Feld gibt es etwa 100 Aufnahmen, interessante Objekte im Feld findet. In­ die in der Zeit von 1969 bis 1973 mit dem Astrographen des Observatoriums Hoher sofern entspricht die Arbeit auch der List belichtet wurden. wissenschaftlichen Tätigkeit, bei der das

worden waren, was für die Ableitung von Lichtkurven sehr geeignet ist. Wegen der Größe des Feldes sind oft bei solchen Serien bei Weitem noch nicht alle verän­ derlichen Sterne vermessen. Die Ergeb­ nisse solcher Untersuchungen können ja auch wichtige Beiträge zur Untersuchung des Langzeitverhaltens von veränderli­ chen Sternen liefern.

So entstand die Idee, ein Projekt ins Le­ ben zu rufen, bei dem das Fotomaterial (und CCD-Aufnahmen) des Observatori­ ums Hoher List ausgewertet wird, und die Schülerpraktikanten an diesem Projekt zu beteiligen. Wenn eine Fotoplatte digi­ talisiert ist, kann man sie im Grunde wie eine CCD-Aufnahme, also mit modernen Methoden auswerten. Die Arbeit mit ei­ nem Plattenarchiv beinhaltet außerdem die Möglichkeit, auch langperiodische veränderliche Sterne (z.B. Mira-Sterne), deren Beobachtung normalerweise Mo­ nate dauert, im Laufe eines Praktikums 4 Schülerpraktikanten bei der Arbeit

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Ergebnis ja im Prinzip auch noch nicht Im Rahmen dieses Projekts konnten sogar Die Betreuung von Schülerpraktika ist vorher feststeht. Einen substantiellen einige neue veränderliche Sterne gefun­ immer auch eine intensive Begegnung Aufschwung nahm die Arbeit mit dem den werden. Im Zuge der Gaia-Mission mit jungen Menschen einer großen Kontakt zur Bundesdeutschen Arbeitsge­ und der umfangreichen Überwachungs­ Bandbreite menschlicher Charaktere. Als meinschaft für Veränderliche Sterne e.V. programme werden solche Erfolge natur­ Betreuer steht man mit großem Respekt (BAV). Einmal ist die Homepage für dieses gemäß seltener. Eigentlich stehen aber vor den unterschiedlichsten Persönlich­ Projekt eine optimale Ergänzung. Schü­ bei diesem Projekt zwei andere Dinge keiten der kommenden Wissenschaftler lerinnen und Schüler können sich dort im Vordergrund: Wissenschaftlich geht und Wissenschaftlerinnen. Deswegen gilt in Eigeninitiative fortbilden. Das um­ es um die Nutzbarkeit der Helligkeiten am Schluss der Dank all diesen jungen fangreiche Material der Homepage bietet von veränderlichen Sternen aus frühen Menschen, die dieses Projekt mitgestaltet eigentlich vielen Interessierten, von den Beobachtungen von vor 50-100 Jahren. haben. Einsteigern, die mit Ferngläsern helle Ob­ Andererseits lernen die Jugendlichen das jekte bearbeiten, bis zu den professionel­ wissenschaftliche Arbeiten von der Da­ len Nutzern anderer Datenquellen (Da­ tenauswertung bis zur Publikation an tamining) eine Fülle von Möglichkeiten, einem kleinen Beispiel kennen. sich in das Arbeitsgebiet der veränderli­ chen Sterne einzuarbeiten. Zum anderen Mit der Möglichkeit, große Datenzentren besteht auch die Möglichkeit, interessan­ wie z.B. den Catalina Survey und digitali­ te Resultate unserer Messungen in den sierte Fotoplatten von Plattenarchiven zu BAV-Rundbriefen zu veröffentlichen. nutzen, lassen sich solche Praktika auch realisieren, wenn man kein eigenes Beob­ achtungsmaterial zur Verfügung hat. Neues aus dem Vorstand von Astrid Gallus

Nach der Neuwahl auf der Mitglieder­ Im November fand die jährliche Fach­ Der Vorstand wurde zur Delegiertenver­ versammlung Ende Oktober 2017 in gruppentagung der VdS in der Stern­ sammlung der Schweizerischen Astro­ Heidelberg wurde der neue Vorstand be­ warte in Kirchheim statt, die eine gut nomischen Gesellschaft eingeladen und reits im Vereinsregister eingetragen und besuchte und konstruktive Veranstaltung wird mit drei Vertretern dort Anfang die ersten Vorstandssitzungen fanden war. Das nächste Fachgruppentreffen ist April 2018 teilnehmen. Der Austausch Mitte Dezember 2017 und Ende Januar für den 23. Juni 2018, abermals in Kirch­ zwischen den beiden Vereinen hat eine 2018 statt. Zu seiner Unterstützung hat heim angesetzt. Es mögen sich alle Fach­ langjährige Tradition und soll weiter in­ er drei Mitglieder in den Vorstand koop­ gruppenleiter, Stellvertreter und Interes­ tensiviert werden. Bis dahin jedoch wird tiert: Dr. Werner Celnik, Claudia Henkel senten an einer solchen Tätigkeit diesen der Vorstand erneut getagt haben und sowie Dr. Rolando Dölling, alle werden Termin freihalten. Die Fachgruppen wieder ein Stück weiter in seinen Vor­ mit unterschiedlichen Aufgaben betraut benötigen ständig neue Unterstützung, haben gekommen sein. Sie sehen, bei werden. Bereits auf den Weg gebracht zum Teil scheiden langjährige Leiter aus der VdS ist immer etwas los – bis zum wurde auch die Nachfolge von Alexan­ und es werden Nachfolger und Aktive nächsten Bericht aus dem Vorstand! der Weis, der nicht mehr unsere Web­ gesucht. Derzeit wird die Gründung einer seite betreuen kann. Hierfür konnte Herr neuen Fachgruppe der VdS „Radioastro­ Gerrit Grutzek gewonnen werden. Auch nomie“ geplant. Das Gründungstreffen der Wechsel der Schatzmeister wurde fand am 03.02.2018 in den Räumen des vollzogen: Dr. Andreas Klug hat die Radioteleskops am Stockert statt. Wir Nachfolge des langjährig tätigen Tho­ werden dazu im nächsten VdS-Journal mas Keßler angetreten. Wenn wir schon berichten. beim Thema sind: Mit dem letzten Jour­ nal gingen im Januar die Beitragsrech­ Auf der Mitgliederversammlung in Hei­ nungen für 2018 heraus. Neu ist, dass delberg wurde darum gebeten, das Pro­ aus kostensparenden Gründen auf eine tokoll der Versammlung zeitnah den Mit­ Perforation von Mitgliedsausweis und gliedern zur Verfügung zu stellen; auch Überweisungsträger verzichtet wurde. dieses wurde bereits umgesetzt: Es kann Der Vorstand bittet alle Mitglieder um auf der VdS-Webseite im „Mitglieder­ zügige Überweisung der Beiträge, sofern bereich“ heruntergeladen werden. (Wer das noch nicht geschehen sein sollte. keinen Internetzugang hat, wendet sich bitte an die Geschäftsstelle.)

VdS-Journal Nr. 65 128 VdS-Nostalgie

Ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker – Folge 32

Im Doppelheft Juli/August 1968 der VdS-Nachrichten finden wir als Aufmacher den Nachruf auf Cuno Hoffmeister, der hier als Faksimile wiedergegeben ist. Sein Name klingt bis heute nach und dürfte auch den Jüngeren nach so langer Zeit noch ein Begriff sein. Sein astronomischer Werdegang hingegen wird Wenigen im Detail bekannt sein.

VdS-Journal Nr. 65 VdS-Nostalgie VdS-Nostalgie 129

VdS-Journal Nr. 65 130 VdS vor Ort / Tagungsberichte

36. BoHeTa mit Themenschwerpunkt „Aktive Galaxienkerne“

von Kai-Oliver Detken

Die Bochumer Herbsttagung (BoHeTa) bot auch im Jahr 2017 wieder einen in­ teressanten Mix aus Erfahrungsberichten von Hobbyastronomen sowie Ergebnis­ sen von Forschungsaktivitäten, die sich dieses Mal mit aktiven Galaxienkernen beschäftigten. Trotz der Nutzung eines anderen Hörsaals, der deutlich schwerer auf dem Gelände der Ruhr-Universität Bochum zu finden war, nahmen an der Veranstaltung rund 180 Besucher teil, die vom Veranstalterteam wieder hervor­ ragend organisiert war.

