SWR2 Tandem - Manuskriptdienst

Jimi and me Zu Besuch bei Leon Hendrix in Los Angeles

Autorin: Renate Maurer Redaktion: Ellinor Krogmann Regie: Günter Maurer

Sendung: Montag, 22.02.2016 um 19.20 Uhr in SWR2

Wiederholung: Dienstag, 23.02.2016 um 10.05 Uhr in SWR2

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Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.

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MANUSKRIPT

Atmo: Musik - “It´s too bad” ( Gitarrenintro)

Leon: People still call me Jimi, up the streets here to my office, What´s up Jimi? - Why that? I am Leon, I am sorry. Even my friends call me Jimi, by accident. And I went to London a couple of months ago, Jimis friends call me Jimi, they go: Jimi, it´s so good to see you again! And I: How much acid did you take? When they see me, it´s like they are seeing Jimi again, they wanna hug me… It´s weird, Jimi is so omnipresent, he is a powerful source, like Mozart and Beethoven.

Sprecher overvoice Leon: Die Leute hier auf dem Weg zu meinem office nennen mich alle Jimi, Hey Jimi, wie geht´s ? - Wieso, ich bin doch Leon. Sogar meine Freunde nennen mich so, aus Versehen. Und vor ein paar Monaten in London auch Jimis Freunde: Jimi, toll dich wieder zu sehen. Und ich: wie viel LSD hast du denn genommen? Wenn sie mich sehen, ist es so, als ob sie wieder Jimi sähen, sie wollen mich umarmen. Es ist verrückt, Jimi ist so allgegenwärtig, eine mächtige Quelle, wie Mozart und Beethoven.

Atmo: Jimi Hendrix singt - It's too bad - That my brother can't be here today It's too bad - That my brother can't be here today - Well, one time he came around to my house, you know - And I was kinda like outta my mind - And I sent him a-cryin' away

Atmo: U-Bahn Berlin mit Ansage

Sprecherin: Es ist Freitagabend in Berlin, kurz vor zehn, eine magisch schöne Oktobernacht. Die Gehsteige auf dem Weg zur U-Bahn übersät mit gelben, dreizackigen Ahornblättern.

Atmo: U-Bahn Ansage Zoologischer Garten

Sprecherin: Ich bin unterwegs zu Hendrix - zu Leon Hendrix, dem kleinen Bruder des großen Jimi. Heute abend wird er im Jazzclub Quasimodo auftreten, in einem Tribute Konzert des Gitarristen Randy Hansen.

Atmo: Quasimodo Randy Hansen Musik - Leon Hendrix live

Sprecherin: Randy, aus Seattle wie Jimi und Leon, aber von weißen Eltern, genießt bei uns den besten Ruf als Hendrix-Interpret und -Wiedergänger. Mit seiner Band fabriziert er einen erstklassigen Hendrix-Sound - mit all den raffinierten Griffen und Verrenkungen wie Jimi einst und einer fast verwechselbaren Stimme. Wer aber kennt bei uns schon Leon Hendrix?

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Atmo: Ansage Randy - Leon Hendrix singt - Leon Hendrix live. This is a very special personality: Gitarrenintro “Hey, Joe...“ Leon singt „Hey Jimi“ Hey Jimi, what are you doing with your guitar in your hand - Hey Jimi, what are you doing with your guitar in your hand - I´m going to shoot my old lady, cause she is messing around with a guitar man…

Sprecherin: Leon, geboren fast sechs Jahre nach Jimi, spielt Gitarre, aber nicht besonders gut. Schon gar nicht wie ein zweiter Hendrix. Und auch seine Stimme klingt ganz anders. Auf seiner ersten Deutschlandtournee mit Randy hat er ihm klugerweise das Gitarrespielen überlassen und singt nur. Die alten Klassiker: „Hey Joe“, „“, „Red House“. Er hat erst spät zur Musik gefunden, mit fünfzig.

Leon (backstage): …cause I get married, I got out of the army, Jimy died, I got married, I had six kids, so I was stuck, working a job all the time. And then, when my kids grew up… one night, I was doing drugs and stuff and Jimi came to me in a dream or vision, he said: Leon, what are you doing?

Sprecher overvoice Leon: Nach Jimis Tod habe ich geheiratet, sechs Kinder bekommen und war ständig am Arbeiten. Und dann, eines Nachts, die Kinder waren schon groß und ich unter Drogen, kam Jimi im Traum zu mir oder in einer Vision und sagte: Leon, was tust du eigentlich?

