Zulassungsantrag der Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH für das Fernsehvollprogramm Sat.1

Aktenzeichen: KEK 505

Beschluss

In der Rundfunkangelegenheit

der Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Matthias Al- berti und Dr. Torsten Rossmann, Oberwallstraße 6, 10117 Berlin,

- Antragstellerin - w e g e n

Verlängerung der Zulassung zur Veranstaltung des bundesweiten Fernsehvollpro- gramms Sat.1 hat die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf Vorlage der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) vom 17.06.2008 in der Sitzung am 19.08.2008 unter Mitwirkung ihrer Mitglieder Prof. Dr. Sjurts (Vorsitzende), Prof. Dr. Huber, Dr. Lübbert und Prof. Dr. Mailänder entschieden:

Der von der Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH mit Schreiben vom 12.06.2008 bei der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) bean- tragten Verlängerung der Zulassung zur Veranstaltung des bundesweit verbrei- teten Fernsehvollprogramms Sat.1 stehen Gründe der Sicherung der Meinungs- vielfalt im Fernsehen nicht entgegen. 2

Begründung

I Sachverhalt

1 Zulassungsantrag

Die Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH („Sat.1 GmbH“) hat mit Schreiben vom 12.06.2008 bei der BLM die Verlängerung ihrer Zulassung für das bundesweite Fernsehvollprogramm Sat.1 um weitere zehn Jahre beantragt. Die Laufzeit der der- zeit gültigen Zulassung der LMK endet mit Ablauf des 31.05.2010. Die LMK hat der KEK den Antrag mit Schreiben vom 17.06.2008 zur medienkonzentrationsrechtli- chen Prüfung vorgelegt.

2 Programmstruktur und -verbreitung

Bei Sat.1 handelt es sich um ein Fernsehvollprogramm, dessen „Programmsäulen“ deutsche Fiktion (Serien, TV-Movies, Kinoproduktionen und Event-Mehrteiler), En- tertainment (Shows und Comedies), Infotainment (Magazine, Reportagen, Doku- soaps und -serien), aktuelle Information (Nachrichten und Regionalprogramme), Li- zenz-Serien und -Spielfilme sowie Sport bilden. Das Programm ist seit dem 01.01.1984 auf Sendung.

Sat.1 wird frei empfangbar analog und digital über Satellit (Astra), Kabel, terrest- risch (DVB-T) sowie über die IPTV-Plattformen der Arcor AG & Co. KG, der Deut- sche Telekom AG und der HanseNet Telekommunikation GmbH verbreitet. Zu den entsprechenden Plattformverträgen wird verwiesen auf den Beschluss der KEK i. S. ProSiebenSat.1, Az.: KEK 464/465/467, I 4. Nahezu sämtliche Fernsehhaushalte (96,7 % = 33,86 Mio.) können das Programm empfangen (Quelle: AGF/GfK-Fern- sehforschung, Stand: 01.10.2007).

3 Antragstellerin und Beteiligte

3.1 Sat.1 GmbH

Gegenstand des Unternehmens ist unter anderem der Erwerb von Erlaubnissen und Nutzungsgenehmigungen zur Tätigkeit als Programmveranstalter für Kabel- fernsehsysteme und Satellitenfernsehen, insbesondere die Zusammenstellung und Ausstrahlung von Fernsehprogrammen sowie die Beschaffung und Verwertung von Fernsehprogrammrechten und -material XXX … 3

Die Sat.1 GmbH hält auch sämtliche Anteile an der Sat.1 Norddeutschland GmbH, die die Regionalfensterprogramme für Hamburg/Schleswig-Holstein und Nieder- sachsen/Bremen veranstaltet, sowie 49,9 % der Anteile an der Privatfernsehen in Bayern GmbH & Co. KG, die im Rahmen des Sat.1-Programms das Regionalfens- ter für Bayern veranstaltet.