Den Anfang machte Bernd Gährken, in­ dem er Neues vom Zwergplaneten Hau­ mea berichtete [1]. Am 21.01.17 war eine Sternbedeckung von ihm beobachtet worden, zudem wurden Messungen von Hobbyastronomen aus ganz Europa ge­ 1 Neuer Tagungsort – der Hörsaal H-NB in der Bochumer Ruhr-Universität sammelt und ausgewertet. Demnach ist (Bildautor: P. Riepe) deutlich größer als bisher ange­ nommen. Er übertrifft auf der länglichen Achse sogar den Zwergplaneten Pluto. Über Mythen und Realitäten von Polar­ handelte es sich überwiegend um Offene Zusätzlich konnte zum ersten Mal ein lichtern berichtete Stefan Krause von Sternhaufen, die auch im Fernglas ver­ Ring nachgewiesen werden! Die Ergeb­ Eclipse-Reisen [3]. So bestehen zu diesem schiedene Erscheinungsformen aufwie­ nisse wurden in einem Fachartikel ver­ Thema einige Vorurteile und viele falsche sen. Die eigenen Zeichnungen wurden öffentlicht, an dem Bernd Gährken als Vorstellungen, z. B. dass es in Deutsch­ anschließend mit aufgenommenen Bil­ Co-Autor mitwirkte, worauf er in der Tat land keine Polarlichter zu sehen gäbe, dern verglichen. stolz sein kann. was gerade im Jahr 2017 im September widerlegt wurde. Eine andere Meinung Daniel Fischer unternahm mit den Teil­ Im zweiten Vortrag wurde der Traum ei­ ist, dass man mit Smartphones keine gu­ nehmern im Anschluss eine Spritztour ner eigenen Sternwarte von Peter Köch­ ten Bildergebnisse bekommen kann. Die zu Argentiniens Feuerring. Er beantwor­ ling von der Astronomischen Arbeitsge­ Unterschiede zu DSLR-Kameras lassen tete dabei auch die Frage, warum sich meinschaft Geseke [2] thematisiert. Dabei sich aber kaum noch feststellen, wie an 30.000-km-Reisen für wenige Minuten lag der Fokus u. a. auf einer preisgüns­ einem Bild eindrucksvoll bewiesen wur­ Extrem-Astrofotografie lohnen. Ver­ tigen und einfachen Realisierung. Sein de. Allerdings waren die Vergleichsbilder schiedene SoFi-Reisen erlauben eigene Tipp war, erst einmal mit einer eigenen auch sehr klein. Weitere Mythenbeispiele Foto-Experimente. So zeigte er durch sei­ Säule anzufangen. Durch Einsatz von (u. a. Farben von Polarlichtern, pulsie­ ne Aufnahmen, dass sogar die Chromo­ zwei C11-Teleskopen wurde durch eine rende Aurora) folgten. sphäre der Sonne bei einer ringförmigen Knicksäule in Eigenarbeit die gleichzei­ SoFi nachgewiesen werden kann. Wenn tige Nutzung beider Tuben an einer EQ6- Daniel Spitzer von den Sternfreunden man keinen Filter bei einer ringförmigen Montierung möglich. Eine Sternwarte Münster [4] berichtete von Deep-Sky- SoFi verwendet, lässt sich sogar der Di­ war der nächste Schritt seiner Verbesse­ Beobachtungen am lichtverschmutzten amantring abbilden. Verschiedene SoFi- rungen. Dafür wurde eine Holzhütte um Waikiki-Strand auf Hawaii. Dazu hatte er Aufnahmen aus verschiedenen Jahren die bereits bestehende Säulenkonstrukti­ nur Stativ und Kamera auf die Reise mit­ wurden den Teilnehmern gezeigt. Ab­ on gebaut, um möglichst alle Seeing-Ef­ genommen. Am Strand war trotz einer schließend wurden die Ergebnisse der fekte zu minimieren. Die Sternwarte wird erheblichen Lichtmenge das Kreuz des SoFi in den USA präsentiert, die sich dabei von unten gut belüftet, um schnel­ Südens gut am Nachthimmel sichtbar. ebenfalls sehen lassen konnten. ler auskühlen zu können. Auch eine in­ Er hatte einige Beobachtungen durch­ terne Luftzirkulation wurde eingeplant. geführt und Zeichnungen von den be­ Das war eine blendende Überleitung zu obachteten Objekten angefertigt. Dabei dem Vortrag von Kai-Oliver Detken, der

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auf die durchgeführte Vereinsreise der Astronomischen Vereinigung Lilienthal (AVL) [5] mit insgesamt sechs Teilneh­ mern einging. Die Fahrt in die USA hat­ te dabei alle Aspekte einer SoFi-Reise, da Spannung durch das Wetter und die unvorhersehbare Verkehrslage garan­ tiert waren. In nur drei Wochen wurden 10 National- und State-Parks besichtigt sowie über 6.000 km zurückgelegt. Die SoFi selbst wurde bei optimalem Wetter miterlebt und fotografisch sowie visuell genossen. Neben eigenen Bildern wur­ den auch Ergebnisse von anderen VdS- Mitgliedern (Stefan Binnewies und Peter Remmel) präsentiert, die zeitgleich in an­ deren Bundesstaaten die SoFi miterleb­ ten. Auf dem Rückflug konnten dann so­ gar noch Polarlichter aus dem Flugzeug heraus fotografiert werden, was durch einen Hinweis von Bernd Gährken über die Mailingliste der FG Astrofotografie ermöglicht wurde.

Die traditionelle Verleihung des Reiff- Preises für Amateur-/Schularbeit wurde wieder sehr professionell von Dr. Carolin Liefke durchgeführt. Ausgezeichnet wur­ den das Dr.-Wilhelm-Andre-Gymnasium in Chemnitz (dritter Preis), die Sternwar­ te Siebengebirge (zweiter Preis) sowie die Leonore-Goldschmidt-Schule in Hanno­ ver (erster Preis).

Danach ging es zum Kernthema der Bo­ HeTa über, indem Dr. Dominik Elsässer von der Universität Dortmund/Würzburg über Multiwellenlängen-Beobachtungen von aktiven Galaxienkernen berichtete. 2 Helles und ausgedehntes Polarlicht am 21.01.2015 über der Insel Senja Aktive Galaxienkerne wurden schon in (Region Tromsø/Norwegen). In diesem Fall gibt das Foto hinsichtlich Farben und früher Zeit beobachtet. 1943 veröffent­ Helligkeit den visuellen Eindruck fast genau wieder. Copyright: Somersault Clicks lichte Carl K. Seyfert eine Liste naher (www.somersaultclicks.de).

3 Die HEGRA-Teleskope (High Energy Gamma Ray Astronomy) auf La Palma (Bildautor: K.-O. Detken)

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Galaxien mit ungewöhnlichen Emissi­ onslinien, die heute als Seyfert-Galaxien bekannt sind. Maarten Schmidt erkann­ te 1963 diese Linien als extrem rotver­ schobene Balmer-Serie des Wasserstoffs. Bei einem aktiven Galaxienkern muss es sich daher um ein Objekt handeln, das sehr weit entfernt ist und eine enorme Leuchtkraft besitzt. Es wurde herausge­ funden, dass diese Galaxienkerne zen­ trale Schwarze Löcher besitzen, die die Energie freisetzen. Damit spielen aktive Galaxienkerne in der Astronomie eine wichtige Rolle als Beobachtungswerkzeu­ ge, etwa zum Nachweis intergalaktischen Wasserstoffs durch Absorptionslinien, als ferne Lichtquelle bei Gravitationslinsen oder als so gut wie unveränderliche Be­ zugspunkte für Astrometrie oder Geodä­ 4 Gespannte Zuhörer beim Fachvortrag (Bildautor: P. Riepe) sie. Trotzdem sind noch lange nicht alle Fragen beantwortet. Unter anderem wird daher auf La Palma mittels der HEGRA- nen festlegen, da man Himmelsbereiche Die BoHeTa bot wieder viel Interessan­ Teleskope (High Energy Gamma Ray erkunden wollte, die nicht von anderen tes und Neues. Trotz des Umzugs in ei­ Astronomy) weiter geforscht, um rotver­ Suchprogrammen bereits durchmustert nen neuen Vorlesungssaal fand wieder schobene Gammaquellen zu finden. werden. Das Programm dafür wurde eine rege Beteiligung statt. Daher wird selbst geschrieben und für die Internet- es auch am 3. November 2018 eine 37. Der nächste Vortrag von Christian Lorey Nutzung optimiert. Gesucht werden so Auflage geben. zur Helligkeitsüberwachung aktiver Gala­ genannte „Mover" (bewegte Objekte). xienkerne an der Hans-Haffner-Sternwar­ Dabei wird das „Blinking“ über animierte te [6] ging weiter auf die Beobachtungs­ GIF-Dateien angewandt, um Asteroiden Weblinks: praxis ein. Das naturwissenschaftliche oder Zwergplaneten herauszufinden. Bis [1] B. Gährken, 2017: „Haumea-Vor- Schülerlabor umfasst dort Labore, in de­ heute wurden bereits sehr viele NEO-Ent­ trag“, Homepage, www.astrode.de/ nen echte Probleme aus der Forschung deckungen gemacht! haumeavortrag.html behandelt werden. Die Hans-Haffner- [2] Astronomische Arbeitsgemeinschaft Sternwarte ist ein Selbstbau und mit Abschließend berichtete Peter Riepe über Geseke: www.astronomie-geseke.de einer 3,7-m-Kuppel ausgestattet. Haupt­ HII-Regionen. Sie sind stets mit Stern­ [3] Eclipse Reisen: www.eclipse-reisen. instrument ist ein Astrograph CDK 20 auf entstehungsgebieten verknüpft und ste­ de der Montierung GM4000 von 10micron, hen im Verbund mit Molekülwolken. [4] Sternfreunde Münster: www. was professionellen Ansprüchen absolut Junge, massereiche Sterne der Spektral­ sternfreunde-muenster.de genügt. Dabei wird das selbstständige typen O4 bis B1 bringen diese Regionen [5] Astronomische Vereinigung Lilien- Arbeiten der Schüler gefördert, die auch zum Leuchten (Hα, Hβ, [OIII], [SII]). Ex­ thal: www.avl-lilienthal.de den Messbetrieb selbst organisieren. Ei­ emplarisch wurde die Analyse der Umge­ [6] Hans-Haffner-Sternwarte: nige Schüler sind sogar nach der Schule bung von M 17 anhand eines Bildes von http://schuelerlabor-wuerzburg. dem Projekt erhalten geblieben. So kann Frank Sackenheim aus Namibia mit ei­ de/?p=Sternwarte Astronomie lebendig und nachhaltig ner Gesamtbelichtung von 17,7 Stunden [7] Teide Observatory Tenerife Asteroid vermittelt werden! durchgeführt. Dabei ergaben sich bei den Survey (TOTAS): http://vmo.estec. lichtschwachen optischen HII-Regionen esa.int/totas/mover.php?id=220640 Danach wandte sich Rainer Kresken dem über die gängigen Datenbanken oft Iden­ [8] Optical Ground Station (OGS): Asteroidensuchprogramm TOTAS (Teide tifizierungsprobleme. Andere Nachweis­ www.esa.int/Our_Activities/Space_ Observatory Tenerife Asteroid Survey) möglichkeiten sind aber katalogisierte Engineering_Technology/Space_ [7] zu, welches ein weiteres Beispiel für O-Sterne, dazu Ergebnisse der Radio- Optoelectronics/Optical_Ground_ die erfolgreiche Zusammenarbeit von und Infrarot-Astronomie. So gibt es zur Station_OGS Profis und Amateuren ist. Er stellte ei­ Staubverteilung im NASA/IPAC Infrared [9] NASA/IPAC Infrared Science Ar- nes Tages direkt an die ESA die Frage, Science Archive [9] entsprechende On­ chive: http://irsa.ipac.caltech.edu/ ob man die Optical Ground Station (OGS) line-Recherche-Möglichkeiten. Es ist da­ frontpage/ [8] auf Teneriffa nicht für die Suche nach her durchaus spannend, „pretty pictures“ Asteroiden verwenden könnte, und be­ auch einmal im Detail zu betrachten und kam eine positive Antwort! Bei der Su­ entsprechend auszuwerten. che muss man sich auf einzelne Regio­

