Hans Knappertsbusch Bruckner Sinfonie No. 7
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ORFEO D’OR Bruckner Sinfonie No. 7 Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester Hans Knappertsbusch Live Recording 10. Mai 1963 ANTON BRUCKNER (1824 – 1896) Symphonie No. 7 in E-Dur 1 Allegro moderato 20’02 2 Adagio. Sehr feierlich und sehr langsam 19’44 3 Scherzo. Sehr schnell – Trio. Etwas langsamer 11’47 4 Finale. Bewegt, doch nicht schnell 14’09 Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester HANS KNAPPERTSBUSCH Heutzutage ist die verwickelte Ent- früherer Werke durch Bruckners Kom - stehungsgeschichte des Bruckner- positions-, Aufführungs- und eige - schen Symphonienkorpus viel zu nen Wirkungserfahrungen auszu - sehr in das allgemeine Bewusstsein gehen. Der zum Teil drastische Miss - gerückt, als dass man sie von den erfolg einiger Uraufführungen hat - Werken selbst noch vollständig tren- te aber auch die Auswirkung, dass nen könnte. Angefangen von der Symphonien zunächst gar nicht zur frühesten Studiensymphonie in f-Moll Uraufführung kamen. Diese zumin - und der von ihm ausdrücklich an - dest waren keinen Veränderungen nullierten (aber aufbewahrten) sog. unterworfen, mit der Folge allerdings „Nullten” in d-Moll bis zur unvollen - auch, dass sie Bruckner nie vollstän - deten Neunten sind mehrere Sym - dig hören konnte – so geschehen mit phonien von Bruckner selbst zum Teil der Fünften und der Sechsten, deren mehrmals und so durchgreifend um- Uraufführungen 1894 in Graz unter gearbeitet worden, dass die daraus Franz Schalk bzw. 1899 in Wien unter resultierenden Fassungen als eigen - Gustav Mahler stattfanden. ständige Werke gelten können. Da - bei fanden Umarbeitungen früherer Diese komplexe Genese von Bruck - Symphonien in oder nach der Entste- ners Symphonien ist dadurch noch hungszeit späterer Symphonien statt. problematischer, dass die Bruckner So ist etwa die zweite und letzte Fas - nahestehenden Schüler, Freunde sung der 1. Symphonie in c-Moll, de- und Förderer nicht erst posthum in ren sogenannte „Linzer” Erstfassung der editorischen Erstellung von Aus - 1860/61 entstanden und 1864 urauf - gaben großen direkten Einfluss nah - geführt worden war, im Zuge des men, sondern diesen erwiesener - spät, aber noch zu Lebzeiten Bruck - maßen schon sehr konkret zu dessen ners (1824 – 1896) einsetzenden Er - Lebzeiten ausübten. Das Ausmaß folges seiner Werke 1890/91 entstan- dieser Einwirkung fiel von Symphonie den und als sogenannte „Wiener zu Symphonie jeweils verschieden Fassung” 1891 uraufgeführt worden aus und wurde von Bruckner bedingt – d.h. noch nach der 1890 erfolgten auch hingenommen. Die 5. und die Umarbeitung der 8. Symphonie zur 6. Symphonie waren von den beiden endgültigen zweiten Fassung, die Uraufführungsdirigenten selber ein- 1892 uraufgeführt wurde. schneidend bearbeitet worden und sind erst 1935 bzw. 1901 unbearbeitet Es ist also von einer unmittelbaren erklungen. Die Editionsphilologie hat Beeinflussung dieser Spätfassungen in einem langwierigen Prozess aber inzwischen weitgehende Klarheit in den Spielplan ändern und die Wal - diesen Entstehungsprozess gebracht küre ansetzen und ihn in guter Ein - und selbständige Fassungen und schätzung von dessen Präferenzen Zwischenstufen herausgearbeitet, neben sich im Orchestergraben befreit vor allem von den erwähnten Platz nehmen lassen. Anschließend offensichtlichen zusätzlichen Eingrif- hielt er vor dem Orchester eine An - fen und Bearbeitungen aus Bruck - sprache: „In diesem Hause haben ners Umkreis. wir schon oft nur für den König allei - ne gespielt. Wir haben heute einen In dieser Entstehungsgeschichte Fürsten im Reich der Töne unter uns. stellt nun die bis heute besonders Ich bitte Sie, für ihn nochmal einen populäre 7. Symphonie in E-Dur eine Abschnitt des Adagios seiner Sinfo - absolute Ausnahme dar und brach - nie zu spielen.” Bruckner folgte der te wohl auch den entscheidenden dreimal wiederholten Aufführung Umschwung in der öffentlichen der von ihm Wagner zugedachten Wahrnehmung, denn sowohl die Ur - Coda mit Tränen. Ein anrührender aufführung im Leipziger Stadtthea- Nebenaspekt des großen Münch - ter mit dem Gewandhausorchester ner Erfolges ist Bruckners Bedürfnis, unter Arthur Nikisch am 30.12.1884 als die Symphonie Ludwig II. zu widmen; auch vor allem die Zweitaufführung geplant war auch eine Aufführung am 10.3.1885 mit dem Orchester des eigens für den König, doch wurde Münchner Hoftheaters unter Her - Bruckners Widmungsschreiben an mann Levi wurden zu einem außer- den König vom 10.5.1885 nicht mehr ordentlichen und nachhaltigen Er - beantwortet – am 13.6. starb dieser folg, mit dem sich Bruckner weltweit im Starnberger See. – und auch in Wien – durchzusetzen begann. Die 7. Symphonie war auch Die einzige substantielle editorische insofern die große Ausnahme, als es Frage betrifft den dynamischen