3.2 ProSiebenSat.1 Media AG

3.2.1 Sämtliche Anteile an der Sat.1 GmbH hält die German Free TV Holding GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft der ProSiebenSat.1 Media AG („ProSiebenSat.1“), Unterföhring, die als zentrale Holdinggesellschaft für die frei empfangbaren Fern- sehprogramme Sat.1 , N24 , und ProSieben fungiert. ProSiebenSat.1 hält auch sämtliche Anteile an der Veranstalterin des ebenfalls frei empfangbaren Programms sowie den Veranstaltern der Pay-TV-Programme Sat.1 Comedy und . Tochterunternehmen von ProSiebenSat.1 halten darüber hinaus Zulassungen für zwei weitere Pay-TV-Programme ( Movie Channel und Li- festyle ) und fünf digitale Free-TV-Programme (ProSiebenSat.1 Family , ProSie- benSat.1 Fiction, ProSiebenSat.1 Fun, ProSiebenSat.1 Favorites und ProSie- benSat.1 Facts ), die noch nicht veranstaltet werden (vgl. Beschluss i. S. Seven- Senses, Az.: KEK 291, und i. S. ProSiebenSat.1 Erste Verwaltungsgesellschaft, Az. KEK 352).

3.2.2 ProSiebenSat.1 ist eine an der Frankfurter Börse notierte Aktiengesellschaft. Ge- genstand des Unternehmens ist nach Vorliegen der gegebenenfalls erforderlichen medienrechtlichen Genehmigungen die Veranstaltung und Verbreitung von Fern- sehsendungen sowie die Beschaffung, Herstellung und Veräußerung von Film- und Fernsehproduktionen und der Erwerb und die Vergabe von Rechten aller Art sowie das Merchandising- und Multimedia-Geschäft (§ 2 Abs. 1 der Satzung, abrufbar im Internet unter www.prosiebensat1.com). Das Grundkapital beträgt 218.797.200 €, eingeteilt in 109.398.600 auf den Namen lautende stimmberechtigte Stammaktien und ebenso viele auf den Inhaber lautende stimmrechtslose Vorzugsaktien (§ 4 Abs. 1 und 2). Den Aktionären ist im Hinblick auf Kapitalerhöhungen ein in der Höhe ihrer jeweiligen Beteiligung am Grundkapital der Gesellschaft entsprechendes Be- zugsrecht einzuräumen, das jedoch nach Maßgabe näherer Vorschriften einge- schränkt ist; insbesondere gilt ein Bezugsrechtsausschluss der Inhaber von Aktien einer Gattung auf Aktien der jeweils anderen Gattung, soweit auf den Namen lau- tende Stammaktien und auf den Inhaber lautende Vorzugsaktien in dem Verhältnis 4

ausgegeben werden, in dem beide Aktiengattungen zum Zeitpunkt der jeweiligen Ausgabe der neuen Aktien zueinander stehen (§ 4 Abs. 4). Die Namensaktien sind nur mit Zustimmung des Vorstands übertragbar, die zu erteilen ist, soweit dadurch keine Beteiligung an der Gesellschaft begründet wird, die medienrechtlich vorgege- bene Grenzen überschreitet (§ 5 Abs. 4). Beschlüsse der Hauptversammlung be- dürfen grundsätzlich als Stimmenmehrheit der einfachen Mehrheit der abgegebe- nen Stimmen und als Kapitalmehrheit der einfachen Mehrheit des bei der Be- schlussfassung vertretenen Grundkapitals; jede Stückaktie (mit Ausnahme der Vor- zugsaktien ohne Stimmrecht) gewährt eine Stimme (§ 16 Abs. 2 und 3, § 19 Abs. 3). Der Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 besteht aus 15 Mitgliedern (§ 8 Abs. 1). Derzeit gehören ihm jeweils fünf Vertreter von Permira und KKR, zwei Vertreter der Telegraaf Media Groep N.V. sowie drei weitere Mitglieder an (vgl. Angaben unter www.prosiebensat1.com).