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Leben im All? – II. Sehnsucht nach Kontakten von Thomas Eversberg

Gibt es außerirdisches Leben auf einer „zweiten Erde“ in einem anderen Stern­ system? Gibt es dort vielleicht sogar in­ telligentes Leben? Und wenn ja, können wir Kontakt aufnehmen? Mit der Entde­ ckung extrasolarer Planeten (Exoplane­ ten) liefert die Forschung nicht nur spek­ takuläre Ergebnisse, die unser kosmisches Weltbild revolutionieren. Darüber hinaus wird nun spekuliert, dass das Weltall von Leben nur so wimmelt – die phy­ sikalischen Gesetze gelten ja überall. Ist dieser Ansatz jedoch richtig? Kann man die Wahrscheinlichkeit für extrasolares Leben überhaupt verlässlich abschätzen? Und wie wahrscheinlich ist ein Kontakt mit einer anderen Zivilisation? (Teil I des Beitrags erschien im VdS-Journal für 1 Der Andromeda-Nebel mit einer ähnlichen Struktur und Größe wie unsere Galaxis Astronomie 64 (I-2018), S. 119) (Wikipedia)

Verloren in Raum und Zeit Ein spezieller Parameter der Drake-Glei­ die Zeitdauer, in der entwickelte Zivili­ chung ist die Zeitdauer, in der entwickel­ sationen Signale an uns senden können te Zivilisationen Signale an uns senden (der Faktor L in der Drake-Gleichung – können. Er hat insofern einen besonde­ siehe Teil I) wieder von den im ersten Teil ren Charakter, da er sowohl von der Dis­ angesprochenen Unsicherheiten ab. Wer tanz zu anderen Zivilisationen als auch weiß schon, ob und wann die Radiotech­ von der Zeit abhängig ist, die ein aus­ nik generell entwickelt wird. Und wie gesendetes Signal zu uns braucht. Eine lang eine Spezies überhaupt existieren Zivilisation am „anderen Ende unserer kann, hängt dann wiederum von vielen Galaxis“ wird angesichts der Signalüber­ unbekannten Parametern ab, wie wir es tragungsdauer von rund 100.000 Jahren, an unseren unsicheren Zukunftsaussich­ gelinde gesagt, nur recht veraltete Nach­ ten durchaus ablesen können. Mit diesen richten übermitteln können, und eine Überlegungen kann sich die Gesamtunsi­ sinnvolle Unterhaltung ist unmöglich. cherheit der Drake-Gleichung wiederum Darüber hinaus müssen entsprechende nur erhöhen, nicht aber verringern. zivilisatorische Epochen übereinstim­ men. Der Sender muss senden und der Worüber wollen wir reden? Empfänger entsprechend verspätet emp­ Man mag nun einwenden, dass entwi­ fangen können, beides jeweils in Zeital­ ckelte Zivilisationen durchaus zum rich­ tern, in der die entsprechende Technik tigen Zeitpunkt in unserer kosmischen auch zur Verfügung steht. Für die Erde Nachbarschaft innerhalb weniger hun­ sind das die letzten 150 Jahre, also knapp dert Lichtjahre entstanden sein könnten. ein 25-tausendstel der Zeit seit dem Auf­ Das ist natürlich völlig korrekt, auch tritt des Menschen vor rund 4 Millionen wenn man das nicht wissen kann. Abge­ Jahren. Und da das für eine Unterhaltung sehen von der ungemein geringen Wahr­ wechselseitig möglich sein muss, stößt scheinlichkeit dieser Situation muss man man hier zwangsläufig auf Probleme ver­ dann jedoch nach dem „Unterhaltungs­ schiedener Epochen in der Entwicklung wert“ eines Dialogs fragen, bei dem die und Existenz von intelligenten Spezies. Auf jeden Fall dürften die Dialogpartner nicht zu weit entfernt voneinander leben, 2 Die in Richtung M 13 gesendete und ansonsten wäre ein Gespräch wiederum korrekt decodierte Arecibo-Botschaft sinnlos (Abb. 1). Darüber hinaus hängt (Wikipedia)