Atmo: Quasimodo, Künstlergarderobe

Sprecherin: Wir sitzen im rosa Licht der Künstlergarderobe des Berliner Jazzclubs. Leon im dunkelgrünen T-Shirt mit Jimis Kopf in der Afro-Wolke auf der Brust. Er ist liebenswürdig und gut gelaunt. Jimi, erzählt er, habe ihn aus dem Jenseits wachgerüttelt:

Leon (backstage): Leon, what are you doing? I´m doing drugs and girls and stuff, I´am doing nothing with my life, me and my wife separated…I do create a talent and so I itched ! But finanally I persued my musical carreer, Jimi wanted me 40 years ago and I didn´t do it, but I do it now …

Sprecher overvoice Leon: Ich mach mit Drogen und mit Frauen rum und ich mache nichts aus meinem Leben, seit der Trennung von meiner Frau. Ich musste etwas Kreatives machen und ich brannte darauf! Endlich hab ich meine musikalische Karriere verfolgt, das wollte Jimi schon vor 40 Jahren und ich hab´s nicht getan, aber jetzt tu ich´s

Leon (backstage): Do you want me to do a sound check?

Atmo: Musik - Cancion Playera (Modus Vivendi)

Atmo: Camero Ave, Nachbarn, Vögel, Autos

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Sprecherin: Los Angeles im Dezember. Blauer Himmel und ein grandioses Licht bei Temperaturen um die 18 Grad. Die Grapefruit-und Limonenbäume an der Camero Ave im hügeligen Viertel Los Feliz zeigen sich selbst zur Weihnachtszeit im frischesten Grün.

Atmo: Krähen, Sirene, Nachbar ruft „Chico“

Sprecherin: Das Haus, in dem Leon mit seiner deutschen Freundin Jasmin wohnt, verschwindet fast hinter den gigantischen Dattel- und Königs-Palmen vor der Tür. Zur WG gehören Helmut, Jasmins allererster boyfriend aus München und zwei Pelztiere, zwei Hunde und zwei Katzen. Im Garten hinten hat Jasmins Sohn sein Quartier und Musikstudio, in dem er mit Musikern aus aller Welt die Mixturen für das eigene label zusammenbraut

Atmo: Musik - Cancion playera

Atmo: Haus Atmo innen ( LA Tierarzt). Jasmin, Leon, Helmut im Aufbruch. Jasmin: „Ach, Geld...“ Wortfetzen, Miauen Leon: I´m unhappy too…(lacht)

Sprecherin: Mit Jimi ist Leon keine Sekunde lang zu verwechseln: braune, gelockte Haare, zum Zopf gebunden, Brille, Hipsterbart. Die Züge eher indianisch, als afrikanisch. Von der Cherokee-Indianerin der Vorfahren und der heller getönten Mutter Lucille hat er mehr abbekommen, als vom schwarzen Vater Al. Erstaunlich, wie geschmeidig er sich jenseits der Bühne in seinen schwarzen Jeans und Converse-Turnschuhen bewegt.

Atmo: Leon - Close that door, Jasmin: No, he doesn´t have to…Leon lacht

Leon: „I met Jasmin in 19…...wow.. It´s been 13 years. Oh, You are right. In 2000, we met. At a AA meeting. And then? - I fell in love.

Sprecherin: Vor zwölf Jahren trafen sie sich in LA bei den Anonymen Alkoholikern und verliebten sich.

Jasmin: Und da war er gerade ein halbes Jahr clean und ich war ein Jahr clean und wir haben uns irgendwie gemocht und dann sind wir zu meetings gegangen und das war ganz wunderbar - so war das

Sprecherin: Jasmin kenne ich noch aus der Schulzeit in München, wir waren „beste Freundinnen“. Sie studierte Psychologie in LA und kämpfte viele Jahre mit einer Alkohol-und Heroinsucht, während sich Leon der Kombination Crack und Alkohol verschrieben hatte.

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Leon: … so I´m been playing music since I met her and I owe all to her. She is my rock, my rock….she keeps me study and I preciate it.

Atmo: Haus innen

Sprecherin: Jasmin ist sein Felsen. Auch der feste Tagesrhythmus in der Cameron Ave, bestimmt von Jasmins täglichem Aufbruch zu ihrem Job als Psychotherapeutin in Beverly Hills und von Helmuts lässig hingezauberten Abendessen, tun Leon gut.