3.2.3 Kerngeschäftsfeld von ProSiebenSat.1 ist das werbefinanzierte Fernsehen; Kern- markt der Sendergruppe ist Deutschland. Ferner ist ProSiebenSat.1 in den Berei- chen TV-Produktion, Merchandising, Multimedia und Dienstleistungen rund um die Film- und Fernsehproduktion tätig. Zu den Multimedia-Aktivitäten von ProSieben- Sat.1 zählen u. a. das Video-on-Demand-Portal Maxdome und die Video-Commu- nity MyVideo. Zu den Medienaktivitäten von ProSiebenSat.1 in Deutschland wird im Einzelnen auf den Beschluss der KEK, Az.: KEK 390, I 3.1 verwiesen. Nach Über- nahme sämtlicher Anteile an der SBS Broadcasting Group im Juni 2007 ist die Pro- SiebenSat.1-Gruppe nach eigenen Angaben mit 26 Free-TV-Sendern, 24 Pay-TV- Sendern und 22 Radionetzwerken in 13 Ländern Nord-, Mittel- und Osteuropas ak- tiv (vgl. Angaben unter www.prosiebensat.1.com). Das Programm ProSiebenSat.1 Mobile, das ProSiebenSat.1 der Veranstalterin Mobiles Fernsehen Deutschland GmbH vollständig zugeliefert hat (vgl. Beschluss i. S. MFD, Az.: KEK 415), ist mitt- lerweile eingestellt und die Lizenz zurückgegeben.

3.2.4 Die Lavena 1 S.A.R.L. („Lavena 1“) hält über eine Kette von 100%igen Tochterge- sellschaften derzeit noch sämtliche Stammaktien von ProSiebenSat.1. Angezeigt wurde jedoch die Übernahme von 12 % der Stammaktien durch eine Tochtergesell- schaft der Telegraaf Media Groep N.V., Amsterdam/Niederlande. Das Verfahren ist noch bei der KEK anhängig (Az.: KEK 444). Im Rahmen des Verfahrens KEK 444 teilten die Antragsteller mit Schreiben vom 01.08.2008 ferner mit, dass die von der KEK mit Beschluss vom 08.01.2008 (Az.: KEK 464/465/467) als unbedenklich bes- tätigte Beteiligung der Stichting Administratiekantoor Lavena („Lavena-Stiftung“), 5

Amsterdam/Niederlande, an der Lavena 1 in Höhe von 4,25 % noch nicht vollzogen sei. Es sei derzeit auch noch nicht entschieden, ob und wann eine Beteiligung der Lavena-Stiftung erfolgen soll. Demnach ist weiterhin davon auszugehen, dass die Permira- und die KKR-Gruppe jeweils 50 % an der Lavena 1 halten.

3.2.5 Permira ist ein in Guernsey ansässiges, seit 1985 auf europäischer Ebene tätiges Private-Equity-Beteiligungsberatungs- und Managementunternehmen mit Standor- ten in Frankfurt, Guernsey, London, Luxemburg, Madrid, Mailand, Paris, Stockholm, New York und Tokio. Mehr als 130 professionelle Berater aus 26 Ländern sind für das Unternehmen tätig. In Deutschland ist Permira durch die Permira Beteiligungs- beratung GmbH, Frankfurt, vertreten. Permira hat von 2000 bis 2007 kumulativ 12,6 Mrd. € investiert (vgl. Geschäftsbericht 2007, S. 14). Zur Beteiligungsstruktur und weiteren Beteiligungen im Medienbereich vgl. Beschlüsse der KEK, Az.: KEK 390, I 3.4, und 464/465/467, I 3.2.1).

3.2.6 Das Private-Equity-Unternehmen KKR wurde 1976 in New York/USA gegründet und unterhält Standorte in New York, Menlo Park, Hongkong, Tokio, London und Paris. Zum 30.09.2007 hat KKR ca. 39 Mrd. US-Dollar in Unternehmen unterschied- licher Industriezweige investiert. Das Team von KKR besteht aus mehr als 100 pro- fessionellen Beratern, die nach elf primären Branchengruppen aufgegliedert sind. Zur Beteiligungsstruktur und weiteren Medienbeteiligungen vgl. Beschluss der KEK, Az.: KEK 390, I 3.5, und Az.: KEK 464/465/467, I 3.2.2).