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haben, obwohl wir natürlich extrem vie­ le Erkenntnisse angesammelt haben. Wir stehen eben immer noch „mit dem einen Bein im Marskanal, mit dem anderen im Neandertal“ (Udo Lindenberg), was angesichts der geringen zeitlichen Dis­ tanz zu unseren Vorfahren nicht über­ rascht. Betrachtet man jedoch die Fakten im wissenschaftlichen Sinn, sollten wir Glauben und Wissen stets scharf vonein­ 3 Das im Bau befindliche European Extremely Large Telescope (Wikipedia) ander trennen. Das bedeutet jedoch, dass wir einfach nicht wissen, ob es außerir­ disches Leben gibt. Und vermutlich wird Antworten um einige hundert Jahre ver­ Kontakt mit einer hochentwickelten Zi­ sich das in absehbarer Zeit nicht ändern. zögert wären. Oder anders ausgedrückt: vilisation für uns gut ist. Beim Aufeinan­ Würde uns die Antwort auf eine Frage dertreffen unterschiedlicher Kulturen auf Helfen moderne Teleskope weiter? interessieren, die wir vor 1.000 Jahren an der Erde folgten beinahe durchweg Mord Per heute (Februar 2018) kennen wir rund eine 500 Lichtjahre entfernte Zivilisation und Totschlag, so dass Douglas Adams in 3.700 Exoplaneten, überwiegend Gas­ gestellt haben? „Per Anhalter durch die Galaxis“ wohl planeten. Dies ist zweifellos modernen den Kern der Sache getroffen hat. Die Teleskop- und Detektortechnologien zu Man mag einwenden, dass eine fremde Vogonenraumschiffe sprengten die Erde verdanken. Spektroskopische Messungen Zivilisation für uns interessante Informa­ jedenfalls zugunsten eines intergalakti­ liefern mittlerweile sogar Daten zur Zu­ tionen quasi in einer Einbahnstraße sen­ schen Highways ... sammensetzung der Atmosphären einiger den könnte. Die Wahrscheinlichkeit für Exoplaneten. Die Vermutung liegt daher solch ein Handeln sowie für den Emp­ Glauben und Wissen durchaus nahe, entscheidende Durch­ fang solch einer Nachricht dürfte jedoch Wir müssen also davon ausgehen, dass brüche inklusive einer Entdeckung von sehr gering sein. Die Menschheit hat das gleiche physikalische Gesetze und die Lebenssignaturen stünden kurz bevor. schon einmal durchgeführt, als sie am Drake-Gleichung für die Frage nach Das ist angesichts wissenschaftlicher Öf­ 16. November 1974 mit dem Arecibo- außerirdischem Leben oder gar außerir­ fentlichkeitsarbeit wenig überraschend, Radioteleskop eine codierte Nachricht in discher Intelligenz keine befriedigenden werden entsprechende Fantasien von im Richtung des Kugelhaufens M 13 sendete. Antworten liefern können. Eine zumin­ Feld aktiven Wissenschaftlern durchaus Abgesehen davon, dass diese von Frank dest näherungsweise Abschätzung der befördert, um, wie schon dargestellt, For­ Drake und Carl Sagan initiierte „Arecibo- Wahrscheinlichkeit für Leben im All ist schungsgelder für entsprechende Grund­ Botschaft“ [4] (Abb. 2) den Sternhaufen schlicht unmöglich. Dazu fehlen uns lagenforschung zu erhalten [5]. In der wegen der abfallenden Signalstärke nicht zum einen die entsprechenden statisti­ astrophysikalischen Fachliteratur spielen erreichen kann, wäre ein Dialog mit rund schen Fakten (es gibt nur ein einziges diese Fantasien jedoch keine wesentliche 50.000-jähriger Verzögerung inhaltslos, uns bekanntes Beispiel für Leben auf ei­ Rolle. Warum ist das so? selbst wenn eine solche Nachricht relativ nem Planeten, unsere Erde) und zum an­ komplexe Informationen liefern kann, deren das Wissen um die Voraussetzung Die Antwort findet sich wieder einmal falls sie entschlüsselt wird. Egal, die Are­ niedrigen oder gar intelligenten Lebens. in den finanziellen und physikalischen cibo-Botschaft war eine reine Werbever­ Bekannt sind lediglich einige Faktoren, Randbedingungen. Wissenschaftlern ist anstaltung. Ich will damit nicht sagen, die im Laufe von rund vier Milliarden zunächst klar, dass auch extrem große dass der Versuch, fremde Nachrichten Jahren Evolution allgemein wichtig ge­ Teleskope (Abb. 3) keine Quantensprünge mit Radioschüsseln zu empfangen, prin­ wesen sein könnten. Die potenziellen in Sachen Datenqualität liefern können. zipiell zum Scheitern verurteilt ist. Ob die Varianten unterschiedlicher geologi­ Schon jetzt meinen die meisten Forscher, Finanzierung entsprechender Radiotele­ scher und evolutionärer Entwicklungen dass neue Exoplaneten nur noch mit skope angesichts der vom SETI-Projekt sind jedoch so zahlreich, dass sie keine großen Teleskopen ab etwa 4 m Apertur zugrunde gelegten Drake-Wahrschein­ verlässlichen Szenarien liefern können. entdeckt werden können. Darüber hinaus lichkeiten (SETI erwartet 300 Zivilisatio­ Man kann durchaus der Idee nachhän­ scheinen fundamentale Untersuchungen nen in der Milchstraße) und völlig unsi­ gen, dass es „dort draußen“ doch Leben physikalischer Parameter von Exopla­ cheren realen Faktoren der Öffentlichkeit geben müsse – ich gebe offen zu, dass neten nicht auszureichen, um das ent­ zu vermitteln ist, ist dabei eine ganz auch ich nicht frei bin von dieser roman­ sprechende Forschungsgebiet und dazu andere Frage. Insbesondere, wenn es um tischen Vorstellung. Man sollte sich dann notwendigerweise riesige Teleskope in Kosten von mehreren Milliarden Dollar aber klar machen, dass man damit prin­ der Öffentlichkeit zu legitimieren. Die geht, wie sie 1971 für das vorgeschlagene zipiell den Vorstellungen von Urvölkern Astronomie hat sich völlig analog zur Zyklop-Projekt (ein Antennenpark mit und damit unseren Ursprüngen folgt. Das Hochenergiephysik auf den Pfad teurer 1.500 Teleskopen von rund 100 Metern ist insofern wenig überraschend, da wir Großforschung begeben und auch Astro­ Durchmesser) veranschlagt wurden. Da­ entwicklungsgeschichtlich unser Verhal­ nomen werden wohl bald an ihre „na­ rüber hinaus sollte man fragen, ob ein ten nicht wesentlich weiter entwickelt türlichen finanziellen Grenzen“ stoßen,

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wie es bei Teilchenbeschleunigern schon ßen erfolgreich sein (Abb. 4). Und dabei Erbe annehmen. Wir halten uns für die geschehen ist. Der Zugang zu den Geld­ waren wir stets Wanderer auf der Suche Ritter vom heiligen Kontakt. … Menschen töpfen ist eben limitiert. Außerdem darf nach neuen Welten. Es liegt also nahe, suchen wir, niemanden sonst. Wir brau- man aus physikalischen Gründen nicht uns generell eine Neigung zur Hinwen­ chen keine anderen Welten. Wir brau- erwarten, dass uns zukünftige Großtele­ dung zu anderen Menschen und Welten chen Spiegel. Mit anderen Welten wissen skope der 40-Meter-Klasse Informatio­ zu unterstellen. Oder anders: Da wir auf wir nichts anzufangen. Es genügt unsere nen liefern, die die oben beschriebenen einem technologisierten, komplett ent­ eine, und schon ersticken wir an ihr.“ prinzipiellen Probleme überwinden. Grö­ deckten und vernetzten Planeten leben, ßere Teleskope, ob im All oder auf der sind wir entwicklungspsychologisch Erde, werden zwar bessere Daten mit vielleicht sogar gezwungen, unsere Nei­ Literaturhinweise: kleineren Fehlerbalken liefern. Doch gungen auf das unbekannte Weltall zu [1] B. Carter, 1974: in “Confrontation Teleskopoptiken­ sind im Wesentlichen verlegen. Diese Neigung ist vermutlich of cosmological theories with von zwei Faktoren dominiert, dem geo­ auch der psychologische Treiber für die observational data”, Proceedings of metrischen bzw. spektralen Auflösungs­ bemannte Raumfahrt. Dass dies alles an the Symposium, Krakow, Poland, vermögen und dem Bildkontrast (dem den überwältigenden Distanzen im All September 10-12, Dordrecht, D. Signal-zu-Rausch-Verhältnis der Daten). scheitert, beinhaltet eine gewisse Tra­ Reidel Publishing Co., p. 291-298 Beide Parameter hängen vom Spiegel­ gik und wir werden die Unerfüllbarkeit [2] J. Diamond, 2006: „Arm und durchmesser ab und nicht von dessen dieser Sehnsucht intelligent und rational Reich: Die Schicksale menschlicher Fläche. Das heißt, das kommende E-ELT kompensieren müssen. In dieser Hinsicht Gesellschaften“, 9. Auflage, ISBN wird die Datenqualität im Vergleich ak­ überlasse ich dem Science-Fiction-Autor 3596172144 tueller Großteleskope linear etwa um den Stanislaw Lem das letzte Wort. In seinem [3] F. Drake, D. Sobel, 1998: „Signale Faktor 4 verbessern, nicht jedoch um Po­ Roman Solaris [6] gibt er einen Hinweis von anderen Welten – die wissen- tenzen, wie es mit dem Begriff „Quanten­ auf unsere Natur sowie auf die Heraus­ schaftliche Suche nach außerirdi- sprung“ so gern suggeriert wird. Da sind forderungen, die in Wirklichkeit auf uns scher Intelligenz“, Droemer, Knaur, laienhafte Fantasie und die Sehnsucht warten. München ISBN 3-426-77351-1 nach anderen Erden bei der Akquise von [4] The Staff at the National Astrono- Forschungsgeldern durchaus hilfreich. „Wir wollen gar nicht den Kosmos er- my and Ionosphere Center, 1975: obern, wir wollen nur die Erde bis an sei- „The Arecibo message of November, Sehnsucht nach Kontakten? ne Grenzen erweitern. Die einen Planeten 1974”, Icarus 26, p. 462 Meine Betrachtungen dürften für manche haben voll Wüste zu sein, wie die Sa- [5] L. Kaltenegger, 2013: „Die Suche Enthusiasten ziemlich ernüchternd sein. hara, die anderen eisig wie der Pol oder nach der zweiten Erde“, Sterne und Wir sind nicht in der Lage, irgendetwas tropisch wie der brasilianische Urwald. Weltraum 9-2013 Verlässliches zur Wahrscheinlichkeit von Wir sind humanitär und edel, wir wollen [6] S. Lem, 1961: „Solaris“, Roman, Leben im All zu sagen. Außerdem ver­ die anderen Rassen nicht unterwerfen, Wydawnictwo Ministerstwa Obrony hindern die überwältigenden Distanzen wir wollen ihnen nur unsere Werte über- Narodowej (MON), Warschau (Erst- zwischen den Sternen jeden sinnvollen mitteln und, als Gegengabe, ihrer aller ausgabe) Dialog, falls es denn andere Zivilisatio­ nen geben sollte. Daher bleiben uns nur fundamentale Untersuchungen fremder Welten durch Messungen. Im Sinne ei­ ner integren Wissenschaft sollten wir uns von fantastischen Vorstellungen ei­ nes Kontakts mit anderen Zivilisationen realistischerweise verabschieden.