Atmo: Haus innen. Helmut: Komm jetzt! Leon: Komm mit, Helmet usw. Jasmin .. Helmut: I close the door …

Sprecherin: Auch wenn es ihn immer wieder auf die Straße zieht, in sein sogenanntes „Office“, oder wer-weiß-wohin...

Atmo: Straße mit Krähen

Sprecherin: Als Kind schon trieb er sich mit seinem Aufpasser Jimi bis spät nachts auf den Straßen und Feldern von Seattle herum.

Leon: We used playing in the fields, we used go further then the fields, Jimi would take off and we got so much trouble, cause we wouldn´t come back until night fall, because Jimi was always on the move

Sprecherin: Das war in den 50er Jahren und die Hendrix-Familie gehörte zu den Ärmsten unter den Armen im Viertel der Schwarzen, wo auch weiße und gelbe Einwanderer wohnten. Die Eltern, jung und schwere Trinker, ständig getrennt und wieder zusammen. Lucille, die Mutter entflieht den ewigen Kampfszenen zuhause gern ins Nachtleben und stirbt mit 32 an einem Milzriss. Vater Al, schon seit der Scheidung der Alleinerzieher, kommt von der Schicht und Kneipe erst um Mitternacht nachhause, manchmal auch gar nicht.

Jasmin: Ja, also die Kindheit war in einer Art knallhart, wie wir das in Deutschland gar nicht kennen. Die haben gewohnt in einer großen Armut in so´ner Hütte, das ist so ne Hütte gewesen, irgendwie gar keine richtigen Wände. Und in Seattle ist ja oft das Wetter sehr schlecht und es regnet und es ist kalt. Und die hatten da längere Zeit keine Elektrizität, kein Licht und keine Heizung und eigentlich auch kein Essen, kann man sagen. Und die Kinder kamen von der Schule nachhause, ungefähr um dieselbe Zeit, wo der Vater weggegangen ist von zuhause, er hat ja auch gearbeitet als Gärtner, und die Kinder waren allein, hungrig und haben immer auf ihn gewartet und er hat sie auch geschlagen.

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Sprecherin: Leon selbst hat eine viel angenehmere Version seiner Kindheit parat. Er sitzt vergnügt am großen Esstisch im Wohnzimmer und erzählt von den vielen Ersatzmüttern in Lucilles Verwandtschaft und großherzigen jüdischen Nachbarinnen, die die Hendrix-Boys mit Matzeknödel-Suppen durchfütterten. Selbst wenn die Sozialarbeiter anrückten, klingt das bei ihm wie „Jimis & Leons lustige Abenteuer“:

Leon: The social workers came and always were knocking at the door. And my dad said: Don´t answer the door! Nobody! So Jimmy and I hide away for weeks, because, they were always knocking ( klopft ) on the fucking door… And pretty soon some of the neighbourwomen, jewish ladies, because they put all the niggers and jews together…they would feed us, they would knock at the door: “This is Mrs. Magwood from across the street, I know your dad said, nobody answer, your guys want some fried chicken? Some ice cream? And we: Yeah!!!” (lacht) And the woman: come on boys, take them clothes off, you gonna washing, you gonna eat some food, you take a bath, take a bath! And we go: o.k.

Sprecher overvoice Leon: Die Sozialarbeiter kamen und klopften immer an die Tür. Und Dad sagte: Ihr macht niemandem auf! Also versteckten Jimi und ich uns wochenlang im Haus, weil sie immer an die Tür klopften. Und bald darauf klopften die jüdischen Nachbarinnen an - in unserem Viertel hatten sie die Schwarzen und Juden zusammengesteckt -„ Hier ist Mrs. Magwood von gegenüber, Jungs, wollt ihr ein bisschen Brathuhn? Ein bisschen Eiscreme? „ Und wir: Yeah! Und die Frauen sagten: Los Jungs, runter mit den Klamotten, ihr werdet jetzt gewaschen, ihr kriegt jetzt was zu essen, ihr nehmt jetzt ein Bad. Und wir: o.k.