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Permira Kohlberg Kravis Roberts (KKR) Permira IV L.P.2 (39,27 %) KKR Glory (KPE) Limited (12,44 %) P4 Sub L.P.1 (9,72 %) KKR Glory (2006) Limited (5,80 %) Permira Investments Limited (0,79 %) KKR Glory (European II) Limited (31,76 %) P4 Co-investments L.P. (0,22 %) 50 50

Lavena 1 S.A.R.L.

100 ( über Lavena 2 S.A.R.L) *: zurzeit noch nicht auf Sendung

Lavena 3 S.A.R.L. Veranstalter, dessen Programm der ProSiebenSat.1 Media AG, 100 ( über Lavena Holding 1, 2, 3 KKR und Permira zuzurechnen ist und 4 GmbH)

Lavena Holding 5 GmbH ProSiebenSat.1 Family* 100 (Stammaktien) ProSiebenSat.1 Fiction* ProSiebenSat.1 Media AG ProSiebenSat.1 Fun* ProSiebenSat.1 Favorites* (Vorzugsaktien: Lavena 1 S.A.R.L. mittelbar 25,34 %, 100 Streubesitz 74,66 %) ProSiebenSat.1 Facts* ProSiebenSat.1 Erste 100 Verwaltungs GmbH

100 German Free TV Holding GmbH Sat.1 Comedy kabel eins classics 100 100 100 100 100 Lifestyle* N24 Movie Channel* 9Live Sat.1 kabel eins ProSieben 9Live Fernsehen Sat.1 Satelliten- N24 Gesellschaft für kabel eins ProSieben Nachrichten und SevenSenses GmbH GmbH Fernsehen GmbH Fernsehen GmbH Television GmbH Zeitgeschehen mbH Stand: 08/2008

II Verfahren

Die Vollständigkeitserklärung der Sat.1 GmbH liegt vor. Vor ihrer Entscheidung hat die Kommission einem Vertreter der LMK Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

III Medienkonzentrationsrechtliche Beurteilung

1 Bestätigungsvorbehalt der KEK

1.1 Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV bedürfen private Veranstalter einer Zulassung. Fra- gestellungen der Sicherung der Meinungsvielfalt werden von der KEK nach Vorlage durch die zuständige Landesmedienanstalt gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 RStV beur- teilt.

Auch Anträge auf Zulassungsverlängerung unterfallen der Vorlagepflicht: Die Zu- lassungsverlängerung ist materiell eine neue Zulassung. Sie verschafft dem Lizenz- inhaber die gleiche Rechtsposition; auch die materiellen Prüfkriterien sind die glei- chen, da sämtliche Zulassungsvoraussetzungen vorliegen müssen. Dazu gehört die 7

von der KEK zu überprüfende medienkonzentrationsrechtliche Unbedenklichkeit (vgl. KEK-Mitteilung 1/03 und ständige Spruchpraxis, zuletzt Beschluss i. S. RTL, Az.: KEK 460).

1.2 Die derzeit gültige Zulassung der Sat.1 GmbH läuft zum 31.05.2010 aus. Die Sat.1 GmbH beantragt bereits jetzt die Verlängerung der Lizenz um weitere zehn Jahre. Die LMK beabsichtigt, die Lizenz für zehn Jahre mit Wirkung zum 01.06.2010 zu er- teilen, um eine frühzeitige Planungssicherheit der Veranstalterin zu gewährleisten.

Die Entscheidung der KEK beruht auf der medienkonzentrationsrechtlichen Bewer- tung des Antrags zum aktuellen Zeitpunkt. Eine Prognose für den Zeitpunkt des Zu- lassungsbeginns am 01.06.2010 ist dagegen nicht möglich. Sofern sich im weiteren Verlauf Änderungen der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Verhältnisse er- geben, insbesondere im Hinblick auf die Beteiligungsstruktur, die Zuschaueranteile oder die Anrechenbarkeit der Regionalfenster, hat eine erneute Überprüfung durch die KEK zu erfolgen. Im Falle des Eintretens vorherrschender Meinungsmacht sind nachträgliche Maßnahmen gemäß § 26 Abs. 4 RStV möglich.