Das scheint Vielen schwer zu fallen. Die Diskussion über belebte Exoplaneten und der Wunsch nach einem interstel­ laren Kontakt werden rege geführt. In den meisten Fällen geschieht dies unter völliger Ignorierung der wissenschaft­ lichen Fakten, sei es aus Enthusiasmus oder Unkenntnis. Diese Sehnsucht muss jedoch einen Grund haben. Dazu ist zu sagen, dass der Mensch entwicklungsge­ schichtlich ein Herdentier ist. Ob bei der Jagd oder bei der Aufzucht des Nach­ wuchses – nur in Gruppen konnte un­ sere Spezies über Jahrmillionen derma­ 4 Über 30.000 Jahre alte Zeichnungen aus der Chauvet-Höhle (Wikipedia)

VdS-Journal Nr. 65 SCHWAN LEIER Wega ZWILLINGE GROSSER BÄR Castor Albireo HERKULES LUCHS Pollux

NÖRDL. JAGDHUNDE KREBS KRONE KLEINER LÖWE BOOTES Gemma HAAR DER KLEINER BERENIKE HUND Arktur LÖWE Procyon SCHLANGE Regulus (KOPF)

JUNGFRAU

SCHLANGEN- TRÄGER SEXTANT Alphard

WAAGE Spica BECHER

SKORPION Jupiter SÜDOST RABE

WASSERSCHLANGE Sternkarte exakt gültig für 15. April 1 Uhr MESZ SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de Mondphasen im April 2018

Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel Vollmond 8.4. 16.4. 22.4. 30.4. Planeten im April Ereignisse im April Merkur hat seine Abendsichtbarkeit gerade hinter sich, 01. 4h Mond 7,8° NW Spica (α Vir, 1,1 mag) 24. 00:08 und Schatten Transit vor Jupiter, bis 02:38 im April ist er nicht zu sehen. 02. 04:30 Mars (0,3 mag, 8,5’’) 1,3° S Saturn (0,5 mag, 16,7’’) u. 24. 21:53 Mond 32’ NO Regulus (α Leo, 1,4 mag) 22’ N Kugelhfn. M 22 (5,2 mag), Sternbild Sagittarius 28. 21:37 Mond 6,3° N Spica (α Vir, 1,1 mag) Venus entwickelt sich zum gut sichtbaren Abendstern. 03. max. Libration im Mond-SO, 8,2° 30. 01:58 Vollmond Ende April zieht sie unterhalb der Plejaden entlang. 03. 4h Mond 7,6° NW Jupiter (-2,4 mag, 42,8’’), Sternbild 30. max. Libration im Mond-SO, 8° Libra 30. Merkur in größter westl. Elongation (27°), keine Mars ist Planet der zweiten Nachthälfte, Anfang April zieht er 05. 4h Mond 8,3° N Antares (α Sco, 1,1 mag) Morgensichtbarkeit nah am Ringplaneten Saturn vorbei. 07. 04:30 Mond 4,5° W Saturn (0,5 mag, 16,8’’), Sternbild 30. 21h Mond 3,3° NO Jupiter (-2,5 mag, 44,7’’), Sternbild Libra Sagittarius Jupiter steuert auf seine beste Sichtbarkeit im Mai zu, der 08. 01:52 Io und Schatten Transit vor Jupiter, bis 04:43 Riesenplanet ist ein auffällig helles Gestirn ab den späten 08. 3h Mond 4,7° NO Mars (0,1 mag, 8,9’’), Sternbild Sagittarius Abendstunden. 08. 06:29 Mond erdfern, 29,7’ 08. 08:18 Letztes Viertel Saturn wird Anfang April von Mars passiert, auch er entwickelt 13. Mars Phasenwinkel (40,8°), deutliche Phasengestalt sich zum Objekt der zweiten Nachthälfte. 16. max. Libration im Mond-NW, 8,1° 16. 02:57 Neumond Uranus wird im April hinter der Sonne vorbeilaufen, er ist 17. 20:15 Mond 6,2° S Venus (-3,9 mag, 11,0’’) nachts demnach unter dem Horizont. 18. 21h Mond 6,1° W Aldebaran (α Tau, 1,0 mag), in N- Skandinavien Bedeckung Neptun hat etwas Vorsprung vor Uranus, ist im April aber 19. Uranus in Konjunktion zur Sonne auch nicht zu sehen. 19. 00:06 Ganymed tritt in Jupiterschatten ein, Austritt ab 02:06 20. Mars überschreitet einen Winkeldurchmesser von 10’’ 20. 15:39 Mond erdnah, 32,9’ 20. 21:30 Kleinplanet 7-Iris (10,1 mag) 52’ S Krebsnebel M 1 (8,4 mag), Sternbild Taurus 20. 22:15 streifende Sternbedeckung durch den Mond (Südrand) an SAO 95402 (7,8 mag), Sternbild Orion, Linie entlang Ostfriesland – nördl. Niedersachsen – Sachsen- Anhalt – Brandenburg - Cottbus 21. 3h Mars (-0,1 mag, 10,1’’) 8’ NO Kleinplanet (144) Vibilia (12,8 mag), Sternbild Sagittarius 21. 21:30 Kleinplanet 7-Iris (10,1 mag) 9,4’ W Stern ζ Tau (3,0 mag) 22. 19h Maximum Meteorschauer der Lyriden, 49 km/s, 18-90/h 22. 22:46 Erstes Viertel Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune (Veränderliche Sterne), Eberhard Riedel Eberhard Sterne), (Veränderliche Braune Werner E. Celnik und Werner von Zusammengestellt Kleinplaneten). durch Klös (Sternbedeckungen Oliver Sternbedeckungen), (streifende

VdS-Journal Nr. 65

DRACHE LUCHS SCHWAN LEIER Wega ZWILLINGE SCHWAN GROSSER BÄR Castor GROSSER BÄR Albireo HERKULES LUCHS Pollux Wega FÜCHSCHEN HERKULES JAGDHUNDE KLEINER LÖWE

NÖRDL. JAGDHUNDE LEIER Albireo KRONE KREBS KLEINER LÖWE DELFIN NÖRDL. BOOTES BOOTES KRONE PFEIL Gemma HAAR DER LÖWE Regulus HAAR DER KLEINER Gemma BERENIKE BERENIKE HUND Arktur LÖWE Arktur Procyon Atair SCHLANGE Regulus (KOPF) ADLER SCHLANGE (KOPF) JUNGFRAU JUNGFRAU SCHLANGE SCHLANGEN- (SCHWANZ) SCHLANGEN- TRÄGER TRÄGER SEXTANT Alphard

WAAGE SCHILD WAAGE Spica Spica BECHER BECHER

SKORPION SKORPION Jupiter Jupiter Saturn SÜDOST RABE SÜDOST RABE

WASSERSCHLANGE Antares Sternkarte exakt Sternkarte exakt gültig für 15. April gültig für 15. Mai WASSERSCHLANGE 1 Uhr MESZ SÜDWEST 1 Uhr MESZ WOLF SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de SÜD www.sternfreunde.de Mondphasen im April 2018 Mondphasen im Mai 2018

Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel Vollmond Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel Vollmond 8.4. 16.4. 22.4. 30.4. 8.5. 15.5. 22.5. 29.5. Planeten im Mai Ereignisse im Mai Merkur stand zwar Ende April/Anfang Mai weit von der Sonne 02. 2h bis ca. 15.05.: Kleinplanet 4-Vesta (ca. 6,4 mag) südl. Aachen – Mannheim – Heilbronn – Augsburg – entfernt, war aber nur von südlichen Ländern aus zu sehen. ca. 1,5° S Omeganebel M 17, Sternbild Sagittarius südl. München 02. 02:30 Mond 9,4° N Antares (α Sco, 1,1 mag) 22. 00:30 Mond 1,9° NW Regulus (α Leo, 1,4 mag) Venus ist jetzt amtlicher Abendstern, am 17. Mai steht die 05. 03:30 Mond 3,3° O Saturn (0,3 mag, 17,6’’), Sternbild 22. 04:49 Erstes Viertel schmale Sichel des jungen Mondes unter ihr. Sagittarius 22. Mars Südhalbkugel Frühlingsanfang 05. 23:02 Europa und Schatten Transit vor Jupiter, bis 01:23 26. 1h Mond 6,3° N Spica (α Vir, 1,1 mag) Mars geht nun schon gegen Mitternacht auf, der große Auftritt 06. 01:33 Mond erdfern, 29,6’ 27. max. Libration im Mond-SO, 8,4° des roten Planeten bahnt sich an. 06. ab 2h Maximum Meteorschauer der Eta-Aquariden, 66 km/s, 27. 22h Mond 3,2° NO Jupiter (-2,5 mag, 44,4’’) bis zu 50/h 29. 15:20 Vollmond Jupiter ist der „Star“ des Monats, der Riesenplanet kommt am 06. 3h Mond 2,8° NW Mars (-0,5 mag, 11,7’’), Sternbild 29. 22:30 Mond 8,2° NO Antares (α Sco, 1,1 mag) 9. Mai in Opposition – was im Gegensatz zur Politik die beste Sagittarius 31. 23:57 Ganymed tritt in Jupiterschatten ein, Austritt ab 01:56 Sichtbarkeit bedeutet. 06. 22:09 Ganymed und Schatten Transit vor Jupiter, bis 23:52 08. 03:09 Letztes Viertel Saturn folgt Mars nach Mitternacht, der Ringplanet ist Objekt 09. 1h Jupiter (-2,5 mag, 44,8’’) in Opposition zur Sonne, der zweiten Nachthälfte. Sternbild Libra 09. 22:24 Io und Schatten Transit vor Jupiter, bis 00:34, Io VOR Uranus gewinnt nur langsam Abstand von der Sonne, im Mai seinem Schatten! kann man ihn nicht sehen. 10. 4h Jupiter in kleinster Erddistanz, 658,2 Mio. km 13. max. Libration im Mond-NW, 8,8° Neptun taucht wie Uranus im Mai nicht am dunklen 14. 01:52 Beginn Ganymed und Schatten Transit vor Jupiter, bis Nachthimmel auf. 03:50 14. 2h Mars (-0,7 mag, 12,7’’) 19’ S Kugelhfn. M 75 (8,6 mag), Sternbild Sagittarius 15. 12:48 Neumond 17. 00:08 Io und Schatten Transit vor Jupiter, bis 02:28 17. 21:30 Mond 5,5° S Venus (-4,0 mag, 12,3’’) 17. 22:05 Mond erdnah, 32,9’ 18. 22:40 RR Lyr Maximum 7,1 mag, rd. 1,5 Std. schneller Anstieg von 8,1 mag 19. 00:12 Kleinplanet 1-Ceres (8,6 mag) 7,3’ SW Stern κ Leo (4,5 mag) 20. 21:02 streifende Sternbedeckung durch den Mond (Nordrand) an SAO 98245 (6,2 mag), Linie entlang Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, der BAV, Berechnungen Pluto), mittels GUIDE (Project eigene Recherchen Observatory, US Naval Quellen: Homepage [GRAZPREP]), Riedel (Eberhard IOTA/ES der Berechnungen Preston), (Steve IOTA der Berechnungen (IMO). Organization Meteor der International