Jasmin : Ich glaube, er möchte ganz einfach bestimmte Dinge verklärt sehen, das ist auch typisch für misshandelte Kinder, die von einer so harten Kindheit herkommen, wie er, dass die manche Menschen oder manche Umstände so beschönigen, für sich selber. So wie er auch immer von der Mutter redet, als wär sie immer eine Traumgestalt, fast wie mit Heiligenschein, so sieht er sie in seiner Erinnerung

Atmo: Musik

Leon: She came home, for maybe for a week, a weekend, because we smell pancakes and bacon in the morning and eggs and we know: Mama was home! Because dad didn’t do. He put some cereal into a bowl and some milk and we had to …to the store for the milk

Sprecher overvoice Leon: Sie kam nachhause, für eine Woche oder für ein Wochenende, und es riecht am Morgen nach Pfannkuchen und Speck und wir wissen: Mama ist nachhause gekommen! Denn bei dad gab´s das nicht, der tat cornflakes in eine Schüssel und die Milch dazu mussten wir holen.

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Leon: But my Mum and my dad had different ideas of success. And my mum always had boyfriends and was looking sharp and had a diamond ring and Mama goes to New York, come back, I can just smell her to these days…She was so pretty, she was always dressed nice and my dad was angry about that. They couldn´t get along, they just couldn´t get along.

Sprecher overvoice Leon: Meine Eltern hatten unterschiedliche Lebensauffassungen. Mama hatte immer boyfriends und sah scharf aus und trug Diamantringe und Mama ging aus und nach New York und kam zurück, ich kann heute noch ihr Parfum riechen...Sie war so hübsch, immer so schön angezogen und mein Dad war sauer deswegen. Sie konnten einfach nicht miteinander!

Jasmin: Also, man weiß natürlich, dass die Mutter Alkoholikerin war und dass sie fast nicht da war, seit der Leon zwei Jahre alt war. Der Jimi hatte seine Mutter in den ersten Lebensjahren. Also in der Psychologie sagt man ja, dass die ersten drei Jahre oder die drei bis sechs Jahre formend sind und die waren bei Jimi eigentlich ganz gut

Sprecherin: Da war Vater Al noch im Koreakrieg und der kleine Jimi wuchs bei Lucille, Tante Delores, den Großmüttern und anderen guten Seelen der schwarzen Community auf. Als Leon 1948 zur Welt kommt, ist Als Freude riesengroß. Aber schon ein Jahr später tobt wieder der Kampf zwischen ihm und Lucille. Vier weitere Kinder werden mit Behinderungen geboren und vom Vater in Pflegefamilien weggegeben. Die Familie wohnte damals in einem einzigen Zimmer und Jimi schlief im Wandschrank. Der wurde für die beiden Brüder zum Rückzugsort, wenn die Eltern stritten.

Leon: In fact, when I was a child, when I heard my dad and mum arguing, Jimi would take me into the closet. He goes: o.k. let´s chill out, let´s play in bedroom here, because they are doing their thing - And pretty soon Mama was gone and then dad was always in his own misery.

Sprecher overvoice Leon: Als Kind, wenn Dad und Mum Streit hatten, zog mich Jimi immer in den Wandschrank und sagte: ganz ruhig bleiben, lass uns hier spielen, die sind mit sich beschäftigt. Und bald darauf war Mama fort und Dad in seinem Unglück.

Atmo: Leon: Baby dog, come here! Tux..( redet mit dem Kater und verschwindet mit ihm nach oben)

Sprecherin: Es reicht ihm jetzt. Genug gefragt. 17 Minuten sind lang genug. Mit Tux, dem Kater, verschwindet er nach oben. Und bald darauf ist er zur Tür raus, wie ein Kind, das endlich ins Freie will zum Spielen. Und wer weiß, ob man ihn heute nochmal vors Mikrophon kriegt... Dumm nur, dass er in zwei Tagen schon wieder weg will nach Las Vegas und Seattle.

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Jasmin: Der Leon war einfach von frühester Kindheit an so vernachlässigt. Der Leon, der hatte auch so merkwürdige Bewegungen, das erzählte er selber, so lachend, wie er halt so redet, aber das ist schon ein Zeichen, dass er sehr geschädigt war. Und dann wurde er auch noch misshandelt, der Vater hat ihn oft geschlagen und schlimm geschlagen, das weiß ich, das weiß ich auch von anderen, die das mitgekriegt haben.

Sprecherin: To give a whoopin`- Auspeitschen nannte es Al, wenn er die Jungs mit dem Gürtel verdrosch. Mit sieben und dreizehn gelten die Hendrix-Boys als die zerlumptesten Kinder im ganzen Viertel. Das Sozialamt steckt Leon für ein paar Jahre in Pflegefamilien. Jimi, der Ältere, darf bei Al bleiben.