2 Zurechnung von Programmen

2.1 Der Sat.1 GmbH wird das von ihr veranstaltete Programm (§ 28 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. RStV) sowie die weiteren ProSiebenSat.1 zuzurechnenden Programme (arg. e § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 29 Satz 2 RStV) zugerechnet.

2.2 ProSiebenSat.1 werden gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. RStV die Programme Sat.1, ProSieben, kabel eins, N24, 9Live, Sat.1 Comedy und kabel eins classics sowie die noch nicht auf Sendung befindlichen Programme Lifestyle , Movie Chan- nel , ProSiebenSat.1 Family , ProSiebenSat.1 Fiction , ProSiebenSat.1 Fun , Pro- SiebenSat.1 Favorites und ProSiebenSat.1 Facts zugerechnet (vgl. zuletzt Be- schluss i. S. ProSiebenSat.1, Az.: KEK 464/465/467, III 2.1). Das ProSiebenSat.1 zuvor nach § 28 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RStV aufgrund vergleichbarer Einflüsse auf die Programmgestaltung zugerechnete Programm ProSiebenSat.1 Mobile der MFD Mobiles Fernsehen Deutschland GmbH (vgl. Beschluss i. S. MFD, Az.: KEK 415) wurde mittlerweile eingestellt und die Lizenz zurückgegeben.

2.3 Die ProSiebenSat.1 zuzurechnenden Programme werden auch ihren Obergesell- schaften bis hin zur Lavena 1 S.A.R.L. zugerechnet, § 28 Abs. 1 Satz 2 RStV 8

i. V. m. § 16 Abs. 1, § 17 Abs. 2 AktG. Sie sind darüber hinaus auch Permira und KKR aufgrund ihrer gemeinsamen Beherrschung der Lavena 1 S.A.R.L. zuzurech- nen, § 28 Abs. 1 Satz 2 und 4 RStV. Weitere Programme im bundesweiten privaten Fernsehen sind ihnen nicht zuzurechnen.

3 Vorherrschende Meinungsmacht

3.1 Zuschaueranteile

Mit Schreiben vom 14.07.2008 hat die Antragstellerin die Zuschaueranteile für die ProSiebenSat.1 zuzurechnenden Programme mitgeteilt. Danach betragen die Zu- schaueranteile im maßgeblichen Referenzzeitraum von Juni 2007 bis Mai 2008 ins- gesamt 21,2 % und aktuell im Juli 2008 insgesamt 22,3 %.

Zuschaueranteile in % Juni 2007 bis Mai 2008 Juli 2008 Sat.1 10,0 10,7 ProSieben 6,6 6,6 kabel eins 3,5 3,8 N24 0,9 1,0 9Live 0,2 0,2 ∑∑∑ ProSiebenSat.1 Media AG 21,2 22,3

Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer (GfK-„Marktanteile“), Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3:00 bis 3:00 Uhr, repräsentativ für 34,99 Mio. Fernsehhaushal- te in Deutschland einschließlich EU-Haushalte, Quelle: Schreiben der Antragstellerin vom 14.07.2008, dort angegebene Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung.

Die vertraulich mitgeteilten Zuschaueranteile für die ebenfalls ProSiebenSat.1 zuzu- rechnenden Programme Sat.1 Comedy und kabel eins classics betragen im Refe- renzzeitraum (Juni 2007 bis Mai 2008) jeweils XXX …

Die Programme Lifestyle, Movie Channel, ProSiebenSat.1 Family, ProSiebenSat.1 Fiction, ProSiebenSat.1 Fun, ProSiebenSat.1 Favorites und ProSiebenSat.1 Facts haben mangels Ausstrahlung noch keine Zuschaueranteile.