VdS-Journal Nr. 65 DRACHE GROSSER BÄR

Deneb JAGDHUNDE KLEINER LÖWE

SCHWAN HERKULES Wega LÖWE BOOTES HAAR DER PEGASUS NÖRDL. BERENIKE FÜCHSCHEN LEIER KRONE Albireo Gemma Arktur PFEIL DELFIN

FÜLLEN Atair ADLER SCHLANGE (KOPF) WASSERMANN JUNGFRAU

SCHLANGE SCHLANGEN- (SCHWANZ) TRÄGER

Jupiter Spica SCHILD WAAGE Mars SKORPION SÜDOST Pluto STEINBOCK Saturn

SCHÜTZE Antares Sternkarte exakt gültig für 15. Juni WOLF 1 Uhr MESZ SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de Mondphasen im Juni 2018

Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel Vollmond 6.6. 13.6. 20.6. 28.6. Planeten im Juni Ereignisse im Juni Merkur bietet uns Ende Juni eine Herausforderung: er ist dann 01. 22:03 Io und Schatten Transit vor Jupiter, bis 00:45 25. 22:00 Ganymed Transit vor Jupiter, bis 23:41 von Süddeutschland aus (und weiter südlich) gegen 22:30 Uhr 02. 02:04 Mond 47’ N Saturn (0,2 mag, 18,2’’), Sternbild 26. 00:30 Mond 8,0° N Antares (α Sco, 1,1 mag) Sommerzeit in der Abenddämmerung zu sehen. Sagittarius 27. 14h Saturn (0,0 mag, 18,4’’) in Opposition zur Sonne 02. 17:36 Mond erdfern, 29,1’ 27. 22:30 Kleinplanet 1-Ceres (8,8 mag) 9,6’ N Stern γ1 Leo Venus läutet als Abendstern die Nachtruhe ein. Am 16. Juni steht 03. 02:30 Mond 5,0° NW Mars (-1,3 mag, 15,7’’), Sternbild (2,2 mag), nähernd wieder die schmale Sichel des zunehmenden Mondes neben ihr. 28. 02:30 Mond 1,7° NW Saturn (0,0 mag, 18,4’’), Sternbild 04. 0h Kleinplanet 1-Ceres (8,7 mag) 7,0’ W Stern ε Leo Sagittarius Mars wird im Juni viel heller, der rote Planet glänzt schon fast (3,0 mag), nähernd 28. 05:53 Vollmond die gesamte dunkle Nacht über dem Südosthorizont. 04. 22:40 RR Lyr Maximum 7,1 mag, rd. 1,5 Std. schneller Anstieg 28. 14h Mars (-2,1 mag, 20,3’’) wird rückläufig von 8,1 mag 29. Mars-Südpol nur 3° westl. v. Südrichtung, minimal Jupiter ist nach Venus abends das zweite auffällige Himmelslicht. 06. 19:32 Letztes Viertel 30. 03:45 Mond erdfern, 29,5’ Während Venus im Westen herabsinkt, steigt Jupiter im Südosten 06. 21:25 Europa und Schatten Transit vor Jupiter, bis 00:59 aber immer höher. 10. Mars-Südpol um 15° zur Erde geneigt, Maximum 10. max. Libration im Mond-NW, 9,6° Saturn erreicht Ende Juni seine diesjährige Opposition – der 13. 20:43 Neumond Ringplanet geht bei Sonnenuntergang im Südosten auf, erreicht 15. 00:55 Mond erdnah, 33,0’ gegen Mitternacht seine höchste Stellung über dem Südhorizont 15. 1h Kleinplanet 4-Vesta (5,4 mag) 28’ S off. Hfn. M 23, und geht morgens im Südwesten unter. Sternbild Sagittarius 16. 21:20 U Oph Minimum 6,6 mag, rd. 2,5 Std. Abstieg von Uranus hat sich noch immer nicht so weit von der Sonne entfernt, 5,9 mag dass man ihn nachts sehen könnte. 16. 22:20 Mond 5,5° SO Venus (-4,0 mag, 14,3’’) 16. Kleinplanet 9-Metis (9,7 mag) in Opposition zur Sonne, Neptun geht Ende Juni bereits vor Mitternacht auf, in den hellen Sternbild Ophiuchus Sommernächten lohnt es aber nicht, ihn aufzusuchen. 17. 22:30 Mond 7,2° W Regulus (α Leo, 1,4 mag) 20. Kleinplanet 4-Vesta (5,3 mag, 0,6’’) in Opposition zur Sonne, Sternbild Sagittarius 20. 11:51 Erstes Viertel 21. 11:07 Sommeranfang 21. 22:10 U Oph Minimum 6,6 mag, rd. 2,5 Std. Abstieg von 5,9 mag 21. 22:50 RR Lyr Maximum 7,1 mag, rd. 1,5 Std. schneller Anstieg von 8,1 mag 21. 23:30 Mond 8,2° NW Spica (α Vir, 1,1 mag) 22. max. Libration im Mond-SO, 9,3° 23. 22:45 Mond 3,1° N Jupiter (-2,3 mag, 42,2’’) 24. 0h Kleinplanet 4-Vesta (5,4 mag) 18’ NW Kugelhfn. NGC 6440 (9,3 mag), Sternbild Sagittarius Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10° ö.L. und 50° n.Br. Zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum in MESZ im Zeitraum Umrechnen Zum bei 10° ö.L. und 50° n.Br. in MEZ, für Standort Alle Zeitangaben addieren. zu den Zeitangaben 25.03. 2:00 Uhr MEZ bis 28.10. eine Stunde