Jasmin: ...und das war für ihn ganz, ganz schrecklich, weil, er war so eng mit dem Jimi, für ihn war der Jimi seine ganze Familie quasi. Dann ist er immer wieder weggelaufen von diesen Pflegefamilien, soviel ich weiß, gab´s nur eine, das waren die Wheelers, wo´s anders war, irgendwie o.k. war und wo auch der Jimi immer wieder hin ist.

Sprecherin: Die Wheelers wohnten mit sechs eigenen Kindern nur ein paar Blocks weiter. Jimi war ständig dort. Und er blieb auch Leons Beschützer, als er die Musik für sich entdeckte und mit dem Strohbesen die Top Ten aus dem Radio nachspielte.

Atmo: Musik - Chuck Berry “Too much monkey business”

Leon: First of all Jimi wasn´t into music, he was an artist, he drew pictures all day, because he was bored. And then he gave me paper and pencil too. Jimi would play air-guitare on a broom imitating Elvis Presley and Chuck Berry…and I just drawed and drawed and Jimi played and played

Sprecher overvoice Leon: Anfangs hat Jimi Musik nicht interessiert, er war Künstler, er zeichnete den ganzen Tag, aus Langeweile. Und dann gab er auch mir Papier und Stift. Er spielte Luftgitarre mit dem Besen und imitierte Elvis und Chuck Berry. Er übte - und ich zeichnete und zeichnete und er spielte und spielte.

Sprecherin: Der Vater rastete aus, wenn er seinen Sohn beim Gitarrenspielen erwischte, erzählt Leon. Für Jimi, der sich nach Lucilles Tod extrem in sich zurückzieht, wird die Musik zur Rettung und Obsession. Mit seiner weißen Supro Ozark auf dem Rücken zieht er wie Johnnie Guitar durch das Viertel und spielt mit jedem Musiker, der ihm über dem Weg läuft. Leon dagegen bleibt bei den falschen Freunden hängen.

Leon: For some reasons I did a lot of bad things. I was a player now, I was like famous in Seattle, I got into the underground-shit, selling drugs, Christmas trees, those were a form of perquisites, and Black Beauties, it´s a downer and speed.

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And we start doing burghlerys and burghlerise in big laboratories for five million speeds, crisscross, we call them, five boxes

Sprecher overvoice Leon: ...Ich hab eine Menge krumme Dinger gedreht. Ich war jetzt ein Spieler, berühmt in Seattle. Dann geriet ich in diesen ganzen Underground-Shit, ich verkaufte Drogen, Christmas Trees, das waren so Nebeneinkünfte und Black Beauties, das ist ein Beruhigungsmittel und speed. Und wir fingen mit Einbrüchen an, in großen Laboratorien, fünf Millionen speed, crisscross, fünf Kisten. Er springt auf. Es reicht ihm wieder. Er muss mal kurz raus ins Freie. Und ich muss wieder auf der Lauer liegen, um noch ein Stück Interview zu bekommen und noch eins, bevor er endgültig aus LA verschwindet.

Atmo: Autofahrt nach Tierarztbesuch. Jasmin: Tux was fine after seeing by the doctor …I think it would be a ….idea to go … Leon: home? Jasmin: to “Trader Joes” ...

Sprecherin: Es ist Samstag und wir sind auf dem Weg vom Tierarzt nachhause. Tux ist wieder in Ordnung. Aber er weiß es nicht und beschwert sich weiter in seinem Katzenkorb.

Atmo: Gespräch Jasmin/Leon übers Frühstückmachen

Sprecherin: Jasmin und Leon unterhalten sich: übers Einkaufen und Frühstückmachen und über Will Smith - sehr friedlich und entspannt.

Atmo: Gespräch Jasmin/Leon übers Frühstückmachen. Leon: guess, who was there this morning? Will Smith… - Jasmin: Really! - Yeah, with his familly … Jasmin: Oh, come on! With his two kids?- Yeah, Jasmin:And his wife! … usw.

Atmo: Musik - It`s too bad - Gitarrenintro

Sprecherin: Im Jahr 1969 schrieb Hendrix für Leon den song „It´s too bad“ - „Zu schade, dass mein Bruder heute nicht hier sein kann.“ Einen traurig-schönen, einen besonderen Blues, in den er seine ganze Liebe und Zärtlichkeit für den kleinen Bruder hineinlegte. Damals plagten ihn heftige Schuldgefühle, weil er Leon einmal zum Teufel geschickt hatte, als der ihn um Hilfe bat. Leon hatte sich bald darauf bei der US- Army verpflichtet, um einer Gefängnisstrafe zu entgehen - auf dem Höhepunkt des Vietnamkrieges.