Hö - zu keinerlei weiterer Veränderung hepunkt am Ende des langsamen des Werkes durch Bruckner selbst Satzes: ob der höchstwahrschein - kam, und sogar die nachträglichen lich ursprünglich von Bruckner nicht Bearbeitungen bei den frühen Aus - gewollte, aber von Bruckners Um - gaben sich in engen Grenzen hielten feld gewünschte und vom Urauffüh- und leicht zu bereinigen waren. rungsdirigenten Nikisch durchge - setzte Beckenschlag mit Pauke und Am Tag nach der Münchner Auffüh - Triangel von ihm wenigstens nach - rung hatte Levi eigens für Bruckner träglich autorisiert worden ist. – Die Frage relativiert sich allerdings prak- man aus den genannten Gründen tisch fast vollständig angesichts der die Möglichkeit des direkten Inter - schlichten Tatsache, dass der Kom - pretationsvergleichs. ponist, der sonst an seinen Partituren durch Radierungen, Überklebungen Kurz zur diskografischen Situation etc. noch spät eingreifend weiter - der Zeit vor Knappertsbuschs erstem zuarbeiten pflegte, die Partitur mit- Mitschnitt: Die erste Gesamtaufnah- samt der aufwendigen Einfügung me einer Bruckner-Symphonie über- so beließ. Ein dabei stehender Ver - haupt ist eine der Siebten unter Os - merk „gilt nicht” ist nicht von Bruck - kar Fried mit dem Orchester der ners Hand, und in der maßgeblichen Staatsoper Berlin von 1924; aufnah- Bruckner-Gesamtausgabe erscheint metechnisch noch eine akustische der „Beckenschlag” genauso, wie er Aufnahme. Erwähnenswert hierbei auch seit langem bei so gut wie al - ist ein direkter Bezug von Fried zu Le - len Aufführungen erklingt. (Die Weg - vi – letzterer dirigierte in seinen letz- lassung wäre hier das Pendant zu ten Münchner Jahren die Urauffüh - den frühen Fassungen bei den an - rung einer Komposition von Fried. deren Symphonien.) (Umgekehrt (Von Nikisch selbst gibt es sogar kann man sich bei Knappertsbusch schon Aufnahmen, auch die erste den Beckenschlag kaum wegden - einer ganzen Symphonie, die 5. von ken, auch wenn er philologisch nicht Beethoven, aber nichts von Bruck - ganz so begründet wäre.) ner.) Die zweite Aufnahme ist eine von 1928 mit den Berliner Philharmo - Es existieren von mehreren Bruck - nikern unter Jascha Horenstein, der ner-Symphonien Studio-Platten- zu diesem Zeitpunkt als Schüler und oder -Rundfunk-Produktionen von Assistent deren Chefdirigent Furt - Hans Knappertsbusch, von der Sieb- wängler (als Nachfolger von Nikisch) ten außer dem hier veröffentlich - nahestand und von diesem geför - ten mit dem Kölner Rundfunk-Sin - dert wurde. Von 1935 stammt eine fonie-Orchester nur ein Konzertmit- weitere Aufnahme mit dem Minne - schnitt mit den Wiener Philharmo - apolis Symphony Orchestra unter nikern aus Salzburg von 1949 (Orfeo Eugene Ormandy (mit k.u.k.-Hinter- 655061). Bei anderen Symphonien grund, wenn man so will: denn Je - als der Siebten gibt es bei Knap - nö Blau, so sein Geburtsname, war pertsbusch wie Furtwängler u.a. Di - wie Nikisch Ungar, ausgebildet an vergenzen bei den benutzten äl - der Königlich-Ungarischen Musika- teren Editionen, hier dagegen hat kademie als Geiger von Jenö Hu - bay und bereits mit 17 Professor und erste Bruckner-Symphonie die Sieb - als Dirigent tätig). Aus demselben te dirigiert und auch bei seinem ein - Jahr existiert kurioserweise ein nicht zigen Konzert mit den Wiener Phil - zur Veröffentlichung bestimmter Mit- harmonikern zwei Monate nach dem schnitt mit den New Yorker Philhar - Live-Mitschnitt unter Knapperts - monikern unter Arturo Toscanini (!). busch von 1949. Ebenso kann man Ansonsten die üblichen Verdächti - sich vergegenwärtigen, dass die be- gen: Berliner Philharmoniker/Schu - rühmte Gesamtaufnahme der Bruck- richt (1938), Wiener Philharmoniker/ ner-Symphonien von Günther Wand Jochum (1939), Münchner Philhar - mit demselben Orchester aus dem moniker/Kabasta (1942) und Wie - Jahrzehnt nach der hier veröffent - ner Philharmoniker/Böhm (1943). Die lichten stammt. Reihe der viel zahlreicheren Nach - kriegsaufnahmen, insbesondere Knappertsbusch wurde übrigens nach Einführung der Langspielplat- nach einigen wenigen vorange - te, begann mit einer Schallplatten - henden Stationen 1918 für ein Jahr aufnahme von 1947 mit dem Con - Erster Kapellmeister am Leipziger certgebouw Orkest unter Eduard Stadttheater. Zu einem Zeitpunkt, van Beinum. als einer seiner dortigen Amtsvor - gänger, Arthur Nikisch, der 33 Jah - Es passt vielleicht zu unserer Ge - re zuvor im selben Haus mit dem - genwart, dass nach einer Hochblü - selben Orchester die Uraufführung te der Bruckner-Interpretation von dirigiert hatte, nun am selben Ort den siebziger bis in die neunziger seit 1895 bis zu seinem Tod 1922 die Jahre des 20. Jahrhunderts und ei - angesehenere Position des für sym - ner gewissen Ausschöpfung die - phonisches Repertoire zuständigen ses Ansatzes nun die Werke selbst Gewandhauskapellmeisters be- in der Vielfältigkeit ihrer