VdS-Journal Nr. 65 Beobachterforum 139 DRACHE GROSSER BÄR

Deneb JAGDHUNDE KLEINER LÖWE

SCHWAN Sidewalk Astronomy HERKULES Wega von Robert Zebahl LÖWE BOOTES HAAR DER PEGASUS NÖRDL. Die meisten Amateurastronomen su­ BERENIKE FÜCHSCHEN LEIER KRONE chen oft den Balkon, heimischen Gar­ Albireo ten oder dunkle, verlassene Plätze auf, Gemma Arktur um mit ihrem Teleskop diverse Objekte PFEIL zu beobachten. Wer sich mit der „Side­ DELFIN walk Astronomy“­ (auch „Street Corner FÜLLEN Astronomy“ genannt) beschäftigt, sucht Atair ADLER SCHLANGE gezielt Orte, wo viele Menschen den Weg (KOPF) kreuzen. Hauptsache ist dabei, den Men­ WASSERMANN JUNGFRAU schen aus der Umgebung die Möglichkeit SCHLANGE SCHLANGEN- zu bieten, astronomische Objekte durch (SCHWANZ) TRÄGER ein Teleskop zu betrachten. Da sich die „Sidewalk Astronomy“ meist in Städten Jupiter Spica auf Plätzen oder dem Gehweg abspielt, SCHILD ist natürlich mit ausreichend Beleuch­ WAAGE tung zu rechnen. Es kommen also nur 1 Sidewalk Astronomy: Passanten bestaunen den Mond im 80-mm-Refraktor. Mars SKORPION SÜDOST Pluto hellere Objekte in Frage, typischerweise STEINBOCK Saturn Planeten und Mond sowie tagsüber die SCHÜTZE Antares Sonne mit geeignetem Sonnenfilter. Ne­ auch Kontakte zu Amateurastronomen überraschter. Für viele war es außerdem Sternkarte exakt gültig für 15. Juni ben dem reinen Beobachten hat diese aus der Gegend geknüpft. Dabei waren ein kleines Highlight, auf dem Heimweg WOLF 1 Uhr MESZ SÜDWEST Art der Astronomie noch einen bilden­ alle Altersgruppen vertreten. Einige ka­ von der Arbeit oder dem Einkauf ganz den Charakter, wobei Hintergrundwissen men sogar öfter vorbei oder wir tausch­ unverbindlich ohne großen Zeitaufwand Vereinigung der Sternfreunde e.V. über das Gesehene vermittelt wird. ten Kontaktinformationen aus. Teilweise eine solche Erfahrung zu machen. SÜD www.sternfreunde.de bildeten sich kleine Gruppen um mich. Mondphasen im Juni 2018 Die „Sidewalk Astronomy“ geht bis So stand ich manchmal über drei Stun­ An einem Abend führte ich sogar eine in das 19. Jahrhundert zurück, wo aus den auf dem Gehweg. Von Ende März bis kleine Gruppe von Interessenten an den Großstädten wie Los Angeles beobachtet Anfang Juli führte ich regelmäßig solche nahegelegenen Parkrand, um zumindest wurde. Im Jahre 1968 gründeten sich die Beobachtungen durch. hellere Deep-Sky-Objekte, ebenfalls im Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel Vollmond „Sidewalk Astronomers“ in San Fran­ 120-mm-Refraktor, zu präsentieren. Fast 6.6. 13.6. 20.6. 28.6. cisco. Einer der Mitbegründer war John Beobachtet wurde vornehmlich mit klei­ alle Objekte wurden gesehen. Darunter Lowry Dobson (14.09.1915-15.01.2014), neren Instrumenten, wobei auch ein waren Messier 13, Messier 57, der östli­ der durch seine einfache, aber noch heu­ 8-Zoll-Dobson zum Einsatz kam. Am che Teil des Cirrusnebels, der Doppelstern te weit verbreitete Bauweise der Dobson- häufigsten verwendete ich einen Achro­ Albireo, der Kohlenstoffstern U Cygni, Teleskope zu großer Berühmtheit gelang­ maten mit 120 mm Öffnung und 600 der Offene Sternhaufen NGC 7510 sowie te. Doch auch in Deutschland scheint mm Brennweite auf einer Vixen-Porta- Messier 51 mit Begleiter. Unter den Inte­ diese Form der Astronomie zu existieren. Montierung. Aufgrund des deutlichen ressenten war außerdem ein angehender Zumindest finden sich in deutschspra­ Farbfehlers setzte ich selbst gefräste Amateurastronom, für welchen ich diese chigen Foren Diskussionen und Berichte Blenden aus Holz ein, so dass ich effekti­ kleine Deep-Sky-Tour geplant hatte. zu diesem Thema. Auch auf der Webseite ve Öffnungen von 60 bis 80 mm nutzte. der „Astronomiefreunde Ingolstadt“ [1] Das ergab ein ästhetisches Bild bei allen Für mich war es jedenfalls eine wun­ wurde ich fündig, wo solche Aktivitä­ Objekten. Trotz der reduzierten Öffnung derbare Erfahrung, und ich werde auch ten geplant in der Gruppe durchgeführt konnte nahezu jedermann Details auf Ju­ zukünftig immer wieder den Gehweg wurden. piter, wie zum Beispiel mehrere Wolken­ mit dem Teleskop verzieren. Die vielen bänder sowie den großen Wirbelsturm, mir gestellten Fragen über Astronomie Ende März 2017 startete ich eine Reihe den Saturn mit seinem Ringsystem oder zwangen mich außerdem, mein Allge­ von Beobachtungen vom Fußweg aus unzählige Krater auf dem Mond bestau­ meinwissen zu erweitern. Vielleicht pro­ im Leipziger Stadtteil Schleußig, wo ich nen. Auch die Sonne bot hin und wie­ biert der oder andere diese Art der Astro­ wohne. Er befindet sich westlich des der mal kleinere Fleckengruppen, wobei nomie mal aus. Es ist eine Freude, in die Stadtzentrums und zeigt einen nicht hier die Begeisterung vergleichsweise erstaunten und glücklichen Gesichter zu übermäßig aufgehellten Himmel. Zu gering war. Am beliebtesten waren Sa­ schauen, wenn zum Beispiel das erste Anfang waren die Beobachtungen aus turn und Mond. Ich konnte so fast jedem Mal der Mond oder Saturn durch ein Te­ eigenem Interesse, wobei ich hauptsäch­ Besucher ein „Wow“ entlocken. Letztlich leskop beobachtet wird. lich Sonne, Mond, Jupiter und Saturn im war ich allein dadurch motiviert, mei­ Visier hatte. Schnell zeigte sich das Inte­ nen Mitmenschen einen Blick in unser resse von Passanten. Für mich eine sehr Sonnensystem mit einem Teleskop zu Weblink: schöne Erfahrung. Es entstanden viele ermöglichen. Die wenigsten hatten eine [1] Astronomiefreunde Ingolstadt: Gespräche, Fragen wurden gestellt und Vorstellung davon und waren umso www.astronomie-ingolstadt.de

VdS-Journal Nr. 65 140 Vorschau Vorschau

Vorschau auf astronomische Veranstaltungen April bis Juli 2018 zusammengestellt von Werner E. Celnik aus vorliegenden Informationen (Angaben wie immer ohne Gewähr). Aktuelle Informationen im Terminkalender der VdS unter www.vds-astro.de. Neue Termine bitte an [email protected].

April 2018 Vorträge und reichlich Gelegenheit zum direkten Austausch Genaues Vortragsprogramm wird im Vorfeld noch veröf­ Do, 12.04.2018 fentlicht. Ort: Friedrich-Koenig-Gymnasium, 97082 Würz­ Yuri's Night burg, Info: www.sternfreunde.de Yuri’s Night feiert den Aufbruch der Menschheit ins All. Veran- Sa, 28.04.2018 staltungen finden an verschiedenen Standorten auf der ganzen Astronomieworkshop Welt statt Infos: https://yurisnight.de/ Veranstalter: Astronomischer Arbeitskreis Salzkammergut/ Sternwarte Gahberg, Ort: Gasthof-Hotel Bramosen, Do, 12.04. – So, 15.04.2018 Weyregg am Attersee, Oberösterreich, ab 9 Uhr, 14. Aschberg Frühjahrs-Teleskoptreffen (AFT) Info: www.astronomie.at/Scripts/shownews. Nördlichstes Teleskoptreffen Deutschlands auf dem 98 m hohen asp?NewsId=2375 Aschberg bei Eckernförde Ort: Aschbergweg 3, 24358 Ascheffel, Info: www.gva-kiel.de/aftgen Mai 2018

Fr, 13.04. – So, 15.04.2018 Do, 03.05.2018 Tag der Sonne Taubensuhler Astronomische Nächte (TAN) Ort: Hochplateau Taubensuhl im Pfälzer Wald, erreichbar Veranstalter: Olbers-Gesellschaft e.V. Bremen, von Eußerthal, Info: www.sternwarte-bellheim.de Ort: Werderstraße 73, 28199 Bremen, 14-19 Uhr, Info: www.olbers-gesellschaft.de Fr, 20.04. – So, 22.04.2018 Sa, 05.05.2018 Easter Star Party 34. Astronomiebörse ATT Österreichisches Teleskoptreffen, auch für astronomiebegeisterte Erstkontakter mit wenig Vorkenntnissen geeignet Zahlreiche Produktanbieter, Präsentationen von Sternwarten und Vortragsprogramm Ort: Auf der Hohen Wand beim Gasthof Postl, keine Anmeldung erforderlich, Info: www.waa.at Ort: Gymnasium am Stoppenberg, Im Mühlenbruch 51, 45141 Essen, 10-18 Uhr. Fr, 20.04. – So, 22.04.2018 Kontakt: Walter-Hohmann-Sternwarte Essen e. V., 6. Bergedorfer Teleskoptreffen Info: [email protected], www.att-essen.de und „Lange Nacht der Museen“ Sa, 05.05.2018 Ort: Hamburger Sternwarte Bergedorf, Anreise ab Donners­ Treffen der VdS-Fachgruppe „Astronomische tag Nachmittag, Freitag Teleskoptreffen der Teilnehmer, Vereinigungen“ Samstag ab 18 Uhr an der Sternwarte „Lange Nacht der Museen“ mit stärkerem Besucherandrang ideale Voraus­ Ort: im Rahmen der ATT in Essen, 13 Uhr, Treffpunkt wird setzungen für amateurastronomische Öffentlichkeitsarbeit, vor Ort bekannt gegeben. Info: http://astronomie-nord.de/teleskoptreffen/btt Sa, 05.05.2018 Sa, 21.04.2018 Treffen der VdS-Fachgruppe „Dark Sky – Initiative 41. Norddeutsches Astrofotografentreffen (NAFT) gegen Lichtverschmutzung“ Ort: Sternwarte Braunschweig-Hondelage, In den Heistern Ort: im Rahmen der ATT in Essen, 14 Uhr, Treffpunkt wird 5b (hinter der Feuerwehr), 38108 Braunschweig, 11-19 Uhr, vor Ort bekannt gegeben. Vorträge bei Ankunft anmelden, Info: astronomie-nord. Info: www.lichtverschmutzung.de de/tagungen/naft, www.sternwarte-hondelage.de/anfahrt/ Mi, 09.05. – So, 13.05.2018 index.html 27. Internationales Teleskoptreffen Vogelsberg (ITV) Sa, 21.04.2018 Gemeinsame Beobachtungen, mit und ohne eigenes Teleskop H-alpha-Treff Rüsselsheim (HaTR) Ort: Campingpark Am Gederner See, 63688 Gedern, Natur­ Ort: Ewald-Becher-Sternwarte in Rüsselsheim, park Hoher Vogelsberg, Info: www.teleskoptreffen.de/itv/ Info: www.ruesselsheimer-sternfreunde.de Fr, 18.05. – Sa, 19.05.2018 Sa, 28.04.2018 Frühlings-Teleskoptreffen 42. Würzburger Frühjahrstagung Ort: Ahornalp, Emmental, Kanton Bern, Schweiz, Info: www.teleskoptreffen.ch/ftt/