Atmo: Musik “It´s too bad” : It's too bad That my brother can't be here today It's too bad That my brother can't be here today Well, one time he came around to my house, you know And I was kinda like outta my mind And I sent him a-cryin' away I say hey baby, hey yeah Hear me cry

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Hey baby, baby, baby Hear me cry

Sprecher overvoice für Musiktexte: Und einmal kam er zu mir nachhause Und ich war irgendwie daneben Und hab ihn heftig weinend weggeschickt

Sprecherin: Zwei Jahre vorher, als Jimi Hendrix mit seiner Band Experience von London aus Amerika eroberte, hatte es Leon zu einem versierten Ganoven gebracht. 18, 19 war er damals, ein hübscher Kerl, der mit Geld um sich warf und dem sich die Mädchen an den Hals warfen. Erst recht, als ihn Jimi mit auf seine Tournee durch Kalifornien und Kanada nahm. Leon, was ist dein Plan, was willst du tun? hatte er ihn immer wieder gefragt

Atmo: Musik It’s too bad I say brother, brother Don't tell me you came around here hustlin' like the rest of those people do And he said "No no, brother Jim" He said "I'm just comin' here to look for life like you" He said "don't fear me brother, baby"

Sprecher overvoice für Musiktexte: Ich sag: Bruder, sag mir bloß nicht, du bist hier her gekommen, um mich abzuzocken, so wie es alle hier tun. Und er sagte: „Nein, nein, Bruder Jim. Ich will so ein Leben führen wie du, mach dir keine Sorgen, Bruder

Sprecherin: Für Bruder Leon war es damals viel reizvoller, den „gatekeeper“ für die groupies zu spielen, als ein Instrument.

Leon: Well, they came to me to get Jimi, they used me, oh, I felt so used, I can´t believe it, I was used like that, baby, yeah! (lacht)

Sprecher overvoice Leon: Na ja, sie kamen sie zu mir, um Jimi zu kriegen. Sie haben mich benutzt. Mein Gott, wie ich mich benutzt fühlte!

Leon: I was having so much fun, so much fun! I had a limousine, I live in “Beverly Hilton Hotel” in a suite and every girl in hollywood goes to me, to get Jimi: so I am o.k. Because as a young kid, with a limo, a table at the “Whisky a go go“ and all the girls, flocked to me and Jimi, so I took advance to that. (steht frei:) I am sorry, I´am sorry. I couldn´t help, I am a young kid.

Sprecher overvoice Leon: Ich hatte eine Limousine, wohnte in einer suite im “Beverly Hilton Hotel” und jedes girl in Hollywood kam zu mir, um Jimi zu kriegen: ich fühlte mich super!

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Als junger Kerl mit einem Schlitten, einem Tisch im „Whisky a go go“ und den ganzen Mädchen, die sich um mich und Jimi scharten - das nützt man natürlich aus.

Atmo: Musik - It´s too bad I say that what happen sometime When you lose yourself in nothin' And he looked at me, you know, he sent these two blondes around the next day I said Lord, please don't lose yourself That what happen when you lose yourself on nothin' He said "Baby, you know me, I'm your brother" Please don't take me for nothin'

Sprecher overvoice für Musiktexte: Ich sage, was manchmal passiert, wenn man sich im Nichts verliert Und er sah mich an, und schickte mir diese zwei Blondinen am nächsten Tag vorbei Und ich sagte: oh Gott, verlier dich bloß nicht Das was passiert, wenn man sich ins Nichts verliert Und er sagte: Baby, du kennst mich doch, ich bin dein Bruder Bitte halt mich nicht für eine Null But he came around to my house and uh asked for me uh, help me out I said, man go the hell on your hustlin' way, yeah And I think they send him away to the war today, heh heh

Sprecher overvoice für Musiktexte: Und er kam zu mir und bat mich um Hilfe Und ich sagte: Mann, geh zur Hölle auf deinem Gaunerweg Und ich schätze, sie werden ihn heute in den Krieg schicken

Sprecherin: Als Jimi den song schrieb, stand Leon kurz vor dem Einsatz in Vietnam. Aber Leon - wie Jimi kein Vietnamkriegsgegner - hatte Glück: im letzten Moment wurde seine Einheit zur Basis zurückbeordert. Als Jimi 1970 in London starb, war Leon 22 und saß im Gefängnis, weil er sich selbst von der Truppe beurlaubt hatte.