Für das Handy-TV-Spartenprogramm ProSiebenSat.1 Mobile, welches bis zu seiner Einstellung am 01.05.2008 über die DMB-Plattform „watcha“ vertrieben wurde, lie- gen der KEK keine Zuschaueranteile vor. 9

3.2 § 26 RStV

Zu prüfen ist, ob vorherrschende Meinungsmacht nach Maßgabe des § 26 RStV besteht oder entsteht. Dabei bildet § 26 Abs. 1 RStV den Grundtatbestand. Zur Konkretisierung des Merkmals der vorherrschenden Meinungsmacht verweist § 26 Abs. 1 RStV auf die „nachfolgenden Bestimmungen“, d. h. vor allem auf den Ver- mutungstatbestand des § 26 Abs. 2 RStV, der offene Konkretisierungstatbestände zu widerleglichen Vermutungsregeln erhoben hat. Die Vermutungsregeln sollen den Nachweis vorherrschender Meinungsmacht erleichtern und sind deshalb vorrangig zu prüfen. Greift keine der Vermutungsregeln, schließt sich die Prüfung des Grund- tatbestands an (zur Bedeutung des § 26 Abs. 1 RStV als Grundtatbestand und der Leitbildfunktion des § 26 Abs. 2 RStV für seine Auslegung vgl. ausführlich Be- schluss i. S. ProSiebenSat.1, Az.: KEK 293, III 3 bis 5).

3.2.1 Vermutungstatbestände des § 26 Abs. 2 RStV

Vorherrschende Meinungsmacht wird vermutet, wenn die einem Unternehmen zu- rechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 30 % erreichen (§ 26 Abs. 2 Satz 1 RStV). Diese Vermutung gilt ferner bei Errei- chen eines Zuschaueranteils von 25 %, sofern das Unternehmen auf einem me- dienrelevanten verwandten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat oder eine Gesamtbeurteilung seiner Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten ver- wandten Märkten ergibt, dass der dadurch erzielte Meinungseinfluss dem eines Un- ternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 vom Hundert entspricht (§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV).

Beide Schwellenwerte werden von den Veranstalterinnen und den beteiligten Un- ternehmen nicht erreicht. 10

3.2.2 Prüfung nach § 26 Abs. 1 RStV

Auch für die Einschätzung der Meinungsmacht im bundesweiten Fernsehen im Rahmen der Gesamtbetrachtung nach § 26 Abs.1 RStV kommt den Zuschaueran- teilen die entscheidende Bedeutung zu. Der Gesamtzuschaueranteil von ProSie- benSat.1 lag im Referenzzeitraum bei 21,2 %; ProSiebenSat.1 ist somit im Hinblick auf die Zuschaueranteile die zweitstärkste Sendergruppe im bundesweiten privaten Fernsehen nach der RTL Group. Im Rahmen der Gesamtwürdigung nach § 26 Abs. 1 RStV sind zugunsten der Veranstaltergruppe auch vielfaltsverstärkende Aspekte zu berücksichtigen. Solche vielfaltsverstärkenden Angebote sind, wie es die Bonus- regelung des § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV zum Ausdruck bringt, Regional- und Dritt- fensterprogramme. Allerdings greifen die Bonusregelungen nur dann ein, wenn die Regionalfensterprogramme den Vorgaben des § 25 Abs. 4 RStV und die Drittfens- terprogramme denen des § 26 Abs. 5 i. V. m. § 31 RStV entsprechen. Diesen ge- setzgeberischen Leitentscheidungen ist auch außerhalb der Vermutungsregelungen Rechnung zu tragen.