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Fr, 25.05. – Sa, 26.05.2018 Veranstalter: Olbers-Gesellschaft e.V. Bremen, BAV Veränderlichenbeobachter-Treffen 2018 Ort: Werderstraße 73, 28199 Bremen, 11-18 Uhr. Ort: Hartha/Kreis Döbeln, Info: www.bav-astro.eu Kontakt: [email protected], Info: www.olbers-gesellschaft.de Sa, 26.05. – Sa, 02.06.2018 BAV Veränderlichenbeobachterwoche 2018 Sa, 23.06.2018 Ort: VdS-Sternwarte Kirchheim, nahe Erfurt. Treffen VdS-Fachgruppe Astronomische Vereini- Info: www.bav-astro.eu gungen Region Süd Ort: Rosenfeld, Sternwarte Zollern-Alb Juni 2018 Sa, 23.06.2018 H-alpha-Treff Rüsselsheim (HaTR) Sa, 02.06. – So, 03.06.2018 Ort: Ewald-Becher-Sternwarte in Rüsselsheim, 21. Kleinplanetentagung der Fachgruppe Kleine Info: www.ruesselsheimer-sternfreunde.de Planeten der VdS Ort: Starkenburg-Sternwarte, 64646 Heppenheim, Info: www.kleinplanetenseite.de Juli 2018

Do, 02.06.2018 Mo, 02.07. – Mi, 04.07.2018 Lange Nacht der Museen 15. Bundesweite Lehrerfortbildung Astronomie Veranstalter: Olbers-Gesellschaft e.V. Bremen, in Jena Ort: Werderstraße 73, 28199 Bremen, 17-24 Uhr, Vortragsprogramm mit Anregungen für die Unterrichtspraxis, Info: www.olbers-gesellschaft.de Beiträge zur Fachwissenschaft und Fachdidaktik. Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch Sa, 09.06.2018 Ort: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Physikalisch- Treffen VdS-Fachgruppe Astronomische Vereini- Astronomische Fakultät. gungen Region Mitte Info: www.physik.uni-jena.de/didaktik_veranstaltungen_ Ort: 65830 Kriftel/Taunus, Kapellenstr. 47 LFB_Astronomie.html

Sa, 09.06.2018 Fr, 06.07. – So, 08.07.2018 Treffen FG Astronomische Vereinigungen Region Ost 41. Tagung der VdS-Fachgruppe Sonne Ort: Schkeuditz, im Astronomischen Zentrum Ort: Astronomiemuseum/Sternwarte Sonneberg, Sternwar­ testr. 32, 96515 Sonneberg. Info u. Anm.: www.sonneta­ Mi, 13.06. – So, 17.06.2018 gung.de, Kontakt: Andreas Zunker, [email protected] Mitmachausstellung „Explore Science: Astronomie“ Naturwissenschaftliche Erlebnistage Explore Science im Luisen- Sa, 28.07. – Sa, 11.08.2018 park Mannheim: selber forschen, experimentieren, ausprobieren Astronomisches Sommerlager (ASL 2018) und entdecken. Interaktive Ausstellungen, Mitmachangebote, Für Anfänger u. Fortgeschrittene im Alter von 14 bis 24 Jahren Workshops, Bühnenshows, Experimentalvorträge und Wettbe- Ort: Schullandheim Heubach (Masserberg/Thüringen), werbe. Angebot f. Kindergartenkinder, Schüler und Familien Anm.: Vereinigung für Jugendarbeit in der Astronomie Info: www.explore-science.info/ e.V. (VEGA), Info: www.vega-astro.de

Sa, 21.07.2018 Fr, 15.06.2017 – So, 17.06.2018 Wettlauf zum Mond Aspekt 2018 – Jahreskonferenz der VdS-Fachgruppe Veranstalter: Olbers-Gesellschaft e.V. Bremen, Spektroskopie Ort: Werderstraße 73, 28199 Bremen, 15-22 Uhr, Tagung für alle spektroskopisch interessierte Astronomen. Info: www.olbers-gesellschaft.de Insbesondere auch für jüngere Interessenten oder Einsteiger. Vorträge, Poster- u. Gerätesession, Gespräche, Spaß Fr, 27.07.2018 Ort: Physikalischer Verein, Frankfurt/Main, Mondfinsternis und Mars in Erdnähe Anmeldung: bis 1.5.2018 bei: [email protected] bzw. Ein astronomischer Sommernachtstraum [email protected], Infos ab Anfang Mai: www.astronomietag.de Info: http://spektroskopie.vdsastro.de/konferenz.html, www.spektralklasse.de Fr, 27.07.2018 Marsopposition und Totale Mondfinsternis Sa, 16.06.2018 Veranstalter: Olbers-Gesellschaft e.V. Bremen, Norddeutsches Sternwarten-Treffen (NST) Ort: Werderstraße 73, 28199 Bremen, 19-00:30 Uhr, Die Teilnehmer können in Kurzvorträgen ihre Sternwarte, Info: www.olbers-gesellschaft.de Projekte oder Forschungen vorstellen

VdS-Journal Nr. 65 Hinweise 143

Wichtige Informationen für unsere Mitglieder!

Sie sind umgezogen? wenn Sie uns schriftlich mitteilen, ab dungsbescheinigung vorliegt. Diese Be­ Dann geben Sie uns Ihre neue Anschrift wann das Abo über uns beginnen soll scheinigung benötigen wir auch für den schnellstens bekannt. Dazu können Sie (Sie möchten die Zeitschrift zum 1. 1. des Nachweis gegenüber dem Verlag beim entweder den folgenden Coupon aus­ nächsten Jahres abonnieren, dann teilen reduzierten Bezug von Sterne und Welt­ schneiden und per Fax an uns senden Sie uns dies bitte bis zum 15. 11. diesen raum. Für die korrekte Rechnungserstel­ oder Sie geben die Änderung auf unse­ Jahres mit). Wir veranlassen dann alles lung muss uns Ihre Bescheinigung un­ rer Homepage „vds-astro.de/Mitglieder- Weitere. Wenn Sie schon Direkt-Abon­ aufgefordert bis spätestens 15.10. eines Service“ ein. Sie können uns aber auch nent sind, prüfen Sie bitte, zu welchem jeden Jahres für das Folgejahr vorliegen. einen Brief oder eine E-Mail mit den ent­ Termin Ihr Abonnement-Vertrag auslau­ Eine nachträgliche Rechnungsänderung sprechenden neuen Daten schicken. fen kann und kündigen Sie diesen selbst im Frühjahr erfordert einen enormen beim Verlag. Dann teilen Sie uns den Zeit- und Kostenaufwand, sowohl bei Wenn Sie die Zeitschrift „Sterne und Start-Termin für Ihr Abo über die VdS uns als auch beim Verlag, und ist nicht Weltraum“ im Abonnement über die VdS mit. Wenn Sie zur Abwicklung weite­ mehr möglich! Sollten wir Ihre Beschei­ beziehen, geben Sie die Anschriftenände­ re Fragen haben, rufen Sie uns an oder nigung zum genannten Termin nicht ha­ rung bitte ausschließlich an uns! Wir in­ mailen Sie uns. Wir helfen Ihnen gerne ben, so verlieren Sie im Folgejahr Ihren formieren dann automatisch den Verlag. weiter. Anspruch auf den ermäßigten Beitrag! Neumitglieder reichen uns die Beschei­ Sie haben uns eine Einzugsermäch- Sie möchten „SuW“ kündigen? nigung bitte zum Beginn der Mitglied­ tigung erteilt und Ihre Bankverbin- Eine Kündigung ist zum 30. 06. und zum schaft ein. dung hat sich geändert? 31.12. eines jeden Jahres möglich. Bitte Informieren Sie die Geschäftsstelle bitte teilen Sie uns dies jedoch schriftlich bis auch schriftlich. Ansonsten erbitten wir spätestens 15. 05. bzw. 15. 11. mit, da wir Und so erreichen Sie uns: Zahlungen auf unser Konto 11745 bei nur so die Zeitschriften rechtzeitig stop­ VdS-Geschäftsstelle der Sparkasse Starkenburg, Heppenheim, pen können. Postfach 1169, D-64629 Heppenheim BLZ 509 514 69. (BIC: HELADEF1HEP – E-Mail: [email protected] IBAN: DE79 5095 1469 0000 0117 45). Sie sind Student(in), Schüler(in) Tel.-Nr. 0 62 52 / 78 71 54 Zur Vermeidung unnötigen Verwaltungs­ oder Auszubildende(r) und möchten Fax-Nr. 0 62 52 / 78 72 20 aufwandes bitte immer mit Angabe Ihrer auch in Zukunft die Mitgliedschaft Mitglieds-Nummer. zum ermäßigten Beitrag fortset- Wenn es für Sie gut läuft, dann sind auch zen und den reduzierten Abo-Preis wir zufrieden. Sie möchten „Sterne und Welt- erhalten? raum“ über die VdS zu ermäßigten Dann beachten Sie bitte Folgendes: Wir Für Ihre Unterstützung herzlichen Dank! Abo-Preisen beziehen? können den reduzierten Beitrag nur dann VdS-Geschäftsstelle Wenn Sie die Zeitschrift noch gar nicht gewähren, wenn uns von Ihnen eine Eva Garbe im Abonnement beziehen, genügt es, Immatrikulations-, Schul- oder Ausbil­

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