Leon: I was in my prison cell, some people, you know in my block, there is like five hundred people in one block, and we had separate cells, and said: You get turn the radio on, Jimi Hendrix is dead. And this one guy said: Shut up, fuck up, his brother is right upstairs here. Everybody hush about this. So the whole place became quiet. And when I heard over the phone, over the Lautsprecher the chaplet: Leon Hendrix, 546397 - so I knew, it was real

Sprecher overvoice Leon: Ich saß in meiner Zelle, in einem Block von 500 Mann, alle in Einzelzellen und jemand rief: Macht das Radio an, Jimi Hendrix ist tot! Und einer sagte: Halt´s Maul, sein Bruder sitzt hier oben! Und dann hörte ich über den Lautsprecher den Direktor: Leon Hendrix, 546397 - Also wusste ich -es stimmte.

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Leon: I did come to the funerals in handcuffs. But the prison guard, he was a fan of Jimi Hendrix too, he tooks the handcuffs off and says: hey, after the funeral, they had four cars for me, after the funeral, don´t make us coming for you! …marshall. But my friends had a different stragedy, they had a escape car running and a hide for me and then they made packages of drugs for me, to take them back in the prison

Sprecher overvoice Leon: Ich kam in Handschellen zur Beerdigung, aber mein Bewacher war ein Jimi-Hendrix- Fan und nahm sie mir ab und sagte: hey, bring uns bloß nicht dazu, dir hinterher rennen zu müssen nach der Beerdigung... Aber meine Kumpels hatten eine andere Strategie, sie warteten schon mit einem Fluchtauto auf mich und hatten ein Versteck für mich. Und dann machten sie Drogen für mich fertig, um sie ins Gefängnis zu schmuggeln.

Sprecherin: Nach dem Tod seines Bruders schien Leon sein Leben in den Griff zu bekommen. Er heiratete Christine-Anne, sie bekamen sechs Kinder und er arbeitete als Kurier für Banken.

Jasmin: Er hatte gute Absichten zwischendrin, die waren zwar nicht so verlässlich, aber die waren schon da. Der hatte ja irgendwie nie ein Zuhause gehabt, bis dann mit der Christine, aber die haben dann auch miteinander angefangen, Alkohol zu trinken. Und da ging´s eben auch so weiter wie er das beim Vater und der Mutter gelernt hat. Der kannte das nicht, dass man nett ist miteinander, dass man da ist für einander.

Sprecherin: Nach der Trennung von seiner Frau stürzt sich Leon wieder ins alte, vertraute Dealerleben mit der neuen Droge Kokain. Seine Crack-Sucht nimmt beängstigende Formen an, bis er (Ende der 90er Jahre) endlich mit Hilfe eines Freundes den Entzug in LA schafft.

Leon: Then I met Jasmin, I start playing music, cause I wasn´t on fucking crack again, sniffing cocain, I want to do it anymore. I consider me as clean, even when I drink.I played music, she let me have a guitar, I got to do painting in a little house over her, she didn´t bug me, I played guitar (and here I am ).

Sprecher overvoice Leon: Dann traf ich Jasmin, fing an, Musik zu spielen, weil ich nicht mehr auf dem verdammten crack war. Ich betrachte mich als clean, auch wenn ich noch trinke. Ich fing mit der Musik an, Jasmin erlaubte mir Gitarre zu spielen, ich fing mit dem Malen an, sie nervte mich nicht, ich spielte Gitarre.

Jasmin: Stimmt, stimmt! - weil wir waren ja verliebt. Da hatte er von einem Freund von mir, mit dem ich in der Reha war, der hat ihm eine Gitarre geschenkt und hat ihm gesagt: Spiel doch mal was. Und da hab ich in dem Moment sofort gemerkt, dass er das gar nicht kann. Er hat vielleicht ein paarmal geklimpert gehabt auf ner Gitarre. Er saß immer da und hat sie gehalten die Gitarre, so wie n Baby.

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Und er übt ja oft nicht, er hat einfach die Disziplin nicht. Ich finde, er ist phänomenal talentiert, als Musiker, als Gitarrenspieler, als Keyboardspieler, weil ich weiß einfach, dass er nie übt, also alles, was er so macht, das hat er so auf der Bühne gelernt quasi - er übt nie.