Im Rahmen von Verfahren der Benehmensherstellung zur Lizenzierung der Regio- nal- und Drittfensterveranstalter hat die KEK folgende Feststellungen getroffen: Die im Programm von Sat.1 veranstalteten Regionalfensterprogramme der Sat.1 Nord- deutschland GmbH für Hamburg/Schleswig-Holstein und Niedersachsen/Bremen sowie der WestCom Medien GmbH für Nordrhein-Westfalen genügen den Anforde- rungen des RStV; hinsichtlich der Sat.1 Norddeutschland GmbH gilt dies jedoch nur bis zum Ablauf des 31.12.2009. Auch die im Programm von Sat.1 veranstalteten Sendezeiten für unabhängige Dritte erfüllen die Voraussetzung des RStV (vgl. Be- schlüsse i. S. Benehmensherstellung zur Zulassung der Regionalfensterveranstalter für Hamburg/Schleswig-Holstein, Az.: KEK 470-1 und -2, Niedersachsen/Bremen, Az.: KEK 470-3 und -4, und Nordrhein-Westfalen, Az.: KEK 314; zu den Sendezei- ten für unabhängige Dritte bei Sat.1 vgl. Beschlüsse Az.: KEK 383-1 bis -4). Für die Veranstaltung des Regionalfensters in Rheinland-Pfalz/Hessen, die TV IIIa GmbH & Co. KG, wurde bislang kein Verfahren zur Benehmensherstellung mit der KEK durchgeführt. Nach den Feststellungen im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe von Drittsendezeiten bei Sat.1 (Az.: KEK 383-3 und -4) ist diese Veranstalterin je- doch von der Sat.1 GmbH rechtlich und redaktionell unabhängig und erfüllt somit die Vorgaben des § 25 Abs. 4 RStV.

Im Zusammenhang mit erwähntem Drittsendezeitverfahren haben die Sat.1 GmbH 11

und die Privatfernsehen in Bayern GmbH & Co. KG am 17.12.2007 eine Ergänzungsvereinbarung zur Werk- und Dienstleistungsvereinbarung geschlossen, die die redaktionelle Unabhängigkeit der Regionalfensterveranstalterin für Bayern sicherstellt (vgl. Beschluss i. S. Regionalfenster Bayern, Az: KEK 294 i. V. m. Be- schluss i. S. Drittsendezeiten, Az.: KEK 383-3 und -4). Die Zulassung der Privat- fernsehen in Bayern GmbH & Co. KG ist bis zum 31.12.2009 befristet. Bis zu die- sem Zeitpunkt soll nach dem von den Ministerpräsidenten der Länder paraphierten Entwurf zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag das Erfordernis der rechtlichen Unabhängigkeit aus § 25 Abs. 4 Satz 4 RStV suspendiert werden. Die KEK hatte daher in Verfahren der Benehmensherstellung zur Verlängerung der Zulassungen verschiedener mit den Hauptprogrammveranstaltern Sat.1 und RTL verbundener Regionalfensterveranstalter gegen eine Zulassungsverlängerung bis zum 31.12.2009 keine Bedenken (vgl. Beschlüsse der KEK i. S. Regionalfenster bei Sat.1, Az.: KEK 470-1 bis -4, sowie i. S. Regionalfenster bei RTL, Az.: KEK 469-1 bis -3, KEK 488 und KEK 491). Somit sind sämtliche Regionalfenster im Programm von Sat.1 jedenfalls bis zum 31.12.2009 berücksichtigungsfähig. Demnach sind in Anlehnung an § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV 5 % von dem Gesamtzuschaueranteil von ProSiebenSat.1 in Abzug zu bringen, so dass ein Zuschaueranteil von 16,2 % ver- bleibt. Mangels weiterer gewichtiger medienrelevanter Aktivitäten der Gruppe und ihrer Gesellschafter in Deutschland ergeben sich keine Hinweise auf vorherrschen- de Meinungsmacht (vgl. bereits Beschluss Az.: KEK 390, III 3.2). Ob dieser Abzug auch für den Zeitraum der beantragten Lizenz ab 1. Juni 2010 vorzunehmen ist, hängt von den künftigen Verhältnissen ab, kann aus heutiger Sicht aber offen blei- ben, weil sich auch aus einem Zuschaueranteil von 21,2 % allein kein Anhaltspunkt für eine vorherrschende Meinungsmacht ergibt.

3.3 Abschließende Feststellung

Somit gibt es nach derzeitigen Maßgaben (s. o. III 1.2) keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die beantragte Zulassungsverlängerung vorherrschende Meinungs- macht der Antragstellerin oder ihrer Gesellschafter entstehen könnte. Demnach stehen der Zulassungsverlängerung für Sat.1 Gründe der Sicherung der Meinungs- vielfalt nicht entgegen.

(gez.) Sjurts Huber Lübbert Mailänder