Atmo: Camero Ave oder Vogelzwitschern

Sprecherin: Leon ist, wie jeden Morgen, gegen neun, aus dem „office“ zurückgekehrt, in bester Stimmung, Hello, good morning, baby, how are you? Und dann gleich in die Küche, um sich sein geliebtes Frühstück zu machen, Eier und Würstchen. Das „office“, hab ich herausgefunden, liegt um die Ecke am Hillhurst Ave und hat ab sechs a.m geöffnet. An seinem gewaltigen, chromblitzenden Tresen sind des Öfteren auch Musiker nach einem Auftritt anzutreffen. Jetzt ist er nach oben, um sich ein bisschen auszuruhen. Auf weitere Interviews hat er offensichtlich keine Lust mehr. Und was mach ich jetzt mit meinen noch unbeantworteten Fragen? Aber dann kommt er doch wieder runter und hat seine Gitarre mitgebracht.

Atmo: Leon improvisiert Blues auf der Gitarre - I woke up this morning, and I do an interview, I made some eggs with bacon, but she said, I am not true, you don´t forgive me, Baby…

Sprecherin: Vielleicht sollte ich ihn einfach mal nach seiner Musik fragen, nach seiner eigenen. 2000 gründete er die „Leon Hendrix Band“ und gab ein Album heraus:

Atmo: Musik - Leon Hendrix: Every blue September

Leon: I try to do no Jimi Music, because I want to stand on my own feet. So I write songs, that are not in his genre. Melow rock, pop rock, a lot of blues, ethno blues. I´ve been do that, and people like it. When I was in Europe this time, in Germany, people bought my CD and made a line, people, they want me sign my CD, Oh, my god, you bought my CD!

Sprecher overvoice Leon: Ich will nicht Jimis Musik nachahmen, sondern auf eigenen Füssen stehen. Die songs, die ich schreibe, gehen mehr in die Richtung Melow Rock, Pop Rock, viel Blues, ethno Blues. Und die Leute mögen es. Als ich jetzt in Europa, in Deutschland war, sind sie für meine CDs angestanden. Leute, die ein Autogramm von mir auf meiner CD wollen, die meine CD kaufen!

Leon: Now I am working, because of my music, because I had no job, had no income, but it seems, as if Jimi provided a way for me to make income.

Sprecher overvoice Leon: Jetzt arbeite ich durch meine Musik, vorher hatte ich keinen Job, kein Einkommen, es sieht so aus, als ob Jimi für mich einen Weg geschaffen hätte für ein Einkommen.

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Leon: And I have a good, fucking good time, right now, in my old days, come on: it´s like a blessing! A happy man!

Sprecherin: Das war unser letztes Interview. Am nächsten Tag ist er nach Seattle zu Randy Hansen verschwunden, seinem Jugend-und Musikerfreund, den er wie einen Bruder liebt. Ich hatte dich gewarnt, sagt Jasmin, bei Leon weiß man nie, wann er wieder weg ist.

Atmo: Musik - Red House, Leon und Randy. Quasimodo live

Lyrics to It's Too Bad :

It's too bad That my brother can't be here today It's too bad That my brother can't be here today

Well, one time he came around to my house, you know And I was kinda like outta my mind And I sent him a-cryin' away

I say hey baby, hey yeah Hear me cry Hey baby, baby, baby Hear me cry

Remember that I was tellin' you about? I said brother Don't tell me you come around here to hustle like the rest of people do I say brother, brother Don't tell me you came around here hustlin' like the rest of those people do

And he said "no no, brother Jim" He said "I'm just comin' here to look for life like you" He said "don't fear me brother, baby"

I say that what happen sometime When you lose yourself in nothin' And he looked at me, you know he sent these two blondes around the next day I said Lord, please don't lose yourself That what happen when you lose yourself on nothin'

He said "baby, you know me, I'm your brother" Please don't take me for nothin'

It's too bad, too bad Lord, my brother just can't be here with me today It's too bad 14

My brother can't be here with me today

But he came around to my house and uh asked for me uh, help me out I said, man go the hell on your hustlin' way, yeah And I think they send him away to the war today, heh heh

So I'll go way across the tracks, way across the tracks And man they treat me the same as you do too Well, I'll go way back over across the track And they treat me the same as you do Say man until you come back, completely back, go back where you came from too.

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